S e h n e n  bis Z u l e t z t - Markus Dosch - E-Book

S e h n e n bis Z u l e t z t E-Book

Markus Dosch

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Beschreibung

Die ‚Erotischen Erzählungen’ dieses Bandes spiegeln die Vielfalt der Erotik und der Sexualität wider. Erotik und Sex als wohl eines der tiefgreifendsten Erlebnisse und Mysterien des Menschen zu allen Zeiten. Mit grosser Offenheit und mit eindeutiger Sprache werden die endlosen Versuche geschildert, sich im Labyrinth der Gefühle und der Emotionen zurecht zu finden. Sexualität - für viele Menschen aber auch eine Pforte um zu einem enorm gesteigerten Lebensgefühl und zur Ekstase zu gelangen. Und jedes Alter, jede Generation ist aufgerufen, dieses ‚endlose Sehnen’ für sich zu entdecken und Erfüllung oder Scheitern der Liebe zu erleben.

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Seitenzahl: 165

Veröffentlichungsjahr: 2012

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Impressum

© 2009 Markus Dosch

2. Auflage 2009

Covergestaltung Petra Hoch-Dosch

Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH,

Norderstedt

ISBN: 978-3-839-17655-9

Inhalt

Arrangement zu Dritt

Bodyguardinnen

Computer-Lady

Daheim wartet Gwendolyn

Yonca, Onkel Kemal und der Nazi

Eine Bargeschichte

Sehnen bis Zuletzt

Esmeralda

Eva

Fatima auf der Station

Hinter der Grenze

Im Coupé

Lady oder Biest

Mallorca

Nur ein Kuss

Schlafzimmer türkis

Zuttos Traum

Zwei Mädchen aus Dachau

Abschied

Arrangement zu Dritt

Sollte sie nun ‘Herr Mauer’ zu ihm sagen oder einfach ‘Bertold’? Das war gar nicht so einfach; sie wollte nicht allzu förmlich zu ihm sein, ihn aber auch nicht ermuntern, sich Freiheiten ihr gegenüber herauszunehmen. Da tat sich Renate wohl leichter, denn sogar ein Blinder konnte sehen, wie sie ihn umschwänzelte und ihm nicht von der Seite wich, wenn es ging. Sie, Elisa, hatte jedoch den Eindruck, dass er nicht so recht zog, Renate auf Distanz hielt und sich mehr ihr zuwandte. Es ging sogar so weit, dass er sie an sich zog, wenn er ihr in den Mantel half. Nicht so auffällig für die andern, aber für sie doch unverkennbar. Nun waren sie zu dritt in Augsburg gelandet, bei einem Seminar der Firma, und sie musste zusehen, wie sie mit den beiden anderen fertig wurde. Sie betrachtete sich im Spiegel und war eigentlich ganz zufrieden mit ihrem Body und ihrem Make-up. Schon elegant, aber nicht übertrieben, nicht schön, aber apart. Nur ihre widerspenstigen Haare machten ihr zu schaffen – zu aufgebauscht, nicht zu ihrer Erscheinung passend. Sie musste nochmals mit dem Friseur reden. War Bertold in sie verliebt? Oder machte er ihr den Hof, weil in der Firma keine andere war, die ihm zusagte? Schwer zu sagen. Sie überlegte sich, wie sie ihn weiter behandeln sollte: ganz cool oder ein wenig entgegenkommend? Auf keinen Fall wollte sie mit ihm eine Beziehung eingehen, nein, das kam überhaupt nicht in Frage. Sie durfte ihn auch nicht wegstoßen, ihn nicht brüskieren, denn was verbarg sich hinter seinem glatten Yuppie-Aussehen und seinen smarten Redensarten?

Sie sah auf die Uhr. Bald würde Renate kommen, um mit ihr zu verabreden, wie sie den heutigen Abend gestalten sollten. Irgendwohin ausgehen, in ein gutes Lokal oder in ein Variété?

Als es läutete, warf sie noch einen flüchtigen Blick in den Spiegel und stöckelte zur Eingangstür. Es stand aber nicht Renate draußen, sondern Bertold. Damit hatte sie nicht gerechnet. Frauen waren einfach nie pünktlich, das wusste sie eigentlich selbst am besten.

“Hallo, Frau Seitz!” Bertold hielt kurz inne und betrachtete sie. Etwas ungeniert, wie sie empfand.

“Ja, hallo, Herr Maurer, Sie schon hier! Ich habe eigentlich Frau Kroll erwartet.”

Bertold grinste und sagte langsam: “Ich hoffe, ich habe Sie nicht unangenehm überrascht mit meinem Besuch. Ich wollte…” Er kam leicht ins Stottern, “…ich wollte Sie mal alleine sprechen.” Er drängte sie in den langen Gang des Hotelzimmers, und sie hatte das ungute Gefühl, dass er eventuell versuchen würde, diese Situation auszunutzen.

Sie hastete an den kleinen Tisch des Zimmers und hielt sich an der Kante fest. Das gab ihr ein wenig Sicherheit, da Bertold ein Stück vor dem Tischchen stehen blieb und aus seiner Managertasche ein paar Papiere hervorzog.

Bertold lächelte und sagte: “Warum so förmlich, Elisa? Sagen Sie doch Bertold zu mir. Das ist für uns beide doch viel einfacher. Mit Frau Kroll, also mit Renate, hat das schon geklappt. Sie war damit gleich einverstanden.”

Ja dachte sie, das wundert mich nicht, wo sie doch auf dich so steht. Mein Gott, was war schon dabei, wenn sie sich beim Vornamen nannten. Das Duzen wollte sie jedenfalls nicht so schnell hinnehmen. Das konnte er ja mit der anderen machen. “Ja, gut”, flüsterte sie, “wir können das machen, Bertold.”

Sie lachten beide, als ob sie ein ganz besonderes Problem gelöst hätten, und Bertold legte die Blätter auf den Tisch. “Am besten, ich komme gleich zu Ihnen hinüber, Elisa. Dann können wir die Unterlagen gemeinsam ansehen.” Im Nu stand er neben ihr und drückte sich ziemlich dicht an ihre Seite.

Was sollte sie tun? Ihn zurückweisen? Sie roch sein ziemlich aufdringliches Parfüm. Sie hasste Männer, die sich mit Parfüm einschmierten. Was wollten sie damit verbergen? Ihren Stallgeruch oder ihren Minderwertigkeitskomplex? Sie rückte etwas weg von ihm und er blieb stehen und verzog sein Gesicht zu einem leichten Grinsen, als wollte er sagen: ‘Warum haben Sie Angst vor mir, Elisa? Ich bin doch ganz harmlos, wir sind doch Kollegen in einer Firma und müssen zusammenhalten.’

Was war nur mit Renate los? Warum kam sie nicht wie verabredet? Und wenn er sie nun aufs Kreuz legte? Sie strich sich die Haare zurück und atmete tief ein und aus. War sie nun ganz verrückt geworden? Der Kerl da neben ihr war doch wirklich handsam, kein Ungeheuer. Sie musste keine Angst vor ihm haben – er würde doch seine Position in der Firma nicht aufs Spiel setzen. Niemals. Sie kannte diese Sorte von Männern nur zu gut. Im Grunde waren sie Feiglinge, hatten selbst Angst vor Frauen und brachten im Bett nichts zustande.

“Sehen Sie, Elisa”, sagte Bertold, “es gibt einige Abteilungen bei uns, die können einfach mit den Kosten nicht umgehen. Soll die Firma einige Leute hinauswerfen, nur weil die Abteilungsleiter Dummköpfe sind? Das kann es doch nicht sein, oder sehen Sie das anders?” Er grinste wieder und beugte sich über die Blätter.

“Ich hoffe, Bertold, dass meine Abteilung davon nicht betroffen ist, oder wollen Sie mich auch ‘hinauswerfen’?” Für einen Augenblick wurde es ganz still im Raum, und sie hörte das Gurren der Tauben auf dem Fenstersims draußen und das Rumpeln eines schweren Fahrzeugs auf der Straße weit unten.

Sie sah, wie sich seine Augen zusammenzogen. Er presste hervor: “Wie können sie sowas sagen, Elisa? Kennen sie mich so schlecht, dass Sie mir sowas zutrauen?” Er atmete tief aus. “Ich will Sie doch beschützen, haben Sie das noch nicht bemerkt? Ich … ich …” seine Augen verschleierten sich, er schaute Hilfe suchend zur Decke des Zimmers und klopfte dann auf die Papiere auf dem Tisch. “Das betrifft Sie nicht, ganz und gar nicht, nicht im Geringsten. Sie müssen mir vertrauen, Elisa.” Plötzlich ließ er sich auf den Stuhl fallen und seufzte tief auf. Er sackte zusammen und stotterte: “Elisa, Sie müssen mir helfen. Sehen sie denn nicht, wie es um mich steht?” Er drehte sich zu ihr, und sein Gesicht zeigte auf den Wangen rote Flecken. Wollte er ihr hier eine Szene machen?

Sie empfand nichts für ihn. Wo blieb denn Renate? Herrgott, wo blieb sie nur?

Er schluchzte: “Als Kind hat man mich nicht geliebt, alle haben mich gehasst, alle, alle - am meisten meine Mutter.” Ruckartig stand er auf und schrie: “Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr! Nur Sie können mir helfen, Elisa, nur Sie!”

Mein Gott, dachte sie, was soll ich nur machen mit ihm? Er wird sich doch nicht an mir rächen wollen wegen seiner Mutter!

Er trat einen Schritt auf sie zu, und sie sah das böse Funkeln in seinen Augen. Sie wich zurück und spürte den kalten Druck des marmornen Fensterbretts. Da läutete es, und sie rief: “Das ist sicher Renate! Ja, ja! Es ist Renate!” Gott sei dank – gerade zur rechten Zeit!

Sie rannte zur Tür, so schnell, dass sie beinahe ihren linken Schuh verloren hätte. Als sie Renate vor der Tür stehen sah, wäre sie ihr am liebsten um den Hals gefallen, so erleichtert war sie. Nun war sie nicht mehr allein mit dem Jammerlappen, der sich so hatte gehen lassen. Zugleich empfand sie aber ein gewisses Mitleid mit ihm, denn sie wusste aus eigener Erfahrung, wie einem die Liebe zusetzen konnte. Die Zeitungen standen voll von Berichten über die abscheulichsten Verbrechen, die aus verschmähter Liebe getan wurden. Nicht nur von Monstern, sondern von Leuten wie sie und …

“Hallo, Frau Seitz!”, rief Renate gut gelaunt, “entschuldigen Sie die Verspätung; ich musste einfach noch zum Shoppen. Es gibt hier unglaublich gute und billige Sachen, so sind halt die Schwa…” Sie hielt inne, als sie Bertold erblickte.

Ihr Gesicht verfinsterte sich, und Elisa meinte, eine Spur von Enttäuschung in ihren Augen zu erkennen. Renate ging auf Bertold zu und gab ihm die Hand.

Er versuchte ein Grinsen, aber er brachte nur eine Grimasse zustande und flüsterte: “Hallo, Renate, Elisa hat mir schon gesagt, dass du auch kommen würdest. Wir … wir …” Wieder kam er ins Stottern, und wieder breiteten sich über seine Wangen rötliche Flecken aus. “Wir haben die Kostenprobleme der Abteilungen eruiert, nicht wahr, Elisa? Schaut wirklich nicht überall gut aus.” Er deutete auf die Papiere auf dem Tisch.

Renate wandte sich zu Elisa um und zischte: “Ja, das finde ich nun aber wirklich super. Hier im Hotelzimmer müsst ihr euch diese blöden Kosten anschauen, wirklich prima.”

Ah, sie hätte es voraussehen können. Renates Schwarm hier bei ihr im Zimmer, dümmer hätte es nicht kommen können. Jetzt war natürlich ihre ganze gute Laune von der Begrüßung weg, und ihre Eifersucht war angestachelt worden. Ja, sie war wirklich eifersüchtig auf sie, Elisa. Nur weil sie mit diesem Langweiler zusammen war. Und dass es geschäftlich war, das würde sie ihr nie und nimmer glauben! Eine total verfahrene Situation.

“Frau Seitz, wo ist hier das Klo? Ich muss mal.” Renate verschwand im Gang und ließ ihre Tasche halb geöffnet auf dem Fensterbrett stehen. Elisa blickte, ohne dass sie es wollte, in die Tasche. Sehr elegant, schwarz, mit einem super Futter, wohl Seide oder Samt. Dann sogen sich ihre Augen an einem Fläschchen fest. Es war nicht sehr groß, halb voll von einer dunklen Flüssigkeit, und plötzlich drang ihr ins Bewusstsein, dass ein Etikett mit einem Totenkopf auf der Flasche klebte. Was sollte das? Ein Fläschchen mit einem Totenkopf! Wollte Renate sich umbringen? Wegen Bertold vielleicht? Warum trug sie nur solch ein Gift mit sich herum? Hier gab es doch keine Ratten oder Mäuse zum Vergiften! Oder…?

Ihr wurde schwindlig. War das Gift etwa für sie, Elisa, bestimmt? Nein, nein, das war eine Ausgeburt ihres Hirns. So was macht man doch nicht! Unter keinen Umständen! Aber wenn man daran ganz normal starb? Einfach an Herzstillstand? Kein Arzt würde ihr etwas nachweisen können. Sie musste sich anlehnen, und ihre Beine zitterten so, dass sie meinte, nicht mehr stehen zu können. Sie musste sich zusammenreißen, das war doch alles Blödsinn.

Dann war Renate wieder neben ihr und bemerkte die halb geöffnete Tasche. Hastig zog sie sie an sich und verschloss sie mit einem Ruck. Elisa sah ihr in die Augen, sie waren kalt und finster, abweisend und böse.

Dann rief Renate: “Kinder, was machen wir heute Abend? Ich habe ein Super-Lokal entdeckt, jede Menge guter Ankündigungen und gar nicht teuer. Und ich denke, dass auch gute Männer kommen. Wäre das nichts für uns?”

Bertold sah zu Elisa. “Ja, warum nicht”, sagte er. “Ich werde schon jemanden finden, mit dem ich mich amüsieren kann.”

“Bertold.” Renates Stimme wurde weich. “Sie wissen doch, dass … dass wir drei uns gut verstehen, nicht wahr, Elisa, äh, Frau Seitz?”

“Sagen Sie ruhig Elisa zu mir, Bertold und ich haben uns auch darauf geeinigt, uns mit Vornamen anzureden. Es wird bestimmt prima, wenn wir zusammen gehen.”

“Ja. Ja, das muss gefeiert werden, wir drei nicht nur im Dienst der Firma.”

Wie sich dieses Luder verstellt! Läuft mit einer Flasche voll Gift herum und will weiß Gott was damit anfangen. Und ich marschier’ gutgläubig mit. Der Kerl will nicht sie, sondern mich, nur mich – und sie will nur ihn, nur ihn.

Noch konnte sie nein sagen, einen plausiblen Grund vorschieben. Nein, nicht Kopfschmerzen, keine Periode oder sonst etwas. Aber es ging nicht, sie musste gute Miene zum bösen Spiel machen. War vielleicht alles nur in ihrer Einbildung vorhanden? In ihrer überreizten Fantasie? Zu viele Krimis gelesen oder zu viele Morde im Fernsehen inhaliert? Sie musste nur aufpassen bei den Getränken. Sie durfte die Tasche mit dem Fläschchen nicht aus den Augen verlieren. Und was war mit Bertold? Wie würde er reagieren auf die gespannte Situation? Sie freute sich schon auf die Tänze mit ihm. Er würde versuchen, sie ganz dicht an seinen Körper zu pressen, sie zu küssen, wenn er genug intus hatte und glaubte, sie wäre mürbe geworden. Dass er Renate vor den Kopf stieß, das war ihm wohl völlig wurscht. Sie musste ja auf beide aufpassen. Sie musste das Gleichgewicht halten. “Ja, also gut, wir gehen heute zu Dritt und werden uns sicher gut amüsieren. Aber jetzt bin ich abgespannt und müde. Wann wollen wir uns treffen?”

“Wir holen dich ab, Elisa”, sagte Renate, “hier bei dir im Foyer. Kommst du mit, Bertold? Trinken wir irgendwo noch eine Tasse Kaffee?”

Bertold nickte bekümmert und verabschiedete sich förmlich mit einem angedeuteten Handkuss von ihr. Dann war sie wieder allein und warf sich aufs Bett. Sie würde es schon überstehen, das Arrangement zu dritt. Sie war schließlich kein heuriger Hase mehr, und morgen würden sie alle wieder abreisen. Endlich nach Hause.

*

Todmüde war sie nach der Party ins Bett gefallen. Es war halb drei geworden. Alles war einigermaßen gut gelaufen. Das Fläschchen war nicht zum Einsatz gekommen, und Bertold hatte sic ganz charmant benommen. Natürlich konnte sie Renates Tasche nicht dauernd beobachten. Sie fühlte sich aber gut, keine Übelkeit im Magen. Sie musste laut lachen. Es gab kein Gift, das so lange brauchte, dass es erst nach Stunden wirkte. Und sie hatte Renate weiß Gott keinen Grund zur Eifersucht gegeben. Eher schon war Bertold sauer, denn sie ließ ihn nicht zu nahe an sich herankommen. Das Übrige erledigte Renate für sie. Je später es wurde, um so öfter hing sie an Bertold und begrapschte ihn ohne Hemmungen. Und sie, Elisa, kicherte im Bett über sein Gesicht, das immer länger und wütender wurde.

Sogar im Taxi hatte sie es so arrangiert, dass Bertold hinten mit Renate zu sitzen kam und sie selbst vorne beim Fahrer saß.

Dann läutete es. War das bei ihr? Im Nu war sie hellwach. Ja, das war eindeutig an ihrer Tür. Wer wollte um diese Zeit noch zu ihr? Es war ein Läuten wie in einem Kinokrimi, intensiv, schrill und durchdringend. Wer stand da draußen vor der Tür.

Sollte sie aufmachen? Sie hatte doch auch ein recht auf ihren Schlaf. Plötzlich lief ein kalter Schauer über ihren Körper, und sie wühlte sich ins Bett und zog die Zudecke über den Kopf. Doch immer wieder hörte sie dieses Läuten, fordernd und unerbittlich, und sie wusste mit einem Mal, wer da draußen war und wer da wartete, dass sie ihn einließ.

Bodyguardinnen

Man muss seiner Zeit immer einen Schritt voraus sein. Neue Ideen sind gefragt, natürlich auch die schon reichlich abgedroschene Kreativität und ein Feeling für das etwas Exotische.

Da ich durch einige finanzielle Transaktionen der neue Präsident eines namhaften Partyunternehmens geworden war, musste ich natürlich unbedingt einen Personenschutz haben. Ich wollte mich ja nicht wegen meines Reichtums durch irgendwelche fanatischen Kerle vorzeitig unter die Erde bringen lassen.

Bei einer der langweiligen Vorstandssitzungen kam mir dann die Erleuchtung: Warum nicht Frauen eine Chance geben? Überallhin haben sie sich schon emanzipiert: als Jägerinnen, als Schornsteinfegerinnen, als Feuerwehrfrauen und als Soldatinnen, mit rußgeschwärzten Gesichtern durchs dichte Unterholz unserer heimischen Wälder kriechend, als Posaunistinnen in männerverseuchten Symphonieorchestern und neuerdings sogar als geweihte Priesterinnen der katholischen Kirche.

Nein, sagte ich mir, keine männlichen Bodyguards! Ich wollte meiner Zeit vorausgehen, ein sozialpolitisches Signal geben. Also gab ich eine Anzeige in einer überregionalen Zeitung auf, dass ich vier ‘weibliche Bodyguards’ suchte, die mich, den Präsidenten eines etablierten Partyunternehmens, ‘beschützen’ sollten.

Ich hatte eine Lawine von Zuschriften losgetreten, wie ich es nie erwartet hätte. Hunderte von Briefen, sogar mit Heiratsangeboten, erreichten mich, so dass meine Sekretärin nur die Hände über dem Kopf zusammenschlug. Ich wertete es aber als gutes Zeichen, hatte ich doch anscheinend eine Marktlücke entdeckt.

Nach einem strengen Ausleseverfahren blieben noch viele Bewerberinnen übrig, die sich durch Lebensläufe, Perspektiven und Fotos empfohlen hatten. Die abgewiesenen Bewerberinnen wurden durch nette Schreiben vertröstet auf die positive Zukunft, die von meinem Vorstoß in der aufgewühlten Öffentlichkeit zu erwarten war.

Die erste Dame, die sich vorstellte, war eine robuste, eher grobschlächtige Person. Als Leumund konnte sie nachweisen, dass sie bei Wirtshausschlägereien die kräftigsten Kerle auf den Rücken geworfen hatte. Ihr Ruf als Rauferin war in einschlägigen Kreisen sehr bekannt, um nicht zu sagen, berüchtigt. Sie hatte Hände wie die früheren sprichwörtlichen Scheunendrescher, enorme Muskelpakete und blitzschnelle Reaktionen. Ich war sehr beeindruckt, hatte aber auch ein wenig Furcht vor ihr, wenn ich mit ihr allein war. Sie wich nicht mehr von meiner Seite, was mir den Ruf eines nicht sehr wählerischen Gentleman einbrachte. In Gesellschaft spottete man schon über mich. Sie hieß mit bürgerlichem Namen Adrienne Winter, ihr ‘Künstlername’ lautete ‘Die Schmeißerin’, durchaus auch berechtigt.

Die zweite hieß Nadine Leuchtenberg, war eher unauffällig, hatte auch keinen Künstlernamen. Sie bewegte sich in meinem Architekturensemble wie ein Fisch im Wasser, war überall und nirgends, aber die Zuverlässigkeit in Person. Sie war schon in aller Frühe unterwegs, so ab fünf Uhr morgens, und tauchte wie ein Phantom schier aus dem Nichts auf. Einbrecher und Diebe hatten gegen sie keine Chance, da sie natürlich auch alle Griffe und Tricks der Selbstverteidigung beherrschte. Sogar meine Sekretärin lobte mich für diesen Glücksgriff, wie sie es formulierte.

Es folgte eine ganz normale Person, nicht hübsch, aber auch nicht hässlich. Ausschlag gebend waren ihre Zeugnisse, die sie als ‘Boxerin’ erworben hatte. Zuerst waren es nur Kolleginnen gewesen, die sich mit ihr gemessen hatten, dann aber räumte sie auch im männlichen Boxring auf. Ihre K.O. Siege waren beeindruckend, namhafte Gegner waren ihr unterlegen, doch sie wurde mehr als exotisches Phänomen betrachtet, das darauf aus war, ins Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen zu werden. Bei mir war sie am rechten Platz, und ich war einfach hingerissen von ihr, als sie in meiner Gegenwart einem gefürchteten Profischläger eine solche Portion Doppelschläge in die Fresse platzierte, dass er stehend K.O. ging und mit eingezogenem Schwanz davonschlich. Und als ich mal bei ihren täglichen Übungen zu nahe an den Sandsack geriet, hätte mich um Haaresbreite einer ihrer weit ausholenden Schwinger erwischt, so dass ich wohl für einige Zeit ins Reich der Träume entschwunden wäre.

Die vierte und letzte der Damen war eine richtige Überraschung: Sie war ausnehmend hübsch, sogar als bildschön zu bezeichnen, mit einer tollen Figur, so dass ich mit ihr in der Öffentlichkeit so richtig angeben konnte. Ihre langen, blonden Locken fielen wie ein Wasserfall über ihren Rücken, und sie war mit allen Wassern der Verführungskünste gewaschen. Ich hatte sogleich verstanden, dass ihr großer Vorteil darin bestand, dass sie die abgebrühtesten Angreifer innerhalb kurzer Zeit dermaßen verrückt machte, dass sie jede Angriffslust auf mich vergaßen, ihren Auftraggeber verrieten und nur noch Augen für meine Beschützerin hatten. Sie fraßen ihr buchstäblich aus der Hand, wie man so sagt, und wurden nach ihrer Kaltstellung ebenso kaltblütig von ihr abserviert. Sie hatte nur einen Fehler: Ich verliebte mich unsterblich in sie. Da sie ebenfalls dauernd um mich war, hatten die anderen Damen keinerlei Chancen auf eine erotische Annäherung zu mir. Ich schlich ihr heimlich nach, wenn sie einen der Bösewichter bezirzte, ihn an sich heranließ oder ihn sogar zu Küssen animierte. Wohlgemerkt zu Küssen, die ja ihr Handwerkszeug waren. Ihr Name Clarissa klang so süß in meinen Ohren, ihre Stimme war so erotisierend, dass ich jede Haltung verlor und mich am liebsten wie ein Bettvorleger vor ihr ausgebreitet hätte. Ja, sie sollte mich treten mit ihren zarten Füßchen, mir weh tun, nicht zu fest, aber doch so, dass ich vor Freude gejauchzt hätte. Eine Zeitlang verbarg ich meine stille Leidenschaft vor ihr und den andern. Einmal jedoch geriet wieder einer dieser Promikiller in ihren Bann, ein Kerl wie ein Adonis, muskulös und mit seinem Waschbrettbauch wie ein Supermodel, so dass man ihm eine solch bösartige Mentalität nie zugetraut hätte. Und meine Clarissa schien seinem hinterfotzigen Charme zu erliegen!