Reden in Zeiten des Krieges - Winston S. Churchill - E-Book

Reden in Zeiten des Krieges E-Book

Winston S. Churchill

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Beschreibung

Sir Winston Churchill (1874 – 1965) war ein bedeutender britischer Staatsmann, ein Krieger, Volkstribun, ein kluger und romantischer Reaktionär, ein mit dem Nobelpreis ausgezeichneter Schriftsteller – und nicht zuletzt ein begnadeter Redner. Der Band "Reden in Zeiten des Kriegs" bietet einerseits einen Querschnitt durch das rednerische Werk Churchills, das von Kampfgeist und Toleranz, von Ehrlichkeit und Traditionsbewusstsein von Fortschrittlichkeit und Humor zeugt – und andererseits durch den dramatischen Verlauf des Zweiten Weltkriegs, so dass sich die schwersten Jahre in der Geschichte Europas vor dem Leser ausbreiten. Erstmals enthält dieser Band auch Churchills "Zürcher Rede" von 1946

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Aus dem Englischen von Walther Weibel

Ausgewählt, eingeleitet und erläutert von Klaus Körner

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Ein Titelsatz für diese Publikation ist bei der Deutschen Bibliothek erhältlich.

Die von Charles Eade gesammelten Reden Churchills erschienen erstmals in sieben Bänden auf Deutsch im Europa Verlag Zürich zwischen 1946 und 1950.

Deutsche Erstausgabe dieser Auswahl

©2014 by Europa Verlag AG Zürich

durchgesehene, erweiterte und korrigierte Auflage, die erstmals auch die ‹Zürcher Rede› enthält

Umschlaggestaltung und Satz: Christine Paxmann text • konzept • grafik

Umschlagbild: ullstein bild – Heritage Images/Keystone Archives

Datenkonvertierung eBook: CPI books GmbH, Leck

ISBN 978-3-906272-09-2

Winston S. Churchill

Reden in Zeiten des Krieges

EINLEITUNG

Churchill – Leutnant und Journalist

Am 30.November 1954 fand in der Londoner Westminster Hall, einem Teil des britischen Parlamentsgebäudes, eine denkwürdige Feier zum 80.Geburtstag des britischen Premierministers Winston S. Churchill statt. Kein anderer Premier vor ihm hatte seit den Tagen von William Gladstone Ende des 19.Jahrhunderts in so hohem Alter noch amtiert. Churchill, der legendäre britische Kriegspremier der Jahre 1940–1945 und Träger des Literaturnobelpreises von 1953, wurde als größter britischer Staatsmann seiner Zeit gefeiert. Westminster Hall war für die Ehrung bestimmt worden, weil der Jubilar seit über 50Jahren (mit zwei Jahren Unterbrechung) dem Unterhaus angehörte (er sollte ihm noch zehn weitere Jahre angehören). Auch das war einmalig in der europäischen Parlamentsgeschichte. Zur Ehrung gehörten ein Churchill-Porträt des Malers Graham Sutherland und eine pergamentene Festschrift mit den Unterschriften aller Mitglieder des Unterhauses.

In seiner kurzen Dankesrede «voller Witz und Feuer», wie ein Beobachter bemerkte, bekannte Churchill, dass er alle Höhen und Tiefen der bewegten Geschichte dieses Jahrhunderts gesehen habe, aber immer habe er das britische Unterhaus, die «Mutter der Parlamente», das Vorbild für Parlamente in vielen Ländern der Erde, geliebt und geehrt. Seine Liebeserklärung an das Parlament verband er mit dem Hinweis, dass er stets durch Reden und Schreiben seinen Lebensunterhalt verdient habe, «by my pen and my tongue».

Winston Spencer Churchill (1874–1965) entstammte dem britischen Hochadel, sein berühmtester Vorfahr war der Herzog von Marlborough (1650–1722). Sein früh verstorbener Vater, Lord Randolph Churchill (1849–1895), hatte es zum Marineminister und Schatzkanzler gebracht. Seine Mutter, Lady Randolph, war die Tochter eines amerikanischen Millionärs. Doch Winston Churchill verdankte seinen politischen Aufstieg nur zu einem sehr geringen Teil seiner Herkunft, im Wesentlichen war er ein Selfmademan.

Von den Eliteschulen Ascot, Brighton und Harrow hat er nicht viel mehr mitgenommen als die Fähigkeit, lange Gedichte zu rezitieren. Mit 18Jahren – ohne Abitur – schickte ihn sein Vater auf die Militärakademie Sandhurst als Kadett der Kavallerie. Zwei Jahre später, 1893, trat er als Leutnant in das Vierte Husarenregiment ein. Hier lernte er zumindest das Reiten und Grundzüge von Strategie und Taktik der Kriegführung.

Die Langeweile beim Militärdienst weckte das Interesse des Leutnants für historisch-politische Literatur. Seine Mutter schickte ihm regelmäßig Buchpakete an seinen Standort. Besonders die Werke des Aufklärers Edward Gibbon (1737–1794) und des Romantikers Thomas Macaulay (1800–1859) hatten es dem jungen Churchill angetan. Gibbons siebenbändiges monumentales Hauptwerk «Decline and Fall of the Roman Empire» galt damals als Meisterwerk der Geschichtsschreibung, aber auch als Quasi-Lehrbuch der Politik, aus dem man etwas über den Aufstieg und Untergang von Staaten und Völkern erfahren konnte. Macaulays fünfbändige «History of England from the Accession of James the Second» schildert die Geschichte in vielen anschaulichen Bildern und dramatischen Szenen aus der Sicht der Whigs, einer aufklärerischen Adelspartei, aus der später die Liberalen hervorgingen. Neben dem Inhalt faszinierte in erster Linie der anschauliche Stil dieser Autoren den Autodidakten Churchill. Er lernte ganze Passagen seiner Lieblingsautoren auswendig und begann, sie zu imitieren. Schon für die Schülerzeitung «Harrovian» hatte Churchill erste Schreibversuche gemacht – heftige Attacken gegen die Schulleitung.

Jetzt versuchte er sich als Kriegskorrespondent. Kriege – das waren seinerzeit Kolonialkriege, die Niederschlagung von Aufständen der unterdrückten Bevölkerung. Churchills erster Einsatz galt der Berichterstattung über den Aufruhr in der damals noch spanischen Kolonie Kuba im Jahr 1895. Mit der Zeitung «Daily Graphie» vereinbarte er den Abdruck von vier Briefen über das Kampfgeschehen, die als Serie unter dem Titel «Der Aufstand in Kuba» an der Jahreswende 1895/96 erschienen. Ein bleibendes Andenken an Kuba war Churchills bis zu seinem Lebensende anhaltende Vorliebe für schwere Havanna-Zigarren. Ein weiteres Erbe seiner Militärzeit war sein gewaltiger Alkoholkonsum, vorzugsweise Whisky. Später bestanden die Getränke aus Sodawasser mit einem Schuss Whisky; die Batterien von Schnapsflaschen in seinem Arbeitszimmer sollten Gäste beeindrucken.

Auf der Hin- und Rückfahrt seines Kuba-Einsatzes machte Churchill Station in New York City. Er wurde dort von dem irisch-amerikanischen Politiker Bourke Cockran, einem Liebhaber seiner für ihren extravaganten Lebensstil bekannten Mutter, betreut. Cockran galt als berühmter Redner, der sowohl gut zu argumentieren als auch Tausende auf Versammlungen in seinen Bann zu ziehen vermochte. Als Adlai Stevenson, der amerikanische Präsidentschaftskandidat des Jahres 1956, Churchill danach fragte, wer seine Redetechnik beeinflusst habe, erhielt er die spontane Antwort: «Amerika und Bourke Cockran.» Zum Beweis habe Churchill ganze Passagen von Cockran-Reden aus dem Gedächtnis rezitiert.

Im Herbst 1896 wurde Churchills Regiment nach Bangalore/Indien verlegt. Noch vor der Abreise konnte er von General Sir Bindon Blood die Zusage erhalten, dass er bei einem Kampfeinsatz in Indien ein Kommando übernehmen dürfe. Diese Gelegenheit boten Unruhen in der Nordwest-Region. Für den unternehmungslustigen Leutnant war allerdings kein Platz im Stab frei, sodass er «nur» als Kriegskorrespondent teilnehmen konnte. Er verfasste eine Reihe von Briefen, die seine Mutter gegen ein Honorar von fünf Pfund beim «Daily Telegraph» unterbrachte. Die Serie erschien zwar nur mit der Autorenangabe «von einem jungen Offizier», doch Lady Randolph wusste in London zu verbreiten, wer dieser Offizier war. 1898 erschienen die Briefe in erweiterter Fassung als erstes Buch des Autors Winston S. Churchill mit dem Titel «The Story of the Malakand Field Force».

Beim nächsten Einsatz in Omdurman, es ging 1898 um die Niederschlagung des Aufstands des Mahdi im Sudan, war Churchill wieder dabei. Er scheute nicht davor zurück, in seinen Berichten für die «Morning Post» General Kitchener scharf zu kritisieren – ein eigentlich unmögliches Verhalten für einen angehenden Offizier. Die Buchfassung seiner Kriegsberichte erschien ein Jahr später unter dem Titel «The River War».

Im September 1899 erhielt Churchill per Telegramm ein Angebot des Herausgebers der «Daily Mail», als Korrespondent des Blattes nach Südafrika zu gehen. Dort kämpften die Buren, südafrikanische Siedler, von 1899 bis 1902 gegen die Beseitigung ihrer staatlichen Selbstständigkeit durch die Briten. Dieser Einsatz in Südafrika wurde für Churchill zum großen Abenteuer und zum Sprungbrett für eine politische Karriere: Aus dem beurlaubten Leutnant wurde ein politisches Wunderkind. Durch einen Zufall geriet der Journalist in die Kampfhandlungen. Er reiste mit einem Militärzug. Als dieser angegriffen wurde, schaffte er es, die Lokomotive von den beschädigten Waggons abzukoppeln und mit zahlreichen Verwundeten zu fliehen. Zwar wurde er nach einiger Zeit von den Buren gefasst und wegen Begünstigung der britischen Truppen in Kriegsgefangenschaft genommen, doch er konnte fliehen und wurde – vergeblich – durch ein Fahndungsplakat gesucht.

Mit einem Schlage war Churchill ein Kriegsheld und obendrein ein bekannter Autor. Eine von Freunden arrangierte Lesereise durch die USA und Kanada brachte ihm ein kleines Vermögen ein. «Es gibt unter einer Million niemanden, dem es in meinem Alter gelungen ist, ohne jedes Eigenkapital in weniger als zwei Jahren 10000 Pfund zu verdienen», schrieb er an seine Mutter. Das war genug Geld, um eine politische Karriere zu beginnen. Denn beim Militär, so seine vorsichtige Schätzung, würde es noch lange Jahre dauern, bis er eine von ihm als angemessen betrachtete Generalsposition erlangt hätte.

Churchill – Parlamentarier und Sachbuchautor

Um Abgeordneter des britischen Unterhauses zu werden, musste man damals Geld besitzen, denn ein Kandidat hatte zunächst die Wahlkampfkosten an die Parteiorganisation im Wahlkreis zu bezahlen, und Diäten für die gewählten Abgeordneten gab es vor 1911 noch nicht. Churchill trat der Konservativen Partei bei, und 1900 gelang ihm im zweiten Anlauf der Sprung ins Parlament im Wahlkreis Oldham, einem britischen Industrierevier. Der konservative Abgeordnete übernahm das von seinem Vater entwickelte Konzept einer Tory-Demokratie, in der auch die Arbeiterklasse an den Erfolgen der Wirtschaft und den Segnungen des britischen Systems teilhaben sollte.

Als ihm die Konservativen zu reaktionär wurden, wechselte Churchill 1904 zu den Liberalen, um dann 1925 wieder zu den Konservativen zurückzukehren. Er schaffte es – nicht zuletzt durch diese Parteiwechsel –, von 1905 bis 1924 vom Unterstaatssekretär im Kolonialministerium zum Marineminister, Rüstungsminister, Kriegsminister und Schatzkanzler aufzusteigen. Doch als Schatzkanzler «verwitterte» er in seinem Amt, so Sebastian Haffner. Nach verlorener Parlamentswahl 1929 musste die gesamte Regierung zurücktreten. Für Churchill bedeutete die Demission, dass er für zehn Jahre in kein Staatsamt mehr berufen wurde. Seine Biografie Churchills für die Zeit bis 1939 überschreibt der Historiker Robert Rhodes James daher «A Study in Failure».

Zu den prägenden Erlebnissen Churchills vor 1939 gehört eine fehlgeschlagene Militäroperation im Frühjahr 1915. Als Marineminister (Erster Lord der Admiralität) war er für eine Landung auf der Halbinsel Gallipoli (heute Gelibolu) in den Dardanellen verantwortlich. Von dort aus wollte er die Hauptstadt des mit Deutschland verbündeten Osmanischen Reichs angreifen. Doch die Türken kesselten die Briten ein, sodass nur ein verlustreicher Rückzug übrig blieb. Churchill musste zurücktreten und meldete sich zum Einsatz als Bataillonskommandeur an der Flandernfront in Nordfrankreich. Dort erlebte er den Stellungskrieg im Schützengraben, wie er in Remarques Roman «Im Westen nichts Neues» aus dem Jahr 1928 geschildert wird.

Nach einigen Monaten nahm Churchill seinen Abschied vom Militär und kehrte nach London zurück. Diese Erfahrung war einer der Gründe für seine späteren Vorbehalte während des Zweiten Weltkrieges gegen eine Invasion in der Normandie 1944. Die russische Oktoberrevolution von 1917 erfüllte Churchill, inzwischen Kriegsminister, mit Abscheu und Entsetzen. Er setzte sich in vielen kämpferischen Reden dafür ein, die britische Intervention aufseiten der Weißrussen zu einem antibolschewistischen Kreuzzug auszuweiten – vergeblich. Das durch Churchills Rede in Fulton/Missouri 1946 berühmt gewordene Wort vom Eisernen Vorhang, der quer durch Europa niedergegangen sei, findet sich bereits in zwei auf Englisch erschienenen antibolschewistischen Büchern von 1920, die Churchill vermutlich kannte. Er befürchtete, die russische Revolution könne sich wie die große Französische Revolution von 1789 über ganz Europa ausbreiten. 1919 sprach er sich deshalb dafür aus, das geschlagene Deutschland als Verbündeten des Westens zu behandeln, wenn es sich als antibolschewistisches Bollwerk erweise – eine Vorstellung, an die er nach 1945 ebenfalls wieder anknüpfte. Ein durchgängiges außenpolitisches Konzept hat er aber weder damals noch später besessen.

Neben seiner jahrzehntelangen politischen Laufbahn war Churchill als gut bezahlter Kolumnist für große Zeitungen und als erfolgreicher Sachbuchautor tätig. In den Dreißigerjahren – ohne Amt – habe er mit Schreiben jährlich 20000 Pfund verdient, rühmte er sich später gegenüber seinem Leibarzt Lord Moran. Richtig Geld brachten nach 1945 Churchills Memoiren «Der Zweite Weltkrieg»; zur Steuerersparnis wurden die Honorare gleich an eine gemeinnützige Churchill-Stiftung überwiesen. Das erste «große» Werk war 1905 die zweibändige Biografie über seinen Vater, ein hagiografisches Werk. Seine fünfbändigen Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg, «The World Crisis 1911–1918», erschienen von 1923 bis 1931. Die Vorliebe für große Feldherren und Schlachten kennzeichnet auch die zwischen 1933 und 1938 erschienenen vier Bände über einen seiner Ahnen, den Herzog von Marlborough. Allein schon wegen der Fülle des zusammengetragenen Materials hätte es eine historische Habilitationsschrift sein können. Ebenfalls in den Dreißigerjahren entstand das vierbändige Werk über die Geschichte der englischsprachigen Völker. Bei Kriegsausbruch 1939 war es bis auf das Vorwort fertig. Dann einigten sich Verlag und Autor darauf, das Werk erst nach dem Krieg herauszubringen; es erschien zwischen 1956 und 1958.

Weniger leidenschaftlich und glühend als die Geschichte des Ersten Weltkrieges ist die von 1948 bis 1953 veröffentlichte sechsbändige Geschichte des Zweiten Weltkrieges geschrieben. Durch Churchills Technik, möglichst viele von ihm selbst in seiner Amtszeit als Kriegspremier angefertigte Akten in den Text einzubringen, haben diese Kriegserinnerungen etwas von einem Rechenschaftsbericht, aber auch von einer Rechtfertigungsschrift. Mit dem sechsten Band über Kriegsende und Sieg in Europa, «Triumph and Tragedy», griff Churchill in die aktuelle Diskussion in den USA über den angeblichen Verrat der Westmächte an Osteuropa auf der Konferenz von Jalta 1945 ein. Er betrieb Geschichtspolitik, so der heutige Ausdruck. Churchills zentrale Aussage bestand darin, dass Europa anders ausgesehen hätte, hätten Roosevelt und Truman 1945 auf seine Ratschläge gehört. Die USA fühlten sich bemüßigt, vor Ablauf der üblichen Sperrfrist für die Aktenfreigabe 1955 die Dokumente zur Jalta-Konferenz zu veröffentlichen. Und die Sowjetunion brachte als Antwort 1957 eine zweibändige Dokumentation über Stalins Kriegskorrespondenz mit Churchill, Attlee, Roosevelt und Truman heraus.

Besonders für seine Geschichte des Zweiten Weltkrieges hatte Churchill, der schon früher wissenschaftliche Assistenten beschäftigt hatte, Historiker zur Aufbereitung des Materials herangezogen, für deren Mitarbeit er sich im Vorspann namentlich bedankt.

Churchill hatte seit seinen Tagen als Marineminister 1911–15 seinen ungewöhnlichen Arbeitsstil geradezu kultiviert und empfahl ihn später auch anderen. Den Vormittag verbrachte er regelmäßig im Bett. Hier las er die Tageszeitungen, arbeitete Akten durch und diktierte seinem Sekretär Briefe. Churchills Hauptarbeitszeit waren zum Leidwesen seiner Mitarbeiter der späte Nachmittag und die Nacht bis in die ersten Morgenstunden. Viele Zeitgenossen haben geschildert, wie sie morgens von Churchill, der in seinen legendären Morgenmantel mit dem großen Blumenmuster gehüllt war, empfangen wurden. Selbst beim mittäglichen Bad ließ sich der Premierminister, wenn die Zeit knapp war, aus Akten vorlesen. So erinnert sich Churchills langjähriger Privatsekretär John Colville, dass er am 12.Oktober 1944 in Quebec seinem Chef unmittelbar vor dem Zusammentreffen mit US-Präsident Roosevelt den Text des Abkommens über die Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen mit der von 1945 bis 1990 maßgeblichen innerdeutschen Grenze im Badezimmer vorgelesen habe. Da der Premierminister die Gewohnheit besessen habe, gelegentlich unterzutauchen, sei unsicher, ob Churchill die Tragweite des Abkommens, das er anschließend mit Roosevelt absegnen wollte, voll erfasst habe.

Zu seiner Freizeitbeschäftigung gehörte das Malen im Freien – und die schriftstellerische Arbeit. Dieser ging Churchill in seinem privaten Landsitz Chartwell nach, einem Herrensitz in der Grafschaft Kent aus dem Elisabethanischen Zeitalter, den er 1923 für 5000 Pfund als Ruine gekauft und für 15000 Pfund restauriert hatte. Außer der repräsentativen Bibliothek im Erdgeschoss gab es im ersten Stock neben dem Schlafzimmer das ebenfalls mit Bücherregalen vollgestellte Arbeitszimmer. Aus diesem Raum war die eingezogene Zwischendecke entfernt worden, sodass der Blick nach oben auf die Dachbalkenkonstruktion schweifen konnte. An einer Seite stand ein massiver Mahagonitisch mit Löwenfüßen, ein Erbstück seines Vaters. Porzellanbüsten von Napoleon und Wellington auf diesem Sekretär erinnerten an militärische Größe. Darüber hing eine großformatige Weltkarte an der Wand. Die eigentliche Arbeit verrichtete Churchill aber nicht am Schreibtisch, sondern an einem Stehpult. Da er seine Reden im Wortlaut vorbereitete und seine Bücher diktierte, lieferte Churchill «geschriebene Reden und gesprochene Bücher» ab, so der britische Diplomat und Schriftsteller Harold Nicolson.

Am Anfang der Arbeit für ein neues Buchprojekt stand die Diskussion mit den Mitarbeitern über Thesen, Aufbau und Dramatisierung des Stoffs. Über die Anlage eines historischen Werks habe er durch die Zusammenarbeit mit Churchill mehr gelernt als durch die Lehrveranstaltungen der Professoren in Oxford, versicherte ein Mitarbeiter. Churchill bekannte sich zu seiner subjektiven Sicht der Geschichte. Dazu gehörte die Vorliebe für farbige Schilderungen, gewaltige Schlachten und große Männer. So beschäftigte er sich ausführlich mit der Rolle Ludendorffs und Hindenburgs bei der Schlacht von Tannenberg 1914. An Sozial-, Wirtschafts- oder Kulturgeschichte war Churchill im Grunde nicht interessiert.

Am Ende jeder Arbeit stand die Beseitigung stilistischer Unebenheiten. Ein Mitarbeiter der Geschichte des Zweiten Weltkrieges war ausschließlich damit betraut, die sprachliche Korrektheit zu überprüfen. Churchills Aufmerksamkeit für sprachliche Feinheiten hatten zuvor auch Roosevelt und Stalin 1945 auf der Jalta-Konferenz zu spüren bekommen, als es um die von den Amerikanern vorgelegte Schlussfassung des Kommuniqués ging. Churchill beanstandete, dass darin zu viele «joints» vorkämen – die Briten verstünden darunter den sonntäglichen Hammelbraten. Die Korrekturen zu Churchills «The Second World War» entwickelten sich für den Direktor des Londoner Cassel Verlags, Newmann Flower, fast zum Horrortrip. Von dem Werk waren weltweit Vorabdruckrechte verkauft worden. Churchill legte jetzt aber Wert darauf, nicht nur Druckfehler in der Buchausgabe zu beseitigen, sondern in den Korrekturfahnen auf die Kritik von Rezensenten und Lesern einzugehen. Manche Bände wurden geradezu umgeschrieben; die englische und die amerikanische Ausgabe sind nicht textidentisch. Im ersten Band ist am Ende eine Seite mit Errata enthalten, zusätzlich ist noch ein weiteres Korrekturblatt lose beigelegt, auf das eine vorn eingeklebte «author's note» hinweist.

Die Bibliografie der Werke Churchills enthält 160 selbstständige Veröffentlichungen in Buch- oder Broschürenform, 60Beiträge zu Sammelwerken oder Vorworte zu Büchern und über 800Zeitungsartikel. Von den 34Bänden der Gesamtausgabe seiner Werke entfallen allein acht Bände mit fast 9000 Seiten auf seine Reden. 1953 wurde Churchill für sein literarisches Werk mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. In der Laudatio wird aber zugleich sein rhetorisches Engagement erwähnt, mit dem er für die Menschenrechte gekämpft habe.

Churchill – Staatsmann und Redner

Die journalistische und schriftstellerische Arbeit sorgte für die materielle Basis seiner politischen Karriere. Ohne diese Fähigkeiten hätte Churchill nie ein so prominenter Redner und Staatsmann werden können. Das britische Unterhaus ist ein «Redeparlament»; das Hauptgewicht der Arbeit liegt nicht auf der Ausschussarbeit, sondern auf der öffentlichen freien Rede und Gegenrede. Churchill wurde zu einem der großen Rhetoriker des 20.Jahrhunderts.

Zu Beginn seiner Parlamentstätigkeit wurde der junge Abgeordnete von einem zeitgenössischen Beobachter 1901 als ein unattraktiver junger Mann mit einem unvorteilhaften Lispeln in der Aussprache beschrieben. Doch mit großer Anstrengung konnte Churchill seine Sprechstörung überwinden. Zu Übungszwecken studierte er sorgfältig die Reden seines Vaters und konnte sie schließlich auswendig. Er verfasste sogar einen Essay «Das Rüstzeug des Rhetors», in dem er feststellte, dass gelungene Stegreifreden nur in den Köpfen der Zuhörer entstünden. Die großen Blüten der Rhetorik seien Treibhausgewächse. Für seine erste große Unterhausrede nahm er sich sechs Wochen Zeit, er arbeitete sie wörtlich aus und lernte den Text dann auswendig. Vorab gab er das Manuskript an den «Morning Star», obwohl er nicht sicher sein konnte, ob ihm das Wort erteilt wurde. Die Resonanz auf die Rede war außerordentlich. Von einem Parlamentskorrespondenten wurde beobachtet, dass der Redner eine Stunde lang frei gesprochen habe, ohne auch nur ein einziges Mal auf seine Notizen herunterzublicken.

Um nicht den Faden zu verlieren, baute Churchill seine Reden in kurzen Sätzen systematisch auf. Er lernte es auch, seine Stimme zu modulieren und seine Köperbewegungen anzupassen. Von großen rhetorischen Höhenflügen konnte er seinen Redefluss unvermittelt auf die privat-vertrauliche Ebene der Alltagserfahrungen seiner Zuhörer herunterschrauben. Ein früher Analytiker von Churchill-Reden schrieb, am Anfang der Ausführungen stehe ein tragender Gedanke, und der entwickle sich dann gleichsam vom Schneeball zur Lawine, die auf das Auditorium herniedergehe. Churchill redete nie bombastisch, und er war auch nie im wörtlichen Sinn ein Demagoge, sondern er präsentierte seine Vorstellungen von der Welt, ohne sich viel Gedanken über die Ansichten seiner Zuhörer zu machen. Mitarbeiter versuchten häufig, allzu drastische Bilder und gewagte historische Anspielungen aus dem schriftlichen Redeentwurf zu streichen. Churchill hatte sich stets mit Zahlen und Fakten gewappnet, er brachte seine Argumente sorgfältig vor; die größten rhetorischen Effekte erzielte er aber, wenn er mit Vorbedacht zusätzlich Humor und Sarkasmus einsetzte und taktische Konzessionen an die Parteilinie der Konservativen machte. Er handelte große Themen in rhythmischer Sprache ab und hatte Freude an schön klingenden Formulierungen. Die Art des Vortrags wurde schon in der schriftlichen Fassung des Textes festgehalten. Die Mitarbeiter sprachen von einer gelegentlich «psalmischen Form» des mit Schreibmaschine verfassten Redetextes.

Sein großes Thema hatte er nach 1933 mit seiner Warnung vor Deutschland und der Forderung nach britischer Aufrüstung gefunden. Churchill war der Kritiker der Appeasement-Politik im britischen Unterhaus schlechthin. Er gehörte zu den wenigen Zeitgenossen, die Hitlers «Mein Kampf» gelesen hatten. Churchills Rede vom 5.Oktober 1938 gegen das Münchner Abkommen (vgl. S.38), das die Abtretung des Sudetenlands an Deutschland vorsah, zeigt, wie durchdacht er seine Argumentation aufgebaut hatte. Am Anfang steht eine Entschuldigung, in der er anführt, es sei nicht der Mangel an persönlicher Hochachtung vor dem Premierminister Chamberlain, der ihn daran hindere, seine Anerkennung für die Verhandlungsführung auszusprechen. Es folgt die Versicherung, dass es ihm nicht darum gehe, politische Popularität zu erzielen. Dann kommt wie ein Hammerschlag die Feststellung, dass England nicht «Frieden für unsere Zeit» erreicht, sondern eine vollständige und unbedingte Niederlage erlitten habe. Diese These wird im Lauf der Ausführungen variiert mit Sätzen wie: «Alles ist vorbei», «Alles ist über Bord gegangen», «Schweigend, traurig, aufgegeben und gebrochen versinkt die Tschechoslowakei in der Dunkelkeit».

Im Folgenden kennzeichnet er die Verhandlungsführung sarkastisch mit zwei Metaphern: Statt dass der deutsche Diktator das Gericht vom Tisch auf einmal verschlungen habe, sei es ihm häppchenweise serviert worden. Anfangs habe der Erpresser mit vorgehaltener Pistole ein Pfund verlangt, das ihm gezahlt wurde. Später verlangte er zwei Pfund. Schließlich habe sich der Diktator damit zufriedengegeben, ein Pfund, 17Schilling, sechs Pence und den Rest in Versprechungen des guten Willens für die Zukunft zu erhalten. Churchill nimmt die Verhandlungsführung aufs Korn und argumentiert, das blamable Ergebnis hätte man auch auf diplomatischem Wege erzielen können, ohne die dramatischen Konferenzen von Godesberg, Berchtesgaden und München, wahrscheinlich hätten die Tschechen bei Direktverhandlungen mit Hitler sogar besser abgeschnitten. Ein Ergebnis von München, die britisch-französische Bestandsgarantie für die Rest-Tschechoslowakei, zerpflückt er ganz. Der Reststaat werde in wenigen Monaten im Nazi-Regime versinken. Im nächsten Schritt analysiert der Redner die weiteren Folgen für die europäische Sicherheit. Das kunstvolle System der kleinen Entente von französischen Bündnisstaaten gegen Deutschland werde zusammenbrechen. Der gesamte Balkan entlang der Donau bis zum Schwarzen Meer werde deutsches Einflussgebiet werden. Churchill schließt sein Verdikt gegen die westlichen Demokratien Frankreich und Großbritannien mit einem Zitat aus dem Alten Testament von den Schriftzeichen an der Wand beim Untergang Babylons: «Gewogen, gewogen und zu leicht befunden!» Dies sei aber nur der «erste Schluck aus dem bitteren Kelch, der uns Jahr für Jahr gereicht werden wird», bis zur moralischen Erholung und Wiedergewinnung militärischer Stärke.

Doch hat Churchill sich bei vielen Zeitgenossen um die mögliche Wirkung seiner Reden gebracht, weil er 1936 gegen die Regierung und für König Eduard VI., der «illegitim» heiraten wollte, Stellung bezogen hatte. Auch stand Churchill gegen den Zeitgeist der Dreißigerjahre. Aufrüstung war unpopulär, man glaubte lieber, dass sich mit einer saturierten Großmacht Deutschland alle Streitfragen friedlich regeln ließen. Churchill musste seine Reden oft vor leeren Bänken halten.

Aber die politischen Verhältnisse entwickelten sich nach 1938 geradezu auf Churchills düstere Vorhersagen zu, als Hitler 1939 alle Verträge zu Zusagen, zuletzt das Münchner Abkommen, gebrochen und Polen überfallen hatte. Jetzt sah sich Premierminister Chamberlain genötigt, den Warner Churchill in sein altes Amt als Marineminister zu berufen. Ein halbes Jahr lang gab es an der Westfront nur den drôle de guerre, einen Krieg ohne Kampfhandlungen. Im April 1940 besetzte die Wehrmacht jedoch Norwegen und überrannte im Mai Nordfrankreich, Holland und Belgien. jetzt galt Churchill als Mann der Stunde, als der unverbrauchte und nichtdiskreditierte Politiker, der das Land vor einer deutschen Invasion beschützen sollte. Der konservative Appeasementpolitiker Neville Chamberlain war außerdem für die Labour Party, die für die große Koalition gebraucht wurde, kein möglicher Partner. So wurde Churchill am 10.Mai 1940 zum britischen Premierminister berufen.

Befragt, worin denn Churchills Beitrag zur Kriegführung und zum Sieg bestanden habe, antwortete der Labour-Führer und Stellvertreter Churchills, Clement Attlee: «Im Reden. Er redete im Kabinett über kein anderes Thema. In seiner ersten legendären Erklärung als Premierminister vor dem Unterhaus verhieß Churchill den Briten nichts als «Blut, Schweiß und Tränen» (vgl. S.60). Wie die Londoner «Times» bald herausfand, war das eine geistige Anleihe beim Helden des italienischen Befreiungskampfes Garibaldi («Hunger, Durst, Gewaltmärsche, Schlachten und Tod»), zum Teil war es auch ein Selbstzitat aus der Geschichte des Ersten Weltkrieges («Their tears, their sweat, their blood bedewed the endless plain»). Ein gelungener Fall von rhetorischem Recycling, so ein Churchill-Forscher. Churchill versuchte nicht, die Misserfolge der nächsten Monate, den Rückzug des britischen Expeditionskorps aus Dünkirchen, den Fall Frankreichs, die Niederlagen in Nordafrika oder den Verlust zahlreicher Kriegsschiffe irgendwie schönzureden. Er verstand es aber, den Briten das Selbstbewusstsein zu vermitteln, dass sie einem so bösartigen und verbrecherischen Gegner wie Hitler durch Entschlossenheit und Tatkraft entgegentreten müssten und könnten. Die Kernsätze der Dünkirchen-Rede (vgl. S.70) wurden sogar als Plakat mit dem Wappen des Königs veröffentlicht. Am Ende jeder Durchhalterede stand die Verheißung, dass eines Tages der Sieg errungen würde.

Churchill war inzwischen auch ein geübter Rundfunkredner geworden. Seine etwas altertümlich anmutende Redeweise machte ihn gerade zu der Vertrauensperson der Briten. Der bullig wirkende Churchill entwickelte sich zum großen PR-Talent, zum Symbol des britischen Widerstands. Churchills Auftreten mit etwas antiquierter Garderobe, Nadelstreifenanzug oder Gehrock, Fliege, Bowler und Spazierstock, Zigarre und dem aus Zeigefinger und Mittelfinger geformten V-Zeichen wurde berühmt. Er schätzte es aber auch, im Overall aufzutreten, sodass er eher wie ein Tankwart als ein Staatsmann aussah. Der mittelgroße korpulente Mann mit dem großen Kopf strahlte auch in Uniform etwas Unmilitärisches und Bourgeoises aus. Keine Wochenschau, in der nicht Churchill mit einer Rede, einem Truppenbesuch oder einer Besichtigung der Folgen eines deutschen Bombenangriffs vorkam. Fast jeder hörte seine Rundfunkreden, und die Zustimmung der Bevölkerung wuchs auf über 80Prozent. Churchill wurde zum Superstar. In London residierten damals die meisten Exilregierungen der von Deutschland besetzten europäischen Länder. Eine Aufgabe der psychologischen Kriegführung war es, den Widerstandswillen der unterdrückten Völker zu stärken und Hoffnungen auf den Sieg zu verbreiten. Auch hierfür war Churchill mit Rundfunkansprachen im Einsatz. Die Reden mussten relativ kurz sein, da sie in die Landessprachen übersetzt und als Flugblätter von der Royal Air Force über dem Zielgebiet abgeworfen wurden. Churchill wurde so nicht nur zum Hoffnungsträger der Briten, sondern auch vieler anderer drangsalierter Völker. Acht Churchill-Reden auf Deutsch mit Warnungen waren an die Soldaten der Wehrmacht gerichtet. Zuletzt, im Januar 1945, appellierte er: «Falls ihr euch jetzt ergebt, wird nichts, was ihr nach dem Krieg durchzumachen habt, mit dem vergleichbar sein, was ihr sonst im Jahr 1945 erleiden werdet.»

Churchill als Kriegspremier

Churchills erste und meisterhaft gelöste Aufgabe war die Umstellung der britischen Wirtschaft auf Rüstungsproduktion. Er hatte Glück, als es nach dem Zusammenbruch Frankreichs gelang, die eingekesselte britische Armee aus Dünkirchen zu evakuieren. Churchills Weigerung, die britische Luftabwehr voll im Frankreichfeldzug einzusetzen, zahlte sich im Sommer 1940 bei der Luftschlacht über England aus. Die deutsche Luftwaffe erlitt so hohe Verluste, dass Hitler entschied, auf eine Invasion Großbritanniens zu verzichten und stattdessen einen Zermürbungskrieg durch Bombardierung britischer Städte zu führen. Als der ehemalige Wehrmachtsgeneral von Rundstedt von sowjetischen Offizieren befragt wurde, wann Deutschland die entscheidende Niederlage im Zweiten Weltkrieg erlitten habe, lautete die Antwort kurz: «1940, über England.» Churchill brachte seinen Dank an die RAF-Piloten für den Sieg im Battle of Britain auf die Formel: «Nie in der Geschichte von Menschheitskonflikten hatten so viele so wenigen Dank geschuldet.»

Doch Großbritannien konnte den Krieg allein nicht gewinnen. Churchills Langzeitstrategie bestand darin, mächtige Verbündete gegen Deutschland zu gewinnen, vor allem die USA. Schon als Erster Lord der Admiralität hatte Churchill 1939 einen vertraulichen Dialog mit Präsident Roosevelt aufgenommen. Die Kriegskorrespondenz umfasst über 2000 Seiten.

Zwar verbot die Neutralitätsgesetzgebung der Vereinigten Staaten ein Engagement aufseiten Großbritanniens. Eine Ausnahme bildete die sogenannte Cash-and-carry-Klausel, nach der ausländische Mächte Waffen und Munition in den USA erwerben konnten, wenn sie bar zahlten und das Gerät mit eigenen Schiffen transportierten. Doch die britischen Reserven waren bald erschöpft. Roosevelt ersann eine zweite Möglichkeit, die britische Kriegführung zu unterstützen: das Lendlease-Abkommen, den Pacht- und Leihvertrag vom März 1941. Die USA besaßen noch eine Reihe von «eingemotteten» Kriegsschiffen aus dem Ersten Weltkrieg, die sie im Interesse der Verteidigung der Vereinigten Staaten Großbritannien überlassen konnten. Zur Ergänzung «liehen» die USA Rohstoffe, Waffen und Munition. Die Gegenleistung bestand in der Überlassung von Stützpunkten in Kanada. Die Rohstofflieferungen waren allerdings an die Verpflichtung gekoppelt, dass die daraus hergestellten Produkte nicht in Konkurrenz mit US-Produkten auf den Weltmarkt gebracht werden durften. Dieser Vertrag sicherte einerseits das Überleben Großbritanniens im Krieg, führte aber andererseits dazu, dass das Land einen Kriegsbeitrag leistete, den es sich nicht leisten konnte. So wie Großbritannien von 1933 bis 1940 Frankreichs Armee als Festlandsdegen betrachtet hatte, so setzten die USA die britische Armee für ihre Interessen ein.

Mit dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion am 22.Juni 1941 und Hitlers Kriegserklärung an die USA am 4.Dezember des Jahres wuchsen Großbritannien zwei mächtige Verbündete zu. Das Hauptinteresse Stalins war jetzt eine Unterstützung durch die Angloamerikaner, und zwar zuallererst durch Errichtung einer zweiten Front in Europa. Churchill plädierte dafür, diese vom Mittelmeer her auf dem Balkan zu eröffnen. Er hoffte darauf, vom Süden her gleichsam einen Keil zwischen die Rote Armee und die Wehrmacht schieben zu können, um die Sowjetunion aus Mittel- und Osteuropa herauszuhalten. Als Antibolschewik aus der Zeit nach der Oktoberrevolution von 1917 fürchtete Churchill, die Sowjetunion könnte beim Einmarsch in Mittel- und Osteuropa diese Staaten, vor allem Polen, gewaltsam bolschewisieren. Doch die Forderung der Sowjetunion ging gerade dahin, die zweite Front in Nordfrankreich zu errichten, sodass Osteuropa Wirkungsfeld der Roten Armee blieb. Die US-Militärs hielten eine Invasion vom Balkan her für nicht realisierbar und Italien oder Nordafrika für Nebenkriegsschauplätze. Für Churchill war der Sieg über das deutsche Afrika-Korps bei El Alamein 1942 der letzte eigene britische Sieg im Zweiten Weltkrieg. Seit der Kriegswende 1943 wurde das Schicksal Europas von den Flügelmächten USA und Sowjetunion bestimmt. Die entschieden sich 1943 für die Invasion in der Normandie.

Der geschwundene Einfluss Großbritanniens zeigte sich auch darin, dass US-General Dwight D. Eisenhower statt des britischen Stabschefs General Allen F. Brooke zum Oberkommandierenden der Invasionsstreitmacht bestimmt wurde. Auf der ersten Gipfelkonferenz der Großen Drei, Roosevelt, Stalin und Churchill, in Teheran im November 1943 sagte der US-Präsident die Invasion in Nordfrankreich («Overlord») für den Mai 1944 verbindlich zu. Zwischen der polnischen Exilregierung in London und der Sowjetunion war es zum Streit über die polnische Ostgrenze gekommen, die nach dem Hitler-Stalin-Pakt von 1939 nach Westen verlegt worden war. Um eine Verständigung über die Unabhängigkeit Polens zu erreichen, schlug Churchill in Teheran die Westverschiebung des Landes vor. Polen solle mit deutschem Gebiet entschädigt werden. Er legte drei Streichhölzer auf den Konferenztisch, nahm dann das rechte Hölzchen auf und legte es nach links. So wie Soldaten beim Antreten nach links aufrücken, solle Polen seinen Gebietsstand ändern. Stalin und Roosevelt stimmten zu.

Doch trotz der demonstrativ bekundeten Einigkeit entstand vor den Augen Churchills, der gelegentlich zu depressiven Anfällen neigte, bereits das düstere Bild eines neuen blutigen Krieges mit Russland, berichtet Lord Moran. Als sich im Herbst 1944 die Aufteilung Europas in zwei Stationierungsgebiete von sowjetischen Truppen einerseits und angloamerikanischen andererseits abzeichnete, unternahm Churchill den Versuch, durch eine Absprache die Aufteilung Europas in Einflusszonen zu steuern. Er nahm eine Tischkarte und notierte darauf Prozentsätze für die Balkan-Staaten. Stalin sah sich das Dokument kurz an, hakte es als Zeichen seines Einverständnisses mit einem blauen Stift ab und schob es zu Churchill zurück. Stalin charakterisierte im Gespräch mit Djilas Churchill als «einen Mann, der dir in einem unbeobachteten Augenblick eine Kopeke aus der Tasche zieht, bei Gott, eine Kopeke!».

Doch die Frage nach der Zukunft Polens blieb weiter offen. Sie wurde ein zentraler Streitpunkt der zweiten Gipfelkonferenz der Großen Drei in Jalta im Februar 1945. Roosevelt verhielt sich in europäischen Streitfragen zurückhaltend, fast wie ein Vergleichsrichter zwischen Stalin und Churchill. Aber er verstand es, dem mageren Ergebnis – insbesondere in der Polen-Frage – einen leuchtenden internationalistischen Anstrich zu geben. In das Jalta-Abkommen waren gewisse Sollbruchstellen eingebaut, die sich allerdings erst nach dem militärischen Sieg zeigen sollten. Von den Großen Drei, meint der britische Historiker A.J.P. Taylor, wusste nur Roosevelt, was er wollte, nämlich die USA zur größten Weltmacht zu machen, mit geringstmöglichem Einsatz. Churchill litt unter der Machtlosigkeit seines Landes. Seiner Frau schrieb er, sein 16-Stunden-Arbeitstag verlaufe wie in Mark Twains Tagebuch: «Got up, washed, went to bed.» Aber Churchill hoffte immer noch, dass Stalin in Osteuropa nicht mit harter Hand durchgreifen würde – mehr als diese Hoffnung blieb ihm angesichts der militärischen Lage auch nicht.

Die Unterhausrede von Churchill über die Ergebnisse von Jalta unterscheidet sich durch die korrekte Wiedergabe der kritischen Punkte, insbesondere hinsichtlich Polens, von der Jalta-Präsentation durch die Roosevelt-Administration. Erst nach dem Tode Roosevelts, unmittelbar vor Kriegsende, konnte Churchill in Telegrammen an den Nachfolger Harry S. Truman die antibolschewistischen Alarmglocken läuten. In der Botschaft vom 13.Mai 1945 fällt dann auch erstmals das berühmte Wort vom Eisernen Vorhang, der quer über Europa heruntergegangen sei. Churchill beschwor Truman, den Geländegewinn der Angloamerikaner in Deutschland zwischen Mecklenburg und Thüringen als Faustpfand für Verhandlungen mit den Russen über eine allgemeine Regelung der Nachkriegsordnung in Europa zu behalten.

Die allgemeine Begeisterung über den Sieg der Alliierten am 8.Mai 1945 verstellte den Blick für die langfristigen Folgen für Europa und speziell Großbritannien. Churchill hatte durch seinen Einsatz die europäischen Staaten davor bewahrt, in einem rassistischen großgermanischen Reich aufzugehen. Doch zunächst wollte niemand sehen, welchen Preis das gekostet hatte: den Verlust des britischen Empire und der Weltmachtrolle Großbritanniens. Churchill wurde 1945 zum tragischen Helden wie die Hemingway-Figur des Fischers in «Der alte Mann und das Meer», der nur noch das Gerippe des großen Fisches an Land ziehen konnte. England war nach dem Zweiten Weltkrieg ein industriell rückständiges Land, das seine Auslandsreserven und seine Exportmärkte verloren hatte, sein Empire nicht mehr halten konnte und weltpolitisch wenig darstellte. Für das Ansehen Churchills als dem legendären britischen Kriegspremier war es daher ein Segen, dass er auf dem Höhepunkt seines Erfolgs bei der Unterhauswahl im Juli 1945, noch während der Potsdamer Konferenz der Großen Drei, abgewählt wurde.

Sein späteres Wirken als Oppositionsführer und dann von 1951 bis 1955 nochmals als britischer Premier hat zu seinem Nachruhm kaum etwas beigetragen. In der Dankesrede auf der Feier zu seinem 80.Geburtstag 1954 blickte er auf seine Amtszeit von 1940 bis 1945 mit einem Kompliment an die britische Nation zurück. Es sei die britische Nation gewesen, die das Herz des Löwen besessen hätte, er habe nur das Glück gehabt, gerufen zu werden «to give the roar».

Churchill und die Deutschen

Entweder habe man die «Hunnen» an der Gurgel, oder sie lägen einem zu Füßen, so Churchills viel zitierte Einschätzung der Deutschen. Er verfügte über kein geschlossenes Bild von Deutschland. Vom Straßburger Beigeordneten Dominicus hatte er sich 1910 über die deutsche Arbeitsverwaltung und Berufsberatung unterrichten lassen und sie als Vorbild für eine britische Regelung verwandt. Das Europa von vor 1914 war für Churchill die natürliche Ordnung, die es nach 1918 wiederherzustellen galt: ein von Großbritannien tariertes Gleichgewicht zwischen den großen europäischen Mächten. Die Donaumonarchie diente ihm als Beispiel für eine oder mehrere europäische Föderationen, insbesondere auf dem Balkan. Sein Verhältnis zu Preußen war gespalten. Einerseits bewunderte er militärische Leistungen und zitierte auch gern Friedrich den Großen und Bismarck. Andererseits sah er in Preußen die Quelle für die Weltkriege des 20.Jahrhunderts. Daher wollte er das Reich in seine historischen Bestandteile auflösen und allenfalls Preußen «bestrafen».

Als britischer Marineminister hatte Churchill 1913 am Kaisermanöver teilgenommen. Ein Foto zeigt ihn bei der Begrüßung durch Wilhelm II. Ein weiteres Foto zeigt ihn 1919 als Kriegsminister bei der militärischen Begrüßung durch die britischen Besatzungssoldaten in Köln. Zu dieser Zeit war er bereits Kritiker des Versailler Vertrags und plädierte für eine Rehabilitierung Deutschlands ohne Diskriminierung. Allerdings lautete die Botschaft auch, mit diesem Krieg hätten die Deutschen genug für die Menschheitsgeschichte getan. Deutschland könne einen würdigen Platz in Europa einnehmen, wenn es dem Militarismus abschwöre, sich mit dem Westen verbünde und ein Bollwerk gegen die Ausbreitung des Bolschewismus in Europa bilde. Für ein französisches Kriegsdenkmal hatte er auf Wunsch hin seine vier Grundsätze formuliert: «Im Krieg – Entschlossenheit, bei Niederlagen – Trotz, nach dem Sieg – Großmut, im Frieden – Wohlwollen.» Da diese Thesen den Franzosen zu versöhnlerisch klangen, kamen sie nicht auf das Denkmal. Churchill verwandte sie nach 1945 als Motto für seine Erinnerungen «Der Zweite Weltkrieg».

Anfangs zeigte er sogar Bewunderung für Hitler als den großen Mann, der Deutschland aus der Erniedrigung und Katastrophe herausführe. Fast wäre es 1932 zu einer Begegnung gekommen. Doch nach 1933 war Churchill ein unnachgiebiger Gegner der Appeasement-Politik und Warner vor einer deutschen Aggression. Ein Novum in den internationalen Beziehungen war, dass Churchill ausdrücklich die Entrechtung der Juden, die Unterdrückung der Arbeiterbewegung und die Abschaffung der Pressefreiheit in Deutschland anprangerte. In Meyers Lexikon von 1937 wird zwar sein Redetalent hervorgehoben, mit dem er die Regierenden häufig in große Verlegenheit bringen könne. Dann wird aber angemerkt, dass dieser Außenseiter seine «deutschfeindliche Einstellung» öfter in «unsachlichen Angriffen auf Deutschland» äußere. 1938 empfing Churchill den Danziger Gauleiter Albert Forster, um ihm eine eindringliche Warnung an Hitler vor einem Angriff auf Polen mit auf den Weg zu geben.

Nach 1940 wurde Churchill zur Zielperson Nr.1 der antibritischen Propaganda. Er wurde in der deutschen Öffentlichkeit als der wahnsinnige Whiskysäufer tituliert oder als «Mr.WC». Der Grafiker A.Paul Weber attackierte in seinen «Britischen Bildern» von 1941 das von Churchill so geschätzte viktorianische England. In dem aufwendigen NS-Propagandafilm «Ohm Krüger» spielt Otto Wernicke eine Churchill-Karikatur, den Kommandanten eines britischen KZ, als feigen, hochnäsigen Schweinekerl. Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion erschien 1942 ein mit «Mein Bundesgenosse» betiteltes Buch mit antibolschewistischen Churchill-Zitaten.

In der NS-Kriegspropaganda wurde Churchill zunächst als Kriegstreiber und später als der Hauptverantwortliche für den Bombenkrieg gegen die deutsche Zivilbevölkerung angeprangert. Ein berühmtes Poster der deutschen Propaganda, das auch als Flugblatt über England abgeworfen wurde, zeigt ein Foto Churchills in der Positur eines Chicago-Gangsters: Nadelstreifenanzug, Zigarre im Mundwinkel, Bowler auf dem Kopf und unter dem Arm eine Maschinenpistole.

Als Brecht im Herbst 1948 nach Berlin zurückkehrte, notierte er in sein «Arbeitsjournal»: «Berlin, eine radierung churchills nach einer idee hitlers». Tatsächlich hatte die Royal Air Force das Modell des Luftkrieges 1941 von den Deutschen übernommen.

Nach 1945 war der neue britische Oppositionsführer Churchill einer der Ersten, der für eine Rehabilitierung der Deutschen eintrat. In seiner legendären Rede in Fulton am 6.März 1946 beklagte er den Eisernen Vorhang, der von Stettin an der Ostsee bis Triest an der Adria Europa teile. Das sei nicht das Europa, für das man gekämpft habe. Bei seinem zweiten bedeutenden Auftritt am 19.September 1946 in Zürich rief er dazu auf, die Vereinigten Staaten von Europa zu bilden. Eine Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland sollte dafür die Grundlage bilden. Im Kern war das schon nach 1919 Churchills Rezept gewesen. Vereinfacht ausgedrückt, hatte er Hitler gegen Stalin ausgetauscht, der nunmehr die Verkörperung des Bösen darstellte. Gewicht erhielten die Ausführungen Churchills durch die 1947 proklamierte Eindämmungspolitik der Truman-Administration, zu deren Ergebnissen der Marshallplan für den europäischen Wiederaufbau, die Bildung der NATO und Gründung der Bundesrepublik gehören …

Churchills Reden und Schriften wurden in der Öffentlichkeit viel beachtet. Nach seiner Wiederwahl zum britischen Premier 1951 wurde Churchill bald zur überdimensionalen Kultfigur. Von ihm erwartete man keine wegweisenden Reden mehr. Er blieb vielmehr der gefeierte Kriegsheld. Der Tod Georgs VI. 1952, die Krönung Elisabeths II., die Verleihung des Literatur-Nobelpreises und schließlich die Festivitäten zu seinem 80.Geburtstag lieferten Anlass zu repräsentativen Auftritten. Durch seinen spektakulären Vorstoß auf einer Gipfelkonferenz vom Mai 1953 für den Versuch einer Verständigung mit der Sowjetunion nach Stalins Tod wurde er sogar noch zu einem Vorläufer der Entspannungspolitik.

Mit der im letzten Band seiner Kriegserinnerungen, «Triumph and Tragedy», suggerierten These, Europa hätte nach 1945 anders ausgesehen, wenn man nur auf ihn gehört hätte, sorgte er für eine weltweite Debatte. Churchill-Schriften erlebten geradezu eine Hochkonjunktur. Sein Sohn Randolph begann mit der Abfassung der ersten Bände einer später von dem Historiker Martin Gilbert fortgesetzten Monumentalbiografie, die aus acht Haupt- und zehn Ergänzungsbänden besteht. Auch in der Bundesrepublik war Churchill gefragt. Sein sechsbändiger «Zweiter Weltkrieg» erschien neben der Originalausgabe in einer mehrfach nachgedruckten einbändigen Hardcover- und Paperbackausgabe. Der Schöningh-Verlag veröffentlichte 1954 sogar einen Lesebogen mit Churchill-Reden für Schüler. Neben das verblassende Zerrbild aus der NS-Kriegspropaganda trat jetzt das Image des weisen Staatsmanns, Förderers des deutschen Wiederaufstiegs und der europäischen Einigung. 1956 wurde Churchill für seine Verdienste um die europäische Einigung mit dem Karlspreis der Stadt Aachen ausgezeichnet. Churchill wurde in den Kanon der Klassiker aufgenommen, mit deren Zitaten Ansprachen und Vorträge dekoriert werden. Der Dramatiker Rolf Hochhuth versuchte 1967, Churchill in dem Drama «Soldaten» zu attackieren. Doch die Debatte über das Stück änderte in Deutschland nichts an der allgemeinen Wertschätzung des Premiers. Im Bundestagswahlkampf 1972 schaltete die CDU sogar eine Anzeige mit einem antisozialistischen Zitat Churchills aus einer Wahlkampfrede von 1945.

Tatsächlich hat Churchill mit seinen Reden in den Anfangsjahren des Zweiten Weltkrieges Geschichte gemacht. Deshalb lohnt ihre Lektüre auch nach Jahrzehnten.

Diese Auswahl beruht auf der von Randolph Churchill und Charles Eade im Londoner Cassell Verlag herausgegebenen Ausgabe, die beim Züricher Europa Verlag zwischen 1946 und 1950 auf Deutsch herauskam. Gegenüber der von Walther Weibel besorgten Übersetzung sind lediglich heute etwas altertümlich wirkende schweizerische Ausdrücke abgeändert. 25Reden wurden nach sieben Gesichtspunkten ausgewählt. Am Anfang steht die «apokalyptische» Rede des Unterhausabgeordneten Churchill, des Einzelkämpfers, des Predigers in der Wüste. Die wichtigsten Reden, die zu denen gehören, die die Welt verändert haben, sind die Durchhaltereden in den Jahren 1940/41, als Churchill mit Entschlossenheit und viel Pathos für den unbedingten Kampf gegen Deutschland bis zum Sieg wirbt und die Briten hinter sich schart. Eine dritte Art von Reden zielt besonders ab 1941 auf die öffentliche Meinung in den USA ab. Viele Churchill-Reden wurden in der Rundfunkzeitschrift «Listener» nachgedruckt; die höchsten Auflagen erreichten die kurzen Reden oder Redeausschnitte, die für die psychologische Kriegführung eingesetzt wurden, als Rundfunktexte und als Nachdrucke in Form von Flugblättern, die über dem besetzten Europa abgeworfen wurden. Eine vierte Rubrik von Reden bilden die warmherzigen ehrenden Nachrufe, die Churchill seinem langjährigen liberalen Förderer Lloyd George, seinem konservativen Gegenspieler Chamberlain oder seinem etwas ungewissen Partner Roosevelt gewidmet hat. In der Schlussphase des Krieges konnte Churchill sich darauf verlassen, dass sich die Siege an allen Fronten von selbst «verkauften», er konnte also sachlich-unverbindlicher sprechen. Am Ende steht dann eine Bilanzrede, in der der abgewählte Premier ein Fazit seiner Amtszeit zieht und sein Wirken in die britische Geschichte einordnet, bis zum Vorfahren Lord Marlborough.

REDEN IN ZEITEN DES KRIEGES

MÜNCHEN 1938 – EINE VOLLSTÄNDIGE NIEDERLAGE

5.Oktober 1938, Unterhaus

Am 29.September 1938 trafen sich Chamberlain, Daladier, Mussolini und Hitler in München. Sie vereinbarten, dass die Tschechoslowakei die vorwiegend von Sudetendeutschen bewohnten Gebiete an Deutschland abtreten solle. Chamberlain wurde in London als Friedensheld gefeiert. Churchill gehörte zu den wenigen konservativen Unterhausabgeordneten, die das Abkommen ablehnten. Diese Rede ist die entschiedenste Abrechnung mit der britischen Appeasement-Politik. Am Ende der Philippika steht ein apokalyptischer Vergleich mit dem Untergang Babylons.

Wenn ich heute nicht damit beginne, dem Premierminister die üblichen, ja fast einander gleichbleibenden Worte der Anerkennung für sein Vorgehen in dieser Krisensituation zu zollen, so geschieht dies keineswegs aus Mangel an persönlicher Hochschätzung. Unsere Beziehungen waren stets, viele Jahre hindurch, sehr erfreulich, und ich habe, aufgrund eigener Erfahrung in einer ähnlichen Krise, das tiefste Verständnis für den Druck und die Spannung, unter denen er stand; ich bin aber dessen gewiss, dass es besser ist, genau zu sagen, was wir über öffentliche Angelegenheiten denken, und jetzt ist sicherlich nicht eine Zeit, in der es irgendjemandem anstünde, um politische Popularität zu werben. Uns wurde vor zwei Tagen durch den früheren Ersten Lord der Admiralität ein leuchtendes Beispiel von Charakterstärke gegeben. Er zeigte jene Charakterstärke, die von den Strömungen des Tages völlig unberührt ist, so reißend und ungestüm sie auch sein mögen. Mein ehrenwerter Freund, der Abgeordnete für Südwest-Hulle (Law), dessen zwingender Rede dieses Haus am Montag gelauscht hat, erinnerte uns mit Recht, dass der Premierminister während seines ganzen Verhaltens in dieser Angelegenheit eine robuste Gleichgültigkeit gegen Beifalls- und Missfallensäußerungen und einander abwechselnde Kritik und Zustimmung zur Schau getragen hat. Wenn dem so ist, dann sollten solche Eigenschaften, solche geistige Höhe es möglich machen, in diesem Hause ehrliche Überzeugungen in unnachsichtiger Form gegenseitig auszutauschen und allen Anschauungen den vollständigsten Ausdruck zu geben, ohne dass dadurch persönliche Beziehungen zerstört würden.

Nachdem ich mich so durch das Beispiel anderer ermutigt habe, will ich darangehen, ihnen nachzueifern. Ich möchte daher damit beginnen, dass ich etwas höchst Unpopuläres und Unwillkommenes sage. Ich will zuerst etwas aussprechen, was jedermann nicht zur Kenntnis zu nehmen oder zu vergessen wünscht, was aber dennoch festgestellt werden muss: nämlich, dass wir eine völlige, durch nichts gemilderte Niederlage erlitten haben und dass dabei Frankreich noch mehr gelitten hat als wir.

Das Äußerste, was mein sehr ehrenwerter Freund, der Premierminister, durch all seine ungeheuren Anstrengungen, durch all die großen Bemühungen und Mobilisierungen, die in unserem Lande stattfanden, und durch all die Angst und Spannung, die wir hier durchgemacht haben, zu sichern imstande war, das Äußerste, was er in den zur Diskussion stehenden Angelegenheiten für die Tschechoslowakei herausschlagen konnte, ist, dass der deutsche Diktator, anstatt die Speisen vom Tisch zu rauben, sich damit zufriedengibt, sie sich nun Gang für Gang servieren zu lassen.

Der Schatzkanzler (Sir John Simon) sagte, dies sei das erste Mal gewesen, dass Hitler überhaupt in gewissem Ausmaße zu einem Rückzug gebracht wurde – das, glaube ich, waren seine Worte. Wir sollten wirklich keine Zeit mehr vergeuden, nach all diesen langen Diskussionen über den Unterschied zwischen den Positionen, die in Berchtesgaden, in Godesberg und in München erreicht wurden. Man kann es – wenn Sie mir die Variierung des Gleichnisses gestatten – in wenigen Worten zusammenfassen: 1Pfund wurde mit vorgehaltenem Revolver gefordert. Als man es hergab, wurden 2Pfund mit vorgehaltenem Revolver gefordert. Schließlich fand sich der Diktator bereit, 1Pfund, 17Schilling und 6Pence zu nehmen und den Rest in Zusicherungen von guten Absichten für die Zukunft.

Nun komme ich zur Sache, an die ich eben von einem Punkt des Hauses aus gemahnt wurde: zur Rettung des Friedens. Niemand ist ein entschlossenerer, kompromissloserer Vorkämpfer des Friedens gewesen als der Premierminister. Das wissen alle. Niemals hat es solch eine leidenschaftliche und kühne Entschlossenheit gegeben, den Frieden zu erhalten und zu sichern. Das ist völlig richtig. Nichtsdestoweniger bin ich mir nicht darüber im Klaren, wieso in diesem kritischen Augenblick die Gefahr, dass Großbritannien und Frankreich in einen Krieg mit Deutschland verwickelt werden könnten, so groß gewesen ist, wenn diese Länder doch tatsächlich während der ganzen Zeit bereit waren, die Tschechoslowakei zu opfern. Die Bedingungen, die der Premierminister heimbrachte, hätten, so glaube ich, mit Leichtigkeit jederzeit während des vergangenen Sommers auf den gewöhnlichen diplomatischen Wegen vereinbart werden können. Und ich will nur das eine sagen: Ich glaube, wenn man die Tschechen sich selbst überlassen und ihnen gesagt hätte, dass sie von den Westmächten keine Hilfe zu erwarten haben, so wären sie imstande gewesen, bessere Bedingungen zu erzielen, als sie sie nun nach all der schrecklichen Unruhe erhalten haben; schlimmer hätten sie schwerlich sein können.

Es kann niemals völlige Gewissheit geben, dass es zu einem Kampfe kommen wird, wenn eine Seite entschlossen ist, auf der ganzen Linie nachzugeben. Wenn man die Münchner Vereinbarungen liest, wenn man sieht, was in der Tschechoslowakei von Stunde zu Stunde geschieht, wenn man sicher ist, das Parlament werde, ich will nicht sagen, seine Billigung aussprechen, aber zumindest sich dareinfügen, wenn der Schatzkanzler eine Rede hält, die jedenfalls versucht, in sehr kräftiger und überzeugender Art nachzuweisen, dass schließlich und endlich alles unvermeidlich und geradezu berechtigt gewesen sei: Wenn wir all das gesehen haben und jedermann auf dieser Seite des Hauses, einschließlich vieler Abgeordneten der Konservativen Partei, wachsamer und vorsichtiger Hüter der nationalen Interessen, sich darin einig ist, dass nichts auf dem Spiele stand, das uns wesentlich beträfe – dann, so scheint es mir, muss man fragen: Wozu war all die Unruhe, all der Lärm nötig?

Die britische und die französische Regierung haben den Beschluss gefasst. Ich möchte feststellen, dass es sehr wichtig ist, sich dessen bewusst zu sein, dass es sich keineswegs um eine Frage handelte, die die britische Regierung allein zu entscheiden hatte. Ich bewundere in höchstem Maße die Art und Weise, in der im Parlament alle Bemerkungen, die eine Beschuldigung hätten enthalten können, unterdrückt worden sind. Aber man muss sich darüber klar sein, dass dieser Entschluss nicht von der einen oder der anderen dieser Regierungen herrührt, sondern dass es ein Entschluss war, für den beide gemeinsam die Verantwortung tragen müssen.

Dieser Entschluss wurde nun einmal gefasst und dieses Verfahren eingeschlagen – mögen Sie es klug oder unklug, vorsichtig oder kurzsichtig nennen. Sobald man sich einmal dazu entschlossen hatte, die Verteidigung der Tschechoslowakei nicht zum Casus belli werden zu lassen, bestand wirklich kein Grund, wenn man die Angelegenheit während des Sommers auf dem gewöhnlichen Wege erledigt hätte, diesen ganzen Schrecken einflößenden Krisenapparat in Erscheinung treten zu lassen. Das, glaube ich, sollte man bedenken.

Man fordert uns auf, für den Antrag[1] zu stimmen, der auf der Tagesordnung steht, und dieser Antrag ist sicherlich in einer nicht zum Streit herausfordernden Form gehalten, ebenso wie der Gegenantrag, der von der Opposition gestellt wird. Ich selbst kann mich mit den Schritten, die unternommen wurden, nicht einverstanden erklären, und da der Schatzkanzler mit solch großem Geschick den Fall so dargestellt hat, wie er ihn sieht, so möchte ich, wenn es mir gestattet ist, versuchen, ihn unter einem anderen Blickwinkel darzulegen. Ich hatte stets die Ansicht verfochten, die Erhaltung des Friedens beruhe auf der Anhäufung von Abschreckungsmitteln gegen den Angreifer, zugleich mit dem redlichen Bemühen, Beschwerdegründen abzuhelfen. Hitlers Sieg ist, gleich so manchen berühmten Kämpfen, die das Geschick der Welt bestimmten, mit knappstem Spielraum gewonnen worden. Nach der Okkupation Österreichs im März dieses Jahres standen wir in unseren Debatten diesem Problem gegenüber. Ich wagte es, an die Regierung zu appellieren, sie möge etwas weiter gehen als der Premierminister und eine Garantie geben, derzufolge wir uns, gemeinsam mit Frankreich und anderen Mächten, für die Sicherheit der Tschechoslowakei verbürgten, während gleichzeitig die sudetendeutsche Frage von einer Völkerbundskommission oder einer anderen unparteiischen Körperschaft untersucht werden sollte, und ich glaube noch immer, hätten wir diesen Weg eingeschlagen, so wäre es nicht zu dieser katastrophalen Situation gekommen. Ich befinde mich in vollster Übereinstimmung mit meinem sehr ehrenwerten Freunde, dem Abgeordneten für Sparkbrook (Amery), der bei dieser Gelegenheit sagte: «Entschließt euch zu dem einen oder dem andern, sagt entweder, ihr hättet euch an der Angelegenheit völlig desinteressiert, oder entschließt euch zu dem Schritt, eine Garantie zu geben, die die größte Aussicht haben wird, jenem Lande Schutz zu sichern.»

Frankreich und Großbritannien gemeinsam – besonders dann, wenn sie (was sicherlich nicht geschehen ist) mit Russland engen Kontakt gepflogen hätten – wären in jenen Sommertagen, als sie über das nötige Prestige verfügten, imstande gewesen, viele der kleinen Staaten Europas zu beeinflussen, und ich glaube, sie hätten auch Polens Haltung entscheidend bestimmen können. Ein solcher Zusammenschluss, vorbereitet zu einer Zeit, als der deutsche Diktator sich noch nicht tief und unwiderruflich auf dieses neue Abenteuer eingelassen hatte, würde, wie ich glaube, all den Kräften in Deutschland, die sich dieser neuen Richtung, diesem neuen Vorhaben widersetzen, Kraft und Stärke verliehen haben. Diese Kräfte waren von verschiedener Natur: Es waren solche beim Militär, die erklärten, Deutschland sei für einen Weltkrieg nicht vorbereitet, und die Masse der Anhänger gemäßigter und populärer Ansichten, die den Krieg verabscheuen, von denen einige noch immer einen gewissen Einfluss auf die Regierung ausüben. Solch ein Vorgehen hätte dem ganzen intensiven Friedensbedürfnis Stärke verliehen – ein Gefühl, das die hilflosen Massen des deutschen Volkes mit ihren britischen und französischen Mitmenschen teilen und das, wie wir erinnert wurden, einen leidenschaftlichen und selten gestatteten Ausdruck in den begeisterten Kundgebungen fand, mit denen der Premierminister in München begrüßt wurde.

All diese Kräfte, und dazu noch die anderen Abschreckungsmittel in Gestalt von Gruppierungen großer und kleiner Staaten, welche bereit gewesen wären, für das Recht und für die geregelte Beilegung von Streitigkeiten mit Festigkeit einzutreten, hätten sehr wohl wirksam sein können. Neben Unterwerfung und sofortigem Krieg gab es eine dritte Alternative, die nicht nur die Hoffnung auf Frieden, sondern auch die auf Gerechtigkeit ermöglichte. Allerdings hätte solch eine Politik, sollte sie erfolgreich sein, erfordert, dass Großbritannien geradeheraus und rechtzeitig erklärte, es werde, gemeinsam mit anderen, die Tschechoslowakei gegen einen unprovozierten Angriff verteidigen. Die Regierung Seiner Majestät verweigerte eine solche Garantie zur Zeit, als sie die Situation gerettet haben würde, gab sie aber dann schließlich, als es bereits zu spät war, und erneuert sie nun für die Zukunft, wo sie doch nicht die geringste Möglichkeit hat, sie zu erfüllen.

All das ist nun vorbei. Schweigend, trauernd, verlassen und gebrochen versinkt die Tschechoslowakei in der Dunkelheit. Sie hat in jeder Weise dafür büßen müssen, dass sie sich den Demokratien des Westens und dem Völkerbund anschloss, dem sie stets treu gedient hat. Besonders hatte sie durch ihre Verbindung mit Frankreich zu leiden, von dessen Führung und Politik sie so lange beeinflusst war. Ja selbst die Maßnahmen, die von der Regierung Seiner Majestät im anglo-französischen Abkommen bestimmt wurden, um ihr die bestmögliche Chance zu geben, nämlich die scharfe 50-Prozent-Grenze in gewissen Bezirken, anstatt einer Volksabstimmung, gereichen ihr nun zum Nachteil, denn in großen Gebieten wird außerdem noch eine Volksabstimmung durchgeführt werden, und die anderen Mächte, die Ansprüche erhoben hatten, sind nun auch über das hilflose Opfer hergefallen. Die Gemeindewahlen, deren Ergebnisse als Grundlage für den 50-Prozent-Schnitt genommen werden, waren über Fragen abgehalten worden, die nichts mit der Frage des Anschlusses an Deutschland zu tun hatten. Als ich mit Henlein hier zusammentraf, versicherte er mir, dass der Anschluss nicht dem Wunsche seines Volkes entspräche. Es wurden positive Erklärungen abgegeben, dass es sich bloß um die Frage der Selbstverwaltung handle, um eine selbstständige Stellung innerhalb des tschechoslowakischen Staates. Niemand kann mit Fug behaupten, dass die Volksabstimmung, die in manchen Gegenden unter Saar-Bedingungen abgehalten wird, und die glatte Abtrennung der 50-Prozent-Gebiete, dass diese beiden Maßnahmen zusammengenommen auch nur im geringsten Ausmaße auf eine Entscheidung im Sinne des Selbstbestimmungsrechtes hinauslaufen. Dieses Wort in diesem Zusammenhang auszusprechen, kommt einem Betrug und einer Verhöhnung gleich.

Wir in diesem Lande haben, ebenso wie die Bewohner anderer liberaler und demokratischer Länder, das volle Recht, das Prinzip der Selbstbestimmung hochzuhalten; aber es nimmt sich übel aus im Munde von Leuten in totalitären Staaten, die jeder Gruppe und Gesinnung innerhalb ihrer eigenen Grenzen selbst das kleinste Ausmaß an Duldung verweigern. Aber wie immer man es auch wendet, dieses bestimmte Stück Land, diese Anzahl von Menschen, die überantwortet werden sollen, hat niemals den Wunsch ausgedrückt, unter nationalsozialistische Herrschaft zu kommen. Ich glaube, sie würden nicht einmal jetzt, könnte man sie um ihre Meinung befragen, solch einer Absicht Ausdruck geben.

In welcher Lage bleibt die Tschechoslowakei nun zurück? Sie ist nicht bloß politisch verstümmelt, sie ist ökonomisch und finanziell in völlige Unordnung gebracht. Ihr Bankwesen, ihre Eisenbahnanlagen sind auseinandergerissen und zerbrochen, ihre Industrie verstümmelt, die aufgezwungenen Bevölkerungsbewegungen äußerst grausam. Die Bergarbeiter des Sudetengebietes, die alle Tschechen sind und deren Familien seit Jahrhunderten dort ihren Wohnsitz hatten, müssen nun in ein Gebiet flüchten, in dem es kaum irgendwelche Bergwerke gibt, in denen sie arbeiten könnten. Was sich hier ereignet hat, ist eine Tragödie. In britischen Herzen muss für immer tiefstes Bedauern und ein Gefühl des Schmerzes herrschen, wenn sie der Behandlung und des Unglücks gedenken, die der Tschechoslowakischen Republik zugefügt worden sind. Und dieses Land ist noch nicht am Ende seines Leidensweges angelangt. Jeden Augenblick kann es dort zu einer Stockung im Ablauf kommen, jeden Augenblick kann ein Auftrag an Herrn Goebbels ergehen, seine Verleumdungs- und Lügenpropaganda von Neuem zu beginnen; jeden Augenblick kann ein Zwischenfall provoziert werden; denn was sollte nun, nachdem die Festungslinie aufgerollt ist, dem Willen des Eroberers Halt gebieten? Offensichtlich sind wir gegenwärtig nicht in der Lage, den Tschechen die geringste Hilfe zu geben, es sei denn – was mit allgemeiner Befriedigung aufgenommen worden ist – die finanzielle Hilfe, welche die Regierung unverzüglich gewährt hat.