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Die Aufforderung des Apostel Paulus "Prüft alles und behaltet das Gute" ist an Christen gerichtet, die in extremer Bedrängnis leben. Die religiöse Szene ist schon kurz nach der Himmelfahrt Jesu mit exotischen Irrlehren überflutet; die Verfolgung der Nachfolger Jesu nimmt rasant zu. Es herrscht Endzeitstimmung; die Wiederkunft des Herrn wird sehnlichst erwartet. Paulus schreibt seinen Brief im Stil eines Generals, der vor einer gefährlichen Bodenoffensive letzte Direktive an seine Streitkräfte richtet. Die Worte "Prüft alles und behaltet das Gute" sind einer dieser Befehle, ein Ruf zur Wachsamkeit in ungewissen Zeiten. Wenn dieser Appell damals schon dringlich war, wie viel mehr heute! Was bedeuten diese Worte des Apostels für uns? Auf dieser Spur wollen wir Paulus, unserem Glaubensvorbild, folgen.
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Seitenzahl: 131
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Nicola Vollkommer
Prüft alles und behaltet das Gute!
Das Buch zur Jahreslosung 2025
Best.-Nr. 275504 (E-Book)
ISBN 978-3-98963-504-3 (E-Book)
Für die Jahreslosung aus 1. Thessalonicher 5,21 wurde folgende Bibelübersetzung verwendet:
Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift
© 2016 Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart.
Wenn nicht anders angegeben, wurde für alle anderen Bibelzitate folgende Bibelübersetzung verwendet:
Elberfelder Bibel 2006, © 2006 by SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH Witten/Holzgerlingen.
Außerdem wurde verwendet:
Lutherbibel (LUT), revidierter Text 2017
© 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
1. Auflage (E-Book)
© 2025 Christliche Verlagsgesellschaft mbH
Am Güterbahnhof 26 | 35683 Dillenburg
Satz und Umschlaggestaltung:
Christliche Verlagsgesellschaft mbH
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Vorwort
1.Wer sind die Menschen, die „alles prüfen“ sollen?
2.„Prüft alles“ – aber nach welchem Maßstab?
3.Prüfen im Licht der Ewigkeit
4.„Behaltet das Gute“ – kein Freibrief für falsche Toleranz
5.Heiße Sprüche in heißen Zeiten
6.Wenn das Prüfen schwierig wird
Endnoten
1. THESSALONICHER 5
1Was aber die Zeiten und Zeitpunkte betrifft, Brüder, so habt ihr nicht nötig, dass euch geschrieben wird.
2Denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn so kommt wie ein Dieb in der Nacht.
3Wenn sie sagen: Friede und Sicherheit!, dann kommt ein plötzliches Verderben über sie, wie die Geburtswehen über die Schwangere; und sie werden nicht entfliehen.
4Ihr aber, Brüder, seid nicht in Finsternis, dass euch der Tag wie ein Dieb ergreift;
5denn ihr alle seid Söhne des Lichtes und Söhne des Tages; wir gehören nicht der Nacht und nicht der Finsternis.
6Also lasst uns nun nicht schlafen wie die Übrigen, sondern wachen und nüchtern sein!
7Denn die da schlafen, schlafen bei Nacht, und die da betrunken sind, sind bei Nacht betrunken.
8Wir aber, die dem Tag gehören, wollen nüchtern sein, bekleidet mit dem Brustpanzer des Glaubens und der Liebe und als Helm mit der Hoffnung des Heils.
9Denn Gott hat uns nicht zum Zorn bestimmt, sondern zum Erlangen des Heils durch unseren Herrn Jesus Christus,
10der für uns gestorben ist, damit wir, ob wir wachen oder schlafen, zusammen mit ihm leben.
11Deshalb ermahnt einander und erbaut einer den anderen, wie ihr auch tut!
12Wir bitten euch aber, Brüder, dass ihr die anerkennt, die unter euch arbeiten und euch vorstehen im Herrn und euch zurechtweisen,
13und dass ihr sie ganz besonders in Liebe achtet um ihres Werkes willen. Haltet Frieden untereinander!
14Wir ermahnen euch aber, Brüder: Weist die Unordentlichen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, nehmt euch der Schwachen an, seid langmütig gegen alle!
15Seht zu, dass niemand einem anderen Böses mit Bösem vergilt, sondern strebt allezeit dem Guten nach gegeneinander und gegen alle!
16Freut euch allezeit!
17Betet unablässig!
18Sagt in allem Dank! Denn dies ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch.
19Den Geist löscht nicht aus!
20Weissagungen verachtet nicht,
21prüft aber alles, das Gute haltet fest!
22Von aller Art des Bösen haltet euch fern!
23Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und vollständig möge euer Geist und Seele und Leib untadelig bewahrt werden bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus!
24Treu ist, der euch beruft; er wird es auch tun.
25Brüder, betet für uns!
26Grüßt alle Brüder mit heiligem Kuss!
27Ich beschwöre euch bei dem Herrn, dass der Brief allen Brüdern vorgelesen wird.
28Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch!
Die Ermahnung des Apostels Paulus „Prüft alles und behaltet das Gute“ gehörte für mich lange Zeit zu den weniger inspirierenden Versen in der Bibel, die ich gern übersprang, weil sie zu sehr nach erhobenem Zeigefinger klangen. Nicht gerade Stoff für ein nettes Spruchkärtchen mit Blumenmotiv. Bestenfalls sah ich die Ermahnung des Paulus als Vertröstung, wenn ich nicht so recht wusste, wie eine Situation einzuordnen oder ein Mensch zu beurteilen ist, vor allem wenn es um biblische Themen ging. „Na ja, etwas Gutes wird schon dabei sein.“ Wir alle haben unsere Macken, keiner von uns besitzt ein Monopol, wenn es um Wahrheit geht. Leben und leben lassen. Wer nicht gegen uns ist, muss für uns sein. So meine Gedankengänge in hitzigen Debatten. „Iss das Hähnchen und spucke die Knochen aus“, meinte einmal ein Prediger zu uns. Dieser Spruch gefiel mir, sparte er mir doch die Mühe, mich mit einem umstrittenen Thema auseinanderzusetzen, womöglich zu einem negativen Urteil zu kommen und mich dadurch unbeliebt zu machen oder als übereifrige Frömmlerin abgestempelt zu werden. Ich wollte nicht zu denen gehören, die dem Goldenen Kalb der allgegenwärtigen „Toleranz“ mit großer Schadenfreude Hiebe versetzen. Stattdessen sicherte ich mir dank Paulus meinen Ruf als ewig sonnige und ermutigende Persönlichkeit, die immer das Gute in einer Sache oder einer Person sieht.
Nichts könnte von der wahren Bedeutung dieses Spruchs weiter entfernt sein. Inzwischen habe ich gelernt, Bibelverse in ihrem Kontext zu lesen und sie auch für mein Leben so zu verstehen, wie sie gemeint waren, und sie genau so zu vertreten – mein eigenes Image hin oder her.
Die Ermahnung des Apostels Paulus „Prüft alles und behaltet das Gute“ ist an die Christen in der griechischen Stadt Thessalonich gerichtet, die in extremer Bedrängnis leben. Die christliche Szene ist bereits kurz nach der Himmelfahrt Jesu mit exotischen Irrlehren überflutet, und die Verfolgung der wahren Nachfolger Jesu nimmt rasant zu. Paulus schreibt seinen Brief im Stil eines militärischen Generals, der kurz vor einer gefährlichen Bodenoffensive letzte Direktiven an Streitkräfte richtet, knappe Last-minute-Befehle, die mit apokalyptischer Dringlichkeit herausgeschleudert werden.
„Prüft alles und behaltet das Gute“ ist einer dieser Befehle, ein Ruf zur Wachsamkeit in verworrenen Zeiten. Wenn dieser Appell damals schon dringlich war, wie viel mehr heute! Was bedeuten diese Worte des Apostels für uns? Auf dieser Spur wollen wir Paulus, unserem Glaubensvorbild, als Wegbegleiter folgen.
Denn eines ist klar: Diese Worte sind keine höfliche Empfehlung, von klaren geistlichen Bewertungen abzusehen, weil ja in allem etwas Gutes herauszuholen ist, so wie ich sie früher verstanden habe. Sie sind auch kein Ausweichmanöver, um Böses nicht böse nennen zu müssen. Sondern sie sind Teil einer mutmachenden Predigt, in der Christen mitten in einer Untergangsstimmung aufgefordert werden, sich an den klaren Eckpfeilern der ersten Apostel zu orientieren und mit der unmittelbar bevorstehenden Wiederkunft Jesu zu rechnen.
Die Aktualität dieser Worte für die Tage, in denen wir leben, springt aus den Seiten dieser Briefe schneller denn je ins Auge moderner Leser. Es sind nicht nur Mahnworte, sondern auch Siegesrufe. Es geht Paulus nicht darum, dass seine Freunde irgendwie überleben – mit letzter Mühe gerade noch den Kopf über Wasser halten –, sondern darum, dass sie überwinden. Dass sie drohenden Gefahren und sogar dem Tod erhobenen Hauptes ins Gesicht sehen und dabei nicht zusammenbrechen. In diesem Buch wollen wir die Mahnungen des Paulus in seinem Brief an die Christen in Thessalonich auspacken, uns mit ihren Hintergründen befassen und darüber staunen, wie aktuell, mutmachend und richtungsweisend sie auch für uns sind. Denn auch wir müssen lernen, in verwirrenden Zeiten alles zu prüfen, und das Gute zu erkennen, das wir festhalten sollen!
Ich verdanke meinem Mann und den anderen Ältesten in der Christlichen Gemeinde Reutlingen mit ihren klaren Predigten manche der Gedanken, die in diesem Buch enthalten sind. In der Auflistung gängiger, vermeintlich christlicher Aussagen haben meine Tochter Jessica und meine Schwiegertochter Johanna ihre Beobachtungen und Schlussfolgerungen beigetragen. Es ist mein Gebet, dass diese Impulse für die Leser dieses Buchs eine Ermutigung sind und dazu beitragen, dass Glaube gefestigt wird und Gemeinden gestärkt werden.
NICOLA VOLLKOMMER
Paulus’ Schreiben an die Christen in Thessalonich ist vermutlich einer seiner frühesten Briefe an eine Gemeinde, vielleicht sogar der erste. Die Stadt Thessalonich erscheint im siebzehnten Kapitel der Apostelgeschichte zum ersten Mal auf dem biblischen Radar, mitten in Paulus’ zweiter Missionsreise. Paulus, zusammen mit seinem Reisebegleiter Silas, erholt sich gerade von jenem Gefängnisaufenthalt in Philippi, der auf dramatische Weise durch ein Erdbeben unterbrochen wurde. Darauf folgte die sensationelle Bekehrung des Gefängniswärters und eine heftige feindliche Gegenoffensive der dort ansässigen Juden. Nach kurzen Zwischenstopps in Amphipolis und Apollonia, die zwischen Philippi und Thessalonich liegen, sind die zwei Missionare nun in der Hafenstadt angekommen und besuchen die dortige Synagoge, wie es bei der Ankunft in einer unbekannten Stadt für sie üblich ist (Apg 17,2). Thessalonich ist zu dieser Zeit Hauptstadt der römischen Provinz Mazedonien und Sitz des römischen Prokonsuls. Die Stadt ist aufgrund ihrer günstigen und zentralen Lage für die Predigt des Evangeliums strategisch wichtig. Sie gilt als „Hotspot“ des globalen Handels. Handelsschiffe legen Tag und Nacht in ihrem Hafen an und die berühmte „Via Egnatia“ führt durch die Stadt. Diese Durchgangsstraße verbindet Rom mit dem Orient.
Thessalonich zeichnet sich auch durch ihr großzügiges Angebot an Götzen aus. Die Kulte der Isis (in der griechischen Mythologie Herrin der Unterwelt), des Sarapis (bekannt für seine Wunderheilungen), des Dionysos (Gott des Weins) und der Kabiren (Fruchtbarkeitsgötter) beherrschen die religiöse Landschaft und machen mit ihren gebündelten Kräften von Alkohol, Sex und der Anbetung von Dämonen aus Thessalonich einen regelrechten Sündenpfuhl. Die Gemeindegründung in Thessalonich fängt zunächst gut an. In der Synagoge stehen den beiden Verkündigern zu Beginn ihres Aufenthalts in der Stadt die Türen weit offen.
Nach seiner Gewohnheit aber ging Paulus zu ihnen hinein und unterredete sich an drei Sabbaten mit ihnen aus den Schriften, indem er eröffnete und darlegte, dass der Christus leiden und aus den Toten auferstehen musste, und dass dieser der Christus ist; der Jesus, den ich euch verkündige. (Apg 17,2-3)
Das Ergebnis dieser drei Wochenend-Einsätze kann sich sehen lassen. Einige der Juden sind überzeugt, ebenso wie „eine große Menge von den anbetenden Griechen und nicht wenige der vornehmsten Frauen“ (V. 4).
Es herrscht eine Aufbruchstimmung, von der wir in unserer westlichen Welt nur träumen können. Ein Gemeinde-Start-up wie aus dem Bilderbuch. Die Verfolgung der beiden Missionare, die auf diesen raketenartigen Anfang folgt, kommt nicht aus der Richtung, aus der man sie zunächst erwarten würde: von den heidnischen Kultanhängern. Es sind die Traditionsjuden, die sofort Alarm schlagen und alles daransetzen, die Erweckung im Keim zu ersticken. Für die Missionare wird es gefährlich. Paulus und Silas müssen sich schnell aus dem Staub machen, um eine Wiederholung der brenzligen Lage in Philippi zu vermeiden. Ihre Feinde lassen ihre Wut stattdessen an dem Synagogenvorsteher Jason aus, der die beiden Diener Gottes während ihres Aufenthalts in Thessalonich beherbergt hat. Es kommt zu Übergriffen. Der Widerstand, mit dem es die Neubekehrten zu tun haben, muss mehr als beängstigend sein:
Die Juden … nahmen einige böse Männer vom Gassenpöbel zu sich, machten einen Volksauflauf und brachten die Stadt in Aufruhr; und sie traten vor das Haus Jasons und suchten sie unter das Volk zu führen. Als sie sie aber nicht fanden, schleppten sie Jason und einige Brüder vor die Obersten der Stadt und riefen: Diese, die den Erdkreis aufgewiegelt haben, sind auch hierher gekommen, die hat Jason beherbergt; und diese alle handeln gegen die Verordnungen des Kaisers, da sie sagen, dass ein anderer König sei: Jesus. Sie beunruhigten aber die Volksmenge und die Obersten der Stadt, die dies hörten. Und nachdem sie von Jason und den Übrigen Bürgschaft genommen hatten, ließen sie sie frei. (Apg 17,5-9)
Die Juden bedienen sich interessanterweise der gleichen frei erfundenen Klagen, die gegen Jesus erhoben wurden: Staatsverrat und Rebellion gegen den Kaiser. Den Namen eines anderen Königs in den Mund zu nehmen, geschweige denn, diesen zu verehren und als oberste Autorität anzuerkennen, ist Majestätsbeleidigung höchsten Grades gegen den römischen Kaiser. Ironischerweise stellen die vielfältigen anderen Götter für den römischen Staatsapparat keine Bedrohung dar. In ihrem Feldzug von Hass und Verfolgung gegen die Christen sind diese Männer durch nichts zu stoppen. Sie holen Paulus und Silas gleich an der nächsten Station ihrer Reise, einer Stadt namens Beröa, ein, wo die zwei Prediger in der Synagoge wohlwollender aufgenommen werden als in Thessalonich: Sie „gingen, als sie angekommen waren, in die Synagoge der Juden. Diese aber waren edler als die in Thessalonich; sie nahmen mit aller Bereitwilligkeit das Wort auf und untersuchten täglich die Schriften, ob dies sich so verhielt“ (Apg 17,11).
Dass die neue Christusverehrung ausgerechnet unter den Juden einen weiteren Aufschwung erlebt, kommt für die Fanatiker aus Thessalonich überhaupt nicht in Frage. Die Opposition lässt nicht lange auf sich warten. Auch in Beröa „beunruhigten und erregten (sie) die Volksmengen“ (V. 13). Paulus ist schon wieder gezwungen, sich außer Gefahr zu bringen; Silas und der junge Timotheus bleiben dort und sollen Paulus später folgen.
Die Bedrängnisse, denen die neu gegründete Gemeinde zu Thessalonich ausgesetzt ist, ist mit der Abreise des Paulus alles andere als vorbei. Eine Zeit lang ist der Apostel sogar verhindert, dorthin zurückzukehren (1Thes 2,18). Aus verschiedenen Hinweisen in den Schriften von Paulus können wir eine grobe Timeline seiner Kontakte zu den Christen in Thessalonich erstellen. Es kann gut sein, dass er sich dort länger aufgehalten hat, als man ausgehend von Lukas’ Erzählung in der Apostelgeschichte vermuten würde (17,2). Es werden zwar drei Sabbate erwähnt, aber diese Aussage könnte sich auf die Zahl seiner Lehreinsätze in der Synagoge beziehen, nicht notwendigerweise auf die Länge seines Aufenthalts. Wie dem auch sei – klar ist, dass hier ein solides geistliches Werk entstanden ist, an dem Paulus von ganzem Herzen hängt, denn „wir sind in eurer Mitte zart gewesen, wie eine stillende Mutter ihre Kinder pflegt“ (1Thes 2,7). Klar, dass er seit seiner hastigen Flucht aus der Stadt vor Sorge innerlich zerrissen ist und sich über die neu entstandene Gemeinde viele Gedanken macht.
Die Christen in Thessalonich haben sich durch ihre vorbildliche Glaubensfestigkeit einen guten Ruf gemacht, nicht nur in Mazedonien und Achaja, sondern „an jedem Ort“ (1Thes 1,8). Außerdem ist eine gut etablierte geistliche Leiterschaft fleißig am Werk. Paulus ermahnt die Gemeindeglieder, „die zu erkennen, die unter euch arbeiten und euch vorstehen im Herrn“ (1Thes 5,12). Aus seinem Brief an die Philipper (4,15-16) erfahren wir, dass die Christen in Thessalonich für die Gemeinde in Philippi eine Spende eingesammelt haben. Diese Christen sind im Glauben so weit gefestigt, dass sie einen fürsorglichen Blick für die Nöte anderer Gemeinden haben.
Paulus schreibt seine Briefe an die Thessalonicher vermutlich aus Korinth, wo er nach den vielen Strapazen der zweiten Missionsreise bei seinen Freunden Aquila und Priszilla Unterschlupf gefunden hat und seinen Gastgebern in ihrem Handwerksbetrieb dient, indem er aus Ziegenhaar Planen für Zelte webt. Zwischen den Arbeitsstunden im Zeltbetrieb und den Zusammenkünften bei Titius Justus, in dessen Haus die Christen sich treffen, verfasst er diese bewegenden Zeilen an die Gemeinde zu Thessalonich. Dies wird etwa 50 n. Chr. gewesen sein. Paulus hat Timotheus von Athen aus nach Thessalonich zurückgesandt, um die Gläubigen dort in seinem Auftrag zu ermutigen und im Glauben zu festigen (1Thes 3,1-15). Der Brief ist eine erleichterte Reaktion auf die guten Nachrichten, die Timotheus mitgebracht hat: Die Gläubigen in Thessalonich sind wohlauf. Gleichzeitig werden Paulus’ Befürchtungen bestätigt, dass die militante Gegenkampagne der Juden auch nach seiner Abreise mit unveränderter Hartnäckigkeit weitergeführt wird. In den Briefen ist wiederholt von Drangsal und Verfolgung die Rede (1Thes 1,16; 2,14; 2Thes 1,4.6).
Einmal kam ich in den Genuss, gemeinsam mit einer Freundin entlang der Hafenpromenade des heutigen Thessaloniki – derzeit die zweitgrößte