Perry Rhodan 1345: Gruft der Erleuchtung - Marianne Sydow - E-Book

Perry Rhodan 1345: Gruft der Erleuchtung E-Book

Marianne Sydow

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Beschreibung

Abenteuer in NARGA SANT - ein Schläfer wird geweckt Wesen wie Comanzatara, Aldruizantaro oder Huakaggachua gehören zu den seltsamsten Intelligenzwesen des Universums, auf die Terraner im Laufe ihrer Geschichte gestoßen sind. Auf den ersten Blick sind sie "nur" Pflanzen, in Wirklichkeit sind es Wesen von hoher Intelligenz und Empfindung. Dass Comanzatara zudem noch die Mutantengabe einer "Hermaphroditischen Präkognostikerin" aufweist, macht die Sache noch interessanter. Sie verweist dank ihrer Mutantengabe auf Zusammenhänge, die sich bereits vor fünfzigtausend Jahren entwickelt haben müssen. Die Zataras, jene rätselhaften Frau-Pflanzen, haben es letztlich geschafft, einen Kontakt herzustellen, mit dem niemand rechnen konnte: Sie schlagen über die gigantische Entfernung von vierzig Millionen Lichtjahren hinweg eine Brücke von der Mächtigkeitsballung Estartu zur Milchstraße. Und dabei enträtseln sie das Kommende für beide Mächtigkeitsballungen. Welche weiteren Ergebnisse das mit sich führen wird, bleibt erst einmal abzuwarten ... Als nächstes Problem steht die Drohung Sotho Tyg Ians im Raum, die Milchstraße zu vernichten. Und erneut wechselt der Schauplatz der Handlung. Weiter geht es in Pinwheel, wo nach wie vor die Terranerin Nikki Frickel von der Pinwheel Information Group (PIG) aktiv ist und mit den Wissenden der Kartanin in Kontakt steht. Vergangenes wird auf diese Weise wieder gegenwärtig in der GRUFT DER ERLEUCHTUNG ...

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Nr. 1345

Gruft der Erleuchtung

Abenteuer in NARGA SANT – ein Schläfer wird geweckt

von Marianne Sydow

Auf Terra schreibt man den November des Jahres 446 NGZ, was dem Jahr 4033 alter Zeitrechnung entspricht. Somit sind seit den dramatischen Ereignissen, die zum Kontakt mit ESTARTUS Abgesandten und zur Verbreitung der Lehre des Permanenten Konflikts in der Galaxis führten, rund 17 Jahre vergangen.

Trotz dieser relativ langen Zeitspanne hat keiner der Sothos die Galaktiker auf den angestrebten Kurs bringen können. Ein eindeutiger Beweis dafür sind die Ausschaltung von Pelyfors Flotte und der Tod dieses Ewigen Kriegers.

Auch in der Mächtigkeitsballung ESTARTU, wo die Ewigen Krieger seit Jahrtausenden regieren, lehnt man sich gegen ihre Herrschaft auf, was die Zerstörung der Heraldischen Tore von Siom Som und Ijarkors Reaktionen eindeutig aufzeigen. Und dafür, dass die Unruhe im Reich der nicht mehr präsenten ESTARTU weiter um sich greift, obwohl die Pterus mit allen Mitteln gegensteuern, liegen schon Beweise vor.

Die Hauptpersonen des Romans

Dao-Lin-H'ay – Die junge Wissende hat einen Plan.

Nikki Frickel und Poerl Alcoun – »Gäste« in der NARGA SANT.

Nana-Bea, Trei-Ri und Dara-Ban – Drei der alten Voica.

Oogh at Tarkan

1.

»Unsere Gäste werden allmählich ungeduldig«, sagte Dao-Lin-H'ay im Kreis der Wissenden.

»Warum?«, fragte Nana-Bea verwundert.

»Sie werden gut behandelt«, fügte Sring-Hea hinzu.

»Wir haben sogar besondere Quartiere für sie hergerichtet«, wandte Lei-Mama ein.

»Sie bekommen doch alles, was sie brauchen«, stellte Uina-Sre fest.

»Sie sollten nun zufrieden sein«, beendete Xeina-Woo das Thema, und alle anderen stimmten ihr zu.

Nur Dao-Lin konnte das nicht tun.

»Sie sind trotzdem unzufrieden«, erklärte sie. »Sie wollen das Geheimnis der Kartanin kennenlernen, und sie werden keine Ruhe geben, ehe sie ihr Ziel erreicht haben.«

»Unerhört!«, murmelte Lae-Geiora.

»Wie können sie es wagen!«, empörte sich Meihao-Vil.

»Wir fragen sie doch auch nach ihren Geheimnissen!«, sagte Aroa-Ais.

»Es geht sie überhaupt nichts an«, stellte Dara-Ban fest.

»Sie werden nichts erfahren«, schloss Sileio-Len.

»Da wäre ich mir nicht so sicher«, sagte Dao-Lin-H'ay ernst. »Sie sind hartnäckig und erfinderisch. Und eine von ihnen ist eine Esperin.«

»Eine schlechte Esperin«, meinte Eirisa-Meng abfällig.

»Ohne die Tränen N'jalas ist diese Poerl Alcoun zu nichts fähig«, behauptete Li-Xeing.

»Und da sie keine Tränen erhalten wird, wird sie auch nichts herausbekommen«, stellte Que-Quanga fest.

»Früher oder später werden sie sich Paratau beschaffen«, sagte Dao-Lin-H'ay.

Die anderen Wissenden starrten sie beunruhigt an – teils, weil Dao-Lin das Wort »Paratau« gebraucht hatte, anstatt von Tränen zu sprechen, wie es sich für eine Kartanin ihres Ranges gehörte, teils aber auch, weil sie befürchteten, dass Dao-Lin recht behalten könnte.

»Und wie sollten sie das anstellen?«, fragte Trei-Ri.

»Keine von uns wird ihnen welchen geben«, sagte Tia-Mei.

»Sie werden ihn sich nehmen«, erklärte Dao-Lin. »Notfalls mit Gewalt. Sie verstehen zu kämpfen – alle beide. Ich kann das beurteilen, denn ich habe es erlebt.«

»Richtig«, sagte Hau-Neira nachdenklich. »Es sind Frauen. Vielleicht hätten wir lieber zwei von den Männern hierbehalten sollen.«

»Sie stammen aus einem Volk, bei dem die Frauen als das schwache Geschlecht gelten«, wehrte Wan-Drein ab.

»Eine merkwürdige Vorstellung«, murmelte Meihao-Vil amüsiert.

»Für die Fremden ist es völlig normal«, sagte Dao-Lin. »Sie empfinden es umgekehrt als merkwürdig, dass bei uns die Männer nicht viel zu sagen haben.«

»Wenn es so ist, dann haben wir von unseren Gästen ja wohl nicht viel zu befürchten«, meinte Aroa-Ais.

»Sie sind Ausnahmen«, erklärte Dao-Lin. »Das gilt besonders für Nikki Frickel. Es wäre ein schwerer Fehler, sie zu unterschätzen.«

Die Wissenden schwiegen und dachten nach.

Auch Dao-Lin dachte nach, aber ihre Gedanken gingen in eine etwas andere Richtung. Sie schirmte sich ab, wie sie es immer tat, und darum fiel es niemandem auf. Zumindest jetzt, in diesem Augenblick, war kein Paratau im Spiel, und ohne die Unterstützung durch das Psichogon waren selbst die Voica nicht imstande, Dao-Lins Gedanken zu lesen, wenn sie es nicht wollte.

»Du kennst diese Wesen am besten von uns allen«, meinte Nana-Bea schließlich. »Was schlägst du vor, Dao-Lin?«

Die Kartanin achtete sorgfältig darauf, dass sich nichts an ihrer Haltung veränderte. Äußerlich gelassen saß sie im Kreis der Wissenden.

»Nana-Bea-Voica«, sagte sie ehrerbietig, »lasst mich mit unseren Gästen sprechen. Gebt mir die Erlaubnis, ihnen einige Fragen zu beantworten.«

Für einen Augenblick war es totenstill.

»Willst du ihnen etwa unser Geheimnis verraten?«, fragte Nana-Bea schließlich. An den Umständen gemessen, wirkte sie bemerkenswert ruhig. Einige von den übrigen Voica wisperten aufgeregt miteinander.

»Nein«, erwiderte Dao-Lin-H'ay ernst.

»Was willst du dann tun?«, fragte Nana-Bea.

»Ich möchte sie auf andere Gedanken bringen«, erklärte Dao-Lin. »Sie ablenken. Sie sitzen nun schon seit Tagen in dem Quartier herum, das wir für sie eingerichtet haben, und sie haben dort keinerlei Beschäftigung.«

»Sie führen dort ein sehr bequemes Leben«, warf Dara-Ban ein. »Sie sollten uns dankbar für die Ruhe und den Frieden sein, den sie genießen dürfen!«

»Aber sie sind es nicht, Dara-Ban-Voica«, erwiderte Dao-Lin sehr höflich und brachte damit gleichzeitig zum Ausdruck, dass sie sich in diesem Punkt von der Meinung der übrigen Wissenden distanzierte. »Ich kenne diese Wesen. Sie halten es nicht aus, wenn man sie einsperrt.«

»Sie sind nicht eingesperrt«, behauptete Li-Xeing. »Ihr Quartier ist groß genug für sie. Sie haben dort sogar Gelegenheit, sich körperlich auszuarbeiten, wenn sie Wert darauf legen. Was sie – nebenbei bemerkt – offensichtlich gar nicht tun.«

»Eben das ist sehr bedenklich«, sagte Dao-Lin mit Nachdruck. »Es beweist, dass sie sich nicht wohl fühlen. Ein Käfig bleibt ein Käfig, auch wenn er noch so groß und bequem ist. Es spielt keine Rolle, wie wir darüber denken – sie jedenfalls fühlen sich eingesperrt. Sie werden versuchen, auszubrechen.«

»Das wird ihnen wohl kaum gelingen«, bemerkte Tia-Mei spöttisch.

»Vielleicht aber doch«, gab Dao-Lin zu bedenken. »Und wenn es ihnen gelingt, dann werden sie uns eine Menge Ärger bereiten. Das werden sie auch dann tun, wenn sie es nicht schaffen sollten. Früher oder später müssen wir sie herauslassen – spätestens dann, wenn die Friedensverhandlungen mit den Galaktikern offiziell beginnen. Dann werden sie sagen, dass sie bei uns schlecht behandelt wurden.«

»Das ist nicht wahr!«, rief Que-Quanga empört aus.

»Ich sagte es bereits – es spielt keine Rolle, wie wir darüber denken. Ausschlaggebend ist das, was Poerl Alcoun und Nikki Frickel berichten werden, und sie werden sagen, dass wir sie eingeschlossen haben.«

»Wir haben sie doch einen ganzen Tag hindurch herumlaufen lassen«, seufzte Hau-Neira. »Es war furchtbar. Diese vielen Fragen!«

»Sie sind unhöflich!«, rief Eirisa-Meng.

»Vorlaut und ungehobelt«, empörte sich Xeina-Woo.

»Aufdringlich und rücksichtslos«, fügte Sring-Hea hinzu.

»Einfach unerträglich«, stöhnte Wan-Drein.

»Ich weiß«, sagte Dao-Lin sanft. »Es ist nicht leicht, sich an ihre Art zu gewöhnen – vor allem für euch.«

»Wie meinst du das?«, fragte Lae-Geiora misstrauisch.

»Nun – ihr lebt hier schon seit sehr langer Zeit in völliger Abgeschiedenheit. Ihr seid nicht mehr an Fragen gewöhnt.«

»Fragen!«, sagte Nana-Bea verächtlich. »Glaubst du denn, dass die Hohen Frauen uns etwa keine stellen? Wir sind sehr wohl daran gewöhnt!«

»Den Hohen Frauen antwortet ihr nur, wenn es euch passt«, gab Dao-Lin zu bedenken. »Sie sind weit von NARGA SANT entfernt. Sie haben nicht die Möglichkeit, euch mit ihren Fragen im eigentlichen Sinn des Wortes zu verfolgen. Wenn sie es könnten, würden sie es sicher manchmal tun.«

»Da gibt es ja wohl noch gewisse Unterschiede!«, sagte Tia-Mei streng. »Selbst der ungehobeltste Kartanin vom entferntesten aller Planeten würde es niemals fertigbringen, sich so unmöglich zu benehmen wie ganz speziell Nikki Frickel!«

»Und darum isoliert ihr die beiden und haltet sie euch vom Hals«, stellte Dao-Lin-H'ay fest. »Ich verstehe das. Aber sie sind nicht unsere Geiseln, sondern unsere Gäste. Wir wollen Frieden mit ihren Völkern schließen. Es könnte eine Situation eintreten, in der wir auch Nikki Frickel als unsere Fürsprecherin brauchen. Sie wird sich aber kaum als unser Gast fühlen, wenn keine von uns auch nur ein einziges Wort mit ihr wechselt!«

Die Wissenden sahen einander an.

»Das ist richtig«, sagte Lei-Mama schließlich. »Aber ich könnte es trotzdem nicht ertragen, sie ständig um mich zu haben.«

Die anderen stimmten ihr zu.

»Schließen wir also einen Kompromiss«, schlug Uina-Sre vor. »Dao-Lin erhält die Erlaubnis, zu ihnen zu gehen und mit ihnen zu reden, sie vielleicht sogar im Sco-ta-ming herumzuführen – allerdings so, dass wir mit ihnen möglichst nicht in Berührung kommen. Seid ihr einverstanden?«

Sie erhielt Zustimmung von allen Seiten – ganz besonders von Dao-Lin.

»Macht euch keine Sorgen, dass es ihnen gelingen könnte, von mir mehr zu erfahren, als sie wissen dürfen«, sagte die Kartanin. »Ich werde ihnen keine Geheimnisse verraten.«

Die Voica hielten es offenbar für überflüssig, auch auf dieses Thema einzugehen. Keine von ihnen ermahnte Dao-Lin-H'ay, sich vor gewissen Fragen in Acht zu nehmen. Sie gingen einfach zum nächsten Thema über.

Dao-Lin wartete noch eine Weile, dann verließ sie den Kreis. Niemand sah ihr nach.

In Gedanken versunken machte sie sich auf den Weg zu Nikki Frickel und Poerl Alcoun. Sie freute sich auf das Wiedersehen mit den beiden. Vor den bohrenden Fragen, die Nikki und Poerl ihr stellen würden, hatte sie keine Angst. Sie war sich ihrer selbst sicher – sie würde nichts verraten, auch nicht unabsichtlich, nicht einmal aus Ärger über die Voica.

Und diesen Ärger gab es. Er war gerade in diesem Augenblick sogar so groß, dass Dao-Lin nichts dagegen einzuwenden gehabt hätte, ihn an irgendetwas oder irgendjemandem auszulassen.

Das gerade beendete Gespräch hatte ihr etwas bewiesen, was sie längst geahnt hatte: dass sie nämlich noch immer nicht wirklich dazugehörte.

Sie hatte nicht gewusst, warum dieser merkwürdige Staubnebel tabu war, und von der Existenz der Roboter von Ctl hatte sie noch nicht einmal etwas geahnt, bis sie sie mit eigenen Augen gesehen hatte. Die Roboter gehorchten den Wissenden – den anderen Wissenden.

Sie hatte sich gesagt, dass es gewiss gute Gründe gegeben hatte, sie nicht zu informieren. Jenes Täuschungsmanöver, bei dem achtzehn alte Kartanin gestorben waren, weil die Wissenden die Leute von der PIG auf eine falsche Spur locken wollten, war seit langem geplant gewesen, und es hatte längst festgestanden, dass Dao-Lin-H'ay die achtzehn Todeskandidatinnen begleiten und dafür sorgen sollte, dass alles so verlief, wie die Voica es sich gewünscht hatten. Die Voica waren sich gewiss darüber im Klaren gewesen, dass Dao-Lin dieses Unternehmen nicht ohne Schwierigkeiten und inneres Widerstreben hinter sich bringen würde, und so mochte es eine reine Vorsichtsmaßnahme gewesen sein, ihr gewisse Geheimnisse vorzuenthalten, bis alles überstanden war.

Dao-Lin hatte das akzeptiert. Aber sie hatte erwartet, dass man ihr nun, da alles überstanden war, die noch ausstehenden Geheimnisse mitteilte.

Die Voica hatten keine Anstalten getroffen, dies zu tun.

Anfangs hatte Dao-Lin sich gesagt, dass sie vielleicht einfach nur von falschen Voraussetzungen ausging. Es konnte ja sein, dass sie tatsächlich bereits alle Geheimnisse kannte, dass die Roboter von Ctl die letzte Ausnahme gewesen waren.

Jetzt war sie sicher, dass das nicht der Fall war.

Es gab weitere Geheimnisse, und die Voica kannten sie.

Keine von ihnen hatte während des Gesprächs die Tränen N'jalas benutzt, aber Dao-Lin hatte es getan. Niemand hatte etwas davon bemerkt. Sie hatte kein schlechtes Gewissen, denn sie hatte nichts Unrechtes getan. Es stand ihr frei, die Tränen zu benutzen, wann immer sie es für richtig hielt.

Sie hatte mit voller Absicht die Wissenden mit ihren Bemerkungen über die »Gäste« provoziert und abgelenkt, und als sie versicherte, dass sie keine Geheimnisse verraten würde, da war ihr Geist offen und aufnahmebereit gewesen. Sie hatte keine Gedanken aufgefangen – sie hatte sich auch gar nicht darauf konzentriert, denn das hätten die Voica gespürt. Aber sie hatte die Gefühle der anderen in sich aufgenommen.

Da war keine Spur von Besorgnis gewesen – und das, obwohl die anderen deutlich genug zu verstehen gegeben hatten, dass sie sich vor den bohrenden Fragen der »Gäste« fürchteten. Es war auch kein besonderes Gefühl des Vertrauens in Dao-Lins Widerstandskraft vorhanden gewesen.

Die Voica hatten diesen Punkt einfach übergangen.

Dao-Lin-H'ay war eine sehr realistische Kartanin, und sie machte sich nichts vor. Es gab für die Reaktion der Voica nur eine einzige Erklärung: Sie waren sich völlig sicher, dass Dao-Lin keine wirklichen Geheimnisse verraten konnte – weil sie diese Geheimnisse gar nicht kannte.

Dao-Lins einziger Trost in dieser ganzen Angelegenheit bestand darin, dass die Voica sich wenigstens nicht über ihr Versprechen amüsiert hatten.

2.

Das Quartier für Nikki Frickel und Poerl Alcoun war wirklich sehr groß und – gemessen an dem, was die Sco-ta-ming bieten konnte – außerordentlich komfortabel. Dao-Lin wurde sich dessen bewusst, als sie das Schott öffnete und eintrat.

Das Schott führte in einen Aufenthaltsraum, der mit Teppichen, Vorhängen und Sitzkissen ausgestattet war. Ein großer Bildschirm an der rechten Wand zeigte in stetem Wechsel die schönsten und reizvollsten Landschaften, die die Kartanin auf den Planeten ihres Sternenreichs gefunden hatten. Zwei offene Durchgänge, die mit Vorhängen versehen waren, führten in einen Essraum, wo es – wie Dao-Lin wusste – eine Automatik gab, die auf die speziellen Bedürfnisse der beiden Gäste programmiert war. Es gab außerdem zwei Schlafräume und zwei Hygienezellen, ebenfalls auf die Bedürfnisse der Gäste abgestimmt, dazu ein Studierzimmer und einen großen Raum mit Sportgeräten.

Wenn Dao-Lin an ihre eigene kleine, nüchterne Kabine dachte, konnte sie fast neidisch werden.

Von den beiden Bewohnern dieser Luxus-Unterkunft war nichts zu sehen. Auf den winzigen, niedrigen Tischchen neben den Sitzkissen stapelten sich leere Becher und andere Abfälle. Eines der Tischchen war fachgerecht in seine Einzelteile zerlegt worden. Die Stücke lagen neben dem Schott, zusammen mit Teilen, die von Sportgeräten stammen mochten. Spuren am Schott bewiesen, dass Nikki Frickel und Poerl Alcoun bereits versucht hatten, auf eigene Faust diese gastliche Unterkunft zu verlassen.

Dao-Lin-H'ay wurde es heiß und kalt bei dem Gedanken, was die beiden ihren Artgenossen berichten würden, und gleichzeitig machte sie sich Vorwürfe, weil sie es so weit hatte kommen lassen. Sie sagte sich, dass sie sich nichts vorzuwerfen hatte. Sie hatte oft genug versucht, das Gespräch auf die Gäste zu bringen, aber die Voica waren anfangs so entnervt gewesen, dass sie einfach nicht bereit waren, auf dieses Thema einzugehen.

Vorsichtshalber schloss Dao-Lin das Schott hinter sich. Sie konnte die Möglichkeit nicht ausschließen, dass Nikki und Poerl hinter einem der Vorhänge versteckt waren, bereit, die Kartanin niederzuschlagen und auf Teufel komm raus einen Weg aus NARGA SANT zu suchen. Sie blieb vor dem Schott stehen und lauschte.

Es war still.

»Wo seid ihr?«, rief sie leise. »Ich bin es, Dao-Lin-H'ay!«

Keine Antwort.

Vorsichtig ging sie zu einem der Durchgänge und schob den Vorhang ein wenig zur Seite. Der dahinter liegende Essraum war groß und mit zahlreichen Polstern und kleinen Tischen eingerichtet. Auch hier regte sich nichts. Der Automat, der zwischen den beiden Durchgängen stand, zeigte Betriebsbereitschaft an.

Dao-Lin-H'ay wurde es beklommen zumute, und sie durchquerte den Essraum und blickte in einen der Schlafräume hinein. Sie atmete erleichtert auf: Nikki Frickel lag auf dem breiten, bequemen Lager und schlief. Dao-Lin konnte deutlich die regelmäßigen Atemzüge hören. Sie tat einen Schritt nach vorne, in der Absicht, Nikki zu wecken, als plötzlich Poerl Alcoun hinter ihr stand und ihr einen spitzen Gegenstand in den Rücken drückte.

»Keine Bewegung!«, sagte die Tefroderin.