Perry Rhodan 600: Die unsichtbare Grenze - Kurt Mahr - E-Book

Perry Rhodan 600: Die unsichtbare Grenze E-Book

Kurt Mahr

5,0

Beschreibung

Ein Experiment mißlingt - und ein unglaublicher Widersacher erscheint Perry Rhodan gelang etwas, das niemand mehr für möglich gehalten hatte! Der Großadministrator kehrte in buchstäblich letzter Sekunde nach Terra zurück und wurde am 1. August 3444 durch das Votum der wahlberechtigten Bürger des Solaren Imperiums erneut mit beeindruckender Mehrheit in seinem Amt bestätigt. Seit diesem denkwürdigen Tag, der den Abschluss der turbulenten Geschehnisse mit den Altmutanten, den Asporcos und den Paramagnetiseuren bildete, sind inzwischen etwas mehr als zwölf Jahre vergangen. Man schreibt auf Terra Ende August des Jahres 3456. Zwei weitere Wahlen haben stattgefunden, und Perry Rhodan ist nach wie vor Großadministrator. Seine alte und vertraute Mannschaft - die unsterblichen Aktivatorträger eingeschlossen - steht ihm treu zur Seite. Die Katastrophe der Intelligenzretardierung, die vor sechzehn Jahren durch das Auftauchen des Sternenschwarms über die Galaxis hereinbrach, wurde von der Menschheit und anderen Sternenvölkern inzwischen zur Gänze überwunden. Im Solaren Imperium gibt es weder politische noch militärische Schwierigkeiten. Handel und Industrie, Wissenschaft und Technik blühen, Fortschritte auf vielen Gebieten bahnen sich an. Und im Zuge eines dem raumfahrttechnischen Fortschritt dienenden Experiments überschreitet Perry Rhodan DIE UNSICHTBARE GRENZE ...

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Nr. 600

Die unsichtbare Grenze

Ein Experiment misslingt – und ein unglaublicher Widersacher erscheint

von KURT MAHR

Perry Rhodan gelang etwas, das niemand mehr für möglich gehalten hatte! Der Großadministrator kehrte in buchstäblich letzter Sekunde nach Terra zurück und wurde am 1. August 3444 durch das Votum der wahlberechtigten Bürger des Solaren Imperiums erneut mit beeindruckender Mehrheit in seinem Amt bestätigt.

Seit diesem denkwürdigen Tag, der den Abschluss der turbulenten Geschehnisse mit den Altmutanten, den Asporcos und den Paramagnetiseuren bildete, sind inzwischen etwas mehr als zwölf Jahre vergangen. Man schreibt auf Terra Ende August des Jahres 3456.

Zwei weitere Wahlen haben stattgefunden, und Perry Rhodan ist nach wie vor Großadministrator. Seine alte und vertraute Mannschaft – die unsterblichen Aktivatorträger eingeschlossen – steht ihm treu zur Seite.

Die Katastrophe der Intelligenzretardierung, die vor sechzehn Jahren durch das Auftauchen des Sternenschwarms über die Galaxis hereinbrach, wurde von der Menschheit und anderen Sternenvölkern inzwischen zur Gänze überwunden. Im Solaren Imperium gibt es weder politische noch militärische Schwierigkeiten. Handel und Industrie, Wissenschaft und Technik blühen, Fortschritte auf vielen Gebieten bahnen sich an.

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Großadministrator begegnet seinem Doppelgänger.

Geoffry Abel Waringer – Ein Experiment des Professors zeitigt unerwartete Folgen.

Perry Rhodan II und Reginald Bull II – Zwei unangenehme Zeitgenossen.

Tycho Ramath – Ein Rhodan-Gegner, der Perry Rhodan hilft.

Felix Rabin

Finsternis lag über der Tiefe.

Plötzlich: Das Licht eines Gedankens.

DIE ZEIT IST REIF ...!

WOFÜR IST DIE ZEIT REIF?, fragte ein zweiter Gedanke.

DIE DRITTE KRISENPERIODE BRICHT AN. EINE FEHLERQUELLE WURDE ÜBERSEHEN. DIE MÖGLICHKEIT EINER SCHLIESSUNG DES KATALYTISCHEN ZYKLUS ERSCHEINT DAMIT GEGEBEN! ICH FORDERE MEIN RECHT!

Finsteres Zögern. Dann: Die Antwort.

ICH MUSS SIE GEWÄHREN LASSEN. ERFÜLLEN SIE IHRE PFLICHT, UND SEIEN SIE DABEI TOLERANT.

Die Gedankenlichter erloschen. Finsternis breitete sich von neuem über die Tiefe.

1.

Schweigend blickte Perry Rhodan auf den großen Bildschirm. Nachdenklich glitt sein Blick über das Meer der Sterne, die das Schwarz des Alls bedeckten. Ein greller, gleißender Lichtpunkt fixierte seine Aufmerksamkeit für einige Sekunden.

Sol, die Sonne der Menschen, über fünf Milliarden Kilometer entfernt. Die mächtige Sonne, aus diesem Abstand kaum mehr als einer unter vielen Millionen von Lichtpunkten.

Der Blick wanderte weiter. Ein rötlich leuchtender Fleck trat aus dem Sterngewimmel hervor, bewegte sich langsam über die Bildfläche, verschwand schließlich nach links hinaus. Eines der zahllosen Trümmerstücke des ehemaligen Planeten Pluto.

Das Auge suchte und fand nicht. Einer der Lichtpunkte dort draußen war der Reflex des alten Arkonidenschiffes HYODPON, knapp einen Mondbahnradius von Perry Rhodans Flaggschiff, der MARCO POLO, entfernt. Die HYODPON war das Kernstück eines Versuches, der in wenigen Minuten auf der Höhe der Pluto-Bahn durchgeführt werden sollte und dessen Ausgang entscheiden würde, ob es der Menschheit gelungen war, eine weitere Hürde auf dem Weg zur Beherrschung der Natur und ihrer Kräfte zu überspringen. An der HYODPON würde sich erweisen, ob es gelungen war, ein weiteres Geheimnis des Kosmos zu entschleiern. Rhodans Blick wanderte zur Uhr über der Schaltkonsole des Piloten. Heute war der 20. August des Jahres 3456 allgemeiner Zeitrechnung. Vor wenigen Wochen hatte ihm die Menschheit des Solaren Imperiums dadurch ihr Vertrauen bewiesen, dass sie ihn zum ungezählten Male zum Großadministrator wählte. Würde er sich heute dieses Vertrauens würdig erweisen? Würde es ihm gelingen zu zeigen, dass es unter seiner Regierung mit der Technik des Imperiums weiterhin bergauf ging – und damit mit dem Wohlbefinden seiner Bürger, denn zu keiner Zeit in der Vergangenheit des Menschengeschlechtes war der Einfluss der Technologie auf Wohl und Wehe der Gesellschaft stärker gewesen als in diesen Tagen?

Er blickte in die Runde. Der gewaltige Kommandostand der MARCO POLO war leer bis auf die wenigen Männer der Notwache. Das mächtige Schiff stand unter der Kontrolle des Autopiloten. Offiziere und Mannschaften hatten sich in der Messe zusammengefunden, um von dort den Verlauf des Experimentes zu verfolgen.

Perry Rhodan horchte auf, als aus dem Interkom die wohlmodulierte und dennoch seelenlose Stimme eines Roboters erklang: »X minus zwölf Minuten!«

*

Im Messraum herrschte die gespannte, vom Murmeln aufgeregter Wissenschaftler erfüllte Atmosphäre des Testlabors kurz vor dem großen Versuch. An beherrschender Stelle, hinter einer Rechnerkonsole, die auf einem Podest installiert worden war, saßen die Leiter des Experiments: Geoffry Abel Waringer und Mart Hung-Chuin – Männer, denen die Gesellschaft schon zu ihren Lebzeiten bescheinigt hatte, dass sie mit zu den hervorragendsten Genies gehörten, die die Art Homo sapiens jemals hervorgebracht hatte.

Waringer, groß, hager und ein wenig linkisch in seinen Bewegungen, tätigte eine Reihe von Ablesungen. Ohne den Blick von den Messinstrumenten zu wenden, erkundigte er sich bei Hung-Chuin: »Formfeld?«

»Stabil.«

»Pulsfrequenz?«

»Achthundert Gigahertz, wie geplant.«

Mit der Endgültigkeit eines Mannes, der seine Aufgabe erfolgreich abgeschlossen weiß, legte Waringer einen weiß leuchtenden Kippschalter um. Auf der Konsole vor ihm strahlten vierundzwanzig grüne Kontrolllämpchen. Alles war in bester Ordnung. Waringer lehnte sich zurück und verschränkte die Arme auf der Brust.

»Wir sind bereit«, verkündete er. »Wir warten nur noch auf die Uhr.«

Zufrieden überflog er das Heer der Experimentatoren. Hier vollzog sich etwas, dachte er stolz, das früheren Menschheitsgenerationen versagt gewesen war. Die Erzeugung von Energie aus der Verschmelzung von Materie mit Antimaterie war eine Entwicklung, die der Entdeckung des Rades und der Erfindung der Methode, ein Feuer zu entzünden, in nichts nachstand. Und doch hatte der Erfinder des Rades den zündenden Gedanken wahrscheinlich in der Einsamkeit gehabt, und auch dem Mann, der das erste Feuer entzündete, war der Applaus einer riesigen Zuschauermenge versagt geblieben. Heutzutage ging es anders. Erfindungen und Entwicklungen entstanden nicht mehr aus Zufall. Niemand mehr zog sich an einen stillen Ort zurück und züchtete dort die Gedanken, die der terranischen Technologie einen Schritt weiterhalfen. Alles war geplant. Man wusste im voraus, wann der Augenblick des Durchbruchs kommen würde, und die Schar der Neugierigen fand sich rechtzeitig ein, um an dem Schauspiel teilzunehmen.

So war es heute. Mehr als achttausend Augenpaare würden von der Messe aus die Anzeigen, die über das Fortschreiten des Versuchs Aufschluss gaben, verfolgen. Achttausend Händepaare würden begeistert applaudieren, sobald feststand, dass das Experiment erfolgreich war. Hunderte von Händen würden die beteiligten Wissenschaftler schütteln müssen, wenn sie nach erfolgreichem Abschluss des Versuchs ihre Arbeitsplätze verließen. Waringer warf dem kleinen, stämmig gebauten Asiaten, der neben ihm an der Konsole saß, einen aufmunternden Blick zu, und Hung-Chuin bedankte sich mit freundlichem Lächeln.

Aus dem Interkom sagte die Robotstimme: »X minus acht Minuten.«

*

Das Solare Imperium des Jahres 3456 hatte die Wirren, in die es durch das Auftauchen des Schwarms vierzehn Jahre zuvor gestürzt worden war, überwunden. Dieser Umstand allein sprach für die Tatkraft und die Entschlossenheit des Erdenmenschen; denn in anderen Gegenden der Galaxis waren die Folgen des Schwarms noch immer deutlich zu spüren. Selbst solche Sternenreiche, die von terranischen Auswanderern gegründet worden waren, sich jedoch frühzeitig von der Bevormundung, wie sie es nannten, der Regierung in Terrania City losgesagt hatten, befanden sich immer noch im Zustand der Desorganisation – ebenso wie die neu-arkonidischen Staatsgebilde und das Reich der Akonen. Zwar war überall vorauszusehen, dass man eines Tages in nicht allzu ferner Zukunft den Zustand der Stabilität wieder erreichen würde. Aber innerhalb des Solaren Imperiums war das Gleichgewicht schon jetzt wiederhergestellt, und die terranische Menschheit befand sich damit den anderen Völkern der Galaxis gegenüber in einer Vorrangstellung, wie sie sie seit den längst vergangenen Tagen der Galaktischen Allianz nicht mehr innegehabt hatte.

Kurzsichtig wäre derjenige gewesen, der die Gunst des Schicksals nicht erkannt und darauf verzichtet hätte, diesen Vorteil zu nutzen und weiter auszubauen. Niemand aber hatte Perry Rhodan je kurzsichtig nennen können. Die erste Sorge des Großadministrators galt dem Wohl der solaren Menschheit, und auf keine Weise ließ sich diesem Wohl besser dienen als dadurch, dass er die Vorrangstellung des Imperiums unter den Völkern der Milchstraße stärkte und dafür sorgte, dass die Einflusssphäre des irdischen Menschen vor den Expansions- und Eroberungsgelüsten anderer Sternnationen sicher war.

Die rasche Entwicklung der Technologie war eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Erfolg dieses Bemühens. Die Administration Rhodan förderte nach allen Kräften besonders Forschungen, die der Erschließung neuer Energiequellen dienten. Denn ertragreichere Energiequellen bedeuteten wirksamere Verteidigung, und darauf kam es letzten Endes den Männern in Terrania City an. Besondere Aufmerksamkeit erhielt ein Projekt, das schon vor den Schwarmwirren eingeleitet und durch das Eindringen des extragalaktischen Feindes für einige Jahre lahmgelegt worden war. Es trug den Namen ANTINUG und befasste sich mit der Möglichkeit, den Zerfall von Materie und Antimaterie so zu kontrollieren, dass auf diese Weise kommerziell nutzbare Energie gewonnen werden konnte. Antinug war eine Kontraktion der Wörter Antimaterie und Nugas, wobei man mit dem aus älterer Zeit herrührenden Begriff Nugas den Aggregatzustand der Materie bezeichnete, in dem nur noch völlig ionisierte, freie Nukleonen existierten.

Das beunruhigte den an systematisches Denken gewöhnten Menschen. Er begann auf Wege zu sinnen, wie er auch die zweite Hälfte der verfügbaren Energie sich noch zunutze machen könne. Die Frage, wohin die hinter der Raumkrümmung untergetauchte Materie verschwunden sei, wurde zwar nie beantwortet; dafür fand man jedoch eine Möglichkeit, sie aus ihrem Versteck wieder hervorzulocken. Lange Versuchsreihen waren dazu erforderlich gewesen. Die von Anfang an logischste Vorgehensweise schien zu sein, dass man das künstliche Schwerefeld, auch Schwarzschild-Feld genannt, hinter dem die Materie soeben verschwunden war, einfach umpolte und die Materie dadurch wieder zum Vorschein brachte. Zunächst führten Versuche in dieser Richtung jedoch zu keinem Erfolg. Die Umpolung des Schwarzschild-Feldes erzeugte nichts. Die Materie, die kurz zuvor hinter der Raumkrümmung verschwunden war, blieb verschollen, als sei sie in dem fremden Universum, in das sie durch die Schließung der Krümmung geraten war, inzwischen abgewandert. Die Idee einer Abwanderung wirkte katalytisch auf die Konzipierung einer Abwanderungsgeschwindigkeit und damit auf die Vorstellung, dass die Umpolung des Schwarzschild-Feldes innerhalb einer gewissen Zeitspanne nach dem Verschwinden der Materie erfolgen müsse, sonst sei eben – wie zuvor – die Materie für immer verloren.

Die Hypothese war erfolgreich. Man begann, die Zeitspanne, die zwischen dem Schluss der Raumkrümmung und der Umpolung des Schwarzschild-Feldes verstrich, experimentell zu variieren. Als man sie bis auf knapp 1.36 Pikosekunden, also etwa den siebenhundertvierzigmilliardsten Teil einer Sekunde, gedrückt hatte, trat der seit langem ersehnte Effekt ein: Die verschwundene Materie kam wieder zum Vorschein. Mehr noch. Sie kam in einer Form zum Vorschein, die außer einer Handvoll Jünger einer als abwegig betrachteten Hypothese niemand für möglich gehalten hatte.

Materie verwandelte sich im Durchgang durch das Schwarzschild-Feld in Antimaterie!

Damit war das Problem auf glanzvollere Weise gelöst, als die Forscher es sich jemals hätten träumen lassen. Materie, hinter der Raumkrümmung verschwindend, verwandelte sich zur Hälfte in Energie. Wurde die Raumkrümmung durch Umpolung des Schwarzschild-Feldes rechtzeitig wieder geöffnet, so kam die verbleibende Materiehälfte in der Form von Antimaterie wieder zum Vorschein. Durch Bombardement mit normaler Materie wurde auch die verbleibende Hälfte sodann in Energie verwandelt.

Das war das Prinzip. Tausende von kleineren Problemen waren noch zu lösen, bevor das Prinzip sich nutzbar machen ließ. Die Aufbewahrung des Brennstoffs war eines davon. Nugas – also freie Protonen – ließ sich zwar bis zur Dichte der Atomkernmaterie verdichten, übte aber infolge der elektrostatischen Abstoßung einen derart gewaltigen Druck nach außen aus, dass ein besonderes Formfeld, ebenfalls ein künstliches Schwerefeld, entwickelt werden musste, um die ungezügelten Protonen beieinander zu halten. Waringer selbst hatte die Entwicklung geleitet. Das Feld trug den Namen, den er selbst ihm gegeben hatte: Koma-Verdichtungsformfeld. In seinem Innern ließ sich Nugas in stabiler Form bis zu einer Dichte von mehr als 1010 Gramm pro Kubikzentimeter aufbewahren. Das Formfeld wurde von einem Generator erzeugt, der in die Wandung des Brennstofftanks eingebaut war.

Da das Schwarzschild-Feld gepulst arbeitete, musste auch die Entlassung von Protonen aus dem Formfeld in gepulster Weise vor sich gehen. Die niedrigste Frequenz, bei der die Pulsierung noch den gewünschten Effekt erzeugte, war durch die vorangegangenen Experimente ermittelt worden: 370 Gigahertz. Bei dieser Frequenz folgte die Öffnung der Raumkrümmung im Abstand von 1.36 Pikosekunden auf die Schließung. Man legte einen Sicherheitsfaktor zu und setzte 800 Gigahertz als Standardfrequenz fest. Die Synchronisierung zwischen Form- und Schwarzschild-Feld, die je nach Konstruktion des Generators ein paar Zentimeter bis ein paar Meter voneinander entfernt waren, bot wegen der hohen Frequenzen zusätzliche Schwierigkeiten. Auch sie wurden beseitigt, und schließlich stand in einem der staatlichen Forschungslabors in der Nähe von Terrania City der erste Nug-Schwarzschild-Reaktor, der aus einem gepulsten Protonenstrahl ständig Energie erzeugte. Dabei handelte es sich um ein Versuchsmodell, das an Brennstoff nicht mehr als ein Billionstelgramm pro Sekunde verbrauchte und daraus, mit einem Wirkungsgrad von knapp sechzig Prozent, eine ständige Leistung von dreiundfünfzig Kilowatt erzeugte.

Ähnliche Versuchsreaktoren waren an anderer Stelle gebaut worden. Acht Jahre lang hatte man das Verhalten der Nug-Schwarzschild-Reaktoren beobachtet und experimentelle Daten gesammelt. Man hatte größere Reaktoren entwickelt, zum Beispiel einen in der Nähe von Mogadischo, der Brennstoff mit einer Geschwindigkeit von zwei Milligramm pro Sekunde verbrauchte und dafür eine ständige Leistung von mehr als einhundert Millionen Megawatt lieferte. Aber noch nie war bis jetzt der großmaßstäbliche Versuch gewagt worden, der Test eines Kraftwerkes, wie es an Bord eines Raumschiffes gebraucht wurde.

Im Jahre 3454 war mit der Entwicklung eines solchen Kraftwerkes begonnen worden. Es bestand aus acht kreisförmig angeordneten Reaktoren, die aus einem zentral gelegenen Brennstofftank gespeist wurden. Jeder Reaktor war auf eine Leistung von 10 Milliarden Megawatt ausgelegt. Bei einem Wirkungsgrad von sechsundfünfzig Prozent würde er dabei pro Sekunde zwei Zehntelgramm an Brennstoff verbrauchen. Das gesamte Kraftwerk hatte eine Leistung von nominal 80 Milliarden Megawatt, die kurzfristig auf das Zehnfache gesteigert werden konnte.

Knapp zwei Jahre später standen zwei dieser Kraftwerke bereit. Eines davon wurde anstelle einer konventionellen Energieversorgungsanlage in das Flaggschiff der Solaren Flotte, die MARCO POLO, eingebaut. Das zweite wurde an Bord der alten HYODPON installiert, die bei dem bevorstehenden Experiment als Versuchsobjekt zu dienen hatte. In beiden Fällen diente das Kraftwerk ausschließlich zur Energieversorgung des Raumschiffes. Der Schiffsantrieb beruhte im Normalflug weiterhin auf den bewährten Korpuskulartriebwerken, für die die Entdeckung des Schwarzschild-Zerstrahlungsprinzips bislang noch keinen Ersatz geliefert hatte. Der Versuchsplan zielte darauf ab, die Feldschirme der HYODPON, die zunächst aus den elf konventionellen Kraftwerken gespeist wurden, durch intensiven Beschuss derart zu überlasten, dass die Nug-Schwarzschild-Reaktoren einsprangen, um die Aufrechterhaltung der Schirme zu unterstützen. Die HYODPON war unbemannt. Die Regelung der Kraftwerkströme erfolgte durch den Autopiloten, der im entscheidenden Augenblick auch das Schwarzschild-Kraftwerk in Betrieb nehmen würde. Das alte arkonidische Raumschiff befand sich im Schutz eines HÜ-Feldes und eines Paratronschirms. Aufgrund der energetischen Struktur der beiden Schirmfelder war zu erwarten, dass der HÜ-Schirm zuerst zusammenbrechen würde. Die Sicherheitsschaltungen an Bord der HYODPON waren so angelegt, dass die Kraftwerke nach Ausfall des HÜ-Feldes ihre gesamte Leistung zur Aufrechterhaltung des Paratronschirms verwendeten. Erst wenn auch der Paratronschirm in Gefahr geriet, sprang das neuartige Kraftwerk an.

Jede einzelne Phase des Experiments war durch Hunderte von Messungen belegt. Die Aufzeichnung der Messergebnisse, durch Hyperfunk von der HYODPON übertragen, erfolgte vollautomatisch; jedoch standen den Experimentatoren außerdem optisch lesbare Instrumente zur Verfügung, die ihnen gestatteten, den Verlauf des Versuchs mit eigenen Augen zu verfolgen. »Für das Volk«, wie Geoffry Waringer sich ausdrückte, hatte man in der Messe der MARCO POLO hervorragende optische Beobachtungsmöglichkeiten geschaffen. Vergrößerte Telekamerabilder der HYODPON erschienen überall auf den großen Bildflächen der Messe.

Das Kraftwerk an Bord der MARCO POLO blieb vorläufig inaktiv. Erst wenn der Versuch erfolgreich abgeschlossen worden war und die eingehende Auswertung der Messdaten die Sicherheit des Nug-Schwarzschild-Prinzips eindeutig erwiesen hatte, würde die neue Kraftstation des Flaggschiffs ebenfalls aktiviert werden.

»X minus vier Minuten«, sagte der Robot.

*

Stille herrschte in dem kleinen Konferenzraum, der dicht unterhalb des Kommandostandes lag. Auf einer in die Wand nach Art eines Fensters eingelassenen Bildfläche glänzte das vergrößerte Abbild der HYODPON. Die drei Männer, die sich in den letzten Minuten vor dem Experiment hier zusammengefunden hatten, starrten wortlos auf die dreidimensionale Darstellung.

»So etwa«, sagte Roi Danton plötzlich, »müssen sich die Leute des Projekts Manhattan gefühlt haben, kurz bevor sie die erste Atombombe hochgehen ließen.«

Atlan schüttelte abwehrend den Kopf.

»Ich wollte, es würde in euren barbarischen Schädeln nicht vor jedem kritischen Test die Assoziation mit einer Bombe auftauchen. Wir experimentieren mit einem Kraftwerk, nicht mit einer Bombe!«

Roi Danton grinste zur Antwort.

»Hoffen wir, dass das Ding sich nicht zum Schluss doch noch in eine Bombe verwandelt«, erklärte Perry Rhodan mit ungewohntem Ernst.

Der Arkonide musterte ihn verwundert.

»Du sprichst ominös, mein Freund. Was bedrückt dich?«

Die Frage erhielt keine Antwort. Im Interkom begann der Abzählvorgang der letzten zehn Sekunden. Der Robot sagte: »Feuer ...!«

Und drüben, bei der HYODPON, begannen die Feldschirme zu glühen und zu flammen.

*

»Feuer ...!«, wiederholte Waringer murmelnd den Befehl des Roboters und legte einen Schalter um.

Die Geschützstände der MARCO POLO waren für diesen Versuch gesondert programmiert worden. Das Programm bestimmte die Feuerfolge, die Konzentration des Feuers an bestimmten Stellen und die Auswahl der Geschützkaliber. Der Wechsel von einer Geschützart zur anderen jedoch blieb den Experimentatoren vorbehalten. Auf Waringers ersten Schalterdruck hin waren die Desintegratorgeschütze in Tätigkeit getreten.