Schafft die Vereinigten Staaten von Europa - Richard Ellerkmann - E-Book

Schafft die Vereinigten Staaten von Europa E-Book

Richard Ellerkmann

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Beschreibung

Richard Ellerkmann, der als 90-Jähriger noch das Ende des Zweiten Weltkrieges als Flakhelfer erlebte und als Botschafter für Deutschland diente, appelliert an die Jugend von Europa, sich für die Vereinigten Staaten von Europa einzusetzen. Nur ein europäischer Staatenbund kann die drei großen Herausforderungen, vor denen Europa steht, bewältigen: die Rückkehr des Krieges als Machtinstrument, Virenpandemien, die grenzenlos sind, und die bevorstehende Klimakatastrophe. In zehn Thesen skizziert der Autor die Voraussetzungen für ein Vereinigtes Europa.

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Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhaltsverzeichnis

Gedanken eines 90-Jährigen

Zehn Thesen für eine friedfertige und fortschrittliche Zukunft Europas

Impressum

Gedanken eines 90-Jährigen

1. Es ist wieder Krieg in Europa. Nach einem Jahrhundert der Weltkriege hatte man geglaubt, der Friede sei für die überschaubare Zukunft gesichert. Nach nur 77 Jahren ist der Traum verflogen. Der Neo-Imperialismus ist wiedererwacht. Eine europäische Großmacht glaubt, mit militärischen Mitteln nationale Ansprüche durchsetzen zu können. Die Gefahr besteht, dass der regionale Konflikt in einen neuen Weltkrieg mündet, der vor dem Einsatz atomarer, biologischer, chemischer Waffen nicht zurückschreckt. Dies gilt es zu verhindern, wenn wir überleben wollen. Die Jugend fragt, welche Erfahrungen die Großeltern, sofern sie noch leben, im letzten Krieg gemacht und welche Ratschläge sie zu geben haben, um einen Dritten Weltkrieg zu vermeiden und den Frieden zu retten.

2. Ich bin 94 Jahre alt. Ich gehöre der sogenannten „Flakhelfergeneration“ an, die im Zweiten Weltkrieg noch als Soldat, im Volkssturm oder als Flakhelfer Kriegsdienst zu leisten hatte. Wir sind im Krieg groß geworden und haben Elend und Schrecken eines Weltkrieges am eigenen Leib erfahren. 1945 lag Deutschland in Schutt und Asche. Drei der reichsten Provinzen im Osten waren verloren, zwölf Millionen Deutsche suchten als Flüchtlinge eine Bleibe, bis zu 50 Millionen Menschen hatten ihr Leben verloren. Viele waren verzweifelt, nicht wenige hungerten. Unser Selbstwertgefühl hatten wir durch den millionenfachen Mord an der jüdischen Bevölkerung und den Überfall auf unsere Nachbarn eingebüßt. Eine kluge Politik ließ indessen schnell ein demokratisches Staatswesen entstehen, das die Aussöhnung mit den Nachbarn anstrebte und Frieden und Freiheit in den Mittelpunkt aller Politik stellte. Eine großzügige amerikanische Hilfe, der Marshall-Plan, machte einen wirtschaftlichen Aufstieg möglich, den man später das deutsche „Wirtschaftswunder“ nannte.

3. Aber es war kein Wunder. Es war harte Arbeit für jedermann und jedefrau, die „Trümmerfrauen“ genannt wurden. Das Jahrhundert der Weltkriege lag hinter uns. „Nie wieder Krieg“ war unser Credo. Ein Krieg sollte nie wieder unser Leben beherrschen. Der Weg dorthin war für uns ein Vereintes Europa. Ermutigt wurden wir von Staatsmännern wie Adenauer, de Gaspari, de Gaulle, insbesondere aber von Winston Churchill, dem britischen Ministerpräsidenten und Sieger des Zweiten Weltkrieges. Im Herbst des Jahres 1946 hatte er in einer Rede vor Studenten der Universität Zürich die Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa vorgeschlagen, allerdings ohne Großbritannien.

4. Aber dazu sollte es nicht kommen. Man schuf eine Wirtschaftsgemeinschaft, eine Montan-Union, eine Gemeinschaft für Atomenergie, eine Investitionsbank, eine Kommission, ein Parlament, eine Währung und zahlreiche andere gemeinschaftliche Einrichtungen. Aber ein handlungsfähiges Europa wurde nicht geschaffen. Man beschränkte sich auf Vertiefung und Erweiterung der Gemeinschaft. Aber das genügte nicht, um im Weltgeschehen wirklich gehört zu werden und mitwirken zu können. Europa war zudem durch den Eisernen Vorhang geteilt und nicht alle Staaten Westeuropas beteiligten sich. Und wenn es wirklich ernst wurde wie 1952 bei der Verteidigungsgemeinschaft (EVG) oder 2004 bei dem Verfassungsvertrag, scherten wichtige Länder aus oder verließen sogar die Gemeinschaft wie Großbritannien 2020.

5. Die Vereinigung Europas ist leider Stückwerk geblieben. Dies ist im Augenblick besonders verhängnisvoll, nachdem der Krieg wider alles Erwarten erneut Einzug in Europa gehalten hat. Russland hat einen friedfertigen Nachbarn, die Ukraine, überfallen und führt einen blutigen und brutalen Vernichtungskrieg. Es ist nicht so, als habe es seit Ende des Zweiten Weltkriegs keine Kriege gegeben: Wir erlebten einen bitterbösen Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien, drei Golfkriege, zwei Afghanistan-Kriege, einen Koreakrieg und einen endlosen Vietnam-Krieg. Daneben fanden zahlreiche kriegerische Auseinandersetzungen in Afrika und im Orient statt, die aus ethnischen oder religiösen Gründen geführt wurden. Aber diese Konflikte lagen in der Ferne oder rührten uns nicht, obwohl der Bürgerkrieg in Jugoslawien vor unserer Haustür uns hätte wachrütteln müssen. Stattdessen haben wir weiter abgerüstet, bis die größte Landstreitmacht Europas, Deutschland, nur noch über 95 einsatzfähige von 244 Panzern und über vier flugbereite Eurofighter von 128 Maschinen verfügte und keines der sechs U-Boote tauchfähig war. Und nun ist die Gefahr eines Dritten Weltkrieges nicht mehr weit. Gerede über den Einsatz von ABC-Waffen lässt Böses ahnen. Weitere Nachbarn Russlands fürchten um ihre Grenzen. Die Bundeswehr wäre im derzeitigen Zustand kaum in der Lage, ihren Aufträgen der Landesverteidigung oder unseren Bündnis-verpflichtungen in vollem Umfang nachzukommen.

6. Was während der Periode der Abrüstung und der Rüstungskontrolle geboten war („Frieden schaffen ohne Waffen“, „Wandel durch Annäherung“) und uns während des Kalten Krieges den Frieden sicherte, erweist sich jetzt als Schwäche gegenüber einem Vertragspartner, der sich an Regeln der Rüstungskontrolle und Abrüstung nicht gebunden fühlt, so der Verstoß gegen den INF-Vertrag (Intermediate- Range Nuclear Forces), der landgestützte Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von 500 bis 5000 Kilometer verboten hatte, aber von Russland spätestens mit der Modernisierung ihrer SS-26 Iskander Raketen unterlaufen wurde. Seither kann Russland nicht nur Ost- und Mitteleuropa, sondern fast alle westeuropäischen Städte mit Mittelstreckenraketen bedrohen. Auch die NATO-Russland Grundakte von 1997 wird von Russland in fast allen Punkten gebrochen; ebenso das Minsker Abkommen, das eine friedliche Regelung des Ukraine-Konflikts bringen sollte.

7. Was ist zu tun? Wenn ich von der Jugend gefragt werde, habe ich nur eine Antwort: Schafft die Vereinigten Staaten von Europa. Nur so lassen sich die drei Krisen meistern, von denen unsere Existenz ernsthaft bedroht ist: die Rückkehr von Kriegen zur Durchsetzung nationaler Ansprüche, tückische Virenpandemien, die keine Grenzen kennen und ein Klimawandel, der eine Gefahr für die gesamte Menschheit bedeutet. Kein Land der Erde kann auch nur eine dieser Krisen allein bewältigen. Auch keines der 45 europäischen Länder. Nur gemeinsam können Leben, Freiheit und Sicherheit unserer Kinder und Enkelkinder gerettet werden. Und dies muss jetzt geschehen. Wann war für Europa der Zusammenschluss zu einem Bundesstaat dringlicher als heute?

8. Eine lockere Konföderation, eine politische Union, eine Allianz der Nationen, ein Europa der Vaterländer, ein Staatenbund würde den künftigen Anforderungen nicht gerecht. Es kann nur ein Bundesstaat mit starker Exekutive, mit einer präsidialen Demokratie in Frage kommen, nach dem Vorbild Frankreichs oder der Vereinigten Staaten von Amerika, ein Europa das souverän, geeint und demokratisch ist.

9. Unsere Generation hat viel geleistet. Auf den Wiederaufbau unseres Landes können wir stolz sein. Es war harte Arbeit mit vielen Tagen des Glücks aber auch der Enttäuschungen. Es wurde nicht alles erreicht.

---ENDE DER LESEPROBE---