P.F.O.T.E. - Ein Ohr für alle Fälle - Bettina Obrecht - E-Book

P.F.O.T.E. - Ein Ohr für alle Fälle E-Book

Bettina Obrecht

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Beschreibung

Wo Hunde ihr Herz ausschütten

Was wäre, wenn Hunde sprechen könnten? Zusammen mit P.F.O.T.E., dem (fast) perfekten Hund aus dem Labor, und TAPF EINS, dem eigenwilligen Mops, wollen Janne und Flip das herausfinden. Also eröffnen sie eine geheime Beratungsstelle, wo Hunde sich ihre Sorgen einmal so richtig von der Seele bellen – nein: sprechen können. Was die vier da alles zu hören bekommen: zum Beispiel von Vader, dem Riesenrüden mit dem weichen Herzen, der einfach kein böser Hund sein will. Oder von der winzigen Schoßhündin namens Pipette, die ihr Frauchen buchstäblich nicht mehr riechen kann ... Zwei tierisch komplizierte Fälle! Ob Janne und Flip da helfen können?

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Seitenzahl: 141

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© 2018 cbj Kinder- und Jugendbuchverlag

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Alle Rechte vorbehalten

Umschlagbild und Innenillustrationen: Barbara Scholz

Umschlagfertigstellung: Susanne Ulhorn

ck • Herstellung: AJ

Satz: dtp im Haus

Reproduktion: ReproLine Mediateam, München

ISBN 978-3-641-22729-6 V002

www.cbj-verlag.de

Am Fluss, dort, wo das letzte Hochwasser einen dicken Baumstamm angetrieben und auf den hellen Ufersand geworfen hatte, trafen sich jeden Abend zwei Freunde.

Jeden Abend taten sie so, als begegneten sie sich nur ganz zufällig.

„Ach, hallo“, sagte die Katze jedes Mal überrascht. „Du bist ja auch hier.“

„Bin gerade auf der Jagd nach einem fetten Wildschwein hier vorbeigekommen“, brummte der schwarze Mops, der sich „Tapferer Einsamer Wolf“ oder kurz „Tapf Eins“ nannte. „Du hast es nicht zufällig gesehen? Es war riesig groß und ist in Panik vor mir geflüchtet.“

„Ich habe es nicht gesehen“, sagte die Katze. „Lass es laufen. Dort vorne unter der alten Weide haben heute Nachmittag Menschen ihr Essen ausgepackt. Schlampig und verschwenderisch, wie sie sind, lassen sie immer etwas liegen.“

„Dumm sind sie“, knurrte der Mops. „Na, es geschieht ihnen ganz recht, wenn ich ihnen jetzt ihr Futter wegfresse.“ Er schlenderte sehr lässig zum Picknickplatz, schob mit der Nase angewidert zerknülltes Papier und schmutzige Folie beiseite und verschlang dann einen Rest Pizza und ein halbes Brötchen. Zuletzt warf er sich einige Kartoffelchips in den Rachen. Plötzlich zuckte er heftig zusammen. Die Augen traten ihm beinahe aus dem Kopf.

„Gift!“, röchelte er. „Sie haben mich heimtückisch vergiftet!“

Seine Schnauze, seine Kehle, alles brannte wie Feuer.

Die Katze sprang zu Tapf Eins hinüber. Der wankte keuchend in Richtung Ufer.

Die Katze beschnupperte die Essensreste.

„Es waren die Chips“, stellte sie fest. „Dass sie gefährlich sind, glaube ich nicht. Sie sind bloß ungenießbar.“

Tapf Eins stellte sich mit allen vieren ins Wasser und soff, wie er noch nie gesoffen hatte.

„Geht es dir besser?“, rief die Katze besorgt vom Ufer her. Für nichts in der Welt wäre sie zu Tapf Eins ins Wasser gestiegen.

Außer, sie hätte ihn vor dem Ertrinken retten müssen.

Tapf Eins ächzte nur und soff weiter. Es dauerte eine ganze Weile, bis er sich umwandte und mit unsicheren Schritten und einem Bauch, in dem es gluckste wie in einem Fass, wieder zum Ufer zurückstapfte.

„Die Menschen sind böse“, grollte er, als er sich neben der Katze niederließ. „Heimtückisch und grausam. Sie legen absichtlich Futter aus, das uns quälen soll.“

„Ich glaube eher, es ist ihnen ganz egal, was sie fressen“, meinte die Katze. „Es ist ihnen ja auch egal, wie sie riechen. Offenbar.“ Sie rümpfte die Nase.

„Böse“, grummelte Tapf Eins. „Sie sind böse.“

„Ich glaube, sie sind einfach sehr, sehr anders als wir“, sagte die Katze. „So anders, dass wir es uns überhaupt nicht vorstellen können.“

„Ich will es mir gar nicht vorstellen“, knurrte Tapf Eins. Er wälzte sich im Sand auf den Rücken. Die Katze wandte sich um und leckte ihm kurz über den Bauch. Der Mops tat so, als hätte er es nicht gemerkt. Einige Minuten lang betrachteten beide das glitzernde Flusswasser, in dem sich Bäume und Himmel verschwommen spiegelten.

„Da ich ja ein Wolf bin, werde ich die Menschen nie verstehen“, murmelte der Mops schließlich. „Und ich will sie auch nicht verstehen.“

Die Katze dachte an ihren gemeinsamen Freund P.F.O.T.E., den fast vollkommenen Hund, der die Menschen besonders gut verstand – vor allem, wenn er sein spezielles geheimes Halsband trug. Dieses Halsband hatten jene Wissenschaftler entwickelt, bei denen P.F.O.T.E. aufgewachsen war. Es übersetzte Hundesprache in Menschensprache und umgekehrt.

Die Wissenschaftler, die ihn gezüchtet hatten, gaben ihm auch seinen Namen: P.F.O.T.E. Das stand nämlich für: Perfekt Funktionierendes Objekt mit Tierischen Eigenschaften.

„Wie es P.F.O.T.E. wohl geht?“, murmelte der Mops, als habe er die Gedanken der Katze gelesen. „Wir haben ihn lange nicht gesehen.“

„Die Tage werden kürzer“, sagte die Katze. „Er darf vielleicht abends nicht mehr aus dem Haus.“

Der Mops schniefte verächtlich. „Ich werde nie verstehen, warum er sich von diesen verachtenswerten, stinkenden Menschen etwas verbieten lässt.“

„Er hat sie eben gern“, meinte die Katze. „Und sie haben ihn auch gern.“

„Pffff“, machte Tapf Eins verächtlich. „Wenn man jemanden gernhat, dann erlaubt man ihm auch abends, seine Freunde zu besuchen.“

Die Katze schwieg. Sie mochte den Mops gerne, und der Mops mochte sie gerne; deswegen trafen sie sich regelmäßig jeden Abend kurz vor Sonnenuntergang rein zufällig an dieser Stelle am Fluss.

„Wir sollten vielleicht mal nach ihm sehen.“ Die Katze gähnte. Sie legte sich hin und lehnte sich dabei gegen den warmen Mopsbauch.

Der Mops rührte sich nicht.

„Meinetwegen“, knurrte er. „Morgen zum Beispiel. Morgen könnte ich es mir zufällig einrichten.“

„Wir entscheiden morgen“, beschloss die Katze. „Abends, wenn es dunkel ist, kann man sich nicht gut entscheiden.“ Sie lauschte auf das Grummeln im Mops-Bauch und starrte in den dunklen Nachthimmel.

In einer ruhigen Straße mit vielen ordentlichen Gärten und ordentlichen weißen Häusern wohnte die Familie, mit der sich P.F.O.T.E. angefreundet hatte: Janne, ihr kleiner Bruder Flip und ihre Eltern. Eine Weile hatte P.F.O.T.E. mit Tapf Eins und der Katze am Fluss gelebt, aber dann hatte er sich dafür entschieden, bei seiner neuen Familie zu bleiben – vollkommen unverständlich für Tapf Eins, der nichts mehr schätzte als seine Freiheit.

„Ich kann P.F.O.T.E. riechen“, erklärte die Katze. „Wir sind ganz in seiner Nähe.“ Sie duckte sich hinter einem Strauch. Der Weg vom Fluss bis zu P.F.O.T.E.s Haus hatte sie sehr angestrengt. Normalerweise hielt sie Abstand von Menschen und vor allem von Autos. Zwei ihrer Tanten und ein Neffe waren von Autos überfahren worden, den schlimmsten Feinden der Katzen. Das war einer der Gründe, warum sie gerne am Fluss wohnte. Dorthin kamen die Menschen in der Regel zu Fuß oder schlimmstenfalls mit dem Fahrrad.

Gerade öffnete sich die Tür und Janne und Flip traten aus dem Haus. Sie sahen müde aus, schleppten schwere Rucksäcke und gingen langsam die Straße hinunter.

„Sie laufen weg“, flüsterte Tapf Eins aufgeregt. „Warum nehmen sie P.F.O.T.E. nicht mit?“ Er starrte dem kleinen Jungen nach. Immer wenn er Flip ansah, regte sich etwas ganz tief in seinem Bauch. Eine Erinnerung. Etwas Kribbeliges, Warmes, das überhaupt nicht zu einem Wolf wie ihm passte.

„Sie laufen nicht weg“, wisperte die Katze. „Alle Kinder tragen frühmorgens diese Rucksäcke herum. Ich weiß nicht, was es bedeutet, aber später kommen sie wieder zurück.“

„Woher weißt du das?“, fragte Tapf Eins misstrauisch.

„Weil ich schon einmal bei Menschen gelebt habe“, erwiderte die Katze knapp. Aber dann verstummte sie und stupste den Mops mit der Vorderpfote an, denn gerade war ihr gemeinsamer Freund in der Tür erschienen.

P.F.O.T.E., der fast perfekte Hund, an dem fast alles so war, wie es bei einem Hund sein sollte: seine Größe, sein Fell, seine Augen, sein Gebell. Er gehorchte neunundneunzig von hundert Befehlen und bellte nur einmal am Tag. Er hatte eine bessere Nase als alle anderen Hunde auf der Welt. Und so dauerte es nicht einmal eine Viertelsekunde, bis er seine zwei Freunde entdeckt hatte.

Begeistert stürmte er auf sie zu. „Tapf Eins!“, rief er. „Katze! Ihr kommt mich besuchen! Ich freu mich so!“

„Wir sind nur hier vorbeigekommen“, knurrte Tapf Eins. „Ganz zufällig. Auf der Jagd nach einem Wildschwein ...“

„Wir wollten sehen, wie es dir geht“, sagte die Katze. „Wir haben so lange nichts von dir gehört.“ Sie trat zu P.F.O.T.E. und rieb ihren Kopf an seinem Hals.

P.F.O.T.E. seufzte. „Tut mir leid“, murmelte er. „Es hat ein bisschen gedauert, bis ich mich daran gewöhnt habe, ein Familienhund zu sein. Sie sind ja alle nett zu mir, aber sie lassen mich nicht alleine spazieren gehen.“

„Dann komm zurück zum Fluss“, rief der Mops. „Du bist doch nicht ihr Sklave!“

„So einfach ist es nicht“, sagte P.F.O.T.E. „Ich habe sie eben gern und sie mich auch.“

„Was man gernhat, sperrt man nicht ein“, widersprach der Mops, und die Katze nickte.

„Und sie spielen Bällchen mit mir!“, rief P.F.O.T.E., ohne auf die Bemerkungen seiner Freunde einzugehen. „Am Fluss spielt keiner mit mir.“ Er sah sich um und entdeckte sein Bällchen mitten auf dem Rasen. Mit einem Satz sprang er hin, schnappte es und schüttelte es gründlich.

Der Mops grunzte verächtlich. „Als Wolf hat man Wichtigeres zu tun, als einem Spielzeug nachzulaufen … Wildschweine jagen und so etwas.“

P.F.O.T.E. ließ das Bällchen fallen. „Wollt ihr nicht hereinkommen?“, fragte er. „Es gibt immer etwas zu fressen.“

„Ich betrete doch keine Wohnstätte von Menschen“, protestierte Tapf Eins, aber er konnte nicht verhindern, dass ihm bei der Erwähnung von „Fressen“ sofort Geifer aus dem Maul troff.

„Was gibt es denn?“, fragte die Katze vorsichtig.

„Wahrscheinlich nur etwas Gesundes“, gab P.F.O.T.E. zu.

„Ein richtiger Wolf kann alles fressen“, sagte Tapf Eins rasch. „Er ist nicht so verzärtelt wie ein Hund. Sein Magen verträgt alles, wenn es ums Überleben geht. Sogar Gesundes.“

Die Katze warf ihm einen verständnislosen Seitenblick zu. „Ich würde es mir mal ansehen“, sagte sie. „Das Futter.“

„Dann kommt rein.“

Gerade als sie sich zur Tür wandten, kam ein Junge mit seinem Hund die Straße entlang. Der Junge war klein und schmal, war aber älter als Janne. Den drei Freunden blieb beinahe das Herz stehen, als sie den Hund näher betrachteten.

Dieser Hund sah so gefährlich aus, als hätte man einen wilden Tiger, ein wildes Wildschwein, einen wilden Parkwächter und einen tollwütigen Wolf in einen einzigen weiß-schwarz gefleckten Pelz gepackt. Seine Reißzähne blitzten, Geifer troff ihm aus dem Maul, seine Augen waren blutunterlaufen, seine kräftigen Pranken mit spitzen Nägeln besetzt wie die Klauen eines Drachen.

Als der entsetzliche Hund die drei im Vorgarten erblickte, blieb er stehen und wedelte freundlich mit dem Schwanz. „Einen wunderschönen guten Morgen, ihr Lieben“, bellte er.

Sein Herrchen knuffte ihn in die Flanke.

„Vader!“, schnauzte er. Seine Stimme war erstaunlich hell und piepsig. „Reiß dich zusammen.“

Schlagartig stellte der große Hund das Schwanzwedeln ein, senkte den Kopf und knurrte aus tiefster Kehle. Die beiden Hunde und die Katze im Garten saßen wie versteinert und starrten ratlos in die blutroten Hundeaugen.

Der Junge blieb stehen, dann zerrte er seinen Hund grob weiter. „Komm schon“, piepste er. „Die drei frisst du ein andermal.“

Manchmal fand P.F.O.T.E. es unangenehm, dass er die Menschen verstehen konnte.„Tschüs, Leute“, rief der große Hund über die Schulter. „Tschuldigung.“

Und schon waren die beiden um die Ecke verschwunden.

Tapf Eins räusperte sich. „Du hattest vorhin was von Frühstück gesagt. Nicht dass ich darauf angewiesen wäre, aber ich möchte deine Menschen nicht kränken. Es sind ja offenbar deine Freunde.“

P.F.O.T.E. schüttelte seine Beklemmung ab. „Klar! Kommt frühstücken!“ Er hüpfte voraus in Richtung Tür.

Die Eltern von Janne und Flip saßen am Küchentisch. In einer Viertelstunde würde die Mutter zur Arbeit fahren. Der Vater blieb zu Hause.

„Du hast ja deine Freunde zum Frühstück mitgebracht!“, rief der Vater erfreut.

„Sie sind hungrig und essen zur Not auch was Gesundes“, verkündete P.F.O.T.E.

Er konnte mit seinen Menschen sprechen, als wären sie richtige Hunde oder Katzen.

Aber nur, wenn er sein spezielles Halsband trug. Das Halsband war einzigartig und eigentlich streng geheim. P.F.O.T.E. wusste genau, dass er es nicht benutzen durfte, wenn andere Menschen als seine Familie bei ihm waren.

Kurze Zeit später kaute Tapf Eins auf einem Kotelettknochen herum, während die Katze mit ihren Krallen umständlich Thunfischbröckchen aus einer Dose angelte. P.F.O.T.E. , der vorher schon gefrühstückt hatte, redete ununterbrochen auf sie ein. Die Mutter hatte ihm das Halsband abgenommen, damit er sich ungestört mit seinen Freunden unterhalten konnte. Er erzählte von seinen Spaziergängen, vom Bällchen spielen, von Begegnungen mit anderen Hunden und sogar von dem Floh, der ihn einige Tage zuvor gepiesackt hatte. Sowohl die Katze wie auch Tapf Eins mussten sich kratzen, als sie davon hörten.

Tapf Eins leckte die letzten Knochenkrümel auf, dann nieste er und sah P.F.O.T.E. mit seinen hervorquellenden Augen prüfend an. „Ich muss jetzt gehen“, sagte er. „Häuser machen einen Wolf nervös. Es ist der angeborene Freiheitsdrang, weißt du. Nein, du kannst es nicht verstehen, du bist ja nur ein Menschendiener.“

P.F.O.T.E. wollte widersprechen, aber er ließ es dann doch. Er mochte den schwarzen Mops und nahm es nicht so ernst, wenn der sich grantig gab.

Die Katze leckte die Thunfischdose so gründlich sauber, dass sie sich scheppernd im Kreis drehte. „Komm doch mit“, sagte sie zu P.F.O.T.E. „Du warst so lange nicht mehr am Fluss.“

„Ich darf nicht“, sagte P.F.O.T.E. leise.

„Feigling“, knurrte Tapf Eins. „Sklave.“

„Ich bin kein Sklave!“, begehrte P.F.O.T.E. auf. Er sah zu, wie Jannes Mutter die Thunfischdose aufhob und in den Müll beförderte. Die Katze strich ihr schnurrend um die Beine.

„Was machst du?“ Tapf Eins wich entsetzt zurück.

„Man muss ja zu Menschen nicht unbedingt unhöflich sein“, erklärte die Katze. „Wenn man etwas zu essen bekommen hat, kann man sich ruhig auch bedanken.“

„Ich bin auf keine Almosen angewiesen“, erklärte Tapf Eins stolz. „Ich habe den Knochen nur angenommen, um unsere Gastgeber nicht zu kränken.“

Der Vater machte den beiden die Tür auf. P.F.O.T.E. schlüpfte mit ins Freie und tat so, als suche er sein Bällchen. Der Vater ging wieder hinein und ließ die Tür einen Spalt offen.

„Du kannst abhauen“, stellte Tapf Eins fest.

P.F.O.T.E. war ein fast perfekter Hund. Das bedeutete, dass er fast nie etwas tat, was er nicht durfte. Aber eben nur fast nie. Ab und zu konnte es doch passieren, dass er ungehorsam war.

Vormittage als Haushund waren einfach zu langweilig: Die Kinder saßen in der Schule fest, die Mutter würde bald zur Arbeit fahren, und der Vater war mit allerlei Dingen beschäftigt, die ihn vom Spielen und Spazierengehen abhielten.

Keiner konnte P.F.O.T.E. vormittags wirklich gebrauchen.

„Ich komme mit“, beschloss er. „Aber nur ganz kurz. Vielleicht merkt es keiner.“

Aber schon zwei Ecken weiter blieb P.F.O.T.E. wie angewurzelt stehen.

„Ich rieche was“, sagte er. „Jemand kommt. Jemand, der in unserer Straße wohnt. Jemand, der weiß, dass ich nicht allein spazieren gehen darf.“

„Na und?“, fragte Tapf Eins.

„Es ist jemand mit einem Hund“, erklärte P.F.O.T.E. „Mit einem ganz kleinen Hund.“

Die Katze beobachtete misstrauisch die Straßenecke.

Es dauerte nicht lange, da tauchte eine kleine weiße Malteserhündin auf.

Ihre langen Fellfransen auf dem Kopf waren mit einer rosa Schleife zusammengebunden, sie trug eine weitere Schleife an der Schwanzspitze und ein rüschiges, rosarotes Mäntelchen.

Ihr Frauchen war eine Frau van Bömmel, eine etwas ältere Dame aus der Nachbarschaft. Sie trug ein sehr elegantes dunkelblaues Kostüm, eine weiße Bluse und schwarze Stöckelschuhe. Über die Schulter hatte sie sich eine braune Straußenledertasche an einer goldenen Kette gehängt. Ihr Hündchen zerrte an einer goldenen Leine.

Mit der Dame näherte sich eine so dichte Parfumwolke, dass die Luft beinahe golden zu glitzern schien. P.F.O.T.E. musste niesen. „Hallo Pipette!“, rief er der kleinen Hündin zu.

Die Hündin knurrte nur etwas, dann fiel ihr Blick auf Tapf Eins, und sie blieb wie angewurzelt stehen. Frau van Bömmel musterte die drei Freunde misstrauisch und schickte sich an, die Straßenseite zu wechseln. Aber Pipette wollte nicht mit. Frau van Bömmel bückte sich und wollte das Hündchen auf den Arm nehmen, aber Pipette schnappte nach ihrer Hand.

„Habt ihr das gesehen?“, fragte P.F.O.T.E. atemlos. „Sie wollte ihr Frauchen beißen.“

„Die Kleine gefällt mir“, murmelte Tapf Eins. „Sie hat verstanden, worum es geht!“

Jetzt standen die drei direkt vor Pipette. Ihr Frauchen zerrte immer noch an der Leine, aber Pipette beachtete sie nicht.

„Das sind meine Freunde“, stellte P.F.O.T.E. vor. „Die Katze und Tapferer Einsamer Wolf. Tapferer Einsamer Wolf sieht zwar aus wie ein Mops, aber er ist eigentlich ein Wolf. Kein Mensch sagt Tapferer Einsamer Wolf zu ihm, das ist viel zu umständlich. Du kannst bestimmt auch Tapf Eins zu ihm sagen, so wie wir.“

„Hallo, Tapf Eins!“, hauchte Pipette. „Ich finde schon, dass du ein bisschen wie ein Wolf aussiehst.“

Tapf Eins war so überrascht, dass er sich setzen musste. Er starrte Pipette an und die Zunge hing ihm aus dem flachen Maul.

„Warum schnappst du nach deinem Frauchen?“, erkundigte sich P.F.O.T.E. besorgt. „Schlägt sie dich etwa?“

„Natürlich nicht!“, rief Pipette empört. Es ist nur …“ Sie verstummte und sah sich nach Frau van Bömmel um.

„Was denn?“

„Wenn wir dir helfen können …“, brummte der Mops.

„Ich mag es nicht, wenn sie mich auf den Arm nimmt“, erklärte Pipette schließlich.

„Verständlich“, sagte der Mops. „Es ist beschämend. Wer lässt sich schon gerne herumzerren.“