Schokolade und Saphire - Barbara Bornemann - E-Book

Schokolade und Saphire E-Book

Barbara Bornemann

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Beschreibung

Diana ist Georges Assistentin und entsprechend zuverlässig. Bis zu diesem Freitag, an dem George eine merkwürdige Veränderung an ihr bemerkt. Sie wirkt bei seinem Anblick schrecklich nervös und er möchte nur zu gerne herausfinden, was genau mit ihr los ist. Auch weil er denkt, mit ihrer Nervosität zu tun zu haben. Doch auch Diana bemerkt ein seltsamen Verhalten an ihrem Kollegen und fragt sich, warum er an dem Tag öfter in ihrem Büro auftaucht als sonst.

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Seitenzahl: 111

Veröffentlichungsjahr: 2017

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1

Diana spürte lediglich die Bewegungen des Wagens, wie er über Unebenheiten in der Fahrbahn fuhr und Schlaglöcher mitnahm. Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Es schien ihr Stunden her, dass sie nach Feierabend an ihrem Auto gestanden hat. Sie war gerade im Begriff gewesen einzusteigen, als ihr Lieblingskollege an ihrer Seite auftauchte und meinte, sie habe eine Beule in der Beifahrertür.

„Eine Beule? Wie konnte denn das passieren? Heute Morgen war sie noch nicht da. Dessen bin ich mir sicher.“

Diana hatte sich erstaunt zu George umgedreht. Dieser sah sie nur ernst an und Diana hatte bei seinem Anblick weiche Knie bekommen. Diese Augen!

„Vielleicht ist dir ein Lieferant reingefahren. Die fahren doch manchmal wie die Henker. Und die Kurierdienste, die unser Gebäude anfahren, haben es doch immer besonders eilig. Da kann so was schnell passieren.“

„Das mag ja alles sein, aber so etwas geht doch nicht. Ich kann niemandem ins Auto fahren und mich dann einfach so mir nichts, dir nichts aus dem Staub machen. Das ist doch unverschämt.“ George war der am meisten umschwärmte Mitarbeiter der ganzen Firma. Und vermutlich auch des gesamten Bürogebäudes. Jede von Dianas Kolleginnen fühlte sich geschmeichelt, wenn er mehr als nur „Guten Morgen“ und „Auf Wiedersehen“ zu ihr sagte. Und alle empfanden sein Schweigen als sehr schade. George hatte eine tiefe, sonore Stimme. Er könnte Speisekarten vorlesen und alle Frauen würden dennoch an seinen Lippen hängen. Wenn er Aufträge für Diana hatte und diese persönlich mit ihr besprach, anstatt sie ihr per E-Mail zu schicken, lauschte Diana gebannt. Es war, als habe die Queen einen Adelstitel verliehen. George sah aber auch zu gut aus. Er war eins neunundachtzig groß und durchtrainiert. Zumindest wirkte er so und jede Kollegin fragte sich, wie er wohl unter seinen schicken und teuren Hemden aussah. Er hatte kurze braune Haare und blaue Augen, die von Lachfältchen umrahmt waren, auch wenn sie ihn selten lachen sahen. Wenn sie Georges Augen sah, musste sie immer an Elton Johns Lied „Blue Eyes“ denken. Der Text passte irgendwie genau auf ihren Kollegen. Doch das Geheimnisvollste war, dass keiner von ihnen etwas über ihn wusste. Es war, als habe er keine Vergangenheit, als wäre er vom Himmel gefallen. Der Teufel in Verkleidung mit den Augen eines Engels. Allerdings hatte Andy, der Chef, an Georges erstem Arbeitstag verkündet, dass dieser ein alter Schulkamerad und Freund war.

Diana zwang ihre Gedanken aus dem Büro zurück in das Auto, in dem sie sich befand. Sie hatte die Augen verbunden und war erstaunlicherweise überaus sanft gefesselt. Die Fesseln waren nicht fest und ihr tat nichts weh. Sie hatte komischerweise auch keine Angst. Sie wusste zwar nicht, wohin es ging und was er mit ihr vorhatte, aber sie fürchtete sich nicht. Sie war sich auch sicher, dass sie kurz bewusstlos war. Das musste passiert sein, als sie die Beule begutachtet hatte, die vermutlich überhaupt nicht vorhanden war. Aus irgendeinem Grund hatte George sie von ihrem Auto weggebracht.

„Du bist wieder wach“, sagte er auf einmal in seiner sanften Baritonstimme. „Ich hoffe, ich habe dir keine großen Schmerzen zugefügt.“

„Nein. Ich habe keine Schmerzen. Du hast mich gefesselt und mir die Augen verbunden, aber du hast mich nicht geknebelt. Wieso nicht?“

„Weil du nicht schreien wirst. Dessen war ich mir von Anfang an sicher.“

„Wohin fährst du, und was hast du mit mir vor?“

„An einen wunderschönen Ort. Es wird dir dort gefallen.“

„Wieso hast du mich nicht einfach so gefragt?“

„Weil du jemand bist, den man vor vollendete Tatsachen stellen muss, liebste Kollegin.“ George strich sanft mit seinen Fingerknöcheln über Dianas Wange, und sie war elektrisiert. Sie konnte einen wohligen Seufzer gerade noch so unterdrücken. Das war seine erste Berührung außer des Handschlags an seinem ersten Arbeitstag.

George verlangsamte das Tempo und kam schließlich zum Stehen. Er stieg aus, umrundete das Auto und half Diana heraus. Sie blieb kurz stehen und versuchte ihre Umgebung zu erahnen. Sie waren auf jeden Fall in der Natur. Sie hörte das sanfte Rauschen von Blättern und etwas weiter weg das Plätschern eines kleinen Wasserfalls. Die Sonne schien warm auf ihre Schultern. George umfasste sanft ihren Oberarm und führte sie aus der Sonne. Diana hörte das Rauschen jetzt deutlicher.

„Vorsicht, Berry. Ich möchte nicht, dass du über eine Wurzel stolperst, und dich verletzt.“

„Wie hast du mich genannt? Berry?“

„Du isst sehr gerne Erdbeeren und ich weiß, dass du das Lied „Strawberry Fields“ liebst. Soll ich dich „Straw“ nennen? Das klingt zu trocken.“

Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Okay, die Sache mit den Erdbeeren konnte jeder wissen. Während der Saison aß sie unglaublich viele Erdbeeren. In diesen Monaten bestand ihr Speiseplan fast nur daraus. Aber das Lied… Das war kaum der Dauerbrenner der BBC-Hitliste. Hin und wieder spielten die schon das musikalische Nationalheiligtum. Allerdings auch nur die üblichen Verdächtigen wie „Let it be“ oder „Yesterday“. George… nein, unmöglich. Aber wieso war er dann hier draußen mit ihr? Stand er vielleicht doch auf sie? Dass sie Interesse hatte, war offensichtlich. Er hätte blind sein müssen, um nicht zu bemerken, wie die gesamte weibliche Belegschaft ihn anhimmelte. Aber dann ausgerechnet sie! Die kleine, graue Maus. Mehr als einen Kopf kleiner als er, mit ein paar Pfunden zu viel auf den Hüften. Mit faden, braunen Haaren und gewöhnlichen, braunen Augen. Nichts an ihr passte. Oben herum zu breit und unten zu schmal. Ihre Fesseln sahen aus, als wäre eine Hungersnot ausgebrochen, und der Rest ihres Körpers sah aus, als sei er schuld daran. Und an der sollte George interessiert sein? Sie grübelte so stark, dass sie gar nicht merkte, dass George stehen geblieben war und sie sanft an einen Baum lehnte.

„Mund auf!“, sagte er, und Diana gehorchte. Sie schmeckte eine süße Erdbeere. Sie war überrascht. Das hatte sie nicht erwartet. Sie hatte gehört, dass Erdbeeren Venus repräsentierten und ein Zeichen der Verführung waren. Wie Feigen.

„Nochmal,“ George mochte das Spiel. Er hatte Spaß daran, Diana zu füttern. Sie hatte vom ersten Tag an seine Aufmerksamkeit gefesselt. Er mochte kleine Frauen. Diese wirkten so hilflos, auch wenn sie es nicht waren. Ihr Haar hatte einen schönen Schokoladenton und ihre Augen waren haselnussfarben. Aber am meisten gefielen ihm ihre Kurven. Seiner Meinung nach brauchten Frauen Kurven. Bitte nicht zu dünn. Ein Mann konnte sich sonst verletzen.

Er steckte ihr eine weitere Erdbeere in den Mund und wartete, bis sie sie hinuntergeschluckt hatte. Dann beugte er sich zu ihr hinab und berührte ihren Mund sanft mit seinen Lippen. Er fühlte einen kleinen Widerstand, was mehr Überraschung ihrerseits war. Sie hatte auch das nicht erwartet.

Während er sie küsste, fing er zärtlich an ihren Hals zu streicheln. Er fuhr mit einer Fingerspitze über ihr Schlüsselbein und entfernte die Träger ihres Kleides. Sein Mund nahm denselben Weg wie sein Finger und seine Zungenspitze kreiste um eine ihrer harten Brustwarzen. George hörte sie stöhnen und keuchen. Immer noch eine Hand in ihrem Nacken, fühlte er, wie sie zitterte, als seine andere Hand sich ihren Weg nach unten bahnte und seine Finger in ihr feuchtes, samtenes Inneres glitten. Diana konnte an nichts anderes denken als zu sterben, sollte er je damit aufhören, das zu tun, was er gerade tat. Von ihr aus könnten sie beide dies bis in alle Ewigkeit so tun. Und sie wünschte, er würde weiter gehen als jetzt. Der raue Baumstamm in ihrem Rücken, Georges zarte Lippen und seine liebkosenden Hände… es war wie Eis auf Feuer. Sie brauchte keine Binde. Ihre Augen waren fest geschlossen und vor ihrem inneren Auge tanzten Feuerwerke. Rote, violette, blaue Funken. Sie sah goldene Sterne und ein Gewittersturm tobte in ihrem Körper. Sie glaubte zu explodieren. Und sie wünschte, sie könnte ihre Hände benutzen. Sie wollte ihre Fingernägel in seinen Rücken graben.

„Mein Gott! Gib mir mehr. Ich brauche mehr! Mach mit mir, was du willst.“ Sie musste flüstern, weil ihre Stimme ihr nicht mehr gehorchte.

George hielt für einen kurzen Moment inne und löste ihre Fesseln. Schnell griff Diana nach seinem Gürtel und öffnete seine Hose. Ganz vorsichtig hob George sie hoch und lehnte sie wieder an den Baum und…

„Diana? Bist du wach?“, fragte eine sanfte Baritonstimme nahe bei ihr. Diana erschrak und ihr Ellenbogen glitt vom Tisch. Verwirrt sah sie sich um. Sie war in ihrem Büro, an ihrem Schreibtisch. George stand davor und betrachtete sie amüsiert. Seine blauen Augen funkelten und seine sinnlichen Lippen zuckten. So sehr sie auch den echten George liebte, verehrte und begehrte, sie hätte in diesem Moment alles dafür gegeben, um wieder mit dem George ihrer Träume im Wald zu sein.

„Verzeihung. Ich war irgendwie weit weg.“

„Ich hoffe, du hattest schönes Wetter da.“

„Sehr schönes sogar. Ich war im Wald. Die Sonne schien, und ich habe einen Wasserfall gehört. Sehr nett. Und ich habe kalorienarmes Eis gegessen. Ähm, wie lange stehst du da schon?“

Georges Augen zwinkerten. Er stand lange genug da, um zu sehen, dass seine Kollegin träumte. Er konnte von ihrem Gesicht ablesen, dass sie nicht Eis gegessen hatte. Ihr verträumter Ausdruck ließ eher darauf schließen, dass ihr großer Schwarm sie ausgeführt hatte.

„Noch nicht sehr lange. Allerdings brauchte ich drei Anläufe, um dich wach zu kriegen. Andy wartet auf den Bericht von unserer deutschen Zweigstelle. Die Zahlen waren doch bestimmt pünktlich hier, oder?“

„So sind die Deutschen nun einmal...“, murmelte Diana vor sich hin. Sie war schließlich das beste Beispiel für deren berühmte Pünktlichkeit. Andy hatte allen Angestellten Gleitzeit zugestanden, sie mussten nur alle bis spätestens neun Uhr an ihren Schreibtischen sitzen. Diana war von allen Kollegen die einzige, die immer zur selben Zeit in der Firma war. Bei allen anderen schwankte die Ankunft.

„Stimmt. Man kann die Uhr nach ihnen stellen. Was mich wieder zu dem Bericht bringt...“

Diana hatte das seltsame Gefühl, als wenn George ihr die Geschichte über das kalorienarme Eis nicht unbedingt abgekauft hatte. Eigentlich war es ja auch eine selten dämliche Ausrede. Aber auf der anderen Hand träumte doch jede Frau von kalorienarmen Süßigkeiten. Sie merkte, dass sie rot wurde, und hoffte, dass ihr Gesicht nicht zu rot war.

„Ja, der Bericht. Den habe ich schon länger fertig. Ich wollte ihn eigentlich dir geben, damit du ihn an Andy weiterreichst, aber ich war… ähm, nun ja...“, fing sie an und wickelte eine ihrer Locken um ihren Finger.

„Abgelenkt?“ George beugte sich über ihren Schreibtisch. Diana konnte riechen, dass er „Baldessarini“ trug. Außerdem trug er das Hemd aus dunkelblauer Seide. Das lag enger an als die anderen. Sie konnte geradeso einen Seufzer unterdrücken. Gott alleine wusste, wie gerne sie jetzt sein Hemd gepackt und ihn ausgezogen hätte. Ganz langsam würde sie Knopf für Knopf öffnen und es ihm vorsichtig vom Körper schieben… Wie gerne würde sie herausfinden, was sich unter seinen teuren Hemden versteckte. Wenn die Realität nur die Hälfte ihrer Träume ausmachte, wäre Georges Körper ein heiliger Tempel.

„So in etwa. Es tut mir leid.“

„Kein Problem. Haben wir nicht alle unsere kleinen Tagträume? Danke für den Bericht.“ George lächelte sie an und wandte sich zum Gehen. Diana sah auf ihre Uhr. Auf einmal war sie wieder schlagartig in der Realität angelangt.

„Halt! Du kannst den Bericht jetzt aber nicht abgeben.“

George drehte sich wieder zu ihr um.

„Wieso nicht?“

„Weil Andy nicht da ist. Er hatte um halb zehn einen Termin mit „Kochen und Stricken“.“

George trat wieder an Dianas Schreibtisch. Er sah verwirrt aus.

„Hast du nicht nur geträumt, sondern auch getrunken?“

Diana sah George empört an.

„Wie bitte? Ich hab' mich wohl verhört!“

„“Kochen und Stricken“? Du willst mich wohl auf den Arm nehmen. Belegt Andy während der Arbeitszeit einen Handarbeitskurs? Seine Frau kocht hervorragend. Und Andy selber kocht eigentlich auch nicht schlecht. Aber die Vorstellung von ihm, wie er vor dem Kamin sitzt mit klappernden Stricknadeln, die ist wirklich gut. Die hat was. Damit könnte ich ihn wunderbar aufziehen.“ George erlaubte sich ein breites Grinsen. Dadurch vertieften sich die Lachfältchen um seine Augen. Diana wurde es wieder ganz heiß. Irgendwie beschlich sie das Gefühl, als wenn dieser Tag noch ein schlimmes Ende nehmen würde.

„Sehr witzig! Nein, die heißen wirklich so. Das ist so eine neue Plattform für Selbstgemachtes. Andy hat sich in den letzten Wochen eingehend mit denen befasst. Er sieht Potential in den jungen Leuten.“

George hatte den Bericht auf Dianas Schreibtisch gelegt und stützte sich jetzt auf der Rückenlehne des Besucherstuhls ab.

„Aha. Und wieso weiß ich nichts von dem Termin? Du wirst ja wohl kaum vergessen haben ihn einzutragen, oder? Das wäre das erste Mal. Aber ich habe dich eben ja auch das erste Mal beim Träumen erwischt...“

Diana war sprachlos. Ihr klappte der Unterkiefer runter. Unterstellte er ihr jetzt etwa gerade, sie würde ihre Arbeit vernachlässigen? Und das nur wegen dieses kleinen Tagtraums? Sie suchte gerade nach einer passenden Antwort, als sie sah, dass er lächelte. Er hatte sie also nur ein wenig aufziehen wollen. Das beruhigte sie etwas.

„Du weißt nichts von dem Termin, weil er bei eurem Meeting am Montag noch nicht feststand. Andy war vorgestern mit dem Konzept fertig und ich habe kurzfristig den Termin vereinbart. Ich hätte nur nicht gedacht, dass er dich nicht informiert. Hin und wieder ist Andy schusselig.“