Prantner oder Die Erfindung der Vergangenheit - Josef Oberhollenzer - E-Book

Prantner oder Die Erfindung der Vergangenheit E-Book

Josef Oberhollenzer

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Beschreibung

"Denn wessen Leben habe sich schon so zugetragen, wie von einem selbst erzählt?" Der Regenschirmfallschirm, die Blütenstaubsammelmaschine, das seien allesamt Erfindungen vom Prantner Kaspar, dem ehemaligen Knecht auf dem Kalberhof. So jedenfalls habe es Cäcilia dem Geschichtensammler F. erzählt. Im Stimmengewirr der Dorfbewohner wird die wundersame Geschichte des sanftmütigen Mannes erinnert: wie er durch eine List den Kriegen entkam, wie er gemeinsam mit seinem Freund Vitus Sültzrather die Herunterholung der Kirchturmuhr verursachte, wie er am Ende in den Bergen verschwand. Akkurat und amüsant erzählt Josef Oberhollenzer in Möglichkeiten und ist damit vermutlich näher an der Südtiroler Vergangenheit, als uns lieb ist: "Wirkliche Menschen? Oder erschriebene? Da gibt's in der Erinnerung keinen Unterschied; sind alle gleich wirklich, gleich erfunden." • Neue Einblicke in das Leben des berühmten Schriftstellers Vitus Sültzrather • Wo ist das Joch verblieben? • Und vor allem: Wo zum Teufel ist der Prantner Kaspar?

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JOSEF OBERHOLLENZER

PRANTNER

ODERDIE ERFINDUNGDER VERGANGENHEIT

ROMAN

Vitus Sültzrather, 9. juni 1931 in Aibeln – 22. mai 2001 in Aibeln

18. mai 1959: in Garn sturz vom baugerüst; danach querschnittgelähmt

29. juni 1959: in Aibeln meterhohe schlamm- und steinlawine

Thekla Sültzrather geb. Fink, mutter; 15. oktober 1899 – 10. april 1977

Jakob Sültzrather, vater; 9. juni 1900 – 21. november 1973

Bartholomäus Sültzrather, großvater; 25. november 1843 – 7. märz 1921

Maria Sültzrather geb. Mayregger, großmutter väterlicherseits; 1. jänner 1862 – 25. april 1937 (offen aufgebahrt)

Vitus Sültzrather, lieblings- und taufpatenonkel, vaters lieblingsbruder; 10. august 1895 – 2. märz 1932

Ignaz Sültzrather, ein nach Kanada (Vancouver) ausgewanderter onkel Vitus Sültzrathers

Cato, seine (langjährigen) hunde; schwarze neufundländer

Thea, Fips, seine kindheitshunde

Lora, seine (langjährige) katze; weiße deutsch langhaar

Genovefa, jüngste schwester; geb. november 1933

Kassian Jobstraibizer, deren mann; maurer

Roland, beider einziges kind; 13. – 29. juli 1959

Zuber (Kajetan/Kunigunde), einziger bruder; tot geboren (im stall) am 1. mai 1929 zwischen 5:40 und 5:50

Veronika, mittlere der schwestern; geb. oktober 1927

Sebastian Pfeissinger, deren mann; staplerfahrer; gest. am 19. august 2009

Agnes, beider älteste tochter; geb. 1949; verheiratete Kerschbaumer

Robert, deren sohn

Hedwig, deren tochter

Manuela, Roberts tochter

André, Hedwigs sohn

Cäcilia, älteste schwester; 2. februar 1924 – 2. märz 2020 (covid-19?)

Konrad Schrott, deren mann; obstbauer; gest. am 14. april 2005 (selbstmord)

Jonathan, beider ältester sohn; geb. 1946 (kinder: Annamaria, Magdalena)

Franziska, beider älteste tochter; geb. 1948

Helena, beider andere tochter; geb. 1951 (kinder: Philip, Josephin)

Leonhard, beider jüngster sohn; geb. 1954; vater von Isidor Sültzrather

Berta, seine frau; mutter von Isidor Sültzrather

Isidor Sültzrather (tatsächlich: Isidor Schrott), beider sohn, geb. 1981

Maria, beider tochter

Notburga T., Vitus Sültzrathers zugehfrau (vom Schilcherhof)

Rut Thinnebach, deren tochter; geb. 1975

Filomena Z., latzfonser kusine der Notburga T.

Kohlhaus Klaus, Vitus Sültzrathers kindheitsfreund; 11. juli 1931 – 26. juli 1987

Kohlhaus Eduard, dessen ältester bruder

Kohlhaus Agatha, dessen schwester

die alte Kohlhausmutter, mutter der drei geschwister

Max Vergeiner, Vitus Sültzrathers (langjähriger) freund; geb. 1946

Annett, dessen frau

Lukas, beider sohn; geb. 1957

Kreszenz Jaist (Blaaser Kreszenz, Zenzi), Vitus Sültzrathers nachbarin (und liebhaberin); geb. 1957

Julia, deren tochter

Jonas, deren sohn

Tante L., Jonas’ kindergartentante

Berta Maria Brenninger, etwa siebzigjährige tochter einer 1959 auf der sog. „sültzratherschen abteilung“ im 1. stock des alten brixner krankenhauses stationierten krankenschwester

Prantner Kaspar, knecht auf dem Kalberhof, erfinder (u. a. Human Lightning Rod oder prantnersche pickelhaube, selbstmelk-, blütenstaubsammel- und tierstimmenmusik-maschine, regenschirmfallschirm); geb. 23. dezember 1890 (Schnauders), verschwunden am 7. februar 1977

Proder Elsa, dienstmagd; seine große liebe; gest. 1923 (spanische grippe)

Laurenz, beider sohn; stirbt nicht einmal drei wochen nach seiner geburt (wahrscheinlich auch an der spanischen grippe)

Prantner Engelbert, vater; 12. november 1849 – 15. august 1917

Prantner Hilarion, ein bruder (haupterbe)

Antonie, eine schwester

Rosalia, noch eine schwester

Sepp (Josef), ein unbekannter bekannter des Prantner Kaspar (sommer 1948)

Weggschaitbauer, schnauderser bauer

Hans von Finetti, notar

Joseph Bartinger, notar

Anton Mayr jun., Finsterwirtwirt

Moosmair Regina, kellnerin (Hotel Esmeralda, Milano Marittima; vor allem im Gasthof Oberwirt, Feldthurns); geb. am 3. november 1958

Gregor, ihr mann

Traudi, ihre tochter (kinder: Noah, Nora)

Werner, ihr sohn

ihre Mutter

Richard, ihr älterer bruder

Jolanda Kieer, eine nachbarin

Jenny, eine nachbarin (gehe dem ältesten gewerbe nach)

Pius, deren mann; fernfahrer

Anton, ein „nachbarsbub“

Ludovica, eine arbeitskollegin im Hotel Esmeralda in Milano Marittima

Jago-Jouggl, älterer mann, regelmäßiger besucher des Gasthofs Kordiler, als die Moosmair Regina zwischendurch dort kellnert

Blasegger Bonifaz, wie Vitus Sültzrather (einige stunden vor ihm) geb. am 9. juni 1931 in Aibeln; einbeinig, guter kletterer; tödlicher absturz in den Hohen Tauern („in seinen geliebten Bergen“) am 1. september 1955

Staller Georg, beinahe schlachtopfer des Blasegger Bonifaz

Staller Georgine, seine frau

Prenn Sebastian, kind vom Prennhof, im ersten weltkrieg beim kriegsspiel ganzes bein eingegipst, vom zweiten weltkrieg nicht mehr heimgekommen

Brunner Zenz, Vitus Sültzrathers zimmerermeister

der alte Walcher, ein aibelner bauer

Walcher Melchior, der junge Walcher

Premstaller Cyriak, ein garner bauer (käufer des Kalberhofs nach Vitus Sültzrathers tod)

Großackerer, ein nachbarbauer des Kalberhofs

die junge Kerschbaumerin (später: die alte Kerschbaumerin), eine aibelnerin

Marzun Hilda, eine ältere aibelnerin

die alte Mühleggerin, eine von F.s friedhofsbekanntschaften

Susanna Gafriller, zugeheiratete klausnerin

Senn Franz, deren mann

Senn David, dessen vater

Annemarie Spisser, die junge Thalhoferin; mutter von zwillingen

die Thalhoferin, ihre schwiegermutter

Thalhofer Sepp, deren mann

Joachim Kantioler, der lehrer (katakombenschule in Aibeln)

Martha Hasler, die lehrerin (katakombenschule in Garn)

Chrysostomus Reiffer, aibelner pfarrer während des zweiten weltkriegs

Dr. Thaddäus von Lutz, gemeindearzt von Klausen (vater von Dr. Hippolyt von Lutz; großvater von Dr. Hieronymus von Lutz, Vitus Sültzrathers totenbeschauer; urgroßvater von Dr. Urban von Lutz, Mossmair Reginas arzt)

Marianna Delueg, seine frau

Dr. Plaikner, zahnarzt der Kalber Cäcilia

G., eine altenpflegerin im feldthurnser altenheim Mittermesserhaus

Nora, lieblingsaltenpflegerin der Kalber Cäcilia im Mittermesserhaus

Herr Cuman, herr aus Mailand (alljährlich sommerfrischler in Feldthurns)

Herlinde, vermeintliche latzfonser gasthauspendlerin im dreiviertelstundentakt

Hellechner Adelbert, ein nachbar von F.

F.

Olga

f. Nina, f. Moritz

„: immer diese Vergangenheiten!“

Arno Schmidt, Seelandschaft mit Pocahontas1

„,[..] aber das Möglichekennen wir kaum. [..] Das Mögliche istbeinah unendlich, das Wirkliche streng begrenzt [..].‘“

Friedrich Dürrenmatt, Justiz2

„non torneremo più / o forse a ricordarema è sempre troppo tardi / il tempo dei ricordie niente fa tornare / lasciami andare“

Gianmaria Testa, Lasciami andare3

„So ging er hübsch langsam vorwärts,er war kein Freund übergroßer Schnelligkeit.Die Hast verachtete er; mit dem stürmischen Eilenwäre er nur in ein Schwitzen gekommen.“

Robert Walser, Spazieren4

„Den Augenblick aufrechterhalten.“

Ilse Aichinger, Aufzeichnungen5

1Arno Schmidt, Seelandschaft mit Pocahontas, in: Geschichten aus Deutschland. Romane und Erzählungen. Erster Band, Frankfurt am Main 2007, S. 255

2Friedrich Dürrenmatt, Justiz. Roman, Zürich 1985, S. 87

3Gianmaria Testa, Lasciami andare, in: Vitamia, Bologna 2011

4Robert Walser, Spazieren, in: Kleine Dichtungen, Frankfurt am Main 1985, S. 76

5Ilse Aichinger, Aufzeichnungen 1950 – 1985, in: Kleist, Moos, Fasane, Frankfurt am Main 1987, S. 63

Inhalt

Praeludium, non in extenso

(oder: Wie einer anfängt, hört er nicht auf.)

AUSKUNFT 1

„– und wenn die leute nur geglaubt hätten daran:“

oder: Die erfindungen des Prantner Kaspar

INTERMEZZO

Olga. – Oder ein rechenspiel für Kaspar

(auch: „Die Erinnerung ist das Leben selbst.“)

AUSKUNFT 2

.. und das erinnern des erinnerten –

oder: Versuch, der verlassenheit zu entfliehn

Der hund denkt nicht / postludium

(auch: „Die wirklichkeit ist gekläff.“)

Anhang

Praeludium, non in extenso

(oder: Wie einer anfängt, hört er nicht auf.)

„Und die stillgelegten Wege tauchen auf / in den Träumen“(Sepp Mall, Abschiede I)6

6Sepp Mall, Abschiede I, in: Läufer im Park. Gedichte, Innsbruck 1992, S. 11

1

Wer seine welt umrunde, komme immer wieder an seinem anfang an; wer wieder an seinem anfang ankomme, erfahre seinen anfang immer wieder von neuem neu: Immer wieder sei sein anfang so ein anderer – „weil an seinem ende ja immer wieder ein neuer anfang ist“. So habe der Prantner Kaspar, der kalberknecht, den Kalber Vitus, als der, noch siebenundzwanzigjährig, im zimmer 11 des alten, mehr als baufälligen brixner krankenhauses gelegen sei nach seinem sturz vom baugerüst, immer wieder aus den schmerzen hinaus- und in den schmerzlosen schlaf hineingeredet: „Wer meine welt umrundet, immer wieder kommt er an meinem anfang an“, habe er gesagt. – So jedenfalls, sagt F., habe es ihm eine gewisse Berta Maria Brenninger, tochter einer seinerzeit auf jener brixner abteilung im ersten stock, wo Vitus Sültzrather mit anderen schweren fällen „sozusagen eingelagert“ gewesen sei, ihren dienst tuenden krankenschwester, welche ihm zwar ihren namen, nicht aber ihren beruf und ihre adresse habe verraten wollen, und mit der er im klausener Dürersaal, ohne noch zu wissen, wer sie sei, nach einer lesung des österreichisch-italienischen schriftstellers Joseph Zoderer aus seinem roman Der Irrtum des Glücks, zu reden gekommen sei, gesagt. Nämlich ihre mutter, und darum wisse sie davon, habe sie gesagt, habe all das ihr auf die eine oder andere weise interessant oder seltsam oder sonst irgendwie auffällig erscheinende gerede „in einer unzahl“ der damals üblichen tintenblauen und immer mit einem löschblatt versehenen schreib- und rechenhefte aufgeschrieben, welche sie ihm („so sehr Sie sich auch danach sehnen mögen“, habe sie gesagt) aus gründen, die auch nur anzudeuten schon zu sehr ins innere der gründe und also in die wahrheit ihres verschweigens eindringen würde, „weder überlassen noch auch nur zeigen“ wolle. Und darin, so habe diese Berta Maria Brenninger, eine – „für ihr alter“, sagt F. – immer noch schöne, mit großen grünbraunen augen, beinah schulterlangem schwarzem haar und einem seltsam verführerischen lächeln „ausgestattete“, etwa sechzigjährige, vielleicht aber auch schon in der nähe der siebzig angekommene frau noch gesagt, als sie zwischen einem glas weißwein und dem nächsten – „Kerner, immer Kerner!“, sagt F. – warum auch immer auf Johann Baptist Hundsmayr zu reden gekommen seien, habe sie ein sonett dieses dichters gefunden, dessen zwei letzte strophen sie ihm „abfotografieren“ und über WhatsApp zuschicken wolle; was sie dann, sagt F., mit den zeilen „Hatte, wie ich Ihnen, glaub ich, schon gesagt habe, bis zu diesem Mutter-Eintrag noch nie etwas von Johann Baptist Hundsmayr gehört oder gelesen. Erzählen Sie mir ein andermal mehr von ihm?“ einige tage danach auch getan habe:

Im Schlaaf dehnet sich das Leben

Weit auß, so wie ein Traum;

Im Traum dehnet sich’s zusamm’

Zur Knospe, eng, so sprossen=klein:

So möchte, o, so möcht’ er,

Möcht’ er wider, wider seyn.7

Ja, er, so F., habe dieses sonett schon gekannt.8

7Johann Baptist Hundsmayr, Traum=Sonnet, in: Ein ergötzlich vnd vil lehrreich Sonnetten=Krantz, Ingolstadt 1688, S. 11

8Da er dann monatelang nichts mehr gehört habe von dieser Berta Maria Brenninger, habe er ihr, sagt F., um vielleicht doch noch in ein „intensiveres gespräch“ und so an die schreib- und rechenhefte ihrer mutter zu kommen –, „als eine kleine weihnachtsgabe“, wie er dazugeschrieben habe, habe er ihr eines der weihnachtssonette von Johann Baptist Hundsmayr geschickt: „Zweytes Weynachts=Sonnet // Es leucht’t so hell der Himmels=Stern / Am Firmament in dunckler Nacht: / All’ Schaf’ sind vmb den Schlaaf gebracht / Vnd steh’n gantz eng vnd bäh’n vnd plärr’n. // Vom Himmel hoch ein Engel fällt. – / Vnd schwebet nun vnd ruefft’s hinauß / Nach Betlehem in jedes Hauß: / ‚Der GOttes=Sohn kömmt in die Welt!‘ // Vnd drinn im Stroh, im Hirtenstall / Greint GOttes=Sohn itzt: glockenklaar / Mit Hall vnd Schall vnd Widerhall. – // Die frohe Kund’: versteht’s Gethier; / ’S frohlocket all, in gantzer Schaar. – / Waß hört der Mensch, waß rueffen wir?“ (Johann Baptist Hundsmayr, Zweytes Weynachts=Sonnet, in: Ein ergötzlich vnd vil lehrreich Sonnetten=Krantz, Ingolstadt 1688, S. 39)

2

„Hundsmayr, Johann Baptist, Publicist u. Schriftsteller, geb. Dez. 1648 zu Schrobenhausen; etw. zweijährig von d. umnachteten Mutter im sog. Schrobenhausener Waldgürtel ausgesetzt, früh Waise; des Anfangs b. einem Bauern in Kaltenherberg, hernach in die Familie d. fürsterzbischöfl. Hofkanzlers Johann Christoph Mezger aufgenommen; eine Zeit lang verdiente er sein Brot als Schneider, dann als Hauslehrer; 1679 heiratete er d. vermögende Kaufmannswitwe Ambrosia Theodora Paumfelder verwitw. Schölnhammer und ward so aller Sorgen ledig; 1683 – 1685 bereiste er Holland, Frankreich u. England, Begegnungen mit Jean de la Fontaine u. John Dryden; studirte die Rechte (u. a. bei Georg von Widmont auf Offendorf), kein beurkundeter Abschluß. 1698 Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft unter dem Namen der Glückseelige u. st. 17. März 1707 auf Schloß Wolnzach. Er schr.: Ein ergötzlich vnd vil lehrreich Sonnetten-Krantz, Ingolstadt 1688; Die vortreffliche, gantz wundersame Erzaelung von dem vil umhergereißten Vogelsteller Adalbert Isidor Zöpfel, Landshut 1697; Ein newer ergötzlich vnd vil lehrreich Sonnetten-Krantz, Ingolstadt 1703; Wer bey der Nacht schlaafet, hat Tags imer gut lachen. Waß eine Arzenei vnd Historie ist in einem gleichen Maaße, Augsburg 1706.“9

9Pierer’s Universal-Lexikon der Vergangenheit und Gegenwart oder Neuestes Encyclopädisches Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe. Vierte, umgearbeitete und stark vermehrte Auflage. Achter Band. Hannover – Johannek, Altenburg 1859, S. 621

3

– und während vorm fenster noch der flieder blühte, „von weiß und violett bis magenta und purpurrot“, sagt F., aber die meisten obstbäume schon nur noch grün gewesen seien und blütenlos, habe in Aibeln oben, 1054 m hoch, „da hat vorm Kalberhof der apfelbaumgarten, der hat wie wild geblüht“.

AUSKUNFT 110

„– und wenn die leute nur geglaubt hätten daran:“

oder: Die erfindungen des Prantner Kaspar

„Freilich merke ich es deutlich, daß dieses oft nur Erinnerungen von Erinnerungen sind.“(Karl Philipp Moritz, Erinnerungen aus den frühesten Jahren der Kindheit)11

„Es ist elend schwer zu lügen, wenn man die Wahrheit nicht kennt •“(Péter Esterházy, Harmonia Caelestis)12

„Sie sagt: im übrigen ändern sich doch die Geschichten sowieso immer mit den Wörtern, in die man sie kleidet.“(Helmut Heißenbüttel, Allmähliche Verfertigung des Charakters des Kollegen Hundekacke)13

1023., 24., 25. juni 2019: friedhof Feldthurns

11Karl Philipp Moritz, Erinnerungen aus den frühesten Jahren der Kindheit, in: Gnothi Seauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde als ein Lesebuch für Gelehrte und Ungelehrte. Mit Unterstützung mehrerer Wahrheitsfreunde herausgegeben von Carl Philipp Moritz. Ersten Bandes erstes Stück, Berlin 1783, S. 65

12Péter Esterházy, Harmonia Caelestis, Berlin 2001, S. 7

13Helmut Heißenbüttel, Allmähliche Verfertigung des Charakters des Kollegen Hundekacke, in: Eichendorffs Untergang und andere Märchen, Stuttgart 1978, S. 129 f.

1

Zu erzählen aber sei noch, wovon trotz aller berichte noch niemand erzählt habe, obwohl es ja „mit der allergrößten wahrscheinlichkeit“, sagt F., der anfang und die quelle allen sültzratherschen schreibens gewesen sei, nämlich „von dem verhältnisse“14, das zwischen dem Vitus Sültzrather und dem Prantner Kaspar gewesen sei bis zu dessen verschwinden irgendwo zwischen Hundskopf und Königsanger oder zwischen Königsanger und Muntschegge – oder doch zwischen Morgennock und Mittagsnock oder zwischen Samberg und Hoadrichsberg15, also nördlich oder südlich des Thinne Bachs, dem er sonntags, wenn einer in jeglicher arbeit innezuhalten habe, „in allem irdischen bemühn“, wie der pfarrer, so Vitus Sültzrather in einer seiner letzten „vermischten“ erinnerungsnotizen16, es gepredigt habe, oft stundenlang beim fließen zugeschaut habe. „Diese vermeintliche bloße Versenkung ins Fließen des Thinne Bachs ist jedoch in Wirklichkeit nichts anderes gewesen als ein durch die scheinbare Gleichförmigkeit und aber in Wirklichkeit unablässige Andersförmigkeit des Fließens ins äußerste konzentriertes oder gesteigertes Denken.“17 Alle erfindungen, habe der Prantner Kaspar einmal gesagt, so habe es ihm die Kalber Cäcilia, Vitus Sültzrathers älteste schwester, im vorigen sommer, der einer der heißesten wohl der gesamten menschheitsgeschichte gewesen sei, sagt F., auf einer der zwei schon in ihrer kindheit von ihr „so gern besessenen“ friedhofsbänke gesagt, da habe sie sich von ihrem fünfundneunzigsten ausruhen wollen, denn was für eine anstrengung so ein geburtstag mit zunehmendem alter doch geworden sei, habe sie gesagt, alles andere in der welt verliere ja mit der häufigkeit an wert, nur bei den geburtstagen tue man irgendwann so, als ob sie, je mehr man erlebt, je mehr man „angehäuft“ habe davon, umso seltener und also umso kostbarer wärn18 –: „Alle meine erfindungen sind dem Thinne Bach entsprungen, hat der Prantner Kaspar gesagt“, seien aus diesem heraus in ihn und in seinen hinterkopf – „und so aus mir wieder heraus“, habe er gesagt, „und in die weite welt hinein“ –: „Wenn die leute nur geglaubt hätten daran“, habe er manches mal halblaut und wie für sich hinzugefügt, habe die Kalber Cäcilia, die an allen drei tagen, an denen er sich von ihr habe erzählen lassen, nämlich einem sonntag-, einem montag- und einem dienstagnachmittag (genauer: am 23.19, 24.20 und 25.21 juni 2019)22, wie auch schon an jenem sommersonntag im siebzehnerjahr – das genaue datum müßte er erst „nachrecherchieren“, sagt F. –, an dem er sich ein erstes mal mit ihr getroffen habe, aber nicht, wie im neunzehnerjahr, abwechselnd auf einer der beiden von der pfarrkirche bzw. von einer großen zypresse und der friedhofsmauer beschatteten friedhofsbänke, sondern auf einer verschönerungsvereinsbank hinterm Pfarrwirt, am rande jenes angers, auf welchem am 29. april 1929, also „an diesem dreimal verfluchten montag, der für uns kalbersche ein schicksals- und lostag gewesen ist wie keiner davor und keiner danach“, so habe die Kalber Veronika gesagt, mit der er auch gern länger geredet hätte, es sei sogar zu mehreren treffen in Guln im hause ihrer ältesten tochter Agnes gekommen, aber jedesmal sei sie, die immer auf der ofenbank gesessen sei, schon bald eingenickt –, am rande jenes angers also habe er sich ein erstes mal mit der Kalber Cäcilia getroffen, sagt F., auf dem alle aibelner, mit ausnahme der kinder, damals zusammengetrieben worden seien und auf dem sie den ganzen tag stehend, ohne essen, ohne trinken zu dürfen und, „dies vor allem“, heiße es, wenn doch noch einer laut sich erinnere daran, sagt F., ohne irgendwo abseits, im stillen, die notdurft verrichten zu dürfen, hätten ausharren müssen in den bis zu den knien reichenden hemden der männer, in den knöchellangen nachtgewändern der frauen – „und getreten .. und fast erschlagen .. und aufs ärgste schikaniert .. und gedemütigt aufs gröbste .. und nichts als lächerlich gemacht“, so habe die Kalber Veronika einmal gesagt: langsam, wort für wort, als schmerzte sie die erinnerung daran, obwohl sie damals ja noch nicht einmal zwei jahre alt gewesen und eine eigene erinnerung „wohl kaum zustande gekommen“ sei –: An all den drei junierzählnachmittagen im feldthurnser friedhof habe die Kalber Cäcilia ein anderes, ein verschiedenes, ein neues kopftuch aufgehabt, sagt F.; nämlich das liebste geburtstagsgeschenk, habe sie gleich zu beginn des ersten gesprächs am sonntagnachmittag gesagt, sei ihr immer schon ein kopftuch gewesen, von klein auf, und „mit einem kopftuch auf dem kopf“ wolle sie begraben sein; der Franziska, „meiner ältesten“, habe sie das schon gesagt und „ans herz gelegt“; aber die sei halt auch schon siebzig und „nicht besser beinander“ als sie: „Gott erbarme sich meiner, hoffentlich überleb ich sie nicht!“

14„Nichts ist in den Verhältnissen der Dinge so durchgängig allgemein, als Verschiedenheit und Veränderung.“ (Michel de Montaigne, Von der Erfahrung, in: Michael Montaigne’s Gedanken und Meinungen über allerley Gegenstände. Ins Deutsche übersetzt [von Johann Joachim Christoph Bode]. Sechster Band. Drittes Buch. Dreyzehntes Kapitel, Berlin 1795, S. 225) – Und dann, sagt F., falle ihm hierzu noch ein satz des gießener mathematikers Hermann Umpfenbach zu den krummen linien ein, den er seltsamerweise immer noch „auswendig hersagen“ könne – und der gehe so: „Wenn nun der Punkt C unendlich nahe bei B liegt, so ist c kleiner als eine jede gegebene Größe, Pc kann also dann ohne Irrthum neben dy/dx vernachlässigt werden; das Verhältniß von BI : BC ist also dann unendlich wenig von dem Verhältnisse 1 : 1, d. h., von dem Verhältnisse der Gleichheit verschieden.“ (Hermann Umpfenbach, Lehrbuch der Differential= und Integral=Rechnung, Berlin 1828, S. 93)

15Die leiche des Prantner Kaspar sei nie gefunden worden, sagt F.; und man habe, so werde erzählt, auch „nicht ewig lang“ danach gesucht; aber dies sei die gegend, in der er zeitlebens vorwiegend unterwegs gewesen sei in seiner raren freien zeit. Und mehrfach habe er sich, wie ihm die altenpflegerin G. „im vertrauen“ erzählt habe, aus dem feldthurnser altenheim Mittermesserhaus, wo er seit dem spätherbst 1969 untergebracht gewesen sei, in aller früh und meist sogar noch vor tagesanbruch und immer unerlaubterweise „davongestohlen“ und sei dann auch immer irgendwo in diesem gebiet „aufgefunden“ und dann „gegen seinen willen“ zurückgebracht und im Mittermesserhaus vor all den anderen altenheiminsassen „heftig ausgeschimpft“ worden – noch am selben tag zumeist und auf jeden fall „noch vor anbruch der dunkelheit“, wie die G. ihm erzählt habe. Ein einziges mal, habe die G. gesagt, sei es ihm gelungen, die nacht unentdeckt außer haus zu sein – „und am nächsten tag dann, einem montag, da saß er beim mittagessen zu aller überraschung wieder an seinem angestammten platz“; so als ob nichts gewesen wäre, habe die G. gesagt, als hätte er „nichts angestellt“.

16Tagebucheintrag Vitus Sültzrathers aus dem jahr 1998, datiert mit „Sonntag, 17. Mai“: „Vermischte Erinnerungen (20) – [..] und predigte uns, predigte mir, einem von jeglichem Zweifel Unbefleckten, einem von der Möglichkeit des Zweifels nicht einmal einen Hemdzipfel Ahnenden, die Sünde und alles Verderben in den Kopf und in die Seele hinein, die, wie ich damals so sicher wußte, wie es nur Kinder gewußt haben einmal, in der Magengegend angesiedelt war und sich zu meiner verzweifelten Bitternis doch immer wieder schwarz färbte, sündschwarz, weil ich doch immer wieder ins Verbotene hinein und in die Sünde geriet; daß ich um den Kasper, meinen Kasper fürchtete, wenn er sonntags oder feiertags – wenn nicht einmal der Vater ohne Erlaubnis des Pfarrers Holz hackte im Winter, im Herbst, oder gar Eschenlaub für meine Hasen heruntersichelte! –, wenn er an den gebotenen Feiertagen an einer seiner Erfindungen werkte und so das Gebot nicht befolgte, ‚in allem irdischen Bemühn sollest du herrtags ruhn und nicht Satanas frönen und in seinem Fahrwasser untergehn‘, wie der Pfarrer, die Sprache wie ein uns unerreichbares, uns erstickendes Himmelstuch ausbreitend übers Kirchenvolk und seine sprachliche Nichtigkeit und Niedrigkeit, von der Kanzel, die die Pfarrer damals ja noch bestiegen haben, auf uns niederpredigte; denn so stehe es geschrieben –: ‚So steht es geschrieben!‘, hat er sein Gegeifer beglaubigt mit der Heiligen Schrift, ein ums andere Mal damit einschlagend auf den Kanzelkorb, daß es widerhallte im Kirchenschiff und wir die Köpfe einzogen.“ (Isidor Sültzrather (Hg.), Vitus Sültzrather, Tagebücher 4, Klausen 2018, S. 8 f.)

17Sültzrather-Kladde, S. 7. – Diese olivgrüne, mit beigen spritzern gescheckte mappe (fester buchdeckel, 100 handschriftlich durchnumerierte seiten, davon 37 beschrieben: eng, auf dem vorsatzblatt PRANTNER KASPER betitelt, 40 × 30 cm, liniert; wetterspuren), von den wenigen um deren existenz wissenden bald schon als Sültzrather-Kladde bezeichnet, obwohl das wort „kladde“, sagt F., im tirolischen ja nicht existiere, hätten die beiden ahrntaler künstler Paul S. Feichter und Lois Steger im sommer 2014 während eines sogenannten kunst-events in der arche gefunden, die sich Vitus Sültzrather im jahr 2000 von zweien seiner schwäger, nämlich von Sebastian Pfeissinger und von Konrad Schrott, pensionierter staplerfahrer der eine und obstbauer der andere, habe bauen lassen und in der er dann viele monate seines letzten lebensjahrs „spinnat zubrachte“, wie man in Aibeln unterderhand noch hören könne, sagt F., und die dessen erben, offensichtlich erleichtert und froh, dieses „in den bergen ja vollkommen unnütze schiffsungetüm“ (so die Kalber Veronika zur alten Mühleggerin) endlich loszuwerden, obwohl – oder vielleicht gerade, weil – die aibelner kinder so gern sich aufgehalten und gespielt hätten darin, zu diesem „Arche. Eine Festung für Tiere“ betitelten kunstevent in die Franzensfeste hätten hin- oder besser: abtransportieren lassen, und wo der letzte lebensmittelpunkt Vitus Sültzrathers dann naturgemäß eventmittelpunkt gewesen sei. In dieser sültzratherschen arche nun hätten Paul S. Feichter und Lois Steger während der herstellung ihrer eventarbeit „Kakteen Kabale Kakteen“ die Sültzrather-Kladde entdeckt – „in bodennähe!“ – und, sich der „überragenden bedeutung“ dieses letzten sültzratherschen werks schon bald bewußt, dem damals noch an der universität Verona lehrenden, mittlerweile emeritierten germanistikprofessor Elmar Locher übergeben, der sie, so habe er ihm – „im vertrauen!, unter uns!“ – gesagt, sagt F., der literarischen öffentlichkeit auf der nächsten sültzrathertagung, die anläßlich des 65. jahrestages des sturzes Vitus Sültzrathers vom baugerüst im mai 2024 an der Universität Heidelberg geplant sei, präsentieren und mit einem großen aufsatz vorstellen wolle. Über die möglichkeit einer veröffentlichung dieser „letzten aufzeichnungen“ Vitus Sültzrathers sei er, so professor Locher, mit den erben sowohl Vitus Sültzrathers als auch jenen des Prantner Kaspar im gespräch; aber da komme er leider, habe er ihm erst vor kurzem in einer e-mail mitgeteilt, sagt F., „aufgrund einer trotz aller meiner Vorurteile gegenüber Dichtererben doch nicht für möglich gehaltenen geballten Ignoranz“ kaum voran.

18Die Kalber Cäcilia, sagt F., sei inzwischen, „trotz ihres hohen alters eigentlich unerwartet“, gestorben, am 2. märz; „war wahrscheinlich corona“, so habe man ihm gesagt. „Gerade noch rechtzeitig“ habe er also geredet mit ihr. – Als er ihr grab besucht habe, habe er überrascht festgestellt, daß sie am 2. februar, also zu Lichtmeß, geboren sei, und nicht am 22. juni, wie ihn ihre bemerkung, daß sie sich „da“, also auf der friedhofsbank, „auf der wir da grad nebeneinander saßen“, sagt F., vom fünfundneunzigsten habe ausruhen wollen, bis zu eben diesem grabbesuch habe glauben machen. Entweder sei sie schon etwas verwirrt gewesen, als sie das gesagt habe, habe er zuerst gedacht, oder der kalbersche schalk, der ja in allen büchern Vitus Sültzrathers eine konstante sei, sei mit ihr durchgegangen – oder aber, und das erscheine ihm jetzt am wahrscheinlichsten, er habe ihre bemerkung einfach mißverstanden, indem er sie auf den tag davor, auf den vorangegangenen samstag also, und nicht auf den tag nach ihrem fünfundneunzigsten, also auf den 3. februar, bezogen habe. Eigentlich, sagt F., sei im nachhinein alles klar; aber wenn eine bemerkung einmal mißverstanden sei, dann –, dann hülfe auch der schönste verstand zumeist nicht.

19„Der Luftdruck beginnt zu steigen und die Luftmassen werden stabiler. Am Nachmittag scheint verbreitet die Sonne. Die Quellwolken bleiben meist harmlos. Die Temperaturen erreichen Höchstwerte von 22° bis 32°.“ (https://www.wetterprognose.it/index.php#wetterarchiv)

20„Hoher Luftdruck und trockene Luftmassen bestimmen das Wetter in Südtirol. Es scheint im ganzen Land die Sonne. Am Nachmittag entstehen ein paar harmlose Quellwolken. Die Temperaturen steigen auf Höchstwerte von 27° bis 34°.“ (https://www.wetterprognose.it/index.php#wetterarchiv)

21„Das Hoch und die nördliche Anströmung sorgen für hochsommerliche und stabile Verhältnisse. Der Nachmittag verläuft überall sehr sonnig, die Quellwolken bleiben harmlos. Die Temperaturen erreichen Höchstwerte von 29° im Hochpustertal bis 35° im Unterland.“ (https://www.wetterprognose.it/index.php#wetterarchiv)

22Aber wer, sagt F., erinnere sich noch an die drei „journées mondiales“ an denselben drei junitagen in Cahors, neunundsechzig jahre davor? Und wo bestehe da schon ein zusammenhang? – „Meine Anzüge sind Zusammenhänge aus Schnitteilen von Stoff; die Zusammenhänge meines Schneiders passen wie angegossen, sie reißen im Schritt und im Schulterbereich. Die Zusammenhänge meines Schusters gehen nie aus dem Leim.“ (Vitus Sültzrather, Notizbuch Nº 20, Aibeln 1997, S. 16)

2

Der Prantner Kaspar sei ein recht großer, „schlaksiger“, ein kräftiger mann sei das gewesen, habe die Kalber Cäcilia gesagt23; ja, der Kaspar habe fest zupacken können. Als sie ihm einmal, das sei während der kriegsjahre gewesen und die deutschen schon da, sie sei damals .. ja, sie sei schon auf die zwanzig zugegangen, da habe ihr ein soldat, von der sprache her sei der wohl aus dem vorarlbergischen gekommen, schöne augen gemacht – sie habe da noch daheim gewohnt, ja .. und nein, mit dem Konrad, „gott hab ihn selig“, sei sie noch nicht zusammen gewesen –, als sie also dem Kaspar damals bei der arbeit auf dem feld zur hand hätte gehen sollen, „da hab ich halt dem soldaten die schönen augen zurückgeworfen und bin nicht vom fleck“, und da habe sie der Kaspar am rechten arm .. ja, am rechten unterarm habe er sie „in seine richtung“ gezogen, damit sie endlich mitkäme mit ihm, hinaus aufs feld. Er habe sie „ja nur leicht hergezogen“ zu sich, habe er sich verteidigt, als sie ihm beim heimgehen vom feld „diesen blauen“ –, als sie „gegen alle sitte“, weil so viel nackte haut habe man damals zumeist ja nicht einmal dem eigenen mann gezeigt24, den ärmel hochgekrempelt und ihm den bluterguß gezeigt habe; seine hand sei –, „wie hinauffotografiert“ seien seine finger gewesen, habe sie gesagt. Und ja, sie glaube, da habe er die wahrheit gesagt, „ja, doch“ .. denn er sei ja so stark gewesen, in Aibeln der stärkste vielleicht, und er habe seine kraft nicht immer „einderschätzt“ .. und fesch sei der Kaspar gewesen, „ja, ein fescher bursch“, habe die Kalber Cäcilia gesagt, bis ins hohe alter hinauf .. „bis zuletzt eigentlich, ja“. Aber als er sie gefragt habe, sagt F., was sie denn meine mit diesem „eigentlich“, ob sie damit seine feschheit „im hohen alter“ vielleicht einschränken und relativieren – nein, das wort „relativieren“ habe er wahrscheinlich nicht gebraucht; er bemühe sich ja doch, die leute mit ihnen vielleicht fremden und zu weit weg angesiedelten wörtern nicht vor den kopf zu stoßen – oder ob sie diese altersfeschheit sogar anzweifeln wolle, da habe sie ihn nur mit so einem verschmitzten lächeln angelächelt: Ja, da sei wieder der schöne kalbersche schalk in ihrem gesicht zu sehen gewesen, sagt F. – Gehumpelt, ja gehinkt habe der Kaspar halt, „immer schon“, habe sie gesagt; immer schon habe er sein linkes bein nachgezogen, und manche hätten ihn auch einen krüppel geschimpft; aber das habe er, „eigentlich“ habe er das immer einfach so hingenommen, nach außen hin jedenfalls, habe sie gesagt. Er hätte ja jeden niederschlagen, jeden zum krüppel schlagen können mit seiner kraft; aber da sei er wohl zu schüchtern gewesen dazu. Ein schüchterner, „so ein feinsinniger kraftlackl“ sei er halt gewesen, der Kaspar, der habe keinem wehtun können, „nicht einem einzigen hat der ja wehtun wolln“ .. und er sei ja auch von beiden kriegen verschont geblieben. Inzwischen glaube sie ja, daß er sich den fuß selber „hingemacht“ habe, gerüchte darüber habe es genug gegeben bis weit nach dem zweiten weltkrieg herauf. Von denen habe sie aber nichts gehalten: Das gerede über ihren vater, als der sich im letzten kriegsmonat auf ihrer, also auf der Kalberalm versteckt habe, und wie man den einmal „aufhängen und abknallen“ werde „wie einen räudigen hund“, wenn die zeit „wieder reif“ sei, habe man gesagt; dieses gerede über den vater habe sie „gegen so gerüchte widerspenstig gemacht“ .. und „abgefeimt“ – ja, abgefeimt, sagt F., habe die Kalber Cäcilia gesagt. Der Vitus – und das müsse sie jetzt einfach einmal loswerden, weil man ja nur noch gutes und schönes hören wolle über ihn; „auch Sie, gell, glauben ja, daß der Vitus so ein großer mensch gewesen ist und daß so irgendwie große menschen immer auch gute menschen sind, gell?“ –, der Vitus habe es dem vater ja nicht leicht gemacht, „nicht einen deut“ habe der ihm .. „Schauen Sie, der vater ist vom krieg davon und der Vitus ist in den krieg hinein! Können Sie sich vorstellen“, habe sie gesagt, „was das vor allem beim vater für ein furchtbares durcheinander angerichtet haben muß?“ Da schaue der vater, heil wieder zurückzukommen „zu uns“, und gleichzeitig melde sich sein einziger sohn, sein „stammhalter“, wie man „so einen“ lange zeit genannt habe und wie man „so einen“ immer noch nennen höre trotz all der scheinbaren veränderungen und verbesserungen in der welt – denn sie sei da ja ganz anderer meinung, „schon lang“, sie sei ja auch eine stammhalterin .. und die Veronika auch, oder die Genovefa: „Gell?“ –, und da melde sich also tatsächlich der Vitus, noch nicht einmal vierzehn jahre alt, aufgehetzt wahrscheinlich durch einen artikel im Bozner Tagblatt, das die Veronika – „als wir damals nach Vitus’ tod wieder in den Kalberhof hinein sind“ – gefunden habe neben manchem anderen, wovon sie aber nicht reden wolle jetzt, und ihr überlassen habe – „und auch ich hab das ganze zeug ja lang nicht angeschaut“, habe die Kalber Cäcilia gesagt, „aber jetzt, hier im Mittermesserhaus, da gibt es ja so viel tote zeit“25, die liege da nur so herum, wenn man nur noch auf den tod zu warten habe –, und da melde sich also, aufgehetzt vielleicht „durch wasweißich“, und vielleicht auch, um dem vater, zu dem er, so glaube sie, wohl gern hätte aufschauen wollen, wie er zum Kaspar aufgeschaut habe, „ein beispiel zu tun“, aber vielleicht auch, um den aibelnern zu zeigen, zu was so ein kalberscher fähig sei, daß die sich nicht drückten vor einer gefahr, daß auch die „an die deutsche sach“ glaubten, daß die hineinrennten in jede gefahr, koste es, was es koste –, „und da meldet unser kleiner Vitus sich tatsächlich zu diesem fanatischen werwolfhaufen, mein gott!“, wo ja so viele, wo ja „die meisten draufgegangen“ seien, habe sie einmal im fernsehen „sagen gehört“. – „Wissen Sie“, habe sie gesagt, „ich hab ja so viel zeit jetzt, das hätt ich mir nie gedacht, daß ich einmal so viel zeit haben werde .. daß es nichts mehr zu tun gibt .. und so viel zeit!“ – Da sei wohl vielleicht mehr der stolz mit dem Vitus durchgegangen als –, habe sie dann weitergeredet und weitergedacht, „da hat wohl irgendwas mehr gezählt als das beispiel und das vorbild des allzeit friedfertigen Kaspar“, in dessen nähe er doch immer gewesen sei die ganze zeit, dessen nähe er ja immer, so komme es ihr jetzt im zurückdenken vor, habe sie gesagt, gesucht und doch auch gefunden habe – „nicht?“ Daß neben dem Kaspar „so ein spinnerter fanatismus“ je möglich geworden sei .. und was da in Vitus’ kopf wohl alles durcheinandergeraten sei, „was für ein gottböser, was für ein teuflischer gedanken- und gefühlsbrei“ .. obwohl ja der Vitus, „bei gott“, kein „kraftlackl“, sondern ein eher schüchterner bub immer gewesen sei, da hätten sich der Kaspar und der Vitus prächtig ergänzt, die seien vom gemüt her ja „ganz seelenverwandt“ gewesen. „Aber der Vitus“, habe die Kalber Cäcilia gesagt, „ist dann doch nur bis Hall oder Kufstein gekommen“, so habe es wenigstens geheißen im dorf; „genaueres, nein“ .. nein, genauer habe man es nie erfahren von ihm; aber er sei schon wieder daheim gewesen, „noch bevor die ersten amerikaner nach Aibeln gekommen sind“.26 – Und dann habe die Kalber Cäcilia aus ihrer schwarzen handtasche dieses Bozner Tagblatt, das tatsächlich nur ein einziges übergroßes, auf beiden seiten eng bedrucktes, sechsspaltiges blatt gewesen sei, vergilbt und an den rändern eingerissen und an den faltstellen brüchig, „herausgefingert“ und auf ihrem schoß auseinandergefaltet und lang immer wieder leicht drübergestrichen mit ihrer schönen, dünnhäutigen, altersfleckigen hand. „Als streichle sie eine erinnerung, so streicht die Kalber Cäcilia übers papier“; dieser gedanke, sagt F. –, während sie beide eine zeitlang still dagesessen seien, „einfach stumm und still nebeneinander, ja“, sei ihm diese beobachtung durch den kopf. – Sie hätten ja eigentlich keine zeitungen gelesen damals, habe sie dann gesagt; „und nach Aibeln herauf haben sich zeitungen nur selten verirrt“. Dabei habe sie das Bozner Tagblatt wieder zusammengefaltet, habe es ihm gereicht, sagt F., und gesagt: „Sie können darin lesen über nacht“, am nächsten tag aber, „also am morgigen montag“, da wolle sie „diese zeitung da“ wieder zurück – „und unversehrt, gell, unversehrt!“

Der „Werwolf“ im Rücken des Feindes / Bewegung nationalsozialistischer Freiheitskämpfer in West und Ost / Berlin, 2. April. / Am Ostersonntag erklang aus dem Aether erstmalig der Ruf eines neuen Senders, der sich „Werwolf“ nennt und als Organ einer Bewegung der nationalsozialistischen Freiheitskämpfer an die Oeffentlichkeit tritt, die sich in den besetzten West- und Ostgebieten des Reiches gebildet hat. Das Hauptquartier dieser Bewegung wandte sich über den Sender mit einer Proklamation an das deutsche Volk, die den fanatischen Willen deutscher Männer und Frauen, deutscher Jungen und Mädel in den besetzten Gebieten betont, hinter dem Rücken des Feindes den Kampf für Freiheit und Ehre unseres Volkes fortzusetzen und dem Feinde blutig heimzuzahlen, was er dem deutschen Volke angetan hat. / „Unsere durch grausamen Luftterror zerstörten Städte im Westen, die hungernden Frauen und Kinder längs des Rheins haben uns den Feind hassen gelehrt“, so heißt es in der Proklamation. „Das Blut und die Tränen unserer erschlagenen Männer, unserer geschändeten Frauen und gemordeten Kinder in den besetzten Ostgebieten schreit nach Rache. Die im „Werwolf“ Zusammengefassten bekennen in der Proklamation „ihren festen, unverrückbaren, durch feierlichen Eid bekräftigten Entschluss, sich niemals dem Feinde zu beugen, ihm, wenn auch unter schwierigsten Umständen und mit beschränkten Mitteln Widerstand über Widerstand entgegenzusetzen, ihm unter Verachtung bürgerlicher Bequemlichkeiten und eines möglichen Todes stolz und beharrlich entgegenzutreten und jede Untat, die er einem Angehörigen unseres Volkes zufügt, mit seinem Tod zu rächen“. / Jedes Mittel ist ihm recht, um dem Feind Schaden zuzufügen. Er hat seine eigene Gerichtsbarkeit, die über Leben und Tod des Feindes wie der Verräter an unserem Volke entscheidet. [..] Wenn der Feind glaubt, daß er mit uns leichtes Spiel haben werde und das deutsche Volk genau so wie das rumänische oder bulgarische oder finnische zu Sklavenherden zusammentreiben könne, um es in die sibirischen Tundren oder in die englischen oder französischen Bergwerke zwangszudeportieren, so soll er wissen, daß ihm auch da, wo die deutsche Wehrmacht nach hartem und schwerem Kampfe deutsche Gebiete hat preisgeben müssen, ein Gegner erwächst, mit dessen Vorhandensein er nicht mehr gerechnet hat, der ihm aber um so gefährlicher werden wird, je weniger er Rücksicht zu nehmen braucht auf veraltete Vorstellungen einer sogenannten bürgerlichen Führung, die der Landesfeind nur da anwendet, wo sie ihm zum Vorteil gereicht, aber zynisch außer Geltung setzt, wo sie ihm Nachteil bringen könnte. Haß ist unser Gebet und Rache unser Feldgeschrei!“

Kampf bis zum letzten Atemzug! / Es gibt für uns nur noch eine Parole: siegen oder fallen! / Berlin, 2. April. / Der Leiter der Parteikanzlei Reichsleiter Bormann gibt folgende Anordnung bekannt: / „Nationalsozialisten! Parteigenossen! Nach dem Zusammenbruch von 1918 verschrieben wir uns mit Leib und Leben dem Kampfe um die Daseinsberechtigung unseres Volkes. [..] Der Kampf gegen den ins Reich eingedrungenen Gegner ist überall mit aller Unnachgiebigkeit und Unerbittlichkeit zu führen. [..] wer nicht bis zum letzten Atemzug kämpft: er wird als Fahnenflüchtiger geächtet und behandelt. / Reißt hoch die Herzen und überwindet alle Schwächen! Jetzt gilt nur noch eine Parole: siegen oder fallen! / Es lebe Deutschland! / Es lebe Adolf Hitler!“

BZ. Brixen.Elternversammlung in Teis. In der Schule in Teis wurde eine Elternversammlung durchgeführt, in der der Leiter des Bannausbildungslagers Villnöß, Oberscharführer Franz Falch, über die Kriegslage und über die Notwendigkeit der Ausbildung der Jugend in den Wehrertüchtigungslagern sprach. Die Versammlung wurde von den Besuchern des Bannausbildungslagers mit Liedern umrahmt.27

Am nächsten tag, sagt F., am montagnachmittag also, habe er der Kalber Cäcilia dieses Bozner Tagblatt, das, so habe er noch in der nacht im netz recherchiert, während der deutschen besetzung Südtirols als einzige zeitung zugelassen gewesen sei28, wieder zurückgegeben; und sie habe es vorsichtig in ihre schwarze handtasche getan – als sei „dieses unsägliche propagandablatt“, so habe er gedacht, sagt F., etwas kostbares29, unbedingt aufzu-, zu bewahrendes. Allem anschein nach aber unzufrieden damit, wie oder wo die zeitung in dieser schwarzen, jedoch, wie er nun gesehen habe, mit einem silberglänzenden stoff gefütterten handtasche „eingelagert“ gewesen und also, „wenn man’s !denn so sagen kann“, sagt F., zu liegen oder zu stehen gekommen sei, habe sie sie wieder – und wieder mit aller behutsamkeit – herausgenommen und –30

23Und jetzt erinnere er sich, sagt F., daß ihm die Moosmair Regina, seine andere große auskunftgeberin („und mehr“) über den kalberknecht, „die eigentliche Prantner-Kaspar-spezialistin eigentlich“, deren erzählen er noch zu erzählen habe, daß die ihm erzählt habe, daß der Kasper, so nämlich habe sie den Prantner Kaspar genannt („nennen dürfen“, habe sie gesagt, „wie der Vitus Sültzrather sonst nur“), ihr von seinem erschrecken erzählt habe, wie er sich zum ersten mal – in den sechziger-, gegen ende der sechzigerjahre sei das gewesen, im spätherbst 1969, als er ins feldthurnser altenheim Mittermesserhaus „verfrachtet“, als er, wie er sich ausgedrückt habe, habe die Moosmair Regina gesagt, sagt F., „als ich dem ausgealterten, dem ausgemusterten menschenverein beigetreten worden bin“ –, wie er dort, „im ausgedinge“, zum ersten mal „sich als ganzer“ gesehen habe, „in einem sogenannten ganzkörperspiegel“, der in seinem zimmer an der schranktür angebracht sei, habe er gesagt, er habe nur eine unterhose angehabt, „da bin ich ganz erschrocken über mich“. Er habe sich so ja nicht gekannt, er habe ja nicht gewußt, „wie dürr und langgezogen, wie zaunspeltendürr und elendslang“ sein körper sei, er habe sich bis dahin ja immer ganz anders gefühlt, „einfach stark halt und drahtig .. und halt größer, größer ja“, wie er immer schon gewesen sei, „schon als kind, als kleines kind“ habe er die anderen fast durchwegs „überragt“, und schon bald seien ihm die tore und türen zu klein gewesen und er habe sich den kopf gestoßen ein ums andere mal, bis er sich das verbeugen endlich angewöhnt habe, wenn er durch eine tür sei, durch ein tor – und jetzt, „nach diesem plötzlichen spiegelbild“, habe er sein körpergefühl mit diesem körperbild nicht mehr „zusammengebracht“, da habe nichts mehr „zusammengestimmt“ in ihm. Etwa so, „um nicht zu sagen: genau so“, wenn sie sich recht erinnere, habe er sich ausgedrückt, der Kasper, habe die Moosmair Regina gesagt, er habe ja, „wie Sie ja mittlerweile wissen“, habe sie gesagt, nicht geredet, „wie so ein schöner schöngeist wie du“ (gern erinnere er sich daran, wie sie ihn dabei „angelächelt“ habe) es sich von einem knecht erwartete. Sie selbst, habe sie gesagt, stelle sich seitdem immer wieder vor so einen großen, vor so einen ganzkörperspiegel und schaue sich an und überprüfe und untersuche, ob sie sich selbst, „vor meinem inneren auge“, noch so sehe wie im spiegelbild. Aber manchmal, das sage sie jetzt nur ihm, habe sie gesagt, sagt F., „jetzt in dieser späten julinacht: prost“, habe sie gesagt, „und das hab ich noch keinem gesagt“, habe sie auch angst vor dieser untersuchung, vorm möglichen erschrecken, und schrecke davor zurück und lasse es dann bleiben, „im letzten augenblick“. – „Ach Kasper, Kasper, was hast du da bloß angestellt mit mir“, denke sie dann oft – und eine wehmut überkomme sie.

24Woran wieder einmal zu ersehen und zu bestaunen sei, sagt F., wie lange man sich – wenigstens in teilen Tirols – an die kleiderordnung bzw. an den sog. „sittlichkeitserlaß“ des nur etwa 7 monate „oberkommandierenden“ gastwirts, wein- und pferdehändlers Andreas Hofer vom 25. august 1809 gehalten habe, in dem es heiße: „Viele meiner gueten Waffenbrüder und Landesvertheidiger haben sich geärgert, daß die Frauenzimmer von allerhand Gattungen ihre Brust und Armfleisch zu wenig oder mit durchsichtigen Hadern bedecken, und also zu sündhaften Reizungen Anlaß geben, welches Gott und jedem Christlichdenkenden höchst mißfallen muß. – Man hoffet, daß sie sich zu Hintanhaltung der Strafe Gottes bessern, widrigenfalls aber sich selbst zuschreiben werden, wenn sie auf eine unbeliebige Art mit Koth bedecket werden. / Innsbruck, den 25sten August 1809. / Andreas Hofer, / Ober=Commandant in Tyrol.“ (Leben des Sandwirths Andr. Hofer, Oberanführers der Tyroler in ihren glorreichen Kämpfen von 1809. Vom Vollender des „Marschall Vorwärts.“, Leipzig 1839, S. 135) – Und seine großmutter, sagt F., die ja eigenartigerweise am selben tag gestorben sei, an welchem der Prantner Kaspar nicht mehr heimgekehrt sei ins Mittermesserhaus, am 7. februar 1977 also, „meine großmutter hat bis zu ihrem tod Hofers kleiderordnung befolgt“; und doch habe sie von dieser anordnung, von diesem erlaß nichts gewußt.

25Daß ihm da der song Verschwende deine Zeit von den Toten Hosen eingefallen sei –! .. Auf jeden fall im nachhinein denke er, „wie geil“ es gewesen wäre, wenn in diesem augenblick „dieser“ song über den friedhof gedröhnt hätte, „ganz laut“: „Komm mit uns, verschwende deine Zeit!“

26„Was für ein durcheinander!“, sagt F. Da optiere Jakob Sültzrather, der Kalberbauer, 1939 fürs dableiben, „daheim und in Italien halt“, und also gegen eine abwanderung ins Dritte Reich (vgl. Oberhollenzer, Zuber