Selbstcoaching - Maren Fischer-Epe - E-Book

Selbstcoaching E-Book

Maren Fischer-Epe

0,0
10,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wege zum persönlichen Erfolg Mit Hilfe von Selbstcoaching können Sie Ihre persönliche und berufliche Entwicklung fördern: indem Sie sich klarwerden über die eigenen Ziele, Wünsche und Werte, Ihre Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten. Was macht Sie erfolgreich im Leben? Was stört oder belastet Sie immer wieder? Was wollen Sie lernen oder entwickeln? Fundiert und leicht verständlich führen Sie zwei erfahrene Berater durch ein intensives Lernprogramm zum Selbstcoaching und helfen Ihnen so, Klarheit über Ihr "inneres Betriebssystem" zu gewinnen.   Die Ergänzung zu "Coaching: Miteinander Ziele erreichen" von Maren Fischer-Epe, das immer weider auf den Management- und Coaching-Bestsellerlisten vertreten ist.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 265

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Maren Fischer-Epe • Claus Epe

Selbstcoaching

Hintergrundwissen, Anregungen und Übungen zur persönlichen Entwicklung

 

 

 

Über dieses Buch

Wege zum persönlichen Erfolg

Mit Hilfe von Selbstcoaching können Sie Ihre persönliche und berufliche Entwicklung fördern: indem Sie sich klarwerden über die eigenen Ziele, Wünsche und Werte, Ihre Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten. Was macht Sie erfolgreich im Leben? Was stört oder belastet Sie immer wieder? Was wollen Sie lernen oder entwickeln? Fundiert und leicht verständlich führen Sie zwei erfahrene Berater durch ein intensives Lernprogramm zum Selbstcoaching und helfen Ihnen so, Klarheit über Ihr "inneres Betriebssystem" zu gewinnen.

Die Ergänzung zu "Coaching: Miteinander Ziele erreichen" von Maren Fischer-Epe, das immer weider auf den Management- und Coaching-Bestsellerlisten vertreten ist.

Vita

Maren Fischer-Epe ist Expertin für Lern- und Veränderungsprozesse. Sie arbeitet mit einem interdisziplinären Team in der Personal- und Organisationsentwicklung und leitet Ausbildungsprogramme zu Führungs- und Dialogkompetenz, Coaching und Persönlichkeitsentwicklung. Ihre Bücher über Coaching und Selbstcoaching sind Standardwerke in der Aus- und Weiterbildung von Beratern, Trainern und Führungskräften.

Claus Epe, Diplompsychologe, Jahrgang 1951. Studium Germanistik, Pädagogik, Sport und Psychologie. Langjährige Tätigkeit als Psychotherapeut in freier Praxis. Er arbeitet seit 1987 als selbständiger Managementberater und -trainer mit den Arbeitsschwerpunkten Konfliktmoderation und Projektmanagement.

Impressum

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, März 2024

Copyright © 2004, 2007 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

Covergestaltung any.way, Walter Hellmann

ISBN 978-3-644-01978-2

 

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages.

 

Die Nutzung unserer Werke für Text- und Data-Mining im Sinne von § 44b UrhG behalten wir uns explizit vor.

Hinweise des Verlags

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

 

Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

 

Im Text enthaltene externe Links begründen keine inhaltliche Verantwortung des Verlages, sondern sind allein von dem jeweiligen Dienstanbieter zu verantworten. Der Verlag hat die verlinkten externen Seiten zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung sorgfältig überprüft, mögliche Rechtsverstöße waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar. Auf spätere Veränderungen besteht keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Dieses E-Book entspricht den Vorgaben des W3C-Standards EPUB Accessibility 1.1 und den darin enthaltenen Regeln von WCAG, Level AA (hohes Niveau an Barrierefreiheit). Die Publikation ist durch Features wie Table of Contents (Inhaltsverzeichnis), Landmarks (Navigationspunkte) und semantische Content-Struktur zugänglich aufgebaut. Sind im E-Book Abbildungen enthalten, sind diese über Bildbeschreibungen zugänglich.

 

 

www.rowohlt.de

Inhaltsübersicht

Vorbemerkung

1. Persönlicher Erfolg durch Selbstcoaching

1.1 Was verstehen wir unter persönlichem Erfolg?

1.2 Was verstehen wir unter Selbstcoaching?

2. Selbstwert und Persönlichkeit

2.1 Hintergrundwissen

2.2 Anregungen zur persönlichen Entwicklung

2.3 Übungen zum Selbstcoaching

3. Motivation und Leistungsbereitschaft entwickeln

3.1 Hintergrundwissen

3.2 Anregungen zur persönlichen Entwicklung

3.3 Übungen zum Selbstcoaching

4. Einfluss nehmen

4.1 Hintergrundwissen

4.2 Anregungen zur persönlichen Entwicklung

4.3 Übungen zum Selbstcoaching

5. Mit Konflikten umgehen

5.1 Hintergrundwissen

5.2 Anregungen zur persönlichen Entwicklung

5.3 Übungen zum Selbstcoaching

6. Kleines Handwerkszeug zum Selbstcoaching

6.1. Leitfaden zum Selbstcoaching

6.2 Coaching-Partnerschaft

Ein Wort zum Schluss

Literatur

Vorbemerkung

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

Selbstcoaching fördert die Selbststeuerung und Selbstverantwortung für die persönliche Entwicklung. In einer Zeit, in der Heilsversprechen und Rezepte für schnelle Lösungen Hochkonjunktur haben, möchten wir Ihnen das Gegenteil ans Herz legen: sich Zeit zu nehmen, um über Ihr «inneres Betriebssystem» nachzudenken, sich klar zu werden über Ihre Ziele, Wünsche und Werte, Ihre Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten. Was macht Sie erfolgreich in Ihrem Leben? Was stört oder belastet Sie immer wieder? Was wollen Sie noch lernen oder entwickeln?

Wir beginnen mit einer Klärung, was wir unter persönlichem Erfolg und unter Selbstcoaching verstehen. Im Kapitel «Selbstwert und Persönlichkeit» beschreiben wir dann aus psychologischer Sicht, wie sich Persönlichkeit entwickelt und warum es oft schwerfällt, sich zu verändern und ein grundsätzlich neues Verhalten zu lernen.

Nach dieser psychologischen Einstimmung konzentrieren wir uns auf vier Kernthemen des persönlichen Erfolgs und der persönlichen Entwicklung, die nach unserer Erfahrung als Berater, Konfliktmoderatoren und Trainer besondere Beachtung finden sollten:

wie wir das Selbstwertgefühl stärken,

wie wir Motivation und Leistungsbereitschaft erhalten und steigern,

wie es uns gelingt, angemessen Einfluss zu nehmen und mit Hierarchie, Macht und Verantwortung umzugehen, und

wie wir konstruktiv mit Konflikten umgehen.

Diese Themen bestimmen maßgeblich die Zufriedenheit sowohl im Beruf wie im Privatleben. Wir widmen jedem dieser Schlüsselthemen ein eigenes Kapitel mit Hintergrundinformationen, Anregungen zur persönlichen Entwicklung und konkreten Übungen zum Selbstcoaching. In den Kapiteln 2, 3, 4 und 5 wollen wir Sie zu einer vertieften Selbstreflexion anregen, um sich in Ihren Eigenheiten, der eigenen Lerngeschichte und Ihrem individuellen Erleben und Verhalten besser verstehen und ggf. verändern zu können.

Wenn Sie diese Kapitel durcharbeiten, lernen Sie unsere Methodik des Selbstcoaching kennen, die wir im Kapitel 6 dann noch einmal zusammenfassen und verdichten. Hier finden Sie eine universelle Anleitung zum Selbstcoaching und zum Aufbau einer Coaching-Partnerschaft: Welche Schritte können Sie gehen? Und welche Fragen sollten Sie sich stellen, wenn Sie ein konkretes Problem lösen bzw. ein überschaubares Veränderungsziel erreichen wollen?

Wenn Sie sich entschließen, die Übungen und Schritte zum Selbstcoaching systematisch durchzugehen, empfehlen wir Ihnen, sich einen Partner zu suchen, der daran ebenfalls interessiert ist. Im Dialog macht es mehr Spaß, und in der Regel bringt es erheblich mehr Erkenntnisse und Ideen. Deshalb finden Sie immer wieder Hinweise, wie Sie die Übungen zum Selbstcoaching auch mit einem Coaching-Partner durchführen können.

Wir nutzen dies Buch als Begleitlektüre in unseren Coaching-Prozessen, Seminaren und Beraterausbildungen. Es ergänzt den ebenfalls bei Rowohlt erschienenen Band: «Coaching: Miteinander Ziele erreichen». Wir wollten die Informationen so aufbereiten, dass sie leicht lesbar und verständlich bleiben, ohne an Gehalt zu verlieren. Wir hoffen, das ist uns gelungen.

Wenn Sie uns ein Feedback geben wollen, schreiben Sie uns unter [email protected]. Wenn Sie sich für unsere Arbeit interessieren, schauen Sie unter www.fischer-epe.de.

Und nun wünschen wir Ihnen viel Spaß und gute Anregungen beim Lesen.

1.Persönlicher Erfolg durch Selbstcoaching

1.1Was verstehen wir unter persönlichem Erfolg?

Wenn Sie sich vorstellen, dass Sie im hohen Alter auf Ihr bisheriges Leben zurückblicken, auf welche persönlichen Erfolge wären Sie dann stolz? Woran würden Sie denken?

An eine große Herausforderung oder Ihre Karriere im Beruf? An Ihre Kinder oder Enkelkinder? An eine langjährige Bindung zum Partner durch Höhen und Tiefen des Lebens? An das Netz von Freunden und Bekannten, das Sie aufgebaut und gepflegt haben und in dem Sie sich aufgehoben fühlen? An einen Verzicht, der wichtig war und Ihnen schwergefallen ist, oder an die Bewältigung einer schweren Krise in Ihrem Leben?

Persönliche Leistungen und persönlicher Erfolg lassen sich nur individuell bewerten. Manches, wofür wir uns heute krumm legen, bekommt in der langfristigen Perspektive eine andere Bedeutung. Und was der eine als Erfolg verbucht, kann für den anderen selbstverständlich oder sogar ein Zeichen von Schwäche sein. Eine langjährige Firmenzugehörigkeit kann im einen Fall Treue und Beständigkeit ausdrücken und im anderen Entscheidungsschwäche oder Mutlosigkeit bedeuten. Einen schnellen Aufstieg sieht der eine als Zeichen erfolgreicher, zielstrebiger Arbeit, der andere wertet ihn als Zeichen von Überanpassung oder guter Ausbeutbarkeit. Umgekehrt stecken in vermeintlichen Schwächen oft persönliche Erfolge: Manchmal ist es ein wichtiger Schritt, sich einen Fehler einzugestehen oder offenzulegen, dass man etwas nicht leisten kann oder nicht mehr leisten will. Und die wichtigsten persönlichen Erfolge bestehen oft darin, aus einem Misserfolg oder einem Scheitern die richtigen Schlüsse zu ziehen und die Kraft für eine Veränderung oder einen Neubeginn zu finden.

Die individuelle Bewertung von Erfolg sollte sich daran messen, welche Ziele wir uns gesetzt haben und wie unsere Ausgangsbedingungen waren. Persönlicher Erfolg hängt vor allem davon ab, ob wir uns die richtigen Ziele setzen. Ziele müssen einerseits attraktiv und herausfordernd genug sein und dürfen andererseits nicht überfordern. Wenn Fußballspieler einer Kreisligamannschaft ihren Erfolg am Können von Bundesligastars messen, werden sie sich schlecht fühlen. Wenn sie dagegen einen angemessenen Maßstab für die eigene Leistung finden, das heißt ihre Ziele an den Ausgangsbedingungen und ihren Möglichkeiten ausrichten, können sie sich vielleicht schon bei einem Unentschieden gegen den Tabellenführer aus dem Nachbardorf zufrieden und erfolgreich fühlen.

Viele Vorhaben sind zwar isoliert gedacht reizvoll, mit Blick auf die Lebenssituation aber unpassend: Es macht wenig Sinn, ein Haus zu bauen, wenn die finanziellen Ressourcen nicht stimmen, oder sich belastende Ziele zu setzen, während man gleichzeitig eine Krankheit auskurieren muss. Es ist fraglich, ob ein Familienumzug in eine andere Gegend sinnvoll ist, wenn der Partner gerade eine neue Arbeitsstelle gefunden hat oder das Kind eben erst eingeschult wurde. Wenn rundherum Stellen abgebaut und Karrieremöglichkeiten eingeschränkt werden, bringt es wenig, sich weiter an alten Aufstiegsidealen zu messen.

Wir sollten also die äußere Realität und bei größeren Vorhaben die gesamte Lebenssituation im Blick behalten und uns den Preis oder Aufwand bewusst machen, der mit einem Ziel oder Projekt verbunden ist. Dazu gehört auch die Frage, wieweit ein Vorhaben zur eigenen Persönlichkeit und den eigenen Werten passt. Sonst bezahlt man vielleicht den erfolgreichen Aufstieg in der Führungshierarchie mit dem Verlust der Lebensfreude oder den Abschluss eines reizvollen Projekts mit einer Krankheit oder dem Verlust einer wichtigen Beziehung.

 

Bei längerfristigen und größeren Projekten brauchen wir neben stimmigen Zielen und einer realistischen Einschätzung der Ausgangsbedingungen auch die nötige Motivation und Leistungsbereitschaft. Wenn Ziele eine persönliche Veränderung von Einstellungen oder Verhalten bedeuten, oder wenn auf dem Weg zum Ziel lange Durststrecken überwunden werden müssen, steht und fällt der Erfolg mit unserer Fähigkeit, uns immer wieder selbst zu motivieren, dranzubleiben und durchzuhalten.

Persönlicher Erfolg bewegt sich damit im Spannungsfeld zwischen den Ausgangsbedingungen, den Zielen und der persönlichen Motivation. Diesen Zusammenhang veranschaulichen wir mit dem Dreieck des persönlichen Erfolgs:

Das Dreieck des persönlichen Erfolgs

1.2Was verstehen wir unter Selbstcoaching?

Persönliche Entwicklung geschieht weitgehend, ohne dass wir diesem Lernprozess bewusste Aufmerksamkeit widmen müssten: Unsere seelische und geistige Entwicklung beginnt mit dem ersten Lebenstag. Wir orientieren uns an Vorbildern und lernen durch unsere Lebenserfahrung, durch Versuch und Irrtum, durch Erfolg und Misserfolg. Selbstcoaching bedeutet, die eigene Entwicklung an einem bestimmten Punkt gezielt und systematisch in die Hand zu nehmen und bewusst zu steuern. Im Dreieck des persönlichen Erfolgs gesprochen, heißt das: sich die richtigen Ziele setzen, die Ressourcen und Potenziale der Ausgangssituation nutzen und den Weg zum Ziel so zu gestalten, dass unsere Motivation und Leistungsbereitschaft erhalten bleiben oder besser noch gefördert werden.

Im Coaching würde man diesen Prozess mit einem Berater durchlaufen. Unter Coaching verstehen wir eine Kombination aus individueller Beratung, persönlichem Feedback und praxisorientiertem Training in Fragestellungen, die Beruf und Persönlichkeit betreffen (vgl. Fischer-Epe 2002/2004). Ein Coach hilft bei der Suche nach stimmigen Zielen und angemessenen Lösungswegen, er fördert Zuversicht und persönliche Entwicklung.

Im Selbstcoaching übernehmen Sie diese Rolle selbst oder suchen sich Freunde bzw. Kollegen als Gesprächspartner und Feedbackgeber. Coach heißt im Englischen «Kutsche», und das Bild der Kutsche vermittelt einen wesentlichen Kern von Coaching: Die Kutsche ist ein Hilfsmittel, ein Beförderungsmittel, um sich auf den Weg zu machen und ein Ziel schneller und bequemer zu erreichen als zu Fuß. Der Kutscher kennt die Wege, kann Entfernungen und Reisezeiten einschätzen, sorgt für die Qualität des Vorankommens und für angemessene Pausen. Beim Selbstcoaching steigen Sie selbst auf den Kutschbock, und vielleicht nehmen Sie noch jemanden mit, der Sie auf Ihrem Weg begleitet, mit dem Sie den Kurs abstecken und die Zwischenerfolge feiern können. Damit Sie sich als Ihr eigener Coach auf dem Weg Ihrer persönlichen Entwicklung besser zurechtfinden, werden wir Ihnen jeweils Hintergrundinformationen, Anregungen zur persönlichen Entwicklung und konkrete Übungen zum Selbstcoaching geben. Dabei gehen wir von folgenden grundsätzlichen Annahmen aus:

Wenn wir etwas lernen oder umlernen wollen, das an eingefahrene Strukturen und an die persönliche Substanz geht, reichen gute Vorsätze nicht aus. Sylvestervorsätze sind oft schon am Neujahrstag vergessen. Immer wenn uns ein Verhalten schwerfällt, sind auch Gefühle beteiligt, die uns hindern. Irgendetwas ist unangenehm, lästig oder macht Angst. Die bewusste Auseinandersetzung mit diesen Gefühlen ist notwendig, sonst steuern sie uns, ohne dass wir es bemerken.

Persönliche Entwicklung gelingt am besten, wenn wir uns gleichzeitig akzeptieren können und verändern wollen. Wir brauchen sowohl einen starken Veränderungswillen als auch eine wohlwollende Grundhaltung uns selbst gegenüber.

Veränderung und persönliche Entwicklung fallen leichter, wenn wir auf etwas aufbauen oder an etwas anknüpfen können, was schon vorhanden ist. Deshalb geht es im Coaching wie im Selbstcoaching immer wieder um die Suche nach vorhandenen Ressourcen, die wir für eine Lösung oder eine persönliche Entwicklung nutzen können.

Entwicklung braucht Zeit und Geduld. Was wir in Jahrzehnten gelernt und entwickelt haben, lässt sich meist nur in kleinen Schritten und nach mehreren Anläufen verändern. Um ein grundsätzlich neues Verhalten zu lernen oder uns von belastenden Situationen und schlechten Gewohnheiten zu befreien, brauchen wir also Geduld und Nachsicht mit uns selbst.

Gezielte persönliche Entwicklung erfordert Selbstreflexion und Feedback. Dazu werden wir Ihnen in den folgenden Kapiteln immer wieder Anregungen geben, oft verbunden mit der Aufforderung, sich einen Gesprächs- bzw. Lernpartner zu suchen. Nach unserer Erfahrung sind durch systematische Formen der Selbstreflexion und des Feedbacks erstaunliche Veränderungen und Entwicklungen möglich.

Selbstcoaching hat Grenzen. Wer wirklich entschieden ist, seine Einstellung oder sein Verhalten zu ändern oder weiterzuentwickeln, hat den ersten Veränderungsschritt schon getan. Manchmal ist unser Erleben oder Verhalten allerdings so festgefahren, dass sich mit eigenen Mitteln allein nichts bewegen lässt. Oder die eigene Energie und Zuversicht reichen nicht aus, um die Übungen durchzuhalten. Eine Veränderung erscheint schwer vorstellbar oder ist vielleicht sogar beängstigend. Manchmal gibt es auch niemand im persönlichen Umfeld, dem man sich anvertrauen mag. Dann ist es besser, sich professionelle Beratung zu suchen.

Um im Selbstcoaching erfolgreich zu sein, brauchen Sie neben dem Entschluss, etwas ändern zu wollen, natürlich auch konkrete Vorgehensideen und Handwerkszeug. Die Kunst eines professionellen Beraters besteht darin, mit hilfreichen Fragen die Gedanken des Gesprächspartners in konstruktive Bahnen zu lenken – und das heißt auch, die richtige Frage zum richtigen Zeitpunkt zu stellen. Dasselbe gilt für die Selbstreflexion bzw. das Selbst-Gespräch. Wenn Sie sich die richtigen Fragen stellen, können Sie auch neue Antworten finden. Wir haben die Kapitel in diesem Buch so aufgebaut, dass Sie es als Wegweiser und Anleitung für Ihren Selbstcoaching-Prozess nutzen können.

 

Wir unterscheiden zwischen:

Selbstcoaching als umfassendem Entwicklungsprogramm und

Selbstcoaching als Methode zur fokussierten Problemlösung.

Die Kapitel zu den vier Schlüsselthemen – Persönlichkeit, Motivation, Einfluss, Konflikte – sind als Entwicklungsprogramm aufgebaut. Es zielt darauf ab, sich in den persönlichen Eigenheiten, der eigenen Lerngeschichte, dem individuellen Erleben und Verhalten kennenzulernen, zu verstehen und ggf. zu verändern. Entsprechend breit und grundsätzlich sind die theoretischen Erklärungen, Anregungen und Übungen angelegt.

Nicht jede Schwierigkeit und jedes Entwicklungsziel erfordert ein theoretisches Verständnis, eine umfassende Situationsanalyse oder die Einordnung ins Lebensganze. Wenn Ihre Vorhaben und Fragestellungen konkret und überschaubar sind, hilft die Selbstcoaching-Anleitung des sechsten Kapitels, um mit geringerem Aufwand stimmige Ziele und Lösungen zu erarbeiten.

2.Selbstwert und Persönlichkeit

2.1Hintergrundwissen

Die meisten Menschen kommen besser mit sich selbst und ihren Eigenarten zurecht, wenn sie die psychologischen Vorgänge verstehen, die zur Entwicklung ihrer Persönlichkeit geführt haben. Wir werden in diesem Kapitel beschreiben, was wir unter Persönlichkeit verstehen (2.1.1), wie sich Persönlichkeit entwickelt (2.1.2) und wie viel Verhaltensänderung möglich ist (2.1.3). Dann widmen wir uns dem Selbstwertgefühl, das man als Zentrum unserer Persönlichkeit auffassen kann. Es schafft die seelische Grundlage für Zufriedenheit im Beruf wie im Leben insgesamt (2.1.4).

2.1.1Was verstehen wir unter Persönlichkeit?

Mit dem lateinischen Wort «persona» wurden im römischen Theater die Masken der Schauspieler bezeichnet. Diese Masken gaben dem Zuschauer leicht erkennbare Hinweise auf den Charakter der Rolle.

Von Persönlichkeit oder Charakter sprechen wir immer dann, wenn Erleben oder Verhalten zeitüberdauernd und situationsunabhängig wiedererkennbar ähnlich ist.

Wenn wir zufällig beobachten, wie sich jemand auf der Straße lautstark und aggressiv streitet, lässt sich noch keine Aussage über dessen Persönlichkeit treffen. Wir sprechen erst dann von einem Persönlichkeitsmerkmal, wenn jemand in verschiedenen Situationen immer wieder so reagiert. Dann heißt es: «Das ist typisch, so kennen wir diesen Menschen.» Das Verhalten erklärt sich dann stärker aus der Persönlichkeit als durch die jeweilige Situation.

Persönlichkeitsstrukturen

Warum reagiert jemand immer wieder schnell aggressiv? Warum erlebt ein anderer Kritik immer wieder als Angriff, auch wenn sie konstruktiv gemeint ist? Warum zieht er sich dann immer wieder beleidigt zurück, statt der Sache genauer auf den Grund zu gehen?

Um zu verstehen, wie wiederkehrende Strukturen, Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster entstehen, müssen wir uns klarmachen, dass sich jede aktuelle sinnliche Wahrnehmung mit Erinnerungen verknüpft. Unser Erleben suggeriert uns, dass unsere Wahrnehmung ein direkter Spiegel der äußeren Realität sei. Tatsächlich ist aber bei jedem Wahrnehmungsvorgang unser Gedächtnis aktiv beteiligt und vergleicht alles, was um uns herum vorgeht, mit bereits bekannten Situationen. Das Gedächtnis, in dem die Gesamtheit unserer Lebenserfahrung und Lebensweisheit gespeichert ist, gibt den Wahrnehmungsreizen eine Bedeutung und hilft uns, den Wortschwall unseres Gegenübers als Beschimpfung zu verstehen, Tränen als Trauer zu erkennen oder kritische Bemerkungen als Angriff einzuordnen.

Wer oft und immer wieder destruktive Kritik erlebt hat, wird dazu neigen, bereits einen Anflug von Kritik mit früher erlebten Angriffen assoziativ zu verbinden, ohne dass diese Verknüpfung bewusst wird. Aktuelle Eindrücke und deren «Einfärbung» durch vorherige Erfahrungen werden als Einheit wahrgenommen. Was wir als Wahrnehmung erleben, ist also ein Zusammenspiel aus Sinneseindrücken und Erinnerungen. Wir können die Welt immer nur auf der Basis bisheriger Lebenserfahrungen verstehen.

 

Zusammengefasst kann man sagen: Was wir für Wahrnehmung im Hier und Jetzt halten, ist zum großen Teil Gedächtnis. Unsere bisherige Lebenserfahrung prägt jede weitere Wahrnehmung und bringt uns dazu, Zusammenhänge ähnlich wahrzunehmen, wie wir sie bereits kennen. Die sich verstärkenden Erinnerungsspuren im Gedächtnis erhöhen die Wahrnehmungsbereitschaft für erneut ähnliche Erfahrungen usw. So entwickeln sich unsere Reaktionen allmählich zu Reaktionsmustern, die sich einschleifen und situationsunabhängig automatisiert ablaufen. Diese wiederkehrenden Reaktionsmuster im Erleben und Verhalten einer Person bezeichnen wir als Persönlichkeit.

Seit über zweitausend Jahren gibt es überlieferte Bemühungen, die Persönlichkeit von Menschen mit wenigen prägnanten Merkmalen zu beschreiben. Einer der frühesten Versuche stammt von Hippokrates (460–370 v. Chr.), der vier Persönlichkeitstypen beschrieben hat: Melancholiker, Phlegmatiker, Choleriker und Sanguiniker. Die ersten drei Persönlichkeitstypen sind bis heute in der Alltagssprache bekannt. Hippokrates hat also bereits damals wesentliche Merkmale von Persönlichkeit erfasst, die auch heute noch Beachtung finden.

Es gab und gibt immer wieder Versuche, Menschen in Systeme oder Kategorien einzuteilen, sie anhand ihrer Physiognomie zu beschreiben, sie durch Sternzeichen, Eigenschaften, Verhaltensweisen oder ihre Bedürfnisse zu charakterisieren. Persönlichkeitsmodelle versuchen, die Komplexität der menschlichen Persönlichkeit mit wenigen Merkmalen so gut wie möglich zu erfassen. Sie geben Blickrichtungen vor, mit denen man Menschen grob voneinander unterscheiden und abgrenzen kann. Durch diese Vereinfachung und Reduktion werden jedoch immer auch wichtige Perspektiven außer Acht gelassen. In diesem Buch möchten wir Sie anregen, sich ganz individuell zu betrachten und Ihren persönlichen Maßstab für die eigene Entwicklung zu finden. Wir denken, dass es lohnt, und hoffen, dass es Ihnen Spaß macht.

2.1.2Wie entwickelt sich Persönlichkeit?

Wir entwickeln unsere Persönlichkeit auf der Basis einer genetischen Grundausstattung durch individuelle Lebenserfahrung in einem Wechselspiel zwischen äußeren Einflüssen und ihrer persönlichen Verarbeitung. Neben den individuellen Lebenserfahrungen gibt es jedoch generelle Anforderungen, die das Leben an jeden Menschen stellt:

Entwicklung eines positiven Körpergefühls,

Entwicklung von Grundvertrauen,

Entwicklung von Beziehungsfähigkeit,

Entwicklung eines stimmigen Selbstwertgefühls,

Entwicklung von Normen und Werten,

Entwicklung von Leistungsbereitschaft und

Entwicklung einer selbstverantwortlichen Lebensführung.

Entwicklung eines positiven Körpergefühls

Durch Erfahrungen mit Wärme und Kälte, Bewegung und Berührung, indem wir getragen, gepflegt und gefüttert werden, entwickeln wir ein erstes und grundlegendes Gefühl zum eigenen Körper: «Das bin ich, und ich bin mein Körper.» So entsteht zunächst auf der körperlichen Ebene die Basis aller Selbstwahrnehmung. Auf dieser Grundlage entwickelt sich im Lauf des Lebens ein mehr oder weniger positives Gefühl zum Körper, zur eigenen Beweglichkeit und Leistungsfähigkeit, zu Gesundheit und Sexualität. Die Fragen zur Selbsteinschätzung und zur persönlichen Entwicklung heißen hier: Wie stark, wie sicher und wie fest ist dieser Aspekt meines Persönlichkeitsfundaments? Wie sicher und wie wohl fühle ich mich in meiner Haut, in meinem Körper, mit meiner körperlichen Leistungsfähigkeit, mit meiner Sexualität? In welchem Ausmaß kann ich mich und meinen Körper mögen und akzeptieren?

Entwicklung von Grundvertrauen

Wenn ein Kind grundsätzlich willkommen ist, wenn sich die frühen Bezugspersonen einfühlen, seine Bedürfnisse wahrnehmen, respektieren und befriedigen, entsteht ein Grundvertrauen in die Welt: «Es ist gut und wird auch in Zukunft gut sein.» Dies Vertrauen bildet die Grundlage für alle weiteren Entwicklungsschritte, zum Beispiel in welchem Ausmaß wir auf die Welt und auf andere zugehen und neue Erfahrungen machen oder Neues ausprobieren. Wenn die frühen Beziehungserfahrungen des Kindes von Desinteresse, Unsicherheit oder Ablehnung der Bezugspersonen geprägt sind, entstehen eher Misstrauen, Pessimismus und Angst. Manche Psychologen gehen davon aus, dass ein Grundvertrauen nicht erst entwickelt werden muss, sondern als Basisempfinden von Anfang an vorhanden ist. Man kann sich vorstellen, dass die neun Monate lange enge und sichere Verbindung zwischen Mutter und Kind während der Schwangerschaft ein Grundvertrauen schafft, das dann durch positive Erfahrungen weiter bestätigt und gefestigt wird – oder im umgekehrten Fall gestört und beeinträchtigt wird. Wenn Sie sich in diesem Aspekt selbst einschätzen wollten, müssten Sie sich also fragen: Wie optimistisch, zuversichtlich und vertrauensvoll ist meine Grundstimmung in Bezug auf meine Lebenssituation, auf andere Menschen und auf die Zukunft?

Entwicklung von Beziehungsfähigkeit

Unsere frühen Beziehungserfahrungen und unser früherworbenes Grundvertrauen haben entscheidenden Einfluss darauf, wie wir später Beziehungen gestalten. Zur Beziehungsfähigkeit gehört, dass wir auf Menschen zugehen, uns einfühlen und abgrenzen, uns in Konflikten behaupten, mit Verletzungen und Frustrationen umgehen und uns auch langfristig binden können. Wenn die frühen Beziehungserfahrungen von Fürsorge, Zuverlässigkeit und Vertrauen geprägt waren, gelingt dieser Lernprozess leichter. Wenn diese Erfahrungen fehlen und Kinder eher Unsicherheit, Ablehnung oder Desinteresse erleben, entstehen oft unsichere Beziehungen, die von Misstrauen, Ambivalenz und emotionalen Verstrickungen geprägt sind. Aus der Bindungsforschung weiß man, dass diese frühen Erfahrungen oft noch nach Jahrzehnten im Beziehungsverhalten nachwirken (vgl. Grawe 1998, S. 398f.). Wenn Sie diese Entwicklungsdimension für sich prüfen wollten, müssten Sie sich fragen: Wie gut bin ich in der Lage, Beziehungen vertrauensvoll, freundschaftlich und liebevoll zu gestalten? Kann ich auf Menschen zugehen und Kontakt aufnehmen? Kann ich in Beziehungen Nähe und Intensität zulassen? Kann ich Beziehungen pflegen und langfristige Bindungen eingehen?

Entwicklung eines stimmigen Selbstwertgefühls

In Beziehungen mit anderen Personen erkennen wir, wie sie uns sehen und was sie von uns halten. Bestimmte Verhaltensweisen sind erwünscht, für andere werden wir kritisiert. Im Wechselspiel zwischen diesem Feedback und dem eigenen Erleben entsteht unser Selbstwertgefühl: «So einer bin ich, das macht mich aus, das ist mein Wert.» Ein positives Selbstwertgefühl bewirkt, dass wir uns etwas zutrauen, und hilft uns, mit schwierigen Situationen, Enttäuschungen und Kränkungen umzugehen. Die Fragen an uns selbst zu dieser Entwicklungsdimension sind: Wie stabil ist mein Empfinden dafür, grundsätzlich in Ordnung zu sein? Wie sicher fühle ich mich hinsichtlich meines grundlegenden Wertes? Wie gut kann ich Fehlschläge und Misserfolge verarbeiten, ohne mich als Person beschädigt zu fühlen?

Das Selbstwertgefühl schafft die Basis für unseren Erfolg und unsere Zufriedenheit im Leben. Deshalb widmen wir diesem Thema ein eigenes Kapitel (2.1.4).

Entwicklung von Normen und Werten

Um uns im Leben zurechtzufinden, brauchen wir Maßstäbe, nach denen wir unser Handeln bewerten können. Diese Maßstäbe werden zunächst durch Eltern und andere wichtige Bezugspersonen gesetzt. Was sie sagen, wie sie urteilen und nach welchen Grundsätzen sie sich verhalten, prägt oft maßgeblich unsere Einstellungen zu anderen Menschen, zu Arbeit und Leistung, zur persönlichen und gesellschaftlichen Verantwortung. Wir erleben Gerechtigkeit, Ehrlichkeit, Freiheit, Fairness, Freundschaft – oder eben auch Ungerechtigkeit, Angriffe, Missgunst und Feindseligkeit. Indem wir die darin zum Ausdruck kommenden Bewertungen übernehmen oder uns von ihnen abgrenzen, entwickeln wir allmählich eigene Wertmaßstäbe für unser Handeln. Die Entwicklung von Werten und Normen ist ein Balanceakt: Zu starre Normen engen ein, zu wenig Normen führen zu Gleichgültigkeit und Orientierungslosigkeit. Um sich in dieser Entwicklungsdimension selbst einzuschätzen, können Sie sich fragen: Wie sicher ist meine innere Orientierung zur Bewertung eigenen oder fremden Verhaltens? Habe ich Maßstäbe, was ich für gut oder böse halte, für ethisch richtig oder falsch? Wie sicher bin ich mir meiner grundlegenden Normen und Werte? Und andersherum: Wie weit kann ich mich von eigenen Maßstäben lösen und mich mit anderen Wertvorstellungen auseinandersetzen?

Entwicklung von Leistungsbereitschaft

Durch die Erfahrung, mit eigenem Verhalten etwas bewirken, Einfluss nehmen und gestalten zu können, entsteht das Gefühl von Selbstwirksamkeit. Im Zusammenspiel mit einem positiven Grundvertrauen und einem soliden Selbstwertgefühl können daraus Tatkraft und eine hohe Leistungsbereitschaft entstehen. Das Erleben der eigenen Selbstwirksamkeit beeinflusst nachhaltig alle weiteren Erfahrungen mit Lernen, Leisten und Arbeit, wie wir mit Anforderungen umgehen, Dinge anpacken oder liegen lassen, etwas als Herausforderung erleben oder als belastenden Berg, der vor uns liegt. Wenn Erfahrungen von Selbstwirksamkeit fehlen, erlebt man sich schnell als Opfer der Umstände, als ausgeliefert und ohnmächtig. Die Fragen zur Selbsteinschätzung in dieser Entwicklungsdimension sind: Wie fest und sicher ist meine Bereitschaft, notwendige Dinge anzupacken? Wie ausgeprägt ist meine Fähigkeit, mich tatkräftig einzusetzen, wenn ich es für sinnvoll erachte – auch wenn es mühevoll ist und Kraft kostet?

Im Kapitel 3. über Motivation und Leistungsbereitschaft gehen wir tiefer auf diese Fragen ein.

Entwicklung einer selbstverantwortlichen Lebensführung

Im Lauf unserer Entwicklung müssen wir lernen, eigenständig zu entscheiden und für uns selbst zu sorgen, Verantwortung zu übernehmen und unser Leben zu gestalten. Wieweit es uns gelingt, unser Leben autonom und selbstverantwortlich zu führen, wird auch von unserem Selbstwertgefühl, unserer Leistungsbereitschaft und den früh erworbenen Werten und Normen mitbestimmt. Manche Frauen werden zum Beispiel mit der Botschaft groß, «Mathematik brauchst du als Mädchen nicht zu können, Zahlen sind Männersache», und haben dann später Mühe, einen Überblick über ihre Finanzen zu behalten oder ein Minimum an Buchführung zu lernen. Manche Männer scheint dagegen die Botschaft «Wäsche und Kochen sind Frauensache» davon abzuhalten, sich selbstverantwortlich um ihren Haushalt zu kümmern. In Bezug auf diese Entwicklungsdimension können Sie sich also fragen: Wie selbstverständlich ist es für mich, mein Leben aktiv selbst zu gestalten, mich selbst zu versorgen, persönliche Entscheidungen zu treffen und dafür die Verantwortung zu übernehmen?

 

Wahrscheinlich sind Ihnen alle sieben Entwicklungsanforderungen selbstverständlich und vertraut. Sie beschreiben, womit sich jeder Mensch im Lauf seines Lebens immer wieder auseinandersetzen muss. Sie bilden die Grundlage dafür, wie wir im Alltag mit unserem Leben zurechtkommen. Niemand ist in allen Entwicklungsdimensionen perfekt. Jeder hat einige Baustellen, auf denen es etwas zu lernen und zu verbessern gibt. Um sich die Bedeutung der sieben Entwicklungsanforderungen zu vergegenwärtigen, können Sie noch einmal einzeln überprüfen: Wo bin ich wie stark? Wo bin ich mir meiner selbst und meiner Fähigkeiten sicher? In welchen Dimensionen möchte ich mich weiterentwickeln? Wo auch nicht? Wo habe ich etwas zu lernen?

Auch wenn in den ersten Lebensjahren die wesentlichen Persönlichkeitsstrukturen gebahnt werden, bleibt persönliche Entwicklung ein lebenslanger Prozess. Schwierige Erfahrungen aus der frühen Lebensgeschichte können durch positive spätere Erfahrungen kompensiert und korrigiert werden. Wir können auch im Erwachsenenalter noch lernen, zu vertrauen, zu verzeihen oder einen Konflikt zu riskieren. Nur wird der emotionale Aufwand für solche korrigierenden Lernprozesse mit steigendem Alter größer.

2.1.3Wie viel Verhaltensänderung ist möglich?

Bisher haben wir beschrieben, wie sich die Persönlichkeit unter normalen Lebensumständen entwickelt und welche grundlegenden Fähigkeiten Menschen auf dem Weg ihrer Persönlichkeitsentwicklung erwerben müssen. Wenn man sich in wichtigen Aspekten der Persönlichkeit gezielt verändern will, stellt sich die grundsätzliche Frage: Wie weit sind Erleben und Verhalten genetisch bedingt, und wie weit sind sie lernbar? Was können wir im Erwachsenenalter noch neu oder umlernen, und wo sind die Grenzen?

Der Behaviorist John Watson vertrat bereits in den 1920er Jahren die Auffassung, durch Erziehung aus jedem Kind einen Arzt, Rechtsanwalt, Künstler, Bettler oder Dieb machen zu können, unabhängig von seinen Anlagen oder seiner Herkunft. Diese Vorstellung erlebte im Zeitgeist der 1960er und 1970er Jahre eine Renaissance. Man glaubte, der Mensch komme als weitgehend unbeschriebenes Blatt auf die Welt und entwickle sich primär durch den Einfluss der Umwelt. Allein durch die richtige Erziehung könne ein «neuer Mensch» geschaffen werden. Die Euphorie, mit der man fast jede Entwicklung zu jedem Zeitpunkt für möglich hielt, ist inzwischen verflogen. Die Zwillingsforschung hat die Entwicklung getrennt aufwachsender eineiiger Zwillinge systematisch untersucht und diese mit der Entwicklung von gemeinsam aufwachsenden ein- und auch zweieiigen Zwillingen verglichen. Inzwischen ist unbestritten, dass auch die genetische Disposition einen großen Einfluss auf unsere Persönlichkeitsentwicklung hat.

Nach Ansicht des Hirnforschers Gerhard Roth sind 40 bis 50 Prozent der Persönlichkeit genetisch bestimmt, ca. 30 bis 40 Prozent gehen auf das Konto von Prägungs- und Erlebnisprozessen imAlter zwischen null und fünf Jahren. Nur etwa 20 Prozent der Persönlichkeitsstruktur sei durch spätere Erlebnisse und durch elterliche und schulische Erziehung beeinflusst (vgl. Roth 2001, S. 353). Wenn mit Abschluss der ersten fünf Lebensjahre noch 20 bis maximal 30 Prozent der Persönlichkeit beeinflusst bzw. verändert werden können, ist das mehr, als es zunächst scheint. Stellen Sie sich einen Mann vor, der von einem Seminar oder einer Beratung zurückkommt und anfängt, Konflikte, denen er jahrzehntelang aus dem Weg gegangen ist, auf den Punkt zu bringen. Auch wenn sich vielleicht nur ein Prozent des Gesamtverhaltens ändert, wird es enorme Auswirkungen im Privatleben wie im Beruf geben. Man wird sagen, er sei ja kaum wiederzuerkennen, obwohl er sich nur in einem – wenn auch wichtigen – Aspekt seiner Persönlichkeit verändert hat.

Andererseits bedeuten diese Forschungsergebnisse aber auch, dass die meisten Menschen die Persönlichkeitsmerkmale, die sie bereits im Schuleintrittsalter gezeigt haben, mehr oder weniger beibehalten (zum Beispiel sich extrovertiert, emotional stabil, offen, verträglich oder gewissenhaft zu verhalten). Im Einzelfall sind aber durchaus grundlegende Veränderungen möglich. Besonders bei Klassentreffen ehemaliger Schüler kann man erleben, wie sich manche Menschen kontinuierlich oder auch durch markante Lebenseinschnitte verändern. Man trifft einige Mitschüler nach Jahrzehnten wieder und hat den Eindruck, dass sie sich in ihrer Art zu sprechen, sich zu bewegen, zu lachen, dominant oder zurückhaltend zu sein, kaum verändert haben. Aber es sind eben auch Überraschungen dabei. Einige haben Entwicklungen genommen, die man sich während der Schulzeit kaum vorstellen konnte.

Zahlreiche Forschungen belegen, dass sich die Persönlichkeit bis ins Alter hinein verändern kann, und manche Menschen fangen gerade jenseits der Sechziger damit an, ihr Leben noch einmal grundsätzlich auf den Kopf zu stellen. Allerdings besteht auch Einigkeit darüber, dass sich die Persönlichkeit mit zunehmendem Alter stabilisiert. Und das bedeutet eben auch: Der Aufwand für eine persönliche Veränderung wird mit zunehmendem Alter größer.

Warum ist Verhaltensänderung so schwer?

Unabhängig vom Alter fragen sich viele Menschen, die sich verändern wollen, warum eine dauerhafte Verhaltensänderung so schwerfällt. Trotz Einsicht und guter Vorsätze, trotz bester Methoden und Ratschläge kommen wir oft nicht zum gewünschten Ergebnis. Warum reicht es nicht aus, wenn wir uns etwas vornehmen? Können wir über unser Handeln nicht frei und bewusst entscheiden?

Unser Alltagserleben suggeriert uns, unser Verhalten aktiv und bewusst zu steuern. Das trifft für einen Teil unseres Verhaltens natürlich auch zu: Ich sehe morgens in meinem Kalender, dass ich um 16 Uhr einen Termin beim Kunden habe, und gehe um 15 Uhr aus dem Haus, um rechtzeitig dort zu sein. Das ist ein Vorgang, den wir mit bewusster Aufmerksamkeit steuern. Daneben besitzen wir aber eine erfahrungsbedingte Verhaltenssteuerung, die nach ganz anderen Gesetzen funktioniert. Sie verläuft unbewusst und intuitiv. Wenn das Telefon klingelt, hebe ich den Hörer ab. Wenn mich jemand grüßt, grüße ich zurück. Wenn ein Auto kommt, bleibe ich stehen und überquere die Straße lieber nicht. Wenn mich jemand nach der Uhrzeit fragt, gebe ich eine Antwort. All das passiert wie von selbst ohne Nachdenken, Entscheidung, Konzentration und Aufmerksamkeit. Wir haben Verhaltensmuster oder Verhaltensprogramme parat, die dann angewandt werden, wenn sie für die jeweilige Situation passen. Wie entscheiden wir, ob ein «fertiges Programm» passt oder nicht? Unser Gehirn entscheidet darüber autonom und in der Regel ohne Bewusstheit. Meistens gelingt diese Entscheidung perfekt und ohne jegliche Irritation, manchmal jedoch auch nicht:

Wenn wir ein neues Verhalten entwickeln wollen, behindern uns oft eingefahrene Gewohnheiten. Wer sich zum Beispiel vorgenommen hat, seinem Chef bei der nächsten Auseinandersetzung endlich mal hart die Meinung zu sagen, wird möglicherweise merken, dass er im entscheidenden Moment dann doch vorsichtig ist. Irgendetwas im Inneren hat sich im letzten Augenblick «umentschieden». Statt des Vorsatzes ist ein eingeschliffenes Verhaltensprogramm abgelaufen, und