Rolf Rüdiger - Das Cremeschnitten-Geheimnis - Peter Tichatschek - E-Book

Rolf Rüdiger - Das Cremeschnitten-Geheimnis E-Book

Peter Tichatschek

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Beschreibung

"Auf die Plätzchen … fertig … los!" Und schon stolpert Rolf Rüdiger in ein fellsträubendes Krimi-Abenteuer: Als ausgerechnet das heilige Rezept seiner geliebten Cremeschnitte unter mysteriösen Umständen verschwindet, kann er gar nicht anders – er muss seine Spürnase aktivieren. Die freche, aber liebenswerte Ratte wuselt durch die Abwasserrohre, begegnet bösen Kreaturen und landet schließlich auf einem Mond hoch über der Opernbühne. Mit Originalzeichnungen von Rolf Rüdiger und QR-Codes, die das Buch auch zu einem Erlebnis für die Ohren machen.

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Seitenzahl: 143

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ROLF RÜDIGER

Das CremeschnittenGEHEIMNIS

Ein fellsträubendes Krimi-Abenteuer mit Zeichnungen und der Originalstimme von Rolf Rüdiger, abrufbar über zahlreiche QR-Codes

Geschrieben von Peter TichatschekNach einer Figur von Stefan Gaugusch

Rolf Rüdiger – Das Cremeschnitten-Geheimnis von Peter Tichatschek

1.Digitale Auflage 2022

www.ggverlag.at

ISBN E-Book: 978-3-7074-1752-4

ISBN Print: 978-3-7074-2491-1

In der aktuell gültigen Rechtschreibung

Coverillustration: Stefan Gaugusch

Innenillustrationen: Stefan Gaugusch

© 2022 G&G Verlagsgesellschaft mbH, Wien

Alle Rechte vorbehalten. Jede Art der Vervielfältigung, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe sowie der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme, gesetzlich verboten.

INHALT

Steckbrief: Rolf Rüdiger und Jessi

Prolog

Kapitel1: Der Dachboden

Kapitel2: Die Mappe

Kapitel3: Jessi von der Bäckerei

Kapitel4: „Ice Ice Baby“

Kapitel5: Alle tappen im Dunkeln

Kapitel6: Bleichgesicht

Kapitel7: Der Mann im Hintergrund

Kapitel8: Verdacht

Kapitel9: Pterosaurier

Kapitel 10: Der Plan

Kapitel 11: Die Nacht-und-Nebel-Aktion

Kapitel 12: Die Lage spitzt sich zu

Kapitel 13: Mission Fingerabdrücke

Kapitel 14: Die Akte GL

Kapitel 15: Karottenballett

Kapitel 16: Erdbeermilch mit Eis

Kapitel 17: Tagpfauenauge

Kapitel 18: Der Knoten platzt

Kapitel 19: „La Traviata“

Kapitel 20: „Klick“

Kapitel 21: „Die Schnapper is back!“

Rolf Rüdigers Wörterbuch

„Die Schnapper“ – das Originalrezept

HALLÖ, HALLÖ!

Ich wünsche dir ganz viel Spaß und ein spannendes Kopfkino beim ersten Krimi-Abenteuer unserer Lieblingsratte Rolf Rüdiger. Neben seinem Job als TV- und Radiomoderator bei „Radio Wien“ gibt es noch so viele Geschichten aus seinem Leben zu erzählen. Mir hat es jedenfalls große Freude bereitet, ihn bei seinem ersten Abenteuer zu begleiten. Wie du weißt, ist Rolf Rüdiger frech, neugierig und liebenswert. Manchmal ist er auch ein wenig faul und ziemlich verfressen. Wenn Rolf Rüdiger einmal stolpert, dann schüttelt er sich kurz durch und wuselt einfach weiter. Klingt nach einer guten Einstellung, wie ich finde.

Mein Dank gilt allen Rolf-Rüdiger-Fans, die situationselastisch an diesem Buch beteiligt waren.

„Auf die Plätzchen, fertig, los!“

Peter Tichatschek

STECKBRIEF

Name:

Rolf Rüdiger … meine Freunde nennen mich RoRü.

Alter:

… wer will das wissen?

Beruf:

Radiomoderator, Ratte und Cremeschnittenliebhaber, hehe.

Berufung:

Was für eine Rufung? Hallo, hallo, ist da jemand?

Lieblingsfarbe:

blauer Fleck am Oberschenkel

Lieblingsgetränk:

Erdbeermilch … oder Kakao.

Oder noch besser: Erdbeermilch mit Kakao!

Musik:

gegurgelte

Beste Eigenschaft:

Spürnase kann laut pupsen

Schlechte Eigenschaft:

keine

Lieblingsspruch:

Auf die Plätzchen, fertig, los!

STECKBRIEF

Name:

Jessi

Alter:

Das fragt man eine Lady nicht!

Beruf:

Verkäuferin in der Bäckerei Schnapper.

Und bald Studentin. Irgendwas mit Ernährung würde mich interessieren.

Berufung:

Das Leben lieben und viel lachen.

Lieblingsfarbe:

hellblau

Lieblingsgetränk:

Erdbeermilch

Musik:

Songs zum Mitsingen und Tanzen

Beste Eigenschaft:

Das sollen meine Freunde beantworten.

Schlechte Eigenschaft:

Eine, aber die verrate ich nicht.

Lieblingsspruch:

Veganes Schnitzel, nein danke!

PROLOG

„Ja, hallöchen, wie heißt du …?

Ah, guter Name, du siehst auch genauso aus. Hihi! Kannst du den QR-Code da oben auf der Seite sehen?

Dann scanne ihn doch einfach mal mit deinem Handy. Das wird noch öfter in diesem Buch vorkommen. Aber keine Angst, du versäumst nichts, wenn du den Code nicht scannst.

Und bevor ich es vergesse: Einige Wörter sind in ‚fetter‘ Schrift gedruckt. Diese Wörter werden ganz hinten im Buch erklärt – in einem genialen Wörterbuch, das ich extra für dich angelegt habe.

Eine Frage hätte ich übrigens noch. Kannst du dir ein Leben ohne Cremeschnitten vorstellen …?

Na eben! Ich auch nicht!“

Es ist Sonntag, acht Uhr und drei Minuten. Im Radiostudio leuchtet das Rotlicht und der Nachrichtenmoderator liest die letzte Meldung vor. Darauf folgen die Wetteraussichten und die aktuellen Verkehrsmeldungen. „Auf den Straßen ist nichts los, es wurden uns keine Störungen gemeldet.“

In wenigen Sekunden startet der Mann hinter dem Mischpult die Signation der wöchentlichen Show mit Quizmaster Robert Steiner und der frechen Ratte Rolf Rüdiger auf Radio Wien. Robert blickt kopfschüttelnd auf die große Digitaluhr an der Wand. Alle sind bereit. Wer noch nicht da ist, ist Rolf Rüdiger.

„Einen schönen Sonntag wü…“

„Bin schon da, hat mich wer vermisst?“, platzt Rolf Rüdiger lautstark mitten in Roberts Begrüßung.

„Na endlich, Rolf Rüdiger, wir warten schon auf dich!“ Robert deutet auf die Uhr.

„Was, wieso, ich bin doch pünktlich da, die Uhr stimmt nur nicht, hehe.“

Rolf Rüdiger zieht ein Mikro, das an einer langen Teleskopstange angebracht ist, zu sich herunter. Dann greift er nach dem Sitzsack, den er sich vor einiger Zeit gebastelt hat. Die Hocker im Studio waren ihm einfach zu unbequem und auch viel zu hoch gewesen. Deshalb hat er vor einiger Zeit einfach einen Haufen alte T-Shirts, Socken und Handtücher in einen Kissenüberzug gestopft und ihn am Ende mit einem Gummiringerl zugeschnürt, wie einen Luftballon.

Rolf Rüdiger lässt sich auf seinen Selfmade-Sitzsack fallen und augenblicklich reißt das Gummiringerl.

Der Sitzsack verliert sofort an Volumen und er landet unsanft auf seinem Hinterteil. Eine löchrige Socke purzelt heraus.

„Ah, da bist ja endlich, dich hab ich schon lange vermisst“, murmelt Rolf Rüdiger erfreut. Er riecht kurz daran und stopft sie sich anschließend mit einem Kopfnicken in die Hosentasche seiner Jeans. „Deine Schwester-Socke daheim auf der Wäscheleine wird sich freuen, dich wiederzusehen.“

Dann leuchtet auch schon sein Mikrofon rot auf und Robert deutet ihm: „Du bist dran …“

„Hmm, wieso hör ich nichts? Hallo, hallo, kann mich jemand hören?“, ruft Rolf Rüdiger.

Der Mann hinter den Reglern am Mischpult fuchtelt wild mit seinen Händen am Kopf herum.

„Ich soll mir eine Haube aufsetzen … Draußen hat es fünfundzwanzig Grad!“, sagt die Ratte. „Also das muss ich euch erklären, das ist ja komisch. Ich bin da, hör keine Signation, keinen Robertl, keine Musik und der Kollege hinterm Mischpult deutet mir, ich soll eine Pudelhaube aufsetzen. Versteht ihr das?“

Auf dem Bildschirm vor Rolf Rüdiger trudeln die ersten Nachrichten über die Social-Media-Kanäle herein.

Sarah (11 Jahre): „Kopfhörer!!!“

Leon (14 Jahre): „Du musst deine In-Ears reingeben, Rolf Rüdiger.“

Michaela1140: „Du hast wahrscheinlich keine Kopfhörer auf, lieber RoRü!“

Rolf Rüdiger klatscht sich auf die Stirn.

„Danke, meine Lieblingsmenschen, jetzt ist mir alles klar wie Buttercreme. Und ich hab mich schon unter der kratzenden Wollhaube schwitzen sehn.“

Er schnappt sich die Kopfhörer, die unter dem Mischpult an einem Haken baumeln, und setzt sie sich auf die Ohren. Die weichen Ohrmuscheln der Kopfhörer sind natürlich deutlich zu groß für seinen Kopf, aber das stört ihn nicht. Rolf Rüdiger sieht aus, als hätte er sich zwei Autoreifen auf den Kopf geschnallt, dafür kann er jetzt alles gut hören. Auch das leise Kichern von Robert, der die Szene aus dem Augenwinkel beobachtet hat.

Knister, knister, raschel, raschel …

„Was machst du da bitte?“

„Na, wonach sieht es denn aus, mein lieber Robertl“, antwortet Rolf Rüdiger und winkt ihm mit seiner Cremeschnitte. „Kurz nach acht – Frühstückstime, so viel Zeit muss sein!“

Vor der Sendung hat er noch einen Sprung bei seiner Lieblingsbäckerei vorbeigeschaut, ein ausführliches Schwätzchen mit seiner Lieblingsverkäuferin Jessi gehalten und zwei Cremeschnitten gekauft.

Eine zum Frühstück während der Sendung und eine Ersatzcremeschnitte, falls er später noch Hunger bekommen würde.

Rolf Rüdigers große Schneidezähne durchstoßen die knusprigen Teigplatten, ein paar Brösel des Blätterteiges prasseln auf seine Hose und seitlich quillt die köstliche Cremefüllung heraus. Als langjähriger Cremeschnittenliebhaber reagiert Rolf Rüdiger … nicht. Er weiß, es ist unvermeidlich, dass ein Stück der Creme gleich auf seinem T-Shirt landen wird.

„Vielleicht entsteht ja ein ‚Zwei-Fettflecken-Kunstwerk’, denkt er. Ein formschöner, runder Fettfleck von letzter Woche ist bereits auf seinem weißen Shirt zu sehen.

„PLATSCH!“ Schon passiert. Die Creme landet aber exakt auf dem alten Fleck.

„Auch gut, liebe Creme, heute wieder mal gut gezielt. Dann darfst du es nächste Woche noch einmal probieren. Es wird ja nicht ‚die letzte Cremeschnitte‘ gewesen sein, die ich …“

Er hat den Satz noch gar nicht fertig gedacht, da durchfährt ihn ein Schauer.

„… letzte Cremeschnitte?!!!“

Rolf Rüdigers Puls schnellt noch oben und sein Hirn schreit: „PANIK!!!“

„Puhhh, was für gräusliche Gedanken, keine Cremeschnitten mehr … weg, weg, weg …“

Er fuchtelt in der Luft herum, als würde er einen Schwarm Fliegen über seinem Kopf vertreiben.

„Da bin ich aber froh, dass ich keine Wahrsagerin bin!!!“

Er atmet einmal tief durch, hebt sein T-Shirt hoch und schleckt den Cremebatzen genüsslich ab.

Nach der Radioshow gehen Rolf Rüdiger und Robert noch frühstücken. Rolf Rüdiger futtert einen Punschkrapfen und trinkt dazu eine Erdbeermilch. Er schlägt ein paar neue Rubriken für die kommenden Radioshows vor und Robert bespricht mit ihm noch ein paar Details. Die Details rauschen bei Rolf Rüdiger aber bei einem Ohr rein und beim anderen Ohr gleich wieder raus. Die kalte Erdbeermilch an seinem Gaumen friert ihm gerade ordentlich die Gehirnwindungen ein.

„Passt schon, mein Robertl, alles in kalten Tüchern“, sagt er schnippisch und saugt sein Glas leer.

„… trockenen“, berichtigt ihn Robert.

„Ja genau, mein Freund und Zwetschkenröster, ich bin dann mal ein Wölkchen, bis nächsten Sonntag im Radio.“

„Was bringt deine kommende Woche, mein Ratzilein?“, ruft ihm Robert noch nach.

„Alles chillig und heute jedenfalls noch eine Cremeschnitte“, sagt Rolf Rüdiger und deutet auf sein Sackerl mit der Ersatzcremeschnitte. „Es wird nicht meine letzte …“

„BÄÄM“, da ist es wieder, dieses seltsame „Cremeschnitten-Verlust-Gefühl“ und verpasst ihm einen Schlag in die Magengrube.

KAPITEL 1: DER DACHBODEN

„Düdeldü, düdeldü …“

Radiomoderator: „Nur noch ein paar Tage, dann ist es wieder so weit. Am kommenden Wochenende findet die Wahl zur Cremeschnitte des Jahres statt. Favorit ist einmal mehr die Cremeschnitte der Bäckerei Schnapper, die von allen liebevoll nur mehr ‚die Schnapper‘ genannt wird.“

Rolf Rüdiger stellte das Radio am Handy aus und warf einen Blick auf die Ersatzcremeschnitte auf seinem Schreibtisch.

„Ich freu mich ja schon so auf deine Ehrung“, sagte er zu „seiner Schnapper“. Rolf Rüdiger war sicher, dass die Cremeschnitte seiner Lieblingsbäckerei wieder gewinnen würde. Die Zeitungen, die stapelweise bei ihm herumlagen, waren voll mit Schlagzeilen und Storys über die kommende Preisverleihung. Es wurde auch viel über das Geheimrezept diskutiert. Bisher hatte es noch keine andere Bäckerei geschafft, die Schnapper-Cremeschnitte vom Thron zu stoßen.

Rolf Rüdiger kramte die löchrige Socke aus seiner Hosentasche und klemmte sie neben Socke Nummer zwei auf eine Wäscheleine, die er zwischen zwei Dachbalken gespannt hatte. Noch war es auf seinem neuen Dachboden etwas unordentlich. Er war erst kürzlich hierher umgezogen. Aber um ehrlich zu sein, es würde auch unordentlich bleiben.

Der Keller des Radiosenders, in dem er die letzten Monate gehaust hatte, war immer öfter auch von einer Katze aufgesucht worden. Mit ihr über so etwas wie Privatsphäre zu diskutieren, hatte sich bald als sinnlos erwiesen. Die Perserin sah zwar gut aus, schien aber nicht die hellste Kerze auf der Malakoff-Torte zu sein. Sie war nur auf Krawall gebürstet gewesen, und Rolf Rüdiger hatte einfach keine Lust auf einen langwierigen Nachbarschaftsstreit gehabt. Also musste er umziehen.

Mehr zufällig, beim planlosen Herumstreifen, hatte Rolf Rüdiger in einem alten Haus einen unbewohnten Dachboden entdeckt, nicht weit von seiner Lieblingsbäckerei entfernt.

„Oh, du gefällst mir aber und dein Name klingt auch ganz nett.“ „Otto Wagner 1898“ stand auf einem goldenen Schild gleich neben dem Eingang.

„Dafür, dass du schon so alt bist, du ‚altes Haus‘, siehst du aber noch ganz gut aus“, hatte sich Rolf Rüdiger damals gedacht.

Der Dachboden von Otto Wagner 1898 war perfekt für ihn geeignet. Er war geräumig, es gab Wasserleitungen, die er anzapfen konnte, und das Beste: Keine Katzen weit und breit!

Nur ein paar dumme Tauben bevölkerten hin und wieder die Dachrinne. Es reichte aber ein knackiges „Putschi“, und schon flatterten sie mit einem erschreckten „Gruu, Gruu“ empört auf und flogen davon. Okay, sie kamen am nächsten Tag wieder, aber Rolf Rüdiger machte sich mittlerweile einen Spaß daraus, die Flatterheinis immer aufs Neue zu erschrecken.

Es gab aber noch ein paar andere, fliegende Mitbewohner. So richtig geheuer waren ihm diese Viecher nicht. Sie waren winzig, piepsten ab und zu und hingen die meiste Zeit einfach nur kopfüber von einem Dachbalken.

„Wenigstens sind es, was die Gattung betrifft, Kollegen und Kolleginnen“, dachte Rolf Rüdiger, als er die Fledermäuse bei seiner ersten Dachboden-Inspektion erblickt hatte.

„Ihr Miniatur-Draculas dürft bleiben, dann gibt es zumindest keine Gelsen hier“, entschied er und schloss mit ihnen quasi eine unbefristete Mitbewohnervereinbarung.

Zum Einrichten brauchte Rolf Rüdiger nicht viel. Die paar ausrangierten Möbel, die auf dem Dachboden gelagert waren, und eine dicke Matratze reichten ihm schon. Am häufigsten würde er sowieso den alten Kühlschrank in der Ecke benutzen. Der begann zwar, nachdem er ihn angesteckt hatte, zu brummen wie ein Schwarm Hummeln, aber er funktionierte noch. Mit ein paar Umzugsgängen hatte er auch den Rest seiner Sachen auf seinen neuen Dachboden übersiedelt. Lediglich das Hinaufschleppen war ein wenig mühsam gewesen. Es gab zwar einen Lift, aber die Knöpfe für die Stockwerke waren einfach zu hoch für ihn angebracht. An den Knopf mit „D“ kam er sowieso nicht ran. So blieben ihm nur die Treppe und das senkrechte Rohr der Dachrinne, das fast direkt neben seiner Dachbodenluke endete. Rolf Rüdiger fühlte sich pudelwohl in seinem neuen Dachboden-Loft.

„Bis zur Preisverleihung muss mein T-Shirt aber wieder blitzeblank sein.“ Er dachte kurz daran, den fettigen Creme-Fleck einfach mit einer Schere herauszuschneiden, entschloss sich aber dann doch für eine andere Methode.

„Vielleicht klappt es ja mit einer Luft-Waschung“, murmelte er vor sich hin. „Es wird ja auch Zeit für ein Mützchen Schlaf.“ Rolf Rüdiger zog sein T-Shirt aus, klemmte es zu den beiden Socken auf die Wäscheleine und machte es sich auf seiner Matratze gemütlich. Seine Jeans-Hose ließ er aber an.

Ganz traute er den hängenden Draculas dann doch nicht. „Bleibt ja weg von meinen Kronjuwelen und meinem Spatzi …“

Rolf Rüdiger gähnte ausgiebig und verschluckte sich dabei. Dann musste er einmal kurz rülpsen.

„Wenn man für die kommenden Tage absolut nichts vorhat, die Stunden langsam wie Karamellcreme den Tag entlangrinnen … dann, ja dann, sollte man einfach gut ausgeschlafen sein. Hehe.“ Und schon glitt er ins Reich der Träume.

Zum Glück wusste Rolf Rüdiger in diesem Moment noch nicht, dass die kommenden Tage „der absolute Hammer“ werden würden.

KAPITEL 2: DIE MAPPE

„Düdeldü, düdeldü …“

Radiomoderator: „… und gleich ist Konstantin von Beutel bei mir zu Gast im Studio. Er ist der Chef der größten Bäckereikette der Stadt und er tritt am kommenden Wochenende an, um den Titel der besten Cremeschnitte des Landes zu gewinnen. Wie wollen Sie die berühmte Schnapper-Cremeschnitte denn heuer schlagen, Herr Beutel?“

„Also wir haben da jetzt eine ganz neue Rezeptur in unserem Backlabor erfunden. Unsere neue Laborschni…, also ich meine unsere neue Cremeschnitte, die schmeckt einfach, jetzt, noch besser …“

Im Büro der Bäckerei Schnapper schaute Frau Gludowiz von ihrem Bildschirm auf. Das Büro lag genau über der Backstube und nur einen Häuserblock vom Geschäft der Bäckerei entfernt. Die große Doppeltür zum Büro ihres Chefs war geschlossen. Ihr Blick schweifte über eine Mappe, die neben ihrem Bildschirm in der Ablage lag.

Bäckermeister Alfred hatte sie vor ein paar Minuten persönlich vorbeigebracht. Zweimal die Woche holte Alfred die Mappe bei Frau Gludowiz ab, ging damit hinunter in die Backstube und brachte sie nach ein paar Stunden wieder zurück in ihr Büro.

Der Bäckermeister arbeitete ständig an der Verbesserung der Backwaren und probierte immer neue Rezepturen aus. „Backen ist Handwerkskunst“, sagte Alfred immer.

Die Mappe war nicht sehr dick, aber außerordentlich schön anzusehen. Fast wie ein antikes Buch, fand Frau Gludowiz.

Die Oberfläche war mit dunkelbraunem Leder bezogen und die Ränder mit einer durchgehenden, braunen Naht verziert. Die Ecken der Mappe schützten goldene Metallkanten.

Besonders auffällig war das kleine, sechsstellige Zahlenschloss, das in den Einband eingebaut war. Nur die sechs Zahlenräder schauten heraus und sie standen auf 000000. Der besondere Clou an diesem Schloss war aber, dass es sich gleichzeitig um ein „Smart-Schloss“ handelte. Die geheime Kombination dafür konnte nur Wilhelm Schnapper mit seinem Handy per App eingeben. Der große Vorteil dieser Methode war, dass die analogen Zahlenräder dabei auf 000000 stehen blieben, der eigentliche Code so für niemanden zu sehen war und daher geheim blieb.

Immer wenn Bäckermeister Alfred die verschlossene Mappe in die Backstube mitnahm, musste er anschließend eine Textnachricht an den Chef der Bäckerei, Herrn Schnapper, schicken. Der gab dann via App den Zahlencode von seinem Büro aus ein.

Schon sprang das Schloss auf.

„Frau Gludowiz, Sie sind mir dafür verantwortlich, dass diese Mappe niemand anderer in die Hände bekommt als meine Schwester Eleonore, Alfred und ich“, hatte Wilhelm Schnapper schon am ersten Arbeitstag zu ihr gesagt. „In der Mappe befindet sich neben allen anderen Rezepten auch das Rezept unserer Schnapper-Cremeschnitte. Das ist unser größter Schatz.“ Die Geschwister Eleonore „Elli“ Schnapper und ihr Bruder Wilhelm waren sehr bedacht darauf, dass das Originalrezept der Cremeschnitte nicht in falsche Hände geriet.

Nur in der Backstube durfte die Rezeptmappe geöffnet werden. Elli und Bäckermeister Alfred tüftelten dann mit frischen Zutaten an den Rezepten.

Herr Schnapper war mehr für den geschäftlichen Teil der Firma zuständig. Er kontrollierte die Verkaufszahlen, bereitete die Buchhaltung vor und bestellte die Rohstoffe wie Mehl, Zucker und Eier für die Backstube. Im Gegensatz zu Elli war Herr Schnapper eher ernst und lachte nicht viel. Manchmal kam seine Art auch etwas ruppig rüber.

„Wo ist die Mappe, Frau Gludowiz? Sie sollte schon seit drei Minuten wieder in meinem Büro sein“, rief er aus seinem Chefbüro.

„Entschuldigung, Herr Schnapper, ich komme schon“, antwortete Frau Gludowiz und stürmte mit der Mappe ins Büro. „Hier ist sie, ich habe nur noch die letzten Zahlen in das Verkaufsdiagramm am Computer eingetragen.“