4,99 €
Schatten Die Dunkelheit ist seine Welt. Wenn die Nacht über die weiten Wälder hereinbricht, wird der Schatten zu einer tödlichen Gefahr – für alle, die seine Liebsten bedrohen. Das Licht des Mondes ist nicht mehr nötig, um seinen Weg zu finden, er kennt jeden Baum und Strauch in dieser Welt. Einem unheimlichen Schemen gleich huscht er über die vertrauten Pfade. Er verbreitet die Kälte des Todes, verteilt das Blut seiner Feinde. Schreie hallen durch die nächtlichen Stunden, wenn seine Opfer gefunden werden. Kann er es schaffen, die Seinen zu beschützen? Eis Einer Eisprinzessin gleich schwebt die schöne Blondine in ihrem Glitzerkleid über die Tanzfläche des Ballsaales. Pamela umgibt sich mit eisiger Kälte und abweisendem Stolz, um alle von sich zu halten, wirkt eisig und unnahbar. Falsch und morbide erscheint ihr die Welt der High Society, genauso unecht wie das Lächeln ihres Verehrers. Langeweile und Ungeduld dämpfen jede Freude an dem rauschenden Fest. Ihr Leben ist so öde, so leer und berechenbar. Sie sehnt sich nach einem Abenteuer – nicht ahnend, wie dicht es ihr auf den Fersen ist. Stille Der ruhige Russe sitzt angespannt und finster am Tisch seiner Familie. Bogdan schweigt und beobachtet. Seine stille Art macht es allen schwer, ihn zu verstehen und jetzt hat er nur noch Augen für die Blondine, die da am Arm eines anderen Mannes über die Tanzfläche gleitet. Sie ist sein Ziel, die einzige richtige Person für die wichtige Aufgabe. Und niemand wird ihn daran hindern, sie in seine Fänge zu bekommen. Nur sie kann seine Welt wieder in Ordnung bringen. Menschen reden auf ihn ein, die verschiedenen Sprachen mischen sich in seinem Kopf und seine Miene wird immer düsterer. Er muss handeln, muss seine Chance ergreifen, wenn es eine goldene Zukunft für ihn geben soll. Ihm ist jedes Mittel recht. Doch ist diese junge Frau, die so nahbar wie ein Eisberg wirkt, wirklich die Richtige für seine Zwecke?
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2021
Inhaltsverzeichnis
Prolog in Russland
Die Eisprinzessin in der Glitzerwelt
Tattoos in einer irischen Bar
Ungezügelte Leidenschaft mit unverhofftem Ende
Die Party der Karanows
Schatten in der Dunkelheit
Eine zweite Chance
Liebevolle Wiedergutmachung
Italienischer Imbiss und seine Folgen
Unterwegs nach Sibirien
Verwirrung und eine erste Nacht
Des Räubers Verderben
Zögernde Kontakte
Melancholie
Nächtlicher Besuch, giftiger Teil
Nächtlicher Besuch, zweiter Teil
Mutiges kleines Mädchen
Kommunikation mit dem Entführer
Tod und Dunkelheit
Dunkelheit und Liebesgeflüster
Ende des Campingurlaubs
Spaghetti und Tomatensauce
Badezeit
Nächtliche Spiele
Kleine Schritte in die Freiheit
Aufbruch der Banditen
Nachtgedanken
Böser kleiner Mann
Flammendes Intermezzo
Einmarsch der Kavallerie
Smaragdring
Kriegsrat und Tod
Zeit der klaren Worte
Bedingungen
Das Leck… Informationen fließen
Das Ende der Schatten und ein neuer Anfang
Ein letzter Ausritt und ein letztes Grab
Impressum
Stille.
Olga zog sich vorsichtig zurück, um ihren Herrn nicht weiter zu stören. Das Scheitern dieses letzten Versuches brach ihr das Herz. Bogdan Karanow, aristokratischer russischer Millionär und gerade der einsamste Mann auf der Welt, war der Verzweiflung nah. Was nutzte ihm all sein Geld, wenn er damit seiner eigenen Familie nicht helfen konnte. Die treue Dienerin warf einen letzten Blick auf die düstere Silhouette des Mannes mit den traurig hängenden Schultern. Seine Wut und Ratlosigkeit schwebten als finstere Aura über dem altehrwürdigen Sommerpalast in der unendlichen Weite Sibiriens. Leise schloss sie die Flügeltüren hinter sich, als sie ihn mit seinem Zorn allein ließ. Der große Russe stand am hohen Fenster und starrte hinaus in die düstere Nacht der sibirischen Taiga, düster und finster, wie sein Geist. Trostlos. Hoffnungslos. Und doch… Helles Mondlicht überstrahlte das weite Land. Seine Heimat lag ruhig und gelassen da, dichte, grüne Wälder, ein endloses Meer aus Lärchen, Fichten, und den wunderbaren Auenwäldern an seinem Lieblingsfluss. Die funkelnden Sterne am klaren Himmel ließen die Sorgen und Probleme der Menschen da unten auf dem kleinen Planeten kalt. Alles wirkte so friedlich, so still. Das Herz wurde ihm ein bisschen weiter, die Schönheit seiner Heimat beruhigte und erdete ihn. Bogdan lehnte seine Stirn an die kühle Glasscheibe und seufzte leise. Der Aufruhr in seinem Innern kam langsam ein wenig zur Ruhe. Alle Wut brachte doch nichts.
Sein Zorn auf den unfähigen Psychologen verflog, als er die dumpfen Vibrationen des Helikopters wahrnahm, der vom weitläufigen Gelände des Sommerpalastes abhob. Fort, weit fort in den Westen, zurück nach Moskau. Der selbstgefällige, arrogante Mann war unbrauchbar, sein Ruf hatte nicht gehalten, was er großmäulig versprochen hatte: professionelle Hilfe. Nichts dergleichen hatte er geleistet. Mit stummer, kaum gebändigter Wut hatte sich Bogdan Karanow angehört, was der fremde Seelenklempner über die kleinen, hilfsbedürftigen Kinder faselte. Wirr seien sie, unfähig zur Kommunikation – was ja wohl in der Familie läge – und entwicklungsgestört. So ein dummer Idiot, darauf war er auch schon gekommen. Dafür hätte es keinen Psychologen aus dem westlichen Teil Russlands gebraucht. Das sahen alle, die mit den Kindern tagtäglich zu tun hatten. Und das Heilmittel? Wegsperren und mit Psychopharmaka ruhig stellen. Es gäbe da fantastische Einrichtungen, Heilstätten für Debile, in der Nähe von Moskau. Im Westen.
Langsam schüttelte Bogdan den Kopf. Nein, es musste einen anderen Weg geben. Ein Plan musste her. Ein neuer, vielleicht verrückter Ausweg. Auf jeden Fall musste er die alten Pfade verlassen. Egal, was ihm die sogenannten Experten geraten hatten: es war falsch gewesen – und dumm und irrelevant. Ein Ansatz aus einem anderen Blickwinkel musste her. Etwas, das er noch nicht versucht hatte. Zunächst einmal wollte er die Kinder in Ruhe lassen. Alles Vertrauen war verbraucht. Sie hatten Angst. Und niemand konnte ihnen erklären, dass das unnötig war. Sie waren in Sicherheit, beschützt und geliebt. Doch sie glaubten es nicht, vertrauten nicht mehr, niemandem, und das tat weh. Er durfte nicht aufgeben, er durfte nicht verzweifeln, denn die Kinder brauchten ihn. Sie hatten niemanden mehr und brauchten seine Hilfe. Er schalt sich einen Narren, die Worte dieses Idioten ernst genommen zu haben. Es galt nach vorne zu schauen, einen Weg zu finden. Westen…
Westen? Da kam ihm ein Gedanke, denn seine Cousins hielten sich doch gerade weit im Westen auf. Westlicher als die USA ginge es ja schon fast nicht mehr. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Dort musste es doch jemanden geben, der ihm und vor allem den kleinen Kindern helfen konnte. All sein Reichtum musste doch zu etwas nütze sein.
Mit einem winzigen Funken Hoffnung setzte er sich an seinen Computer und surfte durch die bunt glitzernde Medienwelt des westlichen Amerika. Der Funke loderte heller, als er auf einen Namen stieß. Und flammte hoch auf, als er das Bild zu dem Namen sah. Blond. Sie war blond, jung und hinreißend schön. Bogdans Puls ging hoch, keuchend holte er tief Luft und ließ seine Fingerspitzen über das Antlitz der jungen Frau auf seinem Monitor streichen, zart und fast schon ehrfürchtig. Wow, sollte eine junge Blondine aus Amerika die Antwort auf all seine Probleme sein? Nun, damit fingen die Probleme doch erst an, Amerika war weit, weit im Westen…
Zufrieden, in seine Gedanken versunken, begann er den Anfang einer langen Reise zu planen. Er ahnte nichts von dem todbringenden Schatten, der ihn und seine Liebsten beobachtete, aus der silbrigen Mondnacht heraus.
Schatten.
Wie verzaubert lag der Sommerpalast im schimmernden Licht des runden Mondes. Nur wenige große Sterne leuchteten am wolkenlosen Firmament der samtdunklen Nacht über den weiten Nadelwäldern Russlands. Der Vollmond schickte die kleinen Sterne schlafen, so sagte man. Schweigend, tief in die Stille der Schatten gehüllt, verborgen unter den mächtigen Bäumen rund um den Park, und doch dicht bei dem Sommer-Palast, stand ein Krieger und beobachtete gelassen den Abflug des Helikopters. Langsam wischte er seinen Dolch sauber. Kein Blut sollte die lederne Scheide an seinem Gürtel beflecken. Er verschwand in der Tiefe des Waldes, das schwere Bündel hinter ihm zog eine breite, rot triefende Spur durch die feine Nadelstreu. Ein zynisches Lächeln verwischte in der Dunkelheit des Waldes. Spione sollten vorsichtiger sein, solange der Schatten wachte.
Eis.
Strahlende Lichter füllten den Saal, überall glitzerte und glänzte es, eine oberflächlich perfekte Welt. Leises Stimmengewirr und gedämpftes Gelächter. Haute Couture und Juwelen aller Art. Prestige und Macht, darum drehte sich diese kleine, elitäre Welt. Klassische Walzertakte füllten gerade die große Halle des Hilton Hotels, und überdeckten die gemurmelten Gespräche. Hunderte der Reichen und Schönen saßen fröhlich zusammen und feierten ein karitatives Event. Eine Wohltätigkeitsgala, bei der Millionen gespendet und gesammelt wurden. Keiner wollte zurückstehen, jeder den Nächsten übertrumpfen. Weder bei der großzügigen Geldausgabe noch beim Repräsentieren dessen, was man besaß und wer man war. Oberflächlichkeiten wechselten mit Häme und Genugtuung. Hier war niemand frei von Eitelkeit, falschem Stolz und Arroganz.
Die goldblonde Schönheit saß gelassen, ruhig und mit ausdruckslosem Gesicht am Tisch ihrer Familie, kühl und reserviert. Inmitten der Wohltätigkeitsgala der Familie Mallory, zu der nur die oberste Crème der High Society geladen worden war, gab sie das perfekte Bild der Tochter. Unbeeindruckt perlte all der Glanz, all der Luxus an ihr ab und konnte die öde Langeweile in ihrem Inneren nicht vertreiben. Es war so anstrengend, die Fassade aufrecht zu erhalten und so zu tun, als gehöre man dazu. Pamela jedoch hatte kein Interesse an den Dingen, die um sie herum vor sich gingen. Das hier war vielmehr die Show ihrer Mutter. Die brauchte das: die ganz große Bühne, die Medienpräsenz, der Mittelpunkt… nur, dass diese Zeiten vorbei waren.
Christina O´Hara war nicht mehr die gefeierte Schönheit von vor zwanzig, dreißig Jahren. Selbst an ihr hatte der Zahn der Zeit genagt und unschöne Details hinterlassen. Auch wenn die Chirurgie nachhalf, das zu überdecken. In endloser Reihe defilierten die älteren Herren vorbei und baten um den einen oder anderen Tanz. Oftmals nahm Pam mit unterkühltem Lächeln die Stelle ihrer Mutter ein, denn so konnte sie minutenlang dem Tisch und seiner unendlichen Langeweile entfliehen. Dann folgte wieder ein kleiner Zwischengang des exklusiven Menüs. Der Starkoch hatte sich wirklich alle Mühe gegeben, doch die Häppchen waren so winzig und edel, dass sie kaum einen hohlen Zahn füllten. Und so zart im Geschmack, dass die feinen Aromen unter dem Prickeln des teuren Champagners verschwanden. Davon konnte man doch nicht satt werden. Sehnsüchtig dachte sie an den kleinen, irischen Pub, auf den sie sich schon seit einer Woche freute. Der Termin stand – doch noch konnte sie hier nicht verschwinden. Erneut kam ein Galan daher und forderte die kühle, schöne Frau auf, die wenigen ergatterten Kalorien direkt wieder auf der Tanzfläche zu verbraten. Endlose beschwingte Walzerdrehungen später ließ Pam sich entmutigt wieder auf ihren Stuhl fallen. Oh, der vorsichtige Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie noch mindestens zwei Stunden diese Show erdulden musste.
Pam hatte es so satt. Ihr Leben war so fade, so eintönig. Nur wenig interessierte sie an dem, was sie alltäglich tat. Weder mochte sie diesen Affenzirkus voll nutzlosem Luxus noch die genauso nutzlosen, hirnlosen Menschen, die ihn bevölkerten. Ihr war langweilig in der Gegenwart von Champagner und Brillanten. Die Gespräche über Protz und Prunk ödeten sie an. Dieser Abend war einfach nur schrecklich.
Sie wünschte sich ein bisschen Aufregung, ein Abenteuer weit ab der Luxusgesellschaft. Und sie ahnte nicht, wie dicht es ihr schon auf den Fersen war. Sie blies Trübsal, während sich ihre geheimsten Wünsche schon anschickten, wahr zu werden. Doch leider waren ihre vermeintlichen Aussichten für die nächsten Wochen nicht gerade prickelnd aufregend. Die Semesterferien gingen zu Ende und bald würde sie wieder ihr langweiliges Studium aufnehmen müssen. Jura – ausgerechnet – trocken und lernintensiv. Dabei hatte sie kein Interesse an diesem komplizierten Gesetzes-Kram. Aber es war ein ehrenvoller Weg, – der leichteste noch dazu – den sie eingeschlagen hatte, um der Verachtung ihrer Mutter einen Riegel vorzuschieben.
Wie sie Stella beneidete, die es so früh geschafft hatte, ihren eigenen Weg zu gehen. Dank der Großeltern hatte ihre jüngere Schwester es tatsächlich geschafft, unabhängig zu werden. Dazu fehlte Pam der Wille, die Energie, der Mut. Und es waren ja auch nur noch ein paar Monate, bis sie ihre Freiheit erlangen würde. An ihrem vierundzwanzigten Geburtstag. In neun Wochen war es soweit, dann würde sie verschwinden. Aus Denver, aus der ganzen vermaledeiten Gegend. Nie wieder eine Wohltätigkeitsveranstaltung besuchen, nie wieder das aufgesetzte leere Lächeln und die oberflächlichen Gespräche erdulden müssen. Sie straffte die Schultern. Die Zuversicht, dass es bald vorbei war, gab ihr wieder einmal einen Schub innerer Kraft. Innerlich spöttisch lächelnd wappnete sie sich für die nächste Stunde. Stoisch, mit äußerlich gelassenem Gleichmut, saß sie hier ihre Zeit ab, repräsentierte an der Seite ihrer Mutter und ihrer Schwester Bianca die Familie O`Hara, und weilte mit ihren Gedanken dabei in einer freien, abenteuerlichen Zukunft. Sie dachte zufrieden an ihr Hobby, ihre geheime Leidenschaft, das Zeichnen, das Malen und die Comics, die sie aus ihren Werken zauberte – Mangas der amerikanischen Art.
Stechende blaue Augen lasteten schwer auf ihr, brennend wie Laser. Die feinen Härchen im Nacken stellten sich auf, bestätigten ihr wieder das Gefühl, beobachtet zu werden. Schon seit sie den Ballsaal betreten hatte. In dieser riesigen Halle, an deren Wänden entlang die Tische der Ehrengäste um die Tanzfläche herum verteilt waren, hatte sie eine Weile gebraucht, um den Mann zu identifizieren, dessen Blick sie drohend auf sich liegen spürte. Es war einer der Russen um Gregory Karanow, der mit Alicia hier war. Ihre Cousine, die im Moment als Escort Girl arbeitete, wirkte lustig und entspannt, zufrieden und glücklich. Der große Mann an ihrer rechten Seite war faszinierend, herrlich maskulin, dominant, aber auch erstaunlich fürsorglich.
Der Typ, der Pam anstarrte, war anders. Wilder. Nicht zivilisiert. Da brodelte etwas unter der Oberfläche. Sein Blick war beides zugleich, eisig vor Wut und stechend heiß, unter dunklen, zusammengezogenen buschigen Brauen. Der dichte, schwarze Vollbart mit den charmanten grauen Strähnen verdeckte den Ausdruck seines Mundes und machte ihn noch rätselhafter. Die langen Haare waren lockig und umrahmten etwas wild sein verwegenes Gesicht. Pam verzog einen Mundwinkel, aber so, dass ihre Mutter es nicht bemerkte.
Himmel, was dachte sie denn da. Der Mann saß gute zwanzig Meter von ihr entfernt, in einen teuren Anzug gehüllt, benahm sich zivilisiert und sie unterstellte ihm Wildheit und Düsternis?
Okay, okay, keine Schauerromane mehr vor dem Einschlafen. Wenn sie sich schon einbildete, er sei gefährlich, sollte sie auf jeden Fall Abstand wahren. Sie war nicht so draufgängerisch, wie ihre kleine Schwester. Energisch wandte sie den Blick ab und konzentrierte sich darauf, die vorbildliche Tochter zu sein. Gedanken an einen Russen zu verschwenden würde ihr keine Pluspunkte bei ihrer Mutter einbringen. Im Jetzt und Hier durfte sie nicht sie selbst sein. Also sperrte sie ihre Wünsche tief in ihrem Herzen weg, verschloss sich und gab kühl lächelnd ein paar Kommentare zu oberflächlichen Gespräch ab, das Bianca und Mum führten.
Der Abend indes plätscherte belanglos dahin, und sie musste auf ihre langjährige Erfahrung, Konzentration und Geduld zurückgreifen, um nicht wütend zu werden. Sie hasste es von Tag zu Tag mehr, zu solchen Ereignissen geschleppt zu werden. Die Zeit war viel zu schade dafür. Noch ein Würdenträger, der sie lächelnd zu einem kurzen Tanz aufforderte. Ein paar Drehungen später saß sie wieder an ihrem Tisch. Sekunden später konnte sie sich schon nicht mehr an seine Worte, an sein Geschwätz erinnern. Nichtigkeiten füllten den Abend.
Sie fühlte nichts. Nichts außer Langeweile, eisiger Kälte und einer gewissen Genervtheit.
Keine Freude über die Musik. Oder das luxuriöse Essen. Oder über das eisblaue Kleid, das sie heute trug. Der Chiffon voller Straß glitzerte um sie herum und fühlte sich luftig leicht an in der Schwüle der Sommernacht. Oder Freude über die Gegenwart ihrer nur ein Jahr älteren Schwester, die sie seit einer Weile nicht mehr gesehen hatte. Sie beide sahen sich so ähnlich, dass sie früher als Zwillinge durchgegangen waren, verständlich, das kam in ihrer Familie schließlich gehäuft vor. Bianca war noch ein kleines Bisschen heller, eine wahre Platinblonde, die Augen noch ein wenig mehr grün als blau. Und sie bekam sogar noch schneller einen Sonnenbrand. Pamela seufzte. Bianca hatte sich gut gemacht in der Zeit in Kalifornien. Es lief toll dort an der Kinderklinik, in der sie arbeitete, sie wirkte glücklich und entspannt. Und Bianca gelang es, den Abend mit fröhlichem Small Talk zu füllen, in den sie immer ihre Mutter mit einband. Lauter kleine Geschichten über die kleinen Patienten, denen sie helfen konnte. Aber das war auch das Mindeste, was sie tun konnte. In Pams Augen eine Art Bezahlung für die vielen Abende, die sie mit ihrer Mutter allein in der Öffentlichkeit verbracht hatte. Ja, sie gönnte ihrer großen Schwester die Erfolge und das Glück, weit weg von Denver. Nur leider bedeutete das, dass sie die gehäufte Aufmerksamkeit ihrer Mutter auf sich lasten fühlte. Sie musste an allen Terminen teilnehmen, die diese ihr aufhalste, anstatt es auf ihre drei Töchter zu verteilen.
Mum beugte sich zu ihr herüber, der Atem, scharf vom Alkohol, streifte ihre Nase und sie unterdrückte ein Würgen. „Der schicke Typ da drüben an dem russischen Tisch, der hat ein Auge auf dich geworfen… geh doch mal mit ihm tanzen…“ Unfein schnaubte Pamela. Zum einen, um den Dunst fort zu pusten, zum anderen, nein, tanzen stand hier nicht zur Debatte, nicht mit dem Alpha-Tier da drüben. Sie stand trotzdem auf, entschuldigte sich, sie wolle sich die Nase pudern… wohlweißlich nahm sie ihre Handtasche mit, auch wenn sie unförmig groß zu dem zarten Abendkleidchen wirkte.
An Stellas Tisch vorbeikommend, konnte sie einen neidvollen Blick nicht unterdrücken. Ihre kleine Schwester sah großartig aus, in einem prachtvollen Abendkleid, das von CC zu eben dem Zweck kreiert worden war: schick aussehen und reiche Frauen animieren, selbst so eines haben zu wollen. Heute, auf der Spendengala, würde bald eine Modenschau folgen, bei der auf verschiedene Kleider geboten werden konnte – für einen guten Zweck. Die Familie Mallory als Veranstalter hatte für höchste Qualität und Wow-Effekte gesorgt, den ganzen Abend schon. Versteigerungen von Luxusgütern, um notleidenden Kindern zu helfen... Stella jedenfalls, die sah klasse aus, zusammen mit dem reichen sexy Mann neben ihr. Insgeheim musste sie lächeln, denn sie wusste, auf welche Art ihr Schwesterchen sich das Studium verdiente. Neid auf die Freiheit der Berufswahl kam hoch. Neid auf den verdammt heißen Lover an diesem Tisch.
Aber alles zu seiner Zeit… eine kleine Weile noch musste sie das Spiel mitspielen.
Geduld.
War leider nicht ihre Stärke.
Den Blick des besagten, finsteren Russen spürte sie im Nacken, aber es war ihr egal. Sie verschwand um eine Ecke, lief in den Gang hinunter, an den Toiletten vorbei und weiter, bis sie einen Hinterausgang fand. Hinaus in die schwüle Wärme der Nacht und erst mal eine Kippe anstecken. Nur wenn sie arg unter Stress stand, griff sie zur Zigarette, denn sie lieferte oft genug einen plausiblen Grund, eine kurze Auszeit zu nehmen. Der Rauch schmeckte ein wenig eklig, aber das nahm sie gerne in Kauf. Im Grunde brauchte sie nicht das Nikotin, sondern den kleinen glimmenden Stängel in der Hand, um für kurze Momente zu entkommen. Tief und hastig inhalierte sie den Rauch, ihre Mutter würde ihr nur allzu schnell auf den Fersen sein. Ein paar wenige Sterne standen am Himmel, strahlend hell genug, um gegen das Lichtermeer Denvers anzukommen. Sie seufzte, gab sich wildromantischen Träumen hin. Sie wünschte sich weit hinaus aus der Stadt auf die Ranch ihrer Cousine, jetzt ein Pferd nehmen und davonreiten in die Nacht. Fort von all dem hier und den Pflichten, die ihr auferlegt waren. Hinaus in die Freiheit, um das Licht aller Sterne sehen zu können, die Milchstraße, die Weite des Himmels. Tief durchatmen können in der Frische einer kühleren Nacht. Mit jedem Monat mehr hier in der schwülheißen Stadt fühlte sie sich eingeengter. Bedrückt. Die vielen Menschen nahmen ihr die Luft zum Atmen. Ihre Geduld war ziemlich am Ende.
Und mit ihrer Selbstbeherrschung war es eh fast vorbei, seit sie ihren Ex-Verlobten Steve mit seiner neuen Flamme auf der Tanzfläche gesehen hatte. Himmel, die Wut und Enttäuschung ließen wohl nie ganz nach, es war doch schon ein ganzes Jahr her, dass sie sich getrennt hatten. Nun, es stimmte wohl. Die erste große Liebe als Verrat zu akzeptieren war wohl am Schwersten. Die folgenden, wenn es denn je welche geben sollte, waren sicherlich einfacher zu verkraften. Sie hatte ihr Herz einem jungen Mann geöffnet, der es herausgerissen und mit Füßen getreten hatte. Nie hätte sie geglaubt, dass Liebe so wehtun konnte. Pam seufzte schwermütig. Die Kippe war alle. Sie sollte wieder hinein gehen, und den Abend tapfer zu Ende ertragen. Aber das konnte sie nicht. Plötzlich erschien es ihr unglaublich schwer, sich noch einmal unter das hohle, reiche, oberflächliche Volk zu mischen.
Ein Taxi fuhr langsam auf der Hauptstraße vorbei, auf der Suche nach Fahrgästen und sie hastete, einem unvernünftigen Impuls folgend, hinterher. Der Fahrer wunderte sich vielleicht, aber er fuhr sie ohne weitere Fragen zu einer der kleineren Bars in der Innenstadt, die sie so mochte. Hierher kam ihre Mutter nicht, viel zu düster, zu Irisch und voll des einfachen Volkes. Sie verließ das Taxi, hinterließ einen glücklichen Fahrer, der sich um 100 $ reicher sah.
Stille.
Auf dem Fest, da sie so schmählich verlassen hatte, nahm das Schicksal seinen Lauf. Das Abenteuer begann, es war der jungen Frau dicht auf den Fersen.
Bogdan sah die Frau, die er sehnlichst begehrte, aus dem Ballsaal verschwinden und jeder Muskel in seinem Körper spannte sich an, sprungbereit, ihr zu folgen. Der Abend wandelte sich zum Besseren. Nun sah er seine Chance kommen, sich ihr zu nähern.
Seit sie erschienen war, hatte sein Fokus auf der zierlichen, zarten Frau gelegen. Perfekt. Die Fotos aus dem Internet hatten ihn nur unzureichend auf den Anblick in der Realität vorbereitet. Sie war schön, elegant und kühl. Es traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube. Sie turnte ihn an, intensive Gefühle rauschten durch seinen Körper, kochten in seinem Blut und trieben seinen Puls in unerwartete Höhen. Sein ganzer Körper vibrierte voller Energie und Spannung, und er musste die Zähne zusammenbeißen, um halbwegs gelassen zu wirken. Er beobachtete jeden ihrer Schritte und sah den Moment, als sie ihn erkannte – als den Stalker, der er war. Ja, erst seit heute Abend, aber er fühlte sich fast wie ein Verbrecher, so intensiv lastete sein Fokus auf ihr. Hellblaue, strahlende Augen bohrten sich in seinen finsteren, starren Blick und er sah den leichten Schrecken, den sie sofort zu verbergen versuchte. Bogdan nahm sich ein wenig zurück. Wandte leicht den Blick ab, um sie für den Moment in Ruhe zu lassen. Mit langsamen, tiefen Atemzügen versuchte er sich zu beruhigen. Er hatte doch Zeit.
Gregory, sein älterer Cousin und Patriarch der Familie, redete auf Russisch auf ihn ein und forderte seine Aufmerksamkeit. Andere Gäste am Tisch plauderten gelassen auf Amerikanisch – schnell und teilweise für den Russen unverständlich. Und so verfinsterte sich sein Blick immer mehr, je öfter er aus der Betrachtung seiner Beute herausgeholt wurde.
Nach einer Weile entspannte er sich ein wenig. Die blonde Schönheit eilte zwar immer wieder fort, um auf der Tanzfläche elegante Kreise zu drehen. An ihrer Seite jedoch waren wechselnde Partner, gutaussehend und reich, doch alle älter und keiner schien einen Anspruch auf sie erheben zu können. Es gab keinen Mann an ihrer Seite. Niemand, der sie erobert hatte. Das Internet hatte Recht, sie als „alleinstehend“ zu bezeichnen. Und so gestattete er sich, ein wenig befreit durch zu atmen. Die Kälte, die ihr Lächeln ausstrahlte, die abweisende Haltung, ja – er konnte verstehen, dass sie allein war. Sie ließ niemanden an sich heran. Der Spitzname „Eisprinzessin“ passte zu ihr. Warum nur hatte er das Gefühl, dass es unter ihrer unterkühlten, gelassenen Oberfläche genauso brodelte, wie in ihm? Wie ein unsichtbarer Faden fühlte er eine Verbindung zur schönen Amerikanerin, intensiv und fremdartig. Seine Neugier, sein Jagdtrieb waren geweckt. Kaum hatte sie den Ballsaal verlassen, sprang er von seinem Stuhl auf, eine gemurmelte Entschuldigung auf den Lippen. Voller Vorfreude machte er sich sofort auf den Weg, ihr in Richtung Damentoiletten zu folgen. Egal, dass sein Cousin ihn ermahnte, höflich und zivilisiert zu bleiben. Sein Lächeln wurde tiefer und ehrlicher, verdeckt vom dichten Bart. Er fühlte sich gerade alles andere als zivilisiert.
Schummriges Licht, gedämpfte Gespräche, leises Lachen, rauchige Luft. Heute saß niemand an dem alten Klavier und füllte den Raum mit melancholischen Klängen, schade. Die Livemusik war hier immer ein Genuss. Dafür spielte dezente irische Musik aus der Konserve im Hintergrund und vertiefte die urige Atmosphäre, die sie immer in eine andere Zeit zurück versetzte – gefühlt in ein früheres Jahrhundert. Nur eine Handvoll Gäste hatten sich hierher verirrt, alte Bekannte zumeist. Pamela liebte das stimmungsvolle, bodenständige Ambiente, die vertrauten Gesichter, die sie mittlerweile grüßten, als wäre sie hier zuhause. Sie liebte das warme Holz, die gemütliche Atmosphäre und die Ruhe, die dieser kleine Pub ausstrahlte. Verblasste Schwarz-Weiß-Fotos schmückten die Wände und gaben dem Ganzen einen nostalgischen Touch.
Pete hob neugierig den Kopf, als Pam eintrat, und nickte ihr zu, während er mit ruhigen Handgriffen weiter Bier zapfte. Als die Blondine das erste Mal seinen kleinen Pub besucht hatte, war er überrascht gewesen. Wie eine durchscheinende, zarte Elfe aus Licht und Glitzer hatte sie sich voller Anmut in der Düsternis seines Pubs bewegt. Nach und nach war er mit ihr ins Gespräch gekommen, aber den einzigen Fakt, den er über sie kannte, war, dass ihre noblen Verwandten sie hier niemals suchen würden. Hierher kamen sie nicht. Und das gab ihr eine Art Anonymität, die sie zu manchen Zeiten brauchte. Als Rückzug. Hier war sie frei. Er ließ es darauf beruhen und zapfte ihr ein Pils. Mehr brauchte er nicht zu wissen. Sie nickte in seine Richtung und eilte aufs Klo, bevor sie sich in ihre angestammte Nische setzte. Er mochte ihre ruhige, gelassene Art. Die Lässigkeit, mit der sie teure Juwelen trug und gleichzeitig seine Pommes vernichtete, oder das Bier oder einen Eintopf. Es war, als ob sie in eine luxuriöse Welt hineingeboren worden sei, aus der sie momentan keinen Ausweg fand, aber sich in seiner Bar wohler fühlte, in seiner einfachen Welt zuhause war.
Das Licht in der Nische ging an. Sie hatte eines Tages eine kleine Lampe mitgebracht und Pete hatte sie für sie installiert. Speziell ihre Tischfläche war nun mit einem hellen Spot erleuchtet, während sie selbst, vor allem ihr Gesicht, im Dunklen blieb. Emsig schrieb sie in eine Kladde, skizzierte eine Szene zwischendurch. Immer hatte sie Papier und Stift dabei. Oft fragte sie seine raubeinigen Gäste, ob sie sie zeichnen dürfe, und die meisten fühlten sich geschmeichelt. Nach einer Weile hatte sie es sich angewöhnt, die Portraits zu kopieren und die Originale zurück zu bringen. So mancher Gast hatte sich sein Konterfeit gegen kleines Geld (das an Pete ging) gekauft, andere hatten es dem Pub geschenkt, und so zierten Kuli- und Bleistiftskizzen inzwischen eine ganze Wand. Als Pete ihr nun ein erstes Bier brachte, dunkel und malzig, summte sie zufrieden vor sich hin, grinste ihn fröhlich an und tat einen tiefen Schluck. „Oh, Himmel, Pete, das hab ich jetzt gebraucht! Es erdet mich, danke… machst Du mir bitte meinen Lieblingssnack?“ Sie klimperte mit den Wimpern, die Lippen noch am Glas, und brachte ihn zum Lachen. Das Mädchen war goldrichtig. Wieder einmal hob sich seine Stimmung, nur weil sie da war. Zufrieden trollte sich der Barkeeper, um die Bestellung weiter zu geben.
Pete hob den Kopf, als ein Fremder den Pub betrat. Es war Samstag, da passierte so etwas schon mal, aber zumeist kamen doch nur die Stammgäste. Der hier war, nun… sehr fremd. Er setzte sich an die Bar und bestellte sich einen Whiskey. Der alte Ire schenkte ihm zwei Fingerbreit ein und der Fremde leerte das Glas in einem Zug. Noch mal dasselbe. Okay.
Pamela starrte den Mann aus ihrer dunklen Ecke heraus an. Der Karanow war ihr hierher gefolgt? Sie schnaubte empört. Hatte wohl den Taxifahrer erwischt, der sie her gebracht hatte. So ein Pech. Sie mochte es nicht, wenn man ihr nachspionierte. Das gab einen dicken Minuspunkt. Sie hatte so sehr gehofft, seiner Aufmerksamkeit entkommen zu sein. Nun stieg die Spannung, was er wohl wollte. Ein leichtes Kribbeln durchkroch ihren Körper und machte, dass sie sich lebendig und überaus weiblich fühlte. Verwundbar und wunderbar zugleich.
Bogdan leerte das zweite Glas, bevor er sich umdrehte und Pam fixierte. Der Taxifahrer hatte die Wahrheit gesagt, so unwahrscheinlich er es auch fand, dass eine O’Hara ausgerechnet hier ihren Abend verbrachte. Im ersten Moment hätte er sie beinahe übersehen, es war eher sein Instinkt, der sie in ihrer Nische erspähte. Doch erst nach dem dritten Glas fühlte er sich mutig genug, zu der unterkühlten Blondine hinüber zu gehen und sich an ihren Tisch zu stellen. Ihm fehlten die Worte, wie er sein Auftauchen rechtfertigen könnte, und so schwieg er.
Pam starrte zu ihm hoch, wartete ab. Da er nicht das Wort an sie richtete, sondern einfach nur auf sie hinuntersah, mit einem völlig undeutbaren Ausdruck, zuckte sie schließlich mit den Schultern und widmete sich wieder ihrem Buch. Sollte er doch sagen, was er wollte, schließlich konnte sie ja keine Gedanken lesen. Der Russe zögerte immer noch. Nicht gewillt, wieder zu gehen, aber auch nicht wissend, was er sagen sollte. Und nicht nur die mangelnde Sprache war sein Problem. Also sagte er nur seinen Namen in die angespannte Stille. „Bogdan Karanow.“
Sie nickte und schwieg. Der Typ wusste wer sie war, da war sie sich absolut sicher. Das brauchte sie ihm nicht zu erklären. Verdammt, was wollte er? Nach einer Weile war ihre Geduld am Ende. Schon wieder. „Setzen Sie sich oder gehen Sie zurück an die Bar!“ Sie fauchte ihn schließlich an, da sie diese angestaute Energie, diese Unentschlossenheit nervte, die er ausstrahlte. „Bar?“ Sein tiefer grollender Bass ließ sie hochschauen. Der Russe sah fragend auf sie hinunter, den Kopf leicht schräg gelegt.
Okay, vielleicht hatte er sie wirklich nicht verstanden. Sie seufzte und gab nach, er wirkte im Moment so harmlos wie ein kleiner Junge. Also schob sie ihren Kram auf der Bank etwas zur Seite und klopfte mit der flachen Hand auf die freigelegte Sitzfläche. Sie legte den Kopf schräg, als er immer noch nicht reagierte, und deutete dann mit beiden Zeigefingern auf ihn, dann übertrieben auf den Sitzplatz. Ein kleines, schiefes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, unter dem Bart, verhalten noch, aber umwerfend. Lachfältchen um die funkelnden Augen machten ihn sympathisch. Der Russe war auch ohne Worte charmant. Und sie hatte ihn vorher für gefährlich gehalten? Sie seufzte erneut, schüttelte über ihre eigenen verqueren Gedanken den Kopf, und widmete sich wieder angelegentlich ihren Aufschrieben. Blätterte nach vorne, korrigierte ein paar Wörter, dann wieder nach hinten. Die Geschichte des neuen Comics nahm langsam Gestalt an.
Bogdan setzte sich vorsichtig. Er war sich nicht sicher, was er hier eigentlich machte. Eine amerikanische Kneipe hatte er noch nie betreten. Und dass sich ausgerechnet eine der O‘Hara Töchter hierher verirrte, war kaum zu glauben. Es nahm ihr etwas von dem Status der unberührbaren, unglaublich kalten Luxusprinzessin. Nur dieser fragile Hauch von Tüll und Glitzersteinchen erinnerte noch an den Ball, den sie fluchtartig verlassen hatte. Geduldig beobachtete er sie, versuchte einen Blick in ihre Aufzeichnungen zu erhaschen, ohne zu neugierig zu wirken. Das Schweigen an diesem kleinen Tisch war tief, aber entspannt. Sie hob den Blick und starrte an ihm vorbei ins Leere, um dann leicht den Kopf zu schütteln, sie blätterte zurück, strich einen Satz, und machte sich dann mit neuem Elan an die nächsten Zeilen. Die Wortlosigkeit des Russen gefiel ihr. Nichts unterbrach ihre Konzentration, ihre Gedanken und sie freute sich darüber. Das machte ihn doch gleich noch ein wenig sympathischer. Vorsichtig lehnte der große Mann sich neben ihr an die Rückwand und machte es sich bequem. Jetzt hatte er alle Zeit der Welt und eine tiefe Ruhe umgab ihn. Leise wehte sein Duft ein wenig in ihre Richtung. Maskulin, herb, ein wenig nach Wald, ein wenig nach würzigen Kräutern. Unerwartet klar und ehrlich nach den übertriebenen After Shaves, mit denen sie beim Tanzen zu kämpfen hatte. So mancher der Männer auf dem Ball hielt es wie die Damen – viel ist besser… Bogdan merkte, wie sie nachdenklich schnupperte, nahm wahr, wie entspannt sie jetzt wirkte. So viel ruhiger, gelassener, als noch auf der Gala. Ein ruhiges Lächeln umschmeichelte ihre Lippen, während sie konzentriert weiter schrieb. Nippte in Gedanken versunken an ihrem Glas, als sie die kleine Geschichte weiter spann. Dann, am Ende ihres Bieres, kam Pete mit Fish & Chips. Sie liebte die sauren Pommes, die es so lecker nirgendwo sonst in der Stadt gab. Und die Knoblauchsauce, die so gar nichts Leichtes hatte. Keine Aioli, sondern harter, scharfer Stoff.
Enthusiastisch legte sie Stift und Buch weg und machte sich über die fetttriefende Mahlzeit her. Himmlisch, sie schloss vor Wonne die Augen, und genoss die ersten Bissen. Ihr entflutschte ein kleines Stöhnen. Zufriedenheit – ein warmes Gefühl in ihrem Bauch. Das hatte ihr gefehlt. Es erdete sie. Holte sie runter, nach der überkandidelten Snob-Society vorhin. Und zu ihrer Überraschung rückte der Russe ein wenig näher. Schnupperte in der Luft, wie ein bettelnder Hund. Sie musste grinsen und stippte ein weiteres saures Pommes in die scharfe Knoblauchcreme. Hielt es ihm hin. Und ganz vorsichtig aß er es aus ihrer Hand. Sanft schlossen sich seine Lippen um das Stück Kartoffel, streiften dabei ihre Finger mit seinem erstaunlich weichen Bart. Ein wohliger Schauer überlief sie, der sie vollkommen überraschte. Pete kam mit einem weiteren Bier und sie orderte noch eine Portion der fettigen Köstlichkeiten.
Bogdan kaute sorgfältig. Analysierte den ungewohnten, aber überraschend angenehmen Geschmack. Sie aß selbst ein paar der Pommes, bevor sie ihm ein Stück panierten Fisch anbot. Wieder mit der scharfen Sauce. Er war begeistert. Das war besser, leckerer, als dieser Luxuskram zuvor. Nahrhafter.
Sie grinste ihn an, hob einen Daumen hoch. Er nickte, hob seinerseits einen Daumen und deutete bittend auf ein weiteres Pommes. Sie lachte fröhlich, hatte sie ihn doch richtig eingeschätzt, und schob ihm den Teller hin. Verblüfft sah er zu, wie sie sich wieder an ihr Buch machte, den Stift quer zwischen den Zähnen, als sie eine frühere Passage erneut las. Ihre Stirn lag in Falten, sorgfältig las sie Zeile um Zeile, bis sie zufrieden nickte. Der Stift kam aus dem Mund, um dem Bierkrug Platz zu machen, und sie leerte in tiefen Zügen das halbe Glas. Rülpste dann undamenhaft, und lachte, als Pete das mit einem „Mahlzeit“ kommentierte. Der Barkeeper kam gerade an ihren Tisch und brachte die zweite Portion Fish & Chips. Der Russe machte sich mit den Händen verständlich. Auch er wollte jetzt lieber Bier.
Es war schon weit nach Mitternacht, als Bruno endlich die Bar betrat. Eine düstere Wolke umgab seine große Gestalt, er war traurig und ausgepowert. Seine schwarze Kleidung entsprach dem Zustand seiner Seele. Er hatte eine lange Schicht hinter sich, und wollte nur noch ein Bier und einen Absacker, bevor er endgültig das Wochenende einläutete, das aus Couch und Fernsehen bestehen würde. Pete nickte ihm zu, gab sich ein wenig verärgert, obwohl er ein Schmunzeln kaum unterdrücken konnte. Das versprach spannend zu werden. Er deutete auf Pam in ihrer Ecke. „Hey, die Lady wartet schon seit Stunden auf Dich… wo warst Du?“
Der riesige, muskulöse Mann zuckte die Schultern. Wo wohl? Bei der Arbeit im Krankenhaus. Als Arzt auf der Intensivstation war nie etwas Routine. Da liefen die Arbeitszeiten manchmal anders, wenn noch Notfälle dazwischen kamen, das sollte Pete doch gut genug wissen. Aber er nahm sein Bier und gesellte sich zu Pam an den Tisch. Erst kurz bevor er sich setzte, sah er den Fremden neben ihr auf der Bank im dunklen Schatten. Er stutzte. Der düstere Typ, genauso ganz in schwarz gekleidet, jedoch im Gegensatz zu ihm selbst mit teurem Anzug und Krawatte, hielt sich zwar zurück, aber es ging eine bedrohliche, düstere Aura von ihm aus. Die Temperatur im Raum schien um einige Grade zu sinken. Die Feindseligkeit war nicht zu übersehen.
Was er nicht erwartet hatte, war ihr strahlendes Lächeln, als er sich setzte. Ihre echte Freude haute ihn um. Die kühle Blondine hatte ihn zuvor schon einige Male taxiert, aber erst vor ein paar Tagen zu diesem Treffen aufgefordert. Jetzt war sie voller Vorfreude. Sie sprach ihn auf Italienisch an, plauderte unverblümt, so selbstsicher, dass der Russe dies nicht verstand. Bruno nickte zustimmend zu ihrem Vorschlag, grinste sie lasziv an und wackelte mit den buschigen Augenbrauen. Sie musste mädchenhaft kichern, ein Hauch von Röte überzog ihre Wangen, bevor sie in ihrer Tasche – groß wie ein Umzugskarton - kramte und eine kleine Flasche hervorzog. Dann stand sie auf, nickte Bogdan kurz zu, und verschwand mit Bruno in Richtung der Toiletten.
Pete kam an den Tisch, um die leeren Teller abzuräumen. Ihm war gar nicht wohl in seiner Haut, als er den Blick des fremden Russen sah. Der grillte die Tür nach nebenan, hinter der die beiden zusammen verschwunden waren. Ein Wunder, dass sie nicht durch die Hitze der Wut zu Asche zerfiel.
„Das ist völlig harmlos, was die da treiben, ehrlich…“ Doch Bogdan tat so, als verstünde er den Barkeeper nicht. Wut und Eifersucht kochten in ihm auf hoher Flamme. Nicht dass er ein Recht dazu hätte. Sie hatte ihm nichts eingeräumt. Aber das änderte nichts an seinen Gefühlen. Ihre Schönheit mit anderen Männern zu teilen, war ihm zuwider. Und dass sie so bereitwillig mit diesem riesigen Alpha-Tier verschwunden war, steigerte seine miese Laune nur. Was hatte ihm da all seine Vorsicht und Zurückhaltung den ganzen Abend über genützt? Gregory, sein Cousin, hatte ihn darauf hingewiesen, dass er bei solch einer Lady nicht mit Gewalt kommen dürfe. Er konnte sich nicht einfach nehmen, was er wollte, wenn er eine längerfristige Geschichte erwartete und Rücksicht auf die Geschäfte seiner Familie nehmen sollte. Scheiß drauf.
Im Moment jedenfalls sah er rot.
Blutrot.
Sollten seine Leute doch Geschäfte mit anderen Klans machen, er für seinen Teil hatte genug Rücksicht bewiesen. Er verstand die amerikanischen Frauen nicht. Zogen sich konservativ an – für russische Verhältnisse – und verschwanden mit Schlägertypen in der Toilette einer gewöhnlichen Bar. Er hörte ihr helles Quietschen und Lachen und den tiefen Bass des Mannes. Missmutig musste er sich eingestehen, dass er nicht einmal sagen konnte, in welcher Sprache sie da miteinander turtelten. Sie gaben sich noch nicht einmal Mühe, leise zu sein. Vorbei war es mit der Eiseskälte, die sie noch im Ballsaal verströmt hatte. Bogdans Fäuste ballten sich, bis die Knöchel weiß hervortraten. Mühsam beherrschte er sich. Er sprang nicht auf, zögerte die Explosion seiner Wut mit jedem mühsamen Atemzug weiter hinaus. Dann, zu seiner riesigen Überraschung, kamen sie beide wieder raus, kaum drei Minuten später. Hatte der Typ so wenig Durchhaltevermögen? Seine Augen wurden riesengroß, dann schmale, wütende Schlitze.
Halbnackt.
Der andere Mann war oben ohne. Und Bruno glänzte. Anders konnte man es nicht formulieren, und es war auch so beabsichtigt. Ohne dem Russen einen Blick zu gönnen, eilte Pam hinter dem halbnackten Arzt her. Sie rückte mit seiner Hilfe die Tische in der Mitte des Gastraumes ein wenig zur Seite und brachte einen einzelnen Stuhl direkt unter der hellen Deckenlampe in Stellung. Wie unter einem Spotlight. Bruno setzte sich, verkehrt herum, die Beine gespreizt und stützte einen Arm auf die Rückenlehne. Selbstbewusst hob er den Kopf, präsentierte kerzengerade seine Brust mit all den schwarzen Tribal-Tattoos. Seine Maori-Abstammung pflegte er auf diese plakative Art, er war stolz auf die Traditionen. Seine durchtrainierten Muskeln an Oberarmen, an Brustkorb und Schultern spannten sich. Jetzt war er zufrieden, sich so oft als Ausgleich für die langen Arbeitsschichten im Krankenhaus im Fitnesscenter gequält zu haben. Es zahlte sich aus. Stolz und selbstbewusst. Trotz seiner Vorliebe für Bier und Sofa bot er einen prächtigen Anblick, und der anerkennende Blick und die lobenden Worte der elfengleichen Blondine taten seiner Seele gut. Zufrieden setzte er sich kerzengerade in Pose und hielt still. Er spürte die brennenden Blicke des düsteren Fremden, der in Pams Nische saß, auf jedem Quadratzentimeter seiner nackten Haut und musste innerlich grinsen. Er sah die kaum verhohlene Aggression und die Ungeduld, die Anspannung in jeder Faser des anderen Mannes. Wusste die junge Schönheit, welch einen Besitzanspruch der Typ ausstrahlte? Der elegante schwarze Anzug von der teuren Art passte hervorragend zu ihrem glitzernden, luftigen Cocktailkleid. Der Termin für ihre Zeichnung stand schon seit einer Woche, doch hatte sie wirklich geplant, einen anderen Mann dazu mitzubringen?
Pam kam an ihren Platz zurück, schlängelte sich an Bogdan vorbei, der ihren Körper, ihre Wärme, als Schock empfand. Sie streifte ihn, als sie sich setzte, scheinbar ohne Absicht. Sie war heiß und aufgeregt. Ihr femininer Duft schwebte an ihm vorbei, kroch ihm unter die Haut. Er konnte auch ein wenig ihres weiblichen, ganz persönlichen Duftes riechen, den sie zuvor, als sie nachdenklich ihre Notizen geschrieben hatte, noch nicht verströmt hatte. Er sah ihren Puls an ihrer Kehle, den schnellen, aufgeregten Herzschlag. Oh, diese Frau machte ihn maßlos an. Sein Puls schoss hoch, Blut strömte in seine Lenden. Fassungslos musste er sich eingestehen, dass er auf sie reagierte, wie auf keine andere Frau zuvor. Mühsam biss er die Zähne zusammen und rang um Beherrschung. So dicht saß sie neben ihm, kaum eine Handbreit entfernt, und doch außer Reichweite. Unberührbar. Er seufzte und versuchte sich zu konzentrieren und die Anspannung zu beherrschen, die er kaum zu verbergen vermochte. Unruhig schob er sich auf der Bank herum, bis er eine weniger schmerzende Stellung gefunden hatte. Sein harter Penis drückte gegen die Anzughose. Das war verdammt peinlich. In den nächsten Minuten würde er keinesfalls aufstehen.
Was hatte sie mit dem Typen vor, der da auf dem Präsentierteller saß. Die wenigen anderen Gäste, die noch in der Bar verweilten, hielten sich im Hintergrund und schienen das Ganze schon zu kennen, es war nichts Aufregendes oder Besonderes mehr. Sie plauderten und tranken weiter, wie zuvor. Pete drehte an der Stereoanlage und Musik füllte mit rockigen Klängen den kleinen Raum.
Pam zog einen Din A 4 Block aus ihrer riesigen Tasche und begann zu zeichnen. Sie nahm einen weichen Bleistift und hauchte vorsichtig die Umrisse des scharfen Typen auf das blanke, weiße Papier. Bruno hielt sich fit, er war groß und voller Muskeln an den richtigen Stellen, massig. Ein lieber Kerl, glatzköpfig, mit Vollbart und goldenen Ohrringen, die ihn – zusammen mit den Tattoos – wie einen verwegenen Piraten aussehen ließen. Fehlte nur ein rotes Kopftuch und ein Messer zwischen den Zähnen. Sie grinste über ihre Gedanken. Das konnte sie in die Geschichte einweben, fantastische Idee.
Aber sie konzentrierte sich nicht so sehr auf den Kopf, vielmehr machten sie Licht und Schatten der Tattoos auf dem mit Öl überzogenen Oberkörper an, all die definierten Muskeln, das Spiel der Zwischentöne. Die brauchte sie jetzt möglichst präzise, wenn sie später seinen Körper im Comic von anderen Seiten und in anderen Stellungen naturgetreu nachzeichnen wollte. Sie begann mit den Schattierungen, bevor sie sich ein wenig um das Gesicht kümmerte. Kaum eine halbe Stunde später stand sie auf und zeigte Bruno das erste Bild, auch andere Gäste und Pete kamen dazu, um das Ergebnis zu bewundern. Lob und verhaltenes Lachen schallte durch den irischen Pub. Nach einigem hin und her drehte Bruno sich samt Stuhl um, präsentierte selbstbewusst seinen breiten Rücken und spannte die Schultern. Jetzt war Pam nicht so schnell zufrieden, sie korrigierte seine Haltung, schob einen Arm weiter nach vorne und fragte ihn immer wieder leise, ob es denn bequem genug sei, um eine Weile still halten zu können. Bruno grinste nur. Für so eine Zeichnung konnte er ewig still halten, egal in welcher Position. Seine buschigen Augenbrauen wackelten auffordernd und entlockten ihr ein fröhliches Kichern. Nein, sie hatte kein Interesse an dem Arzt, wissend, dass er schon vergeben war. Kopfschüttelnd, mit einem Lächeln auf den Lippen kam sie zu ihrem Sitzplatz in der Nische zurück.
Bogdan hielt ganz still, als sie sich wieder an ihm vorbei zwängte. Er hatte sich so hingeschoben, dass der Platz noch enger war. Zwar lag ihre Konzentration auf der Zeichnung der Rückansicht dieses fabelhaften Männerkörpers, aber sie war neben ihm, in seiner Reichweite. Unmerklich rückte er langsam näher, bis sich ihre Oberschenkel berührtem. Seine Aggression schwand in dem Maße, wie er glauben konnte, dass der Andere kein Liebes- sondern Zeichenobjekt war. Bogdans Blicke wurden weicher, freundlicher, er nahm sich ein wenig zurück, um ihr die Zeit zu lassen, die sie brauchte. Und wieder überraschte sie ihn. Pam hob eine Augenbraue, den Blick fest auf Bruno gerichtet, und flüsterte so leise, dass er sich verhört zu haben glaubte: „Noch nicht, Russe, hab Geduld, noch diese Zeichnung, dann gehör ich Dir heut Nacht…“
Bogdan schnaubte leise. Er musste sich verhört haben. Es konnte gar nicht anders sein. Inzwischen hatte er verstanden, dass es bei dem Tätowierten nicht um ein Liebesverhältnis ging. Okay, es erleichterte ihn zu sehen, dass sie doch nicht so verkommen war, wie er vor Minuten noch geglaubt hatte. Doch er verstand sie nicht.
Nichts Geradliniges war an ihrer Art. Sie entsprach weder der biederen Spießbürgerlichkeit, oder flachen Oberflächlichkeit, vor der sein Bruder ihn gewarnt hatte, noch war sie eine der Frauen, die ihn in seiner Heimat angebaggert hatten. Diese blonde Amerikanerin hatte keine Ahnung von seinem Reichtum. Er konnte sie nicht richtig einschätzen. Sie kam aus reichem Elternhaus, und ihre Ausbildung passte perfekt zu seinen Wünschen. Das war alles, was er an Information brauchte. Wenn sie sich auch noch durch ein, zwei Aspekte und Eigenschaften mehr qualifizierte, wäre sie sein. Sein Eigentum, bevor sie bis drei gezählt hatte. Er gab sich zwei Wochen, um herauszufinden, ob sie passend genug war. Dann würde er zuschlagen. Das Abenteuer begann also in einer kleinen Bar.
Pam stellte ihre zweite Skizze fertig. Sie brauchte nicht lange, um von den groben Umrissen zu den feinen Details zu kommen. Alles was sie brauchte, war ein Anblick der Schatten und der glänzenden Reflexionen auf seinen Tattoos, um den Ansatz für die späteren Zeichnungen zu haben. Das, was sie mit den Zeichnungen vorhatte, war ihr Geheimnis. Bruno, Pete und all die anderen, die sie hier gemalt hatte, waren einverstanden gewesen, dass ihr die Kopien zur freien Verwendung zur Verfügung standen. Sie seufzte, als ihr Nacken zu schmerzen begann. Zeit hier abzubrechen. Sie rieb sich die verspannten Muskeln, bewegte den steifen Hals, und stand auf.
Pamela war sich des aufmerksamen Blickes des Russen bewusst, der auf ihr lag. Versonnen betrachtete er sie, ein wenig nachdenklicher als zuvor. Das Raubtierhafte jedoch, war nicht ganz verschwunden, nur hinter einer zivilisierten Maske versteckt. Verdeckt für all diejenigen, die nur die Oberfläche betrachteten und sich damit zufrieden gaben. Ein kleiner Schauder jagte über ihren Körper, sie fühlte sich bewundert, ganz feminin, ein Gefühl, das sie selten genug hatte. Vor allem wenn ihre beiden schönen Schwestern dabei waren. Doch warum auch immer, sie war sich sicher, dass der düstere Russe Bianca nicht einmal einen flüchtigen Blick zugeworfen hatte. Seine brennenden Augen hatten wie Magnete auf ihr, Pamela, geheftet, seit sie den Ballsaal betreten hatte. Merkwürdig, aber es verlieh ihr ein Hochgefühl und eine gewisse Sehnsucht… nach mehr. Eine unverhoffte Chance, eine Affäre, vielleicht? In diesem Augenblick, mit genug Champagner im Blut, fühlte sie sich verwegen genug, einen Russen zu probieren.
Bruno nahm begeistert das Bild seiner Rückenansicht in die Hände. Er war zufrieden. Es würde ein tolles Geschenk für seine Verlobte werden. Klar, Miss Pamela nahm es noch einmal mit, kopierte es, aber er würde das Original bald bekommen. Das reichte ihm. Und zu wissen, dass es aus ihrer Hand stammte, aus ihrer Feder sozusagen, mit Unterschrift, und all die feinen Leute nichts davon wussten, womit sie sich die Zeit vertrieb, machte es noch wertvoller. Er grinste sie an, ein high five.
„Pete, ich geh dann, ich bring die Bilder morgen oder so…“ Sie ging an der Bar vorbei, zahlte und gab ihm ein mehr als großzügiges Trinkgeld. Er nahm es, ohne zu fragen. Zum einen fühlte sie sich so sicher, dass er nichts an die Öffentlichkeit weitergeben würde. Klar hätte er sie auch ohne Geld niemals verraten, denn er war stolz darauf, dass sie sich in seinem Pub wohl und vor allem sicher fühlte. Damit schloss er ein, dass all seine Stammgäste auch auf seiner Seite waren. Er hatte sich jeden einzelnen vorgeknöpft, aber die hatte Pam schon lange um den Finger gewickelt. Keiner wollte ihr was Böses. Und zum anderen konnte er jeden zusätzlichen Cent gebrauchen. Es machte das Leben leichter, wenn er sich um seine Mutter und deren Pflege keine großen Sorgen mehr zu machen brauchte.
Pamela stopfte all ihre Sachen zurück in ihre Tasche. Auch das Babyöl, das sie noch schnell in eine Ziptüte steckte, damit es keine unschönen Flecken hinterlassen konnte. Dann sah sie den Russen an, der sie seinerseits interessiert beobachtete. Er wartete gespannt darauf, was sie wohl vorhatte. Hatte er sie vorhin richtig verstanden? Inzwischen hasste er sich für seine eigene Sturheit und Faulheit. Oh, es hatte doch genug Zeit gegeben, ordentlich Englisch zu lernen, bevor er nach Amerika flog, doch er hatte keinen Sinn darin gesehen, sich mit so etwas zu quälen. Er hatte normalerweise genug Leute, die ihm das abnahmen, für ihn dolmetschten. Dachte er. Und jetzt, in Gegenwart einer vielschichtigen jungen Dame, war er sich nicht sicher, ob er die Worte korrekt interpretiert hatte. Hatte sie ihm wirklich eine Liebesnacht versprochen? Da bestand dringender Handlungsbedarf und er würde sich beeilen, das Fehlende in den nächsten Wochen aufzuholen. Bis dahin würde er improvisieren und auf das Beste hoffen.
Sie gab es auf. Er reagierte nicht so, wie ein Amerikaner es tun würde. Nach ihrem Versprechen vorhin, hätte jeder junge Mann, den sie kannte, schon längst mit Sabbern angefangen, die Finger auf Wanderschaft geschickt. Oder ihr zumindest schon mal einen Kuss gestohlen, bevor sie ihre zweite Zeichnung beendete. Aber er hatte sich nicht gerührt. Geduldig und wachsam, und erstaunlich zurückhaltend. Innerlich gab sie ihm dafür einen kleinen Pluspunkt. Ihre Geduld war jetzt jedenfalls am Ende. Verdammt, wenn sie wenigstens wüsste, wieviel er verstand, von dem was sie sagte. Wie gut war sein Englisch wirklich? Und was faszinierte ihn ausgerechnet an ihr? Was wollte er?
„Komm, wir gehen… Ciao, Pete, bis morgen!“ „Ciao, Eisprinzessin, wir sehen uns!“
Bogdan erhob sich von der Sitzbank, zögernd. Sie waren die letzten Gäste an diesem Abend und der Wirt schien schließen zu wollen. Also ging er mit der Frau nach draußen. Er zückte sein Portemonnaie, als er an Pete vorbeikam, aber der winkte nur ab. Oh, offenbar war er an diesem Abend von einer amerikanischen Blondine freigehalten worden. Wie ungewöhnlich. Das gab es in seiner Heimat nicht.
Sie schlenderten nebeneinander die Straße hinunter, und er hatte keine Ahnung, was auf ihn zukam, was von ihm erwartet wurde und wie er es in eine Frage formulieren konnte, ohne dass sie beleidigt war. Er hatte so verdammt wenige Informationen und sein Mangel an sprachlichen Möglichkeiten ärgerte ihn. Machte ihn wütend. Er hatte es sogar versäumt, ihre Adresse rauszusuchen. Und diese Form der Nachlässigkeit kannte er an sich gar nicht. Diese kleine, wichtige Information war ihm entgangen, als er sich akribisch auf seinen Amerika-Aufenthalt vorbereitet hatte. Wie konnte ihm nur so ein Fehler passieren! Andererseits glaubte sie wohl inzwischen, dass er nur wenig Englisch verstand, und das machte es vielleicht für ihn einfacher, ihr näher zu kommen. Wer war sie, wie war sie und wo fand er einen Punkt, an dem er einen Hebel ansetzen konnte? War sie genug, genau das, was er brauchte? So viele verwirrende Fragen. Schweigend liefen sie nebeneinander her, und Pamela konnte ein amüsiertes Grinsen kaum unterdrücken. Die Nervosität des Russen war greifbar. Er traute sich offenbar nicht, ihr näher zu rücken, doch seine Anspannung und maskuline Aggressivität war nur schlecht kaschiert. Warum er immer noch zögerte, ihr einen Kuss zu rauben, war ihr unbegreiflich, aber sie spielte gelassen mit. Wenn er mit in ihre Wohnung kam, gehörte er ihr. Ihre Beute. Zumindest für diese Nacht. Zwei Blöcke weiter betraten sie die bewachte Lobby eines luxuriösen Hochhauses. Der Portier grüßte freundlich, hier war Miss O´Hara also bestens bekannt. Bogdan merkte sich diese Information und folgte ihr in den Aufzug.
Jetzt schien sie ein wenig verunsichert, starrte ihn unter halbgeschlossenen Augenlidern an, zupfte plötzlich nervös an ihrer Tasche herum und schien sich dann zu einer Entscheidung durchzuringen. Plötzlich straffte sie die Schultern und Bogdan atmete tief durch, als sie einen Teil ihrer Nervosität hinunter schluckte, und ihn einladend anlächelte, sinnlich und erwartungsvoll. Ihre Selbstsicherheit kehrte zurück. Sie nahm ihn mit in ihre Wohnung, und er hütete sich, diese Gunst zu hinterfragen.
Erregung durchflutete ihn, er hoffte, dass er die Signale richtig gedeutet hatte, und sie ihn zu sich einlud – zu einer langen Nacht. Sein Handy vibrierte stumm, wütend wie eine Hornisse, in seiner Hosentasche, aber er ignorierte es. Sein Cousin würde ihn heute Abend nicht aufhalten, nicht so kurz vor dem Ziel. Vorsichtig schob er sich näher an die junge Frau heran, hob eine Hand und strich langsam und mit erstaunlicher Zärtlichkeit eine Strähne aus ihrem Gesicht. Er war schon gespannt. Dieser feste, strenge Dutt aus gesponnenem Gold – wie lang wohl ihre Mähne war? Hatte sie Locken oder war ihr Haar glatt und kühl. Wieder strich er über ihre Wange, mit dem Rücken seines Zeigefingers und ihre Lider flatterten kurz, bevor sie sie mit einem leisen Seufzer schloss.
Gewissheit. Mehr brauchte Bogdan nicht. Sie reagierte perfekt auf ihn, jetzt mussten sie nur noch in die Nähe eines Sofas oder Bettes kommen, und er würde sich seinen ersten Fick in Amerika holen. Diese Schönheit, von der sein Bruder nur als „unnahbar“ und „schwierig“ sprach, würde ihn heute noch zwischen ihre Beine lassen. Seine Lenden füllten sich erwartungsvoll mit Blut und er unterdrückte mühsam einen genüsslichen Schauder. Es machte keinen Sinn sie hier schon im Aufzug zu bedrängen, im Gegenteil, er wollte ein wenig abwarten, um zu sehen, was sie ihm denn freiwillig anbot. Nicht, dass es jetzt noch ein Zurück gäbe, sie war seine Beute und der Jäger schon sehr nah. Tief holte er Luft und sog ihren ganz eigenen, privaten Duft unter dem zarten Parfum ein, feminin und ein wenig lüstern. Es törnte ihn an, dass sie sich ein bisschen in seine Richtung lehnte, statt vor ihm zurückzuweichen. Ein zufriedenes, zuversichtliches Brummen entwich seiner Brust.
In der 26. Etage stiegen sie aus, es gab nur eine Tür, und Pam öffnete sie mit einer Schlüsselkarte. Gehörte ihr somit die ganze Ebene? Gelächter und laute Musik schlugen ihr entgegen und sie erstarrte mitten im Schritt. So abrupt, dass der große Mann hinter ihr in sie hineinlief, sie schier auf den hohen Absätzen umschubste. Seine Reflexe waren großartig. Er fing sie auf, einen Arm von hinten um ihre Taille geschlungen, presste er sie hart an seinen Brustkorb, bis sie ihr Gleichgewicht wiederfand. Seine Größe und Kraft imponierten ihr. Sie begann sehr leise zu schimpfen, auf Italienisch, schleuderte dann wütend ihre Schuhe von den Füßen und machte sich energisch von ihrem Begleiter los. Bogdan folgte ihr vorsichtig in die Tiefen der Wohnung. Abschätzend ließ er seinen forschenden Blick über Möbel und Wände streifen. Interessiert sah er die wenigen persönlichen Details, alles wirkte seltsam leer und ohne feminine Note. Schade, er hätte sich gerne ein klareres Bild von der jungen Schönheit gemacht, die ihn in ihre Wohnung eingeladen hatte. Seine Neugier war unermesslich groß, jede Kleinigkeit konnte ihm weiter helfen. Doch auch hier, in ihren eigenen vier Wänden, schien sie nicht allzu viel von sich preisgeben zu wollen – ganz so, als ob es den Schein zu wahren gelte. Bogdan ahnte nicht, wie Recht er mit dieser Einschätzung hatte. Auch diese Wohnung war nicht mehr als ein Teil ihrer wohldurchdachten Fassade, die sie der Öffentlichkeit präsentierte. Ihre Leidenschaft, ihre Hobbys versteckte sie gut und sorgfältig, verstaut in kleinen Kisten und Schachteln schlummerten Bilder, Zeichnungen und der Beginn einer Comic-Serie. Amerikanische Manga, von Hand gezeichnet, nicht am Computer kreiert.
„Jeremy, was machst Du denn hier? Verdammt, das kann ich jetzt aber gar nicht gebrauchen!“ „Pam? Süße, bist Du das?“ Sie kreischte laut auf und begann den jungen Mann auf dem Boden mit Flüchen und Sofakissen zu bewerfen. Der andere Typ, ein dunkelhäutiger Jüngling, erhob sich hastig und versuchte sein Shirt – und alles andere - wieder in die offene Hose zu stopfen. Das halbnackte Mädchen zwischen ihnen war offensichtlich trotz des Lärms eingeschlafen und hatte sich auf Jeremys Schoss zusammengekringelt. „Was spielt ihr denn hier? Ich will jetzt mal eine Antwort! Was macht ihr in meiner Wohnung?“
Jeremy schob vorsichtig den Kopf des Mädchens auf ein Kissen und kam auf die Beine. Er wirkte amüsiert, ein wenig überrascht, aber es war ihm keineswegs peinlich. Musste es ja auch nicht, er hatte schließlich einen Schlüssel für die Wohnung. Sie hatte ihm das Recht eingeräumt.
„Hm, ich dachte, Du hättest gesagt, dass Du bei Bianca oder Deiner Mum übernachtest, deswegen hielt ich es hier für sturmfrei…“ „Plan B, Jeremy, und das nächste Mal eine Nachricht aufs Handy, per favore. Geh doch zu Bianca eins tiefer, die ist sicher nicht da, die ist bei Mum geblieben.“ „Ja, ist ne Idee, das machen wir so. Komm, Benny, wecken wir mal Lizzy, wir verziehen uns…“ Seufzend, aber mit einem nachsichtigen Lächeln verfolgte Pam, wie sich das Trio samt aller Playstation-Teile aus dem Staub machte. Stille kehrte ein, die Wohnung war aufgeräumt und leer. Sie hatten wenigstens kein Chaos angerichtet. Zumindest dieser Teil der Abmachungen funktionierte. Bestens.
Dann waren die drei fort und Pam schlenderte zur Bar.
„Willst du einen Drink?“ Bogdan, der beobachtend neben der Tür gelauert hatte wie eine düstere Präsenz, kam näher und nickte, als sie einen Wodka hochhielt. War zwar nicht ganz seine Marke, aber er hatte in den letzten Wochen gelernt, sich auch mit so etwas zufrieden zu geben. Sein Tribut an Amerika.
Endgültig allein. Zusammen in einer verschlossenen Wohnung. Prickelnde Spannung kroch seinen Nacken hinauf. Das leichte Zittern ihrer Hand beim Einschenken verriet ihm ihre Nervosität und ließ ihn lächeln. Sein Bart versteckte seine gute Laune. Gut. Er hoffte, dass sie nicht zu viel Routine hatte. Dass es etwas Besonderes war. Dass sie ihn, einen völlig Fremden, zu sich nachhause mitgenommen hatte. Als sie ihm das Glas anbot, hielt er das Kristall mit ihren Fingern fest, umschloss ihre zierliche Hand mit seiner großen Pranke und hob das Glas an die Lippen. Die kühle, farblose Flüssigkeit brannte herb in seiner Kehle und entfachte das Feuer in seinem Innern nur noch mehr. Sein Penis war schon wieder hart, kaum dass sich die Tür geschlossen hatte. Vorausschauend hatte die junge Frau eine Kette vorgelegt, sodass er sich sicher und ungestört fühlte. Nur zögernd ließ er ihre Finger vom Glas entkommen, strich mit seiner freien Hand über ihren nackten Unterarm und beobachtete zufrieden ihre Gänsehaut. Oh, ja, auch sie spürte Verlangen und das Bedürfnis nach Sex.
„Wer?“ Mehr wollte er nicht sagen, um sich nicht zu verraten. Aber die Neugier war zu groß. „Jermey? Oh, ein allgemeiner Freund. Er hat mir schon oft einen Gefallen getan und wir vertrauen einander.“ „Lover?“ „Nicht aktuell, aber ja, in der Vergangenheit war er in meinem Bett.“ Bogdans finstere Miene hellte sich nicht auf. Sie konnte nicht abschätzen, ob er verstanden hatte, was sie sagte. Aber im Grunde war das ja auch egal, denn nun kam er näher, stellte sein Glas auf die Theke und drängte ihren Rücken gegen das dunkle Holz der Bar. Sie hielt den Atem an, als er sich langsam zu ihr herunterbeugte, eine Hand langsam und vorsichtig um ihr Kinn legte, es zu sich anhob. Gleichzeitig, wie in Zeitlupe, senkte er seinen Blick auf ihren Mund, sanft strich er mit seinen Lippen über die ihren. Kitzelte mit den weichen Barthaaren über ihre Wangen. Gab ihr jede Menge Zeit, sich abzuwenden, sich zu entziehen. Die Vernunft gebot, dass sie floh, aber dazu waren ihre Knie zu weich. Die Gefahr, die von ihm ausging, zog sie magisch an.
Sie genoss diesen ersten, sanften, vorsichtigen Kuss, ein Seufzen entfloh ihren Lippen, als sie wieder zu atmen begann. Er strich mit seinem erstaunlich weichen Bart über sie. Knurrte leise an ihren Lippen und rückte näher, um ihren Körper mit dem seinen zu berühren. Seine Hitze versengte sie schier. Durch ihr dünnes Chiffonkleidchen hindurch spürte sie seinen harten, angespannten, heißen Körper, alle Muskeln vor Energie vibrierend. Er vertiefte den Kuss, wurde fordernder, fuhr mit seiner Zungenspitze über ihre Lippen, in ihre Mundwinkel, versuchte, ihren Mund zu erobern, und da gab sie mit einem Stöhnen nach. Öffnete sich ihm, gewährte ihm Einlass. Sie ahnte nicht, dass sie damit ihr Schicksal besiegelt hatte.
Bogdan hörte auf, klar zu denken. Alle Logik war in den Hintergrund getreten, als sie den Mund weit genug öffnete, um seiner fordernden Zunge Einlass zu gewähren. Er brummte, tief, zufrieden. Gab sich dem heißen Kuss hin, spielerisch und ein wenig wild. Dann ging alles ganz schnell. Vorsichtig drehte er sie so weit um, dass er an den Reißverschluss ihres sexy Cocktailkleidchens kam. Es war erstaunlich konservativ geschnitten, hochgeschlossen, über knielang, aber der durchscheinende, mehrlagige Stoff gab ihm etwas Aufreizendes und feminine, fließende Weichheit. Mit einem entschlossenen Ratsch öffnete ihr Verführer den Verschluss und zog ihr das Kleid herunter, ohne jede Raffinesse, ohne Zärtlichkeit. Sie schnappte nach Luft, als der eisblaue glitzernde Stoff sich zu ihren nackten Füßen bauschte. Ein BH passte nicht unter das Kleid, ihre Brustwarzen zogen sich in der plötzlichen Kälte hart zusammen. Oder war es Erregung und Lust?
Nun stand sie im Slip vor ihm, recht unsanft drehte er sie wieder um und bemächtigte sich erneut ihrer Lippen, küsste sie lang, ausgiebig, hart und fordernd. Gier und kaum verdeckte Wut, immer noch. Unterdrückte Leidenschaft? Verhaltene Erregung?
Nein, er ging ohne Zögern aufs Ganze, schob sie, in seinen festen Armen gefangen quer durch den Raum bis zum Sofa und ließ sich einfach mit ihr drauf fallen. Keuchend entwich die Luft aus ihren Lungen, als sein volles Gewicht sie traf. Grob spielte er mit ihren Brüsten, ohne von ihren inzwischen geschwollenen Lippen zu lassen. Trunkene Erregung durchflutete sie, auch wenn er sich nicht einmal Mühe zu geben schien, dass auch sie den Sex genoss. War etwas in ihrem Bier gewesen? Woher kam ihre Erregung?