Revolver 45 - Benjamin Heisenberg - E-Book

Revolver 45 E-Book

Benjamin Heisenberg

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VORWORT
Weil ihr Sohn auf der kubanischen Plantage ______ entbehren muss, erklärt ihm Zarah Leander das Wetterphänomen als ‚Engelstränen“, in La Habanera (1937). Als das neue Automobil im ______ stecken bleibt, gibt es eine schöne Gelegenheit zu singen in The Magnificent Ambersons (1942). Um den Kriegswinter 1807 im Kriegssommer 1944 drehen zu können, fuhr man 100 Eisenbahnwagons Salz nach Pommern, als ______ersatz in Kolberg (1945). Bei den Dreharbeiten zu Queen of Spades (1949) kamen als ______flocken Plexiglas-Splitter zum Einsatz, gewonnen aus abgeschossenen deutschen Flugzeugen. In Ophüls Madame de (1953) verwandelt sich ein zerrissener Liebesbrief in ______treiben. In Day Of The Outlaw (1959) ist ______ das Mittel der Wahl, die Gangster ins Verderben zu führen. Ein Gutteil des „______sturms“ in McCabe and Miss Miller (1971) geht auf einen Kopierwerkseffekt zurück, dessen regelmäßige Drehung Schwindel erregt. In Fargo (1996) verschmutzt der ______ durch die Zweckentfremdung einer Häckselmaschine.
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Weil ihr Sohn auf der kubanischen Plantage ______ entbehren muss, erklärt ihm Zarah Leander das Wetterphänomen als „Engelstränen“, in La Habanera (1937). Als das neue Automobil im ______ stecken bleibt, gibt es eine schöne Gelegenheit zu singen in The Magnificent ­Ambersons (1942). Um den Kriegswinter 1807 im Kriegssommer 1944 drehen zu können, fuhr man 100 Eisenbahnwagons Salz nach Pommern, als ______ersatz in Kolberg (1945). Bei den Dreharbeiten zu Queen of Spades (1949) kamen als ______flocken Plexiglas-Splitter zum Einsatz, gewonnen aus abgeschossenen deutschen Flugzeugen. In Ophüls Madame de (1953) verwandelt sich ein zerrissener Liebesbrief in ______treiben. In Day Of The Outlaw (1959) ist ______ das Mittel der Wahl, die Gangster ins Verderben zu führen. Ein Gutteil des „______sturms“ in McCabe and Miss Miller (1971) geht auf einen Kopierwerkseffekt zurück, dessen regelmässige Drehung Schwindel erregt. In Fargo (1996) verschmutzt der ______ durch die Zweckentfremdung einer Häckselmaschine.

Benjamin Heisenberg: Ihr seid in der Schweiz geboren, habt mehrheitlich in Berlin studiert und seid auf verschiedene Weisen mit der bildenden Kunst – oder bei dir Katharina noch fast mehr mit der Philosophie – verbunden. Zu eurer Zusammenarbeit ist vielleicht zu sagen, dass du Silvan [Hillmann, Anm.d.Red.] bei Cyrils Spielfilmen Kamera gemacht hast. Ramon und Silvan [Zürcher, Anm.d.Red.], ihr seid Geschwister und arbeitet bei euren Filmen sehr eng zusammen und mit Katharina seid ihr seit eurem gemeinsamen Studium in engem Kontakt. Und obwohl eure Filme sehr unterschiedlich gemacht sind, gibt es Gemeinsamkeiten, über die ich gerne reden würde. Im Moment ist interessant, dass ihr alle mit euren jüngsten Produktionen wieder in die Schweiz gekommen seid. Was ist der Grund dafür?

Silvan Zürcher: Ursprünglich sollte Das Mädchen und die Spinne eine deutsch-schweizerische Koproduktion werden. Erst haben wir versucht, den Film als majoritär deutschen Film mit minoritärem Anteil aus der Schweiz aufzustellen, das heißt, wir wollten die Finanzierung in Deutschland starten. Das hat aber nicht geklappt und auch mit einem minoritären Teil aus Deutschland nicht und so wurde es letztlich ein rein schweizerischer Film. Es waren also finanzierungsstrategische Gründe, die uns dazu bewogen haben, mit dem Projekt aus Deutschland in die Schweiz zu ziehen.

Benjamin Heisenberg: Sozusagen ein erzwungener Nationalismus.

Ramon Zürcher: Könnte man so sehen. Als wir noch majoritär deutsch produzieren wollten, hieß es oft, dass die erste Kraft, die am Anfang einer Produktion steht, der Fernsehsender ist. Mit unserem Abschlussfilm hatten wir zwar künstlerischen Erfolg, jedoch resultierten daraus keine Connections zu Fernsehanstalten oder Redakteuren. Da das Drehbuch zur Spinne zudem weder politisch noch sozial besonders relevant war, sondern eher ein lyrischer Stoff, poetisch, philosophisch, psychologisch, aber halt nicht sehr gesellschaftspolitisch, hat sich dann dieser erste Schritt zum Fernsehsender als schwierig herausgestellt. In der Schweiz wiederum muss der erste Finanzierungsbaustein nicht unbedingt ein Fernsehsender sein. Deswegen haben wir die Strategie gewechselt und in der Schweiz beim BAK, dem Bundesamt für Kultur, eingereicht, das ähnlich wie das BKM in Deutschland funktioniert und mittels einer Jury aus Filmschaffenden die zu fördernden Projekte auswählt. Die erste Finanzierungszusage kam dann vom BAK und das hatte zur Konsequenz, dass es, wie Silvan sagte, ein Schweizer Film wurde. Ein guter Nebeneffekt war, dass wir eine Produktionsfirma im Kanton Bern gegründet haben, um eine eigene Struktur zu haben, mit der wir das Künstlerische und das Produktionelle nun selbstbestimmter mitgestalten können. Ich glaube, das hat was mit dem Kunststudium zu tun, weil die künstlerische Praxis doch sehr persönlich und fragil ist. Da wählt man die Menschen aus, die zu einem ins Atelier kommen. Dieser Raum ist dann geschützter und ermöglicht Dialoge, bei denen keine so dicke Haut nötig ist. Und Film ist doch etwas, bei dem man viel Hornhaut haben muss, damit das psychische Gerüst nicht ständig allzu fest abgekratzt wird.

Benjamin Heisenberg: Cyril, Du warst ja nicht immer in der Schweiz, oder? Aber Dene Wos Guet geit ist ja ein Schweizer Film.

Cyril Schäublin: Also zunächst habe ich mir das gar nicht so produktionell überlegt, sondern ich hatte einfach den Wunsch, in Zürich, wo ich aufgewachsen bin, einen Film zu machen. Ich möchte dabei gerne noch kurz auf das zurückkommen, was du, Benjamin, vorher gesagt hast, mit diesem „nationalen“ Kontext von Filmen. Ich finde, man kann sich schon mal vor Augen führen, was das eigentlich bedeutet. Ich frage mich manchmal, ob es nicht auch ein eher lokal präsentiertes Filmschaffen geben könnte, das sich von den nationalen Marken löst. Bei mir war es jedenfalls nicht die Entscheidung in das nationale Konstrukt „Schweiz“ zu gehen und dort irgendeinen Film zu machen. Ich wünschte mir, dass meine Freunde in dem Film mitspielen und dass mir die Orte irgendwie vertraut sind. Also vielleicht eher ein lokaler als ein nationaler Beweggrund. Mit dem nächsten Film ist es ähnlich, der spielt in einem Tal in der Nordwestschweiz, wo meine Vorfahren als Feinmechaniker*innen in den Uhrfabriken gearbeitet haben.

Katharina Wyss: Bei mir ist das Ganze ein Zusammensammeln von Zugehörigkeiten und Identitäten. Ich bin ja nicht ganz Schweizerin, meine Mutter ist Österreicherin. Sie ist in die Schweiz gezogen mit meinem Vater, der Deutschschweizer ist und in Österreich studiert hat. Ich bin in Fribourg aufgewachsen, dieser zweisprachigen, aber vorwiegend französischsprachigen Stadt, wo ich mir das Französische und diese kulturelle Identität angeeignet habe. Und dann ist dieser Weg nach Berlin – das ist mir erst nachher klar geworden – eine Art gewesen, mich sozusagen meiner österreichischen Herkunft anzunähern, das heißt, in Bezug auf die Kriegsvergangenheit. In der Schweiz herrscht dieses Bewusstsein, dass man nicht Teil des Krieges war und genau damit beschäftige ich mich auch in meinem neuen Film. Natürlich war man auf andere Weise auch Teil, aber erst in Deutschland war es für mich möglich, meiner österreichischen Kriegsvergangenheit nachzugehen und zu merken: Ach so, ich bin ja irgendwie auch Teil davon. An der DFFB gab es eine Welt, die mir in der Schweiz komplett verschlossen war: Die Öffnung nach Osteuropa. An der DFFB waren wahnsinnig viele Osteuropäer und Osteuropäerinnen, sei es aus Rumänien, Moldawien, Russland, Ungarn, Polen. Ein Teil meiner Kindheit war im Europa des Kalten-Kriegs, aber dieses Stück hat gefehlt und ich wollte diesen fehlenden Teilen nachgehen, nach und nach ein Gefühl dafür bekommen und mit den Leuten, die man kennenlernt, Reisen machen, ihre Länder sehen, um von diesem Weg zurückzukommen, um die Schweiz plötzlich aus einem anderen Kontext heraus wiederzusehen. Mein erster Spielfilm erzählt eine Jugendgeschichte, von der ich weggegangen bin, um dann zu ihr zurückzukommen, mit all diesen neuen Erfahrungen. Jetzt gehe ich wahnsinnig gerne in die Schweiz, meine Beziehung zu ihr ist fast wie zu einem Drehort. Berlin ist mein Büro und die Schweiz der Drehort. Die neue Geschichte verbindet jetzt Deutschland und die Schweiz inhaltlich und die Westschweiz kommt wieder ins Spiel, weil ich merke, es muss ausbalanciert werden, einerseits Deutsch und die Deutschschweiz und andererseits die französische Seite.

Das Glück bei meinem ersten Film (Sarah spielt einen Werwolf) war ja auch, auf der ganzen Welt herumreisen zu können. Das habe ich vorher nicht getan, weil ich einfach immer pleite war. Plötzlich zu merken: Genial, jetzt kann ich nochmal weiter aufmachen. Das waren Möglichkeiten der Verortung und des Aufbrechens von diesem komischen kleinen Nationalgefühl. Ein Nationalgefühl ist ein Zuhause und kann einen auch schützen, aber es kann auch aus Angst entstehen. Wenn du zurückkommst nach einer langen Reise, entdeckst du in dem Land den ganzen Reichtum an Kulturen und Geschichten und Herkunft und bist immer sensibler dafür und das wird dann plötzlich wichtiger.

Das Produktionelle sehe ich wie Ramon und Silvan: Man merkt, man muss halt in irgendeine verdammte Schublade rein, Nachwuchs in einem bestimmten Land sein. Das ist einfach eine Tatsache und ich finde, man muss sich damit irgendwie arrangieren. Aber komplett lokal kann ich es mir auch vorstellen. Dass man wirklich in seinem kleinen winzigen Dorf ist und da einfach die ganze Zeit dreht.

Benjamin Heisenberg: Ich habe einen Freund, der bei Sony arbeitet und früher bei Universal Music war. Der sagt, 80 Prozent ihres Umsatzes machen Bands, die irgendwo in Niederbayern oder eben im Kanton Waadt bekannt sind, nicht die Weltstars. Vielleicht ist das die Zukunft des Arthouse Films: viel lokaler zu werden. Deswegen die Frage: Ist der Schweizer Film eine Inspiration für Euch, gibt es da Leute, mit denen ihr euch verbunden fühlt? Ist diese Filmkultur Teil eurer Identität?

Silvan Hillmann: Ich habe ja in Zürich und Genf Kunst studiert und mich danach entschieden, fürs Kino arbeiten zu wollen. Dann habe ich Cyril kennengelernt und fand erst mit der Arbeit an Dene wos guet geit einen Zugang zur Landschaft einer Schweizer Filmkultur, also deren Branche.

Ich glaube, es gibt für meine Arbeit viel mehr Verwandtschaften mit Filmschaffenden, die ähnliche Zugänge zu Film und Kino haben, die inspirieren mich. Nationale Grenzen sehe ich dafür nicht wirklich als Gefäß. Aber solche nationalen Labels machen vielleicht Sinn, um darüber nachzudenken, was für Filme heute gemacht werden oder gemacht werden können. Um über die Fördersysteme nachzudenken, wie sie das beeinflussen. Produktionell lerne ich das erst kennen und es ist schön, wenn es überhaupt Geld gibt und wenn in der Schweiz Filme gefördert werden, die mich interessieren.

Benjamin Heisenberg: Als ich eure Filme nacheinander gesehen habe, fand ich unter anderem spannend, wie stark das Off betont wird, also das, was außerhalb des Bildes ist. Ich hatte den Eindruck, dass bei all den Filmen eine Hinterfragung der Wirklichkeit stattfindet. Das Vertraute verliert die Unschuld, entweder auf humoristische oder essayistische oder dramatische Weise. Eine Hinterfragung von westlicher Lebensweise findet innerhalb einer Art Bildsprache statt, die für mich auch stark von der modernen Fotografie inspiriert ist.

Ramon Zürcher: Ich finde es generell interessant, wenn ein Film mittels der gewählten Form Aussagen über die Welt macht. Wenn mittels der formalen filmischen Mittel ein Blick auf die Welt, auf die Gesellschaft sichtbar wird. Bei meinem Debütfilm Das merkwürdige Kätzchen fand ich interessant, dass ein durch Töne beschriebenes Off, neben eher flachen, oft planimetrischen Bildern, einen plastischen, dreidimensionalen Raum schaffen kann. Dadurch wird betont, dass es nur ein Ausschnitt ist, der hier präsentiert wird. Man hat nicht den Überblick über alles, sondern versucht die Fragmente zu lesen. Ähnlich wie sich auch das Individuum in der Gesellschaft oftmals fühlt und orientieren muss und sich dabei die Frage stellt: Wie kann ich meine Haltung, meine Position in dieser Gesellschaft, in dieser sehr komplexen Welt finden?