Secret Citys Italien - Thomas Migge - E-Book

Secret Citys Italien E-Book

Thomas Migge

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Beschreibung

Entdecken Sie Italiens verborgene Schätze: La Verna mit ihrer romantisch in den Bergen gelegenen Abtei, die wunderschöne Altstadt von Cefalu, das zauberhaft in einer Lagune gelegene Eiland Torcello oder das malerische Örtchen Triora in Ligurien. Wir stellen Ihnen 60 einmalige und unbekannte Stadtschönheiten Italiens vor, in denen Sie noch ungestört flanieren und die reiche Geschichte des Landes bestaunen können. Gehen Sie auf Entdeckungsreise!

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Thomas Migge

SECRET CITYs

ITALIEN

60 charmante Städteabseits des Trubels

INHALTSVERZEICHNIS

SECRET CITYS ITALIEN – Einleitung

NORDITALIEN

1GLURNS – Stolzes Städtchen in den Bergen

2AOSTA – Wildromantischer Bergort

3ORTA SAN GIULIO – Versteckt in den Bergen

4COMO – Städtchen am malerischen Ufer

5BASSANO DEL GRAPPA – Hochprozentiger Genuss

6AQUILEIA – Stadt mächtiger Bischöfe

7BRESCIA – Welterbestadt in bester Lage

8TREVISO – Klein-Venedig auf dem Festland

9TORCELLO – Ein Traum von einer Insel

10TURIN – Der coole Klassiker

11PAVIA – Geistige Größe und schlichte Schönheiten

12MANTUA – Von den Gonzaga begünstigt

13MONTAGNANA – Die Ummauerte

14PARMA – Für Augen, Ohren und den Gaumen

15FERRARA – Emilia Romagna für Romantiker

16POMPOSA – Die Versteckte

17GENUA – Die ignorierte Weltstadt

18BOLOGNA – Die große Unbekannte

19RAVENNA – Die Kaiserliche

20TRIORA – Dörfliches Idyll in den Bergen Liguriens

MITTELITALIEN

21ORSIGNA – Die Wahlheimat von Tiziano Terzani

22LA VERNA – Ein Platz für heilige Legenden

23URBINO – Schatzkiste der Marken

24MONTERIGGIONI – Das runde Wunder

25GUBBIO – Streifzüge durchs Mittelalter

26SAN GALGANO – Mysteriöses Mittelalter

27GIARDINO SPOERRI – Ein Garten voller Ideen

28SPOLETO – Ein Festival schreibt Geschichte

29PITIGLIANO – Das italienische Jerusalem

30ORVIETO – Ein Ziel der Extraklasse

31CIVITA DI BAGNOREGIO – Dorf in Spitzenlage

32BOMARZO – Fantasie im Grünen

33TUSCANIA – Latiums heiterer Norden

34TARQUINIA – Friedhof mit Kleinstadt

35CAPRAROLA – Ein Manifest des Manierismus

36SAN CLEMENTE – Das Nationalmonument

37DAS UNTERIRDISCHE ROM

38PALESTRINA – Im Tempel gebaut

39OSTIA ANTICA – Pompeji lässt grüßen

40NINFA – Besuch im Zaubergarten

SÜDITALIEN

41CASERTA – Das größte Schloss der Welt

42TRANI – Kathedrale am Meer

43NEAPEL – Italiens faszinierendste Stadt

44HERCULANEUM – Das kleine Pompeji

45PAESTUM – Dorische Tempel vom Feinsten

46MATERA – Wohnliche Höhlenlandschaft

47MARTINA FRANCA – Altstadt mit Stil

48LECCE – Hochburg der Baukunst

49OTRANTO – Apuliens zauberhafter Süden

50DIAMANTE – Ein perfekter Badeort

51THARROS – Antiker Ankerplatz

52BARUMINI – Weltkulturgut im Grünen

53STROMBOLI – Großes Kino auf der Insel

54PALERMO – Die Unterschätzte

55MONREALE – In Gold getaucht

56CEFALÙ – Altstadtzauber am Meer

57AGRIGENT – Antiker Klassiker am Meer

58PIAZZA ARMERINA – Eine Villa macht Furore

59SYRAKUS – Vom Armenhaus zur Prachtstadt

60NOTO – Auferstanden aus Ruinen

Register

Bildnachweis

Impressum

HISTORISCHE STADTKERNE, URIGE GESCHÄFTE, FELSENDÖRFER, FISCHERORTE, SCHLÖSSER UND STRASSEN VOLLER LOKALE: DAS EHER UNBEKANNTE ITALIEN IST REICH AN ZIELEN, DIE ES ABSEITS DER AUSGETRETENEN TOURISTENPFADE ZU BESICHTIGEN GIBT.
CALTANISSETTA AUF SIZILIEN: ITALIENS EINZIGE TREPPE, DEREN STUFEN KOMPLETT MIT HANDGEFERTIGTEN KACHELN VERZIERT SIND.

SECRET CITYS ITALIEN

OFFENBARUNGEN FÜR ENTDECKER

Rom, Venedig, Florenz – wer immer nur diese sicherlich faszinierenden italienischen Städte anfährt, sieht einiges und verpasst doch eine Menge. Denn ihm oder ihr bleibt verborgen, wie viele andere verführerische Orte es in Italien zu erkunden gibt. Ohne Massentourismus und mit reichlich Charme: Da können sich selbst Kenner überraschen lassen.

Bella Italia, das schöne Italien, das Land, so Dichterfürst Goethe, wo die Zitronen blühen, in das Deutsche seit den 1950er-Jahren über die Autostrada del Sole strömen – zu erleben und zu sehen gibt es dort ungemein viel. In Strandbädern wie Rimini und Forte dei Marmi kann man gepflegt im Sand liegen, und Kultur von der Antike bis zum Barock wird in allen historischen Städten reichlich geboten. Italien kennt man, so die Überzeugung. Gondeln in Venedig, Peterskirche und Trevibrunnen in Rom und Michelangelos David in Florenz. Wohl kein anderes Reiseland Europas ist so sehr mit Urteilen und Vorurteilen besetzt wie Italien. Und doch gibt es etliche Facetten Italiens, von denen ausländische Touristen oft nur den Schimmer einer Ahnung haben.

Die vielfältigen Städte Italiens zum Beispiel. Fast alle Reisende besuchen in der Regel nur wenige Orte, Rom, Florenz und Venedig vor allem. Städte, die in der Hochsaison, also die meiste Zeit des Jahres über, fast aus den Nähten platzen. So voll sind sie, dass der Bürgermeister von Venedig bereits über maximale Tagesquoten an Touristen nachdenkt und in Rom Polizisten die Menschenmenge vor dem Trevibrunnen dirigieren müssen. Die Vatikanischen Museen und die Florentiner Uffizien sind derart überfüllt, dass man an vielen Tagen die Kunst vor lauter Menschen kaum zu sehen bekommt.

IN NOTO WIE AUF GANZ SIZILIEN EXISTIERT IMMER NOCH DIE TRADITION DER BUNT GESTALTETEN PFERDEKARREN. ALTE UND NEUE KUNST ZEIGT DAS MUSEO CIVICO IM NORDITALIENISCHEN BASSANO DEL GRAPPA. FRESKENPRACHT IM PALAZZO FARNESE IM MITTELITALIENISCHEN CAPRAROLA.

Abstecher ins Unbekannte

Doch es gibt noch ein ganz anderes Italien, gar nicht oder nur wenig touristisch überlaufen. Wo der Gast noch König ist, weil er nicht als Gruppe, sondern als Einzelreisender auftritt, wo nicht alles im Dienst der Massenabfertigung steht.

Unter Italiens »Secret Citys«, den verborgenen Orten, hat man die Qual der Wahl, und man muss in den meisten Fällen gar nicht weit fahren. Ein, maximal zwei Stunden von den Hauptstraßen des Massentourismus entfernt locken Ortschaften, Dörfer, Klein- und auch Großstädte, die es zu entdecken gilt. Und die in keiner Weise den großen Namen auf der Italien-Hitliste nachstehen. Orte zum Entdecken, zum Eintauchen, zum Erleben und Genießen.

Doch wer macht sich schon aus Nordeuropa auf, um Turin und Bologna im Norden, um Civita di Bagnoregio und Caprarola in Mittel- und Noto und Otranto in Süditalien einen Besuch abzustatten? Oder wer weiß, dass es unterhalb der vielbesuchten italienischen Hauptstadt eine unterirdische Stadt zu besichtigen gibt, die es mit dem oberirdischen Rom leicht an Faszination aufnehmen kann?

Ziele, die ans Herz gehen

Reiseführer zu Italien gibt es ebenso viele wie Italienreisende. Doch die meisten beten immer nur die gleichen, altbekannten Orte nach, während ganze Regionen fehlen, die von Reisebuchverlagen gar nicht oder nur am Rande berücksichtigt werden. Regionen mit Ortschaften voller Geheimnisse, mit Palästen und Kirchen, mit einsam gelegenen Abteien und Felsenkirchen, die das Herz jedes Italienreisenden höher schlagen lassen – vor allem, weil man sie nicht mit vielen anderen Menschen teilen muss.

Dieses Buch stellt 60 eher wenig besuchte Orte zum Entdecken vor, manche von ihnen sind riesig wie die Beinahe-Millionen-Stadt Neapel, manche winzig wie die Dörfer auf der Insel Stromboli, andere haben ihre Zeit als Stadt längst hinter sich und sind heute nur noch Ruinen. Insgesamt also 60 von zahllosen Orten in Italien. In vielen Fällen sind sie bequem mit dem eigenen Wagen oder mit dem Zug von den Hauptreisezielen aus zu erreichen. Oder aber es reicht, wie im Fall von Rom, unter die Erde zu gehen. An allen anderen Orten sollte man ruhig wenigstens eine Nacht verbringen, um ihren ganzen Charme zu erfahren. Secret Citys in Italien: eine Garantie für ein Italien, wie es sonst in kaum einem Reisebuch steht.

NORDITALIEN

Leuchtende Stadtschönheiten

BLICK VON EINER BAROCKEN PALASTTERRASSE AUF DEN RIESIGEN HAFEN GENUAS.

1

GLURNS – STOLZES STÄDTCHEN IN DEN BERGEN

VERGANGENHEIT ZUM GREIFEN NAH

Wohl keine andere Ortschaft Südtirols strahlt so viel altmodischen Charme aus wie Glurns. Die Perle des Vinschgaus ist eine der kleinsten Städte der Alpen und besonders reizvoll bei Schnee oder Dunkelheit – dann fühlt man sich in einen Historienfilm versetzt.

Schon die alten Römer haben die besondere Lage des Ortes genutzt – und ließen sich hier nieder. Über ihre Handelsstraße Via Claudia Augusta transportierten sie Waren in die heutige Schweiz und nach Frankreich und zurück. Doch erst im Mittelalter entwickelte sich Glurns zu einer erwähnenswerten Siedlung. Die Italiener nennen den Ort Glorenza: Es war im italienischen Faschismus üblich, deutsche Namen in Südtirol zu italienisieren.

Im Schutz der Mauern

Schön ist ein Rundgang um die fast komplett erhaltenen Stadtmauern der rund 900 Meter hoch gelegenen Ortschaft. Massiver können Mauern kaum sein: Sie sind sieben Meter hoch und 1,5 Meter dick. Die Wehrtürme, so wie sie sich heute präsentieren, wurden Mitte des 16. Jahrhunderts errichtet. Immer noch betritt man Glurns durch eines der drei historischen Stadttore.

Zwar kann man hier weder mit großer Kunst noch mit exzeptioneller Architektur aufwarten, doch die Ortschaft ist selbst ein bedeutendes historisches Monument, das man zu Fuß an einem halben Tag, inklusive Mittag- oder Abendessen plus Aperitif oder Cappuccino erkunden und genießen kann. Kein Spaziergänger lässt dabei die Straße der Bogengänge aus dem Jahr 1499 aus.

Reizvoll ist auch der Besuch der Pfarrkirche St. Pankratius von 1481, die außerhalb der Mauern in Richtung der Etsch liegt. Schon von Weitem sieht man den barocken Zwiebelturm der Kirche. Im Inneren birgt sie ein großes Wandfresko aus dem späten 15. Jahrhundert, das ein fürchterliches Jüngstes Gericht zeigt. Auch die anderen Sakralkunstwerke, wie vor allem eine Pietàgruppe aus dem 15. Jahrhundert, wurden liebevoll restauriert.

GLURNS IST EINER DER AM BESTEN ERHALTENEN MITTELALTERLICHEN ORTE IN NORDITALIEN. SEINE UMGEBUNG LÄSST SICH GUT ZU FUSS ODER PER RAD ERKUNDEN.

Traditionelle Märkte

Überlieferungen halten sich in Bergregionen meist besonders lang. Das gilt auch für zwei historische Märkte, die hier seit dem Mittelalter abgehalten werden. Zu diesen Anlässen putzt sich Glurns immer fein heraus. An jedem 24. August wird der Bartholomäusmarkt auf dem Stadtplatz abgehalten. Auf dem traditionellen Bauernmarkt werden Lebensmittel aus der Umgebung verkauft. Der Sealamorkt ist ein Jahrmarkt, der stets am 2. November, an Allerseelen, stattfindet. Wer den Namen langsam spricht, hört »Seelenmarkt« heraus.

Beim Rundgang durch Glurns fällt auf, dass sämtliche alten Gebäude restauriert sind. Alles wirkt gepflegt, egal, ob es sich um ein herrschaftliches Gebäude oder einen Gasthof handelt. Da wundert es nicht, dass Glurns auch als Rothenburg Südtirols bezeichnet wird. Ebenso dass der Besucher in Glurns auf viele Brunnen stößt, die sich zumeist an Straßenecken und Kreuzungen befinden, hat seinen Grund. Bis in die 1980er-Jahre lebten in der kleinen Stadt mit nur 900 Einwohnern jede Menge Kühe. Bis dato war es keine Seltenheit, dass Bauern ihr Vieh innerhalb der Stadtmauern hielten. Morgens trieb man die Tiere auf die Weide und holte sie abends wieder in die Stadt.

Der wohl berühmteste Sohn von Glurns war ein Zeichner: Paul Flora wurde 1922 hier geboren. Der österreichische Karikaturist, Illustrator, Schriftsteller und Grafiker, der 2009 in Innsbruck starb, aber auf dem Friedhof von St. Pankratius begraben liegt, erlangte internationale Bekanntheit. Viele seiner Zeichnungen zeigen Szenen aus Glurns.

WOHNEN UND SCHLEMMEN

Mitten im Ort übernachten und genießen ist ein leichtes Spiel in Glurns, etwa im historischen Hotel Grüner Baum. Schon 1730 gab es hier ein Gasthaus mit Gaststätte. Inzwischen schick modernisiert, bietet das Hotel jeden Komfort. Im hoteleigenen Restaurant werden lokale Leckereien serviert und Weine aus der Umgebung ausgeschenkt. Die Stube stammt noch aus dem frühen 19. Jahrhundert. Historisches Gemäuer erwartet den Besucher auch im Café Schöpf, das österreichisch inspirierte Kuchen auftischt. Bei gutem Wetter sollte man sich ein Fahrrad mieten und durch eines der Stadttore hinaus in die Landschaft fahren: etwa nach Mals, Malles Venosta, eine andere malerische Ortschaft, keine 20 Fahrradminuten entfernt. Mals liegt etwa 1000 Meter hoch und gilt als einer der sonnigsten Orte ganz Südtirols.

WEITERE INFORMATIONEN

Glurns,

www.glurns.eu

2

AOSTA – WILDROMANTISCHER BERGORT

LANGE GESCHICHTE IN GROSSER KULISSE

Umgeben von atemberaubenden Alpengipfeln ist diese Kleinstadt nicht nur der ideale Ausgangspunkt für sommerliche Bergwanderungen und winterliche Skitouren. Kulturdenkmäler aus rund 2000 Jahren begegnen den Besuchern auch hier im hohen Norden Italiens.

Wer fährt schon nach Aosta? Gibt es da etwas Besonderes zu sehen? Diese Reaktion bekommt man selbst von Italienern oft zu hören. Wer nicht gerade ein leidenschaftlicher Skifahrer und Bergwanderer ist, reist meist nicht ins Aosta-Tal und stattet auch der kleinen Hauptstadt der Autonomen Region Aostatal in rund 600 Metern Höhe keinen Besuch ab. Knapp 35 000 Einwohner leben dort.

Römerstadt in den Bergen

Dabei ist es ein echtes Versäumnis, Aosta zu unterschätzen. Umgeben von Bergriesen wie dem Monte Emilius mit fast 3600 Metern Höhe, dem über 4000 Meter hohen Gran Paradiso und dem Dolent mit 3800 Metern hat das 25 v. Chr. von Julius Cäsar als Garnisonsstadt gegründete Aosta viel zu bieten – auch ohne Berg- und Skischuhe.

Aus der glorreichen Römerzeit ist einiges erhalten geblieben, wie etwa der elf Meter hohe Arco di Augusto. Der Triumphbogen des Augustus, eines der ersten antiken Bauwerke überhaupt in der Stadt, kann sich mit anderen in Italien messen. Wahrscheinlich blieb der Triumphbogen bis heute so gut erhalten, weil im frühen Mittelalter innerhalb des Bogens ein sogenanntes Saint-Voût angebracht war, ein Heilandbildnis, das später durch ein Kruzifix aus Eisenstahl ersetzt wurde. Das stämmig wirkende Bauwerk wurde im 14. Jahrhundert auch bewohnt: 1318 baute eine lokale Adelsfamilie den Bogen zu einer Trutzburg um. Eindrucksvoll und sehenswert sind zudem die bis zu 22 Meter hohen Reste des ehemaligen Teatro Romano. Die Porta Pretoria, ein antikes Stadttor, gehörte zur römischen Stadtmauer und wurde aus riesigen Steinquadern errichtet.

DIE RÖMER HINTERLIESSEN AUCH IN AOSTA, HOCH IM NORDWESTEN VON ITALIEN, IHRE SPUREN. SOGAR EIN NAHEZU KOMPLETT ERHALTENER RÖMISCHER TRIUMPHBOGEN HAT ÜBERDAUERT.

Zeugen bewegter Zeiten

Aostas große Stunde schlug im Mittelalter. Geostrategisch ideal zwischen Frankreich und Italien gelegen, entwickelte sich das Städtchen zu einem bedeutenden Handelszentrum und Umschlagplatz für Waren aller Art.

Im 10. Jahrhundert wurde eine romanische Kirche errichtet, die sich sehen lassen kann. Santi Pietro e Orso wird noch heute von einem beeindruckenden Campanile, wie man im Italienischen den freistehenden Glockenturm nennt, überragt. In den folgenden Jahrhunderten immer wieder umgebaut, präsentiert sich dieses Gotteshaus im Innenraum gotisch, mit romanischen Fresken und einem zauberhaften geschnitzten Chorgestühl aus dem 15. Jahrhundert. Eine Treppe führt in die uralte Krypta mit Bogendecke. Wie reich die Bürger von Aosta im Mittelalter waren, beweist der Kirchenschatz.

Auch die Kathedrale ist ein Werk des Mittelalters, innen gotisch gestaltet und außen mit einer schönen, allerdings schon barocken Fassade verkleidet. Alle Wirren der Zeit überlebten einige der seltenen handbemalten Glasfenster aus dem 14. Jahrhundert.

Römer bauten für die Ewigkeit, und so wurde auch nach dem Untergang des Römischen Reiches die Stadtmauer über Jahrhunderte als Verteidigungsanlage weiter genutzt. Um sie zu begehen, sollte man sich einen schönen Tag aussuchen, vor allem im Westteil der Stadt hat sich die Mauer wirklich gut erhalten. Im Ganzen umfasst sie ein Rechteck von etwa 760 mal 580 Metern.

Wenn es sommers auch in Aosta so richtig warm wird, empfiehlt sich ein Ausflug in den römischen Criptoportico, einen stets kühlen unterirdischen Gewölbegang, dessen antike Verwendung bis heute Rätsel aufgibt.

GRESSAN – EIN TRAUM VON EINEM DORF

Keine zehn Autominuten von Aosta entfernt liegt seit der Römerzeit das hübsche Dorf Gressan, umgeben von Obstgärten inmitten einer dramatischen Berglandschaft. Alle Kirchen und Kapellen der Ortschaft stammen aus dem Mittelalter. Der Campanile der Chiesa della Madeleine ist einer der schönsten des gesamten Aosta-Tals. In Gressans Gaststätten und auch in Aosta und Umgebung sollte man die gastronomischen Leckereien der Region probieren, darunter das Fondue, die Polenta concia, einen Maisbrei mit dem würzigen Toma-Käse, und auch die herzhafte Seupa à la Vapelenentse, eine Käsesuppe mit Butter, Brot und Zimt. Dazu schmeckt einer der kräftigen Weine, die im Tal gekeltert werden. In der Weinbar L’Uva e Un quarto in Aosta, Via Challand 21/a, kommen die besten Tropfen auf den Tisch.

WEITERE INFORMATIONEN

Aostatal,www.lovevda.it

Gressan,www.comune.gressan.ao.it

3

ORTA SAN GIULIO – VERSTECKT IN DEN BERGEN

BILDSCHÖNE EINSAMKEIT

Ein romantisch in den Bergen gelegener See und eine Insel, die wie verwunschen wirkt: Die Isola San Giulio und der Ortasee fehlen zwar auf den meisten touristischen Landkarten, lohnen den Tagesausflug in den Norden der Provinz Piemont aber unbedingt.

Ein Gletschersee, nicht groß. Er misst keine 20 Quadratkilometer, ist knapp 13 mal drei Kilometer groß und nur 143 Meter tief. Der etwa 300 Meter hoch gelegene Ortasee ist an drei Seiten von Bergen umgeben. Die Hänge bedecken Wälder mit Edelkastanien, Tannen, Fichten und Buchen – nur hin und wieder von Bebauung unterbrochen. Zu sehen gibt es ein Italien wie auf romantischen Gemälden des 19. Jahrhunderts.

Der Besucher erreicht den See bei der direkt am Wasser gelegenen Gemeinde Orta San Giulio. Sie gilt mit ihren gerade mal 1300 Einwohnern als eine der schönsten Kommunen Italiens. Sämtliche historischen Gebäude wirken wie aus dem Ei gepellt. Schön ist die Promenade mit ihren Cafés und Lokalen. Der Palazzo della Comunità, das alte Rathaus mit dem offenen Portikus, stammt aus dem späten 16. Jahrhundert. Auch »la Motta«, so wird die Pfarrkirche von 1485 genannt, sollte man einen Besuch abstatten.

Zauberhafte Insel

Unbedingt zu empfehlen ist eine Fahrt mit einem der traditionellen Holzboote von Orta San Giulio zur Isola San Giulio. Ein Katzensprung von rund 400 Metern, und gleich taucht man in eine andere Welt ein, vor allem an Schlechtwettertagen. Ist schon das Dorf am See in der Regel still und von jeder Form von Chaos unberührt, so herrscht auf der komplett bebauten Insel eine Ruhe, die gleich in ihren Bann zieht. Der Name der Insel geht auf einen antiken Griechen zurück. Er soll die knapp 300 mal 150 Meter große Insel, die Einzige im See, von einem Drachen befreit haben. Fakt ist, dass die Isola San Giulio schon in der Steinzeit bewohnt war. Es folgten die Römer und im 4. Jahrhundert die erste christliche Kirche.

Die Basilika grüßt von Weitem

Dominiert wird die Isola San Giulio von der gleichnachnamigen Basilika. Die fromme Tradition will es, dass ein aus Griechenland stammender Giulio die Insel evangelisiert und eine erste Kapelle errichtet haben soll. Im Mittelalter wurde die Insel von lombardischen Herrschern defensiv ausgebaut. In diesem Zuge entstand im 12. Jahrhundert die Basilika auf den Resten einer frühchristlichen Kirche aus dem 5. Jahrhundert.

Die Fassade ist schlicht und im romanischen Stil mit zwei schlanken Türmen gestaltet. Der Innenraum mit drei Kirchenschiffen zeigt eine Architektur, die noch als romanisch durchgeht, auch wenn später, in Renaissance und Barock, das Kircheninnere mit Wandmalereien ausgeschmückt wurde. Sehr schön ist eine Predigtkanzel aus dem 12. Jahrhundert, die sicherlich zu einer der am besten erhaltenen in ganz Norditalien gehört. Neben den vier Evangelisten sind auch heidnische Zentauren und für das Mittelalter typische Fabelwesen zu sehen. Die leiblichen Überreste von San Giulio werden in einem reich verzierten barocken Reliquienschrein aufbewahrt.

Gassen ohne Autos

Nach einem Besuch der Basilika sollte man einen Spaziergang durch die malerischen Gassen der Inselortschaft unternehmen, mit ihren Palazzi und historischen Wohnhäusern und den einladenden Restaurants. Besonders reizvoll: ein Aperitif und dann ein Abendessen mit Blick auf das gegenüberliegende Ufer, wenn das natürliche dem künstlichen Licht weicht.

Im Sommer wird es musikalisch auf dem Eiland. Abends finden während eines Festivals klassische Konzerte statt. Die Schönheit der Isola San Giulio hat viele Schriftsteller und Filmemacher inspiriert, darunter auch Umberto Eco und den Regisseur Giuseppe Tornatore.

VOM SEEUFER AUS REICHT DER BLICK AUF DIE ISOLA SAN GIULIO – ZU JEDER TAGESZEIT UND BEI JEDEM WETTER EIN GENUSS. DIE AUSGEMALTE KUPPEL DER INSELBASILIKA GILT ALS TRIUMPH DES BAROCK.

DER HEILIGE BERG

In der Nähe von Orta San Giulio befindet sich ein sogenannter Sacro Monte, ein Heiliger Berg. Der religiöse Komplex besteht aus 20 Kapellen, die der Lebensgeschichte Franz von Assisis gewidmet sind. Die ausgemalten Kapellen entstanden zwischen 1591 und dem frühen 17. Jahrhundert. Es entspricht der Tradition, die einzelnen Kapellen betend abzuschreiten – ein romantischer religiöser Spaziergang mitten in der Natur in rund 400 Metern Höhe. Die Malereien stammen von regionalen Künstlern und haben sich gut erhalten. Das Phänomen der Heiligen Berge gibt es ausschließlich in Nordwestitalien, und nur wenige der Kappellenberge sind bis heute so gut erhalten wie der Sacro Monte bei Orta San Giulio.

WEITERE INFORMATIONEN

Orta,

www.ortasee-info.de

Sacro Monte,

www.sacromonteorta.com

4

COMO – STÄDTCHEN AM MALERISCHEN UFER

VOM SEE UMARMT

In- und ausländische Filmstars, Politiker und Unternehmer wissen nur zu gut, warum sie sich bei Como niederlassen und prächtige Villen am See erwerben. Hier wird Lebensqualität großgeschrieben – in einem Ambiente, so perfekt wie ein Postkartenmotiv.

Selbst wenn es in Como regnet, wirkt die Altstadt verführerisch. Vielleicht weil sie selten überfüllt ist und man das Romantische des historischen Zentrums in aller Ruhe genießen kann – wie die Piazza del Duomo, umstanden von eleganten Gebäuden aus den verschiedensten Epochen, und wie den aus dem Mittelalter stammenden Palazzo Broletto, in dem das Rathaus untergebracht ist. Errichtet im 13. und umgebaut im 16. Jahrhundert, rundet ein Turm von 1927 das Gebäude ab.

Der Dom gilt zurecht als das eindrucksvollste Bauwerk der 85 000-Einwohner-Stadt. Er ist nicht nur das religiöse, sondern auch das urbane Herz Comos und einer der schönsten Sakralbauten der gesamten Lombardei. Hier kommen, wie überall im Norden Italiens, nordeuropäische und italienische Einflüsse zusammen. Mit dem Bau wurde im 14. Jahrhundert begonnen. Der barocke Architekturstar Filippo Juvarra aus Turin vollendete die Kathedrale im Jahr 1723 und setzte dem Bauwerk die barocke Kuppel auf. Kurios: Von der hohen Decke im Kircheninnern hängen kostbare, riesige Gobelins aus dem 16. Jahrhundert.

Entdeckungsspaziergänge

Como ist eine Stadt zum Bummeln mit kleinen Plätzen, alten Palästen und einigen wenigen, aber reizvollen Museen. Viele Kirchen berühren mit ihrem mittelalterlichen Charme, so etwa Sant’ Abbondio aus dem 11. Jahrhundert. In seinem fünfschiffigen Innenraum, unterteilt von einem Wald aus Säulen, finden sich rare Wandgemälde des 14. Jahrhunderts. Beispiele für die Malerei der Lombardei im 17. und 18. Jahrhundert hängen in der Pinacoteca Civica. Sie erzählen auch die Geschichte vom Reichtum der Region. Der Stadt Como verhalf der Seidenhandel zu Wohlstand. Die Geschichte der Seidenproduktion und was alles aus dem Spinnengarn an Kostbarkeiten gefertigt wurde, zeigt das Museo della Seta.

EINE PERLE DIREKT AM SEE: COMO BIETET KUNST, ARCHITEKTUR UND HERRLICHE SPAZIERWEGE AM UFER. BAUHAUS UND FASCHISMUS: NUR IN COMO GEHEN BEIDE (STIL)RICHTUNGEN EINE UNGEWÖHNLICHE SYMBIOSE EIN.

Ein in ganz Italien einmaliges Gebäude erhebt sich im Stadtzentrum an der Piazza del Popolo. Die sogenannte Casa del Fascio wurde zwischen 1932 und 1936 errichtet. Der Architekt Giuseppe Terragni entwarf den ehemaligen Sitz der faschistischen Partei in Como. Ganz anders als im Dritten Reich schätzte man im Italien von Benito Mussolini die rationalistische Bauhaus-Architektur. Die Casa del Fascio ist ein klarer, eleganter Bau, mit geraden Linien und einem dialektischen Wechselspiel zwischen weißer Oberfläche und Vertiefungen der Fassade: ein Meisterwerk moderner Architektur des frühen 20. Jahrhunderts!

Der See in der Stadt

Einen wichtigen Teil der Innenstadt bildet das Seeufer. Die Bewohner von Como nennen die kilometerlange Uferpromenade Lungolario. Sie verläuft kurvenförmig am See entlang. Hier finden sich Cafés, wie das Terminus mit Jugendstil-Interieur oder die Bar des Hotel Metropole Suisse – zwei ideale Plätze für den Aperitif am frühen Abend. Von hier aus starten die Ausflugsboote über den 46 Kilometer langen, schmalen See.

An seinen Ufern errichteten reiche Bürger im 19. Jahrhundert prächtige Villen, wie die Villa Geno oder den Palast der Fondazione Ratti, der das Textilmuseum beherbergt. Die Villa Olmo hingegen, vielleicht die eleganteste von allen, stammt aus den 1780er-Jahren. Hier residierten Napoleon und Radetzky, Fürst Metternich und Ferdinand I. von Österreich. Der typisch italienische Landschaftspark lädt zu einem Spaziergang ein.

DER BALKON DES COMER SEES

Brunate ist eine Art Aussichtsbalkon: Von hier oben aus, 500 Meter über der Stadt, genießt der Besucher den wahrscheinlich schönsten Blick auf den Comer See und die ihn umgebende Berglandschaft der Südalpen. Den Ort Brunate erreicht man am bequemsten mit der vor über 100 Jahren errichteten Bergbahn. Die Fahrt dauert nur wenige Minuten. Oben, in luftiger Höhe, bieten kleine Hotels und romantische Restaurants und Cafés ideale Plätze zum Entspannen. Doch Achtung: nur bei gutem Wetter und am besten zum Sonnenuntergang hinauffahren.

WEITERE INFORMATIONEN

Como,

www.visitcomo.eu

Dom,

www.cattedraledicomo.it

5

BASSANO DEL GRAPPA – HOCHPROZENTIGER GENUSS

EIN SALUTE AUF BASSANO!

Die Kleinstadt ist nicht nur reizvoll und besitzt eine der berühmtesten Brücken Italiens, sie brennt auch ein weltweit bekanntes Destillat. Bummeln und einen Grappa probieren kommen in Bassano auf sehr angenehme Weise zusammen.

Wehe jenen Besuchern von Bassano del Grappa, die erwähnen, dass der Grappa, der zu deutsch Tresterbrand heißt, auch in der italienischen Schweiz hergestellt wird! Für die Bewohner dieser Kleinstadt mit rund 38 000 Einwohnern, malerisch in der Provinz Vicenza gelegen, stammt das zwischen 37,5 und maximal 60 Prozent starke alkoholische Getränk natürlich einzig und allein aus Bassano. Wer anderes behauptet, ist ein Bugiardo, ein Lügner.

Der Grappa, das erzählt einem jeder Barbesitzer in Bassano, wird aus den vergorenen Rückständen der Weinherstellung destilliert. Die besten Grappas stammen aus roten Trauben. Die lange Lagerung in Holzfässern verleiht ihnen die bräunliche Farbe. Das Holz der Fässer bestimmt auch den Geruch und den Geschmack. Am besten probiert man die verschiedenen Produkte in den netten Weinbars von Bassano – sinnvollerweise abends, nach einem Rundgang durch das Städtchen.

Im Museo Civico, wo auch die Pinacoteca residiert, gibt es einiges zu besichtigen, am besten natürlich mit klarem Kopf, also ohne vorherigen Grappa-Genuss. Das Museum ist im ehemaligen Kloster Convento dei Minori untergebracht. Die hauseigene Gemäldesammlung präsentiert einige Meisterwerke, die man hier vielleicht nicht erwartet hätte – wie beispielsweise von Jacopo Bassano, einem Renaissancemaler, der 1510 in, der Name sagt es, Bassano geboren wurde und dort 1592 auch starb. Zu bestaunen sind zudem Gemälde von den Venezianern Giovanni Battista Tiepolo und Pietro Longhi. Kurios ist die Sammlung von Erinnerungsstücken, die Tito Gobbi dem Museum hinterlassen hat. Gobbi stammt ebenfalls aus Bassano und war einer der bekanntesten Baritone Italiens. Er starb 1984 in Rom.

Ein Entwurf für Jahrhunderte

Bassanos bekanntestes Bauwerk ist eine Brücke. Den Ponte Vecchio, die Alte Brücke, plante Andrea Palladio 1569 in Anlehnung an den Vorgängerbau, den ein Hochwasser fortgeschwemmt hatte. Palladio gilt als einer der berühmtesten Renaissancebaumeister Italiens. Die sogenannten palladianischen Villen im Nordosten Italiens zeigen seinen unverwechselbaren eleganten und klassischen Stil, der sich an der römischen Antike orientiert. Seine Brückenkonstruktion hielt über 200 Jahre – bis sie ein weiteres Hochwasser beschädigte. Es folgten noch etliche Zerstörungen, und die Brücke ging sogar in ein Soldatenlied ein. Bis heute orientiert sich jeder Wiederaufbau an Palladios Entwurf mit den vier schlanken Jochen, die die Brenta kaum am Durchfließen stören.

Beim Rundgang durch die liebevoll restaurierte Altstadt stößt der Besucher auf viele historische Gebäude, auf mittelalterliche Paläste und Wohnhäuser der Renaissance sowie auf Kirchen des Barock. Touristen gibt es hier nicht viele, und wenn, dann vor allem an der Brücke. Bei der Piazza della Libertà im Zentrum, der Ponte Vecchio liegt nur einen Katzensprung entfernt, befindet sich alles Sehenswerte in direkter Nachbarschaft: das Museum, die Kirchen S. Francesco und S. Giovanni Battista sowie der Palazzo del Municipio aus dem 13. Jahrhundert.

WIE EIN PITTORESKES BÜHNENBILD PRÄSENTIEREN SICH DIE ALTSTADT VON BASSANO UND DER PONTE VECCHIO. GRAPPA-VERKOSTUNGEN SIND IN DER STADT IN JEDER BAR MÖGLICH UND BELIEBT.

Und wer nach einem Rundgang keinen lokal gebrannten Grappa probiert, ist selber schuld. Es heißt in Bassano, dass selbst Kleinkindern ein in Grappa getauchter Finger zum Lutschen in den Mund geschoben wird. So wird ihnen der Grappa-Genuss schon in die Wiege gelegt.

MODERNE GRAPPA-BLASEN

Die Traditionsbrennerei Nardini wurde in den späten 1770er-Jahren gegründet. Um im Jahr 2004 das 225-jährige Jubiläum zu feiern, beauftragte man den römischen Architekten Massimiliano Fuksas mit dem Entwurf eines neuen Gebäudes, das die Hausbrände modern präsentieren sollte. Fuksas baute käferförmige Glas- und Stahlblasen, die begehbar sind. Sie enthalten einen Vortragsraum, ein Forschungszentrum (für Grappa natürlich) und Verkostungsräume – und sind die modernste Sehenswürdigkeit von ganz Bassano. Verlockend ist es, in den grüngläsernen Blasen die Hausbrände, vor allem die ganz alten, zu verkosten.

WEITERE INFORMATIONEN

Bassano del Grappa,

www.veneto.eu

Nardini,

www.nardini.it

6

AQUILEIA – STADT MÄCHTIGER BISCHÖFE

BASILIKA DER SUPERLATIVE

In Aquileias langer und bewegter Geschichte gingen die meisten historischen Bauwerke verloren. Doch eine Kirche hat alle Zerstörungen überlebt. Sie ist so reich und kostbar gestaltet, dass jeder Umweg in die Kleinstadt mit nur knapp 3200 Einwohnern lohnt.

Viel zu besichtigen gibt es nicht in Aquileia in der Region Friaul-Julisch-Venetien: Schon seit dem 3. Jahrhundert n. Chr. ärgerten nach Italien einfallende sogenannte Barbaren die Römer im Nordosten des italienischen Stiefels. Es gab reihenweise Schlachten und Zerstörungen. Doch die Basilika blieb erhalten. Was für ein Glück!

Kirche nach deutschem Vorbild

Die romanische Basilika aus dem frühen 11. Jahrhundert wurde nach dem Vorbild ähnlicher Kirchen im heutigen Niedersachsen errichtet. An erster Stelle steht hier die Michaeliskirche in Hildesheim, unmittelbar zuvor fertiggestellt. Wie sie ist Santa Maria Assunta eine ziemlich große Kirche, 23 Meter hoch, 30 Meter breit und fast 66 Meter lang.

Das Kostbarste dieser Basilika ist die Gestaltung des Innenraums. Die Fußbodenmosaiken gehören zu den schönsten, zu den an Motiven reichsten und am besten erhaltenen in ganz Europa. Sie wurden in verschiedenen Jahrhunderten geschaffen und liegen deshalb übereinander. Ein Großteil dieser Mosaiken stammt aus dem 4. Jahrhundert, andere aus späteren Epochen. Der Fußboden ist, kein Wunder, ziemlich uneben. Besucher können ihn von Glasstegen aus besichtigen. Ganze 760 Quadratmeter sind mit kleinen und kleinsten Mosaiksteinchen bedeckt. Ein Rekordkunstwerk: Es handelt sich um eines der ältesten und größten christliche Mosaiken der westlichen Welt.

ERRICHTET AUS DEN GRANDIOSEN RESTEN DER ANTIKE UND GESCHMÜCKT MIT EINEM HEIDNISCHEN FUSSBODENMOSAIK: DIE BASILIKA VON AQUILEIA. IHRE GESAMTE UMGEBUNG IST ARCHÄOLOGISCHES GRABUNGSGEBIET.

Einige dieser Mosaiken zeigen Porträts, etwa von einem der Geldgeber für die Kirche. Experten zufolge sind auch Kaiser Konstantin, der erste christliche Kaiser, und seine Mutter Helena, ein einstmals leichtes Mädchen, das später von der katholischen Kirche zur Heiligen ernannt wurde, dargestellt.

Kaiser Konstantin soll Aquileia zwischen 313 und 333 besucht haben. Dank seiner Gunst wurde die Stadt reich und mit großen Finanzmitteln ausgestattet. Es entstanden viele Prachtbauten wie etwa der Zirkus und ein Amphitheater. Die Reste dieser spätantiken Bauten sind heute in nächster Nähe der Basilika zu besichtigen. Umgeben von viel Natur macht die archäologische Stätte einen ziemlich romantischen Eindruck.

Gönner und Kaiser

Der Mosaikboden wirkt an vielen Stellen wie ein Mega-Comic. Da ist zum Beispiel die Geschichte des biblischen Jonas, der von einem Meeresungeheuer verschluckt und dann ausgespuckt wird. Oder Jonas, der unter einer Pergola ruht oder Gott anbetet. Ein Bilderteppich, den man sich lange anschauen kann. Die realistische Darstellungsweise dieser spätantiken Bilder beschränkt die Figuren auf das Wesentliche – eine einfache Bildsprache, die jeder versteht.

Häufig sind auch Allegorien mit christlichen Symbolen zu sehen, Fische, Weintrauben und Vögel. Interessanterweise ähneln diese Fußböden denen im Nationalmuseum in Tunis, dem Bardo-Museum. Man vermutet, dass die Mosaiken in Aquileia von denselben Künstlern stammen, die auch die Landvillen der reichen Großgrundbesitzer in den nordafrikanischen Provinzen verschönerten.

Ebenso die zwischen der Spätantike und dem 18. Jahrhundert über Aquileia regierenden 83 Bischöfe waren wohlhabend und mächtig. Dank der guten Verkehrsanbindungen der Stadt kamen viele Händler und Kaufleute vorbei.

Das Patriarchat von Aquileia wurde 1751 aufgehoben. Fortan wohnten keine Bischöfe mehr in der Stadt, das Bistum wurde ein sogenanntes Titularbistum. Und so verwundert es auch nicht, dass der damalige Bischof von Münster, Joseph Kardinal Höffner, 1969 zugleich Titularbischof von Aquileia war.

DAS LEIBLICHE WOHL

Nach der Besichtigung der Basilika sollte man sich verführen lassen. In der Pasticceria Mosaico lockt Wein-Eis: Speiseeis mit Malvasia-, Traminer- und Refosco-Traubensaft. Im Restaurant des Hotels Patriarchi schmecken die Gnocchi mit geräuchertem Ricottakäse. Eine Brotspezialität der Gegend ist die Gubana, ein Blätter- oder Brotteigstrudel mit kandierten Früchten, mit Schokolade, Nüssen, Sultaninen und süßem Wein. La Colombara serviert eingelegte Sardinen mit Prosecco und marinierten Zucchinis. Dass die Lokale in Aquileia die Weine der Region Friaul kredenzen, versteht sich von selbst – eine bei Deutschen nicht so bekannte Winzerregion, die aber hervorragende Tropfen hervorbringt, vor allem ausgezeichnete Weißweine wie den Aquileia Refosco oder den Carso.

WEITERE INFORMATIONEN

Aquileia,

www.turismofvg.it

Pasticceria Mosaico,

www.pasticceriamosaico.com

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BRESCIA – WELTERBESTADT IN BESTER LAGE

DAS ALTSTADT-JUWEL

Die von den Römern gegründete Siedlung war schon im Mittelalter ein wichtiges Handelszentrum. Vom Wohlstand der Bürger zeugen die vielen prächtigen Gebäude in der fast vollständig erhaltenen Altstadt. Dass der Gardasee und Mailand nahe liegen, erhöht nur Brescias Reize.