Sisyphus im Abendlicht - P. J. Heiter - E-Book

Sisyphus im Abendlicht E-Book

P. J. Heiter

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Beschreibung

Auf Der letzte Aufstieg des Sisyphos und Die Hochzeit des Sisyphus folgt nun der dritte Band des Zyklus HEITER Sisyphos. Nach ihrem Hochzeitsfest begegnen uns Eckhart Süßenfuß - alias Sisyphus - und seine Frau Sylvia in Brasilien. Sie wollen mit ihren Trauzeugen eine entspannte Zeit am Rio Negro verbringen. Die Ruhe wird gestört, als einer der Mitreisenden plötzlich von einem Dorffest verschwindet. Später treffen sie in Manaus auf weitere vertraute Personen. Es kommt zu einem heiteren flashmob im Teatro Amazonas. Eine Romanze ganz eigener Art gelangt an die Öffentlichkeit. Das Miteinander wird allerdings durch eine Entführung herausgefordert. In der Pandemie gehört Eckhart einer Risikogruppe an. Er richtet sich mit Sylvia den Winter über in ihrer kleinen Wohnung ein, die sie beide nicht verlassen. Zu Ostern ziehen sie Bilanz und überlegen, was zu tun ist, jetzt, da der Sommer kommt. Zuletzt eröffnet sich unter Kirschblüten eine neue Perspektive. Sisyphus im Abendlicht - eine Reise voller südlicher Impressionen, mit Risiken und Nebenwirkungen und ewigen Zwischenzielen. www.sisyphosfaust.wordpress.com

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Seitenzahl: 64

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Hüte dich, Liebe, vor dem Feuer!

Die Liebe greift nicht um sich.

Sie hat einen langen Atem.

Still glüht sie im Herzen.

Lass dich nicht anstecken, Liebe, vom Feuer!

Inhalt

Brasilien

Am Fluss

Im Urwald

Mit dem Schiff

Romanze

Im Süden

Totentanz in Rio

Theo

Von Risiken und Nebenwirkungen

Der Festumzug

Fausto

Der Dorfpriester

Der Trauerumzug

Feuer und Wasser

Im Teatro Amazonas

Aus Ruinen

Die Entführung

In Quarantäne

Kirschblüten

Brasilien

Einige Wochen nach unserer Hochzeitsfeier sind wir mit unseren Kindern nach Pernambuco geflogen. Sylvias Freunde in Ipojuca waren wieder die große Familie für uns, die uns zu Hause manchmal fehlte.

In der Nähe, an seiner langjährigen Wirkungsstätte, konnten wir auch den Pater begrüßen. Er hatte unsere Hochzeit auf sehr persönliche und feierliche Weise geleitet, und es war schön, ihn so bald wiederzusehen.«

Eckhart hielt kurz inne. »Anschließend sind wir, wie verabredet, mit unseren Trauzeugen Elektra und Fausto quer durchs Land gefahren. Die beiden waren, bevor wir am Treffpunkt in Recife zusammenkamen, vor der brasilianischen Küste segeln gewesen, und Ella wurde nicht müde, davon zu berichten. Sylvia wunderte sich, wie viel man mit strahlenden Augen vom blauen Ozean erzählen kann. Da Ella und Fausto sich aber offenbar gut vertragen haben, war sie zufrieden damit.

Das nächste gemeinsame Ziel war nun Manaus, von wo aus wir mit einem Linienschiff den Rio Negro hinauffahren wollten. Wir freuten uns auf eine ruhige Zeit in einer Siedlung direkt am Ufer, die Fausto von früher her kannte. Es war seine Idee gewesen, und es fing alles sehr entspannt an, ein Urlaub mit Freunden bei wundervollen Gastgebern!«

Am Fluss

Am ersten Abend am Rio Negro saß Eckhart in einer Laube, die mit großen, trockenen Farnen gedeckt war und die ihm von hinten durch unbearbeitete Holzstämme Schutz bot. Er blickte auf das Wasser des Flusses. Von weitem sah er, wie das Schiff sich entfernte. Er war sehr gerne mit Sylvia und den Kindern in Brasilien, und die Gesellschaft von Elektra und Fausto hatte sich als Glücksgriff herausgestellt. Es gab keinen Grund für Eckhart, sich so bald nach seiner Aufgabe zu Hause zu sehnen. Andere würden Sterbende betreuen und Angehörige trösten. Auch organisatorisch dürfte nichts anbrennen. Er hatte seine Abwesenheit gut vorbereitet.

Leben und Sterben strömten, wie der große Fluss vor ihm, vom Ursprung zur Mündung, Krieg und Frieden bauten sich wie Wellen auf, Temperaturen und Farben mischten sich. Fische, Reptilien, Vögel, sie alle entschlüpften ihren dünnen Schalen, lebten für eine Weile, kämpften um ihre Beute oder um ihr Terrain, vermehrten sich, lösten sich wieder auf, wurden zur Nahrung anderer.

Genau wie diesen erging es Eckharts Patienten, und auch seinen Eltern war es nicht anders ergangen, und selbstverständlich würde es Sylvia und ihm dereinst ebenso ergehen, wenn ihre Kinder hoffentlich schon erwachsen sind. Und auch diese lebten von Augenblick zu Augenblick, Tag für Tag, Jahr für Jahr unter diesen Voraussetzungen und würden eines Tages in gleicher Art vergehen wie jedes Blatt, das auf dem Wasser schwimmt. Man konnte bestenfalls den Strom kanalisieren, ihn in Bahnen lenken, damit alle es gut haben bis dahin. Das Fließen aufzuhalten war jedoch unmöglich. Eckhart wusste das alles, bevor er Sylvia entdeckt hatte.

Im Urwald

Am zweiten Tag sind wir in Begleitung eines kräftigen Kerls namens Carlos in einem Langboot am Ufer des Rio Negro entlanggeglitten. Carlos forderte uns immer wieder auf, mit den Rudern nicht so laut zu sein. Er leuchtete mit einer Stablampe in die Blätter direkt über dem Wasser, und tatsächlich, hier und da strahlten uns die Augen kleinerer Kaimane an.« Sylvia war begeistert. »Plötzlich rief jemand auf unserem Boot: ›Da fliegt ein Dortmunder!‹ Wir mussten lachen. Ein großer gelber Vogel von bestimmt 1,80 m Spannweite mit breiten schwarzen Streifen auf den Flügeln schwebte über dem dunklen Gewässer.

Abends saßen wir in der Nähe unserer Hütten am Feuer, und der alte Dorfschamane, der selbst um die hundert Kinder und Enkel hatte, las Fausto die Leviten. Dass Fausto so etwas passieren musste! Als Ella mitten im Urwald ihren Schwangerschaftstest gemacht hatte und sie Fausto das Ergebnis voller Freude in einer großen Umarmung ins Ohr flüsterte, waren wir selbstverständlich alle dabei.« Sylvia blieb todernst. »Der Priester erklärte, dass das unstete Wanderleben jetzt ein Ende habe und dass Fausto auf jeden Fall der Mutter seines Kindes einen stabilen Rahmen gewähren müsse. Und damit Fausto gereinigt die Verbindung mit Ella eingehen könne, wollte der Schamane ihn nach altem Brauch taufen, im Rio Negro, mit ganzem Körper. Außerdem würde das Dorf für Fausto und seine Braut eine unvergessliche Verlobungsfeier ausrichten.« Sylvia machte eine Geste, als ob sie sich in ihr Schicksal ergeben wollte, und lächelte: »Widerspruch war zwecklos.«

Mit dem Schiff

Wenige Tage später kamen drei Männer von unterschiedlicher Hautfarbe mit dem Schiff über den Fluss.« Eckhart schmunzelte. «Zwei von ihnen hatten sehr bunte Hemden an, und weil einer von ihnen eine golden schimmernde Kopfbedeckung trug, fragten wir uns, ob es vielleicht die heiligen drei Könige waren. Es stellte sich heraus, dass es der Pater war, den wir erst in zwei Wochen erwarteten, mit zwei Vertretern der Regierung des Bundesstaates Amazonas.

Der Pater wollte die Regierung von Amazonas davon überzeugen, eine der alten Reduções wiederzuerrichten, zum Schutz der indigenen Bevölkerung sowie des Regenwaldes samt Flora und Fauna. Es schien, als wollte er wirklich die Eigenarten der Leute im Urwald kennenlernen. Ich sollte ihn, was Sylvia immer schon vorhersagte, als ausgeglichenen, gebildeten und vielseitig interessierten Menschen erleben.

Romanze

Am Abend saßen wir zu viert am Feuer, als Ella unsere Freunde Sylvia und Eckhart in folgende Hintergründe einweihte:

»Ich bin euch noch eine Erklärung schuldig, woher ich den Sänger kenne, der so berührend auf eurer Hochzeit in der Kirche gesungen hat. Wir werden ihn, wie angekündigt, für einen oder zwei Tage in Manaus wiedersehen.« Ella zog die Brauen hoch und setzte an:

»Er heißt Matthias und war ein langjähriger Verehrer meiner Freundin Susi aus dem Offizierslehrgang, seit ihrer Schulzeit. Er hatte es immer schwer mit ihr. Denn einerseits hat sie sich nie auf eine Beziehung mit ihm einlassen wollen, was man ja auch nicht erzwingen kann. Andererseits hat sie den freundschaftlichen Kontakt mit ihm auch zu keinem Zeitpunkt abreißen lassen. Am besten hätte sie, so sah es über Jahre aus, einen anderen Liebsten vorgezeigt, um Matthias die Grenzen aufzuweisen. Doch so jemanden gab es wohl nicht. Wie auch immer, es war jedenfalls nicht einfach für ihn.

Eines Tages sagte Susi zu ihrem Freund aus alten Tagen: ›Matthias! Ich habe eine Bitte an dich, über die du erst gründlich nachdenken solltest, bevor du dich äußerst. Denn ich kann nicht abschätzen, ob das mittelfristig überhaupt etwas für dich ist. Das kannst nur du beurteilen.‹

Dann sprach Susi Klartext: ›Es ist immer sehr schön, wenn wir uns sehen. Ich kann mir aber, wie du mir glauben kannst, ein engeres Verhältnis nicht vorstellen, weder mit dir noch mit einem anderen. Bestimmt bin ich in der dafür erforderlichen Tiefe zu gefühlskalt, oder mir bereitet meine berufliche Tätigkeit so viel Freude, dass ich an Partnerschaft und Familie und eine festere Bindung nicht denken mag. Ich weiß es nicht. In jüngeren Jahren wurde ich alle paar Monate beruflich versetzt, das spielte auch eine Rolle, und inzwischen pendele ich, wie du weißt, zwischen dem Ministerium und der NATO hin und her und konzentriere mich bis in die Nacht auf meine Unterlagen.