Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Jahrhundertelang war das nordfriesische Dorf Ostenfeld geprägt von Ackerbau, Viehzucht und bäuerlicher Tradition. Viele der stattlichen Höfe fielen Feuer und Stürmen zum Opfer. Doch einige blieben bis in die Neuzeit erhalten - in Freilichtmuseen und als Wohnstätten für Menschen, die historische Bauten schätzen und bewahren. Ein Rundgang durch das Dorf führt zu diesen kulturellen Schätzen vergangener Baukultur und erinnert auch an Häuser, die verschwunden sind. Er führt ebenso zu schönen naturnah angelegten Gärten und stellt ihre BesitzerInnen vor.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 75
Veröffentlichungsjahr: 2023
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Vorwort
Die historischen Höfe am nördlichen Dorfrand
Die Häuser an der Norderreihe
Für die Nachwelt erhalten: Zwei historische Ostenfelder Bauernhäuser
Die Magnus-Voß-Straße
Am Westerteich
Häuser an der Hauptstraße: Die Nordseite
Die Südseite der Hauptstraße
Im Heidweg
In der Magnussen-Straße
In der Wuddelstraat
Zur Sandkuhle
Am Schwarzen Weg
Gartenliebe
"In meinem Garten fühle ich mich wohl"
Dank
Bildnachweis
Literaturhinweis
Wenn ich mit dem Fahrrad durchs Dorf fahre, ziehen mich oft Häuser und Gärten an, die Besonderes zeigen ‒ eine harmonische Erscheinung, eine gelungene Form, eine wohltuend empfundene gärtnerische Gestaltung, ein schönes Zeugnis alter Bauweise.
Mir kam der Gedanke, darüber ein Buch zu schreiben und die Besitzer zu fragen, ob sie mir und interessierten Lesern einen Einblick in ihr privates Refugium gewähren und etwas über die Geschichte ihrer Häuser erzählen würden. Als ich an Haustüren klingelte und mein Anliegen vortrug, war ich überrascht, wie offenherzig mein Vorhaben aufgenommen wurde. Alle Angesprochenen zeigten sich aufgeschlossen und gern bereit, ihr Haus oder ihren Garten vorzustellen. Auf die Weise lernte ich viele Dorfbewohner kennen, denen ich zuvor noch nicht begegnet war. Sie öffneten mir ihre Türen und erzählten mir von ihren Häusern und Gärten.
In diesem Buch werden ihre Berichte wiedergegeben und mit zahlreichen Fotos dokumentiert. Darunter sind auch Bilder von Häusern, die längst aus dem Dorfbild verschwunden sind. So bewahrt das Buch, was später noch mal gelesen, betrachtet und erinnert werden kann. Denn allzu schnell verändern sich heute Orte, Landschaften und Lebensformen, und das Wissen darüber, wie das Dorf einst ausgesehen hat, geht dabei verloren.
Es konnte nur eine Auswahl an Häusern und Gärten vorgestellt werden. Manche Gebäude sind historisch so bedeutsam, dass sie eine eigene Abhandlung verdienen würden. Andere konnten oft nur mit einem Foto vorgestellt werden, da nähere Informationen über sie nicht verfügbar waren.
Günter Spurgat
Wer das Dorf über die Ohrstedter Straße gen Norden verlässt, kommt an mehreren historischen Bauernhöfen vorbei. Zusammen mit weiteren Höfen in der Norderreihe und am Westerteich bilden sie ein gut erhaltenes und gepflegtes Ensemble, dessen Entstehung weit zurückreicht.
Diese Luftaufnahme von 1954 zeigt rechts den Lorenzen-Hof (1), vorne das Abnahme-Haus (2) von John Petersen, dahinter dessen Hof (3) und am oberen linken Bildrand den Hof von Johannes Hansen ("Hannes Is") (4).
Wann dieser stattliche Hof und von wem er erbaut wurde, liegt im Dunkeln. Es gibt jedoch Hinweise, dass er bereits im 16. Jahrhundert als Hallen- bzw. Einhaus, bei dem Wohnung, Stall und Erntelager in einem großen Baukörper zusammengefasst sind, existierte. Diese Hausform, als Niedersächsisches Bauern- oder Langhaus bezeichnet, war früher im Ort häufiger vertreten. Zwei in Ostenfeld abgetragene und in Husum und im dänischen Lyngby wieder aufgebaute Höfe sind Beispiele dieses Typs. Der Lorenzen-Hof wurde im Lauf der Zeit wohl mehrfach umgebaut, erweitert und modernisiert. Ein Anbau datiert von 1819.
Der Lorenzen-Hof mit Vorgarten, schöner Pforte und schattenspendender Buche vor dem Haus. Undatierte Aufnahme, vermutlich 1980er Jahre.
Als landwirtschaftlicher Betrieb wurde das Anwesen in der Ohrstedter Straße 8 zuletzt von Hans Johannes Lorenzen (1906‒ 1976) geführt, dessen Vorfahren aus Wittbek stammten. Sein Großvater, der Hufner Peter Lorenzen (1854‒1918), heiratete 1879 die Tochter des damaligen Hofbesitzers Peter Lassen, der bereits im Alter von 36 Jahren verstarb. Offenbar kam der Lassen-Hof durch die Heirat in den Besitz der Familie Lorenzen. 1904 heiratete der Sohn des neuen Hofbesitzers eine Tochter des benachbarten Bauern Hans Petersen.
Nach dem Tod von Hans Lorenzen wechselten mehrfach die Besitzer des Anwesens, die es nur noch als Wohnhaus nutzten und keine Landwirtschaft mehr betrieben. Die jetzigen Eigentümer, der Chemiker Dr. Ralph Fingerhut und seine Frau Bernadette, lebten und arbeiteten lange in Bayern. Es zog sie häufig an die niedersächsische Küste. Ihnen gefiel die dortige Landschaft und das Wattenmeer. Als der Ehemann eine neue Stelle in Hamburg annahm und das Paar in den Norden zog, suchte es nach einem Ferienhaus an der Nordseeküste. Dabei entdeckten die Fingerhuts den Lorenzen-Hof in Ostenfeld.
Der Giebel an der Südseite des Hauses wurde an dem historischen Gebäude, das ursprünglich als Hallenhaus konzipiert war , später angebaut.
Er war viel größer als das, was ihnen eigentlich vorgeschwebt hatte. Aber sie besichtigten das Haus und waren beeindruckt und angetan von dem schönen Hof und seinem Innenleben. Sie fragten sich, ob sie sich ihn auch zum dauerhaften Bewohnen vorstellen könnten. Bei einem Aufenthalt in Friedrichstadt sagte ein Bauchgefühl der Ehefrau, die als Therapeutin und Erzieherin arbeitet, dass sie sich in dieser Region wohlfühlen werde. So entschieden sie sich 2021 zum Kauf des denkmalgeschützten Hofes und wurden zu Bewohnern des Dorfes. Das Haus bedurfte keiner Renovierung, nur eines neuen Anstrichs.
Die Neubürger wurden in Ostenfeld herzlich aufgenommen, ganz besonders in der direkten Nachbarschaft. Sie schätzen, dass im Dorf Ärzte und mehrere Handwerksbetriebe vorhanden sind, und man im Lebensmittelmarkt Lunks neben Waren des täglichen Bedarfs auch manche wertvolle Auskunft erhält.
Im großen Garten hinter dem Haus steht dieses hübsche Gebäude. Vermutlich diente es einst als Wasch- und Backhaus.
Das Anwesen aus der Vogelperspektive
Bevor dieser Hof 1854 erbaut wurde, stand an gleicher Stelle ein Bauernhaus, dessen Besitzer um 1780 Peter Johannsen war. Vermutlich ist aus seinem Vornamen durch Anhängung der Silbe -sen der neue Familienname Petersen entstanden. Der jetzige Hof blieb über mehrere Generationen in dieser Familie und wurde zuletzt von John Petersen (1916‒1966), danach noch bis Ende der 1970er Jahre von seinem Sohn Carsten bewirtschaftet. In den 1990er Jahren erwarb Bernd FH Florian den Hof und taufte ihn nach seiner Tochter Sophienhof. Er legte großen Wert auf den Erhalt des historischen Gebäudes und verlieh dem Anwesen, das vor einigen Jahren unter Denkmalschutz gestellt wurde, in langjähriger Arbeit und durch behutsame Renovierung seine heutige prachtvolle innere wie äußere Erscheinung.
Blick vom Küchengarten auf einen blühenden Rosenstrauch vor dem renovierten Schweinestall.
Winterliche Impression aus dem Vorgarten.
Der jetzige Eigentümer versah den Stalltrakt nach Umbau und Erweiterung mit mehreren Wohnungen.
Dieses Altenteiler-Haus gehörte zum Petersen-Hof und lag ihm gegenüber auf der anderen Straßenseite. Anfang der 1960er Jahre musste es einer neuen Straßenführung weichen.
Das oberhalb des Petersen-Hofes gelegene einstige Anwesen, das zuletzt von Johannes Hansen (sein Spitzname war Hannes Is) bewirtschaftet wurde, zeigt diese undatierte Aufnahme.
Das Gebäude wurde umgebaut und erweitert. Seine jetzige Eigentümerin ist die Unternehmerin Caroline Liljenqvist.
Der Hof der Familie Clausen-Stuck, der im Dorf nur kurz Stukes genannt wurde, soll 1640 erbaut worden sein und hat im Lauf der Zeit einige Umbauten und Erweiterungen erfahren. Ein Blitzeinschlag setzte ihn 1953 in Brand und vernichtete das Hauptgebäude vollständig, lediglich zwei nebenstehende Stallgebäude blieben vom Feuer verschont. Nicht nur die Familie des Bauern verlor Hab und Gut, auch die im Haus eingerichtete Werkstatt des Schneidermeisters Ludzuweit und die Unterkunft eines Heimatvertriebenen wurden Opfer der Flammen.
Der Stukes-Hof, wie er früher einmal aussah. Zum Anwesen gehörten noch zwei Nebengebäude, die vom Feuer verschont wurden. Undatierte Zeichung eines unbekannten Malers.
Mitglieder der Familie Clausen-Stuck vor der Lohtür , darunter der damalige Hofbesitzer (im weißen Hemd) und seine zwei Schwestern. Ca. 1950.
Der einstige Hof der Familie Clausen-Stuck lag an einer Biegung am Ende der Ohrstedter Straße. Nach dessen Vernichtung durch ein Feuer wurde an gleicher Stelle wieder ein neuer Hof erbaut.
Der Familienstamm ist in den Kirchenbüchern bis 1618 zurückverfolgbar. Frühere Aufzeichnungen gingen in den damals herrschenden Kriegswirren verloren. Der Doppelname Clausen-Stuck geht vermutlich zurück auf den Hofbesitzer Claus Hansen-Stuck (1704‒1777) aus Rott. Clausen wurde offenbar von seinem Vornamen abgeleitet. Seine sieben Kinder trugen alle den Familiennamen Clausen-Stuck.
Hans Clausen-Stuck (1765-1822) setzte als Hufner in Ostenfeld den Stammbaum der Familie mit dem neuen Doppelnamen fort. Nach wie vor befindet sich der Stukes-Hof im Besitz der Familie ‒ fast dreihundert Jahre in ununterbrochener männlicher Erbfolge.
Der Hofbesitzer Harm Clausen-Stuck, in der Bildmitte Magdalene Spanner ‒ eine Tante, und Hedwig Clausen-Stuck, Harms Mutter. Die Aufnahme entstand um 1948.
Im Herzogtum Schleswig gab es früher keine eindeutigen Familiennamen. Zum Taufnamen eines Sohnes kam der des Vaters, der durch -sen ergänzt wurde. Diese patronymische Namensgebung führte in Erbschaftsfällen und in Schuld- und Pfandprotokollen zu Unklarheiten und Streitigkeiten. Daher wurden 1771 durch Verordnung des dänischen Königs beständige Familiennamen eingeführt. Bis in die Neuzeit blieb danach der Doppelname Clausen-Stuck als Familienname erhalten. In den 1950er Jahren ließen Standesämter nur noch einen Namen zu, so dass spätere Nachkommen nur noch Stuck hießen und Clausen lediglich als zusätzlicher Vorname verwendet werden durfte.
Am Nordrand des Dorfes, etwas versteckt an einem unscheinbaren Weg, liegt ein Haus mit einem malerischen Garten, der durch seine ideenreiche, kreative Gestaltung verzaubert. Blumen, Obstbäume, kleine, mit Buchsbaumhecken umgebene Inseln und ein idyllischer Teich werden umrahmt von einem Gewächshaus, einem Hühnerhäuschen, einem ausgedienten Schäferwagen und allerlei anderen hübschen Gartenelementen.
Ein von Rosenbüschen umsäumter Pfad führt den Besucher zum Haus.