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Uwe Post

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Beschreibung

Weltraumpiraten! Quasi-Zombies auf Billigservern! Gehackte Erdmännchen in Weihnachtsgeschenken! Und das ist nur die Spitze des Eisbergs... Zwischen 1999 und 2015 veröffentlichte Uwe Post über 15 Kurzgeschichten im c't magazin für computertechnik. Die zehn besten davon sind in dieser Sammlung vereint. Anarchischer Spaß, schräge Ideen und kaputte Typen garantiert.

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Uwe Post

Petware

und andere Geschichten

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Über das Buch

Das c't-Magazin ist eine der wenigen Möglichkeiten für deutsche SF-Autoren, Geschichten gegen anständiges Honorar in zigtausendfacher Auflagen zu veröffentlichen. Der Nachteil: Die wenigsten SF-Fans haben ein c't-Abo.

Aus den vielen meiner in den vergangenen 17 Jahren in c't veröffentlichten Geschichten habe ich zehn ausgewählt und in dieses spottbillige E-Book gequetscht. Begleiten Sie Weltraumpiraten beim Angriff auf eine Stellarbank. Lernen Sie die praktischen Eigenschaften digital aufgemotzter Kleintiere kennen. Stellen Sie sich vor, Sie könnten nach dem Tod auf einem billigen Miet-Server im Internet weiterexistieren.

Die neueste Story, "Cyper Space Pirates Yo-Ho!" wurde übrigens für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß.

 

Uwe Post

im März 2016

 

 

 

© Uwe Post 1999-2016. Alle Rechte vorbehalten.

 

 

Explosion einer Espresso-Maschine

 

Carlos Juan Ortega entzündete ein Räucherstäbchen und steckte es in einen Lüftungsschlitz seines Computers. Er setzte die Kopfhörer auf und vergewisserte sich, dass die Lautstärke auf den Maximalwert eingestellt war. Mit einem Klick startete er die Wiedergabe einer CD, »Dead Like A Chain Saw« von Severe Damage. Dann betrat er den Chat.

 

[DevineJuan betritt den Chat]

RUhot2: oh schon 7 stunden online jetzt

Langjohn: hiiiiiii DevineJuan

Red69: schreibt man devine nicht divine! =8-)))

DevineJuan: Die Tore des Himmels stehen weit offen

Langjohn: ichj erst 6nhalb.

Red69: ooooooooo nein so einer !!!!!!!!!!!!!

RUhot2: wie so einer!

DevineJuan: Auf der anderen Seite wartet die Sonne

Red69: ojaaaaaa!!! mir wird schon ganz warm

Langjohn: devine was heist das!

DevineJuan: Der Heillige Tempel der Verklaerung oefnet sich

Red69: ooooooja meeeeeehr

RUhot2: selber toital verklaert

Langjohn: juan bistdu aus spanien!

Red69: spanier find ich echt heis

DevineJuan: Kein Preis ist zu hoch fuer das wahr werden aller Freuden

[RUhot2 verlaesst den Chat]

Red69: freuden jaaaaaaaaaaaaaa

DevineJuan: Nach dem Tod erwartet uns die fest glauben das Paradies

Red69: na dann wuenschich mal gute reise!!!!!!!!!!

Langjohn: ja und hoffentlich ist kein stau. war ja jetzt oft mal, urlaubszeit

Red69: hilfeeeeeeeeeeeeee

Langjohn: 47 killometer gestern auf der a7. bei rosenheim. Oder a8.

 

Ortega stellte fest, dass seine heutige Gemeinde aus unterschiedlichen Gründen für seine Lehren nicht zugänglich war und beendete die Sitzung zugunsten einer mehrstündigen Fruchtbarkeitszeremonie.

 

*

 

Parker war zwar genaugenommen arbeitslos. Aber die lukrativen Nebeneinkünfte seiner Tätigkeit als Gelegenheits-PC-Doktor finanzierten ihm seine teure Hardware und die Online- sowie Telefonrechnungen. Ungewöhnliche Aufgaben reizten ihn besonders, so dass er dafür sogar Termine zu unchristlichen Zeiten wie neun Uhr morgens akzeptierte.

Und die Installation einer PC-gesteuerten Espresso-Maschine war nun wirklich alles andere als ein alltäglicher Job. Also störte Parker sich auch nicht weiter an der sonderbaren Innenausstattung der Wohnung seines Kunden, eines gewissen Carlos Juan Ortega. Alle Räume rochen nach exotischen Gewürzen, und schwere, dunkle Vorhänge verwehrten dem Tageslicht den Zutritt. Fremdartige Statuen mit entrückten Blicken rahmten den PC ein, der einem Altar ähnlich in einer Nische aufgebaut war. Die Espresso-Maschine stand in der kleinen Küche, so dass Parker von dort zum Computer seines Kunden vier Meter Kabel verlegen musste. Schließlich installierte Parker noch die notwendigen Gerätetreiber im System des PC. Nachdem der Kunde widerspruchslos die gesalzene Rechnung beglichen hatte, verabschiedete Parker sich verdrießlich. Er war noch nicht einmal zu einem Test-Espresso eingeladen worden.

 

*

 

»Der Turing-Test ist doch Quatsch«, erklärte Parker seinem Gesprächspartner, der irgendwo am anderen Ende der Welt ebenfalls Monitor und Tastatur für das Zwiegespräch benutzte.

»Das stimmt«, meinte DarrFOMk (seinen richtigen Namen hatte er nie erwähnt), »einen Computer aufgrund eines Gespräches von einem Menschen unterscheiden zu wollen...«

»Im Chat sind die Dialoge zum Beispiel dermaßen gehaltlos – da kann auch ein PC problemlos mitreden.«

»Wie«, fragte DarrFOMk, »könnte man denn deiner Meinung nach einen Menschen von einem Computer unterscheiden?«

Parker überlegte kurz, dann tippte er die Antwort ein: »Ich würde ihn zum Essen einladen. Einem Computer dürfte es schwerfallen, ein Restaurant zu besuchen. Und eine Pizza zu essen.«

»Du meinst also«, erkundigte DarrFOMk sich, »eine künstliche Intelligenz müsste nur mit dir zusammen einen italienisches Essen vertilgen, und schon wäre sie dir als Mensch gleichgestellt?«

»So ungefähr«, sagte Parker. Gleichzeitig wurde ihm bewusst, dass seine Argumentation auf spinnendürren Beinen ruhte.

»Aber prinzipiell könnte man einen beweglichen Computer konstruieren«, fuhr DarrFOMk fort, »der könnte mit dir in eine Pizzeria gehen.«

»Einen Roboter?«

»Einen Computer mit Armen, Beinen, Händen und einem Mund, ja«, bestätigte DarrFOMk. »So ein Roboter könnte sogar problemlos das Essen der italienischen Küche zu sich nehmen und verwerten, um Energie zu gewinnen.«

»Aber«, kam Parker ein Geistesblitz, »eines könnte ein solcher Roboter nicht: einem Menschen schaden.«

»Wieso das denn nicht? Wegen der Roboter-Gesetze von Isaac Asimov? Mensch, bist du naiv! Das ist doch Science Fiction!« DarrFOMk ergänzte, bevor Parker etwas entgegnen konnte: »Menschen glauben an mystischen Schwachsinn, Computer nicht!«

»Mystischen Schwachsinn?« hakte Parker nach.

»Ja, Gott, Moral, Popstars und sowas. Und nach dem ersten Leben ein zweites, ein Leben im Paradies.«

»Na«, tippte Parker grinsend ein, »du bist ohne Zweifel ein Mensch. Jedenfalls sonderst du genausoviel Quatsch ab ;-)«

 

*

 

Soeben traf eine elektronische Nachricht ein. Ortega rief sie ab und stellte zufrieden fest, dass es sich um eine Antwort auf seine Frage nach »richtigen Treibereinstellungen für die Espresso-Maschine EXpr 2000PC« handelte. Der Absender, ein gewisser DarrFOMk, empfahl einige bestimmte Zahlenwerte und hatte diesen die folgende Anmerkung hinzugefügt: »Was für ein Idiot hat dir denn die Maschine installiert? Naja, sei's drum. Hier sind die Zahlen für den idealen und stärksten Espresso. Der haut dich garantiert um. Knallt echt voll rein.«

 

*

 

From: [email protected]

To: [email protected]

Subject: Urlaub

 

Hi Darren,

 

Schade, dass du mir nicht verraten willst, wo du wohnst. Ich hätte dich sonst nächste Woche vielleicht mal besucht, ich hab da nämlich Urlaub. Wir hätten ja mal eine Pizza zusammen essen können.

Dabei hätten wir auch mal wieder über unser Lieblingsthema diskutieren können. Ich bin da ja immer noch nicht deiner Meinung. Aber vielleicht erlebe ich ja noch, dass die Menschen von den Computern versklavt werden, hihi...

So schnell, wie der Fortschritt heutzutage rennt, kann das ja echt sein.

 

Mag

 

*

 

Parker schlürfte etwas von seinem Kaffee und stellte die Tasse ab, womit er auf seinem Schreibtisch einen weiteren kreisförmigen Beweis für die Existenz von Leben auf der Erde erzeugte. Während er mit der Aufmerksamkeit einer Mülltonne den Chat verfolgte, bedauerte er, dass DarrFOMk heute offenbar nicht online war.

Es klingelte.

Das enervierende, elektronische Geräusch der Türglocke erschütterte nur selten Parkers Privatsphäre. Daher bekam er jedesmal Herzrasen, diesmal verschüttete er zusätzlich seinen Kaffee.

Er stand auf und ging zur Tür seines winzigen Apartments, öffnete, und einer der draußen stehenden Polizisten sagte: »Sind Sie Parker?«

»Ja.«

»Ich nehme Sie hiermit fest.«

Parker sah fassungslos zu, wie man ihm Handschellen anlegte. Anstatt zu protestieren oder wenigstens artikuliert zu fragen »Warum?« brachte er nur ein zerbröseltes »Äh äh ähm« heraus.

Der Polizist hielt dem Verdächtigen ein Papier vor die Nase: »Kommt Ihnen diese Rechnung bekannt vor?«

Kam sie. Parker hielt jedoch lieber den Mund. Er hatte gehört, dass man alles, was er sagen würde, gegen ihn verwenden würde.

»Wir haben sie neben dem linken großen Zeh Ihres Opfers gefunden.«

 

(erschienen in c't 1/99)

Cyber Space Pirates Yo-Ho!

 

Alarm zerfetzt die andächtige Stille in der Stellarbank. Auf dem Ganzwandbildschirm in Büro Nummer 501 erscheint mit hochrotem Kopf die Filialleiterin. »Bericht!«

Der Sicherheitschef fummelt fahrig an den Kontrollen seiner Systeme herum. »Wir ... wir werden angegriffen!«

»Von wem? Alien-Horden? Oder die Flotte des Finanzministeriums?«

»Schlimmer«, keucht der Sicherheitschef. »Ein einzelnes Raumschiff! Und es ist ... völlig schwarz!«

Die Filialleiterin erbleicht. »Pi-piraten«, stammelt sie. »Verstärken Sie die Firewalls! Wenn die hier reinkommen, dann ...«

»Ich weiß«, flüstert der Sicherheitschef.

 

 

 

»Einspruch, Euer Ehren! Die Szene ist offensichtlich gestellt!« Ich deute auf die Projektionswand am Kopfende des Gerichtssaals.

»Ist sie nicht!«, schreit die Anwältin der Gegenseite.

Der Richtomat klappert mit dem Hammer. Die Mechanik ist ausgeleiert, daher klingt das nicht sonderlich beeindruckend. Trotzdem verbirgt sich hinter der altmodischen Fassade des Justizgeräts die wirkungsvollste Kryptographie diesseits des Andromeda-Nebels. »Ruhe, oder ich lasse den Saal räumen! Echte Videoaufzeichnungen sind grundsätzlich nicht von gefälschten zu unterscheiden, daher wird dem Einspruch stattgegeben.«

Ich setze mich wieder und lehne mich lächelnd zurück.

 

 

 

Beim Poseidon des Kosmos! Die endlose Freiheit zwischen den Sternen, die Planetenfresser der Dunkelwolken, der goldene Rum in meiner Flasche! Yo-Ho, ich bin ein Pirat. Seit Jahrzehnten durchkreuzt mein Schiff mit mutigen Männern, Frauen und allem was es sonst noch an Geschlechtern gibt den Kosmos unter meinem Kommando. Immer auf der Suche nach abenteuerlichen Raubzügen, über die an den Tischen der Reichen nur angstvoll geflüstert wird. Wir sind keine Skriptkiddies, die den harmlosen Online-Shop für beteigeuzischen Sonnentau-Honig hacken, wenn uns gerade langweilig ist. Nein! Wir leben den Piratenkodex: Bestiehl die Reichen, und dann kauf dir ein paar Fässer guten Rum dafür! Unsere Krypto-Torpedos richten wir nur auf Billionäre, korrupte Pensionärpolitiker und Bewohner von Fabelvillen auf Südseemonden. Dabei stören wir gelegentlich die eine oder andere Orgie, ja sicher. Aber niemand kommt zu Schaden, zu Bruch gehen nur teuerste Luxus-Firewalls und zum Bersten gefüllte Bitcoin-Server.

Und damit das auch jeder kapiert, wiederholt jetzt der elektrische Papagei auf meiner Schulter alles noch einmal von vorne.

 

 

 

»Einspruch!«, kreischt die Anwältin der Gegenseite. »Das ist doch alles irrelevant, und dem Papagei wurde überhaupt nicht das Wort erteilt!«

Klappernd denkt der Richtomat nach. »Warnung, Festplatte Null Zwo sollte ausgetauscht werden. Das RAID ist degradiert. Angeklagter! Ich rufe Sie hiermit ultimativ zur Ordnung! Beantworten Sie die Frage! Wie haben Sie den Angriff auf die Stellarbank bewerkstelligt?«

 

 

 

Ich ziehe genüsslich an meiner Pfeife. »Im ganzen Gebäude herrscht absolutes Rauchverbot!«, keift meine elektrische Fußfessel.

»Das war so«, beginne ich paffend meine Erzählung.

 

 

 

Die Stellarbank ist ein ausgehöhlter Asteroid. Neogotische Säulengänge, Glas, Marmor, die Leuchtbuchstaben aus cetianischer Seidenjade je einen Kilometer hoch. Außerhalb aller bewohnten Systeme, jeglicher Gesetzgebung, jeglicher Finanzmarkt-Regulierung.

Die Protzarchitektur mitten im Nichts ist ein Paradies für perfide Quasi-Geldwäsche, Geheimabkommen-Spekulation und Insider-Handel mit insolventen Planetensystemen.

Und das Ziel meines Piratenschiffs.

Als mein Papagei das Unterschreiten der Entfernungsmarke von einer Lichtsekunde herauskrächzt, ist es Zeit für meine Ansprache an die Mannschaft. Ich springe auf und schwenke die Rumflasche. »Fertigmachen zum Entern, Männer! Geld und Abenteuer erwarten uns! Geld für Weiber, fässerweise Rum und noch mehr Weiber, oder was immer ihr zu besteigen beliebt! Piraten! Yo-Ho!«

Stille. Ich setze mich hin.

Mein erster Offizier räuspert sich. »Yo-Ho, ist klar«, sagt er dann und putzt dabei seine Lesebrille.

Ich nicke und klopfe dann auf mein Holzbein. »Anfangen!«

»Hackbots bereit, Kapitän!«

»Gut. Zielt auf die Fäkalmodule. Die haben sicher lange kein Upgrade gesehen.«

»Volle Breitseite Algorithmen, Kapitän?«

»Erstmal nur elliptische Kurven. Für moderneres Zeug sieht mir der Laden zu konservativ aus.«