Plötzlich Friesin - Vanessa Richter - E-Book
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Plötzlich Friesin E-Book

Vanessa Richter

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Beschreibung

Strandkorb ahoi!
Paula Jörgens hat genug von offenen Zahnpastatuben, hochgeklappten Toilettendeckeln und einem Freund, der lieber auf der Couch rumhängt als sich Arbeit zu suchen. Um Abstand zu gewinnen, nimmt sie einen Job auf einer malerischen Nordseeinsel an, von der kein Mensch je gehört hat. Doch dort erwartet Paula nicht nur der charmante Friese Chris, der die Schmetterlinge in ihrem Bauch in Seenot bringt - sondern auch die Lebenslüge ihrer Mutter: Paula ist eine waschechte Friesentochter! Prompt macht sie sich auf die turbulente Suche nach ihrem Vater - und entdeckt, dass das Glück manchmal gar nicht so fern liegt. Vorausgesetzt man schafft es übers Wattenmeer …

Eine witzig-charmante Strandkorblektüre - von raubeinigen Seebären, den irrwitzigen Pfaden der Liebe und einer verträumten Nordseeinsel, die für so manche Überraschung gut ist.

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Seitenzahl: 355

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IMPRESSUM

books2read ist ein Imprint der HarperCollins Germany GmbH, Valentinskamp 24, 20354 Hamburg, [email protected]

Geschäftsleitung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke

Copyright © 2015 by books2read in der HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

Umschlagmotiv: Katrin Jenner/Amrum 2015, oksana_nazarchuk , Julian Weber, RYSZARD FILIPOWICZ / Thinkstock Umschlaggestaltung: Deborah Kuschel

Veröffentlicht im ePub Format im 09/2015

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733785499

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. books2read Publikationen dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

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1. KAPITEL, IN DEM DER BEZIEHUNGSKILLER ZUSCHLÄGT.

Ordnung und Sauberkeit sind abstrakte Begriffe. Zumindest in Bens Augen. Als ich die Haustür aufschloss, erwartete mich das übliche Chaos. Ganz offensichtlich hatte ich ein unerklärliches Verlangen nach Folter und Selbstgeißelung. Anders konnte ich es mir nicht erklären, dass ich den Rundgang durch die Wohnung freiwillig antrat. Pullover und Jeans lagen zusammengeknüllt neben einem einzelnen schmuddeligen Socken und einem leeren Joghurtbecher im Flur, eine rotkarierte Boxershorts hing an der Türklinke zum Schlafzimmer. In der Küche fand ich außer Stapeln von dreckigen Töpfen und Schüsseln mit Resten undefinierbaren Inhalts ein geöffnetes Glas Mayonnaise, dessen fettig glänzender Inhalt für alle Ewigkeit seinen Platz auf der hölzernen Arbeitsplatte gefunden hatte. Wieso die Küche überhaupt nach einer Lebensmittelorgie aussah, war mir ein Rätsel. Ben konnte nicht einmal kochen! Was hatte er bloß mit all dem Geschirr veranstaltet? Mit vor Ekel hochstehenden Nackenhaaren verließ ich das Schlachtfeld und inspizierte das Badezimmer. Doch dass der hochgeklappte Toilettendeckel, die nassen Handtücher auf dem Boden sowie die Bartstoppeln und Zahnpastareste im Waschbecken dieses wenig elegant verzierten, nahm ich nur noch am Rande wahr.

Seufzend ließ ich meinen Rucksack neben einen Stapel aus alten Zeitungen, Videospielen und einem leeren Pizzakarton, an dem geschmolzener Käse klebte, auf den Wohnzimmerfußboden fallen. Auf ein Teil mehr oder weniger kam es in diesem Durcheinander auch nicht an.

Und dann brach ich in Tränen aus. Mal wieder.

Seit drei Jahren lebten Ben und ich zusammen. Eines Tages hatte er auf der Suche nach einem WG-Zimmer vor meiner Tür gestanden. Braune Strubbelhaare, durchdringende graue Augen und unwiderstehliche Grübchen. „Zieh bitte ein“, hatte ich gehaucht, denn meine Libido hatte ihn als Mitbewohner akzeptiert, bevor mein Hirn überhaupt zum Einsatz kommen konnte. Als er dann das erste Mal frisch geduscht, nur mit einem Frotteehandtuch um die Hüften, vor mir gestanden hatte, war es endgültig um mich geschehen. Das Handtuch wurde schnell Opfer der Erdanziehungskraft und von diesem Moment an waren wir ein Paar.

Unser Problem bestand darin, dass die Gefühle, die wir füreinander hatten, nicht darüber hinwegtäuschen konnten, dass wir so verschieden waren wie ein Rib-Eye-Steak und ein Grünkernbratling. An vorderster Front unterschied uns unser Ordnungssinn. Ich war durchschnittsordentlich, nicht überpenibel, aber ich mochte es, Dinge wiederzufinden. Bens Ambitionen, zum Messi zu mutieren, wurden nur durch meine stetigen Aufräumaktionen gebremst.

Darüber hinaus war er nicht gerade das, was man einen echten Kerl nennen konnte. Außer beim Sex war Ben eine testosteronfreie Zone. Während des abendlichen Zappings vor dem Fernseher war ich diejenige, die beim Fußball hängen blieb, er bevorzugte Synchronspringen. Und die Zeitschriften, die er überall stapelweise verteilte, waren nicht etwa solche, die von Männlichkeit überschwappende Typen gelesen hätten, wie die Auto-Bild oder der Kicker, sondern Klatschblättchen, die über den neusten Tratsch aus Hollywood und den Königshäusern informierten.

Im Anschluss an meine akute Heulattacke griff ich nach wie vor schniefend zum Telefon.

„Luise, ich brauche eine Putzfrau oder einen Long Island Ice Tea, was auch immer du schneller besorgen kannst!“ Ich stellte den Lautsprecher des Telefons an, parkte es auf der Couch und begann trompetend, meine Nase zu schnäuzen.

„Mensch Paula! Hat Ben dich wieder auf die Palme gebracht? Was du brauchst, ist ein gutes Umzugsunternehmen!“, knisterte die Stimme aus dem Hörer.

„Aber das hier ist meine Wohnung“, stellte ich entrüstet fest. Ich schnappte mir das Telefon und ging in die Küche, wo ich mit gekräuselter Nase begann, aufzuräumen.

„Dann schmeiß ihn endlich raus, bevor du endgültig am Stock gehst“, erwiderte Luise am anderen Ende.

„Aber ich liebe ihn!“ War das nicht das Königsargument, eine Beziehung aufrechtzuerhalten? Fast hätte ich wieder angefangen, zu heulen.

Luise seufzte und ich konnte förmlich spüren, wie sie die Augen verdrehte. „Dieser Mann ist dreißig Jahre alt und verbringt sein Leben auf dem Sofa, umgeben von Chipstüten und Spielekonsolen, statt in der Uni. Währenddessen lernst du wie eine Irre für dein Studium und versuchst mit unzähligen Jobs, euren Kühlschrank zu befüllen. Und wenn du nach Hause kommst, hat er die Zeit genutzt, alles vollzumüllen. Du weißt doch selbst schon lange, dass das so nicht weitergehen kann!“

„Aber“, jaulte ich unglücklich. Dummerweise fiel mir nichts ein, das ich zu Bens Verteidigung erwidern konnte. Tatsächlich wurde der Knoten in meinem Magen jeden Tag ein Stück größer, so dass ich mich am liebsten dauerhaft übergeben hätte.

„Setz! Ihn! Vor! Die! Tür!“ Befehlston Generalfeldmarschall Luise.

„Aber vielleicht muss ich nur noch einmal in Ruhe mit ihm reden, ihm eine letzte Chance geben“, erwiderte ich verzweifelt. Meine Hände zitterten gewaltig, als ich den Hahn aufdrehte, um Wasser ins Spülbecken zu lassen. Wo war bloß das verdammte Spülmittel?

„Die Worte ‚aber‘ und ‚letzte Chance‘ streichst du sofort aus deinem Wortschatz. Ende Gelände! Du kommst jetzt mit mir ins Alex, trinkst dir fünf oder sechs Cocktails Mut an und dann ziehst du einen Schlussstrich unter diese Beziehung. Ich bin deine beste Freundin und ich sehe mir das nicht mehr länger mit an!“

„Aber …!“

„Ich sagte, kein aber!“ Und dann legte sie tatsächlich auf.

Ich zitterte inzwischen so sehr, dass mir der schmutzige Teller aus der Hand fiel und am Boden klirrend in tausend Einzelteile zersprang. Das Wasser rauschte ungenutzt aus dem Hahn ins Spülbecken. Kraftlos ließ ich mich zu den Scherben sinken und gab mich einem weiteren Heulkrampf hin. Ich hasste es, wenn Luise recht hatte, und besonders, wenn es um Ben ging.

Nachdem ich mich etwas beruhigt hatte, schnappte ich mir Zettel und Stift. „Bin mit Luise unterwegs, müssen dringend reden, sobald ich wieder da bin“, las ich mir die Nachricht laut vor. Das klang ernst, aber nicht so schlimm, dass ich befürchten musste, dass er gleich durch die ganze Stadt rannte, um mich zu suchen, sowie er es las. Dann griff ich mir meine geliebte abgewetzte braune Lederjacke, die mir sofort ein Gefühl von Geborgenheit gab, und ließ die Haustür hinter mir ins Schloss fallen. Nach mir die Sintflut!

Zum ersten Mal hatte ich sein Chaos nicht beseitigt. Und obwohl ich mich beim Gedanken, diese Beziehung zu beenden, insgesamt so fühlte, als würde ich ein kleines Kälbchen höchstpersönlich zur Schlachtbank führen, blitzte da dennoch irgendwo tief in mir ein Funken Vorfreude auf. Darauf, dass ich mich wieder mehr um mich selbst kümmern konnte und nicht die ganze Zeit die Scherben von Bens vermurkstem Leben zusammenfegen musste. An das leere Bett, das ich dann auch neben mir haben würde, versuchte ich lieber nicht zu denken.

Luise saß an einem der Bartische, der fleischgewordene Albtraum jeder Durchschnittsfrau. Ihre schlanken Endlosbeine hatte sie locker übereinandergeschlagen, die hüftlangen goldblonden Haare fielen ihr seidig über die Schultern, ihre großen blauen Augen wurden von Wimpern umrandet, die bereits im ungetuschten Zustand so lang und dicht waren, dass man sie für eine ausgesprochen schöne Laune der Natur halten musste. Luise sah ohne große Anstrengung so aus, als sei sie soeben einem sehr exklusiven Modekatalog entsprungen. Als sie mich entdeckte, stand sie auf und umarmte mich zur Begrüßung. Zwar war ich selbst nicht klein, aber gegen ihre 1,85 wirkte sogar ich wie ein abgebrochener Gartenzwerg. Dennoch zerfloss ich bei unseren Treffen nicht jedes Mal vor Selbstmitleid. Denn die Tatsache, dass sie eine wundervolle Freundin war, überwog jegliche Minderwertigkeitskomplexe, die man beim direkten Vergleich mit ihr bekommen konnte.

Wir setzten uns und sie schob mir postwendend einen Long Island Ice Tea über den Tisch. „Hier! Wie bestellt!“

Dankbar saugte ich einen Schluck durch den Strohhalm. Und sofort noch einen. Ach was! Wenn ich schon einmal dabei war, mein Leben so entscheidend zu verändern, dann sollte ich mich auch gleich richtig darauf vorbereiten. Und so trank ich den Cocktail direkt in einem Zug aus. Ex und hopp!

„Oha!“ Luise beobachtete mich mit einem amüsierten Grinsen. „Du willst es also wirklich durchziehen?“

Ich musste ein wenig mit mir ringen, aber schließlich kam es mir doch über die Lippen. „Ja! Ich weiß nur nicht, wie ich es ihm erklären soll.“ Unbehaglich rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her.

„Schnell und beinahe schmerzlos“, erklärte Luise. „Als würdest du ein Pflaster abreißen. Tut kurz weh und dann ist alles wieder gut.“

Wenn es nur so einfach wäre. Ich seufzte. „Du hast noch nie jemanden verlassen, den du liebst.“

„Nein, ich wurde bisher nur von denen verlassen, die ich liebte“ Sie schnaubte verächtlich. „Und glaub mir, das ist wesentlich schlimmer. Aber als Tom damals mit mir per SMS Schluss gemacht hat, war das irgendwie besser als dieses ewige Hin und Her mit Tizian. Auf Tom konnte ich wenigstens sauer sein. Der war definitiv ein Pflaster-Schlussmacher.“

Ich dachte an Ben und die Pflaster, die er letztens vom Einkaufen mitgebracht hatte. Die waren pink und hatten ein Hello-Kitty-Motiv. Gott! An diesem Mann war wirklich ein kleines Mädchen verloren gegangen.

„Ich habe ihm einen Zettel hinterlassen mit der Nachricht, dass …“

„Na bitte, dann ist das Problem doch gelöst“, unterbrach Luise mich, noch ehe ich meinen Satz überhaupt auch nur zu Ende gedacht hatte. „Du bist ja ’ne coolere Socke, als ich geglaubt habe. Du hast per Klebezettel mit ihm Schluss gemacht?“

„Quatsch! Da stand drauf, dass wir reden müssen.“

„Ach so.“ Sie sah tatsächlich ein wenig enttäuscht aus.

„Du kannst ihn wirklich nicht leiden, oder?“ Ich kämpfte bereits wieder mit den Tränen und gab der Kellnerin vorsichtshalber ein Zeichen, dass ich einen weiteren halben Liter Alkohol benötigte. Der würde mich entweder noch tiefer in die Depression stürzen oder mich – was ich mir erhoffte – in ein glückliches Rosa-Elefanten-Regenbogenland schicken.

„Paula, er ist ein Schlappschwanz, der nichts zustande bekommt, außer den Highscore bei irgendeinem dämlichen Videospiel zu knacken.“

„Er ist nicht bloß so.“ Ich suchte händeringend nach Gründen, wieso ich Ben überhaupt liebte. „Er ist romantisch. Erinnerst du dich? An unserem ersten Jahrestag hat er eine Kutschfahrt für uns organisiert, quer durch die Stadt direkt zu unserem Lieblingsitaliener. Dort war bereits ein Tisch für uns gedeckt mit Rosen und Kerzen und allem, was zu einem stimmungsvollen Dinner gehört.“

„Du hasst Rosen!“

„Darum geht es doch gar nicht“, erwiderte ich schmollend. „Ben kann mich zum Lachen bringen. Morgens liest er mir manchmal den Comic aus der Zeitung mit verstellter Stimme vor. Und wenn ich mies gelaunt aus der Uni komme, schmeißt er mich aufs Bett, kitzelt mich so lange aus, bis ich vor Lachen kaum noch Luft bekomme. Und anschließend haben wir Sex. Guten Sex!“

„Andere Mütter haben auch potente Söhne! Und jetzt mal ehrlich, wann habt ihr überhaupt das letzte Mal miteinander geschlafen? Ihr lebt doch total aneinander vorbei. Die Dinge, von denen du mir gerade erzählst, sind doch wie schimmeliger Käse von gestern. Ich weiß, dass dein Herz an ihm hängt, aber was ist nun stärker? Deine Gefühle für ihn oder der Ärger, den er dir tagtäglich bereitet?“ Luise starrte mir mit einem geradezu hypnotischen Blick, dem ich nicht ausweichen konnte, in die Augen. „Paula, sei vernünftig. Tu dir das nicht länger an.“

Diese Frau war so unerträglich rational! Fast schon ein wenig gruselig.

„Ich habe Bammel vor dem Alleinsein“, gab ich nach einer Schweigeminute kleinlaut zu.

„Du hast doch mich!“ Luise schob mein Kinn mit dem Zeigefinger in die Höhe und lächelte mich an. „Ich bin besser als jeder Mann!“ Zwinkernd hauchte sie mir einen Luftkuss entgegen.

Ich ignorierte sie. Sie war zwar meine Freundin, dennoch fühlte ich mich nicht verstanden. Mir machte die Vorstellung, allein zu sein, wirklich panische Angst. „Und falls ich nie wieder jemanden finde, den ich genauso liebe? Vielleicht müssen wir einfach nur an unserer Beziehung arbeiten.“ Bis sich etwas Besseres fände, blitzte ein Gedanke in mir auf, den ich sofort verdrängte. Das war unfair von mir, ich liebte Ben doch!

„Meine Güte, Paula!“ Sie schlug mit der flachen Hand so fest auf den Tisch, dass ich zusammenzuckte. „Du bist gerade mal fünfundzwanzig. Du hast noch nicht eine Falte, dafür ein paar unwiderstehlich niedliche Sommersprossen auf der Nase. Und wenn du nicht zufällig dabei bist, in Selbstmitleid zu zerfließen, bist du eine witzige und kluge Frau. Die besten Jahre hast du vor der Brust, jetzt häng dich nicht an diesen einen Kerl. Genieß gefälligst das Leben!“ Kopfschüttelnd nahm sie einen Schluck von ihrer Piña colada. Die Standpauke war offensichtlich beendet.

Und so kam es, dass ich zwei Stunden später tatsächlich mit dem festen Vorsatz für ein neues Leben meine Wohnung betrat. Unsere Wohnung, na ja, zumindest noch! Ich kaute angespannt auf meinem Kaugummi. Erstens, um den Alkoholgeruch zu überdecken, denn Menschen, die nach Fusel rochen, nahm niemand ernst. Und zweitens waren Kaugummis schlichtweg eine schlechte Angewohnheit von mir. Je ausgefallener die Geschmacksrichtung desto besser! Momentan kaute ich auf einem mit Minze-Birne-Geschmack. Ben hasste die Dinger, aber vielleicht war das in dieser Situation gar nicht so verkehrt.

Mein Kiefer tat bereits weh, so angestrengt kaute ich, als ich mit klammen Händen die Tür zum Wohnzimmer öffnete. Ben lag in seinen gruseligen, alten ausgebeulten Jogginghosen mit dem Loch am Knie auf der auf der Couch, starrte gebannt auf den Fernseher, während er irgendein animiertes Auto über den Bildschirm steuerte. Wenn er vor seiner Konsole saß, erinnerte er mich stets an einen Teenager, der sich an bunten Bildchen berauschte. Aus den Lautsprechern ertönten wüste Beschimpfungen. Solche, von denen ich hoffte, dass Ben sie mir nicht gleich auch entgegen schleudern würde.

„Hi“, grunzte er, als er meine Anwesenheit bemerkte.

Ich stand ein wenig unschlüssig hinter dem Sofa. Wo waren diese verfluchten Worte?

„Hast du … äh … meinen Zettel gelesen?“, stammelte ich unsicher.

„Nö. War es was Wichtiges? Sollte ich etwa einkaufen gehen? Ich bin nämlich gerade etwas knapp bei Kasse.“ Er sah nicht einmal zu mir herüber.

„Nein, schon gut.“ Vielleicht sollte ich doch lieber im Bett verschwinden, mich ausnüchtern und die Welt am nächsten Tag mit neuen Augen sehen. In diesem Moment brummte mein Handy. Ich warf einen Blick auf das Display. Es war eine Nachricht von Luise. Tu es! Mehr stand dort nicht. Verdammt! Sie hatte gewusst, dass ich kneifen würde.

Ich atmete schnaufend durch, dann ging ich zum Fernseher und schaltete ihn aus.

„Hey! Ich zocke da gerade. Was soll das?“, rief Ben empört und sah mich zum ersten Mal an diesem Abend an. „Ist was?“

„Wir müssen reden.“ Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.

Ben grinste und auf seinen Wangen erschienen diese kleinen sexy Grübchen. „Das klingt wie in einem schlechten Liebesfilm, wo die Hauptdarstellerin ihrem Typen sagt, dass sie sich von ihm trennen will.“

Verdammt, musste er es mir denn so schwer machen? Ich ließ mich neben ihn auf die Couch fallen. Mein Herz klopfte bis zum Hals. Wenn man ganz genau hinsah, konnte man vermutlich meine Hauptschlagader pulsieren sehen, soviel Blut wurde gerade durch meinen Körper gepumpt. Sollte ich es tatsächlich tun? Einmal ausgesprochen konnte ich es nicht mehr zurücknehmen. Und dann? Wollte ich wirklich allein sein, ohne Beziehung, ohne Mann an meiner Seite? Ich starrte Ben tonlos an und fühlte mich etwas hilflos.

Sein Blick wurde plötzlich ernst. „Paula? Willst du mir jetzt endlich sagen, was los ist? Langsam machst du mir Angst.“ Er legte den Controller, den er immer noch in den Händen gehalten hatte, auf den Fußboden und sah mich an.

Mein Herzklopfen steigerte sich zu einem Sambatrommeln und vor lauter Nervosität verschluckte ich mich an meinem Kaugummi. Ich begann, zu husten und mir schossen die Tränen in die Augen, teils vom Husten, teils da mir die Situation das Herz brach.

Ben klopfte meinen Rücken. „Paula, ist jemand gestorben?“

Ja, unsere Beziehung, gekillt durch deine Ignoranz meinem Leben gegenüber. Das war das, was ich dachte, ich sprach es dann jedoch etwas freundlicher aus. „Ich liebe dich, aber ich kann nicht länger mit dir zusammenleben.“ Bam! Jetzt war es raus.

Er wurde blass und sah mich mit seinen großen grauen Augen verständnislos an. „Paula? Ich …, aber …, wieso?“

Ich griff nach seiner Hand. Was sollte ich sagen? Die üblichen Floskeln? Es liegt nicht an dir? Das wäre glatt gelogen. „Ben, wir haben das doch schon eine Million Mal diskutiert. Ich brauche jemanden an meiner Seite, der die gleichen Vorstellungen vom gemeinsamen Lebensstil hat wie ich. Ich ertrage dieses ständige Chaos hier nicht weiter und ich bin es leid, als Einzige dafür zu sorgen, dass wir genug Geld zum Leben haben. Außerdem reden wir kaum noch miteinander.“ Vom Mangel an Sex ganz zu schweigen, setzte ich in Gedanken dazu.

„Paula!“ Er sah aus wie ein Welpe, den man mit der Zeitung geschlagen hatte. „Ich kann mich ändern. Ich wollte mich nächstes Semester für mehr Vorlesungen einschreiben. Wirklich! Und wir können reden. Jetzt sofort! Worüber du willst!“

„Ach Ben!“ Ich schlang die Arme um ihn. „Auch das hast du mir so oft versprochen und nie ist etwas passiert. Es tut mir wahnsinnig leid. Ich ziehe eine Weile zu Luise, damit du dir eine andere Bleibe suchen kannst. Okay?“

Und dann begannen wir beide hemmungslos zu heulen.

2. KAPITEL, IN DEM ICH MEINE FRUST-STIPPGRÜTZE MIT EINER DOGGE TEILE.

Logbuch der MS Verzweifelt,Tag1

Nachdem wir eine Stunde gemeinsam geweint und geredet hatten, war ich mit einer Sporttasche voller Kleidung und meinen Unisachen zu Luise geflüchtet. Ben und ich hatten vereinbart, dass er sich so bald wie möglich eine neue Wohnung suchen würde. Er war dermaßen verständnisvoll gewesen, dass ich mir inzwischen wieder sicher war, einen grausamen Fehler zu begehen. Die letzten fünfzehn Stunden hatte ich auf Luises Sofa gelegen und geheult.

„Voilà! Croissants, Marzipanhörnchen und Erdbeer-Vanille-Marmelade.“

Ich hörte Luises Worte, doch bei dem Gedanken an etwas Essbares wurde mir nur schlecht. „Danke, nein“, murmelte ich schlaff. Grunzend warf ich mich auf die andere Seite. Luises Couch war ein älteres Modell, Marke Augenkrebs, ein sperrmüllwürdiges Erbstück ihrer Oma Hedwig. Das Muster löste bereits nach einem kurzen Blick darauf akuten Drehschwindel aus. Dafür war sie jedoch mordsmäßig bequem. Sie hatte sich ergonomisch meinem Körper angepasst und eine Paula-große Kuhle unter mir geformt. Genau richtig, um noch eine Weile darauf liegen zu bleiben.

„Willst du vom Fleisch fallen?“ Luise rüttelte an meiner Schulter. „Ich meine, du könntest zwar am Hintern einen kleinen Fettverlust durchaus vertragen, aber so grundsätzlich solltest du das Essen nicht komplett einstellen.“

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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