Riesenmärchen - Erik Schreiber - E-Book

Riesenmärchen E-Book

Erik Schreiber

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Beschreibung

71 Märchen und Sagen aus aller Welt, die sich mit dem Thema "Riesen" beschäftigt. Die Riesen werden als dumm, groß und kräftig bezeichnet. Dieses Klischee wird in allen Geschichten ausführlich bedient. Gleichzeitig gibt es das "Schneiderlein", dass den Riesen besiegt. Gleichzeitig werden Motive aus der "Odyssee" erzählt, denn viele Motive gehen auf die Zyklopen zurück.

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Seitenzahl: 350

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Herausgeber Erik Schreiber

Riesenmärchen

Saphir im Stahl

e-book 135

Riesenmärchen

Erste Auflage 01.11.2022

© Saphir im Stahl

Verlag Erik Schreiber

An der Laut 14

64404 Bickenbach

www.saphir-im-stahl.de

Titelbild: G. Hinke

Vertrieb: neobooks

Herausgeber Erik Schreiber

Riesenmärchen

Saphir im Stahl

Inhaltsverzeichnis

Das Riesenspielzeug - nach Chamisso

Der Orco - Österreich, Vorarlberg

Von einem Heldenstück, das der Blitzschwab gethan - Deutschland, Schwaben

Der Aschenstocherer - Georgien

Der kühne Sergeant - Belgien, Flandern

Der Riese und die Alte - Dänemark, Färöer

Óli der Starke und Tór der Starke - Dänemark, Färöer

Urýsmäg und der einäugige Riese - Armenien, Kaukasus

Die Bastelicaner bei den Riesen - Frankreich, Korsika

Načar Ogli - Irak, Kurdistan

Der Riese und der kleine Junge - Schweden, Lappland

Der Riese und sein Knecht - Schweden, Lappland

Der Riese und der See - Lettland und Estland

Der Zwerghirsch und der Riese Gergasi - Madagaskar

Die Nymphe und der Riese - mündlich überliefert

Ḥamſo der Pahlawân - Syrien

Die Sage vom Riesen Haunold - Südtirol, Hochpustertal

Der Riese und der Hirte - Tirol, Inntal

Der tapfere Ritterssohn - Tirol, Bozen

Der Knabe und die Riesen - Tirol, Sarnthal

Barclodiad y Gawras, der Riesin Schürzenfall - Großbritannien, Wales

Das Steinkreuz zu Corwen - Großbritannien, Wales

Riesenspiel - Großbritannien, Wales

Der Riese - Grönland

Der Riese vom Berge - Griechenland

Der Seneca-Riese - Nordamerika

Geschichte eines Riesen - Nordamerika

Von einem jungen Riesen - Deutschland

Insel Neuwerk - Deutschland

Der schlafende Riese - Österreich, Tirol

Die drei Wunderfische - Österreich

Der kleine Schneider - Österreich

Der blöde Peter - Österreich

Die Sonne und die Mutter der Winde - Litauen

Der Zigeuner und die Riesen - Bosnien

Der Riese und das Kind - Deutschland

Die Riesenprinzessinnen - Deutschland, Hessen

Der Riese auf dem Rimberg - Deutschland, Hessen

Das Felsenmeer im Odenwald - Deutschland, Hessen

Der Riesenstein beim Kloster Breitenau - Deutschland, Hessen

Der Riese - Deutschland, Harz

Der große Christophorus und die Schneider - Deutschland, Harz

Der Riese vom Bruchberg - Deutschland, Harz

Die Sage von der Rosstrappe - Deutschland, Harz

Der Riese Wackebold und der Hickengrund - Deutschland, Burbach

Zwei Riesen backen - Deutschland, Niedersachsen

Die Riesensteine - Deutschland, Niedersachsen

Das Riesenfräulein von der Lauenburg bei Heyen - Deutschland, Heyen

Dummhans und der Riese - Frankreich

Jack, der Riesentödter - Großbritannien

Der geblendete Riese - Großbritannien

Der Kaufmannssohn aus Livorno - Italien

Massafadiga - Italien

Der Florentiner - Italien

Wie die Giganten und Riesen von Brittus aus Brittanien vertrieben, zuerst nach Holland kamen - Niederlande

Die Meisterjungfer - Norwegen

Die Riesen von Insterburg - Polen

Riesenwerke im Kurischen Haff - Polen

Der überwundene Riese - Rumänien

Mär von einem gescheiten Manne - Rumänien

Der Skalundariese - Schweden

Stompe Pilt - Schweden

Der Knabe, der mit dem Riesen wettete - Schweden

Der Knabe, der das Kind des Riesen in den Brunnen fallen ließ - Schweden

Die zwei Brüder und die vier Riesen - Schweiz, Graubünden

Der Riese - Serbien

Das Märchen von Falistroncos - Spanien

Der Raimund von Pujol - Spanien, Mallorca

Der Riese bei Aussig - Tschechien

Der Riese im Spitzberge bei Tannwald - Tschechien

Das tapfere Schneiderlein - Deutschland

Das Riesenspielzeug

Burg Riedeck ist im Elsaß der Sage wohl bekannt,

Die Höhe, wo vorzeiten die Burg der Riesen stand;

Sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer;

Du fragest nach den Riesen, du findest sie nicht mehr.

Einst kam das Riesenfräulein aus jener Burg hervor,

Er gieng sich sonder Wartung und spielend vor dem Thor

Und stieg hinab den Abhang bis in das Thal hinein,

Neugierig zu erkunden, wie's unten möchte sein.

Mit wen'gen raschen Schritten durchkreuzte sie den Wald,

Erreichte gegen Haslach das Land der Menschen bald.

Und Städte dort und Dörfer und das bestellte Feld

Erschienen ihren Augen gar eine fremde Welt.

Wie jetzt zu ihren Füßen sie spähend niederschaut,

Bemerkt sie einen Bauer, der seine Äcker baut;

Es kriecht das kleine Wesen einher so sonderbar,

Es glitzert in der Sonne der Pflug, so blank und klar.

„Ei, artig Spielding!“, ruft sie, „das nehm' ich mit nach Haus.“

Sie kniet nieder, spreitet behend ihr Tüchlein aus

Und feget mit den Händen, was da sich alles regt,

Zu Haufen in das Tüchlein, das sie zusammenschlägt,

Und eilt mit freud'gen Sprüngen, man weiß wie Kinder sind,

Zur Burg hinan und suchet den Vater auf geschwind;

„Ei, Vater, lieber Vater, ein Spielding wunderschön!

So Allerliebstes sah ich noch nie auf unsern Höhn!“

Der Alte saß am Tische und trank den kühlen Wein,

Er schaut sie an behaglich, er fragt das Töchterlein:

„Was zappeliges bringst in deinem Tuch herbei?

Du hüpfest ja vor Freuden, laß sehen, was es sei!“

Der Alte wird gar ernsthaft und wiegt sein Haupt und spricht!

„Was hast du angerichtet? Das ist kein Spielzeug nicht,

Wo du es hergenommen, da trag' es wieder hin!

Der Bauer ist kein Spielzeug; was kommt dir in den Sinn?“

Sollst gleich und ohne Murren erfüllen mein Gebot;

Denn wäre nicht der Bauer, so hättest Du kein Brot;

Es sprießt der Stamm der Riesen aus Bauernmark hervor

Der Bauer ist kein Spielzeug, da sei uns Gott davor!“

Burg Riedeck ist im Elsaß der Sage wohl bekannt,

Die Höhe, wo vorzeiten die Burg der Riesen stand;

Sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer;

Du fragest nach den Riesen, du findest sie nicht mehr.

Der Orco

In Enneberg und vorzüglich in der Gemeinde Mengen kommt auch ein Berggeist zum Vorschein, nicht unähnlich dem Rübezahl im Riesengebirge, im Thalvolke unter dem Namen Orco bekannt. Er ist bösartiger Natur und wegen seines neckenden Spukes allgemein gefürchtet. So beschweren sich die Bauernweiber oft bitter über die verderbliche Tücke, die sie bald im Hühner- und Gänsestall, bald beim Backofen, bald in der Milchkammer von ihm erfahren müssen. Am allerschlimmsten spielt er dem Wanderer mit, der sich nicht besonders vorsichtig gegen ihn benimmt. Regen und Thauwetter erschwert nicht selten seine Reise beim heitersten Himmel, und im Winter überzieht er nur zu gern mit einer leichten Schneedecke den eisigen Weg; wenn dann jemand fällt, erschallt ein gellendes Hohngelächter aus dem nahen Walde. Oft wird der Reisende beim Anbruch der Nacht, er weiß nicht wie, von der Straße abgeleitet, in unwegsame Gegenden verlockt, bis zur Erschöpfung abgemüht, und am Morgen sieht er sich wieder auf den Platz versetzt, von dem er Tags zuvor ausgegangen ist. Manchmal geschieht es, daß sich der Orco als ein kleines Kügelchen auf den Weg legt. Kaum ist der Wanderer über dasselbe hinweggeschritten, so schwillte es plötzlich zu einer ungeheuren Riesenkugel an, die jenem, mag er laufen wie er will, mit furchtbarem Krachen und Poltern und jeden Augenblick Zermalmung drohend, hart an den Fersen nachrollt, bis der arme Geängstigte athem- und besinnungslos zu Boden fällt. Auch als ein weidendes Pferd erscheint er in der Nähe der Straße und nähert sich schmeichelnd dem Vorübergehenden. Wehe dem, der es wagt, den schönen, tückischen Gaul zu besteigen; denn kaum fühlt dieser die gesuchte Last auf seinem Rücken, so verlängern sich seine Beine dergestalt immer höher und höher, daß der geschreckte Reiter aus schwindelnder Höhe kaum mehr auf den Erdboden unter sich sieht, und dann geht es fort und fort in sausendem Galopp über Stock und Block, durch Korn und Dorn in die grauseste Wildnis, bis endlich der unglückliche Pháeton aus seiner Luftregion niederstürzt und sich glücklich schätzen muß, wenn er sich, am Gesichte und an den Händen erbärmlich zerkratzt, aus dem Dorngebüsche herauszuwinden im Stande ist.

Von einem Heldenstück, das der Blitzschwab gethan

Indem die sieben Schwaben am andern Tag ihres Wegs weiterzogen, sahen sie von ferne die hohe Waldburg auf ihrem Tannenberg liegen. Der Blitzschwab fragte den Seehaasen, als einen der Gegend kundigen Mann: wer dort oben hause im Schlosse? Der Seehaas sagte: Es hause droben ein gewaltiger Riese. Und nun erzählte er den Gesellen ein Langes und Breites von dem Ungeheuer, und welches Unheil es schon angerichtet habe in der Gegend umher. Es war aber alles, was er sagte, ganz und gar verlogen, ob er gleich selbst steif und fest daran glaubte. Der Blitzschwab fragte ihn: ob sie des Weges nahe vorbeikämen an jenem Berge? Jener sagte: Nein; und er brauche sich nicht zu fürchten. „Potz Blitz!“, sagte der Blitzschwab; „was? Ein Kerl, wie ich bin, sich fürchten?“ ... Und während die Gesellen schliefen, machte er sich allein auf den Weg nach der Waldburg. Der Riese lugte soeben über die hohe Ringmauer heraus, wie Unsereiner zur Dachluke hinausguckt. Sein Kopf schien so groß wie die Scheibe eines Vollmonds im Aufgange, und die schwarzen, struppigen Haare hingen ihm vom Scheitel herunter. Er fiselte so eben ein Kalb ab als wär's eine Lerche, und zermalmte die Knochen, als wären es Zuckerstriezel. Indem es so dem Fraß bedächtig oblag, mochte er das Männle nicht bemerken, das, wie ein Wiesel, durch das Gesträuch sich Weg machte. Unser Held aber springt – mir nichts, dir nichts – keck auf den Riesen zu, umfaßt eines seiner Beine, und klettert dran hinauf, wie ein Eichkätzle auf einen Tannenbaum. Nun muß man wissen, daß sich Riesen vor nichts mehr fürchten, als vor Kröten, gleichwie sich Löwen fürchten vor dem Geschrei des Hahns. Eine solche Kröte, glaubte der Riese, hänge an seinem Bein. Voll Schrecken lauft er fort, hin und her, auf und ab, und zappelt, und schlenzt, und kann des Scheusals doch nicht los werden. Da stolpert er endlich und fällt. Halb des Todes vor Angst ächzet er und stöhnt mehr und mehr, wie er fühlt, daß die Kröte immer weiter hinaufkriecht über den Leib. Und schon sitzt sie ihm auf dem Genick. Jetzt verliert er alle Besinnung und unser Held schneidet ihm nun geruhig und gemächlich den Kopf ab.

Der Aschenstocherer

Es war einmal ein Mann, den nannte man den Aschenstocherer. Er war schrecklich faul und träge, tat nichts, saß den ganzen Tag am Herd, hielt ein Stöckchen in der Hand und stocherte in der Asche herum.

Eines Tages sagte seine junge Frau zu ihm: „Mann, steh auf und arbeite! Bringe etwas ins Haus und rühr dich, sonst kann ich nicht mehr bei dir bleiben!“

Aber auch das half nicht. Der Aschenstocherer blieb am Herde sitzen und tat keinen Schritt aus dem Haus. Zu Ostern entschloss er sich endlich, in die Kirche zu gehen. Als er aber nach dem Kirchgang nach Hause kam, fand er die Türe fest verschlossen. Seine Frau hatte aus Ärger über ihn das Haus verbarrikadiert und ließ ihn nun nicht mehr herein. Da bat er sie um einen frischen Käse, um eine Ahle und um einen Schlauch voll Asche. Diese drei Dinge reichte sie ihm aus dem Fenster, er nahm sie und zog von dannen. Ob er weit oder nicht weit gekommen war, wissen wir nicht, aber er kam jedenfalls an einen großen Fluss. Am anderen Ufer sah er einen riesigen Dew sitzen. Der Teufelsunhold trank gerade mit großer Gier aus dem Flusse. Dem Aschenstocherer wurde es angst und bange. Was sollte er tun? Es gab nur zwei Wege, entweder nach Hause zu seiner Frau zurückzukehren und um Einlass zu bitten oder sich dem Riesen anzuschließen. Sicherlich würde ihn, so dachte er, der Unhold mit den Krallenhänden und Krallenfüßen zum Frühstück verspeisen. Der Aschenstocherer dachte hin und dachte her und dachte schließlich einen guten Plan aus: Mit seiner Ahle stach er ein Loch in den Schlauch mit der Asche, schwang diesen Schlauch aus Ziegenhäuten in der Luft umher und machte damit einen fürchterlichen Staub. Der Riese wunderte sich, diese Sache kam ihm nicht geheuer vor. Er wollte den Aschenstocherer auf die Probe stellen, zeigte ihm einen Stein und forderte ihn auf, Wasser aus einem Stein zu drücken. Der Aschenstocherer nahm schnell seinen Käse aus der Tasche, drückte ihn, so fest er konnte, bis das Wasser herauslief, und rief dem Riesen zu: „Hör mal, du da drüben, komm mal her und lass mich auf deine Schultern steigen. Ich will über den Fluss, möchte mir aber die Füße nicht nassmachen!“

Der Riese gehorchte, kam über den Fluss, nahm ihn auf die Schulter und rief: „Oh, du bist so leicht wie ein Federwisch!“

„Das ist bloß“, sagte der Aschenstocherer, „weil ich mich mit einer Hand am Himmel halte. Wenn ich loslasse, dann kannst du mich gar nicht tragen.“

„Lass doch einmal los!“, sagte der Riese.

Da stach der Aschenstocherer dem Riesen mit seiner Ahle in den Hals. Der Riese schrie fürchterlich und bat ihn, sich doch wieder am Himmel festzuhalten.

Als sie den Fluss überquert hatten und am anderen Ufer angekommen waren, sagte der Riese: „Jetzt steige herunter, bald ist Mittagessen!“

Der Aschenstocherer erschrak. Dies half aber nichts, er musste herunter. Bald kamen sie zum Hause des Riesen, das dem Aschenstocherer gleich sehr gut gefiel. Im Backofen lag ein ungeheurer Laib Brot. Der Riese sagte, er müsse jetzt für das Mittagessen sorgen und trug auf, den Brotlaib rechtzeitig umzudrehen, damit er nicht verbrenne. Als der Aschenstocherer sah, dass eine Seite schon recht knusprig und braun geworden war, wollte er den Laib umdrehen. Mit beiden Armen wuchtete er den Laib hoch, er stemmte ihn mit seinen Schultern, aber er vermochte ihn nicht umzuwenden. Im Gegenteil, der Aschenstocherer rutschte aus und geriet unter dem Brotlaib im Backofen. Wie er sich auch anstrengte, er konnte sich von dem gewaltigen Gewicht nicht befreien und wäre bald selbst mitgebacken worden, wenn nicht die Riesen nach Hause gekommen wären. Als sie ihn unter dem Laib liegen sahen, wunderten sie sich sehr und fragten ihn, was er da treibe. Der Aschenstocherer gab zur Antwort: „Ich hatte Bauchweh bekommen. Da hilft bei mir immer ein warmer Brotlaib am besten. Ihr könnt aber den Laib jetzt schon herausnehmen, mir ist schon wieder besser!“

Dann brauchten die Riesen Wein zum Mittagessen.

„Wenn du ein guter Gesell sein willst“, sagte einer der Riesen zu dem Aschenstocherer, „dann hol Wein für uns, draußen im Hof ist eine Weintonne.“

Und er stellte einen riesigen Krug vor den kleinen Gast hin. Als der Aschenstocherer den riesigen Krug sah, bekam er ordentlich Angst, aber er nahm ihn in beide Arme und ging doch mit ihm hinaus. Die Riesen warteten lange auf seine Rückkehr. Schließlich wurde es ihnen doch zu lange und sie gingen selber hinaus, um zu sehen, wo er mit dem Kruge bleibe. Da sahen sie, dass der Aschenstocherer die große übermannshohe Weintonne ausgraben wollte und schon fest beim Schaufeln war.

„Ja, was treibst du denn da?“, fragten ihn die Riesen.

Der Aschenstocherer gab zur Antwort: „Was oll ich denn immer mit dem kleinen Krug hin- und herlaufen? Ich glaube, es ist gescheiter, ich nehme die ganze Weintonne heraus!“ Die Riesen schauten sich betroffen an und dachten, wenn wir zu neunt kaum die leere Weintonne schleppen können, und der will sie voll hereintragen, dann ist die Sache nicht mehr geheuer. Also füllten sie den Krug selbst und setzten sich zum Essen hin. Einer der Riesen musste husten. Da warf der Luftzug den Aschenstocherer an die Decke. Er hielt sich oben am Deckenbalken fest. Es sah aus, als sitze er oben an einem Tisch beim Würfelspiel. Alle schauten verwundert zur Decke und fragten ihn: „Was tust du denn da oben?“

„Ich ziehe den Stecken aus der Decke, um euch die Seiten ein wenig zu schmieren. Wie könnt ihr es wagen, in meiner Gegenwart zu husten. Ich werde euch Anstand lehren!“

Da erschraken die Riesen zutiefst und sprachen zueinander: „Das nennt der einen Stecken und wir können zu neunt kaum so einen Deckenbalken schleppen!“

Der Schrecken war ihnen so in die Glieder gefahren, dass sie ihr Haus verließen und in alle Winde davonrannten. Da richtete sich der Aschenstocherer in dem verlassenen Hause der Riesen behaglich ein.

Auf der Flucht traf einer der Unholde einen Fuchs.

„Wo läufst du denn hin, Dew, was ist mit dir los?“, fragte der Fuchs.

„Wohin soll ich laufen?“, antwortete der Unhold, „zu uns ist ein Mensch ins Haus gekommen, der hätte uns beinahe alle verschluckt!“

Der Fuchs hielt sich den Bauch vor Lachen, als der Riese ihm die Geschichte erzählte.

„Aber nein, das ist ja zu lustig! Das ist ja der Aschenstocherer, den seine Frau aus dem Haus gejagt hat, weil er so faul war! Ich kenne die beiden ganz gut. Alle Hennen habe ich ihnen gestohlen. Und ihr habt euch vor diesem Faulpelz gefürchtet?“

„Das glaube ich dir nicht“, sagte der Riesenkerl.

„Du kannst ja selber sehen! Komm nur! Hier, ich komme mit, binde mich mit diesem Strick an! Ich renne nicht davon!“ So sprach der Fuchs, band sich selbst den Strick um und schlang das andere Ende um den Leib des Riesen. Beide kehrten nun zur Behausung der Riesen zurück. Der Aschenstocherer erschrak zuerst, als er die beiden kommen sah, überlegte aber und fasste sogleich wieder Mut.

„Du wagst es, elender Kerl“, herrschte er den Fuchs an, „mir nur einen einzigen Riesen zu bringen, alle neun sollst du doch fangen, na warte, du Bursche!“

Der Riese erschrak bei diesen Worten so fürchterlich, dass er einen großen Sprung machte, den Strick zerriss, der ihn mit dem Fuchs verband, und bis hinter alle Berge davonlief. Der Aschenstocherer aber ergriff Besitz von allem, was ihm Hause war, lud die ganze Habe der Dews auf Kamele und machte sich mit allen Gütern dieser Riesenunholde auf den Weg zu seiner Frau. Die ließ es gelten, und seit diesem Tage lebten sie in Lust und Freude miteinander.

Der kühne Sergeant

Es waren einmal drei brave Soldaten, ein Tambour, ein Corporal und ein Sergeant, und die gingen auf reisen. Nachdem sie schon lange herumgezogen waren, kamen sie eines Abends in einen großen Wald; weil sie nun bange waren, des Nachts möchten die wilden Tiere kommen und sie auffressen, während sie schliefen, kletterten sie auf einen hohen Baum, um da zu schlafen. „Das ist das beste Mittel“, sprach der Tambour; „anders könnte es leicht geschehen, wenn wir morgen früh aufwachten, dass wir tot wären, und davon bin ich kein Liebhaber.“

Der Corporal und der Tambour blieben auf den ersten Ästen, der Sergeant aber kletterte wie ein Kätzchen bis in die Spitze des Baumes und schaute von da aus nach allen Seiten um sich herum. Da war es von allen Seiten stichschwarz dunkel, aber von einer Seite schien ihm doch ganz fern etwas zu glitzern und als er die Augen einmal zukniff und genauer zusah, da sah er, dass das ein Lichtchen war. Voller Freude schrie er seinen Kameraden zu: „Ein Lichtchen! Ein Lichtchen!“ und husch husch war er bei ihnen und alle drei ließen sich wieder auf den Boden hinab und gingen auf das Lichtchen zu. Als sie endlich ganz nahe dabei waren, fanden sie ein großes Schloss, und da die Tür offen stand, gingen sie herein und durch alle Zimmer, aber da war kein Mensch zu hören, noch zu sehen; dennoch brannte das Herdfeuer lustig und war der Tisch bedeckt mit vielen und köstlichen Speisen und Getränken. Das kam den drei Helden ganz willkommen; sie setzten sich um den Tisch herum und hieben ritterlich drein, bis kein Krümchen Brot und kein Tröpflein Wein mehr blieb. Dann gingen sie herauf und legten sich schlafen. Kaum hatte es zwölf Uhr geschlagen, als das ganze Schloss wie von einem Donnerschlage erschüttert wurde und in allen Zimmern ein Höllenspektakel begann; das dauerte bis ein Uhr, dann war alles still. Da sahen die drei Soldaten, dass sie in einem verwünschten Schloss waren, machten sich aber nicht viel daraus, denn sie dachten, verwünscht oder nicht, hier können wir gute Tage haben, solange man uns den Hals nicht bricht.

Am anderen Morgen hielten sie Rat untereinander, wie sie ihre Haushaltung einrichten wollten, und kamen endlich darin überein, dass immer zwei von ihnen auf die Jagd gehen sollten, während der dritte zu Hause bliebe und für das Essen sorgte. So machten sie es denn auch gleich schon, der Tambour blieb zu Hause und der Corporal und der Sergeant gingen auf die Jagd. Als der Tambour nun das Essen schon fertig hatte und es eben Mittag schlug, da kam ein klein, alt Männchen zur Tür herein und das bat ihn:

„Ach, lass mich doch ein wenig wärmen!“

Der Tambour hatte nichts dagegen, sprach: „Setz dich hin und wärme dich, so lang du willst.“

Nachdem das Männchen sich nun ein wenig gewärmt hatte, sprach es: „Dein Essen riecht so gut und ich habe seit drei Tagen nichts über meine Zunge gebracht. Gib mir doch etwas mit davon.“

Dem Tambour wurde das Herz weich und er bückte sich, um dem Männchen von dem Fertigen etwas auszuschöpfen, doch das Männchen packte ihn beim Hals und schlug ihn so schwarz und blau, dass er kein Glied mehr rühren konnte, und als es das getan hatte, verschwand es. Gleich darauf kamen die beiden Anderen von der Jagd zurück und wurden blitzböse, als sie sahen, dass der Tambour das Essen nicht ganz fertig hatte.

„Was hast du denn angefangen in all der Zeit?“, frugen sie, aber er antwortete anders nichts, als:

„Ich weiß nicht, aber es tut mir nicht wenig weh.“ Weiter sagte er nichts, denn wenn die Andern gewusst hätten, was ihm widerfahren war, dann wäre ihnen mit dem zu Hause Bleiben nicht gedient gewesen.

Am zweiten Tage musste der Corporal zu Hause bleiben und der Tambour und der Sergeant gingen auf die Jagd. Als er das Essen beinahe fertig hatte, kam das kleine alte Männchen wieder und bat:

„Ach, lass mich doch ein wenig wärmen.“ Der Corporal war das zufrieden und sprach:

„Tu das in Gottes Namen, so lang du willst.“ Nachdem es nun sich einen Augenblick gewärmt hatte, sprach es:

„Ach, was riecht deine Suppe gut, gib mir doch ein paar Löffel voll davon.“ Das wollte der Corporal aber nicht und sprach:

„Nein, wir müssen warten, bis die Anderen kommen.“

Kaum hatte er aber das Wort aus dem Munde, als das Männchen ihn beim Kragen ergriff und ihm den Rock noch besser ausklopfte als dem Tambour.

„Aha“, dachte da der Corporal, „darum tat's dem Tambour nicht wenig weh.“

Gleich darauf kamen die beiden Anderen von der Jagd und der Sergeant brummte gewaltig, dass das Essen nicht fertig war, und frug:

„Was hast du denn in all der Zeit gemacht?“

Der Corporal krümmte sich und sprach: „Ei, gekocht, aber ich bekam da plötzlich Weh in den Rücken, so dass ich nicht fortkochen konnte.“

Nun kochten sie ihr Essen in Ruhe fertig und abends gingen sie schlafen.

Am andern Morgen ging der Corporal mit dem Tambour auf die Jagd und der Sergeant musste das Essen kochen. Das ging auch ganz gut bis ein Viertel vor zwölf; da kam das kleine, alte Männchen wieder und bat:

„Ach, lass mich doch ein wenig am Feuer sitzen, ich bin so kalt.“

Der Sergeant sprach: „Tu das nur ruhig in Gottes Namen.“ Nachdem es sich nun ein wenig gewärmt hatte, fing es auch das alte Liedlein mit dem Essen an und bat:

„Deine Suppe riecht so lecker, gib mir doch einen Teller davon.“

Der Sergeant aber rief: „Nichts da, du musst warten, bis meine Kameraden kommen.“

Da wollte das Männchen wieder losschlagen, doch der Sergeant war nicht links, zog und hieb dem Männchen den Bart samt einem Stück Kinn weg, da schrie es jämmerlich, denn mit dem Bart hatte es all seine Kraft verloren, und lief, was es laufen konnte mit all seinen Beinchen, und der Sergeant lief ihm nach bis an ein Loch, da sprang es hinein und war verschwunden. Nun ging der Sergeant zurück und kochte das Essen fertig. Als die anderen Zwei nun um zwölf Uhr kamen, da stand alles fein ordentlich auf dem Tisch und darüber wunderten sie sich nicht wenig. Dann fragten sie den Sergeanten aus, ob ihm nichts begegnet wär und ob er kein Rückenweh habe. Da lachte er und erzählte ihnen alles und sie gingen dem Blut nach, welches aus dem Kinn des Männchens gelaufen war, und kamen an das Loch. Nun war die Frage, was sie tun sollten; darauf beschlossen sie einmütig, einer von ihnen müsse in das Loch hinuntersteigen und sehen, was da unten wär. Sie zogen also ums Los und das traf den Tambour. Der wand sich ein langes Seil um den Leib und nahm eine Schelle in die Hand. „Wenn ich schelle,“ sprach er, „dann müsst ihr mich heraufziehen.“ Da ließen sie ihn herab immer tiefer und tiefer, bis das Seil zu Ende war. Da schellte er und sie zogen ihn wieder hinauf, ohne dass er auf den Grund des Loches gekommen war. Nun war die Reihe an dem Corporal, den ließen sie an einem Seil hinunter, welches noch zehnmal länger war als das erste, aber der fuhr auch immer tiefer und tiefer und konnte nicht auf den Boden kommen. Da wurden sie recht ärgerlich und kauften sich ein Seil, das noch hundertmal länger war, und daran ließen sie den Sergeanten hinunter, aber auch der fuhr immer tiefer und fand doch keinen Grund. Als das Seil nun ganz zu Ende war, da bedachte er sich ein Weilchen, fasste dann Mut und rief denen oben zu:

„Lasst nur los, lasst mich nur fallen!“ Da ließen sie ihn los und er fiel und fiel, bis plumps er ganz, ganz tief in einem Zimmer niederstürzte, in welchem ein altes Weibchen saß. Das sah nicht wenig verwundert auf, als der Sergeant da so plötzlich ankam; der aber hatte großen Mut, denn er hatte seinen Säbel um den Leib hängen, und er ging spornstreichs auf das alte Weibchen los und sprach ganz rau und wild:

„Wenn ihr mir jetzt im Augenblick keinen Rat gebt, dann steche ich euch tot.“

Da erwiderte das Weibchen: „Nun, ich will euch schon was sagen, ich sehe, ihr seid ein braver Soldat und da könntet ihr leicht euer Glück machen, wenn ihr die drei Königstöchter erlöst, die hier gefangen sind.“

„Wo sind sie denn?“, frug der Sergeant, und das Weibchen antwortete:

„Geht nur durch die Tür da und ihr werdet die Älteste finden.“ Da ging er hinein und kam zu der ältesten Königstochter und die war so schön, dass man sich nichts Schöneres in der Welt denken kann. Als die ihn sah, da fing sie laut an zu weinen und sprach:

„Ach, geht doch schnell wieder weg, so euch euer Leben lieb ist! Ach geht, lauft doch.“

„Nein,“ sprach der Sergeant, „dafür bin ich gekommen und ich will euch erlösen oder sterben.“

Da sprach die Königstochter: „Wenn es denn nicht anders ist, dann hört. Da auf dem Schrank stehen drei Fläschchen, in dem einen ist ein Trunk, der macht so stark, dass Einem nichts widerstehen kann; in den zwei anderen aber ist Schlaftrunk. Trinkt nun das grüne Gläschen aus, dann will ich schon sehen, dem Riesen die andern Gläslein beizubringen.“

Da trank er schnell das grüne Tränklein aus. Kaum hatte er den letzten Tropfen im Munde, als es draußen tobte wie Kanonenschüsse; das war der Riese aber, der hatte so einen schweren Tritt.

„Schwind, geschwind“, rief die Königstochter da, „kriech unter den Schrank!“

Man kann sich leicht denken, wie schnell er das tat, und es war auch Zeit, denn er saß noch keine zwei Minuten da, als der Riese auch schon hereinpolterte und rief: „Hm, hm, hm, ich rieche, rieche Menschenfleisch.“

Die Königstochter ging ihm aber gleich entgegen und sprach:

„Ich glaube das, du riechst mich, denn ich habe mich eben gebadet.“ Da ließ sich der Riese genügen und legte sich auf sein Bett, dass der Boden erzitterte. Unterdessen war die Königstochter geschwind nach dem Schrank gelaufen und hatte den Schlaftrunk in ein großes Glas Wein gegossen, das hielt wohl eine halbe Ohm; das trank der Riese in einem Zuge aus und nicht lange nachher schnarchte er, dass die Scheiben klirrten. Nun rief sie schnell dem Sergeanten, dass er käme, und der kam und nahm sein Schwert und schlug zu aus allen Kräften; aber er hatte den Hals des Riesen kaum halb durchgeschlagen und der Riese fing nun an zu tosen und zu toben und das Blut rann, dass es in zwei Minuten dem Sergeanten bis an die Knöchel stand. Da fasste er noch einmal Mut und hieb noch einmal zu und diesmal ging es besser; denn des Riesen Kopf fiel vom Rumpf und stürzte zu Boden mit einem Schlag, als wäre eine Bombe von 1000 Pfund ins Haus geschlagen. Da fiel die Königstochter dem Sergeanten um den Hals und küsste ihn und sprach:

„Nun bin ich erlöst; aber ach Gott, ich habe noch zwei Schwestern und die musst du auch erlösen und das kriegst du gewiss nicht fertig.“

Darob lachte der Sergeant und sprach: „Ei was, warum denn nicht? Sag mir nur, wo sie sind.“

Die Königstochter sprach, das wolle sie tun, und gab ihm zum Andenken ein seidenes Taschentuch, darin war ein silberner Stern gestickt. Das legte er sorgfältig in seinen Ranzen und machte sich auf den Weg zu der zweiten Königstochter.

Als die ihn sah, schrie sie: „Ach Gott, geht doch wieder, woher ihr gekommen seid, sonst ist es euer Unglück.“

Darauf sprach der Soldat aber: „Nein, das nicht, ich komme, um euch zu erlösen, wie ich eure Schwester erlöst habe.“

Sie sprach: „Ja, das ist aber nicht so leicht, denn der Riese, der mich gefangen hält, ist noch hundertmal stärker, als der andere, den ihr getötet habt.“

Der Sergeant erwiderte: „Das tut nichts; ich will ihm schon den Bart scheren, dass sein großer Kopf daran hängen bleibt. Gebt mir nur ein bisschen von seinem Krafttrünklein.“

Das tat die Königstochter und er trank das Gläslein aus und verbarg sich hinterm Schrank. Gleich darauf kam der Riese hereingepoltert und machte noch hundertmal mehr Spektakel als der erste und schrie: „Ich rieche, rieche Menschenfleisch.“

Die Königstochter sprach: „Das glaube ich, das tut die Pomade von Menschenfett, die du mir für meine Haare gegeben hast; ich habe mich eben frisiert.“ Da gab der Riese sich zufrieden und legte sich in sein Bett und die Königstochter bat ihn, einmal aus seinem kleinen Gläschen zu trinken, da habe sie so guten Wein hineingeschüttet. Das Gläschen hielt aber gewiss mehr als ein Fuder und sie hatte den Schlaftrunk zu dem Wein gegossen; er trank das in einem Zug leer und kaum hatte er's im Leib, als er auch schon anfing zu schnarchen, dass in einer Stunde in der Runde die Blätter auf den Bäumen erbebten. Nun rief die Königstochter den Sergeanten und der tat drei Hiebe mit seinem Schwert, aber des Riesen Kopf war noch lange nicht ab und der Riese tobte und wütete, dass es nicht zu sagen ist, und sein Blut lief dermaßen aus dem Halse, dass es dem Sergeanten bald bis über die Knie ging. Da ermutigte er sich und tat noch einmal drei Hiebe und da sank des Riesen Kopf. Niemand war froher als die Königstochter; die fiel dem Sergeanten um den Hals und zerküsste ihn bald tot und zum Dank schenkte sie ihm einen goldenen Apfel. Dann sprach sie: „Nun hast du die zwei Riesen tot gemacht, aber damit ist es noch nicht getan. Meine jüngste Schwester wird von einem Drachen mit sieben Köpfen bewacht und den musst du morgen töten. Ach, ich habe so viel Angst, dass du das nicht fertigbringst.“

Der Sergeant aber lachte und sprach: „Das ist nichts und wenn er noch hundert Köpfe hätte.“

Da wies sie ihm den Weg und er ging zu der jüngsten Königstochter. Die hatte aber einmal Angst, als sie ihn sah! Das hättet ihr sehen sollen. Der Sergeant ließ sich aber nicht erschrecken, sondern sprach: „Seid nur ruhig, ich will den Drachen schon um sieben Köpfe kürzer machen.“

Da bekam sie auch mehr Mut und sprach: „Ja, wenn du es unternehmen willst, dann werde ich dir schon mit Krafttrank beistehen, aber du musst trachten, ihm all seine Köpfe in einem Tage herunterzusäbeln.“

„Gut,“ sprach er, „wir wollen schon sehen.“ Indem rauschte es von fern und das war der Drache; als der den Sergeanten sah, fing er an Feuer und Flammen zu speien, aber der Sergeant hielt ihm festen Fuß und schlug ihm gleich zum Willkomm zwei Köpfe ab. Als der Drache das merkte, wurde er noch viel wütender und spie noch viel mehr Feuer auf den Sergeanten; der wäre auch gewiss erlegen, wenn die Königstochter ihn nicht immer mit Krafttrank gelabt und bespritzt hätte, doch konnte er nicht viel weiter mehr kommen und den ganzen Tag bis zum Abend hatte er nur noch einen Kopf wegschlagen können. Als es nun dunkel wurde, sprach der Drache:

„Du bist müde, sehe ich, und ich bin auch müde, lass uns morgen von Neuem anfangen.“

Dessen war der Sergeant zufrieden, aber die Königstochter sprach: „Das ist nicht gut, das hättest du nicht tun sollen, denn morgen hat der Drache mit seinen vier Köpfen noch mehr Macht als heute mit den sieben Köpfen.“

Das half aber nichts mehr und sie mussten sich schon getrösten. Am andern Morgen kam der Drache schon früh wieder und der Sergeant hieb ihm zum guten Morgen gleich wieder einen Kopf ab; darüber wurde der Drache wütend und spie noch viel mehr Feuer als am vorigen Tage, doch die Königstochter stand dem Sergeanten so treulich mit dem Krafttrank bei, dass der Drache ihm nicht zu Leibe konnte; er kriegte aber bis zum Abend nur noch einen Kopf weg, so dass der Drache nun noch zwei hatte. Da bat der Drache wieder um Aufschub und den gab der Sergeant ihm gern, denn er war hundemüde von all dem Fechten und fühlte seinen Arm nicht mehr. Das war der Königstochter wieder nicht lieb, aber was konnte es helfen, der Sergeant hatte einmal sein Wort gegeben. Am dritten Morgen tat er einmal einen tüchtigen Zug aus der Flasche mit Krafttrank und dadurch wurde er so gewaltig stark, dass er gleich dem Drachen einen so tüchtigen Hieb gab, dass der sechste Kopf wackelte, dann führte er einen zweiten Hieb und der war so gut, dass der siebte Kopf hinfiel. Nun flehte der Drache um Aufschub, aber der Sergeant sprach:

„Nein, es ist noch nicht Abend“ und damit säbelte er ihm den verwundeten Kopf vollends ab. Da war die Freude gross! Die Königstochter wusste nicht, wie sie ihm danken sollte, gab ihm gleich auf der Stelle ihr Taschentuch, darin waren sieben diamantene Sterne gestickt und dabei stand ihr Name und ihres Vaters Namen. Das drehte er fein zusammen und barg es bei dem goldenen Apfel und dem anderen Taschentuch in seinem Ranzen. Dann ging er mit ihr zu den zwei andern Königstöchtern und nahm die mit sich bis an das Loch, wo er hinabgestiegen war; da rief er den zwei andern zu: „Nun gebt Acht, jetzt kommen wir;“ denn er meinte, er könne so gemächlich herauffliegen, wie er heruntergefallen war. Doch darin hatte er sich verrechnet, die drei Königstöchter konnten das wohl; die wurden von unsichtbaren Händen heraufgetragen, er aber blieb unten sitzen. Da sollte man nun meinen, der Corporal und der Tambour hätten ihm ein Seil heruntergelassen und ihn herausgezogen, aber nein, die waren falsch und neidisch und sprachen zu den drei Königstöchtern: „Wenn ihr uns nicht versprecht zu sagen, dass wir euch erlöst haben, dann machen wir euch tot. Und wir wollen euch auch heiraten, der Corporal die älteste und der Tambour die mittelste, und seid ihr damit nicht zufrieden, dann drehen wir euch den Hals um.“

Da mussten die armen Königstöchter wohl zufrieden sein, doch machten sie aus, dass sie nicht eher heirateten als bis über ein Jahr und sechs Wochen.

Der Sergeant meinte unterdessen da unten, er müsste aus der Haut fahren. In seiner Verzweiflung ging er zu dem alten Weibchen und sprach:

„Wenn du mir nicht sagst, wie ich heraufkomme, dann haue ich dir den Hals ab.“

Das Weibchen sprach: „Ich kann dir nicht helfen, aber tief, tief unter uns wohnen Zwerge, die können dir helfen.“

Da ließ sich der Sergeant tief, tief hinunter, und als er auf den Boden kam, stand er im Königreich der Zwerge und die kamen alle herbeigelaufen und waren ihrer mehr als dreitausend. Einer von ihnen trat zu dem Sergeanten und sprach: „Wie darfst du dich erkühnen, in unser Königreich zu kommen.“

Der aber lachte und sprach: „Mach mir nur nicht viel Wippchen und Wappchen, sonst ziehe ich vom Leder und haue euch alle zusammen wie Spinat.“

Als die Zwerge sahen, dass er ein so kühner Held war, gaben sie gute Worte und wollten ihn zu ihrem König machen. Er sprach aber:

„Nichts da, ich will aus dem Loch heraus, und wenn ihr mir dazu nicht helft, dann geht es euch nicht gut.“

Da meinte der König der Zwerge, hundert Spatzen könnten ihn wohl tragen; das ging aber nicht, dafür war er zu schwer. Da sprach der König: „Dann wissen wir dir keinen andern Rat als den: Du musst zu der alten Frau zurückgehen; die hat einen großen Vogel Greif, auf den musst du dich setzen und der wird dich hinauftragen. Vergiss aber nicht, hundert Pfund Fleisch in deine Tasche zu stecken; so oft der Vogel Greif schreit, musst du ihm ein Stück Fleisch geben. Wenn du das nicht tätest, dann fräße er dich auf.“

Der Sergeant bedankte sich für den Bescheid und ging zu der alten Frau zurück. Ehe er sich aber da auf den Vogel Greif setzte, schnitt er erst dem Drachen die Zungen aus den Köpfen; die steckte er zu den andern Sachen in seinen Ranzen. Dann nahm er das Fleisch, stieg auf den Greif und der trug ihn aus dem Loche hinaus.

Als er nun wieder auf Gottes lieber Erde war, da schaute er einmal um sich, und als er von seinen Kameraden und den schönen Königstöchtern keine Spur mehr sah, da wurde er so recht herzlich betrübt und sprach:

„Ach, wie viel Falschheit ist doch in der Welt!“ Dann wanderte er auf gut Glück in die weite Welt und nach Jahr und Tag kam er an ein schönes Schloss, wo ein König wohnte, und darin war Jubel und Freude. Er frug den Ersten, Besten, den er sah, was das zu bedeuten habe, und der sprach: „Zwei von des Königs drei Töchtern halten heute Hochzeit mit einem Corporal und einem Tambour.“ Da dachte der Sergeant: „Halt, das sind die zwei falschen Kerle, aber ich will es ihnen lehren.“ Er ließ also fragen, ob er den König nicht sprechen könnte? Da hieß es: ja, er solle nur hereinkommen. Als er nun in das Zimmer trat, da saß der König da und der sprach, er solle sich an den Tisch setzen und mitessen, nachher wollten sie schon zusammen sprechen. Er nahm seinen Ranzen ab und legte den unter seinen Stuhl und setzte sich. Seine beiden Kameraden erkannten ihn nicht, die waren zu sehr verblendet von Stolz, aber die jüngste Königstochter hatte gleich weg, wer er war. Nachdem sie nun alle gegessen und getrunken hatten, sprach die, nun müsse jeder seine Abenteuer erzählen. Da hub der Corporal und der Tambour an, zu lügen, mit wie viel Gefahren sie die Königstöchter erlöst hätten. Als sie zu Ende waren, frug die jüngste Königstochter den Sergeanten, ob er denn keine Abenteuer gehabt habe.

„Doch, gewiss und nicht Kleine,“ sprach er und erzählte alles, wie es zugegangen war. Da wurden die andern Zwei rot bis hinter die Ohren, dass sie so gelogen hatten, sprachen aber, um sich zu rechtfertigen, er hätte gelogen und das wär alles nicht wahr und sie hätten die Königstöchter erlöst. Um dem Streit nun schnell ein Ende zu machen, sprach die jüngste Königstochter zu ihrem Vater:

„Sagt mir einmal, welcher der Rechte sein mag, der Zeichen hat von seinen Taten oder der keine Zeichen hat.“

Der König sprach: „Wer Zeichen hat, das ist der Rechte.“

Da nahm der Sergeant seinen Ranzen und zog die zwei Taschentücher und den goldenen Apfel heraus und endlich auch die sieben Drachenzungen. Nun war alles Leugnen am Ende und der König gab ihm die jüngste Königstochter und das ganze Reich dazu.

Wie ging es aber mit dem Corporal und dem Tambour? Der Sergeant hatte ein gutes Herz und verzieh ihnen und ließ ihnen die beiden anderen Königstöchter und sie wurden wieder brav und ehrlich und hatten alle zusammen ein Leben wie Vöglein im Hanfsamen.

Der Riese und die Alte.

Nördlich von dem Dorfe „zu Eiđ“, zu äußerst in dem Sund zwischen Eysturoy und Streymoy, stehen vor dem Lande zwei große Klippen, welche der Riese und die Alte genannt werden, er weiter draußen und sie näher dem Lande, und durch den Sund zwischen ihnen kann man rudern, wenn es ruhig ist. Über diese Klippen geht die Sage, dass Island einmal die Färöer zu sich nach Norden zu schaffen gedachte und deshalb einen großen Riesen und sein Weib sandte, um sie nordwärts zu tragen. Sie kamen beide zu dem äußersten Berge, welcher Eiđskoll heißt und am weitesten gegen Nordwesten liegt. Der Riese blieb draußen in der See stehen, während die Alte auf den Berg ging, um das Tragband um die Last zu befestigen, die er tragen und die sie auf ihn schieben sollte. Der erste Griff, den sie machte, war so fest, dass der „äußere Hügel“ absprang; sie versuchte daher das Tragband an einer anderen Stelle des Hügels zu befestigen, aber es wollte ihnen nicht recht gehen; der Grundboden war fest und die Inseln nicht leicht fortzurücken. So wird erzählt, dass die Alte noch auf dem Hügel stand, als sich die Finsternis zu heben begann; sie fürchteten sich vor dem Tage und sie eilte schleunigst zu dem Riesen hinab, welcher im Meer stand und auf sie wartete; aber allzu lange hatten sie verweilt, denn in demselben Augenblick, als sie sich unter dem Hügel trafen und ihres Weges nordwärts nach Island zurückwaten sollten, der Riese voran und die Alte hinter ihm, da erhob sich die Sonne aus dem Meere und sie wurden darum beide zu Stein, und stehen nun und schauen gegen Island, aber kommen nicht vom Fleck.

Andere sagen, dass sie gesandt waren, um Korn von den Färöern zu holen, weil daheim in Island Kornmangel herrschte. Das sieht man, dass die Alte eine Art Bündel oder Sack am Rücken hat.

Óli der Starke und Tór der Starke.