Perry Rhodan 136: Im Bann des Zweisterns (Silberband) - H. G. Francis - E-Book

Perry Rhodan 136: Im Bann des Zweisterns (Silberband) E-Book

H. G. Francis

0,0

Beschreibung

Auf der Erde und den anderen Welten, die von Menschen besiedelt sind, schreibt man das Jahr 427 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Nach wie vor operiert Perry Rhodan mit seiner Galaktischen Flotte in der Galaxis M 82. Mittlerweile ist die Flotte wieder vereint – steht aber weiterhin im Konflikt mit der Endlosen Armada. Dieser gigantische Heerwurm aus Millionen Raumschiffen unterschiedlichster Völker birgt uralte kosmische Geheimnisse. In der Armada tobt zudem ein mörderischer Kampf um die Macht, ausgelöst von den mysteriösen Silbernen. Sie sehen in Perry Rhodan einen gefährlichen Konkurrenten. Will der Terraner ihnen standhalten, muss er vor seinen Gegnern den Armadapropheten finden – dessen immenses Wissen um Herkunft und Ziele des Heerwurms könnte der Menschheit helfen ... Die in diesem E-Book enthaltenen Originalromane sind: Operation Hornissenschwarm (1144) von H. G. Francis; Der unsichtbare Bote (1145) von H. G. Ewers; Angriff der Barbaren (1146) und Die Spur zu Ordoban (1147), beide von Detlev G. Winter; Die schwarze Pyramide (1148) von Kurt Mahr; Im Bann des Zweisterns (1149) von Marianne Sydow sowie Die große Vision (1150) von Kurt Mahr.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 658

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nr. 136

Im Bann des Zweisterns

Cover

Klappentext

Kapitel 1-10

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

Kapitel 11-20

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

Kapitel 21-30

21.

22.

23.

24.

25.

26.

27.

28.

29.

30.

Kapitel 31-35

31.

32.

33.

34.

35.

Nachwort

Zeittafel

Impressum

Auf der Erde und den anderen Welten, die von Menschen besiedelt sind, schreibt man das Jahr 427 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Nach wie vor operiert Perry Rhodan mit seiner Galaktischen Flotte in der Galaxis M 82. Mittlerweile ist die Flotte wieder vereint – steht aber weiterhin im Konflikt mit der Endlosen Armada.

Dieser gigantische Heerwurm aus Millionen Raumschiffen unterschiedlichster Völker birgt uralte kosmische Geheimnisse. In der Armada tobt zudem ein mörderischer Kampf um die Macht, ausgelöst von den mysteriösen Silbernen. Sie sehen in Perry Rhodan einen gefährlichen Konkurrenten.

1.

Catewnor gehörte zu den Befehlshabern von HORTEVON. Während er durch die Gänge der Steuerkugel der Armadaschmiede schritt, begegneten ihm etliche Pellacks. Die Reptilienwesen wichen respektvoll aus und machten ihm Platz. Sie neigten den Kopf und bogen die Arme nach hinten, um ihm ihre Ehrfurcht zu bezeigen.

Der Silberne beachtete sie nicht. Tief in Gedanken versunken ging er an ihnen vorbei. Er hätte eigentlich an Ras Tschubai, Jen Salik und Gucky denken müssen, die aus der Gefangenschaft geflohen waren und sich im Fertigungsring der Anlage versteckt hielten. Doch seine Gedanken waren bei einem weiblichen Wesen, dem er vor mehr als einem Jahr auf einem fernen Planeten begegnet war. Nur für kurze Zeit hatten sie zusammen sein können, aber diese wenigen Tage hatten tiefe Spuren in ihm hinterlassen. Catewnor bereute längst, dass er seinem Machtstreben nachgegeben und die Frau verlassen hatte.

Ein Schott öffnete sich vor ihm. Dahinter verlief der breite Gang, der zu seinen Räumen führte. Mehrere Pellacks, die vor seinem Wohn- und Arbeitstrakt gesessen und sich die Zeit mit einem Stäbchenspiel vertrieben hatten, sprangen erschrocken auf, als der Silberne auf sie zukam. Von einem der Hocker erhob sich Schumirg, der Sippenälteste der Pellacks, die in der Steuerkugel lebten.

In demütiger Haltung schritt er auf Catewnor zu. Schumirg schien verwirrt und verunsichert zu sein, weil er zu dem Armadaschmied gerufen worden war. Meistens begnügten sich die Silbernen damit, den Hadr über Interkom anzusprechen.

»Catewnor«, stammelte der Pellack. Unschlüssig blieb er stehen, bog die Arme weit zurück und neigte den Kopf.

Der Silberne schickte alle anderen weg und befahl dem Hadr, ihm zu folgen. Er öffnete das Schott zu seinem Wohntrakt und führte den alten Pellack in einen elegant eingerichteten Raum, bot ihm jedoch keinen Platz an. Er selbst ließ sich in die weichen Polster eines Sessels sinken.

Catewnor legte Wert darauf, den Sippenältesten im Gespräch vor sich zu sehen, damit dieser ihm nicht ausweichen konnte. Er war sich bewusst, dass es falsch gewesen war, Schamar außer Acht zu lassen. Nun wollte er diesen Fehler korrigieren.

»Was kann ich für dich tun, Herr?«, fragte der Hadr.

»Ich weiß, dass jemand bei dir war und versucht hat, dich gegen uns zu gewinnen.«

Schumirg bestätigte, ohne zu zögern. Es wäre tödlich für ihn gewesen, die Wahrheit zu verschweigen. »Schamar war bei mir und bat um meine Unterstützung für die Gefangenen. Du weißt, dass ich sie ihm verweigert habe.«

»Schamar hat sich den Fremden angeschlossen. Warum?«

»Ich kann es mir nicht erklären.« Der Alte unterstrich seine Worte mit Gesten, die seine Ratlosigkeit zeigten.

»Schamar muss wissen, dass er die Armadaschmiede niemals verlassen kann, wenn ich es nicht will. Trotzdem ist er geflohen.«

»Ich werde mich umhören, Herr. Etwas muss passiert sein, das ihn zu dieser Tat veranlasst hat.«

»Ich will die Antwort schnell!«, drängte Catewnor.

»Du wirst sie bekommen.«

Ein Sessel auf der anderen Seite des nicht zu großen Raumes löste sich plötzlich vom Boden und raste heran. Der Pellack konnte dem Geschoss gerade noch ausweichen, dann prallte das Sitzmöbel krachend gegen die Wand.

Guckys Aufschrei während seiner Teleportation hatte wie ein Schrei in höchstem Entsetzen geklungen.

Nun, Sekunden danach, herrschte beklemmende Stille in der Goon-Gondel. Ras Tschubai erinnerte sich, dass Gucky vor wenigen Tagen unter Todesahnungen gelitten hatte. Er konnte nur hoffen, dass der Mausbiber wie beabsichtigt in der Steuerkugel der Armadaschmiede materialisiert und nicht in sein Verderben gesprungen war.

Ein Stöhnen lenkte Tschubai ab. Jen Salik erwachte aus der Bewusstlosigkeit. Als müsse er sich neu zurechtfinden, tastete der Ritter der Tiefe über den Boden der Gondel. Das klobige Fluggerät hatte außerhalb der Fertigungs- und Testbereiche der Armadaschmiede HORTEVON aufgesetzt.

»Es ist vorbei«, sagte Tschubai zögernd. »Vorerst wenigstens. Wir sind der Hölle entkommen.«

Er kniete neben Salik nieder und öffnete dessen SERUN. Der eher schmächtige Mann blickte ihn an und schien nicht zu verstehen. Ein Hauch von Müdigkeit lag in Saliks graublauen Augen. Er war verletzt und für die schnelle Wiederherstellung auf die Unterstützung seines Zellaktivators angewiesen.

Tschubai zwang sich zu einem zuversichtlichen Lächeln. »Es ist alles in Ordnung, die Probleme liegen hinter uns.«

Sein Blick streifte Schamar, der halb über den Sitzen hing. Der reptilienartige, grau geschuppte Pellack hatte beide Beinpaare abgespreizt und die Arme über dem länglichen Kopf verschränkt, der an den Schädel eines terranischen Delfins erinnerte. Nicht einmal ein leichtes Zucken seines schlanken Hinterleibs verriet, dass Schamar wieder zu sich kam.

Tschubai wandte sich zur Frontscheibe der Gondel um und blickte hinaus. Hatte Gucky nicht behauptet, da draußen sei jemand?

Vor dem Fahrzeug sprühte ätzende Flüssigkeit aus dem Untergrund empor. Blitze zuckten über die weitläufige Anlage hinweg und erhellten klobige Maschinenkomplexe. Doch so sehr Tschubai sich auch bemühte, er registrierte keine andere Bewegung.

Wer mochte da draußen gewesen sein?

Gucky konnte sich nicht geirrt haben. Auch Schamar hatte jenen Unbekannten gesehen. Der Anblick war für den Pellack so schockierend gewesen, dass er sich seitdem nicht mehr regte.

Ein Schwall grüner Flüssigkeit klatschte vor der Gondel herab und zerstäubte zu feinen Nebelschwaden. Ras Tschubai wollte sich bereits abwenden, da bemerkte er den unförmigen Schemen im Dunst. Für einen Moment schien sich eine gepanzerte Hand der Gondel entgegenzustrecken. Tschubai beugte sich hastig weiter vor, um vielleicht ein wenig deutlicher sehen zu können; er schaffte es trotzdem nicht, Einzelheiten auszumachen.

Geisterte in unmittelbarer Nähe der Gondel ein Armadamonteur umher? Ras Tschubai rieb sich die Schläfen. Er war sicher, dass er die Hand eines lebenden Wesens gesehen hatte und nicht die eines Roboters.

Er beugte sich über Schamar, griff nach dessen Schultern und rüttelte ihn. »Aufwachen!«, drängte er.

Der Pellack stöhnte. Ein kratzendes Geräusch, das von der Frontscheibe her erklang, mischte sich hinein. Tschubai fuhr herum. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er einen schwarzen Schädel zu erkennen. Der Kopf eines Pellacks, entstellt von Narben und schwärenden Wunden? Tschubai starrte zum Fenster. War wirklich jemand da gewesen, oder hatten die Säurenebel ihn genarrt?

Von wachsendem Unbehagen getrieben, wandte er sich der Tür zu, um eine zusätzliche Sicherung einzulegen. Keinesfalls wollte Ras von Gegnern überrascht werden, die in unmittelbarer Nähe der Goon-Gondel agierten.

Zögernd verharrte er am Einstieg. Das Gefühl wurde beinahe unerträglich, dass, nur durch die Panzerhülle der Gondel von ihm getrennt, jemand darauf wartete, ihn anzugreifen. Ruckartig schaute er zur Frontscheibe hinüber – und wieder war ihm, als reckte sich eine Hand aus dem Dunst hervor.

»Schamar, wir müssen hier weg!«, rief er. »Wer oder was immer da lauert, die Bedrohung wird größer, je länger wir bleiben.«

Erneut beugte er sich über den Pellack. Diesmal griff er Schamar unter die Arme und bemühte sich, den grau geschuppten Körper hochzuwuchten.

»Wach schon auf! Worauf wartest du?«

Die Stielaugen weit vorn an dem spitz zulaufenden Schädel streckten sich. Es hatte den Anschein, als erwachte der Pellack aus tiefem Schlaf, vor allem wirkte er benommen. Sogar dann noch, als er sich schon auf seinen vier Beinen hochstemmte und unsicher zur Frontscheibe tappte.

»Siehst du jemanden?«

Schamars Kopf pendelte von einer Seite zur anderen. »Jetzt nicht mehr. Den Gnadengöttern sei Dank.«

Tschubai zuckte zusammen, weil lautes Klopfen durch die Gondel dröhnte. »Fort von hier!«, flüsterte er. »Schamar, wir müssen verschwinden.«

Der Pellack reagierte nicht. Wie erstarrt verharrte er neben den Steuerelementen und schaute in den Dunst hinaus. Er schien das Klopfen und Scharren am Einstieg gar nicht zu hören.

»Na gut. Ich habe dich beobachtet, während du die Gondel geflogen hast. Ich komme auch allein damit zurecht.« Tschubai ließ sich in den Sessel vor den Kontrollen sinken, aber Schamar fuhr blitzschnell herum und umklammerte seine Handgelenke.

»Nicht!«, zischte der Pellack. »Lass uns noch warten!«

»Weißt du, was mit dir passiert, sobald jemand die Tür aufbricht? Dann dringen die Hitze und die ätzenden Dämpfe der Goon-Hölle ein. Sie werden dich verbrennen, weil du als Einziger von uns keinen Schutzanzug trägst.«

»Das ist mir egal. Ich muss mit dem da draußen reden. Ich bleibe.«

»Du musst mit dem reden?«, fragte Tschubai verblüfft. »Nun gut, wenn du meinst, dass das unumgänglich ist. Aber sieh dir vorher wenigstens an, wer das ist.«

»Das ist nicht notwendig.«

»Ich bestehe darauf! Lass die Goon-Gondel wieder aufsteigen und drehe sie langsam. Ich will jedenfalls wissen, mit wem wir es zu tun haben.«

»Mit einem der hartgesottenen Blinden.«

»Und wer ist das?« Tschubai seufzte.

Wortlos startete Schamar die Gondel. Er ließ sie mehrere Meter hoch aufsteigen und schwenkte sie herum. Obwohl sich die Dunstschleier allmählich lichteten, war niemand zu sehen.

»Wir haben uns geirrt«, sagte Schamar enttäuscht. »Kein hartgesottener Blinder war da.«

»Dann können wir weiterfliegen!«

Der Aufforderung zum Trotz drehte Schamar noch einmal mit der Maschine. Erst danach beschleunigte er und flog über eine Reihe von Kuppeln hinweg, zwischen denen Armadamonteure arbeiteten.

Dutzende Goon-Gondeln glitten an ihnen vorbei, ohne sie zu beachten, und ein dumpfes Gurgeln drang von draußen herein, während sie sich einer rot leuchtenden Toröffnung näherten. Das dumpfe Geräusch steigerte sich zum schrillen Pfeifen, das nicht nur in den Ohren schmerzte, sondern ein Gefühl der Kälte hervorrief.

»Was sind das für Erscheinungen?«, fragte Jen Salik, der soeben schwankend auf die Beine kam.

»Es muss das Goon-Orgeln sein.« Schamar zog den Kopf ein. »Ich höre es selbst zum ersten Mal.«

Ras Tschubai stutzte, als die Gondel das Tor durchflog und Kurs auf ein mächtiges Gebilde nahm, das frei im Weltraum zu schweben schien. Es wirkte wie ein glühendes Auge.

»Flieg weiter nach oben!«, befahl er dem Pellack.

»Ich habe es schon versucht«, erwiderte Schamar. »Die Maschine gehorcht mir nicht. Irgendwas sorgt dafür, dass sie nicht aufsteigen kann.«

Die Goon-Gondel stieß in schneller Fahrt durch die Pupille des gigantischen Auges in einen Bereich hinein, in dem weiß glühende Formteile wie aus dem Nichts heraus entstanden. Energieblitze zuckten kreuz und quer. Etliche dieser starken Entladungen verloren sich im Nichts, andere verschwanden in den massigen Formteilen, die danach davonglitten.

Das alles erschien wie ein chaotisches Durcheinander. Doch bald wurde erkennbar, dass sämtliche Energie von einer zentralen Stelle aus gelenkt wurde.

»Es ist nicht weit bis in den freien Weltraum«, sagte Jen Salik, der sich auf einem der vorderen Sitze niederließ.

»Richtig«, bestätigte Tschubai. »Aber wir kommen nicht frei. Etwas oder jemand lenkt uns in festgelegten Bahnen, und das ist wohl gut so. Wir würden nicht überleben, wenn wir in den Produktionsprozess gerieten.«

Der Ritter der Tiefe atmete schwer und nickte. »Wo ist Gucky?«, fragte er Sekunden später.

»Ich weiß es nicht«, antwortete Tschubai. »Er ist und bleibt verschwunden.«

Schamar schrie auf, weil die Goon-Gondel ruckartig beschleunigte, extrem nah zwischen sonnenhellen Energiebahnen hindurchflog und danach auch diesen Produktionsbereich wie alle anderen zuvor wieder verließ.

Augenblicke später befand sich die Maschine in einem Labyrinth aus Formteilen.

»Dies muss das Gebiet der erstarrten Feuer sein«, sagte Schamar. »Die Gondel reagiert wieder auf die Steuerung.«

Der Pellack lenkte das klobige Gefährt mit dem steil nach oben gezogenen Heck und den filigranen Antennenauswüchsen auf drei gepanzerte Kuppeln zu, die an aufstrebenden Formteilen klebten. Er tippte mit den Fingern gegen eines der Instrumente vor ihm. »Keine Atmosphäre«, warnte er. »Wir dürfen die Tür also nicht öffnen.«

Augenblicke später kamen bizarr geformte Metallteile auf sie zu. Schamar zog die Goon-Gondel zur Seite. Trotzdem konnte er nicht verhindern, dass ein Fragment gegen die Maschine schlug und sie heftig aus der Flugbahn stieß.

Der Pellack hatte Mühe, die Taumelbewegung der Gondel abzufangen. Erschrocken dirigierte er das Gefährt bis nahe an eine der Kuppeln heran.

Jen Salik hatte inzwischen Planfolien gefunden und breitete sie auf seinen Knien aus. »Wir sind der Peripherie schon ziemlich nah!«, rief der Aktivatorträger. »Hier in der Nähe werden die fertigen Produkte ausgeworfen und zum Schmiedewall transportiert. Wir müssen uns zwischen solchen Teilstücken verbergen, dann haben wir eine Chance, den Wall zu erreichen.«

»Wir können nicht einfach verschwinden, bevor Gucky zurück ist«, widersprach Ras Tschubai.

Der Ritter der Tiefe blickte den Teleporter erschrocken an. »Tut mir leid«, murmelte er. »Ich hätte daran denken müssen. Selbstverständlich lassen wir Gucky nicht im Stich.«

»Ich habe versucht, ihn über Funk zu erreichen, leider vergeblich. Sicher ist, dass er keine psionischen Energien in sich aufnehmen konnte, sonst wäre er längst zurück.«

Jen Salik blickte durch die Frontscheibe hinaus. »Das Gebiet der erstarrten Feuer ...«, sinnierte er. »Ich frage mich, was wir uns darunter vorstellen sollen.«

Eine endlos anmutende Wand erstreckte sich weit rechts vor der Gondel.

»Ich glaube, erloschene Feuer sind erstarrte Formenergie«, erläuterte Schamar. »Der Hadr sagte so etwas. Vor allem hat er eindringlich davor gewarnt.«

Zur Linken näherte sich eine Plattform, die mit Gerätschaften und Formteilen verbunden war. Zunächst schien es, als drohe von ihr keinerlei Gefahr, dann änderte sie ihre Flugrichtung, und ein schalenförmiges Metallstück schlug gegen die Gondel. Bevor Schamar reagieren konnte, legte sich eine Klammer um die Maschine und hielt sie fest.

Es gelang dem Pellack nicht, die Gondel aus dem stählernen Griff zu lösen. Außerdem rückte die Wand aus erstarrter Formenergie schnell heran.

»Nur ein paar Minuten, dann werden wir an der Wand zerquetscht«, warnte Salik.

»Ich teleportiere Schamar in eine der Kuppeln!«, rief Tschubai. »Das schaffe ich wohl noch. Für eine größere Anstrengung reicht meine Kraft nicht.«

»Woher willst du wissen, dass in den Kuppeln eine atembare Atmosphäre vorhanden ist?«, entgegnete der Ritter der Tiefe. »Schamar ist verloren, falls du dich irrst.«

»Die Kuppeln sind Unterkünfte der hartgesottenen Blinden«, bemerkte der Pellack. Fahrig tastete er über die Kontrollen. »Ich wäre dort in Sicherheit. Aber was ist mit ihm?« Er zeigte auf Jen Salik.

»Ich kann nur einmal teleportieren«, erklärte Tschubai. »Und die Frage ist, ob das noch reibungslos klappt ...« Er hob die Schultern in einer unsicheren Geste.

»Ich steige aus, sobald ihr weg seid, dann haben wir kein Problem«, bemerkte Salik. »Na los, verschwindet endlich!«

Dröhnend schlug die Gondel gegen die Wand und schrammte daran entlang. Ras Tschubai legte einen Arm um Schamar und konzentrierte sich. Er versteifte sich geradezu, holte dabei tief Atem ...

... dann war Jen Salik allein.

Sekunden später zersplitterte die Frontscheibe der Goon-Gondel. Explosionsartig entwich die Luft ins Vakuum des Weltraums. Jen Salik klammerte sich mit beiden Händen fest, um nicht mitgerissen zu werden. Doch schon brach das Heck der Maschine auseinander.

Salik ließ los, er konnte nicht mehr anders. Der Sog riss ihn durch das zerstörte Fenster hinaus, weg von der Gondel, die hinter ihm zerquetscht wurde.

Catewnor konnte nicht fassen, was er beobachtete.

Der Sippenälteste der Pellacks flüchtete zum Ausgang, wagte aber nicht, den Raum ohne Zustimmung des Silbernen zu verlassen. Eine faustgroße positronische Speicherkapsel stürzte von einem Regal herab, widersetzte sich erst dicht über dem Boden der Schwerkraft und beschleunigte dann derart schnell, dass Catewnor sie kaum mit seinem Blick verfolgen konnte. Unmittelbar neben Schumirgs Kopf prallte sie gegen die Wand und zerbarst.

Catewnor blickte den alten Pellack zornig an. »Was soll dieses Theater?«, fragte er schneidend scharf. »Wen willst du damit beeindrucken?«

»Ich habe nichts damit zu tun«, stammelte der Hadr. »Ich kann es mir nicht erklären.«

Catewnor dachte sofort an Ras Tschubai, Jen Salik und Gucky, die von den Pellacks quer durch die Armadaschmiede gejagt worden waren, und die – wie er wusste – über psionische Fähigkeiten verfügten. Sollten sie die Psi-Sperre überwunden haben und ihrerseits zum Angriff übergegangen sein?

Ein Knistern, das sich zu einem Unheil verkündenden Krachen verstärkte, ließ den Silbernen aufblicken. Er sah, dass in der Decke ein Riss entstand, der sich von der Tür bis zur gegenüberliegenden Wand hinzog. Ein zweiter Riss brach wenige Meter davon entfernt auf.

Catewnor eilte zum Türschott. Er stieß den Sippenältesten zur Seite und flüchtete auf den Gang hinaus.

Schumirg stürzte vornüber zu Boden, raffte sich jedoch sofort wieder auf und schnellte sich durch die offene Tür. Hinter ihm brach die Decke ein und zerschmetterte die Einrichtung.

Catewnor stand sekundenlang wie erstarrt. Wenn der Armadaschmied etwas empfand, dann zeigte er es nicht. Kein Muskel zuckte in seinem silbernen Gesicht.

»Herr, was ist geschehen?« Schumirg streckte ihm seine angstvoll geweiteten Stielaugen entgegen.

»Verschwinde!«, herrschte Catewnor den Alten an.

»Soll ich nachforschen, was mit Schamar ist?«

»Auf alle Fälle sollst du das. Aber nun weg mit dir, wenn dir dein Leben lieb ist.«

Der Hadr rannte so eilig davon, dass er schon nach den ersten Metern das Gleichgewicht verlor und bäuchlings aufschlug. Ächzend stemmte er sich wieder hoch und hastete weiter.

Catewnor fragte sich, ob der Ilt zurückschlug. Nach allen Informationen, die ihm vorlagen, verfügte das kleine Pelzwesen mit dem markanten Zahn als Einziger der Gefangenen über telekinetische Fähigkeiten. Also konnte nur er der Urheber des Anschlags gewesen sein.

Catewnor fröstelte. Diese Vermutung hatte etwas Überzeugendes, aber trotzdem wollte er nicht daran glauben. Eher fürchtete er, dass der Armadaschmied Parwondov einige Pellacks mit psionischer Energie aufgeladen hatte – obwohl er sich dagegen ausgesprochen hatte, so etwas zu tun. Versuchte Parwondov, sich auf diese Weise zu rächen, weil er, Catewnor, ihn wiederholt an sein Versagen erinnert hatte?

Wenn ich einen Atemzug länger in dem Raum verharrt hätte, wäre ich jetzt tot, dachte der Silberne. Das war ein Mordanschlag auf mich.

2.

An Bord des terranischen Leichten Kreuzers SEDAR hatte die Besatzung mittlerweile reagiert. Zu lange waren der Kommandant Jen Salik, der Teleporter Ras Tschubai und der Mausbiber Gucky schon fort, ohne dass eine Nachricht von ihnen eingetroffen wäre.

Der Chefastronom und stellvertretende Kommandant, Liam Lotz, ordnete den Rückzug nach Basis-One an. Lotz war sich darüber klar, dass die SEDAR allein nichts gegen den Schmiedewall und die Armadaschmiede ausrichten konnte. Er musste Perry Rhodan informieren und jede Unterstützung holen, die er bekommen konnte.

Ras Tschubai und Schamar materialisierten in einem Raum, in dem mehrere dunkelhäutige Pellacks auf schrägen, stuhlartigen Gestellen saßen. Es waren hartgesottene Blinde, und sie fuhren erschrocken auseinander, als die beiden wie aus dem Nichts heraus zwischen ihnen erschienen.

»Habt keine Angst vor uns!«, rief Schamar. »Bleibt hier!«

Einige der Pellacks hielten zögernd inne. Sie drehten die Köpfe zur Seite, um besser hören zu können, denn keiner von ihnen hatte voll ausgebildete Augen. Bei den meisten waren nur vernarbte Wunden anstelle der Stielaugen vorhanden. Einige wenige verfügten noch über kümmerliche Stümpfe, die sich Tschubai und Schamar suchend entgegenstreckten.

Diese Pellacks waren überaus muskulös. Ihnen war anzusehen, dass sie schwerste Arbeit in einer für sie gefährlichen Umwelt leisten mussten. Ihre Körper waren nicht nur mit Narben, sondern teilweise mit dunklen Krusten bedeckt.

»Mein Name ist Schamar«, sagte Tschubais Begleiter ruhiger als zuvor. »Ich bin mit mehreren Fremden aus der Steuerkugel geflohen. Wir brauchen Unterstützung. Unsere Goon-Gondel wurde zerstört.«

Einer der hartgesottenen Blinden kam hinkend wieder näher. Er hatte einen auffallend schlanken und spitzen Kopf, der von streifenförmigen Narben übersät war. »Ich bin Schoc. Wie seid ihr hereingekommen?«

»Mithilfe psionischer Kräfte«, antwortete Schamar, ohne zu zögern. »Mein Freund besaß einen Rest von Energien, der nun allerdings verbraucht ist.«

»Musstest du ihnen sagen, dass wir am Ende sind?«, raunte Tschubai.

»Ich kenne die Blinden«, flüsterte Schamar zurück. »Sie halten niemals zu den Starken und Überlegenen.«

»Wir wissen längst, dass ihr vor den Silbernen flieht«, eröffnete Schoc. »Wir haben euch beobachtet. Wohin wollt ihr?«

»Zum Schmiedewall«, antwortete Schamar. »Wir benötigen ein kleines Beiboot, mit dem wir dorthin fliegen können.«

»Wie kommst du darauf, ausgerechnet uns danach zu fragen?«

Schamar ging zu Schoc und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Weil ich das Geheimnis der hartgesottenen Blinden kenne.«

Schoc streifte die Hand ab und richtete den Vorderkörper schnaubend auf. »Das Geheimnis? Wir haben kein Geheimnis.«

»Beruhige dich«, bat Schamar hastig. »Möglich, dass ihr kein Geheimnis habt. Trotzdem spricht man nur flüsternd von euch. In der Steuerkugel und überall, wo Pellacks leben, weiß jeder, dass es die hartgesottenen Blinden gibt, obwohl niemand je einen von euch gesehen hat. Keinem ist bekannt, woher ihr kommt und wer ihr seid. Nur ich weiß es.«

»Was redest du für einen Unsinn?«, fragte Schoc. »Wir haben nie ein Geheimnis daraus gemacht, wer wir sind. Allein die Silbernen haben uns verboten, mit euch zu reden oder sonst Verbindung mit euch aufzunehmen.«

»Ich weiß.«

Schoc setzte sich auf den Boden. Er wirkte jetzt ruhig und gelassen. »Wir haben nichts zu verbergen«, sagte er. »Lass uns in Ruhe.«

»Ich will euch nicht quälen, Schoc. Ich bitte nur um Hilfe.«

»Die können wir euch nicht geben. Es ist unsere Pflicht, dass wir euch an die Silbernen ausliefern.«

»Ihr seid den Silbernen zu nichts verpflichtet! Was haben sie denn mit euch getan? Wegen kleiner Verfehlungen haben sie euch verdammt und zwingen euch, unter unwürdigen Umständen zu leben.«

»Sie zwingen uns zu nichts. Wir leben hier, solange wir denken können.«

»Das ist eine feige Lüge.«

Schoc fuhr hoch. Plötzlich hielt er ein Messer in den Händen, das er drohend gegen Schamar richtete. »Du wagst es, mich feige zu nennen?«

Die anderen Blinden rückten raunend näher. Die meisten von ihnen waren mit Messern oder langen Stahldornen bewaffnet.

»Wenn du nicht zuzugeben wagst, dass ihr alle einmal in der Steuerkugel oder in den anderen Unterkünften der Pellacks gelebt habt, dann bist du feige.«

»Hüte deine Zunge, Schamar. Ich bin zwar blind, aber ich kann dich schnell und sicher töten, sobald ich das will. Wer die Augen verloren hat, der findet andere Möglichkeiten, sich zu orientieren. Ich sehe mit jeder Faser meines Körpers.« Schoc warf das Messer in die Höhe und fing es geschickt wieder auf. »Ein hartgesottener Blinder hört, wo du bist. Er spürt dich so deutlich, als taste er dich mit seinen Händen ab. Er riecht dich. Er empfindet deine Nähe so unmittelbar, dass er dir sogar sagen könnte, welche Körperhaltung du einnimmst. Sei also vorsichtig, Schamar. Ein falsches Wort kann den Tod bedeuten, denn keiner von uns hat noch etwas zu verlieren. Was wir hatten, das wurde uns längst genommen. Nur unser Stolz und unsere Würde sind geblieben.«

»Ich habe nicht vor, einen von euch zu beleidigen oder in seiner Würde herabzusetzen«, beteuerte Schamar. »Ich bin als Freund hier, weil ich einen von euch erkannt habe.«

»Du bist zum ersten Mal hier«, fuhr Schoc erregt auf. »Also kannst du niemanden kennen.«

Ras Tschubai griff nach Schamars Arm. »Sei still«, wisperte er beschwörend. »Kein Wort mehr, das die Blinden reizen könnte.«

»Du hast recht«, lenkte Schamar Schoc gegenüber ein. »Ich habe mich geirrt. Bitte, entschuldige meine Äußerungen. Sie sollten niemanden beleidigen.«

»Hoffentlich meinst du, was du sagst«, brummte Schoc. »Es gibt genügend Männer und Frauen bei uns, die nicht verzeihen können. Sie empfinden eine tiefe Befriedigung, wenn sie jemanden töten, der sie in ihrer Ehre gekränkt hat.«

»Das verstehe ich.« Schamar war unsicher und verwirrt. Ihm war anzusehen, dass er einen angenehmeren Empfang erwartet hatte.

»Wir sind mit einer Bitte gekommen«, sagte Tschubai. »Dürfen wir für einige Zeit bei euch bleiben?«

»Die Silbernen suchen euch«, erwiderte Schoc. »Wir müssen beraten, ob wir uns gegen sie stellen und sie uns damit zu Feinden machen sollen.«

»Sie werden nichts davon erfahren«, behauptete Schamar.

Schoc reagierte nicht darauf. »Kommt mit!«, befahl er. »Ich bringe euch in einen anderen Raum. Dort werdet ihr bleiben, bis wir uns entschieden haben.«

»Das geht nicht gut«, sagte Schamar niedergeschlagen, als sich die Tür zu dem kleinen, dunklen Raum hinter Ras Tschubai und ihm geschlossen hatte. »Sie werden uns an die Silbernen verraten.«

»Warte ab«, empfahl der Teleporter ihm. »Ich bin noch nicht davon überzeugt. Allerdings solltest du mir mehr von den Blinden erzählen. Du weißt eine Menge über sie. Warum verschweigst du es vor mir?«

Schamar hob und senkte den Kopf ruckartig. »Sie werden zu dem Schluss kommen, dass es besser für sie sein wird, uns auszuliefern. Und leider muss ich ihnen recht geben. Sie haben keinen Anlass, irgendein Risiko unseretwegen einzugehen.«

Tschubai setzte sich auf den Boden und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand. Der Raum war schmutzig. In den Ecken lag stinkender Abfall. Doch die hartgesottenen Blinden hatten sie keineswegs in irgendeinen Abstellraum gesteckt. Auch die anderen Räume waren alles andere als sauber.

»Als du den ersten Blinden gesehen hast, warst du schockiert«, bemerkte Tschubai. »Aber aus deinen Bemerkungen Schoc gegenüber ging klar hervor, dass du viel über die Blinden weißt. Du hast ihm Feigheit vorgeworfen. Schon vergessen?«

Schamar streckte sich auf dem Boden aus und stützte den Kopf mit beiden Händen ab. »Bei uns in den Wohn- und Arbeitsbereichen wird seit langer Zeit behauptet, dass es diese hartgesottenen Blinden gibt. Wir reden von ihnen, als ob sie geisterhafte Wesen seien, die sogar im Weltraum ohne Schutzanzug leben können.« Er blickte den dunkelhäutigen Terraner mit zitternden Stielaugen an. »Ich war entsetzt, weil ich selbst nie an die Existenz der Blinden glaubte. Wir drohen unseren Kindern, dass wir sie zu den Blinden schicken werden, wenn sie nicht gehorchen. Und oft genug wünschen wir jemanden zu den Hartgesottenen.«

Schamar schwieg. Erst nach einer Weile redete er weiter. »Ich weiß inzwischen, wie die Silbernen alle bestrafen, die ihnen nicht gehorchen oder in irgendeiner Weise versagen. Sie schicken sie zu den hartgesottenen Blinden, wo sie nach einiger Zeit selbst zu Blinden werden.«

»Bist du sicher?«, fragte der Teleporter.

»Ganz sicher. Als ich den ersten hartgesottenen Blinden sah, war ich derart überrascht, dass ich umfiel. Ich begriff, dass sie tatsächlich existieren. Dass sie keine Erfindung sind, mit der wir Kinder erschrecken und unsere Feinde verfluchen können. Ich habe in diesem Blinden einen Mann wiedererkannt, der vor nicht allzu lange Zeit in meiner Nachbarschaft lebte.«

»Bist du dir sicher? Was hat dieser Mann sich zuschulden kommen lassen?«

»Er hat sich über das Essen beschwert und Stimmen anderer Unzufriedener gesammelt. Damit wollte er seiner Forderung nach besserem Essen Gewicht verleihen. Aber bevor er seine Forderung vortragen konnte, verschwand er spurlos. Ein Armadamonteur ließ uns wissen, dass er tödlich verunglückt sei – eine Lüge.«

»Die Silbernen haben ihn in die Goon-Hölle geschickt«, vermutete Tschubai. »Es werden die Säuren, die giftige Dämpfe und die Hitze der Fabrikationsanlagen gewesen sein, die ihn und alle anderen blind gemacht haben.«

»Es ist nicht richtig, jemanden derart zu bestrafen«, schnaubte Schamar. »Armadamonteure könnten alle Arbeiten in der Goon-Hölle erledigen. Die Götter der Finsternis mögen jene strafen, die für das Schicksal der Hartgesottenen verantwortlich sind.«

»Demnach haben die Blinden allen Grund, die Silbernen zu hassen«, stellte Ras Tschubai fest. »Wegen kleiner Vergehen wurden sie unmenschlich bestraft und können nicht einmal darauf hoffen, irgendwann in eure Welt zurückzukehren.«

»Eine Rückkehr werden die Silbernen nie erlauben«, schnarrte Schamar. »Alle Pellacks würden sich gegen sie erheben, wenn sie die hartgesottenen Blinden sehen könnten. Die meisten würden lieber sterben, als eines Tags in der Goon-Hölle leben zu müssen.«

»Wenn das so ist, haben wir eine Chance«, sagte Tschubai. »Schlimmer kann es für die Blinden kaum werden, und sie haben allen Grund, die Silbernen zu verfluchen.«

Jen Salik blickte zu den gewaltigen Formteilen hinüber, die sich mittlerweile fest aneinandergepresst hatten. Die Goon-Gondel war regelrecht zermalmt worden.

Ich müsste wissen, in welcher der Kuppeln Ras und Schamar materialisiert sind, dachte der Ritter der Tiefe.

Obwohl er nicht viel Hoffnung hatte, dass der Teleporter ihn würde hören können, schaltete er den Helmfunk an. Wie befürchtet, blieben seine Versuche vergeblich. Die Störungen im Bereich der erstarrten Feuer waren zu stark.

Salik wählte die ihm am nächsten stehende Panzerkuppel als Ziel und stieß sich ab, als die Distanz frei von Hindernissen war. Doch kaum steuerte er im SERUN auf die Kuppel zu, wirbelte ein s-förmiges Teilstück durch die Dunkelheit auf ihn zu. Es durchmaß an die zwanzig Meter, traf seinen Schutzschirm, noch während er auszuweichen versuchte.

Trotz der pulsierenden Impulse seines Zellaktivators war Jen Salik noch geschwächt. Schon deshalb bewegte er sich äußerst vorsichtig. Mit einiger Mühe gelang es ihm, sich von dem Formstück zu lösen, jedoch trieb er zwischen eine Vielzahl undefinierbarer Bauelemente ab. Nach einer ihm endlos lang erscheinenden Spanne erreichte er eine Art Gerüst, das den Bereich der erstarrten Feuer zu durchqueren schien.

Er stabilisierte den Flug mithilfe der Steuerpositronik des SERUNS und verharrte erschöpft zwischen mehreren Metallsäulen. Nach einer Weile wurde ihm bewusst, dass in diesem Bereich nahezu alles in ständiger Bewegung war. Erleichtert atmete er auf, weil er wenigstens vorübergehend keinen neuen Elementen ausweichen musste.

Einige Meter entfernt bemerkte er trotz des spärlichen Lichts einen Pellack, der offenbar in Not war. Salik glitt an den Formteilen entlang bis zu dem Fremden und sprach ihn über Funk an, erhielt aber keine Antwort. Er schaltete den eigenen Schutzschirm ab und griff vorsichtig nach seinem Gegenüber. Träge drehte der Pellack sich in der Schwerelosigkeit. Jen Salik erkannte, dass er es mit einem Sterbenden zu tun hatte. Ein schmales Formstück steckte im Rücken des Pellacks. Von der Wunde verwehende Blutschleier verrieten, dass der Pellack erst vor wenigen Augenblicken getroffen worden war.

Salik griff nach dem dünnen Metallteil, ließ es jedoch ebenso schnell wieder los. Der Pellack würde verblutend oder ersticken. Aber vielleicht war noch nicht alles verloren, wenn er schnell genug Hilfe herbeischaffen konnte.

Er drehte sich um und wollte zu einer der Kuppeln hinüberschweben. Zugleich sah er die Pellacks, bizarre Gestalten in seltsamen Panzern und Schutzanzügen, die aus den Überresten anderer Anzüge zusammengeflickt zu sein schienen. Sie näherten sich Salik von mehreren Seiten.

»Kommt her und helft ihm!«, rief der Ritter der Tiefe. »Noch lebt er.«

Keiner antwortete. Aber Jen Salik spürte plötzlich ein energetisches Fesselfeld, das ihm die Arme an den Leib drückte. Er wollte protestieren, da bedrohte ihn einer der Näherkommenden mit einer fremdartigen Waffe.

»Schweig!«, befahl der Pellack. »Andernfalls töten wir dich, wie du unseren Bruder getötet hast.«

Der Silberne Catewnor blieb stehen, weil er eine Energiestrahlwaffe im Korridor liegen sah. Er war auf dem Weg zum Kommandanten Parwondov, von dem er sich angegriffen glaubte, und wollte eine Entscheidung. Parwondov war gewalttätig geworden. Das konnte er auf keinen Fall dulden.

Die Waffe lag vor dem Hauptschott zum Wohnbereich des Kommandanten. Der Projektor zielte nicht nur unmissverständlich auf ihn, er leuchtete zudem blass rot, war also schussbereit. Catewnor fühlte, wie sich alles in ihm verkrampfte. Er war überzeugt davon, dass der Kommandant ihn beobachtete und die Waffe mittels psionischer Energien jederzeit abfeuern konnte.

Parwondov wird es nicht tun!, überlegte er. So weit wird er nicht gehen. Wir sind ohnehin nur wenige, und wir dürfen uns schon deswegen nicht gegenseitig umbringen.

Catewnor ging weiter. Doch nach wenigen Schritten blieb er erneut stehen, denn die Waffe schwebte plötzlich in die Höhe. Sie war aber nicht mehr auf ihn gerichtet, sondern zielte an ihm vorbei.

Catewnor blickte sich um, weil er sehen wollte, wem nun die Drohung galt. Hinter ihm war niemand. Ein Zufall? Der Silberne wollte kein Risiko eingehen. Er schnellte sich vorwärts, warf sich zu Boden und rollte über die Schulter ab. Auf die Beine kam er neben dem schwebenden Strahler, der bereits suchend herumschwenkte.

Hastig griff er nach dem Sicherungsknopf am Waffenlauf und drückte ihn ein. Das Flimmern der Projektormündung erlosch. Augenblicklich sprang der Knopf wie von Geisterhand bewegt wieder heraus.

Catewnor schlug mit der flachen Hand auf den Schalter des Schotts und stürmte in den Wohnbereich des Kommandanten, bevor die Waffe erneut auf ihn zielen konnte. Zischend schloss sich das Schott hinter ihm. Er atmete auf.

»Hatte ich die Aufgaben nicht klar verteilt?«, fragte die markante Stimme des Kommandanten. »Was willst du hier?«

»Es ist einiges geschehen«, erwiderte Catewnor beherrscht. »Jemand hat einige Male versucht, mich zu töten, und ich wüsste gern, wer.«

Parwondov trat hinter einer Wandscheibe hervor. Er wies stumm auf eine Sitzecke. Catewnor betrat den nüchtern eingerichteten Raum und setzte sich, obwohl der Kommandant ihn noch nicht dazu aufgefordert hatte.

»Du glaubst, ich hätte es getan?«, fragte Parwondov.

»Das liegt nahe.«

»Mir ist schon lange klar, dass du meine Stelle einnehmen willst. Vergiss es. Dir fehlt das Format.«

»Wenn du mich nicht angegriffen hast, wer dann?«

»Ich weiß es nicht.«

Catewnor schilderte, was geschehen war. Parwondov zeigte sich nicht im Geringsten beeindruckt. »Die Störungen können nur vom Wett ausgehen«, stellte der Kommandant fest.

»Vom Wett? Hast du es kontrolliert?«

»Bislang nicht. Pellacks sind in der Zentrale. Sie werden Meldung machen, sobald sie es für nötig erachten.«

Catewnor erhob sich zögernd. »Ich verstehe dich nicht«, sagte er hart. »Wir stehen vor einem Problem, das wir schnell lösen müssen, aber du unternimmst nichts.«

»Wir stehen vor vielen Problemen, die wir bewältigen müssen«, entgegnete Parwondov. »Da sind die Schwierigkeiten im Bereich der Formenergie. Die hyperenergetischen Schwankungen führen zu Qualitätsverlusten, die wir keinesfalls akzeptieren können. Außerdem hatten wir einen Ausfall in der Steuerpositronik der kybernetischen Sonderausrüstungen der Armadafrachter ...«

»Was soll das?«, unterbrach Catewnor die Aufzählung. »Warum redest du nicht von den Gefangenen, die geflohen sind? Weshalb nicht von den rätselhaften Vorfällen, von denen ich dir berichtet habe?«

»Weil ich als Kommandant einer Armadaschmiede für mehr verantwortlich bin«, entgegnete Parwondov. »Das unterscheidet uns beide voneinander. Du erwähnst gewisse Dinge aus meiner Vergangenheit immer wieder, dabei merkst du nicht, dass die Zeit längst weitergeeilt ist und dass Dinge geschehen, die unendlich viel wichtiger sind.«

»Die Terraner gefährden unsere Sicherheit!«

»Du bist hysterisch, Catewnor. Niemand gefährdet die Sicherheit einer Armadaschmiede. Und wenn Rhodans Flotte hier erschiene, sie würde nichts gegen uns ausrichten.«

»Du unterschätzt die Galaktiker.«

»Und du übersiehst die Abwehrkraft von HORTEVON«, entgegnete Parwondov. »Niemandem wird es gelingen, den Schmiedewall zu durchbrechen.«

Der Sessel, neben dem Parwondov stand, löste sich jäh vom Boden, rammte den Kommandanten so heftig, dass er stürzte, und schnellte Catewnor entgegen. Der konnte gerade noch ausweichen. Entsetzt blickte er hinter dem Sessel her. Das wuchtige Möbelstück prallte gegen die nächste Wand und blieb daran hängen, als sei es festgeklebt.

»Und? Was sagst du nun?«, keuchte Catewnor.

Parwondov erhob sich und strich sich die silbern schimmernde Kombination glatt. »Was erwartest du eigentlich von mir?«, fragte er so gelassen, als ob nichts Ungewöhnliches vorgefallen wäre.

Catewnor blickte den Kommandanten nur an, unfähig etwas darauf zu erwidern.

Parwondov versuchte kurz, den Sessel von der Wand zu lösen, konnte ihn aber nicht einmal zentimeterweise bewegen. Er zuckte mit den Schultern. »Störungen mit dem Wett gab es immer schon«, sagte er. »Wir haben es mit einer äußerst komplizierten Technik zu tun. Ich bin sicher, dass alle Vorfälle auf eine vorübergehende Fehlsteuerung zurückgehen. Möglicherweise wurde das Wett mit psionischer Energie überladen und befreit sich von dem, was zu viel ist.«

»Weder Meegoron noch ich verstehen so viel von der Wett-Technik wie du«, kommentierte Catewnor. »Wenn du behauptest, dass es so ist, müssen wir dir wohl glauben.«

»Es könnte so sein«, stellte der Kommandant klar. »Andererseits ist nicht auszuschließen, dass einer der Geflohenen damit zu tun hat ... Aber das glaube ich nicht.«

Draußen vor dem Raum erklang ein Krachen und Poltern. Etwas Schweres stürzte zu Boden. Erschrocken eilte Catewnor zur Tür und öffnete sie. Eine Staubwolke schlug ihm entgegen und hüllte ihn ein. Hustend schloss er den Durchgang wieder.

»Die Decke ist heruntergestürzt und die Wand des Korridors ist aufgerissen. Das Wett scheint unter Zerstörungswut zu leiden.«

Parwondov zeigte weiterhin keine Gefühlsregung.

»So etwas ist bisher nie passiert!«, betonte Catewnor.

»Wir haben auch niemals zuvor das Wett mit psionischer Energie bis an die Grenze der Speicherkapazität angereichert«, erwiderte der Kommandant. »Aber wir brauchen diese Energie, damit wir zum Armadaherzen vordringen und uns dort durchsetzen können.«

»Es ist zu viel. Wir müssen einiges wieder freigeben.«

»Ausgeschlossen. Sobald wir Wettness ausströmen lassen, verlieren wir alles. Eine Dosierung ist nicht möglich.«

»Demnach haben wir keine Wahl?« Catewnor seufzte ergeben. »Wir müssen mit diesen Zwischenfällen leben oder auf unsere Pläne hinsichtlich des Armadaherzens verzichten?«

»Du hast es erfasst«, bestätigte der Kommandant.

Vor der Tür schien etwas zu explodieren. Catewnor fuhr erschrocken herum. Parwondov tat den Lärm mit einem Schulterzucken ab.

»Wie lange willst du warten?«, drängte Catewnor.

»Bis die Armadamonteure alles wieder aufgeräumt haben«, erklärte Parwondov mit beißender Ironie.

»Du weißt genau, dass ich das nicht gemeint habe. Ich wollte sagen ...«

»Du wolltest daran erinnern, dass ich dir klare Anweisungen gegeben habe, die du endlich ausführen wirst?«

Es war deutlich, dass Catewnor das Kräftemessen mit dem Kommandanten verloren hatte. Er musste sich ihm beugen. »Das wollte ich«, sagte er leise, öffnete die Tür zum Gang und blickte in den wallenden Staub hinaus. »Und was ist, wenn die Galaktische Flotte angreift, um die Gefangenen herauszuholen?«

»Bis dahin wirst du deine Arbeiten hoffentlich schon erledigt haben.«

3.

Ohne Zwischenfall hatte der Leichte Kreuzer SEDAR Basis-One erreicht.

Eine halbe Stunde nach der Landung des Kugelraumschiffs erschien Liam Lotz bei Perry Rhodan, der sich am Ufer des Grünen Sees aufhielt. Einige Biologen der BASIS waren dort mit Forschungsarbeiten befasst. Rhodan unterbrach sein Gespräch mit den Wissenschaftlern und nahm den stellvertretenden Kommandanten der SEDAR einige Schritte zur Seite, um sich ungestört mit ihm unterhalten zu können.

»Wir haben eine Armadaschmiede entdeckt«, berichtete Lotz. »Jen, Ras und Gucky haben es geschafft, dort einzudringen. Doch abgesehen von einem kurzen Zwischenbericht haben wir nichts mehr von ihnen gehört. Unsere Kontaktversuche blieben unbeantwortet. Ausgeschlossen, dass die SEDAR allein eingreifen könnte.«

»Seit wann sind die drei verschwunden?«

»Seit fünfzehn Tagen.« Liam Lotz berichtete nun eingehender und schilderte, wie sie mithilfe des Armadaflößers Crduun auf den Schmiedewall gestoßen waren. Zehntausende von Raumforts riegelten den Standort der Armadaschmiede ab. »Die Schmiede selbst kann nicht angemessen werden«, erläuterte der Chefnavigator. »Trotzdem sind wir uns einig, dass sie hinter dem Wall liegen muss. Jen Salik, Ras Tschubai und Gucky haben den Flößer Crduun zu einer Einheit des Schmiedewalls begleitet. Die beiden Teleporter wollten sich innerhalb des Walls umsehen. Wir hatten vereinbart, dass sie die SEDAR über Funk anfordern, sollten sie in Not geraten.«

»Einer der Teleporter hätte Jen dann zurück zur SEDAR mitgenommen«, bemerkte Rhodan.

»So war es geplant. Nur kam kein Notruf. Wir müssen annehmen, dass die drei festgenommen und ihre Psi-Fähigkeiten lahmgelegt wurden.«

»Wir holen sie heraus!«, sagte Rhodan.

»Den Mutanten wird das nicht möglich sein. Wenn Gucky und Ras ausgeschaltet wurden, wird das auch allen anderen passieren.«

»Dann bleibt nur eine militärische Aktion.« Rhodan rieb sich die kleine Narbe am Nasenrücken. »So eine Großaktion wird uns zugleich Aufschluss geben über die strategische und militärische Qualität von Schmiedewall und Armadaschmiede.«

»Wir an Bord der SEDAR vermuten, dass die Schmiede nur mäßig bewaffnet ist. Andernfalls wäre der Wall überflüssig.«

Rhodan lächelte. »Nach unserer Logik magst du recht haben, nur bedeutet das nicht, dass andere Intelligenzen ebenso denken. – Ich brauche jetzt die Ortungsdaten der SEDAR, damit wir unseren Einsatz vorbereiten können.«

Die hartgesottenen Blinden brachten Jen Salik in ihre Wohnkuppel und gaben ihm zu verstehen, dass er den SERUN ausziehen sollte. Er widersetzte sich nicht, und erst dann bemerkten sie, wie schwach er war.

»Was ist los mit dir?«, wollte einer der Pellacks wissen.

»Wir waren in der Zentrifuge.« Erschöpft wischte sich der Ritter der Tiefe den Schweiß von der Stirn. »Sie hätte mich beinahe umgebracht.«

»Deine Gefährten nicht?«

»Sie hatten mehr Glück als ich.« Salik fühlte sich erheblich besser, als er vorgab. Allerdings hielt er die Rolle des stark Geschwächten für angebracht.

»Mein Name ist Schoc«, stellte sich der Blinde vor, der offensichtlich der Anführer seiner Gruppe war. »Warum hast du Schalack getötet?«

»Ich habe es nicht getan«, sagte Salik. »Ich habe ihn sterbend vorgefunden. Er scheint das Opfer eines Unfalls geworden zu sein«

»Du lügst«, fuhr Schoc den Terraner an. »Ich will die Wahrheit hören.«

»Das ist die Wahrheit. Was für einen Grund sollte ich gehabt haben, Schalack zu töten?«

»Das Mordwerkzeug war noch in deiner Hand, als wir dich überraschten.«

»Ich wollte den Metallsplitter herausziehen. Nur wurde mir bewusst, dass es falsch gewesen wäre, das zu tun. Ich wollte Schalack helfen. Begreifst du das nicht?«

»Du hast einen meiner Freunde ermordet! Die Götter werden dich strafen.« Schoc drehte sich um und eilte hinkend davon. »Bringt ihn weg!«, befahl er den anderen.

Einem spontanen Impuls folgend, wollte Jen Salik die Flucht ergreifen, doch einen weiteren Fehler durfte er sich nicht leisten. Widerstandslos ließ er sich abführen. Die schmutzigen und vernarbten Gestalten schoben ihn durch einen dunklen, von Unrat übersäten Gang bis zu einer Panzertür. Einer der Pellacks tastete ihn nach Waffen ab, dann öffneten sie die Tür und schoben ihn in den Raum dahinter.

Jen Salik atmete erleichtert auf, als er Schamar und Ras Tschubai sah.

»Ich bin erleichtert, dass du lebst«, sagte der Teleporter. »Wir haben uns Sorgen gemacht.«

»Das ist vermutlich auch berechtigt«, erwiderte Salik und berichtete, wie die Blinden ihn bei dem Sterbenden überrascht hatten.

»Schoc sagte, dass die Götter dich strafen sollen?«, fasste Schamar nach.

»Wortwörtlich. Er wird also nichts gegen mich unternehmen.«

»Du irrst dich«, widersprach der Pellack. »Wenn einer von uns sagt, dass die Götter strafen sollen, dann ist das eine Herausforderung zum Zweikampf. Du wirst dich dem gefährlichsten Kämpfer der Blinden stellen müssen.«

»Ausgeschlossen«, erwiderte Salik. »Ich bin zu schwach und hätte von Anfang an verloren.«

»Dann wird man uns drei töten«, sagte Schamar. »So ist das bei meinem Volk. Kämpfe dieser Art finden überall statt, wo Pellacks leben.«

»Ich kämpfe nicht gegen einen Blinden«, widersprach der Ritter der Tiefe.

»Dein Gegner wird nicht benachteiligt sein.«

»Das ist er auf jeden Fall.«

»Nicht, wenn der Kampf in einem geschlossenen Raum bei völliger Dunkelheit stattfindet. Dann bist du ebenso blind wie dein Gegner.«

»Das wäre Wahnsinn.« Jen Salik schüttelte den Kopf. »Ich habe diesen Pellack nicht getötet.«

»Die Entscheidung ist gefallen«, betonte Schamar. »Selbst wenn Schoc sie ändern wollte, er kann nicht zurück. Er ist der Anführer. Wenn er auf den Kampf verzichten würde, wäre er ein Mann ohne Ehre. Alle würden ihn aus der Kuppel jagen. Auch du kannst dem Kampf nicht ausweichen.«

Die Tür öffnete sich. Schoc kam mit zwei Männern herein.

»Du hast drei Stunden Zeit, dich zu erholen«, wandte sich der Anführer der hartgesottenen Blinden an Salik. »Dann beginnt der Kampf. Als Waffen lege ich Stahldornen fest. Die Entscheidung fällt mit dem Tod eines der Kämpfer. Falls du dich zu schwach fühlst, kannst du einen Stellvertreter benennen.«

»Das werde ich sein!«, sagte Schamar hastig.

»Nein, damit bin ich nicht einverstanden«, widersprach Salik. »Du hast nichts damit zu tun. Ich allein werde verdächtigt, einen Blinden getötet zu haben.«

»Unsinn«, begehrte Schamar auf. »Ich habe bessere Chancen als du, also kämpfe ich.«

Schoc ließ keine weitere Diskussion zu. Als Jen Salik erneut protestieren wollte, setzte er ihm ein Messer auf die Brust. »Schamar wird antreten. Dabei bleibt es.«

Der Sippenälteste Schumirg kletterte mühsam über den Schutt hinweg, den die Armadamonteure noch nicht beseitigt hatten. Er kroch in den Raum, in dem Catewnor ihn vor Kurzem empfangen hatte.

»Geh weiter!«, hallte die Stimme des Kommandanten aus den Lautsprecherfeldern unter der Decke. »Beeil dich. Ich warte.«

Scheu blickte der Hadr um sich und hastete in den angrenzenden Raum, der keine Zerstörungen aufwies. Über einen kurzen Gang erreichte Schumirg eine Kammer. Von einer Bildwand herab blickte der Kommandant ihn an. Das haarlose Gesicht des Silbernen erschien dem Pellack kälter und abweisender als sonst.

»Ich habe etwas über Schamar herausgefunden«, berichtete Schumirg. Er war unsicher und fürchtete den Zorn des Armadaschmieds, obwohl er nicht zu verantworten hatte, was geschehen war. »Schamar ist geflohen, weil er ungeborenes Leben schützen wollte.«

»Was soll das?«, fragte Parwondov. »Wir alle schützen werdendes Leben. Das ungeborene Leben zu behüten, ist Pflicht jedes zivilisierten und gläubigen Wesens. Nur die Götter entscheiden über Leben und Tod. Schamar sollte also wegen einer Selbstverständlichkeit zum Feind übergelaufen sein? Willst du mich zum Narren halten?«

»Schamar sieht den Vorfall anders«, erklärte der Hadr. »Er ist der Vater, und er weiß, dass sein Blut den Zorn der Götter erregt. Er hat die Blutgruppe 0/33/88/1, die nur einer unter Zehntausenden aufweist. Die Mutter hat die gleiche Blutgruppe, und beide haben versäumt, sich rechtzeitig untersuchen zu lassen.«

Parwondov wusste, dass den Pellacks nichts wichtiger war als das ungeborene Leben. Vornehmlich aus taktischen Gründen respektierte der Silberne dieses Verhalten der Pellacks. »Schamar ist ein Narr«, sagte er.

»Erst als es schon zu spät war, hat Schamar sich bei einem Quacksalber untersuchen lassen.«

»Und danach wusste er, dass sein Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem gefährlichen Krankheitsherd für uns alle werden würde.«

»Ja, Herr. Von tausend Kindern aus solchen Verbindungen sind nur zwei gesund. Die anderen sind die Ausgeburt der Schwarzen Götter. Sie verbreiten unheilbare Krankheiten. Deshalb wird neues Leben aus solchen Verbindungen verhindert.«

»Schamar wollte sich also einer offiziellen Blutuntersuchung entziehen, und das konnte er nur durch seine Flucht«, folgerte der Kommandant. »Er glaubte, den Medizinern den Beweis aus den Händen nehmen und seinem ungeborenen Kind eine Chance geben zu können. Die Ärzte hätten warten müssen bis zur Geburt. Erst dann hätten sie einschreiten können.«

»Schamar hofft, dass sein Kind gesund ist. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist äußerst gering, trotzdem wollte er diese Chance.«

»Sein ungeborenes Leben muss beendet werden.«

»Das ist bereits geschehen.«

Kein Muskel zuckte im Gesicht des Armadaschmieds. »Gut«, lobte er. »Wir werden die Nachricht vom Tod dieses Ungeborenen überall in der Armadaschmiede verbreiten. Schamar muss es erfahren. Das wird ihn zur Vernunft bringen.«

»Verzeih, Herr, wenn ich widerspreche. Ich fürchte, Schamar wird ganz anders reagieren. Er wird zum unerbittlichen Feind werden.«

»Dann muss er seinem ungeborenen Kind folgen.«

Die Bildwand erlosch. Auf dem Gang vor dem Wohntrakt erklang Poltern und Krachen. Furchtsam zog der Hadr den Kopf ein und machte sich auf den Rückweg. Er verfluchte die Tatsache, dass er es versäumt hatte, rechtzeitig Schamars Motive zu ergründen. Er hasste Schamar, weil dieser ihm Unannehmlichkeiten bereitete. Zugleich empfand er Mitleid mit ihm, denn Schamars Opfer war vergeblich gewesen.

Schumirg schrie auf, weil sich das Verkleidungsmaterial der Wand neben ihm ausbeulte. Er hastete weiter, spürte einen jähen Druck im Rücken und hörte zugleich, dass die Wand mit ohrenbetäubendem Krachen aufbrach. Kantige Splitter wirbelten an seinem Kopf vorbei, ein faustgroßer Brocken traf ihn am Rücken. Außerdem erschütterte ein harter Schlag sein Ngrur, das Gefühlszentrum, das sich in der kugelförmigen Verdickung an seinem Körperende befand.

In höchster Panik flüchtete der Sippenälteste durch ein offenes Schott in einen Gang, der aus dem Bereich der Silbernen hinausführte.

Schumirg konnte kaum mehr klar denken. Alle Pellacks hatten gemeinhin eine große Scheu vor dem Wett, das für sie undeutbar war. Die Silbernen muteten sie an wie gottähnliche Geschöpfe, das hinderte sie aber nicht daran, zuweilen tiefe Abneigung für die Herren zu empfinden. Schumirg als Ältester war ein wenig besser informiert. Für ihn waren die Armadaschmiede zwar ebenfalls hoch überlegene Wesen, aber keineswegs gottähnlich. Dass die Silbernen mittlerweile Probleme mit dem Wett hatten, verwirrte ihn und ließ Zweifel an ihrer Unfehlbarkeit aufkommen.

Ein Schott öffnete sich vor dem Hadr. Er bemerkte einen kugelförmigen, auf drei dünnen Beinen laufenden Armadamonteur. Die tentakelartigen Arme der Maschine wirbelten durch die Luft.

Argwöhnisch blieb Schumirg stehen. Er wagte nicht, an der Maschine vorbeizugehen, weil er fürchtete, von einem der herumfuchtelnden Arme getroffen zu werden. »Aus dem Weg!«, rief er. »Verschwinde!«

Der Armadamonteur reagierte nicht, sondern stakte unverdrossen auf Schumirg zu.

Völlig überraschend betrat Armadaschmied Meegoron hinter dem Roboter den Gang. Der Hadr erstarrte. Er hatte nicht erwartet, einem der Silbernen zu begegnen. Auf keinen Fall durfte er weglaufen, denn das hätte ausgesehen, als flüchte er. Stehen bleiben wollte er ebenso wenig, da er den Roboter fürchtete.

In seiner Not ließ Schumirg sich auf den Bauch sinken und beugte den Kopf. Sein Ngrur schwoll sichtlich an, das machte die Angst für den Silbernen sichtbar. Doch Meegoron beachtete den Hadr nicht und schon gar nicht den Armadamonteur.

Als der Silberne sich bis auf wenige Schritte genähert hatte, verharrte der Roboter noch immer mit schlagenden Armen mitten im Gang.

»Zur Seite!«, befahl Meegoron.

Der Armadamonteur reagierte nicht.

Schumirg hob unwillkürlich die Stielaugen an. Eine Maschine verweigerte einem Armadaschmied den Gehorsam. Das hätte der Sippenälteste bis vor Sekunden für undenkbar gehalten hätte.

Im Gesicht des Silbernen zeigte sich keine Regung. Falls Meegoron schockiert war, zeigte er es nicht. »Pellack, schaff mir das Ding aus den Augen!«, befahl er.

Schumirg zuckte zusammen. Es war ihm unmöglich, die gestellte Aufgabe zu erfüllen. Er war alt und schwach, und nicht einmal zehn junge Pellacks wären mit dem Roboter fertiggeworden. Dennoch gehorchte er ohne ein Wort der Kritik.

Er ging auf den Armadamonteur zu. »Hör auf!«, krächzte er. »Verschwinde endlich!«

Die Maschine gehorchte auch ihm nicht. In seiner Verzweiflung warf Schumirg sich zwischen die wirbelnden Tentakelarme und versuchte, den Rumpf des Armadamonteurs zu packen und zur Seite zu drücken. Zwei Arme peitschten auf ihn herab und warfen ihn zu Boden. Der Hadr schrie schmerzgepeinigt auf. Während er mühsam versuchte, sich vor den Schlägen zu schützen, schob der Roboter einen der Tentakel unter ihn und schleuderte ihn meterweit den Gang entlang.

Schumirg blieb vor einem Schott liegen. Mit zitternden Augen blickte er zurück. Der Roboter und der Armadaschmied standen einander unverändert gegenüber.

Offenbar wusste der Silberne nicht, was er tun sollte.

»Worauf wartest du?«, herrschte Meegoron Schumirg an. »Hast du schon vergessen, was ich dir befohlen habe?«

Der Sippenälteste richtete sich auf. Mühsam schleppte er sich über den Boden, das linke Hinterbein gehorchte ihm nicht.

»Beeil dich!«, schrie der Silberne.

Schumirg warf sich erneut zwischen die wirbelnden Arme, und es war wie eine Erlösung für ihn, als ein Schlag gegen den Kopf ihn in eine tiefe Bewusstlosigkeit schleuderte.

Nur Augenblicke später stürmten fünfzehn Pellacks heran. Gemeinsam stürzten sie sich auf den tobenden Armadamonteur.

Meegoron schien nicht zu bemerken, welch ungeheure Anstrengungen es die Männer kostete, den Roboter zu überwältigen. Das gelang ihnen schließlich nur, weil einer von ihnen einen Schaltsensor am Kugelkörper erreichte und betätigte. Danach zerrten sie den Metallkörper zur Seite, damit der Silberne seinen Weg fortsetzen konnte. Sie senkten die Köpfe, als er an ihnen vorbeiging, und keiner wagte es, den Armadaschmied anzusehen. Eine Anerkennung konnte es nicht geben. Für sie alle war es selbstverständlich, einen Silbernen zu schützen und zu verteidigen, wo immer das notwendig war.

Kurze Zeit danach stand Meegoron vor dem Kommandanten der Armadaschmiede, der an einer internen Steuerung arbeitete. Die Symbole in der Bildwand über Parwondov zeigten, dass er einen erbitterten Kampf gegen die entfesselten Kräfte des Wetts führte, jedoch wenig Aussicht auf Erfolg hatte.

»Ich weiß, wo wir die Entflohenen finden werden«, sagte Meegoron. »Sie sind bei den hartgesottenen Blinden. Ein Gewährsmann hat es mir soeben mitgeteilt.«

»Kommt heraus!«, rief Schoc. »Der Kampf beginnt.« Der hartgesottene Blinde hielt einen spitzen Stahldorn in der Faust und hatte fünf Gehilfen bei sich.

Ras Tschubai und Jen Salik blickten einander kurz an. »Wir haben es uns überlegt«, sagte der Ritter der Tiefe. »Nicht Schamar wird kämpfen, sondern ich. Mittlerweile habe ich mich ausreichend erholt. Es geht um mich, also werde ich antreten.«

»Auf keinen Fall!«, fuhr Schamar erregt auf. »Willst du mich beleidigen?«

»Nichts wird mehr geändert«, erklärte Schoc schrill.

»Er hat nichts damit zu tun«, begehrte Salik auf. »Ich habe euren Freund getötet. Also werde ich kämpfen.«

»Sei still. Ich will nichts mehr hören«, schrie der Anführer der hartgesottenen Blinden den Ritter der Tiefe an. »Du bist ein Lügner!« Er gab seinen Gehilfen ein Zeichen. Sie sprangen auf Schamar zu und flankierten ihn.

Tschubai und Salik folgten den Pellacks. »Schamar hat gegen einen hartgesottenen Blinden erheblich bessere Chancen als du«, raunte der Teleporter.

Ein Panzerschott öffnete sich vor ihnen. Die Kampfstätte, rund und etwa acht Meter durchmessend, lag in der abgesenkten Mitte einer ovalen Halle und wurde von einer hohen Mauer gesäumt. In der Arena wartete ein bulliger, mit Narben übersäter Blinder. Er tänzelte auf der Stelle und drehte sich dabei um sich selbst, als wolle er seine Umgebung genau analysieren. Eine hässliche Narbe überzog seinen Kopf an der Stelle, an der die Stielaugen gesessen hatten. Immer wieder schlug er seinen muskulösen Schwanz klatschend auf den Boden oder ließ ihn zur Seite schnellen, um zu unterstreichen, dass er gewillt war, nicht nur den langen Stahldorn in seiner Hand, sondern auch den Körper rücksichtslos einzusetzen.

»Der hätte mich nach spätestens dreißig Sekunden erledigt«, sagte Jen Salik betroffen.

Einer der Pellacks stieß Schamar in die Arena hinab.

Sein Gegner lachte verächtlich. »Schoc, du hast mir einen aufregenden Kampf versprochen. Was soll ich mit diesem Kind?«

»Sei still, Cascha«, antwortete der Anführer. »Wir wollen dich kämpfen hören. Führ uns vor, was du kannst.«

Allmählich füllten sich die Ränge, und nach wie vor brannte Licht. Einer von Schocs Helfern übergab Schamar einen verrosteten, offenbar nicht besonders spitzen Stahldorn.

»Halt!«, rief Tschubai. »So nicht.«

»Was willst du?« Schoc fuhr schnaubend herum. »Du hast hier nichts zu sagen.«

»Ein klein wenig schon«, widersprach der Teleporter. »Vor allem, weil ich weiß, dass du beiden Kämpfern die gleiche Chance geben wirst. Du willst, dass die Götter sprechen. Werden sie das wirklich tun, wenn du Schamar einen rostigen Draht in die Hand drückst, obwohl Cascha mit einem Kampfschwert ausgerüstet wird? Könnte es nicht sein, dass du damit die Götter herausforderst?«

Schoc fuhr herum. »Der Fremde sagt, dass Schamar nur einen rostigen Draht hat. Wer ist dafür verantwortlich? Er wird bestraft werden. Gebt Schamar eine richtige Waffe. Er muss sich wehren können. Oder wollt ihr, dass Cascha seinen Gegner schon beim ersten Angriff tötet?«

Die Zuhörer, deren Zahl mittlerweile auf fast fünfhundert angestiegen war, brüllten begeistert. Sie forderten eine gute Waffe für Schamar.

»Lass dich nur nicht täuschen, Ras«, sagte Jen Salik verhalten. »Sie sind nicht für unseren Freund, sondern wollen nur, dass der Kampf lange dauert und sie ihren Spaß haben.«

Jemand brachte Schamar einen glänzenden, messerscharfen und spitzen Dorn.

»Kämpfer?«, rief Schoc. »Seid ihr bereit?«

»Ich bin bereit«, antwortete Cascha und hieb seinen Schwanz dröhnend auf den Boden.

»Von mir aus kann es losgehen«, bemerkte Schamar.

Das Licht erlosch. Nicht einmal ein vager Schimmer von Helligkeit war noch zu erkennen. Zugleich wurde es still in der Halle.

Etwa eine Minute verstrich. Alle Zuhörer lauschten in atemloser Anspannung. Unvermittelt lachte Cascha. Sein Lachen klang unheimlich und drohend, und es war bis in die hintersten Sitzreihen zu vernehmen.

Ein leichtes Schleifen wurde hörbar. Tschubai und Jen Salik glaubten, sehen zu können, wie sich der massige Cascha über den Boden schob. Wieder ein leises Lachen. Eilige Schritte erschütterten den Boden der Arena, Stahl schlug klirrend auf Stahl. Schamar schrie schmerzerfüllt auf.

»Das war die linke Schulter!«, rief Cascha. »Es tut weh, was? Warte nur. Der nächste Stich geht dir in die Flanke. Das wird noch unangenehmer.«

»Schamar ist hilflos gegen Cascha«, raunte Salik.

»Ich begreife es nicht«, erwiderte Tschubai ebenso leise. »Der hartgesottene Blinde bewegt sich so sicher, als ob er sehen könnte.«

4.

»Endlich haben wir eine der Armadaschmieden gefunden, in denen die übergeordnete Technik der Armada produziert wird«, sagte Perry Rhodan. »Aber vorrangig werden wir alles tun, um Gucky, Ras Tschubai und Jen Salik herauszuholen. Selbstverständlich können wir nicht unsere gesamte Flotte gegen den Schmiedewall und die Schmiede einsetzen. Damit hätten wir nach übereinstimmender Meinung aller wenig Aussicht auf Erfolg. Unser Ex-Raumadmiral Clifton Callamon hat dementsprechend eine ›Operation Hornissenschwarm‹ vorgeschlagen, und diese Idee halte ich für die beste.«

Die führenden Persönlichkeiten der Galaktischen Flotte auf Basis-One hatten sich in dem großzügig angelegten Gebäudekomplex im Tal der Adler versammelt. Rhodan blickte in die Runde. Alle hörten ihm aufmerksam zu, obwohl die wesentlichen Dinge schon abgesprochen waren. Er fasste nur zusammen, was sie beschlossen hatten.

»Eine Flotte von fünftausend Raumschiffen, die sich aus unseren Einheiten und aus Teilen der kranischen Flotte zusammensetzt, startet in wenigen Stunden. Eingesetzt werden vor allem die Raumschiffe, die über viele Beiboote verfügen. Die großen Schiffe, angeführt von der SEDAR, werden die Abwehr des Schmiedewalls mit einem Scheinangriff binden. Ihnen folgt der ›Hornissenschwarm‹ aus Tausenden von Beibooten. Gelingt es auch nur einem Dutzend dieser ›Hornissen‹, zur Armadaschmiede vorzudringen, können wir vielleicht etwas für unsere verschollenen Freunde tun.«

Rhodan zögerte kurz, dann erklärte er Tanwalzen, den Kommandanten der PRÄSIDENT, zum Oberkommandierenden der »Operation Hornissenschwarm«. Danach folgte eine kurze Diskussion darüber, wer von den Anwesenden an der Befreiungsaktion teilnehmen sollte. Rhodan entschied sich unter anderem für Clifton Callamon und die Mutanten Fellmer Lloyd und Irmina Kotschistowa. Alaska Saedelaere wurde ebenfalls vorgeschlagen, doch dem Totenbleichen ging es gesundheitlich so schlecht, dass er nicht einsatzbereit war. Er lag in einer Bordklinik der BASIS.

Es war der 13. Dezember 426 Neuer Galaktischer Zeitrechnung, als die Flotte aufbrach. Das entsprach dem 13. Dezember des Jahres 4013 n. Chr.

Cascha schrie gellend auf. Er rannte offenbar quer durch die Arena und wusste genau, wo Schamar stand. Klirrend schlugen ihre Waffen gegeneinander, und Funken sprühten auf.

Eine Serie dumpfer Schläge folgte, danach stürzte ein schwerer Körper auf den Boden. Schamar schrie laut auf, begleitet von Caschas schrillem Lachen.

»Habe ich es dir nicht gesagt?«, höhnte der Blinde. »Das saß in der Flanke.«

In diesen Sekunden schwand die letzte Hoffnung bei den beiden Terranern.

»Dieser Kampf ist grausam«, sagte Jen Salik. »Sie hätten unseren Freund auch gleich töten können.«

Plötzlich hallte eine Stimme durch die Halle. Sie erklang so laut und kam so überraschend, dass die Zuhörer erschrocken zusammenfuhren: »Unterbrecht den Kampf und hört mir zu! Hier spricht Meegoron.«

»Meegoron ...«, raunte die Menge. »Der Armadaschmied.«

Viele der hartgesottenen Blinden sprangen auf. Zu groß war ihre Überraschung. Keiner hatte damit gerechnet, dass einer der Silbernen sich melden würde. Nur Schoc behielt die Ruhe. »Bleibt ruhig!«, brüllte er.

»Ich weiß, was bei euch geschieht«, redete Meegoron weiter. »In der Arena kämpfen Cascha und Schamar, der die Gesetze unserer Gemeinschaft gebrochen hat.«

Erneut ging ein Raunen durch die Halle. Verblüfft erkannten die hartgesottenen Blinden, dass der Silberne alles über sie wusste. Sekunden später waren nur noch Schamars angestrengtes Atmen und sein qualvolles Husten zu hören – bis die metallisch anmutende Stimme wieder erklang.

»Schamar wird nicht überleben«, fuhr Meegoron fort, als spreche er über irgendeine Maschine. »Aber vorher soll er noch etwas erfahren.«

»Sei still«, keuchte Schamar. »Ich will nichts von dir hören. Meinetwegen bring mich um, aber schweige endlich.«

»Wir wissen, weshalb du geflohen bist, Schamar«, versetzte der Armadaschmied. »Und wir haben Blutuntersuchungen vorgenommen. Du hättest bleiben können, Schamar. Das hätte nichts geändert.«

»Nein«, wimmerte der Gequälte.

»Das Ungeborene wurde getötet«, fuhr der Silberne fort. »Unnötigerweise, wie ich zugeben muss. Dein Kind war gesund. Doch das haben wir erst danach festgestellt. Das wollte ich dir mitteilen.«

»Ihr hattet kein Recht, das zu tun«, stöhnte Schamar. »Niemand hat das Recht, Ungeborene zu töten.« Er schrie gepeinigt auf und warf sich offenbar herum. Seine Füße schlugen dröhnend auf den Boden. »Wo bist du, Cascha?«, brüllte er in überschäumender Wut. »Warum verkriechst du dich?«

Stahl klirrte. Funken sprühten. Die Zuschauer verfolgten das Toben in der Arena mit atemloser Spannung, und die hartgesottenen Blinden wussten das jähe Stakkato der Geräusche viel besser zu deuten als die beiden Terraner.

»Schamar, du schaffst es«, flüsterte Tschubai. »Du musst es einfach schaffen.«

Meegoron hatte offenbar das Gegenteil von dem bewirkt, was er hatte erreichen wollen. Schamar kämpfte wild und entschlossen. Er ließ seinen Zorn an Cascha aus. An ihm schien er sich für das rächen zu wollen, was der Silberne ihm angetan hatte.

»Licht!«, rief Jen Salik. »Macht endlich Licht.« Seine Worte durchbrachen die seit Sekunden über der Arena lastende Stille, und mit einem Mal wurden mehr Stimmen laut.

»Cascha, warum schweigst du?«

»Cascha, sag, dass du gesiegt hast!«

»Ruhe!«, brüllte Schoc.

Es wurde augenblicklich still. Zu hören war lediglich, dass jemand durch die Reihen der Pellacks ging. Es konnte nur Schoc sein.

»Macht endlich Licht!«, wiederholte Jen Salik.

»Tut ihm den Gefallen«, stimmte Schoc zu. »Die Zweibeiner ertragen die Dunkelheit noch nicht. Sie hatten keine Zeit, sich daran zu gewöhnen.«

Ein mattes Dämmerlicht vertrieb die Schwärze. Nur schemenhaft sahen Jen Salik und Ras Tschubai die Kämpfer in der Arena. Einer lag ausgestreckt am Boden, der andere beugte sich über ihn und hielt einen blutigen Stahldorn in der Hand.