Stadtentstehung und Kommunenbewegung am Beispiel von Brügge - Jürgen Schäfer - E-Book

Stadtentstehung und Kommunenbewegung am Beispiel von Brügge E-Book

Jürgen Schäfer

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Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2001 im Fachbereich Geschichte Europa - and. Länder - Mittelalter, Frühe Neuzeit, Note: mit Erfolg, Universität Duisburg-Essen (Fachbereich Geschichte), Veranstaltung: Hauptseminar: Die Entstehung der europäischen Stadt im Hochmittelalter, Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Phänomen der hochmittelalterlichen Städtebildung in Europa und mit dem Prozess der Kommunebildung, die die langsame aber unaufhaltsame Beteiligung von Bürgern am Stadtregiment zur Folge hatte. Unter den zahlreichen Exponenten dieser okzidentalen Freiheitsbewegung der Städte im Hochmittelalter spielt die Provinz Flandern aufgrund der relativ frühen Einflussnahme ihrer Bewohner auf die Politik eine besondere Rolle, die an den Ereignissen im Brügge der Jahre 1127/1128 näher beleuchtet werden soll.

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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Stadtentwicklung in Flandern.
2.1. Siedlungsgeschichte.
2.2. Die Ausbreitung der kommunalen Idee.
2.3. Geografische, ökonomische und politische Gegebenheiten
3. Die Kommunebildung in Brügge
3.1. Die politische Situation
3.2. Die Ereignisse in Brügge 1127/28
3.2.1. Die Ermordung von Karl dem Guten - Graf von Flandern
3.2.2. Vertretung und Willensbildung der Einwohner.
3.2.3. Die Privilegierung der Städte
3.2.4. Das Bündnis gegen Wilhelm Clito.
3.2.5. Die Wahl von Dietrich vom Elsaß zum neuen Grafen.
3.3. Exkurs - Der Bürgerbegriff
3.4. Brügge und seine Verbündeten
4. Zusammenfassung.
I. Quellenverzeichnis
II. Literaturverzeichnis

Page 1

Die Entstehung der europäischen Stadt im Hochmittelalter

Seminararbeit:

Stadtentstehung und Kommunebewegung

Page 2

1. Einleitung

Aus der Antike ist die Existenz von Stadtstaaten wie der Polis in Athen bekannt. Die antike Tradition der Städtebildung setzte sich auch zur Römerzeit fort, und es entstanden große Städte wie Rom und Konstantinopel. Besonders im Mittelmeerraum, der über viele Jahrhunderte das Zentrum der Welt darstellte, bildeten sich städtische Siedlungsformen. Auf dem Gebiet nördlich der Alpen waren es vornehmlich die Römer, die in Mitteleuropa, und hier besonders westlich des Rheines und in Süddeutschland, Städte gründeten.

Im Hochmittelalter kam es in Europa zu einem signifikanten Wachstum der Städte. Auch ist eine große Anzahl von Städtegründungen zu beobachten. Die Ursachen hierfür sind vielfältig gewesen, und es ist davon auszugehen, dass es sich nicht um eine, lediglich beschleunigte Fortsetzung der antiken Tradition urbanen Lebens handelte. Die Meinungen über die Fortdauer des städtischen Lebens in Mitteleuropa seit dem antiken Zeitalter gehen auseinander. So sieht etwaENNEN(1972) eine gewisse Kontinuität im Fortbestand des Städtewesens seit der Antike1; „der große Belgier Henri Pirenne“ aber vertrat die Meinung, antike Kultur und Verkehrswirtschaft erlebten ihren völligen Niedergang „bis zum spätkarolingischen Tiefpunkte“.2Tatsache ist, dass das Städtewachstum im Hochmittelalter und die regelrechte Gründungswelle von Städten maßgeblich gekennzeichnet waren durch zentrale Neuerungen der Selbstorganisation urbaner Siedlungen und dass die Strukturen dieser Städte entscheidende neue Elemente der Stadtfunktion enthielten. Grundlage der wirtschaftlichen Existenz einer Stadt war nicht mehr der agrarische Sektor. Handwerker und Gewerbetreibende zogen in die Städte und gründeten Vollzeitgewerbe. Es begann eine Produktion über den jeweiligen Eigenbedarf hinaus. Diese neue Produktionsweise und die Konzentration von Handwerkern und Gewerbetreibenden auf einen Ort waren zugleich Folge und Ursache einer erhöhten Arbeitsteilung und Arbeitsproduktivität.3Die funktionale Weiterentwicklung der Städte und Organe der Selbstorganisation belebten das bereits in der Antike vorhandene demokratische Element des Mitbestimmungsrechtes durch gewisse Schichten der Stadtbevölkerung. Aus dem zunehmenden Einfluß von Kaufleuten und Handwerkern

1Ennen, Edith: „Die europäische Stadt des Mittelalters.“ 2., ergänzte und verbesserte Auflage,

Göttingen 1975, S. 43.

2Stoob, Heinz: „Die hochmittelalterliche Städtebildung im Okzident“, in: ders. (Hg.): „Die Stadt -

Gestalt und Wandel bis zum industriellen Zeitalter.“ Köln 1979, S. 132.

3Pitz, E.: „Stadt“, in: Lexikon des Mittelalters, Band VII. München 1995, S. 2175 - 2176.

Page 3

erwuchsen Partizipationsmöglichkeiten, deren Umsetzung der kommunalen Idee und der Kommunebildung ihr Gesicht verliehen und fortan prägend für die Entwicklung der abendländische Stadt- und Verfassungsgeschichte waren.

Ihren Ausdruck fand der Freiheitswille der Städte in der Bildung von Kommunen4(communios), die am Anfang der Kommunebewegung standen. Die Kommunen erreichten die Privilegierung der spezifisch - städtischen Lebens- und Organisationsformen. Die Gewährung städtischer Privilegien bewirkte die Emanzipation der Kommune von der stadtherrlichen Gewalt.5Die städtischen Autonomiebestrebungen fanden ihr organisatorisches Äquivalent in den „Coniurationes“; den sogenannten Schwurverbänden. Diese Einwohnergenossenschaften, in denen zweifellos nicht alle Einwohner mitwirkten, waren maßgeblich für die Entstehung und die Gestaltung des Stadtrechtes verantwortlich, sorgten für die Rechtssicherheit in einer Stadt und kämpften für Frieden und Freiheit. Sie bildeten das Organ der Gemeinde. „In Flandern erfolgt im 12. Jh. der Durchbruch zur Stadtgemeinde mittels der Coniuratio.“6

Typisch für den Beginn der Freiheitsbestrebungen waren die Versuche, konkrete individuelle Rechte durchzusetzen. Dazu zählten z. B. das Heirats-, Erb- und Eigentumsrecht sowie ganz allgemein das Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung, welches durch die Abhängigkeit der Leibeigenschaften den meisten Menschen verwährt blieb. Städtisches Recht entstand auch auf institutioneller Ebene. Durch die Bildung und Privilegierung korporativer Organe wurden die Stadtherren Schritt für Schritt ihrer hoheitlichen Rechte entmachtet.

„Stadtluft macht frei“ wurde zum geflügelten Wort dieser Zeit, das bis heute überdauert. Es beschreibt die Möglichkeit, sich im für den Feudalismus typischen, von Lehnswesen und persönlichen Gefolgschaften gekennzeichneten

Personenverbundsstaat als Individuum zu emanzipieren und in der Stadt ein freier „Bürger“7zu werden.

4Der Begriff der Kommune ist ausführlicher erläutert u. a. in: Bordone, R.; Rigaudière, A.: Art.

„Kommune“, in: Lexikon des Mittelalters, Band V. München 1991, Sp. 1285 - 1289.

5Heinig, P. - J.: Art. „Privileg(ien)“, in: Lexikon des Mittelalters, Band VI. München 1993, Sp. 226.

6Ennen, Edith: Art. „Coniuratio“, in: Lexikon des Mittelalters, Band III. München 1986, Sp. 136.

7Die Auslegung und Bedeutung des Bürgerbegriffs ist problematisch. Einzelheiten über die

Entstehung des Begriffes und seine Bedeutung finden sich ab S. 20 dieser Arbeit.