Rosalie, weil es dich gibt - Sina Winter - E-Book

Rosalie, weil es dich gibt E-Book

Sina Winter

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Beschreibung

"Schicksal ist, wenn du etwas gefunden hast, das du nie gesucht hast und dann feststellst, dass du nie etwas anderes wolltest." (Verfasser unbekannt) Richard von Weisenberg trifft in New York auf die temperamentvolle Rose. Noch ahnt er nicht, welche Folgen das hat. Rose berührt seine Seele. Plötzlich steht er vor der wichtigsten Entscheidung seines Lebens. Rosalie Murphy, von allen liebevoll Rose genannt, hatte es nicht immer leicht in ihrem Leben. Doch das Blatt scheint sich zu wenden. Ihr Freund Daniel will sie heiraten und sie hat ihren Traumberuf als Designerin gefunden. Alles ist perfekt. Wäre da nicht die Begegnung mit Richard, einem charismatischen Fremden, der ihr Leben - und ihr Herz - auf den Kopf stellt.

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Seitenzahl: 205

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Buchbeschreibung:

„Findest du nicht, es ist an der Zeit, dass du heiratest und eine Familie gründest?“

Richard von Weisenberg schenkt dem Drängen seiner despotischen Mutter wenig Beachtung. Er hat eigne Pläne. Dazu zählt auf keinen Fall zu heiraten.

Als er jedoch in New York auf Rose trifft, beginnt eine Wende in seinem Leben. Allerdings bedarf es zweier weiterer Treffen, bis Richard merkt, dass Rose sein persönliches Schicksal ist.

Für sie würde er alles tun, sogar sein bisheriges Leben aufgeben. Nur wie denkt Rose darüber? Ist sie bereit für eine gemeinsame Zukunft?

Rose Murphys Leben verlief bisher nicht immer einfach. Als Vollwaise muss sie hart für ihren Lebensunterhalt arbeiten. In Daniel, ihrem Freund glaubt sie, die große Liebe gefunden zu haben. Doch als sie in New York auf einen charismatischen Fremden namens Richard stößt, ist nichts mehr, wie es war. Ist es Schicksal, dass sich ihre Wege von nun an kreuzen?

Während sich beide Stück für Stück näher kommen, spinnt sich um sie herum ein Netz aus Lügen und Intrigen. Kann die zarte Bande, die Richard und Rose verbindet, dem standhalten? Oder scheitert ihre gemeinsame Zukunft, noch ehe sie richtig begann?

Über den Autor:

Sina Winter lebt mit ihrem Mann im schönen Unterfranken, direkt vor den Toren der Rhön. Schon früh entdeckte sie ihre Leidenschaft für Bücher. Zunächst kompensierte sie ihre Kreativität im Zeichnen und Gestalten, bis sie vor einem Jahr mit dem Schreiben begann. „Rosalie, weil es dich gibt“ ist ihr erster Roman.

Für meinen Mann.

Danke, dass du an mich glaubst.

Liebe ist die Blume, die du wachsen lassen musst.

(John Lennon)

Inhaltsverzeichnis

September

1. Richard

2. Rosalie (Rose)

3. New York City

4. Zuhause in Deutschland

5. Daniel Köbes (Danny)

6. Fehlentscheidungen

Oktober

7. Ein neuer Job

8. Männergespräche

9. Die Entscheidung

10. Nachrichten für Rose

11. Aller guten Dinge sind drei

12. Nachforschungen

November

13. Schlosscafé

14. Isabel Montario

15. Telefongespräche

16. Das Gestüt Rosenbaum

17. Geheimes Treffen

18. Ein Plan muss her

Dezember

19. Unerwartete Abreise

20. Die Despotin

21. Missverständnisse

22. Die Einladung

23. Sehnsucht

24. Für immer

Epilog

Danksagung

September

1. Richard

Langsam zügelte Richard von Weisenberg sein Pferd.

Thunder, ein dunkelbrauner Araberhengst, sträubte sich zunächst und ließ Richard seine Kraft spüren. Doch er wies ihn sanft in seine Schranken. Reiter und Ross waren gleichermaßen selbstbewusst und temperamentvoll. Zurecht konnte Richard stolz auf Thunder sein. Der Hengst war ein geborenes Rennpferd. Dementsprechend hoch war auch sein Bekanntheitsgrad im Rennsport. Pferdezüchter aus aller Welt fragten bei Richard an, um ihre Stuten von Thunder decken zu lassen. Doch Richard lehnte ab, denn er hatte eigene Pläne. Ihm fehlte nur das passende Gestüt.

Zusammen mit seinem Freund Alexander Schönberg leitete Richard die RE W. O. W. Company GmbH Weisenberg & Schönberg, eine Recyclingfirma für Kriegswaffen. Das Recyceln von Waffen hielt Richard anfänglich noch für eine gute Sache.

Doch so einfach war die Rechnung nicht, der Großteil der zu vernichtenden Waffen, wurde durch neue ersetzt. Bisher empfand Richard seine Arbeit stets als sinnvoll, doch in letzter Zeit kamen ihm Zweifel. Den Fokus auf das vor ihm liegende Tal gerichtet, atmete er tief die kühle Morgenluft ein. Der Himmel an diesem September Morgen zeigte sich wolkenlos und die Sonne stand strahlend am azurblauen Himmel. Seine Gedanken glitten in die Vergangenheit.

Nach dem Tod des Vaters brach er sein Studium ab. Er hatte Veterinärmedizin studiert und träumte von einem eigenen Gestüt. Mit zweiundzwanzig Jahren zerplatzte sein Traum, wie eine Seifenblase.

Sein Vater hatte ihm und seiner Mutter einen Scherbenhaufen hinterlassen. Das Geld, welches sein alter Herr in jungen Jahren durch Aktien und Spekulationen an der Börse erworben hatte, gab es nicht mehr.

Durch das ausschweifende Leben seines Vaters, das aus Spielsucht und unzähligen Affären bestand, waren sie hoch verschuldet. Mit dem Verkauf der Wertgegenstände, die noch in ihrem Besitz lagen, konnten sie den Großteil der Gläubiger auszahlen. Zum Schluss blieb ihnen nur noch das Nötigste zum Leben.

Seine Eltern führten keine glückliche Ehe. Richard mutmaßte, dass es am Altersunterschied lag. Fünfzehn Jahre machten sich bemerkbar und seine Mutter mit Mitte vierzig zur Witwe. Sie tat sich schwer darin, einen anderen Lebensstandard zu führen. Richard versuchte alles, um ihr den gewohnten Luxus zu bieten, aber für seine Mutter konnte es nie genug sein.

Richard hielt nicht viel von Aktien und deren Spekulationen. Er bevorzugte harte ehrliche Arbeit. Da er aber auf die Schnelle kein Geld verdienen würde und seine Mutter ihm täglich mit Geldsorgen in den Ohren lag, wagte er eines Tages den Schritt an die Börse. Dadurch, dass sein Vater spekulierte, kannte er sich an der Börse aus. Sein alter Herr hatte darauf bestanden, dass er sich mit Aktien befasste. Er war ihm fast dankbar dafür, denn im zarten Alter von fünfundzwanzig Jahren hatte er sich ein Vermögen verdient, das so manchen Ölscheich erblassen ließ.

Richard lernte noch im selben Jahr seinen Geschäftspartner Alexander Schönberg kennen. Beide waren sie Jung und ehrgeizig. Sie genossen das Leben in vollen Zügen. Die Köpfe voll Ideen, beschlossen sie gemeinsam eine Firma zu gründen, die RE W. O. W. Company GmbH Weisenberg & Schönberg.

Die Zeiten, in denen Richard mit seinem Partner über seine Träume sprach, waren schon lange vorbei. Für Alex zählte nur Gewinn und Expansion. Ihre gemeinsamen Interessen und Ziele trifteten immer weiter auseinander. Richards Weltbild hatte sich verändert. Er hatte sich geändert. Seine und Alexanders Ansichten liefen nicht mehr konform. Es musste sich dringend etwas ändern.

Tief in Gedanken schritt Richard mit Thunder auf die Stallungen zu. Dort erwartete ihn bereits sein Chauffeur und Bodyguard, Henrik Sjören. Henrik arbeitete inzwischen seit zehn Jahren für ihn. Im Gegensatz zum üblichen Klischee war Henrik, ein Junge aus dem Norden, nicht blond, sondern rothaarig. Wie Richard trug er einen gepflegten Vollbart und die Haare schulterlang. Seine Statur war massiger als die von Richard, dennoch war er nicht dick. Henrik stand ihm nah wie sonst kein Mensch. Er war Beschützer, Ratgeber und Freund in einem. Sie saßen oft stundenlang in Richards Penthouse und spielten Schach, sprachen über das Leben und die Frauen. Henrik würde sein Leben für Richard geben und umgekehrt genauso.

“Wie ist es gelaufen?”, fragte Henrik.

“Er läßt sich schwer im Zaum halten und ist nicht kaputt zu kriegen. Wenn ich es zuließe, würde er rennen bis zum Umfallen.”

“Braver Junge”, tätschelte Henrik den Hals des Pferdes. Thunder schnaubte und stieß Henrik sanft mit seinem Kopf an. Richard stieg ab und reichte seinem Freund die Zügel. “Fang bitte schon mal an, ihn abzusatteln. Ich muss Alex zurückrufen. Er hat es schon ein paar mal versucht. Du weisst, wie er reagiert, wenn ich mich nicht melde!”

“Ja. Ja. Wahrscheinlich hat er dich bereits bei der Polizei als vermisst gemeldet! Tu dir keinen Zwang an und lass dir Zeit. Wir kommen schon klar, stimmt doch Thunder?”

Henrik konnte Alex nicht ausstehen. Dieser entpuppte sich als das genaue Gegenteil von Richard. Für ihn zählten nur Geld und Macht. In Henriks Augen war Alex ein Riesenarschloch. Alex fehlte es an soziale Eigenschaften, die einen Menschen ausmachten. Deshalb kam es in letzter Zeit auch zu heftigen Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden.

Mit Sorge beobachtete Henrik, dass Richard nicht mehr mit Herzblut seiner Arbeit nachging. Er schweifte gedanklich ab und er fing seltsame Gespräche an. Richard lagen die schönsten Frauen zu Füßen und er konnte sich alles leisten. Dennoch oder gerade deshalb, so kam es Henrik vor, erschien ihm Richard nicht glücklich. Henrik konzentrierte sich wieder auf seine Arbeit. Im Grunde genommen sollte es ihn nichts angehen, aber Richard war mehr als nur ein Arbeitgeber. Er war in all den Jahren zu einem Freund geworden. Sie respektierten sich gegenseitig und passten aufeinander auf. Deshalb wollte er ihn auf der Rückfahrt darauf ansprechen. Doch wie er Richard einschätzte, blockte dieser ab, aber Henrik konnte hartnäckig sein.

“Was gibt es Alex?"

"Wo zum Teufel steckst du? Ich versuche, dich seit zwei Stunden zu erreichen! Du kannst nicht einfach verschwinden, ohne dich abzumelden! Wir haben in einer Stunde einen wichtigen Termin und wollten vorher die Details besprechen! Schon vergessen?”

“Nun krieg dich wieder ein Alex! Ich bin nicht am Ende der Welt! Und ein bisschen Privatsphäre ist wohl noch erlaubt. Oder soll ich mich zukünftig auch noch abmelden, wenn ich zur Toilette gehe?”

“Nun werd nicht gleich ordinär! So hab ich das nicht gemeint und das weißt du! Ich wollte dich nur an den Termin erinnern.”

“Okay. Das hast du ja nun! Danke. Wir sehen uns in einer halben Stunde.” Wütend legte Richard auf. Er war über sich selbst verärgert, weil er diesen blöden Termin vergessen hatte. Bei nächster Gelegenheit, erzählte Alex seiner Mutter davon, und die lag ihm dann mit der alten Kamelle im Ohr, dass er wie sein Vater sei. Dabei lebte er nicht annähernd wie dieser. Er betrank sich nicht, spielte nicht und hurte nicht herum. Im Gegenteil, er lebte zurückgezogen.

Er pflegte eine Liaison zu einer reichen Diplomatentochter namens Isabel Montario. Seine Mutter freute sich, konnte sie dadurch ihre Bekanntschaften in der High Society erweitern. Sie drängte ihn sogar soweit, Isabel zu heiraten. Doch Richard hatte es nicht eilig. Zugegeben, Isabels Schönheit und der Sex hatten es ihm angetan, aber mehr auch nicht. Denn Isabel war charakteristisch gesehen, eine gefühlskalte, egoistische und selbstverliebte Zicke. Für sie zählte hauptsächlich Geld und ihre Schönheit. Menschen, die nicht schön und reich waren, schenkte sie keinerlei Beachtung. Manchmal fragte sich Richard, ob sie überhaupt ein Herz besaß.

“Henrik? Wir müssen los! Ich habe diesen blöden Termin vergessen und Alex läuft schon wieder Amok!”

“Komme sofort, ich sage schnell Paul bescheid, dass er sich um Thunder kümmert!”

“Ja, bitte. Ich ziehe mich inzwischen um.”

Paul Jansen, der Stallmeister vom Gestüt Rosenbaum, legte große Sorgfalt an den Tag. Bei ihm standen die Tiere an erster Stelle. Jeder der hier ein Pferd im Stall hatte, konnte sich darauf verlassen, es in gute Händen zu wissen.

Der alte Jansen war seit vierzig Jahren im Geschäft und wusste mehr über Pferde als über Menschen. Er hatte als einfacher Stalljunge angefangen und sich nach oben gearbeitet. Seine Chefin, Frau Rosenbaum, ließ nichts über ihn kommen, ebenso Richard. Er vertraute ihm und schätzte seine Fähigkeiten im Umgang mit den Tieren.

Henrik beobachtete Richard im Rückspiegel, er zog sich ein frisches Hemd über und band seine Krawatte. Eben, als er noch in Jeans und T-Shirt auf dem Pferd saß, sah er lebendig aus. Jetzt saß ein verschlossener Betonklotz auf seiner Rückbank. Er musste dringend mit seinem Freund reden. Richard führte kein Leben, sondern agierte nur noch.

Hastig strich sich Richard durch die Haare. Das Gel in seinen Händen half ihm, das vom Wind zerzauste Haar wieder in Form zu bringen. Geschickt band er sein Deckhaar zu einem kleinen Zopf am Hinterkopf zusammen. Richard trug eine Undercutfrisur, das Deckhaar lang und die Seiten auf ein paar Millimeter gekürzt. Passend, wie es gerade modern war, zierte ein gepflegter Vollbart sein Gesicht. Richard streifte sich sein Jackett über und in dem Moment hielt Henrik vor dem Eingang der Firma. “Ich sage dir Bescheid, wenn ich dich brauche”, meinte Richard und langte nach dem Türgriff, um auszusteigen.

“In Ordnung. Soll ich für heute Abend Bier kalt stellen?”

“Es wird spät werden. Alex hat bestimmt einen Tisch im Innex reserviert. Verschieben wir es auf Morgen.”

“Okay. Ruf an, wenn du mich brauchst.”

Richard sah seinem Chauffeur und Freund hinterher. Liebend gerne würde er heute Abend mit Henrik ein Bier trinken und dabei eine Runde Schach spielen, doch heute rief die Pflicht. Er musste Isabel anrufen und sie zum Essen einladen. Ihre Schönheit sorgte immer wieder für Aufsehen. Alex meinte, mit ihr am Tisch liefen die Geschäfte besser, da die Kunden sich von Isabel verzaubern ließen.

Genau eine halbe Stunde nach dem Telefonat mit Alex öffnete sich die Fahrstuhltür und Richard betrat die Firma. Sofort eilte seine Sekretärin auf ihn zu und reichte ihm einen Zettel, auf dem die wichtigsten Anrufer von heute Morgen standen. Richard warf im Laufen einen kurzen Blick darauf und steckte den Zettel in sein Jackett. Die Rückrufe konnten warten. Es handelte sich um fünf Anrufe. Drei davon, von seiner Mutter und die anderen beiden nicht von belang.

“Was liegt an, Alex?”

“Dir auch einen guten Morgen, Richard”, beleidigt starrte Alex ihn an.

“Ich dachte, wir haben keine Zeit für Höflichkeitsfloskeln?”

“Was ist nur in letzter Zeit mit dir los? Hast du nicht genug Sex? Allerdings, kann ich mir das bei Isabel nicht vorstellen.”

“Mein Sexleben geht dich nichts an, aber wenn es dich beruhigt, ich kann nicht klagen. Und lass bitte Isabel aus dem Spiel. Sie tut nichts zur Sache, verstanden?”

“Langsam, langsam Richard, ich will mich jetzt nicht mit dir streiten. Wir sollten lieber über den Auftrag reden.”

“Dann schieß mal los, Partner!”

Den Deal hatten sie abgeschlossen und Richard befand sich mit Isabel auf dem Weg zum Innex. Alex hatte einen Tisch reserviert. Er wollte den Vertragsabschluss mit dem Kunden besiegeln. Henrik hielt vor dem Restaurant und ein Page öffnete die Tür. Richard und Henrik hegten ein stilles Übereinkommen. In der Öffentlichkeit hatten sie ein rein geschäftliches Verhältnis, Richard war der Boss und Henrik der Chauffeur und Bodyguard.

Isabel stieg elegant aus dem Wagen und warf kokett ihr langes blondes Haar über die Schultern. Richard hielt ihr den Arm hin und sie hakte sich wie selbstverständlich bei ihm ein. Alles sah perfekt aus. Wie aus dem nichts tauchte ein Paparazzo auf und ein Blitzlichtgewitter brach über sie nieder.

Noch bevor Richard reagieren konnte, rannte Henrik dem Kerl hinterher. Isabel mimte die Überraschte, aber Richard wusste es besser. Sie stand auf Publicity. Es würde ihn nicht wundern, wenn Isabel der Presse einen Tipp gegeben hätte. Sie sah sich gerne in der Presse und am liebsten neben dem reichsten Junggesellen von Hümmersfelden. Die Journalisten spekulierten eifrig über eine Verlobung und wann Richard ihr endlich einen Antrag machte. Zu Beginn ihrer Beziehung hatte Richard mit dem Gedanken gespielt, aber inzwischen war er sich nicht mehr sicher — er liebte Isabel nicht.

Das Abendessen verlief höflich. Alex war in der Begleitung von einem seiner Betthäschen. Richard versuchte sich, an ihren Namen zu erinnern. Er meinte, Alex hätte irgendetwas von Jessica erwähnt? Egal was Alex sagte, Jessica kicherte nur. Isabel hingegen wirkte wie versteinert.

Die beiden Kunden, Vater und Sohn, schienen gleichermaßen von Isabels Antlitz verzaubert. Der Vater versuchte mehrmals sie in ein Gespräch zu verwickeln, doch sie antwortete nur einsilbig, sodass jegliche Unterhaltung im Sande verlief. Richard bemühte sich, die Konversation am Tisch in Gang zu halten. Mit dem Sohn konnte man in der Hinsicht nicht viel anfangen. Nicht, dass er keinen zusammenhängenden Satz zustande brächte, im Gegenteil. Richard war erstaunt und beeindruckt über seine Rhetorik, die er im heutigen Meeting zeigte. Nur die Anwesenheit von Isabel machte ihn unsicher und nervös.

Richard atmete erleichtert auf, als der Abend sich dem ende neigte.

Zusammen mit Isabel ließ er sich von Henrik abholen. Er brachte sie nach Hause. Sie übernachtete nie bei ihm, und Richard verspürte auch nicht das Verlangen, sie nachts in seinen Armen zu halten.

Richard trat aus der Dusche und fuhr mit der Hand über den angelaufenen Spiegel. Eindringlich betrachtete er sein Gesicht und stellte sich stumm die Frage: "Was ist nur aus mir und meinem Leben geworden?"

2. Rosalie (Rose)

“Guten Morgen meine Süße.” Sanft begrüßte Rose ihre Stute Autumn, die ihr durch ein leises Schnauben antwortete. Dies geschah immer dann, wenn sie Rosalies Stimme hörte oder ihren Geruch wahrnahm. “Miau.” Energisch rieb sich eine rotgetigerte Katze an ihrem Hosenbein. “Streuner! Wo kommst du denn her? Warst du auf der Mäusejagd?” Zärtlich hob Rose den Kater auf den Arm und graulte ihn am Kopf. Er schnurrte und drückte seinen Kopf gegen ihre Hand. “Ja, das gefällt dir. Mal schauen, ob ich noch was zu fressen für dich habe.” Mit dem Kater auf dem Arm ging Rose in den hinteren Bereich des Stalles. Dort lagerten in einem Kühlschrank die Medikamente für die Pferde und das Katzenfutter für Streuner. Paul Jansen, der Stallmeister meinte: “Eine Katze kann sich selbst versorgen”, aber Rose wollte davon nichts wissen. Streuner bekam jeden Tag seine Ration Katzenfutter, dafür hielt er den Stall weitestgehend mäusefrei. Für Rose war das ein fairer Deal.

Nachdem sie Streuner versorgt hatte, widmete sie sich ihrem Pferd Autumn, einer englischen Vollblut Fuchsstute. Sie stammte aus der Zucht einer älteren Dame. Autumn war noch ein Fohlen und erfüllte nicht die Kriterien, die ein gutes Rennpferd haben sollte. Es war die Rede von Einschläfern, und Rose bettelte solange, bis Paul Jansen das Fohlen übernahm.

Für Paul Jansen, der mit seiner Frau Berta selbst keine Kinder hatte, war Rose wie eine Tochter. Er konnte ihr den Wunsch, das Fohlen zu übernehmen, nicht abschlagen. Rose kümmerte sich liebevoll um ihre Stute, die sich trotz aller fehlenden Kriterien zu einem guten Rennpferd gemausert hatte. Zwar hatte sie nicht die Eleganz eines Rennpferdes, aber sie war schnell, besaß Ehrgeiz und für eine englische Vollblut Stute Ausdauer. Noch bis vor einem Jahr war sie eines der schnellsten Pferde im Stall, dann kam Thunder, ein Araberhengst mit dunkelbraunem und seidig glänzendem Fell. Rose hatte sich auf Anhieb in ihn verliebt. Wenn es die Zeit zuließ, ritt sie manchmal mit ihm aus. Er besaß weitaus mehr Ausdauer als ihre Stute Autumn und steckte voller Kraft und Energie. Rose liebte es mit ihm über die Felder und Wiesen zu reiten. Allerdings musste sie sich bei Thunder konzentrieren. Er war es nicht gewohnt von fremden Personen geritten zu werden, aber Rose wäre nicht Rose, wenn sie nicht ihr Handwerk verstehen würde. Sie hatte ihn quasi um den kleinen Finger gewickelt. Jedoch ritt sie ihn nie ohne Sattel, so wie Autumn. Zum einen war Thunder es nicht gewohnt und zum anderen hatte sie ihn besser unter Kontrolle.

Rose und Autumn waren wunderbar aufeinander abgestimmt. Paul scherzte immer, wenn sie mit Autumn ritt und sich nach vorne beugte, wisse man nie, wessen Mähne gerade im Wind flatterte. Ihre Haare waren genauso rot wie die Mähne ihrer Stute. Hinzu kam, dass Rose einen zierlichen Körperbau besaß und durch ihre blasse Haut hielt man sie fälschlicherweise für zerbrechlich. Zum Leidwesen von Paul Jansen ritt sie mit Autumn am liebsten ohne Sattel. Er meinte, eines Tages würde sie sich noch ihren hübschen Hals brechen. Aber das war Rose egal, für sie gab es nichts Schöneres, als den Wind im Gesicht zu spüren und eins zu sein mit ihrem Pferd.

“Guten Morgen, Rose. Ich dachte, du wärst schon überm großen Deich?”

„Guten Morgen, Paul.“ Mit geröteten Wangen und zerzausten Haaren lächelte sie ihn an. „Wo denkst du hin, ich reise doch nicht einfach ab, ohne mich zu verabschieden!“, antwortete sie entrüstet.

“Das hat Berta heute Morgen auch gesagt”, zwinkerte er ihr zu. “Nu mei Dirn, wann geht die Reise los?”

“Ich werde Mittwoch fliegen. Nun schau nicht so, ich komme ja wieder.”

“Ich weiß, ich weiß, aber trotzdem fehlst du uns. Wen soll Berta betüddeln, wenn du nicht da bist?”

“Ach Paul, Berta findet schon jemanden zum Betüddeln. Zur Not musst du herhalten”, schmunzelte sie.

“Oh jeh, das hat mir gerade noch gefehlt!” Lachend meinte Rose: “Komm lass uns hier fertig machen, ich habe einen Bärenhunger. Berta hat bestimmt frische Brötchen gebacken und ich kann schon den Kaffee riechen.”

Eine Stunde später waren sie im Stall fertig. Rose ging noch schnell zu Thunder und reichte ihm eine Karotte. Zärtlich streichelte sie seine Blesse und klopfte ihm leicht auf den Hals. “Machs gut, Thunder. Wir sehen uns eine Weile nicht. Pass mir gut auf Autumn auf und mach Paul keinen Ärger!”

“Du sollst ihn nicht verwöhnen, sein Besitzer meinte, er hätte schon ordentlich zugelegt, seitdem er hier ist.”

“Papperlapapp! Sein Besitzer hat keine Ahnung von Pferden. Stimmt´s Thunder?” Thunder schnaubte kurz, dann zerkleinerte er geräuschvoll die Möhre. “Siehst du Paul, er ist mit mir einer Meinung.”

“Ja, ja und ich kann mir dann wieder anhören, dass er zwei Kilo zugenommen hat!”

Wie schon vermutet, wartete ein reichliches Frühstück auf die beiden. Rose frühstückte gerne mit den Jansens. Die zwei waren ein knuffiges Paar. Er aus dem hohen Norden und Berta eine Hiesige. Paul sah für sein Alter noch recht frisch aus. Er hatte strohblonde Haare und trug immer eine Fischermütze. Abends rauchte er gerne Pfeife, und wenn Besuch da war, erzählte er immer die absurdesten Geschichten. Berta nannte sie: “Pauls Seemannsgarn”.

Nach Nannas Tod kümmerten sich die beiden liebevoll um Rose und unterstützten sie, wo es ging. Im Gegenzug half Rose Paul mit den Pferden, Berta im Garten und erledigte den Papierkram, vor allem die jährliche Steuererklärung. Ihre Großmutter hatte sich bis zu ihrem Tod darum gekümmert. Paul hatte sie kurz nach deren Tod gefragt, ob sie sich damit auskannte. Rose konnte ihrer Nanna dankbar sein, dass sie darauf bestanden hatte, sich im Bereich Buchhaltungsführung und Steuerrecht einzulernen. ”Es ist wichtig, Schatz, du musst dich auskennen, sonst zieht man dir noch das letzte Hemd vom Leib.” Das hatte sie mehr, als einmal von ihr zu hören bekommen. Also hatte sie sich widerwillig damit befasst. Heute war sie froh darüber. Sie konnte sich ihr kleines “Cottage”, wie sie ihr Haus liebevoll nannte, halten und kam finanziell über die Runden. Das “Cottage” gehörte einst zum Rosenbaumgestüt und war früher das Gesindehaus. Ihre Großmutter hatte es vom damaligen Besitzer, Hubert von Rosenbaum, geerbt. Er war der Bruder der jetzigen Besitzerin, Agnes von Rosenbaum, und Rose vermutete, dass ihre Großmutter eine heimliche Liaison mit ihm hatte. Da Hubert nie verheiratet war und auch keine Kinder hatte, ging das gesamte Gestüt an seine Schwester. Einzig das Gesindehaus hatte er ihrer Großmutter vererbt. Nun, da ihre Nanna verstorben war, gehörte es ihr.

Jedoch unter der absurden Bedingung, dass sie ihren Freund Daniel Köbes nicht heiraten durfte. Sollte sie es dennoch tun, würde sie enterbt.

Rose nahm das Testament schweren Herzens hin. Bisher hatte sie Daniel nichts von dieser Bedingung erzählt. Eine innere Stimme hielt sie auch weiterhin davon ab, dies zu tun. Nanna konnte Daniel vom ersten Augenblick an nicht leiden. Rose fand es traurig, aber sie liebte ihre Nanna abgöttisch und nahm das Testament an. Vielleicht lag es daran, dass sie und Daniel kein Paar im klassischen Stil waren. Manchmal sahen sie sich einen Monat lang nicht oder nur an den Wochenenden. Sie führten keine innige Beziehung, da sie beide viel arbeiteten, und das noch zu den unmöglichsten Zeiten. Es war schwierig, aber Rose war der festen Überzeugung, dass Daniel sie liebte. Er war charmant, höflich und rief sie regelmäßig an. Daniel war in der Immobilienbranche tätig und sein Terminkalender quoll über. Kurz gesagt, er war ein Workaholic! Im Grunde genommen war sie das auch. Tagsüber ging sie zur Schule, um eine Lehre als Grafikdesignerin zu machen, und nachts arbeitete sie als Reinigungskraft. Die Wochenenden verbrachte sie mit den Pferden und mit den Jansens. Wenn sie sich mit Daniel verabredete, dann meist sonntags. Rose hoffte, nach ihrer Ausbildung eine Festanstellung zu bekommen, damit sie nachts nicht mehr als Reinigungskraft arbeiten musste.

Daniel und sie könnten sich dann öfter treffen und ihre Beziehung festigen. Blieb dann nur noch die Testamentsklausel. Zu dumm auch, dass Daniel ihr kurz nach Nannas Tod einen Heiratsantrag gemacht hatte. Rose war hin und her gerissen. Sie hing an ihrem “Cottage” und wollte Daniel nicht enttäuschen. Sie hatte um Aufschub gebeten, bis sie mit ihrer Lehre fertig war und schlug ihm vor, erst einmal zusammen zu ziehen und ihre Beziehung auf Alltagstauglichkeit zu testen. Daniel hielt nicht viel davon. Er wollte sie sofort heiraten, alles andere würde sich ergeben. Rose war sich da nicht sicher. Sie liebte Daniel, aber sie wollte auch nichts überstürzen. Ein kleiner Funke namens Zweifel, hinderte sie daran diesen Schritt zu wagen.

Gleich nach ihrer Rückkehr aus den Staaten wollte sie das Thema angehen und sich mit Daniel eine gemeinsame Wohnung suchen. Sie wollte nicht im “Cottage” mit Daniel leben, aus Angst sie könnte es entweihen und den Unmut ihrer verstorbenen Nanna hervorrufen.

Ihre Koffer standen fertig gepackt bereit. Jedes Jahr zum 09/11 flog sie zu ihrer Granny nach New York City. Um genau zu sein, nach Brooklyn. Dort hatte sie mit ihrem Vater bis zu ihrem dreizehnten Lebensjahr gelebt. Dann kamen die Anschläge. Rose war von jetzt auf nachher Vollwaise. Ihre Mutter starb bei ihrer Geburt und ihr geliebter Vater bei den Anschlägen. Er war Feuerwehrmann und kam bei dem Versuch Menschenleben zu retten, selbst ums Leben. Eine Ironie des Schicksals. Ihr Vater, ein Ire, stammte aus einer großen Familie. Jedes Jahr im September traf Rose alle