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Dieser Band enthält folgende SF-Romane: Hendrik M. Bekker: Die letzten Städte der Erde Lloyd Cooper: Lennox im Netz der Lüge Malcolm Afford: Die Veränderten von der Insel Eine kosmische Katastrophe hat die Erde heimgesucht. Die Welt ist nicht mehr so, wie sie einmal war. Die Überlebenden müssen um ihre Existenz kämpfen, bizarre Geschöpfe sind durch die Launen der Evolution entstanden oder von den Sternen gekommen, und das dunkle Zeitalter hat begonnen. In dieser finsteren Zukunft bricht Timothy Lennox zu einer Odyssee auf … Jacob Blythe beherrscht die Expedition mit blanker Gewalt, so dass sich eine Meuterei durch Barbaren und Soldaten gleichermaßen anbahnt. Selbst in Gedanken verfolgt Blythe seine Rache an Tim Lennox und ist überzeugt davon, dass sich Lennox in der Nähe befindet. Sollte ihm endlich seine Rache gelingen?
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Seitenzahl: 239
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Science Fiction Dreierband 3102
Copyright
Die letzten Städte der Erde: Science Fiction
Lennox im Netz der Lüge: Das Zeitalter des Kometen #49
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Die Veränderten von der Insel
Dieser Band enthält folgende SF-Romane:
Hendrik M. Bekker: Die letzten Städte der Erde
Lloyd Cooper: Lennox im Netz der Lüge
Malcolm Afford: Die Veränderten von der Insel
Eine kosmische Katastrophe hat die Erde heimgesucht. Die Welt ist nicht mehr so, wie sie einmal war. Die Überlebenden müssen um ihre Existenz kämpfen, bizarre Geschöpfe sind durch die Launen der Evolution entstanden oder von den Sternen gekommen, und das dunkle Zeitalter hat begonnen.
In dieser finsteren Zukunft bricht Timothy Lennox zu einer Odyssee auf …
Jacob Blythe beherrscht die Expedition mit blanker Gewalt, so dass sich eine Meuterei durch Barbaren und Soldaten gleichermaßen anbahnt. Selbst in Gedanken verfolgt Blythe seine Rache an Tim Lennox und ist überzeugt davon, dass sich Lennox in der Nähe befindet. Sollte ihm endlich seine Rache gelingen?
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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von Hendrik M. Bekker
Nach einem großen, verheerenden Krieg haben sich die Verhältnisse auf der Erde komplett geändert.
Jon Mygird ist Sonderermittler im Reich der Städte, als er zum Mord an einem Senator gerufen wird …
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Jon Mygird seufzte, als der Wecker ihn aus dem Schlaf riss. Er öffnete die Augen und sah zur Decke seines Apartments.
»Alarm aus«, rief er, doch das Geräusch blieb. Nach und nach drang in sein Bewusstsein, dass das Geräusch, das er hörte, nicht sein Wecker war. Es war sein Handcomputer. Er griff zur Seite, zog das kleine flache Gerät vom Nachttisch heran und hielt es an sein Ohr. Es war auffällig spitz, eines der deutlichen äußeren Zeichen, dass er ein Alb war.
»Mygird, Jon«, brummte er. »Wer stört?«
»Lulpan hier, Kommissar Mygird. Es tut mir leid, dass ich Sie um diese Uhrzeit stören muss.«
Mygird seufzte erneut und setzte sich hin. Er bewegte ein wenig die verspannten Schultern, um seine Muskeln zu entspannen. Es war sowieso nicht so, als hätte er einen guten Schlaf gehabt. Er hatte letzte Nacht zu lange gefeiert.
»Dennoch tun Sie es, Lulpan. Also, was ist der Grund?«
»Wir haben einen Mord in siebenundvierzig D, Kano-Stadt. Das Mordopfer ist ein hochrangiger Senator.«
Scheiße, dachte Mygird. Er war nun seit mehr als zehn Jahren bei der Mordkommission von Gardarike und er wusste, dass jeder tote Politiker nichts als einen Hals voll Ärger brachte.
»Siebenundvierzig D, Kano-Stadt«, wiederholte Mygird. »Ich komme.«
Er musste dorthin. Er war Sonderermittler der Mordkommission und vor allem ein Alb. In Gardarike gehörte er zu den überlegenen Einwohnern mit vollen Bürgerrechten. Man würde erwarten, dass er sofort kam, vor allem, wenn einer der Seinen tot war.
Er legte einfach auf. Nur in Unterwäsche bekleidet, stieg er aus dem Bett, ging hinüber ins Bad und betrachtete sich im Spiegel. Sein dichter schwarzer Vollbart stand im krassen Kontrast zu seiner Glatze. Die stechenden blauen Augen hatten ein paar geplatzte Äderchen. Er sah dennoch präsentabel aus, wie er fand. Bald würde er einmal wieder zur Stammzellentherapie gehen müssen. Jeder Vollbürger Gardarikes hatte, je nach Einkommen, ein Anrecht auf eine solche Therapie. Man bekam ein paar Injektionen, und es wirkte wie ein Jungbrunnen.
Er wusch sich, zog sich ein sauberes weißes Hemd und eine dunkle Hose an. Er griff sich sein Jackett, steckte seinen Handcomputer ein und verließ die Wohnung. Auf dem Korridor konnte er die aufgehende Sonne durch die großen Sichtscheiben des Apartmentblocks sehen. Er lebte in einer der neun im Kreis angeordneten Städte, die zusammen die Föderation von Gardarike bildeten. So nannte sich die Gruppe von gewaltigen Großstädten, die sich nach dem Großen Krieg zusammengefunden hatte. Jede Stadt von Gardarike war durch die Große Mauer mit der nächsten verbunden. Im Mittelpunkt der Städte lag die Industriefläche, das Herz des Städterings von Gardarike. Wenn die Sonne erstmal hoch genug stieg, konnte man dort vor lauter Augenschmerzen nicht mehr hinsehen.
Es gab, jenseits der Wilden Stämme und der fremdartigen Menschen, die in der Sonnenstadt Miklingard lebten, nach dem Großen Krieg keine Menschen mehr auf der Welt. Allerdings zählten Albe wie er sich nicht mehr als Menschen. Sie waren mehr geworden und blickten auf die Nariki, die Rundohren, genauso herab wie die Rundohren auf die Wilden Stämme. Jon fand, die Nariki waren Tiere, die noch nicht ihr volles Potenzial erreicht hatten.
Jon beeilte sich hinunterzukommen und die nächste Untergrund-Bahn zu erwischen. Während er an der Haltestelle wartete, trat eine junge Frau in blauer Uniform an ihn heran. Ihre Gesichtszüge waren steif und sie lächelte, ohne dass es ihre Augen wirklich erreichte.
Sie war eine Nariki, das sah er sofort. Ihre Ohren waren rund, aber das war es nicht, das sie gleich offenbarte. Es war dieser unterwürfige Blick. Ihr war ebenso klar wie ihm, wer in Gardarike das Sagen hatte.
»Ihren Fahrschein, bitte«, sagte sie. Er seufzte und zeigte sein Handgelenk. Der implantierte Chip wurde durch ein in ihrer Hand befestigtes Lesegerät erkannt, und sofort entschuldigte sie sich.
»Bitte um Verzeihung, ich wusste nicht, dass Sie ein Polizist im Dienst sind.«
»Musst du ja auch nicht wissen«, sagte Jon und sah ihr zu, wie sie davonging. Ryoma Nariki hatte angeblich vor mehr als tausend Jahren diese künstlichen Menschen geschaffen.
Sie wurden geboren wie wir, dachte Jon. Aber sie sind alles andere als wir. Sie sind so viel weniger …
Er stieg in die Untergrund-Bahn und fuhr los.
Es dauerte nicht lang, um nach Kano zu kommen.
Jon Mygird betrat den Wohnkomplex siebenundvierzig D in der Stadt Kano, einem der pulsierenden Orte des Megastadtkomplexes Gardarike. Alles hier bestand aus hohen, graue Gebäuden, in denen das Licht der Sonne oft von den bläulich schimmernden Fenstern reflektiert wurde. Hier lebten die Reichen, und die Armen kamen nur zum Arbeiten her. Schulter an Schulter saßen hier diejenigen, die wichtige Entscheidungen für Gardarike trafen.
Jon merkte, wie seine Kopfschmerzen schlimmer wurden inmitten von Lärm, Neonlichtern und den ständigen Geräuschen der vorbeiziehenden Fahrzeuge.
Als Sonderermittler war Jon nicht wie die anderen. Er war ein Alb, einer der genetisch verbesserten Menschen. Jons Augen leuchteten in einem fast übernatürlich klaren Blau. Er wusste, dass er nicht einfach nur einen Mordfall aufklären musste. Ein toter Senator bedeutete auch immer Intrigen und entweder organisierte Kriminalität oder noch schlimmer: politische Verwicklungen.
Zudem war der Senator ebenfalls ein Alb, und der Tod eines der Seinen musste hart geahndet werden.
Vor dem abgesperrten Apartment des Senators drängten sich Polizisten und Sicherheitsbeamte, während Jon einige ihrer ihm vertrauten Gesichter erkannte. Als er das Apartment betrat, überkam ihn der Gestank von Angst, den selbst die besten Luftfilter nicht beseitigen konnten. Die anderen Polizisten wussten genauso gut wie Jon, was ein toter Politiker bedeutete.
»Alles ist so geblieben, wie wir es gefunden haben«, erklärte Kommissar Garugh, als er Jon begrüßte. »Senator Bengir wurde tot aufgefunden, und es sieht ganz danach aus, als ob es ein Mord aus nächster Nähe gewesen ist. Niemand hat etwas Verdächtiges gesehen.«
Jon nickte. Er sah sich im Raum um. Der Senator lag reglos auf dem Boden, sein Blick ins Leere gerichtet. Jons geschultes Auge bemerkte die kleinen Details. Zunächst fiel ihm die zerknitterte Kleidung des Senators auf und die Art, wie seine Hände sich um den eigenen Hals gekrampft hatten. »Es sieht so aus, als ob er erstickt wurde«, murmelte Jon mehr zu sich selbst als zu Garugh. Es war ein brutaler, aber persönlicher Mord.
Er kniete sich neben den leblosen Körper und musterte den Toten. Er hob den Blick. Das gesamte Zimmer war unordentlich, als hätte jemand nach etwas gesucht. Seine Augen wanderten durch den Raum. Jon ging ein paar Schritte. Die Tür zum Schlafzimmer stand auf. Er runzelte die Stirn. Neben dem Bett war ein Lüftungsgitter.
Einem Instinkt folgend beugte sich Jon vor. Mit einem Fingernagel hob er das Gitter an und sah in den schmalen Raum dahinter. Er aktivierte die kleine Lampe, die in seinem Handcomputer verbaut war.
Da war etwas Kleines, das im Schatten lag – ein Datenkristall. Er zog ihn vorsichtig aus dem Versteck, das sich hinter dem Lüftungsgitter befand, und hielt ihn neugierig in der Hand.
»Hübsches kleines Ding«, murmelte er vor sich hin, während er den Kristall zwischen seinen Fingern drehte.
»Ist das ein Datenkristall?«, fragte einer der Polizisten.
Jon nickte nur. »Ich brauche ein Terminal, um auf diesen Datenkristall zugreifen zu können. Haben wir eine Standleitung zur Sicherheitszentrale? Wenn das verschlüsselt ist, brauche ich die Rechenleistung.«
Garugh blickte überrascht. »Eine sichere Leitung? Hier? Nein, das wird dauern. Es ist vermutlich effektiver direkt hinzufliegen.«
Jon nickte, während er den Kristall weiterhin in der Hand hielt. Er wollte wissen, was gespeichert war. Es konnte sein, dass der Senator Dreck am Stecken hatte. Genauso gut war es möglich, dass der Inhalt irrelevant für den Mord war.
Jon ließ sich in einem schwebenden Taxi zur Zentrale der Sonderermittler fahren. Während die Lichter von Gardarike an ihm vorbeizogen, ließ er sich ein wenig über den toten Senator anzeigen. Der Mann war nicht oft in den Schlagzeilen gewesen. Bengir gehörte zu der kleinen Gruppe von Senatoren, die lieber gestern als morgen einen Krieg mit Miklingard angefangen hätten. Er schien keine Verwandten zu haben.
Das Taxi landete auf einer Plattform an dem gewaltigen Gebäudekomplex, der die Zentrale des Sicherheitsrates war. Die Zentrale war nur durch höchste Sicherheitsstufen zugänglich und war ein Ort, über den mehr Gerüchte existierten, als Jon zählen konnte. Die Hälfte war aber noch untertrieben.
Als er eintrat, wurde er fast sofort von einem Sicherheitsbeamten befragt und musste seine Identifikation vorzeigen. Nach dem Prüfungsprozess führte man ihn zu einem gesicherten Terminal, wo er schließlich allein in einem gläsernen Raum stand.
Jon setzte sich vor das Terminal und schloss den Datenkristall an. Das leichte Summen des Systems und das Blinken des Displays umgaben ihn, während er auf die Informationen zugriff. Das Interface war komplex, aber seine erweiterten Fähigkeiten als Alb ermöglichten es ihm, schnell den Überblick über die Daten zu behalten. Es war eindeutig für seinesgleichen gemacht, nicht für die weniger wertvollen Einwohner der Städte.
Der Datenkristall enthielt vor allem Listen mit Namen, Beträgen und willkürlichen Zahlenfolgen, denen Jon nichts zuordnen konnte. Er scrollte durch die Einträge und entdeckte, dass es sich um Personen handelte, die bestochen werden sollten, oder um solche, die bereits Bestechungsgelder angenommen hatten.
Jon fluchte leise. So etwas hatte ihm gerade noch gefehlt. Der Senator hatte also eine Liste von Leuten, die er bestochen hatte. Nur, war das relevant für den Fall? Und vor allem, war es relevant genug, so viel Staub aufzuwirbeln, wenn er das melden würde?
Jon runzelte die kahle Stirn. Alle betroffenen Personen arbeiteten bei der Luftflotte von Gardarike. Diese Erkenntnis ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Ein Angriff auf die Stadt konnte bevorstehen. Gardarike hatte mächtige Feinde, allen voran die Stadt Miklingard. Die Einwohner dieser Stadt waren allem gegenüber feindlich gesinnt, was mit Gentechnik zu tun hatte. Sie wurden meist nur als Anachros bezeichnet, da sie allen Fortschritt ablehnten, den man in Gardarike erwirkt hatte. Sie waren Anachronisten, übriggebliebene lebendige Fossile, die sich nach dem Großen Krieg geweigert hatten, sich verbessern zu lassen wie die Albe. Sie würden irgendwann aussterben. Leider sahen sie in Gardarike eine Bedrohung, und ein Angriff konnte nie ausgeschlossen werden. Sie hassten Gardarike für die Art, wie sie hier lebten.
Er wusste sofort, dass er die Informationen melden musste. Dieses Wissen war zu wichtig, als dass er es für sich behalten konnte. Wenn diese Listen in die falschen Hände gelangten, konnte es Gardarike den Untergang bringen.
Er aktivierte seinen Handcomputer. Er wusste, dass es notwendig war, Kanzlerin Leh Safin direkt darüber zu informieren. Sie war die einzige, die in der Lage war, angemessen auf die Bedrohung zu reagieren, die sich abzeichnete. Am Ende des Tages waren er und die anderen Sicherheitsbeamten sowieso nur ihr verpflichtet, nicht dem Senat.
»System, kontaktiere Kanzlerin Leh Safin und stelle einen direkten Kanal für eine vertrauliche Übertragung her«, befahl er und bereitete sich auf das Gespräch vor.
Kanzlerin Leh Safin sah sich im Spiegel an. Sie war die oberste Herrin von Gardarike und sie musste sich eingestehen: Sie wurde alt. Ihre weiße Haut war nicht mehr makellos. Ihr rotbraunes Haar hing ihr in weichen Wellen bis über die Hüfte.
Sie drehte sich ins Profil. Dann entschied sie, dass sie es hätte lassen sollen. Ihre Hüfte, befand sie, hatte ihre besten Tage hinter sich. Der Stress nagte an ihr, sie aß zu viel, bewegte sich zu wenig. Sie brauchte dringend mehr Stammzellen, doch die Ärzte hatten vor zu vielen Eingriffen in zu kurzer Zeit gewarnt. Ihre Brüste hingen von Tag zu Tag mehr, und inzwischen war ihr politisches Fundament in der Partei der Meinung, sie werde in mehrfacher Hinsicht zu weich für die Machtposition, in der sie war.
Wenn man klug war und Erfolg hatte, sahen einem die Leute nach, dass man nicht mehr schön war. Bei ihr war nur die Intelligenz geblieben, und die bekam ihrer Meinung nach niemand mehr mit.
Missmutig fasste sie ihre Bauchfalte mit beiden Händen, als könnte sie sie wie eine Kleiderfalte einfach wegstreichen. Sie seufzte. Dann warf Kanzlerin Safin sich ihr weites blassblaues Gewand über und gürtete es mit einer breiten Kordel.
Sie vermisste Kirin Lot, ihren ehemaligen Geliebten. Ein wirklicher Partner war er nie für sie gewesen, nur politischer Spielball. Leider war er zu klug gewesen und hatte das begriffen. Sie konnte ihm nicht verübeln, dass er sie als manipulative Schlange beschimpft hatte und sich nun mit einer Jüngeren vergnügte. Und doch behielt sie jede Erinnerung an ihn im Herzen: Sie erinnerte sich gerne an jeden einzelnen Morgen, nachdem sie an ihn geschmiegt aufgewacht war.
»Herrin, Sie haben eine Prioritätsmeldung eines Kommissars des Sicherheitsdienstes«, meldete eine körperlose Stimme, die von ihrem Kommunikator kam. Ihre persönliche Assistentin hatte die Berechtigung, die Senatorin zu jeder Tages- und Nachtzeit zu erreichen, ob sie wollte oder nicht.
Sie betätigte die Entsperren-Taste und sagte: »Ist gut, ich komme.«
Sie warf keinen Blick zum Spiegel zurück und ging direkt durch ihre Wohnung hinaus auf den Korridor. Von dort brauchte sie nur eine kurze Fahrstuhlfahrt zu ihrem Büro.
Die Sonne bestrahlte den Stadtring von Gardarike. Der Fahrstuhl ermöglichte ihr eine unglaubliche Aussicht, da er fast nur aus Stahl und Glas zu bestehen schien.
Dann war die Fahrt vorbei und sie stieg aus, direkt in ihr kleines Büro. Sie hatte noch ein anderes größeres zu Empfangszwecken. Doch dies hier war wirklich die Schaltzentrale der Macht.
Sie seufzte erneut.
Was würde ihr also heute den Tag verderben?
*
Ein kurzes Piepen signalisierte den Verbindungsaufbau, und nach einigen Sekunden erschien das Bild der Kanzlerin auf dem Bildschirm vor Jon Mygird. Sie wirkte auf den Sonderermittler müde.
»Jon Mygird, Sonderermittler«, sagte er, um ihr in Erinnerung zu rufen, wer er war.
»Ich erinnere mich. Was gibt es?«, fragte sie teilnahmslos.
»Kanzlerin Safin, ich habe Informationen entdeckt, von denen Sie wissen sollten«, begann Jon. »Es geht um Listen von Personen in der Luftflotte, die bestochen wurden oder werden. Ich vermute, dass dies Teil einer Vorbereitung auf einen Angriff von Miklingard ist. Die Liste war im Besitz des nun toten Senators Bengir.«
Leh Safins Miene wurde sofort ernst. »Bengir ist tot?«
»Ja. Verzeihen Sie, Herrin. Ich war davon ausgegangen, dass man Sie darüber informiert hat.«
»Was wissen wir genau?«
Jon erklärte ihr die Details der gefundenen Daten und ihre möglichen Implikationen. Er beobachtete, wie sich ihr Gesichtsausdruck veränderte. Sie wirkte nun besorgt.
»Hat der Geheimdienst eine Akte über Bengir?«
»Nein.«
In diesem einen Wort lag ein Teil dessen, was Jon so beunruhigte. Der Geheimdienst hatte nichts von den Bestechungen gewusst. Dass er selbst keinen Zugriff auf derartige Akten bekam, das war für ihn völlig in Ordnung. Doch wenn die Kanzlerin nichts über Bengir wusste, war das ein schlechtes Zeichen. Dann wusste der Geheimdienst wirklich nichts von den Bestechungsversuchen des Senators.
»Wir müssen sofort unsere Sicherheitsmaßnahmen verstärken. Ich werde die Sicherheitsleitung anweisen, entsprechende Schritte einzuleiten«, sagte Safin.
»Soll ich den Fall weiter verfolgen, Kanzlerin?«
»Absolut, bis zum Ende. Egal, was benötigt wird, es ist genehmigt. Bericht wird mir direkt erstattet. Sollte klar sein, dass es keine Beteiligung von Miklingard gibt, will ich das umgehend wissen.«
»Ja, Kanzlerin. Ich melde mich, sobald ich etwas weiß«, antwortete Jon und beendete die Verbindung.
Kirin Lot streichelte die Innenseite von Belreas schwarzen Schenkeln und spürte ihr lustvolles Erzittern. Ihre braunen Augen waren geschlossen und die dünnen, etwas spitz wirkenden Augenbrauen hoben sich zu einem leichten Stirnrunzeln.
»Du musst zur Einsatzbesprechung. Die Kanzlerin klang gerade sehr ungehalten, und du willst sie doch nicht warten lassen«, erinnerte sie ihn mit sanfter Strenge in der Stimme, und er nickte.
Einen Moment schwiegen sie beide und Belrea sah ihn an. Dann lächelte sie.
»Ist die Besprechung sehr wichtig?«, fragte sie und hob dabei die Augenbrauen.
»Nicht so sehr wie du, denke ich«, erwiderte er, und ein Lächeln umspielte seinen Mundwinkel.
»Wollen wir mal hoffen, dass nicht ein Krieg ausbricht«, sagte sie mit einem kecken Grinsen. Ihre Lippen fanden seine Brustwarzen und wanderten seinen Körper weiter herab.
Sein Kommunikator vibrierte ungeduldig und teilte mit, dass er eine neue Nachricht hatte.
Kirin seufzte, griff danach und sah, dass um seine Anwesenheit gebeten wurde. Eine solche Bitte des Büros der Kanzlerin war eigentlich ein Befehl.
»Ich muss los«, sagte er.
Belrea schmiegte sich an Kirin und streichelte mit den Fingern über seine Brust. Ihre Hand wanderte tiefer.
»Belrea«, sagte Kirin mit gespielter Strenge mit einem Blick auf die Uhr.
»Ich weiß, Heermeister«, flüsterte sie und betonte spöttisch das letzte Wort. Sie gab ihn frei, und er verließ das Bett.
»Mach keine Dummheiten«, flüsterte sie, als er aufstand und sich hektisch seine dunkle Uniform anzog. Er strich seine dunklen Haare glatt, die inzwischen Spuren von Silber enthielten.
Kirin wusste, dass sie sich immer sorgte, dass er eines Tages getötet wurde. Er war der Heermeister von Gardarike, der oberste Anführer der Truppen der Verteidigungsflotte. Außer ihm war nur die Kanzlerin Safin in einer noch gefährdeteren Position.
»Niemals«, sagte er mit einem Zwinkern. Er sah in den Spiegel nach seinem Haar. Er war seiner Meinung nach zu jung, um graues Haar zu bekommen, doch färben wollte er es sich noch viel weniger. Manchmal dachte er, das war ein Anflug von Anachronismus, wie er nur bei den Miklingardern gepflegt wurde. Standen die Leute in Gardarike nicht über solchen Gedanken? Dann war seine Haarfarbe eben unnatürlich. Vielleicht sollte er sie doch färben. Er rückte seine Uniform zurecht.
Belrea räkelte sich vor ihm. »Du weißt, dass ich dich jederzeit davon abhalten kann, zu dieser Versammlung zu gehen«, schnurrte sie. Dabei presste sie ihre Handgelenke zusammen und hob mit ihren Oberarmen ihre Brüste hervor.
Kirin lachte. »Ja, du bist mächtiger als die Kanzlerin«, stimmte er ihr zu und er war sich nicht sicher, ob es nicht auch die Wahrheit war.
Dann verließ er den Raum.
Es waren keine weiteren Worte nötig. Sie wusste, dass er sich melden würde.
Kanzlerin Leh Safin saß in einem modernen Konferenzraum. Die Wände aus Glas ermöglichten einen atemberaubenden Blick über den Ring der Städte, aus denen Gardarike bestand. Ein Mann trat ein und ging zu ihr. Es handelte sich um den Heermeister Kirin Lot, einen bulligen Mann mit einem strengen Gesichtsausdruck. Der Heermeister war bekannt für seinen militärischen Scharfsinn und seine pragmatische Herangehensweise an sicherheitspolitische Fragen.
Sie bemerkte, dass seine Haare ein wenig grauer geworden waren.
»Kirin«, begann Kanzlerin Safin und sah ihn ernst an. »Der Kommissar des Sicherheitsamtes hat Informationen entdeckt, die potenziell katastrophale Folgen für Gardarike haben könnten. Es handelt sich um Listen von Personen in der Luftflotte, die bestochen wurden oder in einem Prozess der Bestechung stehen. Sie stammen von einem getöteten Senator.«
Kirin Lot hörte sich das mit unbewegter Miene an. »Das klingt ernst, Kanzlerin. Haben wir die Namen, die darauf stehen?«
»Ja, einer meiner Sonderermittler hat mir die Daten übermittelt«, antwortete sie und holte einen Handcomputer hervor, auf dem die relevanten Informationen gespeichert waren. »Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir sofort handeln. Ich möchte, dass Sie alle auf dieser Liste überprüfen und die betroffenen Personen aus dem aktiven Dienst entfernen. Wir können es uns nicht leisten, dass jemand von innen heraus eine Bedrohung für unsere Stadt darstellt. Wenn es sich um einen Versuch Miklingards handelt, unsere Verteidigungsfähigkeit zu schwächen …«
Kirin Lot nahm das Pad und begann, die Informationen darauf durchzusehen. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich leicht, als er die Namen las. »Wenn diese Leute tatsächlich bestochen wurden, könnte das weitreichende Konsequenzen haben. Wer weiß, wie viele von ihnen an kritischen Operationen beteiligt waren oder noch sein könnten.«
»Genau«, bestätigte die Kanzlerin. »Wir müssen die Einsatzfähigkeit unserer Luftflotte sicherstellen. Gerade in Anbetracht der angestiegenen Spannungen mit Miklingard ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für interne Konflikte.«
»Ich werde sofort meinen besten Offizieren Anweisung geben, diese Überprüfung durchzuführen«, erklärte Kirin Lot und wandte sich zum Gehen. »Wir werden schnelle und gründliche Maßnahmen ergreifen. Ich werde sicherstellen, dass diese Personen nicht mehr für den aktiven Dienst in Betracht kommen, bis wir wissen, wem wir wirklich vertrauen können.«
»Tun Sie, was nötig ist, Heermeister«, sagte Safin und sah ihm direkt in die Augen. »Ich zähle auf Sie. Wenn wir nicht entschlossen und schnell handeln, könnte Gardarike an einem kritischen Punkt stehen.«
Kirin Lot nickte fest entschlossen. »Wie ist der Name des Sonderermittlers, Kanzlerin?«
»Wieso?«
»Ich würde gerne mehr über ihn erfahren. Können wir ihm trauen? Ich hätte ihn gerne mir unterstellt.«
»Nein, er wird mir direkt Bericht erstatten. Ich informiere Sie über alles, was nötig ist, Heermeister.« Die Kanzlerin ließ keinen Zweifel daran, wer hier das Sagen hatte.
Kirin Lot nickte nur.
Sie wusste, dass die nächsten Schritte entscheidend sein würden, um die Bedrohung abzuwehren. Wenn es einen Angriff von Miklingard geben würde, wollte sie sicher sein, dass Gardarike bereit war, sich zu verteidigen.
»Ich halte Sie über alle Entwicklungen auf dem Laufenden«, fügte sie hinzu, bevor Kirin den Raum verließ, um seine Anweisungen zu geben.
Die Kanzlerin sah einen Moment nachdenklich auf die nun geschlossene Tür, durch die Kirin Lot gegangen war.
Der Heermeister war noch immer ein stattlicher Mann, dachte sie. Sie wusste, dass er dem Zauber einer anderen Jüngeren erlegen war.
Sie schüttelte den Kopf. Es gab Wichtigeres, an das sie jetzt denken musste. Sie hatte zu tun.
*
Jon Mygird saß an einem Terminal in der Zentrale des Sicherheitsamtes und war fest entschlossen, die Wahrheit über den Mord an Senator Bengir aufzudecken. Die Stunden vergingen, während er sich durch die Überwachungsvideos des Wohnkomplexes siebenundvierzig D kämpfte. Es war eine frustrierende Angelegenheit, denn die meisten Kameras waren kurz vor dem Mord ausgefallen, als ob sie absichtlich deaktiviert worden wären. Doch bei einer anderen Kamera, die sich auf einer der weniger frequentierten Straßen befand, entdeckte er eine Aufzeichnung, die seine Aufmerksamkeit erregte. Ein unscharfes Bild zeigte eine junge Frau, die mutmaßlich in das Gebäude ging, kurz bevor der Senator tot aufgefunden worden war. Sie sah sich immer wieder um und schien sehr bewusst ihren Weg so zu wählen, dass er immer nur im Bereich der ausgefallenen Überwachungskameras entlanglief. Die hier hatte sie vielleicht einfach übersehen.
Jon Mygirds Interesse war geweckt.
Mit einem schnellen Befehl durchsuchte Jon die Datenbanken der Sonderermittler nach Informationen über die Frau. Die Aufnahme war gut genug, um ihr Gesicht halbwegs erkennen zu können. Sein Herz klopfte schneller, als das System die Informationen abglich und schließlich enthüllte, dass es sich um Jane Nutwenni handelte.
»Jane Nutwenni …«, murmelte er vor sich hin und begann, ihre Details zu überprüfen. In den Datenbanken des Sichereitsamtes fand er heraus, dass sie in den Slums zwischen den Großstädten lebte, ein Ort, den vollwertige Bürger Gardarikes und reinrassige Albe oft mieden und der sich unter den Wohntürmen der Stadt befand. Es war eine raue Umgebung, gefüllt mit dem Geruch des Verfalls und der Verzweiflung, wo die Schatten der Vergangenheit niemanden losließen. Jon war nicht gerne dort.
Jane Nutwenni war mehrfach durch Sachbeschädigung und schwere Körperverletzung aufgefallen. Sie hatte mehrfach Sozialstunden verordnet bekommen, diese aber nicht erfüllt. Sie war genetisch minderwertig und für wichtige Aufgaben ungeeignet.
Jon fragte sich, ob Jane möglicherweise der Täter war oder ihn gesehen hatte. Sie war, soweit er das nachvollziehen konnte, sehr nahe im entsprechenden Zeitfenster am Tatort gewesen. Zudem war sie ein idealer Kandidat, um von den Miklingardern angeworben zu werden.
Er wollte sie befragen.
Jon wählte die Nummer der Sicherheitsmannschaften, die die Drohnen befehligten.
»Ich will eine großangelegte Suche nach Jane Nutwenni. Biometrische Daten der Verdächtigen hängen dieser Nachricht an. Sie lebt vermutlich in den Slums. Bringen Sie die Frau lebend, egal in welchem Zustand. Befragt werden muss sie noch. Haben wir uns verstanden?«
»Ja, natürlich«, kam es sofort zurück.
Jon Mygirds Sicherheitskennung sorgte dafür, dass keine weiteren Fragen gestellt wurden. Wenn ein Kommissar des Sicherheitsamtes etwas verlangte, wurde es erfüllt.
Es dauerte nicht lange, bis er Echtzeitaufnahmen der Drohnenpiloten übermittelt bekam. Sie durchflogen die Stadt hinab zu den Slums. Jon beobachtete die Bildschirme vor sich, auf denen mehrere Drohnenaufnahmen nebeneinander liefen. Er hatte keine Schwierigkeiten damit, die Suchvorgänge parallel zu verfolgen. Die Bilder von überfüllten Gassen, baufälligen Gebäuden und den teils schattenhaften Figuren, die sich in den ebenso düsteren Straßen bewegten, flogen geradezu an seinen Augen vorbei.
Wo bist du nur, Jane?, dachte er, während er wartete, dass die Drohnen etwas Auffälliges erfassten. Ich brauche Antworten. Die Kanzlerin braucht Antworten!
Nach einer nervenaufreibenden Wartezeit gab eine der Drohnen endlich ein Signal. Auf dem Bildschirm erschien ein Bild von einem verfallenen Raum, in dem eine junge Frau zu sehen war, die in einer dunklen Ecke saß und mit einem kleinen Gerät hantierte. Jon war sich sofort sicher, dass sie
es war.
Die kurz darauf erscheinende Markierung in der Bildecke verriet ihm, dass die biometrische Verifikation ebenfalls positiv war. Alles stimmte mit den bei früheren Delikten gesammelten Daten von Jane überein.
Er überlegte, ob die Drohne sie angreifen sollte. Er wusste, dass er schnell handeln musste. Jon gab den Befehl, Landungseinheiten zu senden und Jane Nutwenni festzunehmen. Drohnen reichten ihm in dem Fall nicht. Bei ihrem Vorstrafenregister konnte sie sicher mit einer einzelnen Drohne umgehen.
»Wir müssen alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen einhalten. Sie könnte mehr wissen, als wir bisher vermutet haben«, sagte er und beendete die Verbindung.
Er ließ sich ein Flugtaxi bestellen und gab Anweisung, dass Verstärkung in die Slums kommen sollte.
Es dauerte nicht lange, dann war er in den Slums.
Die Polizeidrohnen schwebten leise über dem tief unter der Stadt liegenden Armenviertel nahe der Position von Jane Nutwenni. Jon landete in einiger Entfernung mit seinem Flugtaxi und ging die letzten Meter zu Fuß.
Hier gab es viele der traditionellen Pilzfarmen. Es roch verrottet. In den Schatten der Großstädte wuchsen auf verrottender Biomasse die Pilze, die die Slumbewohner als Nahrungsquelle nutzten. Es war kaum zu glauben, dass in dieser heruntergekommenen Umgebung so viel Überlebenswille herrschte. Jon kam nicht umhin, ein wenig beeindruckt zu sein, welchen Überlebenswillen diese Leute besaßen.
Jon wusste, dass es jetzt an der Zeit war zu handeln.
»Drohneneinheit, bleiben Sie in Entfernung und warten Sie auf meinen Befehl«, befahl er. Die Verstärkung war noch immer nicht da.
Eine Meldung erschien auf seinem Handcomputer. Es hatte einen Aufstand gegeben, viele Sonderkommandos waren im Augenblick im Einsatz.
Er fluchte. Na gut, dachte er. Dann eben alleine.
Der Anblick der Felder, die aus mühsam zusammengetragenem Abfall bestanden, war abstoßend, genau wie der Geruch. Er hatte seine Dienstwaffe gezogen und näherte sich einer Hütte, die neben einer verfallenen Industriehalle stand. Dutzende Leute gruben hier mit bloßen Händen den Boden um.
Als er sich ihnen näherte, verstummten sie. Sie wussten, wie ein Alb aussah und was die Waffe in seiner Hand bedeutete. Niemand erwiderte seinen Blick. Sie alle sahen sofort zu Boden. Ihre Lippen bewegten sich. Sie beteten, dass sie nicht sein Opfer sein würden. Er kannte das schon.
Dann entdeckte er sie. Auch ohne sie genau zu erkennen, war es eindeutig Jane Nutwenni. Sie erwiderte seinen Blick. Die Lumpen, die sie trug, waren schmutzig, ebenso wie sie. Sie trug ein Kapuzenshirt, doch ihr Blick sagte klar, dass sie ihn erkannt hatte.
Ihre Blicke trafen sich. Ihre Augen weiteten sich, und sofort rannte sie los.
Jon zögerte nicht und rannte ihr nach.
»Hey, warte!«, rief er, doch sie war schon losgelaufen.
Adrenalin begann durch Jon zu pumpen und er spurtete ihr hinterher.
»Drohnenpiloten, Zugriff«, schaffte er noch in seinen Handcomputer zu sagen. Er hetzte ihr zwischen die verfallenen Ruinen von Industriegebäuden hinterher. Die alten, teilweise eingefallenen Mauern bildeten ein Labyrinth aus engen Gängen.
»Bleiben Sie stehen, Jane Nutwenni! Widerstand ist zwecklos, das Sicherheitsamt will mit Ihnen reden!«, rief Jon, der wusste, dass sie darauf nicht reagieren würde. Doch das war ihm egal. Er wollte hinterher zumindest Aufnahmen haben, die glaubhaft belegten, dass er alles versucht hatte, sollte es doch zu einer Klage kommen.
Er sah etwas in ihren Händen aufblitzen. Die dolchartige Waffe war nur kurz zu sehen, doch der Alb registrierte sie sofort.
Sie bog um eine Ecke und stand plötzlich direkt vor ihm, die Waffe in der Hand und nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt.
»Komm nicht näher!«, rief sie, während sie ihn mit der Klinge in der Hand bedrohte.
Kurz überlegte er, seine Waffe hochzureißen, aber er wollte sie zumindest halbwegs unverletzt festnehmen. Jon wusste, dass er nur diese Chance hatte dazu.
Der Kampf begann damit, dass sie versuchte, ihn mit einem schnellen, präzisen Stich zu töten. Jon war schneller als sie und ein Alb. In einer kurzen, knappen Bewegung wich er aus und drängte sich an ihr vorbei, um ihre Hand zu packen und die Klinge aus ihrem Griff zu reißen. Es war kein fairer Kampf. Jon war ihr eindeutig überlegen und seine Schläge mit mehr Kraft ausgeführt als ihre.