Praxisbuch Prozessmanagement - Ayelt Komus - E-Book

Praxisbuch Prozessmanagement E-Book

Ayelt Komus

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Beschreibung

Konsequent umsetzungsorientiert!

Business Process Management (BPM) und angrenzende Themen gewinnen mit zunehmender Digitalisierung, Vernetzung, Geschwindigkeit und Erhöhung der Komplexität weiterhin an Bedeutung. Dieses Werk gibt einen breiten Überblick aus der Praxis mit dem klaren Fokus darauf, was tatsächlich funktioniert und wie sich Prozessmanagement in der unternehmerischen Praxis erfolgreich gestalten lässt.

- Darstellung der größten Herausforderungen und Lösungsstrategien
- Zeigt typische Entwicklungen und gewinnbringende Erfolgswege
- Mit lehrreichen Praxisbeispielen (Best Practice)
- Extra: Mit E-Book inside

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Ayelt Komus Rolf Hofmann

Praxisbuch Prozessmanagement

BPM erfolgreich etablieren und nachhaltig verankern

Die Herausgeber:

Ayelt Komus, KoblenzRolf Hofmann, Zornheim

Alle in diesem Buch enthaltenen Informationen, Verfahren und Darstellungen wurden nach bestem Wissen zusammengestellt und mit Sorgfalt getestet. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen. Aus diesem Grund sind die im vorliegenden Buch enthaltenen Informationen mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autoren und Verlag übernehmen infolgedessen keine juristische Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Art aus der Benutzung dieser Informationen – oder Teilen davon – entsteht.

Ebenso übernehmen Autoren und Verlag keine Gewähr dafür, dass beschriebene Verfahren usw. frei von Schutzrechten Dritter sind. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt deshalb auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen­ und Markenschutz­Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Buches, oder Teilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) – auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung – reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Die Rechte aller Grafiken und Bilder liegen bei den Autoren.

© 2018 Carl Hanser Verlag Münchenwww.hanser-fachbuch.de

Lektorat: Lisa Hoffmann-Bäuml, Damaris Kriegs Herstellung und Satz: le-tex publishing services GmbH Coverrealisation: Stephan Rönigk

Print-ISBN 978-3-446-44925-1 E-Book-ISBN 978-3-446-45243-5 ePub-ISBN 978-3-446-45777-5

Verwendete Schriften: SourceSansPro und SourceCodePro (Lizenz) CSS-Version: 1.0

Inhalt

Titelei

Impressum

1 Einführung

1.1 Ziel und Struktur des Buches

1.2 Dank der Herausgeber

2 Status quo im BPM – Erkenntnisse der Studie "BPM Compass"

3 BPM in der Digital Economy – Agilität, Zielorientierungund Nutzen als Schlüsselfaktoren

3.1 Das Prozessmanagement ist tot – es lebe das Prozessmanagement

3.2 Bekannte Herausforderungen des Prozessmanagements

3.2.1 Der BPM-Jo-Jo-Effekt

3.2.2 Digitalisierung als Herausforderung des Prozessmanagements

3.3 Prozessmanagement digital und agil als Lösungsperspektive

3.3.1 Digitalisierung als Entwicklungsperspektive des Prozessmanagements

3.3.2 Agile Methoden als Antwort auf Komplexität

3.4 Prozessmanagement digital und agil realisieren

3.4.1 Taktung und Prozessgestaltung in kleinen, gleichmäßigen Abschnitten (Sprints)

3.4.2 Product-Owner-Rolle, Backlog-Pflege, Planning und Review

3.4.3 Nutzung weiterer Elemente agiler Methoden

3.5 Digital Economy – Herausforderung und Chance für das BPM

4 Next Generation Process Excellence (NextGenPEx) – BPM fürs digitale Zeitalter

4.1 Die zweite Chance für erfolgreiches Prozessmanagement

4.2 Entstehung der Disziplin Prozessmanagement

4.3 Kritik an den bisherigen Entwicklungen im Prozessmanagement

4.3.1 Kritikpunkt 1: Fehlende strategische Verankerung

4.3.2 Kritikpunkt 2: Fokussierung auf Methoden und Tools

4.3.3 Kritikpunkt 3: Unklarer Anspruch der sogenannten horizontalen Perspektive

4.3.4 Kritikpunkt 4: Inadäquate Rollenmodelle im Prozessmanagement

4.3.5 Kritikpunkt 5: Irrationales Selbstverständnis in puncto Governance

4.3.6 Kritikpunkt 6: Fehlende Integration bestehender Ansätze

4.4 Das Zielbild Next Generation Process Excellence (NextGenPEx)

4.4.1 Entstehung von NextGenPEx

4.4.2 Glaubensgrundsätze und Anspruch

4.4.3 Zielbild NextGenPEx im Überblick

4.4.4 Vorgehen zur strategischen Verankerung

4.4.5 Integriert gesteuertes Projektportfolio

4.4.6 Architektur versus „Enablement“

4.4.7 Integration digitaler Technologien

4.4.8 Einschätzung zur Umsetzbarkeit

5 Bayer AG: Auf dem Weg zu einer prozessorientierten Organisation

5.1 Herausforderung: Entwicklung und Ziele

5.1.1 Entwicklung von "Prozessen" bei Bayer

5.1.2 Motivation für BPM bei Bayer HealthCare

5.1.3 Ziele des Projekts

5.2 Idee: Der Global Process Owner im Mittelpunkt

5.2.1 BPM-Ansätze – Für und Wider

5.2.2 Was soll das? Vom BPM-Mehrwert

5.3 Umsetzung: Vom Vorgehensmodell zur Implementierung

5.3.1 Change Management

5.3.2 Vorgehensmodell

5.3.3 Projektteam

5.3.4 BPM Framework

5.3.5 Rollen und Gremien

5.3.6 Integration mit Nachbargebieten

5.3.7 Integration mit dem Quality Management System

5.4 Ergebnis: Aller Anfang ist leicht – aller Fortschritt ist schwer

5.4.1 Die Balance zwischen zentralen und dezentralen Aufgaben im BPM

5.4.2 BPM nachhaltig etablieren

5.5 Erkenntnisse: Erfolgsfaktoren und neue Herausforderungen

5.5.1 Erfolgsfaktoren

5.5.2 Keep it simple

5.5.3 Neue Herausforderungen

6 Landschaftsverband Rheinland: Zehn Jahre GPM beim LVR – Theorie und Praxis

6.1 Herausforderung: Etablierung von Prozessdenken in einer dezentralen Behörde

6.1.1 Der Landschaftsverband Rheinland und LVR-InfoKom

6.1.2 Ab 2005: Die Anfänge von Geschäftsprozessmanagement im LVR

6.2 Idee: Prozessmodellierung zur Etablierung von Prozessbewusstsein auf Kundenseite

6.3 Umsetzung: Modellierung und Mehrwert

6.3.1 Modellierung und Kommunikation – Modellierung ist Kommunikation

6.3.2 Der Prozessberater – Rolle und Skill

6.3.3 Der Aspekt der Transparenz – Fluch oder Segen?

6.3.4 Abseits vom Standard – Chancen und Grenzen weiterer Werkzeuge

6.3.5 In eigener Sache: GPM innerhalb von LVR-InfoKom

6.4 Ergebnis: Von den Modellen zum Management

6.5 Erkenntnisse: Alles braucht seine Zeit

7 Fresenius Medical Care: Über Umwege zur erfolgreichen Prozessorganisation

7.1 Herausforderung: Prozessharmonisierung in einem dezentralen internationalen Unternehmen

7.2 Idee: Aufbau von zentraler Prozessverantwortung entlang der Wertschöpfungskette

7.3 Umsetzung: Mit Senior-Management-Unterstützung voran in neue Gefilde

7.3.1 Überarbeitung und Schärfung der Rollendefinitionen

7.3.2 Aufbau eines übergreifenden Anforderungsmanagements für Prozesse

7.3.3 Etablierung einer BPM-Community

7.3.4 Etablierung eines Design Decision Boards

7.3.5 Konzeptionen zur Prozessmessung

7.3.6 Zentrales Budget für IT- und Prozessverbesserungen

7.4 Ergebnis: Eine eigenständige BPM-Organisation

7.5 Erkenntnisse: Nicht das Konzept, sondern der People-Faktor ist ausschlaggebend

8 SAP SE: Prozessmanagement mit Wirkung

8.1 Herausforderung: Komplexität verringern, Innovation beschleunigen

8.2 Idee: Run Simple

8.3 Umsetzung: Prozessinfrastruktur

8.3.1 SAP Process Map – eine Orientierungshilfe in der Unternehmensprozesslandschaft

8.3.2 Process Community – zentrales Governance Team versus Verantwortung im Fachbereich

8.3.3 Kontinuierliche Verbesserung

8.3.4 SAP Process Maturity Model

8.3.5 Process-Performance-Messung

8.3.6 Improvement and Productivity Services

8.3.7 PCG Service Catalog

8.3.8 Strategische Projekte

8.4 Ergebnis: Von Papier zu Wirkung

8.5 Erkenntnisse: Wirkung vor Fläche

9 Deutsche Post DHL Group: Die Macht der kleinen Rädchen

9.1 Herausforderung: Prozessverbesserung im multinationalen Großkonzern

9.2 Idee: FIRST CHOICE als Serviceoffensive

9.3 Umsetzung: Kontinuierliche Weiterentwicklung des Konzernprogramms

9.3.1 Bestandteile und Methode

9.3.2 Programm-Set-up

9.3.3 Rollen, Training und Zertifizierung

9.3.4 Prozessverbesserungsinitiativen

9.3.5 Rollout

9.3.6 Entwicklung von FIRST CHOICE

9.4 Ergebnis: Kultur der kontinuierlichen Verbesserung

9.5 Erkenntnisse

10 Merck: Agile BPM Governance – BPM-unterstützte ERP-Rollouts

10.1 Herausforderung: BPM im Wandel der Zeit – Konstanz und Agilität zugleich

10.2 Idee: Struktur als Basis für Flexibilität

10.3 Umsetzung: Agile BPM Governance – BPM-unterstützte ERP-Rollouts

10.3.1 Kommunikation und Netzwerke

10.3.2 Prozessarchitektur, Tools und Methode

10.3.3 Der Prozesslebenszyklus

10.3.4 Individualisierter Zugang zur Prozessdokumentation

10.3.5 Change Management

10.4 Ergebnis: Kontinuität in der Struktur und Agilität in der Umsetzung

10.5 Erkenntnisse: Change Management ist noch wichtiger, als man denkt!

11 Boehringer Ingelheim Pharma: Angewandtes Prozessmanagement im SAP-Umfeld

11.1 Herausforderung: Global standardisiert – lokal adaptiert

11.2 Idee: Nutzung einer BPM Engine für User Centric Workflows

11.3 Umsetzung: Modellierung der Prozesse

11.3.1 Stammdatenanlage/-pflege über SAP BPM

11.3.2 Gutschriftfreigabe mit wertabhängigen Freigabeschritten

11.3.3 Gesteuerter Workflow zur Anlage von Investitionsausgaben

11.3.4 Messung und Monitoring der Prozesse

11.4 Ergebnis: Mehrwert durch einheitliche Prozesse

11.5 Erkenntnis: Generische Prozesse statt zahlreicher Prozessvarianten

12 Maersk Line: GPM als Kernkomponente professioneller Unternehmensführung

12.1 Herausforderung: Umgang mit lokal ausgeprägten Managementprozessen

12.2 Idee: "Maersk Line Operating System" als Standard

12.3 Umsetzung: Regionales Deployment kombiniert mit Change-Management

12.4 Ergebnis: Nachhaltige Steigerung des Unternehmenserfolgs durch MLOS

12.5 Erkenntnisse: Mit dem richtigen Ansatz und Change Management erfolgreich

13 EnBW Energie Baden-Württemberg AG: "Begegnen – Bewegen – Bewirken"

13.1 Herausforderung: Energiewende. Sicher. Machen.

13.2 Idee: Dialogische Operative Exzellenz – "Begegnen – Bewegen – Bewirken"

13.3 Umsetzung: OpEx bewegt

13.3.1 Priorisierungsphase

13.3.2 Werkstattphase

13.3.3 Performance-Phase

13.4 Ergebnis: Bewirken folgt Begegnen und Bewegen

13.5 Erkenntnisse aus "Begegnen – Bewegen – Bewirken"

14 Taifun-Tofu GmbH: Integriertes Managementsystem – Konzept, Sackgassen, Erfolge

14.1 Herausforderung: Kontinuierliches Wachstum und zunehmende Internationalisierung

14.2 Idee: Ein Integriertes Managementsystem als adressatengerechtes Kommunikationsmittel

14.3 Umsetzung: Die Prozessorganisation zum Leben erwecken

14.3.1 Grundlegende methodische Überlegungen

14.3.2 Verbindung zur Aufbauorganisation durch den Einsatz von RACI

14.3.3 Stelle versus Rolle: Über die Verwendung von Pools und Lanes in BPMN 2.0

14.3.4 Umschalten in den Live-Modus: "Das Treppenhaus von oben kehren"

14.3.5 Vom Klassischen zum Agilen: Der Weg von der Prozesslandkarte zur Prozessgestaltung

14.3.6 Verbesserungs- und Veränderungsmanagement als "Motor" der Prozessgestaltung

14.4 Ergebnis: Prozesslogik geht vor Abteilungslogik

14.5 Erkenntnis: Komplexität als Wert erkennen

Die Herausgeber

Die Autoren

1. Einführung
1.1 Ziel und Struktur des Buches

Der vorliegende Herausgeberband soll dem Leser einen praxisbasierten Überblick über erprobte Ansätze im Prozessmanagement geben. Getreu dem Motto „aus der Praxis für die Praxis“ werden erfolgreiche Ansätze und Vorgehensweisen dargestellt, die dem Thema Prozessmanagement in verschiedenen Organisationen zu nachhaltigem Erfolg verholfen haben.

Den inhaltlichen Auftakt hierbei liefern sowohl die Ergebnisse der aktuellen Studie BPM Compass als auch die folgenden Beiträge der beiden Herausgeber. Diese nehmen eine aktuelle und übergreifende Standortbestimmung zum Themenkomplex Prozessmanagement vor. Darüber hinaus geben sie auch einen perspektivischen Ausblick zu den bereits allgegenwärtig spürbaren Einflüssen auf das künftige Wesen des Prozessmanagements im Zeitalter der Digitalisierung.

Der erste Beitrag Status quo im BPM – Erkenntnisse der Studie „BPM Compass“ gibt einen Überblick über den aktuellen Stand, die Ziele und den Nutzenbeitrag des Prozessmanagements. Basis ist eine Studie der Hochschule Koblenz (Ayelt Komus), Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (Andreas Gadatsch) und der Wirtschaftsuniversität Wien (Jan Mendling) mit über 400 Teilnehmern aus der internationalen BPM-Praxis.

In seinem Beitrag BPM in der Digital Economy – Agilität, Zielorientierung und Nutzen als Schlüsselfaktoren stellt Ayelt Komus auf Basis seiner Forschungsaktivitäten und praktischen Erfahrungen dar, wie Digitalisierung und die zunehmende Nutzung agiler Methoden die bisherigen Ansätze im Prozessmanagement herausfordern – aber auch grundlegend neue Möglichkeiten aufzeigen.

Rolf Hofmann komplettiert diese Sicht mit seinen Einblicken und Erfahrungen aus mehr als 15 Jahren Beratungstätigkeit im Prozessmanagement. In seinem Beitrag Next Generation Process Excellence skizziert er, wie sich Prozessmanagement unter aktivem Einbezug digitaler Technologien sowie Nutzung moderner Ansätze der Zusammenarbeit als Innovationsmotor in zukünftigen Organisationen positionieren sollte.

Im Anschluss an die einleitenden Beiträge werden zehn individuelle Erfolgsgeschichten aus der unternehmerischen Praxis dargestellt. Sämtliche Beiträge basieren auf einem gemeinsamen Nenner: Allesamt haben die geschilderten Ansätze und Vorgehensweisen über die letzten Jahre zur erfolgreichen Etablierung und nachhaltigen Verankerung des Prozessmanagements in den jeweils betrachteten Organisationen geführt. Die aufgezeigten Praxisbeispiele entstammen im Wesentlichen aus international führenden Großkonzernen in verschiedenen Branchen, werden aber gezielt durch innovative Ansätze aus dem behördlichen Umfeld sowie aus dem Mittelstand ergänzt.

Bewusst haben sich die Herausgeber bei der Auswahl und Zusammenstellung der Praxisbeispiele und Autoren auf – aus ihrer Sicht – führende Vordenker und erfolgreiche Umsetzer aus der Prozessmanagementpraxis fokussiert. So haben die Autoren mindestens in ihren eigenen Organisationen, zumeist aber auch darüber hinaus, richtungsweisende Strukturen und Erfolgsmodelle im Prozessmanagement entscheidend mitgeprägt.

Jeder Einzelne der ausgewählten Beiträge beschreibt eine abgeschlossene und lesenswerte BPM-Erfolgsgeschichte. Hierdurch sollen die fokussierte Lektüre einzelner Beiträge oder Abschnitte sowie das gezielte Nachschlagen im unternehmerischen Alltag ermöglicht werden. Darüber hinaus war es den Herausgebern wichtig, dass sich das Gesamtwerk als kurzweilige und inspirierende Lektüre sowohl für den BPM-Verantwortlichen als auch den BPM-Interessierten präsentiert.

Zunächst beschreibt Armin Fiedler den seitens Bayer in den vergangenen Jahren eingeschlagenen Weg hin zu einer prozessorientierten Organisation. Ausgehend von der Entstehung – die noch in der damaligen Bayer HealthCare stattfand – beschreibt er die wesentlichen Eckpfeiler zur kontinuierlichen Etablierung eines ganzheitlichen BPM-Ansatzes im Konzern.

Die besonderen Aspekte bei der erfolgreichen Etablierung von ganzheitlichem Prozessdenken im behördlichen Umfeld beleuchtet Ute Pantenburg im Rahmen ihres Praxisberichts zum Landschaftsverband Rheinland (LVR), einem großen Kommunalverband mit etwa 18.000 Beschäftigten.

Armin Heber stellt die Ansätze und Strukturen zum Prozessmanagement in der Fresenius Medical Care dar. In seinem Kapitel liegt der Fokus insbesondere auf der Entwicklung und fortlaufenden Steuerung von international harmonisierten Prozessen. Dabei liefert sein Beitrag wertvolle Erkenntnisse zum Themenkomplex Process Governance. Gerade im Kontext der vielerorts notwendigen Konsolidierung von SAP-/ERP-Landschaften und der damit einhergehenden Harmonisierung der Prozesslandschaft ist der Aufbau einer BPM-Organisation zur künftigen Steuerung der harmonisierten Strukturen (sogenanntes Process Template) ein erfolgsentscheidender Faktor.

Den Prozessmanagementansatz der SAP im eigenen Hause beschreiben Corinne Reisert und Jörg Wacker. Die interne Einheit SAP Productivity Consulting Group (PCG) treibt die Prozessorientierung der SAP auf strategischer, taktischer und operativer Ebene gezielt voran. Über ein entsprechendes Serviceportfolio werden die hierfür notwendigen Kompetenzen und Methoden gebündelt. Die beiden Autoren stellen insbesondere dar, wie sich der Leitspruch „Run Simple“ auch im Kontext BPM nutzen lässt.

Iris Kaib schildert, wie die Deutsche Post DHL die strategische Serviceoffensive FIRST CHOICE des Konzerns kontinuierlich weiterentwickelt und gezielt in die fortlaufende Optimierung der Prozesse übersetzt. Nach einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren gilt das Beispiel der Deutschen Post DHL nach Einschätzung der Herausgeber zu den weltweit führenden Ansätzen der Operationalisierung einer Konzernstrategie mithilfe eines ganzheitlichen BPM. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Integration von zentralen Steuerungsstrukturen mit operativen Optimierungsmethoden wie beispielsweise Lean Management oder Six Sigma.

Den nachhaltigen Wert einer global integrierten Prozessdatenbank (sogenanntes Process Repository) sowie einer entsprechend durchgängigen Prozessarchitektur stellt Beatrix Wiesler am Beispiel Merck dar. Hierbei zeigt sie auf, wie die international dynamisch agierende Merck Group ein stabiles BPM-Rahmenwerk mit agilen Ansätzen vereint. Neben dem Aufbau und der fortlaufenden Betreuung einer globalen BPM-Community wird unter anderem beschrieben, wie sich auch toolseitig landesspezifische Sichten auf Basis der globalen Prozessdatenbank umsetzen lassen.

Mit dem Spannungsfeld zwischen globaler Standardisierung und lokaler Spezifizierung beschäftigt sich auch Torsten Grünewald. In seinem Beitrag zeigt er anhand von drei ausgewählten Beispielprozessen der Boehringer Ingelheim Pharma auf, wie die Nutzung einer BPM Engine bei der effizienten Entwicklung benutzerorientierter Workflows hilft. Auf Basis der langjährigen BPM-Erfahrung im Hause Boehringer Ingelheim Pharma wurde hier explizit eine Lösung entwickelt, um die Gesamtanzahl von Prozessvarianten zu minimieren. So wird z. B. der gezielte Einsatz von Regeltabellen anschaulich erläutert.

Jörg M. Baier stellt das Maersk Line Operating System (MLOS) vor. Dabei wird deutlich, wie sich die wesentlichen Grundgedanken des BPM insbesondere zur globalen Unternehmenssteuerung nutzen lassen. Dementsprechend liegt der Schwerpunkt in diesem Beitrag auf der effektiven Umsetzung von strategischen Plänen und Zielvorgaben mithilfe der Definition und Implementierung von standardisierten Informations- und Entscheidungsprozessen in einer Organisation.

„Begegnen – Bewegen – Bewirken“. Schon mit dem Titel des Beitrags wird deutlich: Neben allen methodischen und strukturellen Aspekten betrachtet Claus Heberling in seiner verantwortlichen Rolle bei der EnBW Energie Baden-Württemberg das Thema Prozessmanagement vor allem aus dem Blickwinkel der Zusammenarbeitskultur. Der dargestellte Ansatz der dialogischen Operativen Exzellenz wurde von ihm über Jahre hinweg kontinuierlich zu einem zeitgemäßen und ganzheitlichen Ansatz des Prozessmanagements weiterentwickelt. Dabei tragen vor allem auch Aspekte der Priorisierung und Ergebnisorientierung zum Erfolg dieses Ansatzes bei.

Valentin Jäger vertritt mit seinem Beitrag zu Taifun-Tofu GmbH in diesem BPM-Praxisbuch den Mittelstand. Auch er sieht den Mehrwert des Prozessmanagements vor allem im Kommunikationsaspekt. So schildert er in seinem Bericht die Entwicklungen und Erfahrungen der Organisation im Zuge der Einführung eines Integrierten Managementsystems (IMS).

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die dargestellten Beispiele zunächst als individuelle und somit organisationsspezifische Erfolgsmodelle zu betrachten sind. Die unreflektierte Eins-zu-eins-Übernahme der dargestellten Ansätze in andere Organisationen ist somit nicht empfehlenswert. Zum einen sind wesentliche Strukturelemente im Prozessmanagement oft untrennbar mit dem jeweiligen Geschäftsmodell verzahnt. Zum anderen stehen auch die dargestellten Kommunikations- und Veränderungsmechanismen stets im Kontext der jeweiligen Unternehmenskultur.

Nichtsdestotrotz – dieses BPM-Praxisbuch erfüllt dann seinen Zweck, wenn jeder einzelne Leser die für sich und seine Organisation geeigneten Ansätze für ein erfolgreiches Prozessmanagement erkennt und wertvolle Umsetzungsideen mitnimmt. Auf dieser Basis gilt es, einen eigenen nutzbringenden Ansatz des Prozessmanagements zu entwickeln.

1.2 Dank der Herausgeber

Allen voran gilt unser Dank jedem Einzelnen der Autorinnen und Autoren. Offensichtlich wäre ein solches Projekt mit klarem Praxisbezug ohne die Bereitschaft und das Engagement der zahlreichen Autoren absolut unmöglich gewesen. Dabei haben uns die Autoren nicht nur ihre äußerst wertvollen Ideen und Erfahrungen zur Verfügung gestellt, sondern zur Verfassung ihrer Beiträge etliche Stunden Arbeit in dieses Buch investiert. Herzlichen Dank hierfür.

Ebenso gilt unser Dank den beteiligten Unternehmen. Es hat uns außerordentlich gefreut, dass die mitwirkenden Organisationen, zumeist vertreten durch den jeweiligen Bereich Unternehmenskommunikation, der Veröffentlichung der verfassten Beiträge zugestimmt haben.

Weiterer Dank gilt dem Carl Hanser Verlag für die Unterstützung bei Konzeption und Erstellung dieses Buches. Stellvertretend für alle beteiligten Mitarbeiter und Lektoren möchten wir uns bei unserer Projektleiterin Frau Lisa Hoffmann-Bäuml außerordentlich bedanken.

Zu guter Letzt gilt unser ganz persönlicher Dank unseren Ehefrauen Sabine Komus und Larissa Hofmann sowie unseren Kindern. Dieses Buchprojekt konnten wir letztendlich nur realisieren, da unsere Familien an zahlreichen Abenden und einigen Wochenenden bereit waren, uns den notwendigen Freiraum zu gewähren und auf unsere „echte“ Anwesenheit zu verzichten. Vielen Dank für euer Verständnis und eure Unterstützung.

Ayelt Komus Koblenz, im April 2018

Rolf Hofmann Zornheim, im April 2018

2. Status quo im BPM – Erkenntnisse der Studie „BPM Compass“

von Andreas Gadatsch, Rolf Hofmann, Ayelt Komus und Jan Mendling

Wichtige Hinweise dazu, wie Prozessmanagement aktuell in der Praxis gelebt wird, gibt eine Studie, die in Zusammenarbeit mit der Hochschule Koblenz (Prof. Komus), der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (Prof. Gadatsch), der Wirtschaftsuniversität Wien (Prof. Mendling) und der Gesellschaft für Prozessmanagement e. V. durchgeführt wurde (vgl. folgend Komus/Gadatsch/Mendling 2016). Die Ergebnisse basieren auf den Angaben von über 400 internationalen Teilnehmern aus dem Jahr 2016. Die Studienteilnehmer repräsentieren einen breiten Mix aus Branchen und Positionen.

Befragt nach den Zielen des Prozessmanagements zeigt sich ein Bild sehr unterschiedlicher Motive für das Prozessmanagement. Wie in früheren Studien spielen bewahrende und sichernde Ziele eine große Rolle. So wird Zielen wie Qualität, Transparenz, Prozessharmonisierung und Erfüllung regulatorischer Ziele eine hohe Bedeutung beigemessen. Explizite Ziele der Innovation – etwa neue Geschäftsmodelle oder digitale Transformation – oder der Kostenreduktion werden erst nachgeordnet genannt (Bild 2.1).

 

Bild 2.1Ziele des Prozessmanagements (Quelle: Komus/Gadatsch/Mendling 2016)

Stellt man den Zielen den Grad der Zielerreichung gegenüber, so zeigt sich, dass in den Bereichen der Abdeckung regulatorischer Anforderungen, Qualität, Kundenzufriedenheit und Transparenz die besten Ergebnisse wahrgenommen werden. Bei Zielen wie Kosteneinsparung oder Unterstützung von Automation liegt die Zufriedenheit im Mittelfeld, während neue Geschäftsmodelle und digitale Transformation aktuell noch schlechter bewertet werden (Bild 2.2).

 

Bild 2.2Ausmaß der Zielerreichung (Quelle: Komus/Gadatsch/Mendling 2016)

Was die Bedeutung des Prozessmanagements im Unternehmen angeht, so überwiegt ein Bild, das von einer zunehmenden Relevanz des Prozessmanagements ausgeht. Aktuell sehen über 60 % der Studienteilnehmer das Prozessmanagement als „eher wichtiges“ oder sogar „sehr wichtiges“ Thema positioniert. Für die Zukunft liegt der gleiche Wert sogar bei über 80 %. Hier zeigt sich wahrscheinlich die Einschätzung, dass mit zunehmender Aufteilung der Wertschöpfung, Globalisierung und Vernetzung auch die Prozesse komplexer werden und entsprechend die Bedeutung des Managements derselben an Bedeutung gewinnt (Bild 2.3).

 

Bild 2.3Relevanz des Prozessmanagements (Quelle: Komus/Gadatsch/Mendling 2016)

Welche Herausforderungen Unternehmen bei der kulturellen Seite des Prozessmanagements sehen, wird in der Frage nach der Einschätzung der aktuellen Unternehmenskultur deutlich. So ist die Arbeit in Projekten für zwei Drittel der teilnehmenden Unternehmen inzwischen selbstverständlich. Veränderung ist für etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen Bestandteil der Unternehmenskultur. Geht es aber um eine Fehlerkultur und unternehmerische Verantwortung, so liegen die Werte bei 40 % oder weniger. Dies lässt auch für die Zukunft große und entscheidende Herausforderungen vermuten, wenn es um die vermeintlich „weichen Faktoren“ eines Prozessmanagements geht, das den Erfordernissen schnellen Wandels und hoher subsidiärer Flexibilität im Rahmen übergeordneter Strukturen durch globale Standards, Strukturen und Compliance-Erfordernissen gerecht wird (Bild 2.4).

 

Bild 2.4Ausprägung verschiedener Kulturelemente der teilnehmenden Unternehmen (Quelle: Komus/Gadatsch/Mendling 2016)

Die prozessorientierte Sichtweise auf das Unternehmen stellt in der unternehmerischen Praxis nur eine von vielen möglichen Managementperspektiven dar. So fungiert das Prozessmanagement in der Regel im Zusammenspiel oder in Koexistenz mit weiteren Ansätzen wie etwa Qualitätsmanagement, Risikomanagement, Compliance und Lean Management. Angesichts der Tatsache, dass der tatsächliche Prozess real nur einmal vorkommt – und zwar unabhängig davon, wie oft und in welcher Form er in den verschiedenen Managementansätzen beschrieben und optimiert wurde –, ist es in der Praxis wichtig, dass die verschiedenen Sichtweisen in Einklang gebracht werden und synergetisch miteinander, nicht gegeneinander wirken. Zudem darf davon ausgegangen werden, dass die verschiedenen Ansätze mit ihren unterschiedlichen Perspektiven jeweils eigene, wertvolle Impulse liefern können. In der Praxis zeigt sich allerdings eine eher isolierte Sicht in vielen Unternehmen. Weniger als 20 % der Teilnehmer sehen die verschiedenen Ansätze für Ihr Unternehmen „eher integriert“ oder „vollständig integriert“ (Bild 2.5). Diese Konstellation lässt an vielen Stellen Potenzial zur Optimierung vermuten, auch wenn dies sicher mit einer erhöhten Komplexität und gesteigerten Abstimmungspotenzialen einhergeht.

 

Bild 2.5Wie stark sind verschiedene Managementansätze integriert? (Quelle: Komus/Gadatsch/Mendling 2016)

Auch innerhalb des Prozessmanagements kann nicht immer von einem durchgängigen Bild gesprochen werden. Nur etwa ein Drittel der Unternehmen gibt an, dass das Prozessmanagement im Unternehmen einheitlich eingesetzt wird. Über 45 % der befragten Unternehmen sehen eine uneinheitliche BPM-Vorgehensweise. Sicher gibt es Konstellationen, in denen es notwendig ist, unterschiedlichen Gegebenheiten und Anforderungen in Form eines differenzierten Prozessmanagements gerecht zu werden. Auch die vielschichtigen und vielfältigen Beiträge dieses Buches geben einen Eindruck davon, wie facettenreich Prozessmanagement in der Praxis sein kann. Nichtsdestotrotz: An vielen Stellen dürfte ein derart heterogenes Bild aber den gängigen Vorstellungen eines durchgängigen und integrierten Prozessmanagements widersprechen (Bild 2.6).

 

Bild 2.6Wird BPM im Unternehmen einheitlich eingesetzt? (Quelle: Komus/Gadatsch/Mendling 2016)

Bezüglich der Faktoren eines nachhaltigen Erfolgs des Prozessmanagements stehen kompetente Mitarbeiter an erster Stelle. Fast gleichauf werden definierte Zuständigkeiten und transparente Kommunikation genannt. Klarheit und Transparenz wurden bereits an anderer Stelle in einer Studie zu den evidenzbasierten Erfolgsfaktoren des Projektmanagements als besonders wichtig ermittelt (vgl. Komus/Heupel 2015). Weitere genannte Faktoren sind die unterstützende Unternehmenskultur und die explizite Managementunterstützung. Interessant: Erst an sechster von acht Stellen werden die geeigneten Methoden positioniert (Bild 2.7).

 

Bild 2.7Erfolgsfaktoren für den nachhaltigen Erfolg des Prozessmanagements (Quelle: Komus/Gadatsch/Mendling 2016)

Bezüglich der Rollen und Gremien des Prozessmanagements zeigt sich, dass in zwei Drittel der befragten Unternehmen Rollen mit Verantwortung für einzelne Hauptprozesse und fachliche Aufgaben in den Prozessen definiert sind.

Deutlicher weniger verbreitet sind sogenannte CPO (Chief Process Officer) und BPM Center of Excellence (CoE). So geben nur ca. ein Drittel der Befragten an, dass eine gesamtverantwortliche Rolle für die Prozesse (CPO) definiert ist bzw. eine dezidierte Organisationseinheit vorhanden ist, die sich mit den Belangen des Prozessmanagements befasst (CoE) (Bild 2.8). Dies ist umso verwunderlicher, da verschiedene Studien in der Vergangenheit den Zusammenhang zwischen nachhaltigem BPM-Erfolg und einer zentralen BPM-Organisationseinheit eindringlich aufzeigen konnten (vgl. Komus et al. 2014, S. 86 ff.).

 

Bild 2.8Definierte Rollen und Gremien für das Prozessmanagement (Quelle: Komus/Gadatsch/Mendling 2016)

Über die zuvor bereits dargestellten Quoten der Zufriedenheit bei der Erreichung der genannten BPM-Ziele lässt sich auch in dieser Studie wieder eine Korrelation zwischen dem wahrgenommenen allgemeinen Unternehmenserfolg im Vergleich zur jeweiligen Branche und den BPM-Bemühungen erkennen. Ähnliche Korrelationen zwischen BPM-Aktivität bzw. BPM-Erfolg und allgemeinem Unternehmenserfolg wurden auch schon in früheren Studien identifiziert (vgl. Komus et al. 2014, S. 45 ff.). In der Studie BPM Compass zeigte sich, dass Unternehmen, die mit ihrem Prozessmanagement zufrieden sind, auch insgesamt erfolgreicher sind (Bild 2.9).

 

Bild 2.9Zusammenhang Zufriedenheit mit Prozessmanagement im Unternehmen und Einschätzung „Unternehmen ist erfolgreicher als andere Unternehmen der Branche“ (Quelle: Komus/Gadatsch/Mendling 2016)

Es handelt sich hierbei zunächst um eine Korrelation und keine Kausalität, der sogenannte Dunning-Kruger-Effekt (Überschätzung der eigenen „Fähigkeiten“ in derartigen Studien) spielt eine Rolle und die Stichprobe ist eher klein (zur Verdeutlichung wurden die ca. 20% der Unternehmen, die ihren Erfolg als neutral bewertet haben, aus der Betrachtung herausgenommen). Trotzdem liefern die Studienergebnisse klare Hinweise darauf, dass Prozessmanagement nicht nur hinsichtlich der im Einzelnen definierten Prozessmanagementziele erfolgreich ist, sondern dass zudem ein positiver Zusammenhang mit dem Gesamterfolg des Unternehmens besteht.

Quellen

Komus, Ayelt et al. (2014): Studienbericht Metastudie „BPM Quintessenz“, verfügbar unter: http://www.bpm-quintessenz.de/

Komus, Ayelt; Gadatsch, Andreas; Mendling, Jan (2016): Internationale Studie „BPM Compass“ – Interessenbericht – Version 1.0, verfügbar unter: www.process-and-project.net/studie-bpm-compass

Komus, Ayelt; Heupel, Thomas (2015): „Erfolgsfaktoren im Projektmanagement. Studie zur Ermittlung evidenzbasierter und relevanz-orientierter Erfolgsfaktoren des Projektmanagements“, verfügbar unter: www.erfolgsfaktoren-projektmanagement.de

3. BPM in der Digital Economy – Agilität, Zielorientierungund Nutzen als Schlüsselfaktoren

von Ayelt Komus

Digitalisierung und eine Welt zunehmender Vernetzung, Komplexität und Unsicherheit lassen die Bedeutung der Geschäftsprozesse weiter zunehmen. Entsprechend gilt es, sicherzustellen, dass das Prozessmanagement auf die neuen Herausforderungen wie etwa höhere Flexibilität, schnellere Nutzenerbringung und weiter gestiegene Kundenorientierung ausgerichtet ist. Zugleich müssen Schwächen, die schon aktuell häufig zu Akzeptanzproblemen führen, weiter reduziert werden.

Als Lösungsstrategien bieten sich die Digitalisierung sowohl des Prozessmanagements als auch der zu gestaltenden Prozesse sowie die Nutzung agiler Methoden an. Wichtige Elemente sind dabei der Einsatz neuer BPM-Werkzeuge und insbesondere auch die Nutzung agiler Methodenelemente wie die Strukturierung des Vorgehens in Sprints oder die Einführung einer Product-Owner-Rolle und verschiedene andere agile Elemente und Techniken. So können in der Praxis häufig auftretende Schwachstellen genauso adressiert werden wie die neuen Herausforderungen durch Digitalisierung und erhöhte Komplexität. Entscheidender Faktor ist dabei allerdings nicht nur die formale Übernahme agiler Methodenelemente, sondern auch die Einführung gelebter agiler Werte.

3.1 Das Prozessmanagement ist tot – es lebe das Prozessmanagement

Digitalisierung und Globalisierung stellen die Welt gefühlt täglich neu auf den Kopf. VUKA als Kurzform für zunehmende Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität prägt die betriebswirtschaftliche Diskussion und führt zu Verunsicherung bei Mitarbeitern und im Management. Infolgedessen steht auch das Prozessmanagement vor neuen Herausforderungen.

Mit der zunehmenden Vernetzung unterschiedlichster Akteure und Objekte und mit immer schnelleren Veränderungen in den Abläufen gewinnt die Fähigkeit, Prozesse zielgerichtet zu gestalten und zu steuern, weiter an Bedeutung. In der Studie „BPM Compass“ (vgl. Komus/Gadatsch/Mendling 2016) geben mehr als 80 % der über 300 Befragten an, dass BPM im Zuge der Digitalisierung wichtiger wird. Auch bezüglich der weiteren Faktoren wie Industrie 4.0, Big Data und Cloud Computing überwiegt die Zahl derjenigen Studienteilnehmer, die einen positiven Einfluss auf die Bedeutung des Prozessmanagements sehen, deutlich. Bild 3.1 zeigt die einzelnen Ergebnisse.

 

Bild 3.1Digitalisierung und andere Faktoren als Treiber des BPM (Quelle: Komus/Gadatsch/Mendling 2016)

Zugleich fällt aber auf, dass das Thema Prozessmanagement in der allgemeinen Diskussion um Digitalisierung nur selten explizit genannt wird. Häufig stehen eher Begriffe wie Big Data, Internet of Things, Data Intelligence, agile Methoden oder Lean Startup im Vordergrund.

Auch aus der Perspektive des Prozessmanagements wird diese Diskrepanz deutlich. Unter zwölf zur Auswahl gegebenen Zielen des Prozessmanagements dominieren tradierte Ziele wie die Verbesserung der Qualität und die Erhöhung der Transparenz mit einer Bewertung von über 80 %. Die Unterstützung der digitalen Transformation erreicht mit unter 50 % gerade einmal das untere Mittelfeld der BPM-Ziele (Bild 3.2). Die Dominanz „bewahrender“ Ziele – während innovativere Ziele eher im Hintergrund stehen – lässt den Schluss zu, dass die Sichtweise der Studienteilnehmer stark von den Herausforderungen des aktuellen Tagesgeschäfts geprägt wird. Sowohl Arbeitsinhalte wie die formale Dokumentation und Gestaltung der Ablauf- und Aufbauorganisation, Unterstützung bei der Einführung und Entwicklung von IT-Systemen, Qualitätsmanagement, Zertifizierungen und Compliance („Business Process Modelling and Analysis – BPMA“) als auch die IT-Systemunterstützung von Prozessen durch entsprechende IT-Werkzeuge machen weiterhin große Anteile des Tagesgeschäfts aus und finden sich in den genannten Zielen wieder. Ähnliches lässt sich auch in der Erhebung des „IT-Radars für Prozess- und IT-Management“ (Komus/Gadatsch/Kuberg 2016) beobachten.

 

Bild 3.2Ziele des Prozessmanagements (Quelle: Komus/Gadatsch/Mendling 2016)

Soll das Prozessmanagement seiner Rolle im Kontext der Digitalisierung und des beschleunigten Wettbewerbs gerecht werden, so gilt es zu verstehen, welche Herausforderungen das Prozessmanagement bereits heute prägen und beschäftigen. Darauf aufbauend sind die zusätzlichen und veränderten Aufgaben und Anforderungen zu erkennen, die das Prozessmanagement der Zukunft prägen werden. So werden die Ansatzpunkte zur Stärkung und Neuausrichtung des Prozessmanagements der Zukunft deutlich. Die Prinzipien und Ansätze der sogenannten agilen Methoden stellen dabei wichtige Anhaltspunkte bereit, wie sich das Prozessmanagement entwickeln kann.

3.2 Bekannte Herausforderungen des Prozessmanagements
3.2.1 Der BPM-Jo-Jo-Effekt

Wie oben dargestellt, werden die Zielsysteme des Prozessmanagements oftmals von „bewahrenden“ Themen dominiert. Dieser Umstand führt auch dazu, dass das Prozessmanagement in vielen Fällen in einem kontinuierlichen Kampf um die Wahrnehmung der Relevanz und des Wertbeitrags – gerade in Zeiten der Digitalisierung – verstrickt ist. In vielen Unternehmen ist das Prozessmanagement aus diesem Grund durch wechselhafte Wertschätzung und Managementaufmerksamkeit geprägt. So stellen über 30 % von über 300 befragten Unternehmen in der genannten Studie „BPM Compass“ fest, dass die Nutzungsintensität des Prozessmanagements in den letzten zehn Jahren starken oder sehr starken Schwankungen unterlag.

Dabei ist die Notwendigkeit eines systematischen und effektiven Prozessmanagements offensichtlich:

In der unternehmerischen Praxis dominieren funktional gegliederte Organisationsstrukturen. Dies hat gute Gründe: Funktionale Spezialisierung ermöglicht die Realisierung vieler Vorteile, so etwa ausgeprägte und schnelle Lerneffekte entlang der Funktion oder die Nutzung von funktional spezialisierten Ressourcen wie Maschinen und Systemen, beispielsweise zum Fräsen, Bohren, Versenden von Werbemailings, zur Bewertung von Bonitäten und vielem mehr.

Mit der Strukturierung nach Funktionen ergibt sich aber ein Problem. Die kundenorientierte Wertschöpfung verläuft über mehrere funktionale Organisationsbereiche. Der Nutzen für den Kunden ergibt sich allerdings erst durch das Zusammenspiel der verschiedenen Funktionen. Kein Kunde möchte etwa nur eine Bestellbestätigung oder ein Produkt ohne Lieferung, ohne Service, ohne Rechnung erhalten.

Die verbreiteten funktionalen Organisationsstrukturen sowie Weisungs- und Kommunikationsbeziehungen fokussieren aber vor allem eine Abstimmung und Optimierung innerhalb der Funktionen, während die Prozessperspektive nicht strukturell unterstützt wird. In der Folge kann es zu fehlender Kundenorientierung, geringer Flexibilität, mangelnder Transparenz, fehlender Optimierung, lokalen Optima etc. kommen. Zur Vermeidung dieser Defizite bedarf es eines systematischen Prozessmanagements (Bild 3.3).

 

Bild 3.3Prozesse und Abteilungen

Allgemein kann also die Bedeutung performant gestalteter Prozesse und eines guten Prozessmanagements nicht infrage gestellt werden. Gleichwohl scheint es – wie zuvor in den Studienergebnissen des „BPM Compass“ dargestellt – vielen Unternehmen nicht zu gelingen, das Prozessmanagement nachhaltig und stabil zu entwickeln.

Vielmehr zeigt die Praxis in vielen Unternehmen das Auftreten eines „BPM-Jo-Jo-Effekts“. Die Prozessmanagementaktivitäten pendeln zwischen Höhen und Tiefen. In den Hochzeiten wird die Notwendigkeit zur aktiven Verfolgung der prozessorientierten Perspektive verstanden und in Form eines systematischen Prozessmanagements umgesetzt. In dieser Hochphase wird Prozessmanagement mit großem Aufwand betrieben. Oft werden zeitintensive Prozessmodellwelten erstellt. Häufig werden auch übersteigerte Erwartungen mit dem Prozessmanagement verbunden, die zwangsläufig zu Enttäuschungen führen. So etwa deshalb, weil das BPM nur im Kanon mit anderen funktionierenden Disziplinen wie der Unternehmenskultur, guter Führung sowie gutem IT- und Projektmanagement die gewünschten Resultate in vollem Ausmaß liefern kann. Ein weiterer Grund, warum das Prozessmanagement oft erst später als erwartet die gewünschten Resultate erbringt, ist das verbreitete Vorgehen auf Basis klassischer, auf lange Sicht und eher späten Nutzen angelegter sequenzieller Phasenmodelle.

Vielfach ist zu beobachten, dass mit dem Aufbau des Prozessmanagements in sehr grundlegenden, langen Phasen vorgegangen wird und beispielsweise zunächst Fragen der Methodik und der Auswahl geeigneter Werkzeuge im Vordergrund stehen. Später wird oftmals in einem sehr breiten Ansatz versucht, Prozesse umfassend aufzunehmen, zu modellieren und zu analysieren, bevor es an die Optimierung geht. Diese Vorgehensweise führt dazu, dass Nutzen erst spät realisiert wird und Lernen bezüglich der Methodik erst nach längerer Zeit erfolgen kann. Weiterhin wird in diesem Szenario oftmals der später resultierende Aufwand für die Korrektur und Aktualisierung („Wartung“) von Prozessen und Prozessmodellen unterschätzt (Bild 3.4). Aufgrund des relativ breiten Fokus bei der Prozessaufnahme und dem damit verbundenen späten Lerneffekt wird dieses Unterschätzen erst spät, oft zu spät, realisiert.

 

Bild 3.4Negativszenario Nutzenentfaltung Prozessmanagement

Gelingt es in der Begeisterungsphase für das Prozessmanagement also nicht,

die Erwartungen auf ein realistisches Maß einzupegeln,

sichtbare und fundierte Erfolge zu liefern,

unmittelbare Beiträge zum allgemeinen Unternehmenserfolg zu leisten,

Aufwände für Nacharbeiten und Aktualisierung („Wartung“) von Konzepten und Modellen rechtzeitig zu antizipieren und auf ein akzeptables Maß zu reduzieren,

so besteht die ausgeprägte Gefahr, dass mit zunehmender Frustration die Akzeptanz und Wertschätzung der Aktivitäten des Prozessmanagements deutlich zurückgehen. In der Praxis führt dies oft dazu, dass eine Gegenbewegung stattfindet. Einer Phase der positiven Euphorie folgt ein „Bashing“ aller Aktivitäten, die mit dem Prozessmanagement in Zusammenhang stehen wie in Bild 3.5 dargestellt.

 

Bild 3.5BPM-Jo-Jo-Effekt

Ein derartig schwankender Verlauf der Intensität der BPM-Aktivitäten ist natürlich nicht zielführend: In den Hochzeiten werden unnötig viele Ressourcen gebunden, Inhalte aufgebaut, die später keinen Nutzen entfalten, und Erwartungen geschürt, die später zu Enttäuschungen führen. In der späteren Phase der Vernachlässigung des Prozessmanagements kommt es hingegen zu den typischen Defiziten durch unzureichendes BPM: Lokale, nicht abgestimmte Optimierungsaktivitäten gehen zulasten der Gesamt-Performance, es fehlen Transparenz und Kundenorientierung sowie Flexibilität und Steuerungsfähigkeit in den Prozessen.

In der Praxis zeigt sich, dass einige Verantwortliche des Prozessmanagements sich der Risiken einer nur zyklischen Unterstützung für das Prozessmanagement nicht ausreichend bewusst sind oder ihnen die Gründe und sinnvolle Gegenmaßnahmen nicht bekannt sind. Der Verfasser konnte in mehreren Hundert Unternehmen durch Workshops, Beratungsprojekte, Gespräche und Unternehmensbesuche Eindrücke von den praktizierten Prozessmanagementaktivitäten erhalten. Nicht immer zeigte sich ein Bild, in dem das Prozessmanagement in Bezug auf Wertbeitrag und Visibilität des Nutzens optimal aufgestellt war. Während in führenden Unternehmen das Prozessmanagement sehr gut aufgestellt ist und mit sichtbarem Nutzen an den übergeordneten strategischen Zielen des Unternehmens ausgerichtet ist (vgl. Komus 2011), tun sich andere Unternehmen schwer damit, das Prozessmanagement nachhaltig aufzustellen. An vielen Stellen spielte dabei auch die Schwerpunktsetzung in Richtung Modellierung und formaler Aspekte eine übermäßig gewichtige Rolle. Dies korrespondiert mit den bereits dargestellten Studienergebnissen (Bild 3.2) mit der Fokussierung auf „bewahrende“ Themen in Abgrenzung zu Innovations- und Wachstumsthemen. Diese ist zwar nachvollziehbar, aber zugleich auch ein Faktor für erschwerte Akzeptanz und Unterstützung durch das Topmanagement. Mit der zunehmenden Bedeutung flexibler und innovativer IT-gestützter Geschäftsprozesse dürfte die hier zutage tretende Lücke eher größer denn kleiner werden.

Soll die Akzeptanz des Prozessmanagements gesichert werden, damit das Prozessmanagement nachhaltig und stabil betrieben werden kann, so müssen folgende Faktoren im Vordergrund des Managements der Geschäftsprozesse stehen:

Nutzen

Der Nutzen leitet sich unmittelbar aus den Erfordernissen und Zielen des Geschäfts ab. Die anzustrebenden Ziele können dabei sehr unterschiedlicher Natur sein. Abhängig von der jeweiligen Konstellation kann etwa die Abdeckung von Compliance-Erfordernissen genauso ein Ziel sein wie die Unterstützung von Kostenzielen oder die Ableitung von IT-Erfordernissen. Zu diesem Zweck existieren diverse Modelle, die beschreiben, wie Strategie, Ziele und Priorisierung des Prozessmanagements aus den Zielen der einzelnen Geschäftsfelder abgeleitet werden können (vgl. etwa Schulte-Zurhausen 2014, S. 81 ff. oder Schmelzer/Sesselmann 2013, S. 81 ff. und diverse andere).

Bild 3.6 zeigt den grundsätzlichen Ablauf einer strategischen Zielableitung für Prioritäten und Ziele von Geschäftsprozessen.

 

Bild 3.6Ableitung von Prioritäten und Zielen von Geschäftsprozessen und Geschäftsprozessmanagement

Priorisierung und Fokussierung des Prozessmanagements

Selbst wenn – wie oben dargestellt – eine zielgerichtete Ausrichtung des BPM gesichert ist, bleibt noch die Herausforderung, die notwendigen Aktivitäten in sinnvollem Umfang zu dimensionieren und zu priorisieren. Die Praxis zeigt, dass viele Unternehmen den Aufwand und auch die späteren Pflegeaufwände, um Modelle aktuell zu halten, Inhalte und Ideen von Abläufen und Methodik zu vermitteln, und andere Folgeaufgaben unterschätzen. Zu viele Prozesse werden parallel angegangen. Es wird versucht, alle Prozesse eines Bereichs im Detail aufzunehmen, was sich in der Praxis als wenig sinnvoll und kaum realisierbar erweist. Erfolgreiche BPM-Aktivitäten fokussieren hingegen klar bezüglich Scope und verfolgter Ziele. Sie berücksichtigen, dass Prozessmodelle immer auf einen bestimmten Zweck ausgerichtet sind und es in der Modellierung keine universellen Modelle für jeden Zweck gibt. Auch die oftmals schnell notwendig werdenden Aufwände zur Einarbeitung von Änderungen werden ausreichend berücksichtigt.

Zeitnahe Nutzenentfaltung und Lernen

In der Praxis gelten BPM-Aktivitäten leider vielfach als eher langwierig und wenig flexibel. Umso mehr gilt es, das Prozessmanagement so zu steuern, dass sich der angestrebte Nutzen zeitnah entfaltet. Anstelle langfristiger Projekte, die der Organisation über viele Quartale Geduld abfordern, sollten schnelle Erfolge stehen, die eventuell weniger umfangreich, aber direkt sichtbar und erlebbar sind. Lösungen, die sicher und kurzfristig ein 90 %-Optimum als Verbesserungen realisieren, sind angestrebten 100 %-Lösungen gegenüber vorzuziehen. Dies gilt umso mehr, wenn das Prozessmanagement in der Organisation bisher noch keine Reputation aufbauen konnte – etwa weil es noch jung ist.

Für die Realisierung schneller Ergebnisse spricht auch der Wunsch, schnell zu verstehen, welche Verbesserungen tatsächlich mit welchem Aufwand umsetzbar sind. Vielfach zeigt sich erst in der Umsetzung, welche Maßnahmen tatsächlich realisierbar sind und wie gut sie greifen.

Transparenz und Zurechenbarkeit von BPM-Erfolgen

Schließlich gilt es unbedingt darauf zu achten, dass realisierte Erfolge in der Organisation auch verstanden und gewürdigt werden. Es ist eine Bringschuld des Prozessmanagements, Erfolge transparent zu machen. Dies kann in unterschiedlichster Form – beispielsweise durch Messen, Infowände, Veranstaltungen und vieles mehr – geschehen.

3.2.2 Digitalisierung als Herausforderung des Prozessmanagements

Benötigte das Telefon noch 75 Jahre, um 100 Millionen Nutzer zu erreichen, so dauerte es bei WhatsApp weniger als zweieinhalb Jahre (Bild 3.7). Zugleich verteilen sich die Wertschöpfung und Produktion in immer komplexeren Netzen über die unterschiedlichsten Länder, Standorte und Unternehmen. Vor allem aber ist nicht nur die Produktion und Entwicklung von Produkten zunehmend komplexer und verteilter, auch die Produkte selbst interagieren in einem nie da gewesenen Maße untereinander. Zugleich entwickeln sich die Produkte auch nach Abschluss der initialen Produktion zunehmend im Einflussbereich der Kunden fortlaufend weiter.

 

Bild 3.7Jahre, bis 100 Millionen Nutzer erreicht wurden (Statista nach: Key Issues for Digital Transformation in the G20)

Ein Auto war früher beispielsweise noch ein abgeschlossenes System, das vereinfacht dargestellt mit Treibstoff, ein wenig Öl, Luft, Wasser und hier und da einer Inspektion funktionierte. Inzwischen ist es ein hochgradig vernetztes System, das sich mit Mobiltelefonen, Tablets, mit anderen Autos und Verkehrsinformationen vernetzt. Im Kontext von autonomem Fahren, Vernetzung und Digitalisierung gehört das Bild des Fahrzeugs, das – hat es einmal die Produktionsstraße verlassen – bis zum Ende seines Produktlebens praktisch unverändert fährt, der Vergangenheit an. Vielfache Updates Over-the-Air oder (noch) in der Werkstatt und nicht zuletzt vermehrte Rückruf- und qualitätssichernde Maßnahmen zeigen, dass auch das Auto zum Produkt wird, das sich laufend weiterentwickelt und wandelt. Dabei ist das Auto nur ein Beispiel für die Veränderungen, die aktuell in den verschiedenen Branchen stattfinden.

Bereits heute zeigt sich, dass die digitale Transformation an vielen Stellen zu neuen Konstellationen im Wettbewerb allgemein, aber auch in vielen Teildisziplinen führt.

So hat sich beispielsweise unter den Top Ten der Marken nach Wert die Zahl der digital getriebenen Marken in den Jahren von 2006 bis 2016 von vier auf acht verdoppelt (Bild 3.8).

 

Bild 3.8Digitale Marken unter den Top Ten (nach Millward Brown in Wikipedia)

Noch bedeutsamer als Beschleunigung ist allerdings die zunehmende Vernetzung und daraus resultierende steigende Komplexität und Dynamik in Prozessen und Abhängigkeiten. Entwicklungen in Richtung Big Data, Internet of Things und Industrie 4.0 basieren alle darauf, dass die Anzahl der vernetzten digitalen Knoten dramatisch ansteigt und die bisherigen Empfänger zugleich auch mit Sensorfunktionalitäten als Sender fungieren. Empfing früher eine vernetzte Maschine Befehle, so ist diese Maschine heute meist auch mit Sensoren ausgestattet, die beispielsweise Auskunft über den aktuellen Wartungsstatus, Vibrationen, den Standort oder die Temperatur geben. Zugleich basieren immer mehr Systeme in ihrer Funktionsweise auf dem Austausch von Informationen und Wissen. Im Gegensatz zu früheren Formen der Vernetzung über Objekte und Organisationen hinweg, findet dieser Austausch nicht mehr nur über definierte Standards statt, vielmehr werden auch unstrukturierte Daten und Daten unterschiedlicher Formate nahtlos miteinander vernetzt. Basierte beispielsweise der Austausch zwischen EDI-Systemen oder beim Intercompany-Austausch zwischen Unternehmens-ERP-Systemen auf vorab definierten Datenformaten, so fügen viele aktuelle Systeme auch unstrukturierte Daten zu einem zusammenhängenden Bild zusammen; etwa wenn unstrukturierte Suchabfragen aus einer Suchmaschine mit den Geodaten eines Systems mit den Daten zum Besuchsverhalten auf einer Webseite in Zusammenhang gebracht werden.

Weitere wichtige Aspekte der Digitalisierung, die eine große Bedeutung für die Gestaltung von Geschäftsprozessen haben, sind:

Zunehmende Bedeutung künstlicher Intelligenz

Künstliche Intelligenz mit dem inzwischen oft genutzten „Deep Learning“, in dem die zugrunde liegenden Entscheidungsregeln nicht mehr im Einzelnen nachvollzogen werden können, schaffen neue Möglichkeiten zur Unterstützung und Vorhersage. Zugleich entziehen sich Prozesse, die auf Basis künstlicher Intelligenz gesteuert werden, zunehmend einer Modellierung und einem Verständnis der Prozesse durch die Nutzung bisheriger Ansätze. Dies betrifft sowohl die resultierenden Zielvorgaben für die Geschäftsprozesse als auch die Erkenntnisse und Anhaltspunkte zur Prozessoptimierung selbst.

Zunehmende Bedeutung von Plattformen und Big Data

In den Bereichen der Predictive Analytics zeigen Unternehmen wie Google, Apple oder Facebook, welche Möglichkeiten sich durch die Entwicklung und Nutzung übergreifender Plattformen ergeben. Durch die Verknüpfung großer, nur gering strukturierter Datenbestände beispielsweise aus der Suche (Google Search), Geoinformationen (Google Maps) und Smart-Home-Informationen (Google Nest) lassen sich Verhaltensmuster ableiten und Konsumwünsche prognostizieren. Mithilfe der Potenziale der künstlichen Intelligenz erschließen sich auf Basis der neuen Plattformen viele Möglichkeiten zur Optimierung von Abläufen, aber auch zur Schaffung neuer Prozesse. Dies zeigen etwa die Überlegungen Amazons, Artikel bereits vor Eingang der einzelnen Bestellungen auf den Versandweg zu bringen.

Zunehmende Bedeutung von Robotern

Neben der Zunahme von Robotern, die über eigene Körperlichkeit verfügen, wie humanoide Roboter oder Industrieroboter, spielen in letzter Zeit auch zunehmend virtuelle Roboter (oft auch als „Bots“ bezeichnet) eine wichtige Rolle, etwa als Bots für Suchmaschinen oder im Rahmen der sogenannten Robotic Process Automation (RPA).

Wachsende Möglichkeiten und Bedeutung additiven Druckens (3-D-Druck)

Mit dem „Erwachsenwerden“ des additiven Druckens verändern sich Produktions- und Logistikketten. Beispiele wie die Produktion von Turnschuhen in Deutschland durch Unternehmen wie Adidas zeigen, dass mit dem 3-D-Druck neue Geschäfts- und Logistikmodelle machbar sind. Während früher vor allem Kostenaspekte die Auslagerung der Produktion ins Ausland trieben, lassen sich mit höherer Flexibilität und Losgröße ganz neue Produkte und Logistikansätze realisieren.

Bei der Einordnung der dargestellten Entwicklungen ist es wichtig zu berücksichtigen, dass diese in aller Regel nicht isoliert voneinander stattfinden. Vielmehr gibt es sehr weitreichende Wechselwirkungen, die sich in vielen Fällen gegenseitig verstärken. In Summe finden Veränderungen schneller und schwieriger vorhersehbar statt, wie es in den eingangs beschriebenen kürzeren Zeiten zur Einführung neuer Produkte und der zunehmenden Dominanz digital getriebener Unternehmen deutlich wird.

Diese Veränderungen müssen bei der Weiterentwicklung des BPM-Managementansatzes eine zentrale Rolle spielen. Einige mögliche Ansätze werden im Folgenden beschrieben.

Herausforderung in Kürze

Schon seit Langem tun sich viele Organisationen schwer damit, das Prozessmanagement so zu steuern, dass Nutzen schnell und transparent generiert wird. Im negativen Fall führt dies zu mangelnder Akzeptanz und dann zum BPM-Jo-Jo-Effekt.

„VUKA“, Digitalisierung und Globalisierung stellen strukturell neue Anforderungen an das Prozessmanagement; bedeuten aber auch eine Chance für das Prozessmanagement.

Klare Priorisierung, schnelle Realisierung von Mehrwert und hohe Nutzentransparenz sind Schlüsselfaktoren des BPM-Erfolgs.

Dies gewinnt mit der Digitalisierung weiter an Bedeutung. Zugleich bieten agile Methoden und Digitalisierung Möglichkeiten, die bekannten, aber auch die neuen Herausforderungen systematisch und vielversprechend anzugehen.

3.3 Prozessmanagement digital und agil als Lösungsperspektive

Auf der Suche nach neuen Ansätzen zur Gestaltung des Prozessmanagements sind zwei Ansätze besonders vielversprechend: Eine konsequente Umsetzung und Nutzung der Digitalisierung für das Prozessmanagement selbst sowie die Nutzung der Elemente agiler Methoden wie Scrum oder Kanban, die bereits an anderer Stelle gezeigt haben, dass sie eine sinnvolle Option zur Bewältigung komplexer Herausforderungen darstellen.

3.3.1 Digitalisierung als Entwicklungsperspektive des Prozessmanagements

Während in der Vergangenheit oftmals die digital gestützte Modellierung von Geschäftsprozessen mit späterer Umsetzung dominierte, ergeben sich durch die Digitalisierung neue Möglichkeiten, auch aus bestehenden Prozessen Informationen abzuleiten.

Unterschiedlichste Quellen können digital ausgelesen und die tatsächlich ausgeführten Prozesse ermittelt und modelliert werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, Prozesse und Prozessvarianten bezüglich ihrer Häufigkeiten auszuwerten oder einzelne Prozesse digital zu überwachen und, wo nötig, Maßnahmen zu ergreifen.

Grundsätzlich bestanden diese dargestellten Möglichkeiten auch schon früher. Sogenannte BPMS, also Business Process Management Systems, unterstützen schon seit vielen Jahren die operative Umsetzung formulierter Prozesse. Außerdem bestehen verschiedene Systeme, die aus operativen Systemen, wie beispielsweise SAP-Systemen, Transaktionsdaten auslesen und diese zu Prozessen verknüpfen. Mit den neuen Möglichkeiten von Big Data und künstlicher Intelligenz können nun zunehmend auch weniger strukturierte Daten ausgelesen und interpretiert werden.

Mit der sogenannten Robotic Process Automation (RPA) ist es möglich, Prozesse über bestehende IT-Anwendungen hinweg zu integrieren und die Ausführung zu automatisieren. Dabei können insbesondere einfache Aufgaben, beispielsweise die Übertragung von Daten von einem System in das andere, übernommen werden, ohne weitergehende technologische Änderungen notwendig zu machen. Mit zunehmender Leistungsfähigkeit von künstlicher Intelligenz sind hier noch weitreichende Verbesserungen zu erwarten. Verknüpft mit den Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz ergeben sich hier grundlegend neue Möglichkeiten zur Optimierung von Prozessen (für einen Überblick vgl. Allweyer 2016). Vielfach wird mit diesen neuen technologischen Möglichkeiten der Prozessunterstützung aber auch ein Weg aufgezeigt, der eine sonst eventuell grundlegende Überarbeitung der IT-Landschaft in Richtung einer verbesserten prozessorientierten Struktur vermeidet oder aufschiebt. Dies birgt die Gefahr, grundlegend unvorteilhafte IT-Architekturen zu lange aufrechtzuerhalten.

3.3.2 Agile Methoden als Antwort auf Komplexität

In den letzten Jahren haben agile Methoden einen starken Aufschwung genommen. Agile Methoden wurden zunächst im IT-Entwicklungsumfeld genutzt und haben in den letzten Jahren zunehmend auch in den Bereichen der Standardsoftwareeinführung und des allgemeinen Projektmanagements an Bedeutung gewonnen. Agilen Methoden werden besondere Potenziale zugeschrieben, um den Herausforderungen durch erhöhte Komplexität und Digitalisierung zu begegnen, während Steuerungsmethoden wie die klassische Langfristplanung im Detail (Big Design Up Front – BDUF) in dieser Aufgabenkategorie als wenig geeignet eingestuft werden.

Die Studien „Status Quo Agile“ aus den Jahren 2012, 2014 und 2016/2017 zeigen die deutlich positivere Bewertung agiler Methoden wie Scrum oder Kanban im Vergleich zum klassischen Projektmanagement (vgl. Komus et al. 2017).

 

Bild 3.9Zufriedenheit mit Methoden in verschiedenen Bereichen (Quelle: Komus et al. 2017)

Besonders positiv hervorgehoben werden im Zusammenhang mit agilen Methoden die permanente Überprüfung der Qualität und Ausrichtung der Ergebnisse sowie die in den Methoden verankerten Prinzipien, die eine Fokussierung und Lieferung von nutzbringenden Ergebnissen nach nur kurzer Zeit sicherstellen.

Unter anderem diese Eigenschaften lassen eine Übertragung der Prinzipien und Methodenelemente agiler Methoden auf das Prozessmanagement besonders interessant erscheinen.

Insbesondere die Scrum-Methodik beinhaltet viele Ansätze, die Potenziale für das Prozessmanagement versprechen:

Taktung und Prozessgestaltung in kleinen, gleichmäßigen Abschnitten

Mithilfe der Taktung durch Sprints wird sichergestellt, dass die Aktivitäten des Prozessmanagements nicht zu aufwendig und zu langfristig geplant und angelegt werden. Zugleich wird das Prozessmanagement durch die Systematik „gezwungen“, schnellen Nutzen zu generieren und diesen zu kommunizieren.

Product-Owner-Rolle, Backlog-Pflege, Planning und Review

Mit der aktiven Rolle eines Product Owners werden die aktive Kommunikation und der Einbezug der Nutzer und Auftraggeber in den Prozess des Prozessmanagements sichergestellt. Regeltreffen wie Sprint Planning und Sprint Review in Kombination mit dem Product Backlog stellen sicher, dass die Prioritäten und der Wertbeitrag laufend überprüft und optimiert werden. Eine enge Zusammenarbeit zwischen BPM-Bereich und Stakeholder wird sichergestellt.

Eine Vielzahl weiterer agiler Methodenelemente kann das Prozessmanagement unterstützen, so etwa

User Stories und relatives Schätzen,