Seelische Verwundungen - Oswald J. Klingler - E-Book

Seelische Verwundungen E-Book

Oswald J. Klingler

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Beschreibung

Seelische Verwundungen: Behandlung und Selbsthilfe bei posttraumatischer Belastungsstörung und anderen Traumafolgestörungen Die Arbeit bietet eine Orientierung und einen Überblick über die aktuell gültigen diagnostischen Kriterien und die zahlreichen angebotenen Behandlungen und Selbsthilfeverfahren bei Traumafolgestörungen. Unter Benützung der Wegweiser der wissenschaftlichen Evidenz erfolgt eine Beschreibung der am besten zu empfehlenden Therapiemethoden mit zahlreichen Fallbeispielen. Darauf aufbauend wird gezeigt, wie die Prinzipien der wirkungsvollsten Methoden konkret umgesetzt werden können, sei es in einem selbständig durchzuführenden Selbsthilfeverfahren oder im Rahmen einer therapeutisch angeleiteten oder begleiteten Selbsthilfe.

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Seitenzahl: 255

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

1. Einleitung

2. Im Dschungel der Diagnostik: Was ist eine Traumafolgestörung?

2.1 Beliebte Wegweiser

2.2 Das Diagnostische und Statistische Manual Psychischer Störungen (DSM)

2.3 Die internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD)

2.4 Traumafolgestörungen: Versuch eines Überblicks

2.5 Kommentar

3. Durch den Dschungel der Hilfsangebote: von der Vielfalt des Möglichen zu sinnvollen Empfehlungen

3.1 Beliebte Wegweiser

3.2 Wegweiser der Wissenschaft

3.2.1 Evidenz, Pyramiden, Meta-Analysen

3.2.2 Signifikanzen, Schubladen und der Placebo-Effekt

3.2.3 Die Ergebnisse von Vergleichsstudien

3.2.4 Empfehlungen der Fachgesellschaften

4. Die empfohlenen Methoden in der Praxis

4.1 Traumafokussierte KVT mit Schwerpunkt Exposition

4.2 Traumafokussierte KVT mit Schwerpunkt kognitives Arbeiten

4.3 Narrative Exposition

4.4 Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR)

4.5 Gemischte und erweiterte traumafokussierte Verfahren

5. Hilfsangebote

5.1 Psychotherapie

5.2 Selbsthilfe

5.3 Fallstricke und Chancen

6. Ein evidenzbasiertes Therapie- und Selbsthilfeverfahren

6.1 Grundlagen

6.1.1 Schulenorientierung und Evidenzbasierung

6.1.2 Zielgruppe

6.1.3 Kontraindikationen und Unterstützungsbedarf

6.1.4 Ablauf, Aufwand, motivationale Voraussetzungen

6.1.5 Arbeitsmittel, Vorbereitung

6.2 Durchführung

6.2.1 Ausgangssituation und Ziele

6.2.2 Die gute Basis

6.2.3 Quälende Gedanken, hilfreiche Gedanken

6.2.4 Ein bewegtes Leben

6.2.5 Der Wiedergewinn von Freiheiten

6.2.6 Probleme und Lösungen

6.2.7 Bilanz, Anpassung, Ausblick

Anhang: Die diagnostischen Kriterien von Trauma-Folgestörungen

DSM-5-TR

ICD-10-GM

ICD-11

Literatur

1. Einleitung

Schwierige Zeiten. Die Ressourcen werden weniger und die darum geführten Kämpfe immer heftiger. Katastrophen erschüttern den Planeten, manche werden der Natur zugeschrieben, viele sind von Menschen gemacht. Immer mehr sind von den Folgen natürlicher, menschlicher und unmenschlicher Gewalt betroffen, von Bedrohungen, Verwundungen, Verlusten. Das Trauma hat Einzug in den Alltag gehalten, es wurde zu einem der meistverwendeten psychologischen Begriffe. Dieser stammt aus dem Griechischen (τραύμα) und bezeichnet eine Verletzung oder Verwundung, was grundsätzlich sowohl eine körperliche als auch eine seelische sein kann. Oft wird das Ereignis selbst, das zu so einer Verletzung geführt hat, als ein Trauma bezeichnet.

Zwischen Verletzungen im Körperlichen und im Seelischen bestehen zahlreiche Gemeinsamkeiten: Sie sind mit Schmerzen oder anderen unangenehmen Zuständen verbunden. Oft werden dann bestimmte Aktivitäten vermieden. Körperliche wie seelische Verletzungen können schneller oder auch nur sehr langsam abheilen, sie können ohne beeinträchtigende Folgen bleiben, zu dauerhaft schmerzhaften Narben führen oder auch zu einer schleichenden Sepsis, welche schließlich die Gesundheit und das Leben des gesamten Organismus bedroht. Und auch wenn schon körperliche Verletzungen eine sehr komplizierte Sache sein können, in psychischer Hinsicht ist das noch viel mehr gegeben. Auslöser, Arten und Erscheinungsformen seelischer Verwundungen sind vielfältig und unübersichtlich, und zwischen den Menschen bestehen diesbezüglich erhebliche Unterschiede. Und weil seelische Verwundungen oft nicht so eindeutig und unmittelbar beobachtbar sind, ist es bei diesen nicht immer leicht, ein entsprechendes Verständnis zu finden.

Wer sich nun genauer über die Erscheinungsformen und Behandlungsmöglichkeiten seelischer Verwundungen informieren möchte, der findet sich sehr schnell in einem schwer überschaubaren Gewirr an teilweise konkurrierenden Systemen, Theorien und Hilfsangeboten, welches durchaus den Vergleich mit einem Dschungel rechtfertigt. So ist schon in der Diagnostik die Situation eine recht unübersichtliche, weil aktuell drei Regelwerke mit einem hohem Verbindlichkeitsanspruch nebeneinander bestehen, in Form der beiden Varianten 10 und 11 der International Classification of Diseases und des Diagnostischen und Statistischen Manuals 5-TR der American Psychiatric Association, durch welche die traumabeziehungsweise belastungsbezogenen Störungen zum Teil recht unterschiedlich beschrieben werden.

Noch verwirrender ist die Situation, wenn man sich auf die Suche nach einer entsprechenden Hilfe begibt. Ein Mangel an Angeboten lässt sich hier bestimmt nicht beklagen. Mit „Google“ kann eine schier unüberschaubare Menge an vermeintlichen Helferinnen und Helfern gefunden werden: öffentliche und private Gesundheitseinrichtungen, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, Foren, Apps, Blogs, Bücher und vieles mehr. Art und der Umfang der Angebote lassen manchmal an einen heftig umkämpften Markt denken, der wohl auch durch einen wachsenden Bedarf genährt wird.

Auch die Forschung ist für viele Fachleute nicht mehr zu überblicken. Für eine Vielzahl an Behandlungen werden „hoch signifikante“, „überzeugende“ oder zumindest „ermutigende“ Ergebnisse reklamiert. Und viele Therapeutinnen und Therapeuten werden nicht überprüfen können oder wollen, ob irgendwelche Verfahren zu bevorzugen wären.

Hinsichtlich einer Psychotherapie wird gelegentlich vertreten, dass ohnehin alle Methoden gleich wirksam wären. Man müsse nur die Therapeutin oder den Therapeuten finden, welche beziehungsweise welcher zu einem passe. Einfach probieren? Ein solches Glücksspiel könnte lange dauern. Denn die erste Behandlung, die in Anspruch genommen wird, wird nur recht selten als nützlich beurteilt: von etwa 24 Prozent der Hilfesuchenden bei einer posttraumatischen Belastungsstörung (Stein et al, 2020) und 31 Prozent bei einer Depression (Harris et al., 2020). Wege zu einer wirksamen Behandlung scheinen also nicht ganz einfach zu finden zu sein. Viele Wegweiser weisen in unterschiedliche Richtungen und mancherlei Fallstricke lauern. Damit aber können Jahre verloren gehen, mit einer weiteren Demoralisierung, Chronifizierung und Verschlimmerung des Leidens. Manche, wenn sie das so lange durchhalten, können eine zufriedenstellenden Hilfe erst bei ihrer zehnten Behandlungsstation bekommen (Harris et al., 2020). Der Frage, ob mit verschiedenen Behandlungsmethoden nicht unterschiedliche Erfolgsaussichten bestehen, muss damit doch einige Bedeutung beigemessen werden.

Neben der Entscheidung für eine geeignete Behandlung ist leider auch der Zugang zu einer solchen nicht immer ganz leicht. Denn in der psychotherapeutischen Versorgung besteht die seltsame Situation, dass in manchen Regionen einem Überangebot an Therapeutinnen und Therapeuten nur wenige Therapieplätze gegenüberstehen, welche durch eine entsprechende Kassenunterstützung auch für Normalsterbliche leistbar wären. In der Arbeit mit seelisch Verwundeten begegnet man daher immer wieder leidenden Betroffenen, welche hinsichtlich ihrer Behandlung resigniert haben:

a) Man habe keinen finanzierbaren Therapieplatz bekommen. Obwohl von Politik und Versicherungsträgern immer wieder behauptet wird, es gäbe “Psychotherapie auf Krankenschein”. Aber - in Abhänigkeit vom Versorgungsgebiet und Versicherungsträger - die Therapieplätze und die gewährten Kassenzuschüsse sind begrenzt. Und oft sind die Suchenden, weil ohnehin durch ihr Leiden beeinträchtigt, durch manche Hürden überfordert.

b) Man habe eine oder schon mehrere Behandlungen abgebrochen. Wegen mangelnder Wirksamkeit oder weil man keinen Draht zur Therapeutin oder dem Therapeuten gefunden hat; oder besser umgekehrt: die Therapeutin oder der Therapeut einen solchen nicht hat aufbauen können.

c) Oder man sei schon lange in Behandlung und mit dieser auch zufrieden. Allein, eine wesentliche Verbesserung habe sich nicht erzielen lassen. Aber wenigstens habe man jemanden, bei dem man Wertschätzung und Verständnis findet.

Dabei wären gerade bei Traumafolgestörungen auch nachhaltige Verbesserungen möglich. Sei es im Rahmen einer geeigneten Psychotherapie oder auch durch die Anwendung von Selbsthilfemethoden. Entsprechend wendet sich dieses Buch an Betroffene, welche noch keine ausreichende Hilfe erfahren konnten. Denen hier in einer einfachen Sprache ein Selbsthilfeprogramm geboten werden soll, welches mit einer konsequenten Nutzung der aktuellsten wissenschaftlichen Evidenz auch die größtmöglichen Erfolgsaussichten bietet.

Im Speziellen sollte verständlich werden,

was eigentlich unter einer Traumafolgestörung zu verstehen wäre,

bei welchen Behandlungsmethoden die besten Erfolgsaussichten bestehen und

was bei Inanspruchnahme solcher Behandlungen zu erwarten wäre

und des Weiteren eine ganz konkrete Anleitung dahingehend erfolgen, wie die Prinzipien der wirksamsten Behandlungsmethoden im Rahmen eines Selbsthilfeprogrammes umgesetzt werden können.

Das sollte aber nicht nur für Hilfesuchende von Nutzen sein, sondern auch für Therapeutinnen und Therapeuten. So wäre das Programm auch sinnvoll verwendbar als komplettes Manual einer streng evidenzbasierten Behandlung, aber auch als eine Grundlage für eine ökonomisch durchzuführende angeleitete oder begleitete Selbsthilfe oder schlicht und einfach als eine Fundgrube von Ideen für den Methodenkoffer.

2. Im Dschungel der Diagnostik: Was ist eine Traumafolgestörung?

2.1 Beliebte Wegweiser

Was wäre nun eigentlich unter einer Traumafolgestörung zu verstehen? Können als solche verschiedene Arten oder Formen unterschieden werden und wie werden diese beschrieben oder definiert? Ein Leidenszustand, für den man eventuell Hilfe sucht oder Hilfe anbieten möchte, sollte zumindest so weit abgeklärt sein, dass sich entscheiden lässt, welche Behandlungsmöglichkeiten in Betracht kommen. Am Anfang stehen also diagnostische Fragestellungen. Und wer dazu entsprechende Informationen sucht, wird heutzutage vielleicht auf “Google” oder “ChatGPT” zugreifen.

Am 01.09.2023 ergab eine Eingabe mit dem Stichwort “Traumafolgestörung” bei der Internet-Suchmaschine “Google” als die ersten drei Treffer die Seiten des AWO (Arbeiterwohlfahrt) Psychiatriezentrums in Niedersachsen, des Universitätsklinikums Dresden, sowie des Klinikverbunds der Oberberg Kliniken.

Beim AWO Psychiatriezentrum (2023) geht man bei der Beschreibung von Traumafolgestörungen von der Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung aus:

Von einer als selten eingestuften einfachen PTSD wird eine komplexe PTSD unterschieden, für welche das Bestehen von Komorbiditäten, also daneben bestehenden zusätzlichen Störungen, ausgewiesen wird. Als weitere häufige Traumafolgestörungen werden dissoziative Störungen, Angst- und Panikstörungen, Depression, Schmerzsyndrome, Zwangsstörungen sowie Essstörungen angeführt.

Beim Uniklinikum Dresden (2023) erfolgt unter Traumafolgestörungen eine Beschreibung der Kriterien eines Traumas mit der Unterscheidung von Typ-I und Typ-II Traumata, sowie eine Auflistung von Symptomen der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und anderer Beschwerden, welche neben einer PTBS auftreten können.

Als traumatische Ereignisse wurden solche genannt, welche

die Unversehrtheit eines Menschen bedrohen,

in extreme Angst und Hilflosigkeit versetzen,

so außergewöhnlich sind, dass die normalen Anpassungs- und Bewältigungsstrategien des Menschen überfordert sind,

tatsächliche oder drohende Todeserfahrungen oder ernsthafte Verletzungen beinhalten, mit der Gefahr der körperlichen Unversehrtheit,

welche bei der eigenen Person oder bei anderen Personen beobachtet wurden.

Als Typ-I-Traumata wurden einmalige traumatische Erfahrungen, wie Unfälle, Naturkatastrophen etc. beschrieben, als Typ-II-Traumata häufig andauernde oder sich wiederholende traumatische Erlebnisse, wie Folter, Missbrauch und sogenannte „man made desaster“ (durch Menschenhand verursachte Traumata), welche häufig tiefgreifende und schwere Störungen bzw. psychische Probleme nach sich ziehen.

Als Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) werden genannt

ein Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von unkontrollierten Gedanken, Bildern (sogenannte Intrusionen oder Flashbacks),

eine Vermeidung von traumanahen Reizen im Handeln und Denken,

ein Taubheitsgefühl anderen Menschen und Empfindungen gegenüber (Numbing, Depersonalisation, Derealisation),

eine Übererregung (Hyperarousal: Zittern, Schwitzen, Herzrasen, Schreckhaftigkeit)

und als daneben mögliche Beschwerden

Depression,

Burn Out,

Anpassungsstörung,

Alkoholabhängigkeit,

Medikamentenmissbrauch,

Persönlichkeitsstörungen,

dissoziative Störungen,

somatoforme Störungen,

Angststörungen,

Essstörungen.

Auf der Seite der Oberberg Klinken (2023) findet sich die folgende Beschreibung von Traumafolgestörungen:

“Viele Menschen sind nicht in der Lage, besonders belastende oder traumatische Erlebnisse zu verarbeiten. Das können zum Beispiel ein Unfall, eine Gewalttat, sexueller Missbrauch, Krieg, aber auch Mobbing, Stalking, Trennung oder emotionale Vernachlässigung sein. Wenn die Erinnerung nicht loslässt, sprechen wir von Stress- und Traumafolgestörungen, die das Leben enorm belasten können. Dabei handelt es sich um ein sehr breites Spektrum möglicher psychischer Störungen.”

Als Traumafolgestörungen werden dann ausgewiesen

die akute Belastungsstörung,

die posttraumatische Belastungsstörung,

die komplexe posttraumatische Belastungsstörung,

die Anpassungsstörungen,

die anhaltende Trauerstörung.

Und was sagt uns “ChatGPT” (Generative Pre-Trained Transformer), ein immer beliebter und wichtiger werdender Anbieter, bei dem vielleicht unterschiedliche Sichtweisen berücksichtigt und integriert werden. Am 16.10.2023 ergab die Frage “Was ist eine Traumafolgestörung?” die folgende Antwort:

„Eine Traumafolgestörung ist eine psychische Erkrankung, die als Reaktion auf ein traumatisches Ereignis oder eine Serie von traumatischen Ereignissen auftritt. Diese Störung kann das Ergebnis von physischen, sexuellen oder emotionalen Traumata sein und erhebliche Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden und die Lebensqualität einer Person haben. Zu den häufigsten Traumafolgestörungen gehören:

1. Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): PTBS tritt auf, wenn eine Person nach einem traumatischen Ereignis anhaltende und wiederkehrende Symptome wie Flashbacks, Albträume, übermäßige Erregung und Reizbarkeit, Vermeidung von traumabezogenen Auslösern und negative Veränderungen in Stimmung und Denken entwickelt.

2. Akute Belastungsstörung: Dies ist eine kurzfristige Reaktion auf ein traumatisches Ereignis und äußert sich in ähnlichen Symptomen wie PTBS, dauert jedoch normalerweise nicht länger als einen Monat.

3. Komplexe Traumafolgestörung (K-PTBS): K-PTBS entwickelt sich in Reaktion auf wiederholte oder lang anhaltende Traumata, wie etwa Kindesmissbrauch oder Vernachlässigung. Die Symptome sind oft schwerwiegender und komplexer als bei PTBS.

4. Anpassungsstörung: Dies ist eine allgemeine Reaktion auf Stress und Trauma, die in der Regel kürzer andauert und weniger schwerwiegend ist als PTBS oder K-PTBS. Dennoch kann sie erhebliche psychische Belastung verursachen. Traumafolgestörungen können verschiedene Symptome umfassen, darunter Flashbacks, Albträume, Schlafstörungen, Angstzustände, Depressionen, Wutausbrüche, soziale Isolation und Gedächtnisprobleme. Die Behandlung von Traumafolgestörungen kann Psychotherapie, Medikamente und andere Therapieansätze umfassen, um die Symptome zu lindern und die Betroffenen auf dem Weg zur Genesung zu unterstützen. Es ist wichtig zu beachten, dass die Auswirkungen von Traumata auf Menschen unterschiedlich sein können, und nicht jeder, der ein traumatisches Ereignis erlebt, entwickelt notwendigerweise eine Traumafolgestörung.“

Wenngleich von den untersuchten Informationsquellen Ähnliches beschrieben wurde, so führen die insgesamt doch geringe Übereinstimmung und das Fehlen von Quellenhinweisen zur Frage, ob es keine diagnostische Grundlagen gibt, welche als verlässlicher oder verbindlicher einzustufen wären. Tatsächlich gibt es diagnostische Instanzen mit einem hohen und weit verbreiteten Verbindlichkeitsanspruch, auf welche wohl auch von den meisten Informationsangeboten zurückgegriffen wird, nämlich in Form der Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft und in Form der Weltgesundheitsorganisation, welche regelmäßig die diagnostischen Kriterien von psychischen Störungen festlegen.

Hinsichtlich der Traumafolgestörungen war es die Amerikanischen Psychiatrische Gesellschaft (APA), welche eine gewisse Vorreiterstellung eingenommen hat. Sie hat 1980 als die erste anerkannte medizinische Fachgesellschaft mit der in der dritten Auflage des Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM-3) erfolgten Einführung der Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung Definitionen des Begriffes Trauma und einer dauerhaften psychischen Störung als eine Traumafolgestörung gegeben. 1992 wurde diese Diagnose schließlich auch in die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufgenommen.

Neben der posttraumatischen Belastungsstörung weisen beide Klassifikationssysteme auch noch andere stress- und belastungsbezogene Störungen aus, alle leider noch immer mit teilweise unterschiedlichen Kriterien. In der Forschung werden nun eher die DSM-Kriterien der APA verwendet, vermutlich weil sie den Anspruch haben, viele Störungen eindeutiger zu definieren als die WHO. So wurden auch die meisten Studien zu spezifischen Traumafolgestörungen mit Personen durchgeführt, welche die entsprechenden Diagnosen nach den DSM-Kriterien erfüllt haben. Demgegenüber werden die ICD-Kriterien der WHO zumeist für die allgemeine Dokumentation im Gesundheitswesen verlangt und verwendet.

Der genaue Wortlaut der von DSM und ICD erfolgenden Beschreibungen der trauma- und belastungsbezogenen Störungen findet sich im Anhang, für das DSM-5-TR in einer Übersetzung durch den Autor. Im folgenden Abschnitt soll nun aber näher darauf eingegangen werden, welche dieser Störungen tatsächlich als Traumafolgestörungen anzusehen wären.

2.2 Das Diagnostische und Statistische Manual Psychischer Störungen (DSM)

Vorgänger des DSM können bis in das Jahr 1844 zurückverfolgt werden, als Versuche erfolgt waren, Grundlagen für eine statistische Klassifikation von Personen in Anstaltsbehandlung zu entwickeln. DSM-I und II sind allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg erschienen. Sie haben noch keine anhaltenden Belastungsschäden zugelassen und waren damit wohl auch gut geeignet, anhaltende psychische Kriegsschäden zu negieren.

Als die erste dauerhafte Belastungsfolge wurde 1980 mit dem DSM-3 schließlich die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) eingeführt (American Psychiatric Association, 1980), mit einem definierten Trauma und den drei Symptomgruppen eines Wiedererlebens, einer Betäubung und einer Überaktivierung (vergleiche Klingler, 2023).

Im aktuell gültigen DSM-5-TR (Textrevision des DSM-5 der American Psychiatric Association, 2022) finden sich im Kapitel der trauma- und stressorbezogenen Störungen die folgenden Diagnosen:

die reaktive Bindungsstörung,

die Beziehungsstörung mit Enthemmung,

die posttraumatische Belastungsstörung,

die akute Belastungsstörung,

die Anpassungsstörungen,

mit depressiver Stimmung,mit Angst,mit Angst und depressiver Stimmung gemischt,mit Störung im Sozialverhalten,mit Störung im Sozialverhalten und emotionaler Störung gemischt,mit unspezifischen Symptomen,

die anhaltende Trauerstörung,

andere näher bezeichnete trauma- und belastungsbezogene Störungen,

nicht näher bezeichnete trauma- und belastungsbezogene Störungen.

Eingehende Beschreibungen der möglichen traumatischen Verursachung der Störungen erfolgten im DSM-5-TR lediglich für die posttraumatische Belastungsstörung und die akute Belastungsstörung. Die Diagnose einer akuten Belastungsstörung darf aber lediglich bei einem Bestehen der geforderten Symptome bis maximal einen Monat nach dem auslösenden traumatischen Ereignis vergeben werden. Bei der anhaltenden Trauerstörung wird kein Trauma, aber als Auslöser der Tod einer nahestehenden Person angegeben, ohne dass besonders belastende weitere Umstände genannt werden. Hier besteht als diagnostisches Erfordernis, dass klinisch signifikante Trauersymptome an den meisten Tagen noch nach über einem Jahr präsent sind. Bei der reaktiven Bindungsstörung und der Beziehungsstörung mit Enthemmung, den beiden belastungsbezogenen Störungen mit Beginn in der Kindheit, werden als Belastungsfaktoren eine soziale Vernachlässigung, ein Wechsel an Bezugspersonen oder ein Mangel an Bindungen angegeben. Für die Diagnose einer Anpassungsstörung, welche gemäß DSM-5-TR nur bei einem Anhalten der Symptome bis zu sechs Monaten gestellt werden dürfte, sollte als Auslöser ein spezifischer identifizierbarer Belastungsfaktor erkennbar sein, ein explizit definiertes Trauma wäre nicht erforderlich. Bei den anderen näher bezeichneten trauma- und belastungsbezogenen Störungen und den nicht näher bezeichneten trauma- und belastungsbezogenen Störungen erfolgt keine Einschränkung auf spezifische Belastungen.

Als gemäß DSM-5-TR beschriebene anhaltende Traumafolgestörungen bei Erwachsenen können hier also nur und zum Teil mit Einschränkungen eingestuft werden

die posttraumatische Belastungsstörung,

die verlängerte Trauerstörung (dann, wenn das Ableben einer nahestehenden Person als ein Trauma einzustufen wäre),

die Anpassungsstörung (dann, wenn der identifizierbare Belastungsfaktor als ein Trauma einzustufen ist und die Symptome nicht länger als 6 Monate anhalten),

andere näher bezeichnete trauma- und belastungsbezogene Störungen, (dann, wenn der identifizierbare Belastungsfaktor als ein Trauma einzustufen ist und die Symptome länger als 6 Monate anhalten),

Unter den anderen näher bezeichneten trauma- und belastungsbezogenen Störungen findet sich im DSM ein Hinweis auf manchmal als „unterschwellige“ oder „partielle“ bezeichnete posttraumatische Belastungsstörungen, bei welchen ein Trauma wie bei der posttraumatischen Belastungsstörung vorliegt, aber nur ein Teil der Symptome, welche für diese Diagnose gefordert werden.

2.3 Die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD)

Auch die Entwicklung der "International Classification of Diseases" (ICD) kann bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückverfolgt werden, mit den Ursprüngen betreffend die statistische Erfassung von Todesursachen in England und in der Schweiz. 1900 wurde die erste ICD in Frankreich herausgegeben. Seit Gründung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 1948 wird dieses Klassifikationssystem von dieser mit dem Anspruch einer größtmöglichen internationalen Akzeptanz geführt, für psychologisch-psychiatrische Diagnosen in teilweise wechselseitiger Beeinflussung mit dem DSM der Amerikanischen Gesellschaft für Psychiatrie (vergleiche Klingler, 2023).

Vorübergehende Stressreaktionen waren in der ICD noch vor der Einführung der PTBS-Diagnose zu finden, die posttraumatische Belastungsstörung als eine dauerhafte Beeinträchtigung fand dann erst in der 1992 veröffentlichten ICD-10-Klassifikation der mentalen und behavioralen Störungen Berücksichtigung. In Deutschland wurde ICD-10 zur Grundlage für die amtliche Klassifikation für Diagnosen in der ambulanten und stationären Versorgung, als ICD-10-GM (German Modification) mit der letzten Aktualisierung im September 2022 (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 2023a).

Parallel zur Weiterentwicklung der ICD-10 wurde international allerdings seit 2007 an einer grundlegenden 11. Revision dem ICD-11 gearbeitet. Die ICD-11 trat dann am 1. Jänner 2022 in Kraft, allerdings soll seine ausschließliche Verwendung erst nach einer Übergangszeit von mindestens 5 Jahren erfolgen. Wann ICD-11 in Deutschland verpflichtend eingeführt werden soll, sei noch offen, in deutscher Sprache liegt aktuell erst eine Entwurfsfassung vor (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 2023b).

a) ICD, Version 10-GM

Im Kapitel der Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen werden die folgenden Störungen angeführt (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 2023a):

die akute Belastungsreaktion,

die posttraumatische Belastungsstörung,

die Anpassungsstörung,

sonstige Reaktionen auf schwere Belastung,

Reaktion auf schwere Belastung, nicht näher bezeichnet.

Im Kapitel der andauernden Persönlichkeitsänderungen finden sich allerdings noch zwei weitere Diagnosen mit einem Bezug auf besondere Belastungen, nämlich

die andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung und

die andauernde Persönlichkeitsänderung nach psychischer Krankheit.

Eine eingehende Beschreibung eines Traumas als ein Auslöser der Störung findet sich lediglich bei der posttraumatischen Belastungsstörung. Bei der akuten Belastungsreaktion wird allgemeiner eine außergewöhnliche physische oder psychische Belastung genannt. Hier sollte allerdings, wenn die Symptome länger als zwei bis drei Tage andauern, eine andere Diagnose erwogen werden. Bei der Diagnose der Anpassungsstörung werden eine subjektive Bedrängnis nach belastenden Lebensereignissen angegeben, aber keine Einschränkungen hinsichtlich Dauer oder Anhalten der Symptome. Für die Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung wird eine extreme Belastung kastastrophalen Ausmaßes angegeben, für die Persönlichkeitsänderung nach psychischer Krankheit die traumatische Erfahrung einer schweren psychiatrischen Krankheit. Zu diesem letzten von ICD beschriebenen Trauma einer psychiatrischen Krankheit scheint allerdings bemerkenswert, dass eine solche im System der ICD gar nicht vorgesehen wäre – hier werden nur psychische Störungen beschrieben. Für die Kategorien „Sonstige Reaktionen auf schwere Belastung“ und „Reaktion auf schwere Belastung, nicht näher bezeichnet“ liegen keine Beschreibungen eines Traumas vor.

Gemäß ICD-10-GM können somit die folgenden Störungen als anhaltende Traumafolgestörungen bei Erwachsenen eingestuft werden:

die posttraumatische Belastungsstörung,

die Anpassungsstörung (dann, wenn das belastende Lebensereignis als ein Trauma einzustufen ist),

sonstige Reaktionen auf schwere Belastung (dann, wenn die Belastung als ein Trauma einzustufen ist),

die andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung und

die andauernde Persönlichkeitsänderung nach psychischer Krankheit (dann, wenn diese eine traumatische Erfahrung darstellt).

b) ICD, Version 11

Im Kapitel der spezifisch mit Stress assoziierten Störungen werden von ICD-11 die folgenden Diagnosen ausgewiesen (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 2023b):

die posttraumatische Belastungsstörung,

die komplexe posttraumatische Belastungsstörung,

die verlängerte Trauerstörung,

die Anpassungsstörung,

die reaktive Bindungsstörung,

die Störung der sozialen Bindung mit enthemmtem Verhalten,

sonstige näher bezeichnete Störungen, die spezifisch Stress-assoziiert sind,

Störungen, die spezifisch Stress-assoziiert sind, nicht näher bezeichnet.

Als auslösende Traumata wird für die einfache wie für die komplexe posttraumatische Belastungsstörung das Erleben eines oder mehrerer extrem bedrohlicher oder schrecklicher Ereignisse genannt, bei der komplexen Belastungsstörung mit dem Zusatz, dass dabei meistens anhaltende oder sich wiederholende Ereignisse gegeben sind, bei denen ein Entkommen schwierig oder unmöglich ist. Bei der verlängerten Trauerstörung wird ein Auftreten nach dem Tod einer nahen Person beschrieben und bei der Anpassungsstörung allgemeiner ein oder mehrere identifizierbare Stressoren. Bei den beiden Störungen mit Beginn in der frühen Kindheit, der reaktiven Bindungsstörung und der Störung mit enthemmtem Verhalten, wird ein Zusammenhang mit schwerer Vernachlässigung oder institutioneller Deprivation angegeben, bei der reaktiven Bindungsstörung auch mit Misshandlung.

Eine eingehende Beschreibung eines Traumas als ein Auslöser der Störung findet sich lediglich bei der posttraumatischen Belastungsstörung. Bei der akuten Belastungsreaktion wird allgemeiner eine außergewöhnliche physische oder psychische Belastung genannt. Hier sollte allerdings, wenn die Symptome länger als zwei bis drei Tage andauern, eine andere Diagnose erwogen werden. Bei der Diagnose der Anpassungsstörung werden eine subjektive Bedrängnis nach belastenden Lebensereignissen angegeben, aber keine Einschränkungen hinsichtlich Dauer oder Anhalten der Symptome. Für die Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung wird eine extreme Belastung kastastrophalen Ausmaßes angegeben, für die Persönlichkeitsänderung nach psychischer Krankheit die traumatische Erfahrung einer schweren psychiatrischen Krankheit. Für die Kategorien „Sonstige Reaktionen auf schwere Belastung“ und „Reaktion auf schwere Belastung, nicht näher bezeichnet“ liegen keine weiteren Beschreibungen vor.

Als anhaltende Traumafolgestörungen bei Erwachsenen lassen sich gemäß ICD-11 somit die folgenden Diagnosen beurteilen:

die posttraumatische Belastungsstörung,

die verlängerte Trauerstörung (dann, wenn der Todesfall als ein Trauma einzustufen ist),

die Anpassungsstörung (dann, wenn das belastende Lebensereignis als ein Trauma einzustufen ist),

sonstige näher bezeichnete Störungen, die spezifisch mit Stress assoziiert sind (dann, wenn die Belastung als ein Trauma einzustufen ist).

2.4 Traumafolgestörungen: Versuch eines Überblicks

Die von den großen Kommissionen renommierter Expertinnen und Experten in aufwendigen Verfahren erstellten Diagnosekriterien des DSM und ICD belegen eindrucksvoll, wie unterschiedlich ein und dieselbe Wirklichkeit gesehen werden kann. Trotz der immer wieder erfolgenden Beteuerungen, die Systeme aneinander anpassen zu wollen, wurden zum Teil nicht nur unterschiedliche Krankheitsbilder definiert, sondern auch solche, die unter den gleichen Bezeichnungen laufen, unterschiedlich beschrieben. Es bestehen also unterschiedliche Versionen von gleichlautend bezeichneten Störungsbildern, bei denen man jeweils auf den „Bestimmungsschlüssel“ - DSM-5-TR, ICD-10-GM oder ICD-11 - verweisen müsste, nach denen diese festgestellt wurden.

Nach dem DSM der Amerikanischen Gesellschaft für Psychiatrie und der ICD nach der Weltgesundheitsorganisation können allerdings nur solche Störungen als Traumafolgestörungen eingestuft werden, für die auch ein nach diesen Systemen definiertes Trauma vorliegt. Als solche wären die einfache und die komplexe posttraumatische Belastungsreaktion einzuordnen, dann, wenn neben dem Trauma auch alle geforderten Symptome vorliegen. So nicht alle Symptome vorliegen, dann wäre eine Anpassungsstörung gegeben, beziehungsweise nach Ablauf etwaiger Fristen eine sonstige näher bezeichnete Störung, bei Vorliegen von spezifischen Traumasymptomen im Sinne einer „unterschwelligen“ oder „partiellen“ posttraumatischen Belastungsstörung. Auch die anhaltende Trauerstörung wäre als Trauma-Folgestörung zu beurteilen, dann wenn das Ableben der betrauerten Person auch die entsprechenden Traumakriterien erfüllt. Auch die in ICD-10 beschriebenen Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung und nach psychischer Krankheit können als Traumafolgestörungen gelten, wenngleich hier eine nur sehr allgemeine Beschreibung der Traumata erfolgt.

Auch wenn viele andere Leidenszustände ebenfalls als Traumafolgen wahrgenommen oder empfunden werden könnten (vergleiche Klingler, 2023), nach den gegebenen Kriterien von DSM, ICD und als Gegenstand der Forschung können nur jene Störungen als Traumafolgestörungen gelten, für welche auch die definierten Traumata als Auslöser auszumachen sind. In der Folge soll nun eine zusammenfassende Gegenüberstellung dieser Störungsbilder gegeben werden, welche nach diesem Traumakriterium und nach DSM-5-TR, ICD-10-GM und ICD-11 als anhaltende Traumafolgestörungen bei Erwachsenen einzustufen wären. Dabei werden gelegentlich sprachlich etwas vereinfachte Formulierungen und für DSM-5-TR eine Übersetzung durch den Autor verwendet, die genauen diagnostischen Kriterien wären im Anhang zu finden.

a) Die posttraumatischen Belastungsstörungen

In Tabelle 1 finden sich die bei den posttraumatischen Belastungsstörungen verwendeten Trauma-Definitionen.

DSM-5-TR:

Trauma:

o Direkte Konfrontation der eigenen Person mit drohendem Tod, ernsthafter Verletzung oder sexueller Gewalt oder o persönliches Erleben einer Konfrontation von anderen Personen mit tatsächlichem oder drohendem Tod, ernsthafter Verletzung oder sexueller Gewalt oder o Erfahrung, dass ein nahes Familienmitglied oder ein enger Freund eine ernsthafter Verletzung oder sexueller Gewalt erlitten hat oder o Erfahrung, dass ein nahes Familienmitglied oder ein enger Freund den Tod oder eine Todesbedrohung durch Gewalt oder einen Unfall erlitten hat oder o Erfahrung von wiederholten und extrem aversiver Details von Tod, drohendem Tod, Verletzung oder sexueller Gewalt, auch vermittelt über visueller Medien, wenn diese im Rahmen beruflicher/dienstlicher Aufgaben wahrzunehmen waren.

ICD-10-GM:

Trauma:

Belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde.

ICD-11:

Trauma:

Erleben eines einzelnen oder einer Reihe von extrem bedrohlichen oder schrecklichen Ereignissen.

Tabelle 1:

Traumadefinitionen.

Die Symptome der posttraumatischen Belastungsstörungen werden wie in Tabelle 2 beschrieben.

DSM-5-TR:

S1:

Wiederkehrende, unwillkürlich sich aufdrängende belastende Erinnerungen an das oder die traumatischen Ereignisse.

S2:

Wiederkehrende, belastende Träume, deren Inhalte und/oder Gefühle sich auf das oder die traumatischen Ereignisse beziehen.

S3:

Dissoziative Reaktionen (z. B. Flashbacks), bei denen gefühlt oder gehandelt wird, als ob sich das oder die traumatischen Ereignisse wiederholte.

Intensive oder anhaltende psychisch Belastung bei der Konfrontation mit inneren oder

S4:

äußeren Hinweisreizen, die an einen oder mehrere Aspekte des oder der traumatischen Ereignisse erinnern. Deutliche körperliche Reaktionen bei der Konfrontation mit inneren oder äußeren

S5:

Hinweisreizen, die an ein oder mehrere Aspekte des oder der traumatischen Ereignisse erinnern.

S6:

Tatsächliche Vermeidung oder Bemühungen, belastende Erinnerungen, Gedanken oder Gefühle zu vermeiden, die sich auf das oder die Ereignisse beziehen oder eng mit diesem/diesen verbunden sind.

S7:

Vermeidung oder Bemühungen, Dinge in der Umwelt (Personen, Orte, Gespräche, Aktivitäten, Gegenstände, Situationen) zu vermeiden, die belastende Erinnerungen, Gedanken oder Gefühle hervorrufen, die sich auf das oder die Ereignisse beziehen oder eng mit diesem bzw. diesen verbunden sind.

S8:

Unfähigkeit, sich an einen wichtigen Aspekt des oder der traumatischen Ereignisse zu erinnern.

S9:

Anhaltende und übertriebene negative Überzeugungen, die sich auf die eigene Person, andere Personen oder die Welt beziehen.

S10:

Anhaltende verzerrte Kognitionen hinsichtlich der Ursachen und Folgen des oder der traumatischen Ereignisse, die dazu führen, dass die Person sich oder anderen die Schuld zuschreibt.

S11:

Anhaltend negativer emotionaler Zustand (z. B. Furcht, Entsetzen, Wut, Schuld, Scham).

S12:

Deutlich vermindertes Interesse oder verminderte Teilnahme an wichtigen Aktivitäten.

S13:

Gefühle der Abgetrenntheit oder Entfremdung von anderen.

S14:

Anhaltende Unfähigkeit, positive Gefühle zu empfinden (z. B. Glück, Zufriedenheit, Gefühle der Zuneigung).

S15:

Reizbarkeit und Wutausbrüche (ohne oder aus geringfügigem Anlass), welche typischerweise durch verbale oder körperliche Aggression gegenüber Personen oder Gegenständen ausgedrückt werden.

S16:

Riskantes oder selbstzerstörerisches Verhalten.

S17:

Übermäßige Wachsamkeit (Hypervigilanz).

S18:

Übertriebene Schreckreaktionen.

S19:

Konzentrationsschwierigkeiten.

S20:

Schlafstörungen (z. B. Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten oder unruhiger Schlaf).

S21:

Anhaltende oder wiederkehrende Erfahrung des Losgelöstseins und das Gefühl, die eigenen Gedanken und Körperempfindungen von außen zu beobachten.

S22:

Anhaltende oder wiederkehrende Erfahrungen der Unwirklichkeit der Umgebung.

Die DSM-5-TR-Diagnose der PTBS erfordert a) mindestens eines der Symptome S1 bis S5 (Intrusionen), b) mindestens eines der Symptome S6 bis S7 (Vermeidung), c) mindestens zwei der Symptome S8 bis S14 (negative Veränderungen von Kognitionen und Stimmungen), d) mindestens zwei der Symptome S15 bis S20 (erhöhte Aktivierung und Erregbarkeit) und e) für eine sogenannte PTBS mit dissoziativen Symptomenmindestens eines der Symptome S21 bis S22 (Dissoziation).

ICD-

10-GM:

S1:

Wiederholtes Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen.

S2:

Andauerndes Gefühl von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit.

S3:

Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber.

S4:

Freudlosigkeit.

S5:

Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten.

Gemäß ICD-10-GM wären die Symptome des Wiedererlebens (S1) typisch und würden vor dem Hintergrund eines Betäubtseins (S2) auftreten, neben den ferner vorhandenen Symptomen S3 bis S5.

ICD-11:

Wiedererleben des traumatischen Ereignisses oder der Ereignisse in der Gegenwart in Form

S1:

lebendiger aufdringlicher Erinnerungen, Flashbacks oder Albträume, begleitet von starken oder überwältigenden Emotionen, insbesondere Angst oder Entsetzen, und starken

körperlichen Empfindungen.

S2:

Vermeidung von Gedanken und Erinnerungen an das Ereignis oder die Ereignisse oder Vermeidung von Aktivitäten, Situationen oder Personen, die daran erinnern.

Anhaltendes Gefühl einer erhöhten aktuellen Bedrohung, sich beispielsweise äußernd durch

S3:

eine erhöhte Wach- oder Aufmerksamkeit oder eine verstärkte Schreckreaktion auf

spezifische, etwa unerwartete Reize.

Nach ICD-11 wäre das Vorhandensein von Symptomen aus allen drei Gruppen S1 bis S3 obligatiorisch.

Tabelle 2: Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung.

b) Die komplexe posttraumatische Belastungsstörung

ICD-11:

T: Ereignis oder einer Reihe von Ereignissen extrem bedrohlicher oder schrecklicher Natur.

Wiedererleben des traumatischen Ereignisses oder der Ereignisse in der Gegenwart in Form lebendiger aufdringlicher Erinnerungen, Flashbacks oder Albträume, begleitet von starken S1: oder überwältigenden Emotionen, insbesondere Angst oder Entsetzen, und starken körperlichen Empfindungen.

Vermeidung von Gedanken und Erinnerungen an das Ereignis oder die Ereignisse oder S2: Vermeidung von Aktivitäten, Situationen oder Personen, die daran erinnern.

Anhaltendes Gefühl einer erhöhten aktuellen Bedrohung, sich beispielsweise äußernd durch S3: eine erhöhte Wach- oder Aufmerksamkeit oder eine verstärkte Schreckreaktion auf spezifische, etwa unerwartete Reize.

S4: Probleme bei der Kontrolle von Gefühlen.

In Zusammenhang mit dem traumatischen Ereignis bestehende Überzeugungen, S5: minderwertig, zerstört oder wertlos zu sein, begleitet von Gefühlen der Scham, der Schuld oder des Versagens.

S6: Schwierigkeiten, Beziehungen aufrechtzuerhalten und sich anderen nahe zu fühlen.

Gemäß ICD-11 ist die Störung durch das Bestehen von allen Symptomen S1 bis S6 gekennzeichnet.

Tabelle 3: Trauma und Symptome bei einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung.

c) Die verlängerten Trauerstörungen

DSM-5-TR:

T:

Tod einer dem trauernden Menschen nahestehenden Person mindestens 12 Monate zurückliegend.

S1:

Intensive Sehnsucht nach der verstorbenen Person.

S2:

Vertiefte Beschäftigung mit Gedanken und Erinnerungen an die verstorbene Person

S3:

Identitätsstörung (z. B. Gefühl als wäre ein Teil eines selbst gestorben) seit dem Tod.

S4:

Deutliches Gefühl, den Tod nicht glauben zu können.

S5:

Vermeidung von Erinnerungen an den Tod der Person.

S6:

Intensiver emotionaler Schmerz (z. B. Wut, Verbitterung, Sorgen) bezogen auf den Tod.

Schwierigkeiten, sich seit dem Tod wieder in eigenen Beziehungen und Aktivitäten zu

S7:

integrieren (z. B. Probleme sich bei Freunden zu engagieren, Interessen zu verfolgen oder

für die Zukunft zu planen).

S8:

Emotionale Stumpfheit (Verlust oder deutliche Reduktion emotionaler Erfahrungen) als Resultat des Todes.

S9:

Gefühl, dass das Leben als Ergebnis des Todes sinnlos ist.

S10:

Intensive Einsamkeit als Resultat des Todes.