Seefahrt Aspekte - Wolfgang Schwerdt - E-Book

Seefahrt Aspekte E-Book

Wolfgang Schwerdt

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Beschreibung

Mit den gößten Seefahrern der Menschheitsgeschichte, den Polynesiern, führt Wolfgang Schwerdt seine Leser in die weite Welt der Seefahrt ein. Es sind immer wieder neue, oft überraschende Aspekte unter denen der Autor die Menschheit bei der maritimen Eroberung der Welt beobachtet. So erfährt der Leser wie die Menschen mit genähten Plankenbooten tausende von Meilen über offenes Meer segelten, wie ein Japanischer Herrscher die Vernichtung der gesamten japanischen Handelsflotte anordnete oder wie die norwegischen Könige in ihren prächtigen Schiffshallen rauschende Feste feierten. Das Zeitalter der Handelskompanien und Entdeckungsreisen, die große Zeit der Klipperschiffe und schließlich die aufregende Entwicklung der Dampfschifffahrt, deren Zeitzeugin, die 1865 gesunkene SS Republic, ein facettenreiches Bild der Zeit um den amerikanischen Bürgerkrieg eröffnet, der Autor spannt einen Bogen von Beginn der Seefahrt bis in die Neuzeit und rund um die ganze Welt. Mit "Seefahrt Aspekte" hat Wolfgang Schwerdt einen großen Teil der Aufsätze seiner E-Books Kulturgeschichtliche Aspekte zur frühen bis mittelalterlichen Schifffahrt, zur Schifffahrt des 16. bis 19. Jahrhunderts und zur Dampfschifffahrt neu strukturiert, überarbeitet und ergänzt in einem Sammelband zusammengefasst.

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Seitenzahl: 183

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Wolfgang Schwerdt

Seefahrt Aspekte

von der Frühzeit bis zum 19. Jahrhundert

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorbemerkungen

Die Besiedelung Ozeaniens und des pazifischen Raumes

Das Tongiaki

Flöße, Urzeitliche Wasserfahrzeuge für Flüsse, Seen und Meere

Boote der Steinzeit

Boote der Bronzezeit

Die römischen Lastkähne in Gallien und Germanien

Haltern und die römische Flotte

Der Karlsgraben

Genossenschaftliche Seefahrt

Die Raub- und Eroberungszüge der Wikinger

Der nordeuropäische Hafen im Mittelalter

Von Haitabu bis Vineta

Die norwegischen Schiffshallen

Knorre, Kogge und Kraweel

Die Vitalienbrüder

Japan und die Europäer im 16. und 17. Jahrhundert

Mary Rose - Bergung und Geschichte des Tudorschiffes

Neues Mary Rose Museum im Portsmouth Historic Dockyard

Zeuge des Untergangs, der Bootsmann der Mary Rose

Die Galeonen Elisabeth I.

Die Vereinigte Ostindische Kompagnie

Die Batavia der Ostindischen Kompagnie

Götheborg - ein schwedischer Ostindienfahrer des 18. Jh.

Die Flotte unter dem Roten Adler

Die Vasa - Das Flaggschiff Gustav II Adolf von Schweden

Kronan - Flaggschiff Karls XI

Die Hamburger Convoyschiffe

Schlachtschiffe unter Segeln

Die Victory: Das Flaggschiff von Admiral Balchin

Admiral Sir John Balchin

Die Geschichte der HMS Victory

La Fayette und die Fregatte Hermione

Die Cook/Forster- Sammlung in Göttingen

Die Entstehung Ethnologischer Südseesammlungen

Die Schiffe von Cook, Flinders & Co

Vom Küstensegler zum Teeklipper

Teeklipper - die Windhunde der Meere

Cutty Sark- das schnellste Schiff seiner Zeit

Die Great Britain - Ein innovatives Schiff im Spiegel einer innovativen Zeit

SS Republic, ein Schaufelraddampfer im amerikanischen Bürgerkrieg

SS Republic - letzte Reise eines legendären Schaufelraddampfers

SS Republic - der Fund eines rund 140 Jahre alten Schatzschiffes

SS Republic – Hilfe für die zerstörten Südstaaten: Münzen, Senf und Elixiere

Untergang der SS Republic 1865 – zwei Überlebende, die Geschichte schrieben

HMS Victoria

HMS Victoria und der Brief des Fähnrichs

Die HMS Warrior und die industrielle Revolution

Die Wiedergeburt der HMS Warrior

Archäologische Rekonstruktionen

Die Konservierung hölzerner Schiffswracks

Die Schatztaucher, die die Victory entdeckten

Literatur

Der Autor

Impressum neobooks

Vorbemerkungen

Dass die Geschichte der Seefahrt in diesem Buch ausgerechnet mit Ozeanien beginnt, ist kein Zufall. Denn die frühesten Seefahrer, die – wenn auch nur indirekt – ihre Spuren in der Geschichte hinterlassen haben, dürften jene Menschen sein, die vor rund 40.000 Jahren Australien besiedelt hatten.

Für die europäischen Gefilde, die so gerne im Mittelpunkt unserer Betrachtungen stehen, lassen sich früheste Spuren von Seefahrt gerade einmal vor etwa 16 - 14.000 Jahren ausmachen, als sich die Rentierjäger am Rande des zurückweichenden Eises nach Amerika aufmachten. Als die Wikinger über Grönland auf den amerikanischen Kontinent stießen, da hatten die Menschen am anderen Ende der Welt bereits die Salomonen besiedelt. Kolumbus amerikanische Entdeckung, die für die Europäer zusammen mit dem Seeweg nach Indien die Neuzeit und die Eroberung der Welt einläutete, fällt zeitlich zusammen mit der maritimen Eroberung des gewaltigen pazifischen Raumes durch die Polynesier.

Die ozeanische Seefahrt darf also durchaus als zeitlicher Bogen verstanden werden, der sich von den Anfängen der maritimen Abenteuer der Menschheit bis in die Neuzeit spannt. Dass in diesem Buch trotz der chronologischen Anordnung der Aufsätze keine Gliederung in Epochen vorgenommen wird, hat einen guten Grund. Die Seefahrt, die Entwicklung der Schifffahrt, des Schiffbaus oder der Navigation richtet sich nicht nur global gesehen nur sehr bedingt nach den aus europäischer Sicht definierten Epochen und erst recht nicht an den diesen Definitionen zugrunde liegenden Ereignissen und Erfindungen. Wie sehr sich die Entwicklungsdynamik der Seefahrt und ihrer Fahrzeuge von den formalen historischen Epochen unterscheiden, lässt sich nicht zuletzt an den Schiffbautraditionen und -techniken erkennen, die immer wieder Gegenstand der Aufsätze dieses Buches sind.

Die Gliederung, die in diesem Buch vorgenommen wurde bietet eine eher inhaltliche Orientierung. Etwa wenn sich die Aufsätze zur frühen Schifffahrt an Küsten und Flüssen vor allem mit grundlegenden Schiffbautechniken, Hierarchien an Bord und maritimer Infrastruktur befasst. Die Hochseeschifffahrt beleuchtet nicht nur die zu erwartenden Aspekte der Entdeckungen, sondern beispielsweise mit den Themenclustern zu Klipperschiffen oder der SS Republic auch die vielseitigen Betrachtungsmöglichkeiten ein und desselben Gegenstandes. Mit drei verschiedenen Aspekten zur Unterwasserarchäologie schließt das Buch, dessen Themen im Rahmen der angehängten Bibliografie vom Leser – wiederum unter ganz verschiedenen Aspekten - vertieft werden können.

Die Besiedelung Ozeaniens und des pazifischen Raumes

Nachdem vor rund 60 000 Jahren aufgrund des gesunkenen Meeresspiegels die indonesischen Inseln einerseits und Australien und Neuguinea andererseits miteinander verbundene Landmassen bildeten, besiedelten, aus dem heutigen China kommend, die ersten Menschen Indonesien, Australien und Neuguinea. Das war vor etwa 40 000 Jahren.

Auf welche Weise diese Jäger und Sammler die noch verbliebenen Meerengen von ca. 50 bis 60 km zwischen Indonesien und Australien/Neuguinea überwanden, ist nicht bekannt. Allgemein wird von einfachen Flößen ausgegangen.

Etwa 6000 bis 3000 vor unserer Zeitrechnung, als der Meeresspiegel längst wieder gestiegen war und sich die uns heute bekannte Inselwelt herausgebildet hatte, erfolgte eine zweite Einwanderungswelle, auf die Inseln östlich von Neuguinea bis hin zu den Salomonen. Ohne Zweifel waren für diese Besiedlung bereits hochseetüchtige Boote erforderlich, über deren Konstruktion ebenfalls nur spekuliert werden kann.

Als etwa 1500 v.u.Z. die sogenannten Protopolynesier in den Pazifik vorstießen und ganz Melanesien von Neuguinea bis Samoa und Tonga besiedelten und hier die sogenannte Lapidakultur ausprägten, da müssen Bootsbau und Schifffahrt bereits einen recht ausgereiften technologischen Standard aufgewiesen haben. Die Entwicklung des Reisanbaus in Südchina hatte nach 4000 v.u.Z. zu einer Besiedelung Taiwans über die Philippinen bis zu den Inseln zentral und Ostindonesiens geführt. Dort, auf den östlichen Inseln Südostasiens, dürften auch die biologischen, sprachlichen und technologischen Quellen dieser ozeanischen Kultur liegen.

Es ist klar, dass die Lapida-Leute sich kulturell gravierend von den Siedlern von vor 40.000 Jahren unterscheiden mussten. Allein die Besiedelung Melanesiens verlangte die Überwindung von hunderten von Kilometern offener See. Boote, die diese Aufgabe zu bewältigen in der Lage waren, konnten nicht von Jägern und Sammlern gebaut, ja nicht einmal erdacht werden. Ackerbau und Viehzucht, Vorratswirtschaft sowie eine sesshafte gut durchorganisierte Gemeinschaft waren notwendige Voraussetzungen für solche Unternehmungen. Und die ozeanische Besiedelung er-forderte Zeit. Viele Generationen tasteten sich Schritt für Schritt in die Weiten des Pazifik vor. Auf diese Weise wurde schließlich Mikronesien von ca. 1000 v.u.Z. bis 100 n.u.Z. von Melanesien aus besiedelt.

Der erste Vorstoß in die polynesische Inselwelt erfolgte ca. 150 v.u.Z. zu den Marquesasinseln. Dabei mussten nicht mehr nur hunderte, sondern weit über tausend Kilometer offener See bewältigt werden. Etwa 400 n.u.Z. erreichten die nun als Polynesier zu bezeichnenden Menschen Hawaii und die Osterinsel und etwa um 1000 n.u.Z. fand von den Gesellschaftsinseln aus die Besiedelung Neuseelands statt.

Trotz der geradezu unermesslichen Ausdehnung des polynesischen Dreiecks mit den Eckpunkten Neuseeland, Hawaii, Osterinsel hatten sich die Polynesier eine erstaunlich einheitliche Kultur erhalten. Dies liegt sicher zum einen daran, dass die Kommunikation per Seeweg zwischen den Inseln ständig aufrecht erhalten wurde, zum anderen aber die insgesamt isolierte Lage, die andere kulturelle Einflüsse und Untermischungen (wie dies in Melanesien und Mikronesien der Fall war) verhinderte und damit konservierend wirkte. Natürlich gab es von Inselgruppe zu Inselgruppe allein aufgrund der Umweltbedingungen unterschiedliche technologische und biologische Entwicklungen, trotzdem ist Polynesien kulturell verhältnismäßig homogen.

Als vom 16. bis 18. Jahrhundert die europäischen Expeditionen Schritt für Schritt den pazifischen Raum erforschten, da stießen sie auf die Kanus der Insel-bewohner, mit denen diese noch bis in das 18. Jahr-hundert hinein die ganze pazifische Inselwelt besiedelten. Die unterschiedlichsten Auslegerboote und Doppelrumpfkanus wurden von den erstaunten Europäern teilweise gut beschrieben.

Uns sind Konstruktion und Bauweise der Boote allein deshalb sehr gut bekannt, weil diese zum Teil noch in alter Tradition Anfang des letzten Jahrhunderts gebaut wurden und zudem entweder als Original oder als authentischer Nachbau in vielen Variationen die Völkerkundemuseen zieren.

Wie aber die Wasserfahrzeuge aussahen, mit denen die Menschen vor etwa 40 000 Jahren Australien erreicht hatten, oder jene, mit denen die Menschen von Ostindonesien und Neuguinea vor etwa 5000 – 8ooo Jahren die weit verstreuten Inseln östlich von Neuguinea besiedelt hatten ist mangels archäologischer Funde nicht bekannt.

Das Tongiaki

Über viele Jahrhunderte hinweg segelten die Polynesier mit 10 – 20 Meter langen Doppelrumpfbooten, die aber im Einzelfall auch bis zu 30 oder 40 Meter Länge erreichen konnten, im Pazifik umher. Immerhin umfasste der „Siedlungsraum“ der besten Seefahrer der Geschichte rund 50 Millionen Quadratkilometer und die Strecken, die bei den Fahrten zurückgelegt wurden, erreichten bis zu 2000 Kilometer ohne Landkontakt.

Das Tongiaki, das polynesische Langreiserboot, wies eine Reihe erstaunlicher Eigenschaften auf. Durch die dreieckige, fächerförmig gespreizte Längsschiffbesegelung, die vom Bug, bis fast zum Heck reichte, konnte es hart am Wind gesegelt werden. Vier Strich gegen den Wind, das sind 45 Grad, erlaubte den Siedlern, nicht nur ein Ziel zu erreichen, sondern auch wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurückzukehren.

Die Spindelförmigen, vorn und hinten leicht nach oben gezogenen Rümpfe mit herzförmigem Quer-schnitt gaben den Schiffen eine gute Richtungsstabilität. Die beiden Rümpfe trugen jeweils in der Mitte einen kastenförmigen Aufsatz, der zugleich als Wellenbrecher und als Basis für die die beiden Rümpfe verbindende Plattform bildeten. Bis zu 200 Personen bei kurzen Fahrten und etwa 50 bis 60 Personen sowie eine entsprechende Ladung Proviant für die langen Reisen konnten die Schiffe befördern.

Die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit von sieben bis acht Knoten, etwa 13 bis 15 Stundenkilometer (nach Messungen von James Cook) war nicht nur dem sehr effektiven Segel aus Palmblattmatten zu verdanken, sondern auch den glatten, schnittigen Rümpfen. Denn die Planken unterschiedlicher Form und Größe wurden so zusammengefügt, dass eine extrem glatte Außenhaut entstand und man sogar meist auf das Kalfatern, also das Abdichten der Nähte, verzichten konnte. Die Planken waren innen mit Wülsten und Ösen versehen, die aus dem Vollen herausgearbeitet wurden. Kokosfaserschnüre wurden im Gegenlauf durch die Bohrlöcher der parallelen Wülste geführt und die Plankenteile damit zusammengenäht. Zur Stabilisierung der Rümpfe wurden schließlich noch Spanten an die herausgearbeiteten Ösen gebunden.

Die polynesische Segeltechnik mit dem „pazifischen Lateiner“ war bereits um die Zeitenwende recht aus-gereift. Und so ist es kein Wunder, dass der Kurs des Bootes schon allein durch die Segelstellung bis zu einem gewissen Grad auslaviert werden konnte. Zur Unterstützung dienten zwei Steuerpaddel, die zwischen den Rümpfen eingesetzt wurden. Bei einem unverhofft auftretenden Sturm ließ sich das Segel, das als Mattensegel ja nicht gerefft – also verkleinert - werden konnte, absenken. Dadurch bot es dem Wind eine geringere Angriffsfläche und leistete trotzdem noch Vortrieb.

Der erste Europäer bekam die eindrucksvollen Fahrzeuge 1616 zu Gesicht. Als der britische Weltumsegler James Cook 1773 die Tongiaki untersuchte, aufzeichnete und beschrieb, da befand sich der Bootsbau auf dem Tonga-Archipel gerade im Umbruch. Man hatte dort begonnen, das noch seetüchtigere Boot der Viti-Inseln zu kopieren. Das ndrua (kalila in Tonga) mit Rümpfen unterschiedlicher Länge und höherem Mast ließ sich besser manövrieren, als das Tongiaki.

Flöße, Urzeitliche Wasserfahrzeuge für Flüsse, Seen und Meere

Es gibt kaum ein Gewässer auf der Welt, wo die Menschen nicht versucht hätten, über die Koppelung von Schwimmkörpern zu Flößen, für ihre Zwecke geeignete Wasserfahrzeuge herzustellen. Denn Flöße können nicht nur aus zusammengebundenen Baumstämmen bestehen. Jeder Schwimmkörper eignet sich für die Konstruktion dieser Wasserfahrzeuge, deren Tradition weit in die Steinzeit zurückreicht. Je nach Region und natürlichem Umfeld waren bereits vor Tausenden von Jahren teilweise sehr komplexe und leistungsfähige Fahrzeuge entwickelt worden.

Schilf- oder Binsenflöße finden sich seit der Urzeit und teilweise noch heute in Zentral- und Nordafrika, in Südamerika vom Mexiko bis zum Titicacasee oder auf Tasmanien und Neukaledonien. Die zusammengebundenen Schilfbündel bilden einfache Plattformen oder aber komplizierte Gebilde aus mehreren Bündeln unterschiedlicher Stärke, mit Bordwänden und steilen Spitzen, die schon beinahe Schiffscharakter aufweisen.

Ägyptische Abbildungen zeigen, dass schiffsähnliche Schilfflöße beachtlicher Größe, mit Segel, Steuerruder und Deckshütte bereits im 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung den Nil, aber auch die offene See befuhren. Und ganz ähnliche Fahrzeuge kennt man auch aus Südamerika.

Hautbalgflöße haben ihr Verbreitungsgebiet von Arabien bis zur Mongolei, Indien und China oder Chile. Hier wurden Tierfelle (Schafe, Ziegen, Büffel, Seehunde) zu Säcken zusammengenäht und aufgeblasen. Mit den Läufen wurden sie schließlich an ein rasterartiges Gerüst aus dünnen Baumstämmen gebunden. Diese sogenannten Keleks konnten mit bis zu tausend Tierbälgen ausgestattet sein. Gerade für Flüsse waren diese Fahrzeuge hervorragend geeignet. Sie hatten eine große Tragkraft und der Verlust einzelner Schwimmsäcke, beispielsweise durch Felsen, beeinträchtigte die Schwimmfähigkeit kaum. Keleks waren aufgrund der zahlreichen Luftkammern nahezu unsinkbar und leicht zu reparieren.

Historisch belegt sind solche Tierbalgflöße zum Beispiel durch assyrische Reliefs aus dem 8. Vorchristlichen Jahrhundert. Etruskische Schmuckstücke zeigen den griechischen Heroen Herkules, hingegen auf einem Floß mit Tontöpfen statt Tierbälgen über die Wellen gleitend. Tontopfflöße kennt man auch aus Indien und historische Berichte beschreiben, wie damit größere Zahlen an Soldaten und sogar Kriegselefanten transportiert wurden.

Und nicht zuletzt findet sich in Südamerika der Gebrauch von wasserfest gemachten Kalebassen, also Kürbisgewächsen, als Schwimmkörper für Flöße.

In Vorderindien, Südostasien, Neuguinea, Melanesien und Südamerika waren auch die uns vertrauteren Holzflöße aus Baumstämmen oder verholzten Bambusstämmen in Gebrauch. Üblicherweise wurden die Stämme zusammengebunden, es gibt aber auch Beispiele für die Verwendung von Hartholzdübeln, um zwei oder mehrere Stämme miteinander zu verbinden. Und natürlich ließen sich diese Verbindungstechniken auch kombinieren

Die Inka benutzten aufwändig konstruierte Balsaholzflöße für den Waren- und Menschentransport an der Küste. Dass diese Fahrzeuge geeignet waren, weite Strecken auch über das offene Meer zurückzulegen, hat der norwegische Experimentalarchäologe Thor Heyerdahl mit seiner Balsaholzfloßfahrt (Kon Tiki) von der südamerikanischen Küste zur Osterinsel bewiesen.

Auf den Flüssen war Staaken oder Treideln die Antriebsform, zumindest flussaufwärts. Zur See aber auch auf breiteren Strömen, wie dem Nil, waren die Flöße in der Regel mit Segeln ausgestattet. Die vorderindischen Katamarane, Flöße, deren Mittelstücke zu Steven und deren Außenteile zu Bordwänden zurechtgeschlagen waren, konnten auch gepaddelt werden.

Boote der Steinzeit

Korb- oder Rundboote gehören seit der Steinzeit zu den vielseitigsten, weltweit verbreiteten Wasserfahrzeugen, mit einer Tradition, die bis in die heutige Zeit reicht.

Das Prinzip, ein formgebendes Gerüst mit einer wasserdichten Haut zu beziehen und damit ein längliches oder rundes Boot herzustellen, reicht weit in die Steinzeit zurück. Wann dies das erste Mal geschah, ist mangels archäologischer Funde unbekannt. Sicher ist, dass die europäischen Menschen bereits vor etwa 16.000 Jahren die hierfür notwendigen technischen Voraussetzungen mitbrachten und bereits Fischfang in flachen Gewässern betrieben.

Archäologische Zeugnisse für die Verwendung von Fellbooten in Nordeuropa lassen sich etwa 8 000 Jahre zurückdatieren. Aus dieser Zeit stammen die skandinavischen Felsritzzeichnungen, die u.a. Rentierjäger in Gerüstbooten darstellen.

Die durch Abbildungen auf assyrischen Reliefs belegten, Rundboote, die Guffas, lassen sich auf etwa 900 v.u.Z. datieren. Tatsächlich findet man die Bezeichnung Guffa aber bereits im 3. vorchristlichen Jahrtausend in akkadischen Keilschrifttexten.

Und auch für die Vertreter der Bandkeramiker, die vor etwa 4000 Jahren von der oberen Donau aus Mittel-europa über die Flussläufe besiedelt hatten, dürften die Korbboote ein gängiges Wasserfahrzeug dargestellt haben. Ritzzeichnungen auf bandkeramischen Gefäßen scheinen dies nach Ansicht der Archäologen zu belegen.

Die mesopotamischen Guffas waren außerordentlich leistungsfähige Fahrzeuge, wie der griechische Geschichtsschreiber Herodot bestätigte. Über ein Korbgerüst wurden Tierfelle gespannt und mit Asphalt abgedichtet. Die Lasten, die mit diesen Booten trans-portiert werden konnten, waren mit mehreren Tonnen Ladung ebenso beeindruckend, wie die Ausmaße von bis zu 5 Metern Durchmesser. Noch in jüngster Zeit konnte man auf dem Euphrat solche Boote sichten, die in der Lage waren, Fuhrwerke überzusetzen.

Auch in Südindien finden sich noch heute als Fähren für Fuhrwerke und Menschen benutzte Korbboote mit mehr als fünf Metern Durchmesser. Hier besteht der Grundkörper aus einer dicht geflochtenen Bambusschale, die heute statt mit Tierhäuten mit vielen Schichten Plastikfolie und Teer abgedichtet wird.

Überall auf der Welt waren, wenn auch in einfacherer und kleinerer Form, Rundboote in Verwendung. So findet man das sogenannte Bullboot bei den nordamerikanischen Prärieindianern. Diverse Formen von Ein-Mann-Korbbooten sind noch heute in Südostasien in Betrieb.

Die kleinen, meist nur mit einem Rinderfell bespannten Boote hatten auch in Europa eine weite Verbreitung. Als Arme-Leute Fahrzeuge im Mittelalter ebenso, wie als Fischerboote in Irland und Wales (Coracles). Hier waren sie übrigens noch bis in die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts in Gebrauch.

Die Vorteile solcher Boote liegen auf der Hand. Sie sind schnell, ohne großen Aufwand herzustellen und extrem leicht, sodass sie problemlos von einem Mann auf dem Rücken getragen werden können. Der Nachteil ist allerdings, dass sie wegen ihrer runden Form schwer zu manövrieren und daher nur auf stehenden Gewässern oder für Fahrten flussabwärts eingesetzt werden können. Gerade die runde Form aber macht sie andererseits recht kentersicher, sodass auch wildere Gewässer mit Stromschnellen recht gut bewältigt werden können.

Vor allem in Irland und Wales ist wird die Tradition des Coraclebaus weiter fortgeführt. Jede Region hat dort ihre eigenen Coracletypen entwickelt. Die britische Coracle- Society veranstaltet regelmäßig Treffen von Korbbootbauern, die dann in Wettkämpfen ihre archaischen Fahrzeuge auf Flüssen mit Wildwasser und Stromschnellen erproben. Dass es sogar Bausätze für Coracles mit vorgefertigten Holzgerüsten und Kunststoffhaut zu kaufen gibt, zeigt, was für ein geniales Konzept hinter der steinzeitlichen Bootskonstruktion steht.

Boote der Bronzezeit

In Ermangelung von Nägeln wurden die Planken bronzezeitlicher Boote gedübelt und zusammengenäht. Diese Technik erlaubte sogar den Bau seetüchtiger Schiffe.

Als 1952 an der Südseite der Chepospyramide ein verstecktes Grab geöffnet wurde, fand man Teile eines Bootes. 1955 begann man das Boot, das wie ein Bausatz zerlegt, dem Grab beigegeben worden war, zu heben. Nach der Konservierung und dem Zusammenbau der 1224 Einzelteile war schließlich ein etwa 4600 Jahre altes 43,4 m langes und 5,9 m breites Schiff von etwa 40 Tonnen Wasserverdrängung entstanden. Die Planken waren auf Stoß aneinandergesetzt, miteinander verzapft und mit Stricken, die durch vorgebohrte Löcher geführt wurden, zusammengebunden. Nägel standen damals nicht zur Verfügung.

Wenn im 3. Jahrtausend v.u.Z. bereits richtige seetüchtige Schiffe in der Technik des Planken Zusammennähens gebaut werden konnten, dann muss die Konstruktionsweise selbst deutlich älter sein. Tatsächlich fanden sich bereits aus prädynastischer Zeit, also der Stein-Kupferzeit, die in das 5. vorchristliche Jahrtausend zurückreicht Modelle und Abbildungen von einfacheren Plankenbooten, die nur genäht sein konnten.

1921 wurde vom dänischen Nationalmuseum das sogenannte Hjortspringboot ausgegraben und später rekonstruiert. Dieses genähte Plankenboot mit Doppelsteven von 15,3 m Länge und ca. 50 cm Breite stammt aus dem 4. Jahrhundert v.u.Z.. Es ähnelte in seinem Aussehen erstaunlicherweise vielen der teilweise auf das 8. vorchristliche Jahrhundert datierten skandinavischen Felsritzzeichnungen, die bislang als Darstellungen von Fellbooten angesehen wurden.

Die Funde genähter Plankenboote mit bis zu 15 m Länge, die seit etwa 1940 an den Flussmündungen Ost- und Südenglands (z.B. North Ferriby, Dover) gefunden wurden, konnten auf bis zu 1300 Jahre v.u.Z. datiert werden. Auch hier darf angenommen werden, dass das Konstruktionsprinzip deutlich älter ist.

Die ersten genähten Plankenboote der arabischen Welt lassen sich in Mesopotamien auf das 3. Vor-christliche Jahrtausend zurückverfolgen. Dieses Konstruktionsprinzip war so erfolgreich, dass noch Marco Polo zum Ende des 13. Jahrhunderts über zusammengenähte arabische Handelsschiffe vom persischen Golf berichten konnte. Und bis ins 16. Jahrhundert waren die arabischen Dhauen, die den indischen Ozean überquerten und bis nach China segelten ohne die Verwendung von Nägeln gebaut worden.

Die enorm leistungsfähigen ozeanischen und polynesischen Kanus, Ausleger- und Doppelrumpfboote, mit denen der pazifische Raum besiedelt worden war, waren ausschließlich zusammengenäht und zusammengebunden Und daran änderte sich beim traditionellen Bootsbau dieser Region bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts nichts. Auch wenn über die Anfänge des ozeanischen und polynesischen Bootsbaus nichts bekannt ist, so darf doch angenommen werden, dass auch hier die Tradition genähter Plankenboote sehr alt ist. Denn auch die indische Schifffahrt und der damit verbundene Einsatz genähter Plankenboote lassen sich mit Einflüssen auf Indonesien bis in das 3. vorchristliche Jahrtausend zurückverfolgen.

Die Zahl der regionalen und kulturellen Unterschiede bei den genähten Plankenbooten ist enorm. Das beginnt bereits beim Nähen selbst. Kreuzstich, Schrägstich, Schlingen u.a.m. sei hier nur genannt. Die Nähte können in den Planken versenkt werden, sodass sie auf der Außenhaut nicht zu sehen sind. Die Planken können einfach durchbohrt werden, sodass die Nähte auch außen sichtbar werden.

Die Planken können auf Stoß aufeinandersitzen (kraweel), sie können aber auch einander überlappen (klinker). Und die überlappenden Planken können von außen oder von innen angesetzt werden. Für all diese (und noch mehr) Variationen gibt es Beispiele.

Genähte Plankenboote wurden in der Regel in der Schalenbauweise hergestellt. Die Außenhaut wurde dabei aus Planken aneinandergesetzt und später mit stabilisierenden Spanten oder Teilspanten versehen. Das erlaubte eine große Formenvielfalt ohne vorher Berechnungen anstellen zu müssen. So ähnelten beispielsweise die bronzezeitlichen ägyptischen Schiffe den Schilfbooten dieser Zeit. Das hatte übrigens dazu geführt, dass vor dem Fund des Cheopsschiffes angenommen wurde, dass die ägyptischen Schiffsabbildungen überwiegend Schilfboote darstellen.

Wie sowohl europäische Funde als auch ceylonesische und polynesische Kanus zeigen, konnten genähte Plankenboote auch dadurch entstehen, dass einem Einbaum Planken zur Erweiterung oder Erhöhung aufgesetzt wurden. Je größer diese Boote wurden, desto mehr entwickelte sich der ursprüngliche Einbaum zum Kiel. Letztendlich aber hing die spezifische Konstruktion und Form der Boote in den verschiedenen Regionen und Kulturen sehr stark von den jeweiligen Umweltbedingungen (z.B. Art und Verfügbarkeit des Holzes) und dem Einsatzzweck (Handel, Transport, Krieg) der Fahrzeuge ab.

Die römischen Lastkähne in Gallien und Germanien

Flachbodige Lastkähne waren für die Römer so etwas wie die Maultiere der Flüsse, mit deren Hilfe vor allem in den landwirtschaftlich unterentwickelten rechts-rheinischen germanischen Gebieten die Versorgung der römischen Siedlungen, Lager und Stützpunkte mit Lebensmitteln und anderen wichtigen Gütern gesichert werden konnte.