Perry Rhodan 3274: Lichtung der Seligkeit - Ben Calvin Hary - E-Book

Perry Rhodan 3274: Lichtung der Seligkeit E-Book

Ben Calvin Hary

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Beschreibung

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Die Superintelligenz ist in Fragmente zerfallen, die sich in sogenannten Refugien verbergen. Manche dieser Rückzugsorte befinden sich in weit entfernten Galaxien. Eines dieser Refugien befand sich in der Kondor-Galaxis, wurde offenbar aber bereits von dem Raumschiff TEZEMDIA entführt. Nun soll es in einem fremden Universum zweckentfremdet werden. Perry Rhodan folgt der Spur durch Raum und Zeit und landet schließlich auf einer LICHTUNG DER SELIGKEIT ...

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Seitenzahl: 184

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Nr. 3274

Lichtung der Seligkeit

Kampf um ein ES-Fragment – Kmossen fordert ein Versprechen ein

Ben Calvin Hary

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

Stellaris 98

Vorwort

»NATHANS Bibliothekar« von Stefan Pannor

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen.

Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.

Die Superintelligenz ist in Fragmente zerfallen, die sich in sogenannten Refugien verbergen. Manche dieser Rückzugsorte befinden sich in weit entfernten Galaxien. Eines dieser Refugien befand sich in der Kondor-Galaxis, wurde offenbar aber bereits von dem Raumschiff TEZEMDIA entführt. Nun soll es in einem fremden Universum zweckentfremdet werden. Perry Rhodan folgt der Spur durch Raum und Zeit und landet schließlich auf einer LICHTUNG DER SELIGKEIT ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner fürchtet um das Wohl einer Superintelligenz.

Kmossen – Der letzte Heddu stellt sein Selbstbewusstsein zur Schau.

Taschuir – Ein Sorgore agiert in einem fremden Kosmos in wichtiger Position.

Soynte Abil und Vetris-Molaud

1.

Hüte dich vor dem Teufel, wenn er als Bittsteller kommt!

War das eine Redensart, die Perry Rhodan irgendwann während seines langen Daseins aufgeschnappt hatte? Oder war sie ihm gerade eingefallen?

Der Terraner starrte auf das Holo der Außenoptik; auf die Öffnung zur Kluft, die sich soeben aufgetan hatte und den Blick auf die dahinterliegenden Sterne versperrte; auf das plumpe, grau marmorierte Walzenraumschiff, das aus dieser Öffnung gekommen war. Das Raumschiff, das sich nun wie ein Riegel zwischen die STIFT-W und den Eisplaneten Pevouné schob. Die LEUCHTKRAFT trieb angeschlagen in einiger Entfernung durchs System. Eine Raumschlacht gegen angreifende Vrochonen lag Minuten zurück, die kobaltblaue Walze hatte Schäden erlitten.

Rhodan war nicht überrascht. Er hatte viel erlebt, war auf einiges gefasst und stellte sich auf veränderte Situationen blitzhaft ein. Das schützte ihn aber nicht vor dem nackten Entsetzen.

Die Kluft ...hier! In diesem katachronen Universum. Auf seinen Unterarmen richteten sich die Härchen auf.

Das Bordgehirn verriet den Durchmesser der Öffnung: 1,89 Kilometer. Das war deutlich geringer als vor einem Vierteljahrhundert, als sie sich erstmals im Tannhäusersystem geöffnet hatte. In der Falschfarbendarstellung schienen die Ränder zudem ausgefranst. Mit dem bloßen Auge war kaum etwas zu erkennen, denn das Phänomen war tiefschwarz und schluckte jedes Licht.

Von der Öffnung selbst ging keine Gefahr aus.

Wohl aber von der WERKSTATT, dem Raumschiff Kmossens, dem in den Schatten. So hatte der Gegner sich vorgestellt, nachdem er sich in einem Hyperfunk-Rundruf zu erkennen gegeben hatte.

»Ich bin der Letzte der Heddu, Schutzmacht der TEZEMDIA«, ergänzte der gegnerische Kommandant nun. Rhodan hörte den Namen dieser Spezies zum ersten Mal.

Das Empfangsholo zeigte Kmossens Abbild – ein Humanoider, der von Schwaden aus Schatten umgeben schien. Wo sie sich lichteten, enthüllten sie ein Geschöpf mit grauer Schuppenhaut, nach unten spitz zulaufendem Kegelkopf und breiten, goldenen Augen. Je vier elfenbeinfarbene Antennen ragten aus beiden Seiten des Schädels. Sie streckten sich und zappelten wie Insektenbeine.

»Ich bitte den Louwhanenstock Landanou um eine Audienz.« Dieses Geheiß trug er nun zum zweiten Mal vor.

Auf derselben öffentlichen Frequenz, die Kmossen verwendete, erreichte eine Bestätigung die Empfänger der STIFT-W: »Wir bitten um Geduld. Ein Audienzsteward wird sich mit euch in Verbindung setzen.«

Die Nachricht stammte von der louwhanischen Ursprungswelt Atarmoun. Sie wies reine Textform auf.

»Ich warte.« Die Übertragung von der WERKSTATT endete. Ein Bereitschaftssymbol erschien im Empfangsholo.

»Weiß dieser Kmossen, dass wir hier sind?« Kemur saß in angespannter Haltung zwischen Rhodan und Antanas Lato auf einer schmalen Sitzbank in der Beiboot-Zentrale. Das hieß: Sein knochenloser Leib klemmte förmlich zwischen der beiden Menschen. Der Oberkörper war auf eine Weise gequetscht, die den Terraner schon beim Betrachten schmerzte, was dem Paddler aber nichts auszumachen schien. Die Enge der Steuerkanzel zwang sie, derart dicht aufeinanderzusitzen. Rhodan und Lato trugen ihre SERUNS, Kemur den Schutzanzug, in denen Wolkenfahrt sie Minuten zuvor aus dem All gefischt hatte.

»Die kosmokratischen Beiboote verfügen über exzellenten Ortungsschutz, wie du wohl weißt.«

Der Zwergandroid brachte das Kunststück fertig, sachlich und doch eingeschnappt zu wirken. Die Steuerkabine der STIFT-W hatte einen keilförmigen Querschnitt und lief nach vorne spitz zu, der Zwergandroid saß vor Rhodan auf dem Pilotenplatz. Die Steuerkontrollen füllten die Front der Kabine.

»Niemand außerhalb der LEUCHTKRAFT ahnt von unserem Hiersein«, fuhr er fort. »Weder an Bord der WERKSTATT noch sonst irgendwo in diesem Sonnensystem.«

»Trotzdem wird die Konfrontation nicht ausbleiben.« Rhodan murmelte es mehr zu sich selbst.

Antanas Lato warf ihm einen besorgten Blick zu. »Man gönnt uns keine Atempause, oder?«

Der Terraner schenkte ihm ein müdes Lächeln. Lato hatte recht.

Hinter ihnen lagen anstrengende Tage. Nur knapp hatten sie die Schlacht überstanden, die Geschütze der kobaltblauen Walze waren noch nicht erkaltet. Die LEUCHTKRAFT, dieses unfassbare Machtmittel, zog sich zurück. In der Fernbeobachtung erkannte Rhodan, wie erste Hüllenbrüche sich selbstständig schossen. Doch welche Schäden trug sie Innern mit? Ohne die Mittel einer kosmischen Werft, fürchtete der Terraner, mochte die Reparatur lange dauern.

Die TEZEMDIA, das verrieten die Orter und der systemweite Funkverkehr, war nach Atarmoun geflogen und schwebte in lotrechter Orbitalposition über Landanou. So hieß der größte Louwhanenstock der Zentralwelt. Von einer Inspektion war die Rede, die dank der unerwartet aufgetauchten Phantomschiffe nötig geworden sei.

Das Gefecht indes war nur der Höhepunkt gewesen. In den Wochen zuvor hatte es sie erst in kosmische Fernen, in die Heimat der Sorgoren, dann in ein Universum mit rückwärts verlaufender Zeit verschlagen. Der Zellaktivator befreite Rhodan von der Erschöpfung, aber seine Begleiter hatten sich eine Erholungsphase verdient. Es ging um die Rettung eines der vier großen ES-Fragmente.

Und wie sich nun zeigte, stand der Showdown noch bevor.

»Kmossen.« Rhodan wälzte den Laut auf der Zunge, wie ein unappetitliches Bonbon.

»Ich höre die Relais in deinem Terranerhirn förmlich klicken, Rhodan.« Ono Wolkenfahrt sah ihn über die Schulterkappen seines Purpurgewands hinweg an. Die goldenen Fransen tänzelten über das Gewebe. »Ich ahne deine Gedanken.«

»So?«

Schwer zu erraten waren sie vermutlich nicht. Kmossens Name war Rhodan ein Begriff. Genaueres über ihn hatte er von Ospan Jesbolat erfahren, dem »Souffleur« – der wohl ein abgespaltener Teil und Sprachrohr der fragmentierten Superintelligenz war.

Wie hatte dieser Alte den unheimlichen Gegner sinngemäß charakterisiert? Jemand auf dem Weg, Quintarch zu werden. Ein Wegbereiter FENERIKS. Frühwarnsystem für den Chaoporter. Das machte ihn mittlerweile zwar nicht mehr zwangsläufig zu Rhodans Gegner, da FENERIK neutralisiert war, aber offensichtlich spielte das für Kmossen keine Rolle. Kmossens Ziel, so hatte Jesbolat behauptet, war, die Wiederherstellung von ES zu verhindern. Zwischen dem in den Schatten und den Louwhanen herrschte ein Kontrakt. Die Stöcke hatten sich zur Bergung des Fragments verpflichtet.

Mehr wusste Rhodan nicht, aber das genügte. Was immer ihn herbrachte – der Plan des Heddu musste vereitelt werden. Bot sich aus dem Verborgenen heraus die Möglichkeit?

»Du überlegst, die WERKSTATT zu entern«, vermutete Wolkenfahrt. »Du willst an Bord Informationen über Kmossen besorgen. Und bei dieser Gelegenheit, wenn du ohnehin gerade dort bist, vielleicht gar seine Pläne gegen ES und die LEUCHTKRAFT vereiteln.«

»Und ich ahne deinen Widerspruch.« Rhodan beherrschte dasselbe Spiel wie der Zwergandroide. »Du fürchtest, dass die STIFT-W einem Chaotarchendiener in die Hände fällt. Du plädierst dafür, dass wir uns in den sicheren Hafen der kobaltblauen Walze zurückziehen. Dass wir anderntags zurückkehren, um gestärkt weiterzukämpfen.«

»Du kennst mich so gut.« Wolkenfahrt wandte sich wieder den Kontrollen zu. Er setzte einen Kurs, der zum Mutterschiff der STIFT-W zurückführte, und aktivierte die Unterlichttriebwerke. Das Beiboot nahm Fahrt auf.

Rhodan lag eine scharfe Erwiderung auf der Zunge. Zumindest, wenn es um die Sicherheit der kosmokratischen Technik ging, waren die Handlungen eines Zwergandroiden vorhersehbar. Aber konnte er zulassen, dass sie den Kampf vertagten und bis dahin dem Gegner das Feld überließen? Es stand zu viel auf dem Spiel.

»Über einen taktischen Rückzug bin ich nicht unglücklich.« Antanas Lato rieb sich die Schläfen. Die Tränensäcke gruben sich in seine Wangen. »Wir sind erschöpft. Ich zumindest.«

Das ausgefranste Etwas im Falschfarbenholo schrumpfte. Die Angabe des Durchmessers fiel unter eintausend Meter – die Kluft schloss sich hinter der WERKSTATT.

»Wir sind aber auch im Vorteil«, widersprach Kemur. »Der Ortungsschutz verleiht ihn uns. Kmossen wüsste nicht, was ihn getroffen hat, wenn wir ihn schlagen. Aber nur, wenn wir es jetzt tun!«

Als ob die STIFT-W eine Chance gegen ein Schiff von der Größe der WERKSTATT gehabt hätte!

Der Summer des Hyperfunks unterband die weitere Diskussion. Endlich traf die Antwort des sogenannten Audienzstewards ein – auf derselben offenen Frequenz. Das Bordgehirn spielte sie auf dem Empfangsholo aus.

Wo zuvor der Letzte der Heddu sein Audienzgesuch vorgetragen hatte, erschien ein strohfarbenes Gesicht. Das Kinn war breit, der Mund schmal und lippenlos, die Nase ein gazegefüllter Spalt. Tiefblaue Murmelaugen ragten aus beiden Seiten des Kopfs.

»Ein Sorgore!«, hauchte Kemur. »Hier?«

Rhodan brachte ihn mit einem Wink zum Schweigen.

»Hier spricht Taschuir«, stellte sich der Sorgore vor. Der Stimme nach zu urteilen war er männlich, also nicht mehr jung. Die Angehörigen dieser Spezies änderten das Geschlecht in einem gewissen Lebensalter. »Ich bitte um Entschuldigung für die verzögerte Antwort. Du gabst dich als Schutzmacht der TEZEMDIA aus. Das galt es, zu überprüfen. Inzwischen haben die Louwhanenboten es bestätigt. Deinem Antrag wird also stattgegeben. Ich übermittle dir eine Transmitterkennung zur Audienzhalle. Ich empfange dich dort zu gegebenem Augenblick. Der Zeitpunkt wird dir später mitgeteilt.«

Kmossen antwortete nicht. Stattdessen nahm die WERKSTATT Fahrt auf. Ihr Kurs würde sie zum Zentralplaneten der Louwhanen bringen.

Illustration: Swen Papenbrock

»Die LEUCHTKRAFT setzt zur Verfolgung an! Ungeachtet ihrer Schäden!« Unaufgefordert schob Lato das Empfangsholo mit einer Geste beiseite und brachte die Orteransicht in den Fokus. Tatsächlich hatte die kobaltblaue Walze ihre Position verlassen, beschleunigte ebenfalls. »Was haben die Maghane vor, Ono?«

Der Zwergandroide stieß ein unzufriedenes Geräusch aus. Er passte sein Manöver dem des Mutterschiffs an und versuchte, mitzuhalten. Die kobaltblaue Walze entfernte sich mit hohen Beschleunigungswerten, schloss zu Kmossens Raumschiff auf. Beide überbrückten die Strecke in einer kurzen Überlichtetappe. Das getarnte Beiboot blieb zwischen den Phantomschiffen zurück.

Elefantenrennen. So hatte man das in Rhodans Jugend genannt, wenn überschwere Lastwagen einander auf einem High- oder Freeway überholen wollten. Er fluchte, zog die Holokontrollen des Hyperfunks zu sich heran.

»Vetris-Molaud! Abil!«, rief er ins Akustikfeld. »Was immer ihr plant, sei es eine Infiltration des Planeten oder eine Attacke auf die Werkstatt – lasst es sein! Die STIFT-W übernimmt das aus dem Verborgenen. Ein direkter Angriff ist zu risikoreich!«

Er setzte den Appell als ultrakurzgeraffte Hyperfunknachricht abhörsicher an die kobaltblaue Walze ab. Sie blieb unbeantwortet.

»Kein Wunder«, kommentierte Lato. »Du magst DANS Favorit sein. Aber im Augenblick bist du nicht an Bord. Wenn die Maghane deinen Funkanruf akzeptieren, wird das Bordgehirn in deinem Sinn entscheiden. Damit wären ihre Pläne aus dem Rennen.«

Während all dem blieb der Hyperfunkkanal zum Audienzsteward geöffnet. Der Tonfall des Sorgoren wurde streng. »Vetris-Molaud, auch du hast dein Audienzgesuch vorgetragen. Es wurde abgelehnt. Kmossen, du hast die Transmitterkennung erhalten. Keinem der beiden Schiffe wird Landeerlaubnis gewährt. Wir dulden keine Fremdtechnologie in der Nähe des Sto...«

Diesmal verzichtete Kmossen auf eine Bildverbindung: »Du wirst mich mitsamt der WERKSTATT willkommen heißen. Einen Vertragspartner des Forschungskongresses behandelt man nicht als Bittsteller, Taschuir.« Der Heddu klang nicht wütend, sondern tadelnd.

Wie ein Lehrer, der ein schlecht erzogenes Kind zur Ordnung ruft, dachte Rhodan. Wenn »der in den Schatten« eins zu haben schien, war es Selbstbewusstsein. Immerhin das hatte er mit Vetris-Molaud gemein.

Es folgte ein Schlagabtausch zwischen Taschuir und Kmossen – immer wieder unterbrochen von kurzen Phasen der Stille, in denen anscheinend Vetris-Molaud oder Soynte Abil antworteten. Anders als bei der WERKSTATT erfolgte die Übertragung des Kosmokratenraumschiffs auf einem abgeschirmten Kanal. Die Maghane legten offenbar Wert darauf, die Besatzung der STIFT-W im Unklaren zu lassen.

»Mich kümmert die LEUCHTKRAFT nicht«, tönte Kmossen. »In diesem Zustand ist sie mir ungefährlich. Wenn ihre Kommandanten das Versprechen einhalten, das System nach Behebung der Gefechtsschäden zu verlassen, werde ich mich ebenfalls zivilisiert verhalten.«

»Erst ein Audienzgesuch durch die Maghane, dann die Bitte um einen Reparaturaufenthalt«, konstatierte Kemur. »Das bedeutet immerhin, dass sie keinen Angriff planen. Das lässt uns sämtliche Möglichkeiten offen.«

Rhodan und seine Begleiter blieben zum Zuhören verdammt. Der Terraner hasste die Tatenlosigkeit, unterdrückte jedoch den Impuls, ebenfalls auf öffentliche Sendung zu gehen und sich einzumischen. Jedes Lebenszeichen würde ihr Hiersein verraten. Egal, was die Lemurerin und der Tefroder vorhatten, sein Schweigen brachte einen Vorteil: Kmossen wähnte sich in Sicherheit!

Schließlich gab Taschuir klein bei. »Kmossen. Lande auf dem Raumhafen südlich des Stocks. Ich hole dich dort zu gegebener Zeit ab. Die LEUCHTKRAFT genießt für die kommenden sechzig Stunden ein Aufenthaltsrecht im System. Eine Überziehung werden wir als kriegerischen Akt werten.« Er beendete die Verbindung mit einer umständlichen Grußformel.

Rhodan zog scharf Luft ein und wandte sich an Wolkenfahrt. »Ob wir zur WERKSTATT fliegen oder zur LEUCHTKRAFT – so oder so führt der Weg nach Atarmoun.«

»Das ist mir bewusst, Terraner.« Der Zwergandroide nahm den Blick nicht von den Steuerkontrollen. Die Überlichtetappe, die das Beiboot ebenfalls in den Orbit des Planeten bringen würde, hatte er schon programmiert. Zweifelsohne plante er bereits die Einschleusung in den Beiboothangar der kobaltblauen Walze. »Worauf willst du hinaus?«

Rhodan legte ihm von hinten die Hand auf die Schulter. Der Goldstoff seiner Epauletten fühlte sich rau an. »Ich werde dir nicht befehlen, dein Leben für mich zu riskieren, Ono.«

Nacheinander sah er Kemur und Lato an. »Das gilt selbstverständlich für jeden. Aber ich fürchte um das ES- Fragment. Die Idee, die WERKSTATT zu infiltrieren, ist hinfällig geworden. Aber ich muss zum Stock. Ich muss erfahren, was Kmossen plant. Und es verhindern.«

Lato nickte. »Wir sind zusammen so weit gekommen. Zum Ausruhen ist später immer noch Zeit.«

Auch Kemur machte eine zustimmende Geste.

Wolkenfahrt starrte wortlos in Flugrichtung. Scheinbar unbewegt standen die Sternbilder des fremden Universums vor dem Beiboot – die Geschwindigkeit war zu gering, als dass in den Konstellationen Verschiebungen sichtbar gewesen wären. Das Gesicht sah Rhodan nicht, aber er stellte sich vor, wie es darin arbeitete.

Der Terraner ließ ihm Zeit.

»Du willst, dass ich dich im Ortungsschutz der STIFT-W auf dem Planeten absetze, Rhodan.«

Rhodan bestätigte knapp. »Danach steht es dir frei, auf die LEUCHTKRAFT zurückzukehren. Du gehst kein Risiko ein. Nur einen winzigen Umweg.«

»Na schön. Ich helfe euch.« Der Zwergandroide aktivierte das Überlichttriebwerk.

Zwischenspiel 1

Die LEUCHTKRAFT brannte.

Zusammen mit Vetris-Molaud huschte Soynte Abil durch die Walze. Ein Zwergandroide namens Ino Sonnensturm steuerte den Gleiter, in dem sie gemeinsam saßen.

Die Maghan fühlte sich elend. Die Folgen der Schlacht waren unübersehbar: In etlichen Kavernen und Sektoren der Polyrealität herrschte Aufruhr. Flammen verzehrten einen Wald, durch den taroxähnliche Ureinwohner huschten.

In einer Maschinenhöhle war aus einem Aggregat ein kleines Schwarzes Loch entwischt. Dienstroboter versuchten, es mit Akkretionsbeschleunigern zu verdampfen, ohne dabei hinter den Ereignishorizont zu geraten.

Kathedralenhafte Mannschaftsmessen, sonst von Androiden belebt, wirkten verwaist. DAN hatte die Besatzung in Ausnahmezustand versetzt, bis die schlimmsten Schäden verheilt waren. Die Autoreparatur behob die meisten davon, doch auf viele der Pararealitäten hatten die Selbstheilungskräfte des Schiffs keinen Einfluss. Etliche dieser Scheinwirklichkeiten waren so zerrüttet, dass DAN anstelle einer Reparatur sie einfach nicht länger existieren ließ und neue in intaktem Zustand erschuf.

»Ich finde, ihr solltet sehen, was euer Leichtsinn angerichtet hat«, sagte Sonnensturm. »Solchen Ärger hatten wir mit keinem der früheren Kommandanten. Nicht einmal nach dem Zusammenstoß mit FENERIK und der Kollision mit der LUCTU war die kobaltblaue Walze in einem derart desolaten Zustand!«

»Und deswegen zwingst du uns diesen Rundflug auf?« Vetris-Molaud saß neben Abil im Gleiterheck und tat, als ginge ihn alles nichts an. »Keiner unserer ›Vorgänger‹ musste gegen eine ganze Flotte von Phantomraumern kämpfen.«

Abil betrachtete Vetris-Molaud von der Seite. Dieser verkniffene Zug um die Lippen, sein übertrieben blasierter Tonfall – sie kannte ihn inzwischen gut genug, um die Wahrheit zu ahnen: Der Maghan war besorgt. Die LEUCHTKRAFT, dieses unfassbare Werkzeug, am Rand der Vernichtung zu sehen, ging ihm nahe. Sie hatten das geschafft, und das in der vergleichsweise kurzen Zeit, in der das Schiff ihnen erst unterstand.

»Aber ist es wirklich unsere Schuld?« Abil schürzte die Lippen.

Sie wusste nicht um jedes Gefecht, das die LEUCHTKRAFT in den Jahrtausenden ihres Dienstes für die Kosmokraten geschlagen hatte. Vielleicht war FENERIK der bislang größte Brocken gewesen. Nach der Schlacht gegen den Chaoporter war sie auf der Kosmokratenwerft TRAPAX repariert worden, doch der Kampf von damals steckte dem Raumer womöglich noch immer in den metallischen Knochen. Vielleicht war es im Alter anfällig geworden. Wie lange existierte dieses Schiff bereits? Was war die Lebensdauer einer Kosmokratenwalze?

Sonnensturm lenkte sie durch einen Korridor, der einer belebten tefrodischen Großstadt glich und durch den die Sirenen von Feuerwehrgleitern hallten. Am Ende der Hauptstraße, hatte das Schiff erst kürzlich beschlossen, lag der Eingang zur Zentrale.

Vor dem Hauptportal setzte Sonnensturm auf einem 20 Meter durchmessenden Blütenblatt auf, das als Landeplattform diente.

Sie stiegen aus.

Der Androide verabschiedete sich wortlos.

*

In der Zentrale war von der Zerstörung im Rest des Schiffs wenig zu spüren. Dennoch hatte DAN offenbar auch sie in den Prozess der Erneuerung und Umgestaltung einbezogen. Der Raum war größer als manches kleine Gebirgstal. Zwergandroiden saßen auf schneeweißen Sesseln und bedienten Instrumente, die wie kopfüber rieselnder Schnee aus dem Boden fielen und sich in stets neuen Konfigurationen zusammensetzten. Abil hatte sich zuletzt für dieses Aussehen der Zentrale entschieden. Der Nanosand wirkte rein. Er glitzerte im Licht einer winzigen Kunstsonne, die im Zenit über ihnen glomm.

In einem Dutzend Metern Entfernung schob sich ein Podest aus dem Boden. Es bestand aus denselben intelligenten Nanopartikeln, die auch die Pulte formten. Davor projizierte DAN eine Außenansicht, die Abils Sichtfeld ausfüllte – kein Holo, sondern eine Pararealität, die das Geschehen von außerhalb im verkleinerten Maßstab reproduzierte. Ihr war, als blickte sie durch ein Loch ins All.

Unter ihnen wölbte sich die blaugrüne Oberfläche Atarmouns. Sie hatten die WERKSTATT verfolgt und gemeinsam mit ihr den Planeten erreicht.

»Immerhin gewährt man uns den Aufenthalt in diesem Sonnensystem«, beruhigte die Maghan Vetris-Molaud, als sie unter sich waren. Sie durchschritten das Portal. »Und damit ein wertvolles Gut.«

»Die Gelegenheit, jeden sehen zu lassen, wie wir unsere Wunden lecken?«

»Zeit.«

Auf einem der Sandpulte signalisierte eine minimalistische Anzeige mehrere Funkgespräche, die DAN zwischenzeitlich empfangen hatte. Sie stammten von der STIFT-W, die meisten von Perry Rhodan, einige wenige von Ono Wolkenfahrt. Das Bordgehirn hatte sie während ihres Inspektionsflugs darüber informiert, die Maghane hatten sie ignoriert. Sie wollten das ES-Fragment für sich. Einen dazwischenfunkenden Terraner mit eigener Agenda brauchten sie nicht.

Auf der gegenüberliegenden Seite das Pults sammelten sich Nachrichten, die sie selbst zuvor abgeschickt hatten: Audienzgesuche an den Stock Landanou. Das erste war abgelehnt worden, kein weiteres hatte Taschuir beantwortet.

»Zeit ist alles, was wir brauchen«, ergänzte Abil. »Perry Rhodan hat mit einem recht: Ein neuer Angriff mit der LEUCHTKRAFT ist in ihrem aktuellen Zustand zu riskant. Aber der Terraner will das Fragment ebenso bergen wie wir. Idealerweise wird er scheitern und uns dabei die Stärken des Gegners aufzeigen. Vielleicht auch Schwächen, die wir ausnutzen können.«

In der Zwischenzeit würden sie sich tatenlos geben. Vielleicht würde sich überraschend eine alternative Gelegenheit eröffnen. Irgendwann beispielsweise würde jemand auf Atarmoun ihre Audienzgesuche abarbeiten müssen. Womöglich würde der- oder diejenige, der die anderen Gesuche ignoriert hatte, sie diesmal sogar annehmen.

Zumindest würde es die Gegner hoffen lassen, dass sie sich auf eine diplomatische Lösung versteiften.

2.

Atarmoun stellte Rhodans Weltbild auf den Kopf. Die Heimat der Louwhanen glich keiner anderen Hauptwelt eines raumfahrenden Volkes, die der Terraner je gesehen hatte.

Eine fast naturbelassene Landschaft lag unter ihnen. Die STIFT-W glitt in großer Höhe über die Nordhalbkugel, passierte Ozeane, Tafelberge und dichte Wälder. Wellen brachen sich an elfenbeinfarbenen Klippen, vogelähnliche Geschöpfe kreisten an der Küste, nisteten in blau belaubten Küstenwäldern. Sie flogen Richtung Osten, dem Abend entgegen. Atarmoun rotierte im Uhrzeigersinn.

Am Horizont schob sich die Dämmerung in Sichtweite. Jenseits der Zwielichtzone erstreckte sich eine Gebirgskette. Dahinter herrschte Dunkelheit.

Antanas Lato stieß einen Pfiff aus. »Nicht ein einziges größeres Zivilisationszentrum weit und breit. Man sollte meinen, dass die nächtliche Planetenoberfläche von Lichtern und hell erleuchteten Städten gespickt ist. Aber dort drüben gibt es scheinbar nichts.«

»Ich staune über euren Mangel an Vorstellungskraft.« Ono Wolkenfahrt steuerte das Beiboot in eine tiefere Atmosphärenschicht und schwenkte nach Süden, hielt auf den Äquator zu.

Aus dem Mund eines Zwergandroiden hatte der Vorwurf der Phantasielosigkeit einen besonderen Stachel. Wesen seiner Art standen nicht gerade in dem Ruf, kreative Denker zu sein.

Rhodan schmunzelte. Der unberührte Eindruck täuschte, wie er und seine Begleiter wohl wussten. Diese Zivilisationszentren existierten. Sie unterschieden sich nur von dem, was sich ein Terraner oder Paddler darunter vorstellte. Die Sensoren erfassten den konstanten Energieausstoß von Kraftwerken. Eines der so angemessenen Gebiete befand sich voraus. Die STIFT-W war inzwischen auf eine Flughöhe von 18 Kilometern gesunken.

Zwei Minuten später geriet ein Louwhanenstock in Sichtweite.

»Wir sind da. Landanou, der größte Stock des Planeten.« Wolkenfahrt setzte zum Landeanflug an. Die Koordinaten, die Taschuir Kmossen übergeben hatte, wiesen ins Umland.

Dessen Anblick löste Staunen bei Rhodans Begleitern aus. Ein grünschwarz marmorierter Fleck überzog das Land, schmiegte sich an sanft geschwungene Hügel. Aus der Höhe sah Rhodan sich an eine gigantische Flechte erinnert. Er sprach den Gedanken aus.

»Der Vergleich ist passender, als du denkst!« Lato fokussierte die Außenansicht auf den Stock, vergrößerte sie.