Star Wars. Das Erbe der Jedi-Ritter 1. Die Abtrünnigen - R.A. Salvatore - E-Book
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Star Wars. Das Erbe der Jedi-Ritter 1. Die Abtrünnigen E-Book

R.A. Salvatore

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Beschreibung

Die neue Ära der Saga beginnt 21 Jahre nach Darth Vaders Tod.

Der Start einer brandneuen Serie! Star Wars ist Kult - und Star Wars bedeutet neue, atemberaubende Abenteuer!

Rebellion droht inmitten der Ruhe und des Wohlstands der Neuen Republik. Der charismatische Anführer Nom Anor sät Uneinigkeit. Doch während sich Leia und ihre Schwägerin Mara Jade um diplomatische Verhandlungen mit Nom Anor bemühen, taucht wie aus dem Nichts ein neuer Feind auf, versehen mit tödlichen Waffen und noch unbekannter Technologie.

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Seitenzahl: 587

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Inhaltsverzeichnis

Widmung1 - Spannungen2 - Die Augen der Galaxis3 - Politik4 - Saatkörner5 - Der Kriegskoordinator6 - Bring mich weit, weit weg7 - Start8 - Schichten9 - Ehrenvolles Sterben10 - Der Gürtel11 - Bumm!12 - Spiel und Wirklichkeit13 - Minus Dreizehn14 - Näher, näher15 - warten auf die Göttin16 - Ein würdiger Gegner17 - Widerstand18 - Ein Sturm kommt auf19 - Vollendete Teamarbeit20 - Ansichten21 - Falsche Gelassenheit22 - Die Wende23 - Ins Netz24 - Ein letzter Trick25 - Zusammenhang und Zufall26 - NachrufDankCopyright

Für Diana, mit all meiner Liebe, und für meine Kinder Bryan, Geno und Caitlin, die es mir leicht machen, mich in Han Solo hineinzuversetzen.

1

Spannungen

Es war zu friedlich hier draußen, umgeben von der Leere des Weltraums, dessen Stille nur vom stetigen Summen der beiden Ionentriebwerke gebrochen wurde. Leia Organa Solo liebte diese friedlichen Augenblicke zwar, hielt sie aber auch für eine emotionale Falle, denn sie war alt genug, um zu wissen, dass die Unruhe sie am Ende dieser Reise wieder einholen würde.

Wie es in der letzten Zeit am Ende jeder Reise geschehen war.

Leia hielt einen Augenblick inne, bevor sie die Brücke der Jadeschwert betrat, des neuen Shuttles, das ihr Bruder Luke für seine Frau Mara Jade gebaut hatte. Vor ihr saßen Mara und Jaina bequem nebeneinander an den Kontrollen und unterhielten sich lächelnd. Die beiden hatten Leia offensichtlich nicht bemerkt. Leia konzentrierte sich auf ihre Tochter Jaina, die zwar erst sechzehn war, aber im Augenblick so ruhig und entspannt dasaß, als blickte sie auf jahrzehntelange Erfahrung als Pilotin zurück. Mit ihrem dunklen Haar und den braunen Augen, die in scharfem Kontrast zu ihrer glatten, hellen Haut standen, sah Jaina ihrer Mutter ausgesprochen ähnlich. Tatsächlich erkannte Leia viel von sich in diesem Kind wieder – nein, kein Kind mehr, korrigierte sie sich in Gedanken: in dieser jungen Frau. Das gleiche Glitzern in den braunen Augen, immer schelmisch, abenteuerlustig und entschlossen.

Diese Feststellung ließ Leia stutzen, denn sie begriff erst jetzt, dass sie, wenn sie Jaina sah, kein Spiegelbild ihrer selbst vor Augen hatte, sondern ein Abbild des Mädchens, das sie einmal gewesen war. Eine gewisse Traurigkeit überfiel sie, als sie daran dachte, wie ihr Leben heutzutage aussah: Sie war nun Diplomatin, Bürokratin, Schlichterin, arbeitete ununterbrochen für den Frieden und den Wohlstand der Neuen Republik. Fehlten ihr die Zeiten, in denen das häufigste Geräusch in ihrer Nähe das Zischen eines Blasters oder eines Lichtschwerts gewesen war? Bedauerte sie, dass diese wilden Tage nun dem Surren der Ionentriebwerke und dem boshaften Gestichel beleidigter Botschafter gewichen waren?

Vielleicht … aber wenn sie Jaina ansah und in diese blitzenden dunklen Augen schaute, konnte sie sich auch am Leben ihrer Tochter mit freuen.

Als Mara und Jaina über eine witzige Bemerkung, die Leia nicht gehört hatte, in Gelächter ausbrachen, empfand Leia noch etwas Überraschenderes: Eifersucht? Aber dann schob sie diese absurde Wahrnehmung weit von sich, als sie ihre Schwägerin, Lukes Frau und gemäß Jainas eigenem Wunsch die Lehrerin des jungen Mädchens, auf die Art der Jedi betrachtete. Mara war keine Ersatzmutter für Jaina, sondern eher eine große Schwester, und als Leia an das Feuer dachte, das ununterbrochen in Maras grünen Augen brannte, verstand sie, dass diese Frau Jaina Dinge gab, die sie selbst ihrer Tochter nicht bieten konnte, und dass dieser Unterricht und diese Freundschaft sich für Jaina als äußerst wertvoll erweisen würden. So schob sie also ihre Eifersucht beiseite und war einfach nur froh darüber, dass Jaina eine solch gute Freundin gefunden hatte.

Sie ging einen Schritt weiter, blieb aber wieder stehen, weil sie hinter sich eine Bewegung spürte. Sie brauchte nicht hinzuschauen, um zu wissen, dass es Bolpuhr war, ihr Noghri-Leibwächter, und sie gönnte ihm auch kaum einen Blick, als er mit einer so anmutigen Bewegung an ihre Seite glitt, dass Leia sich an eine Spitzengardine erinnert fühlte, die träge in einer sanften Brise wehte. Sie hatte den jungen Bolpuhr gerade aus diesem Grund als ihren Schatten akzeptiert – er war für einen Leibwächter ausgesprochen unaufdringlich. Leia musste immer wieder über die Lautlosigkeit und Anmut des jungen Noghri staunen, die so leicht über seine mörderischen Fähigkeiten als Kämpfer hinwegtäuschen konnten.

Nun hob sie die Hand und wies Bolpuhr mit dieser Geste an, draußen auf dem Flur zu bleiben, und sie entdeckte in seiner üblicherweise ausdruckslosen Miene eine Spur von Enttäuschung. Dennoch wusste sie, er würde gehorchen. Bolpuhr und sämtliche Noghri würden alles tun, was Leia von ihnen verlangte. Er würde von einer Klippe springen oder in das heiße Ende eines Ionentriebwerks tauchen, wenn Leias Sicherheit das erforderte, und die einzigen Gelegenheiten, bei denen sie eine gewisse Unzufriedenheit über ihre Befehle bei Bolpuhr bemerkte, waren jene, in denen er glaubte, sie bringe ihn in eine Position, aus der es schwieriger wäre, sie angemessen zu verteidigen.

So wie jetzt. Das war Leia klar, obwohl sie wirklich nicht verstand, warum Bolpuhr auch hier an Bord des Privatshuttles ihrer Schwägerin um ihre Sicherheit besorgt war. Manchmal ging seine Ergebenheit ein wenig zu weit.

Mit einem Nicken zu Bolpuhr wandte sie sich wieder der Brücke zu und durchschritt die offene Luke. »Wie lange werden wir noch unterwegs sein?«, fragte sie und war amüsiert, dass sowohl Jaina als auch Mara bei ihrem plötzlichen Erscheinen zusammenzuckten.

Zur Antwort erhöhte Jaina den Vergrößerungsfaktor auf dem vorderen Schirm, und statt der anonymen Lichtpunkte erschien dort nun ein Bild von zwei Planeten – einer überwiegend blau und weiß, der andere rötlich –, die offenbar so dicht beieinander standen, dass Leia sich fragte, wieso der Blauweiße, der Größere des Paars, den anderen noch nicht mit seiner Schwerkraft erfasst und in einen Mond verwandelt hatte. Auf halbem Weg zwischen ihnen, vielleicht eine halbe Million Kilometer von beiden entfernt, glitzerten im Schatten des blauweißen Planeten die Decklichter eines Schlachtkreuzers der Mon Calamari, der Schlichter, eines der neuesten Schiffe in der republikanischen Flotte.

»Die Planeten haben die Position ihrer Umlaufbahn erreicht, in der sie am dichtesten beieinander stehen«, stellte Mara fest.

»Ich bitte um Verzeihung«, erklang eine melodische Stimme aus der Tür, und der Protokolldroide C-3PO betrat die Brücke. »Ich glaube, diese Aussage ist nicht vollkommen korrekt.«

»Aber nahe dran«, meinte Mara. Sie wandte sich Jaina zu. »Sowohl Rhommamool als auch Osarian sind technologisch überwiegend auf Bodenverkehr beschränkt …«

»Rhommamool sogar beinahe ausschließlich«, fügte C-3PO rasch hinzu, was alle drei Frauen mit einem unwilligen Blick kommentierten. Dem Droiden fiel das nicht weiter auf. Er schwatzte eifrig weiter. »Selbst die Flotte von Osarian ist vernachlässigbar. Es sei denn, man benutzt die Pantang-Skala der aerotechnischen Entwicklung, die einfache Landgleiter ebenso hoch einstuft wie einen Sternenzerstörer. Eine vollkommen lächerliche Skala.«

»Danke, 3PO«, sagte Leia, und ihr Tonfall machte deutlich, dass sie mehr als genug gehört hatte.

»Sie verfügen allerdings beide über Raketen, die den jeweils anderen Planeten auf so kurze Entfernung erreichen können«, fuhr Mara fort.

»O ja!«, rief der Droide. »Und wenn man die Nähe ihrer relativ elliptischen Umlaufbahnen bedenkt …«

»Danke, 3PO«, sagte Leia.

»… dann werden sie sich noch für einige Zeit in Reichweite befinden«, fuhr C-3PO ungerührt fort. »Zumindest für ein paar Monate. Tatsächlich werden sie in zwei Standardwochen noch dichter beieinander stehen – die größte Annäherung, die sie im Lauf der kommenden Dekade erreichen.«

»Danke, 3PO!«, sagten Mara und Leia gleichzeitig.

»Es handelt sich auch um die größte Annäherung innerhalb der vergangenen Dekade«, musste der Droide noch einwerfen, als sich die Frauen wieder ihrem Gespräch zuwandten.

Mara schüttelte den Kopf und versuchte, sich daran zu erinnern, was sie eigentlich hatte sagen wollen. »Deshalb hat sich deine Mutter auch entschieden, jetzt hierher zu kommen.«

»Erwartest du einen Kampf?«, fragte Jaina, und weder Leia noch Mara entging das Blitzen in ihren Augen.

»Die Schlichter wird schon dafür sorgen, dass sie sich ordentlich benehmen«, meinte Leia hoffnungsvoll. Tatsächlich war der Schlachtkreuzer ein beeindruckendes Kriegsschiff, eine verbesserte, schwerer bewaffnete und gepanzerte Version des Mon-Calamari-Sternkreuzers.

Mara schaute wieder zum Schirm zurück und schüttelte zweifelnd den Kopf. »Es wird mehr brauchen als eine Machtdemonstration, um diese Katastrophe aufzuhalten«, erwiderte sie.

»Tatsächlich ist die Lage allen Berichten zufolge eskaliert«, warf C-3PO ein. »Es begann als einfacher Disput über Schürfrechte, aber nun klingt es ganz nach einem Heiligen Krieg.«

»Das liegt an Nom Anor, dem derzeitigen politischen Führer auf Rhommamool«, meinte Mara. »Er spricht direkt die Instinkte seiner Anhänger an und hat den Schürfrechtdisput mit Osarian zu einer Angelegenheit von Tyrannei und Unterdrückung umgedeutet. Du solltest ihn nicht unterschätzen.«

»Ich hatte bereits mit einer endlosen Liste von Tyrannen wie Nom Anor zu tun«, erwiderte Leia mit resigniertem Schulterzucken.

»Ich kann diese Liste sofort liefern«, platzte C-3PO heraus. »Tonkoss Rathba …«

»Danke, 3PO«, sagte Leia überfreundlich.

»Oh, es ist mir ein Vergnügen, Prinzessin Leia«, erwiderte der Droide. »Ich bin Ihnen ausgesprochen gern zu Diensten. Wo bin ich stehen geblieben? O ja. Tonkoss Rathba von …«

»Nicht jetzt, 3PO«, sagte Leia mit fester Stimme, dann fügte sie zu Mara gewandt hinzu: »Ich hatte schon häufig mit Typen wie ihm zu tun.«

»Ich glaube, da irrst du dich«, erwiderte Mara recht leise, und die plötzliche Schwäche in ihrer Stimme erinnerte Leia und Jaina daran, dass Mara trotz ihres forschen Auftretens und ihrer überschäumenden Energie ernsthaft erkrankt war, an einer seltsamen und zum Glück seltenen Krankheit, die Dutzende anderer umgebracht hatte und gegen die selbst die besten Ärzte der Neuen Republik bisher vollkommen hilflos gewesen waren. Von jenen, die sich mit dieser molekularen Erkrankung angesteckt hatten, waren nur Mara und ein weiterer Patient am Leben geblieben, und dieser andere befand sich auf Coruscant, wurde dort intensiv beobachtet und stand kurz vor dem Tod.

»Daluba«, fuhr C-3PO fort. »Und dann war da selbstverständlich noch Icknya …«

Leia setzte dazu an, sich zu dem Droiden umzudrehen, um ihn höflich, aber entschieden zum Schweigen zu bringen, aber Jainas Aufschrei ließ sie in ihrer Bewegung innehalten und sich statt dessen dem Schirm zuwenden.

»Schiffe im Anflug«, verkündete Jaina überrascht. Die entsprechenden Lichtpunkte waren auf ihrem Sensor wie aus dem Nichts erschienen.

»Vier Schiffe«, bestätigte Mara. Noch während sie sprach, begann der Alarm. »Von Osarian.« Sie wandte sich Leia neugierig zu. »Wissen sie, wer wir sind?«

Leia nickte. »Und sie wissen auch, weshalb ich hier bin.«

»Dann sollten sie auch wissen, dass sie uns in Ruhe lassen sollten«, meinte Jaina.

Leia nickte abermals, aber sie verstand es besser. Sie war nicht hier, um sich mit den Osarianern zusammenzusetzen – zumindest nicht gleich –, sondern mit ihrem Hauptrivalen, Nom Anor, dem politisch-religiösen Führer, der auf Rhommamool so viel Unruhe stiftete. »Sag ihnen, sie sollen sich zurückhalten«, wies sie Mara an.

»Höflich?«, fragte Mara lächelnd und mit diesem gefährlichen Blitzen in den Augen.

»Shuttle der Neuen Republik«, erklang eine zögernde Stimme aus dem Komm. »Hier spricht Captain Grappa von den osarianischen Streitkräften.«

Mara drückte den Knopf, der das Bild des Captains auf den Schirm leitete, und Leia seufzte, als die grüne Haut, der stachelige Kopfkamm und die tapirähnliche Schnauze erschienen.

»Na wunderbar«, meinte sie sarkastisch.

»Die Osarianer haben Rodianer angeheuert?«, fragte Jaina.

»Nichts hilft besser, die Lage zu beruhigen, als eine Hand voll Söldner«, erwiderte Leia trocken.

»O je, o je«, sagte C-3PO und schlurfte nervös zur Seite.

»Sie werden mit uns kommen«, erklärte Grappa, und seine Facettenaugen glitzerten. »Nach Osa-Prime.«

»Sieht so aus, als wollten die Osarianer zuerst mit dir sprechen«, meinte Mara.

»Sie haben Angst, dass mein Treffen mit Nom Anor dessen Position verbessert und sich positiv auf sein Ansehen bei den Rhommamoolianern und im gesamten Sektor auswirkt«, erklärte Leia. Diese Idee war nicht von der Hand zu weisen, und sie hatte endlos darüber nachgedacht, bevor sie sich entschlossen hatte, trotzdem herzukommen.

»Was immer ihr Grund sein mag, sie nähern sich rasch«, erwiderte Mara. Sowohl sie als auch Jaina sahen Leia fragend an, denn obwohl die Jadeschwert Maras Schiff war, hatte Leia den Befehl über diesen Einsatz.

»Prinzessin Leia?«, fragte ein offensichtlich beunruhigter C-3PO.

Leia setzte sich auf den Stuhl hinter Mara und konzentrierte sich ganz auf den Bildschirm, den Jaina auf normale Vergrößerung zurückgeschaltet hatte. Die vier näher kommenden Schiffe waren nun deutlich zu sehen.

»Hängt sie ab«, erklärte sie entschlossen – eine Anweisung, die keine der beiden Pilotinnen zweimal hören musste. Mara war tatsächlich schon lange darauf aus gewesen, das Shuttle mit seinen mächtigen Doppeltriebwerken und den hoch entwickelten Manövriersystemen einmal einer wirklichen Prüfung zu unterziehen.

Mit strahlendem Lächeln und glitzernden grünen Augen griff Mara nach den Kontrollen, dann zog sie die Hände wieder zurück und legte sie in den Schoß. »Du hast es gehört, Jaina«, sagte sie.

Jaina riss den Mund auf, ebenso wie ihre Mutter.

»Meinst du das ernst?«, fragte Jaina.

Maras einzige Erwiderung bestand in einer beinahe gelangweilten Miene und einem leisen Gähnen, als wäre diese ganze Angelegenheit nicht sonderlich wichtig und ganz bestimmt nichts, womit Jaina nicht problemlos zurechtkommen könnte.

»Ja!«, flüsterte Jaina, ballte die Fäuste und grinste beinahe so breit, dass ihr Mund von einem Ohr zum anderen reichte. Sie rieb sich die Hände, dann griff sie nach rechts und fuhr mit den Fingern über die Kugel, die das Bedienungselement des Trägheitskompensators darstellte. »Anschnallen«, befahl sie und wählte fünfundneunzig Prozent an, wie es Kampfpiloten häufig taten, damit sie eine taktile Wahrnehmung der Bewegungen ihrer Schiffe erreichten. Die Gs lesen nannte man das, und Jaina war immer am liebsten auf diese Weise geflogen, wenn rasche Wendungen oder hohe Beschleunigungen sie in den Sitz drückten.

»Nicht zu viel«, sagte Leia besorgt.

Aber ihre Tochter war nun in ihrem Element, das wusste Leia, und sie würde alles aus dem Shuttle herausholen. Leia spürte die Neigung, als Jaina das Schiff scharf nach rechts und von den osarianischen Schiffen wegzog.

»Wenn Sie versuchen zu fliehen, werden wir Sie abschießen!«, erklang die ungleichmäßige Stimme Grappas.

»Z-95 Headhunter«, sagte Mara verächtlich beim Anblick eines antiquierten Sternjägers, der sich der Jadeschwert näherte; sie schaltete das Komm aus und warf Leia einen Blick zu. »Was sie nicht erwischen, können sie auch nicht abschießen«, erklärte sie. »Also los«, fügte sie zu Jaina gewandt hinzu und deutete auf die Triebwerkskontrollen, da sie davon ausging, dass eine rasche Beschleunigung der mächtigen Triebwerke die Jadeschwert an den verblüfften Rodianern und ihren überalterten Sternjägern vorbeikatapultieren würde.

Aber noch während sie ihren Satz zu Ende führte, erschienen zwei weitere Lichtflecke auf dem Display und kamen direkt auf die Jadeschwert zugeflogen.

»Mara«, sagte Leia besorgt.

Maras Hände zuckten zu den Kontrollen. Aber das war nur ein Reflex, dann sah sie Jaina direkt in die Augen und nickte der jungen Frau zu.

Leia wurde in ihrem Sitz vorwärts geschleudert, und nur noch der Gurt hielt sie, als Jaina den Schub umkehrte und das rechte Ruder bediente. Hinter ihnen erklang ein metallisches Scheppern – C-3PO war wohl gegen die Wand gekracht.

Noch während die Jadeschwert plötzlich mit nach Steuerbord gewandter Nase zum Stillstand kam, gab Jaina wieder vollen Schub, riss das Ruder erst nach links, dann brutal um 180 Grad abermals nach rechts; anschließend bediente sie das Ruder entschlossen und etwas ruckartig bei der Begradigung ihres direkten Rückzugs. Als sie die Wende vollzogen hatten, zuckte Laserfeuer über ihren Bug.

»Die ersten vier setzen uns nach«, erklärte Mara ruhig. Die Jadeschwert ruckte, bedingt durch einen Treffer am Heck, den die Schilde aber mit Leichtigkeit abfangen konnten.

»Versuche, ein …«, setzte Mara an, aber die Worte blieben ihr im Hals stecken, wo sie ihrem Mittagessen begegneten, als Jaina eine scharfe Rechtswende vollzog und danach gleich noch eine.

»Oh-oh, wir werden alle umkommen!«, ertönte C-3POs Schrei aus der Tür, und es gelang Leia, den Kopf zu drehen, sodass sie sehen konnte, wie der Droide erst im metallenen Türrahmen hing und dann mit einem lauten Jammern davonsegelte, als Jaina das Schiff in eine weitere plötzliche Zickzackbewegung riss.

Zwei Headhunter schossen auf dem Schirm vorbei, aber nur für einen Sekundenbruchteil, denn Jaina lenkte das Schiff mit vollem Schub eines einzelnen Triebwerks auf einen anderen Kurs, was Leia in ihren Sitz zurückschleuderte. Leia wollte etwas Ermutigendes zu Jaina sagen, aber sie bemerkte, dass ihr die Worte im Hals stecken blieben. Und das hatte nichts mit der Schwerkraft zu tun.

Es war der Anblick ihrer Tochter, des Feuers in ihren braunen Augen, ihrer entschlossenen Miene, der reinen Konzentration. In diesem Augenblick wusste Leia es.

Ihre Tochter war nun eine Frau, und sie besaß all den Mumm ihres Vaters und ihrer Mutter zusammen.

Mara warf einen Blick über die rechte Schulter, sah dann von Jaina zu Leia; beide folgten ihrem Blick und erkannten, dass zwei der ursprünglichen vier gegnerischen Schiffe den Kurs ebenfalls geändert hatten und sich rasch und mit wild feuernden Lasergeschützen näherten.

»Festhalten«, warnte Jaina voller Selbstvertrauen, riss den Steuerknüppel zurück und hob damit die Nase der Jadeschwert, dann schob sie ihn wieder vorwärts und ließ das Shuttle nach unten kippen.

»Wir sind zum Untergang verurteilt«, rief C-3PO aus dem Flur – genauer gesagt, wie Leia wusste, von der Decke des Flurs her.

Mitten in dem Looping riss Jaina das Schiff mit einer Kippbewegung heraus und brachte es dann in raschem Zickzack beinahe wieder auf den ursprünglichen Kurs, nur dass sie inzwischen ihre Verfolger abgehängt hatten. Nun beschleunigte sie mit beiden Triebwerken, als wollte sie die reine Geschwindigkeit nutzen, um die Lücke zwischen der Fähre und den beiden auf sie zukommenden Kampfjägern zu verringern.

Beide brachen plötzlich seitlich aus, dann kehrten sie zurück, was zwar ihren Weg verlängerte, ihnen aber einen besseren Schusswinkel gab und eine leichtere Verfolgung ermöglichte.

»Die sind nicht übel«, warnte Mara, aber ebenso wie Leia zuvor blieben ihr die Worte im Hals stecken, als Jaina mit zusammengebissenen Zähnen den Schub umkehrte.

»Prinzessin …« Der klägliche Ruf aus dem Flur endete abrupt mit einem lauten Scheppern.

»Sie sind schon viel zu nahe!«, rief Mara, die bemerkte, wie sich der erste Jäger rasch von Backbord her näherte.

Jaina hatte sie nicht gehört, hätte sie nicht einmal hören können; sie hatte sich nun nach innen gewandt, spürte die Macht, registrierte jede Bewegung ihrer Feinde und reagierte nur noch instinktiv, wobei sie dem Feind mindestens drei Züge voraus war. Bevor Mara auch nur das erste Wort ausgesprochen hatte, hatte Jaina bereits die vorderen Korrekturdüsen bedient, die die Jadeschwert mit der Nase nach Steuerbord schoben, direkt dem ersten Headhunter entgegen.

Und dieser kampflustige Rodianer flog rasch auf sie zu, während die Verteidigungsphalanx der Jadeschwert durch Aufflackern der Kontrollleuchten und gellende Sirenen warnte.

»Jaina!«, schrie Leia.

»Er hat uns!«, fügte Mara hinzu.

Aber dann schoss das nähere Schiff, das von Backbord kam, direkt unter der Jadeschwert hindurch, und Jaina ließ das Shuttle mittels der Repulsoren nach oben schweben und versetzte damit den armen Headhunter in wildes Trudeln.

Das Schiff, das sich von Steuerbord aus näherte, schoss seine Rakete ab, aber sowohl das Geschoss als auch der Headhunter selbst rasten ebenfalls direkt unter der Jadeschwert hindurch.

Noch bevor die drei Frauen Atem holen konnten, war ein weiteres Schiff da, ein X-Flügler in der neuen XJ-Version der Sternjäger, mit blitzenden Lasergeschützen. Die Schüsse galten allerdings nicht der Jadeschwert, sondern dem Headhunter, der gerade unter ihr durchgeflogen war.

»Wer ist das?«, fragte Leia, und Jaina, ebenso neugierig, riss die Jadeschwert herum.

Der Headhunter kippte nach links und ging in den Sturzflug, aber der überlegene X-Flügler blieb hinter ihm und erzielte Treffer um Treffer, die die Schilde des gegnerischen Sternjägers schwächten und das Schiff schließlich in eine Million Stücke zerbersten ließen.

»Ein Jedi«, sagten Mara und Jaina gleichzeitig, und Leia konnte ihnen, als sie innehielt, um die Veränderungen der Macht rings um sie her zu spüren, nur beistimmen.

»Jetzt schnell zur Schlichter«, wies Leia ihre Tochter an, und Jaina zog die Jadeschwert noch einmal in eine Kurve.

»Ich wusste nicht, dass in diesem Sektor Jedi unterwegs sind«, sagte Leia zu Mara, die ebenfalls nur ratlos die Achseln zucken konnte.

»Er hat noch einen erledigt«, informierte Jaina sie nach einem Blick auf die Lichtpunkte auf dem Sensorschirm. »Und zwei andere sind auf der Flucht.«

»Sie wollen sich lieber nicht mit einem Jedi anlegen, der bereit ist zurückzuschießen«, meinte Mara.

»Vielleicht sind Rodianer klüger, als ich dachte«, sagte Leia trocken. »Gleiche bitte die Schwerkraft wieder aus«, wies sie ihre Tochter an, schnallte den Gurt ab und kam unsicher auf die Beine.

Widerstrebend stellte Jaina den Trägheitskompensator wieder auf volle Leistung.

»Nur noch einer folgt uns«, informierte Jaina sie, als Leia schon auf dem Weg zur Tür war.

»Der X-Flügler«, fügte Mara hinzu, und Leia nickte.

Draußen im Flur vor der Brücke stand C-3PO an der Wand auf dem Kopf, die Füße hoch in die Luft gestreckt, den Kopf nach vorn gebogen, sodass sein Kinn fest gegen die Brust gepresst war.

»Du musst lernen, dich festzuhalten«, sagte Leia zu ihm und half ihm auf die Beine. Dann warf sie einen Blick zu Bolpuhr, und es sah ganz so aus, als stünde der Noghri noch am selben Platz wie zuvor.

Irgendwie erstaunte sie das nicht.

Jaina brachte die Jadeschwert rasch näher an die Schlichter heran. Sie überprüfte die Umgebung auf weitere Verfolger, aber es wurde schnell deutlich, dass die Rodianer in ihren überalterten Headhuntern keine Lust mehr hatten.

Als Leia die Brücke wieder betrat, war Jaina immer noch vollkommen Herrin der Lage, und Mara hatte die Augen geschlossen und sich zurückgelehnt. Selbst als Jaina ihre Tante nach den Andockverfahren fragte, antwortete Mara nicht, öffnete nicht einmal die Augen.

»Sie werden dich leiten«, warf Leia ein, und tatsächlich erklang bereits über das wieder geöffnete Komm eine Stimme von der Schlichter und gab genaue Anweisungen für den Eintrittsvektor.

Mit dieser Hilfe brachte Jaina das Schiff rasch in die gewünschte Position – und nachdem sie zuvor gezeigt hatte, wie gut sie fliegen konnte, war Leia kein bisschen überrascht, dass es ihrer Tochter nun auch gelang, mit der Fähre glatt anzudocken.

Das letzte Vibrieren, als Jaina die Repulsoren ausschaltete und das Shuttle sich auf den Boden des Docks senkte, riss Mara aus ihrer Reglosigkeit. Sie öffnete die Augen, und als sie sah, wo sie sich befanden, erhob sie sich rasch.

Und dann schwankte sie, und einen Augenblick lang sah es so aus, als würde sie hinfallen.

Leia und Jaina waren sofort da, um sie zu stützen.

Sie gewann ihr Gleichgewicht wieder und holte tief Luft. »Vielleicht solltest du das nächste Mal den Trägheitskompensator nur auf siebenundneunzig und nicht auf fünfundneunzig stellen«, scherzte sie mit einem etwas gezwungenen Lächeln.

Jaina lachte, aber auf Leias Gesicht spiegelte sich tiefe Sorge. »Alles in Ordnung?«, fragte sie.

Mara sah sie direkt an.

»Vielleicht sollten wir einen Platz finden, an dem du dich ein wenig ausruhen kannst«, sagte Leia.

»Einen Platz, an dem wir uns alle ein wenig ausruhen können«, verbesserte Mara sie, und ihr Tonfall signalisierte Leia, sich zurückzuhalten, erinnerte sie daran, dass sie hier in privates Territorium eingedrungen war, ein Territorium, das zu betreten Mara ihren Freunden und selbst ihrem Mann verboten hatte. Die Krankheit war für Mara allein ihr Kampf, eine Schlacht, die sie gezwungen hatte, ihr gesamtes Leben und ihre Überzeugungen noch einmal zu überdenken: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und sogar alles, was sie über den Tod gedacht hatte.

Leia starrte einen Augenblick lang zurück, dann wich die Sorge der Resignation. Mara wollte nicht gehätschelt werden. Sie war entschlossen, auf eine Art weiterzuleben, die ihre Krankheit nicht zur dringendsten und wichtigsten Tatsache ihres Lebens machte; sie wollte so weiterleben wie zuvor und die Krankheit nur als eine lästige Angelegenheit betrachten.

Selbstverständlich wusste Leia, dass es viel mehr war als dieses innere Brennen, das verlangte, dass Mara Stunden ihrer Zeit und unglaubliche Machtenergie darauf verwendete, diese Bedrohung in Schach zu halten. Aber das ging nur Mara etwas an.

»Ich hoffe, morgen schon mit Nom Anor sprechen zu können«, erklärte Leia, als die drei Frauen, gefolgt von C-3PO und Bolpuhr, sich auf den Weg zur unteren Luke machten und dann hinunter in die Landebucht gingen. Ein Kontingent der Ehrengarde der Neuen Republik wartete dort bereits, zusammen mit Commander Ackdool, einem Mon Calamari mit großen, forschenden Augen, einem fischähnlichen Gesicht und lachsfarbener Haut. »Und nach allem, was ich gehört habe, sollten wir gut ausgeruht sein, bevor wir es mit ihm aufnehmen.«

»Darauf kannst du wetten«, sagte Mara.

»Zunächst werden wir allerdings erst einmal unseren Retter kennen lernen«, fügte Leia trocken hinzu und warf einen Blick nach hinten, wo der X-Flügler hinter der Jadeschwert landete.

»Wurth Skidder«, stellte Jaina fest, die die Markierungen unter der Kuppel des Sternjägers erkannte.

»Warum überrascht mich das nicht?«, fragte Leia seufzend.

Ackdool kam in diesem Augenblick zu ihrer Begrüßung, aber Leias Reaktion ließ ihn ein wenig zurückweichen und bewirkte, dass mehr als nur ein Angehöriger der Ehrengarde der Schlichter erstaunt die Brauen hochzog.

»Warum haben Sie ihn rausgeschickt?«, fauchte Leia und zeigte auf den landenden X-Flügler.

Commander Ackdool setzte zu einer Antwort an, aber Leia fuhr fort: »Wenn wir Hilfe gebraucht hätten, hätten wir darum gebeten.«

»Selbstverständlich, Prinzessin Leia«, sagte Commander Ackdool und verbeugte sich höflich.

»Warum haben Sie ihn dann rausgeschickt?«

»Wie kommen Sie darauf, dass Wurth Skidder auf meinen Befehl losgeflogen ist?«, erwiderte Commander Ackdool kühl. »Was bringt Sie auf die Idee, dass Wurth Skidder auch nur einen einzigen meiner Befehle befolgt?«

»Draußen über Osarian schweben ein paar Stachelkopf-Fallschirme, falls diese Rodianer Glück hatten«, erklang die Stimme von Wurth Skidder. Der dreiste junge Mann näherte sich rasch, zog den Helm ab und fuhr sich im Gehen mit der Hand durch das dichte blonde Haar.

Leia trat ihm in den Weg und ging einen weiteren Schritt vorwärts, aus keinem anderen Grund, als um den Jedi zu zwingen, abrupt stehen zu bleiben.

»Wurth Skidder«, sagte sie.

»Prinzessin«, erwiderte der Mann mit einer Verbeugung.

»Hatten Sie da draußen ein bisschen Spaß?«

»Mehr als nur ein bisschen«, sagte der Jedi mit breitem Grinsen und leisem Schniefen – er schien immer zu schniefen, und sein Haar sah immer aus, als käme er geradewegs aus einem Sandsturm auf Tatooine. »Ich meine, ich hatte Spaß, nicht die Rodianer.«

»Und die Kosten dieses Spaßes?«, fragte Leia.

Das wischte das Lächeln von Wurth Skidders Gesicht, und er sah Leia neugierig an, weil er ihre Worte offenbar nicht verstand.

»Der Preis«, erklärte Leia. »Was hat Ihr kleiner Ausflug gekostet?«

»Ein paar Protonentorpedos«, erwiderte Wurth schulterzuckend. »Und ein bisschen Treibstoff.«

»Und ein Jahr diplomatischer Missionen, um die Osarianer zu beruhigen«, erwiderte Leia.

»Aber sie haben zuerst geschossen«, protestierte Wurth.

»Verstehen Sie auch nur im Geringsten, dass Ihre Dummheit eine ohnehin schon unmögliche Situation noch schlimmer gemacht hat?« Die Anwesenden hatten selten erlebt, dass Leia mit so kalter, fester Stimme sprach. Der stets überbesorgte Bolpuhr befürchtete Ärger, glitt näher heran und blieb direkt hinter ihrer linken Schulter, von wo aus er den Jedi in Reichweite haben würde.

»Sie haben Sie angegriffen«, erwiderte Wurth Skidder. »Zu sechst!«

»Sie haben versucht, uns zur Landung auf Osarian zu zwingen«, erklärte Leia barsch. »Eine nicht allzu unerwartete Reaktion, wenn man bedenkt, was ich vorhabe. Daher wollten wir ihnen aus dem Weg gehen. Aus dem Weg gehen! Verstehen Sie diesen Begriff?«

Wurth Skidder sagte nichts.

»Ihnen aus dem Weg gehen und dadurch keine weiteren Probleme und keine weitere Feindseligkeit schaffen«, fuhr Leia fort. »Und das wäre uns auch gelungen, und dann hätten wir von Shunta Osarian Dharrg keine Erklärung verlangt, und wir hätten alle so getan, als wäre nichts geschehen.«

»Aber …«

»Und die Tatsache, dass wir so großzügig gewesen wären, diesen unglücklichen Vorfall nicht zu erwähnen, hätte uns das Kapital gebracht, das ich brauche, um eine gewisse Nachgiebigkeit Osarians gegen Rhommamool zu erreichen«, fuhr Leia fort, und ihr Zorn wuchs mit jedem Wort. »Aber jetzt geht das nicht mehr, nicht wahr? Nun habe ich es mit einem eindeutigen Zwischenfall zu tun, weil Wurth Skidder einen weiteren Schädel auf die Seite seines X-Flüglers malen wollte.«

»Sie haben als Erste geschossen«, wiederholte Wurth Skidder, als deutlich wurde, dass Leia fertig war.

»Es wäre besser, wenn sie auch als Letzte geschossen hätten«, erwiderte Leia. »Und falls Shunta Osarian Dharrg Wiedergutmachung verlangt, werden wir mit allen erforderlichen Entschuldigungen zustimmen, und sämtliche Zahlungen werden aus Wurth Skidders Privatkasse kommen.«

Der Jedi straffte sich bei diesem Vorschlag ein wenig, aber Leia versetzte ihm einen plötzlichen und vernichtenden letzten Schlag. »Mein Bruder wird sich persönlich darum kümmern.«

Wurth Skidder verbeugte sich abermals, warf erst Leia, dann allen anderen einen wütenden Blick zu, drehte sich auf dem Absatz herum und stakste rasch davon.

»Ich bitte um Verzeihung, Prinzessin Leia«, sagte Ackdool. »Aber ich habe keine wirkliche Autorität über Jedi Skidder. Als er vor zwei Wochen hier eintraf, hielt ich ihn für einen Segen. Seine Jedifähigkeiten sollten bei möglichen terroristischen Anschlägen – und darüber gab es tatsächlich Gerüchte – gegen die Schlichter nützlich sein.«

»Und wir befinden uns immerhin innerhalb der Reichweite von Bodenraketen«, fügte C-3PO hinzu, aber dann hielt er inne, weil er diesmal die vielen missbilligenden Blicke bemerkte, die auf ihn gerichtet wurden.

»Ich wusste nicht, dass sich Jedi Skidder als so …« Ackdool hielt inne und suchte nach dem richtigen Wort, »schwierig erweisen würde.«

»Sie meinen wohl störrisch«, sagte Leia. Als sie sich alle auf den Weg machten, gelang ihr allerdings ein dünnes Lächeln, als sie hörte, wie Mara hinter ihr zu Jaina sagte: »Vielleicht hat Nom Anor ja nun seinen Gegner gefunden.«

C-9PO, ein Protokolldroide, dessen Kupferton von dem stets wehenden Staub auf Rhommamool ein wenig intensiver war als üblich, stakste eine schmale Seitenstraße der Hauptstraße von Redhaven entlang und spähte vorsichtig zu dem Tumult, den er vor sich entdeckt hatte. Die fanatischen Anhänger von Nom Anor, die Roten Ritter des Lebens, waren wieder unterwegs, die meisten von ihnen auf Tutakans, achtbeinigen Eidechsen mit riesigen Stoßzähnen, die sich bis über ihre schwarzen Augen bogen und kringelten wie weiße Augenbrauen. Offenbar war es diesmal das Ziel der religiösen Eiferer, die Stadt von Landgleitern zu reinigen.

»Reitet die Tiere, die das Leben uns gibt!«, schrie ein Roter Ritter einem bedauernswerten dresselianischen Kaufmann zu, als er ihn aus dem Cockpit zog und zu Boden stieß.

»Perversion!«, schrien diverse andere Rote Ritter im Chor. »Lebensfälscher!« Und dann stürzten sie sich mit ihren Eisenstäben auf den Landgleiter, schlugen die Windschutzscheibe ein, verbeulten die Karosserie, droschen auf das Lenkrad und andere Kontrollen ein und rissen sogar einen der zylindrischen Motoren aus der Halterung.

Zufrieden damit, das Fahrzeug irreparabel beschädigt zu haben, zogen sie den Dresselianer auf die Beine, schubsten ihn hin und her und wiesen ihn an, in Zukunft Tiere und keine Maschinen zu benutzen, oder besser noch, sich mit Hilfe seiner Beine zu bewegen, die die Natur ihm gegeben hatte. Dann schlugen sie ihn abermals zu Boden und zogen weiter, einige auf den Rücken der Tutakans, andere zu Fuß.

Der Landgleiter hing weiterhin in der Luft, obwohl nur noch ein paar Repulsoren funktionierten. Er sah eher wie ein verbeulter Metallbrocken und nicht mehr wie ein Fahrzeug aus, und er kippte wegen der ungleichmäßigen Gewichtsverteilung und der geschwächten Hubkapazität zur Seite.

»O je, o je«, sagte der Protokolldroide und duckte sich, als die Truppe vorüberstürmte.

Metall schepperte gegen den Metallkopf des Droiden. C-9PO drehte sich langsam um und sah die viel sagenden schwarzen Umhänge und die rot gefärbten Häute.

Mit einem Kreischen richtete sich der Droide auf und versuchte zu fliehen, aber eine Eisenstange traf ihn seitlich am Bein, und er fiel mit dem Gesicht in den roten Staub. Er hob den Kopf, aber als er sich auf die Arme stützte, lieferte er den beiden Roten Rittern nur eine bessere Möglichkeit, ihn im Vorbeigehen zu packen, jeweils unter einer Schulter zu greifen und mitzuschleppen.

»Ich habe einen 9PO erwischt«, rief einer der beiden seinen Eidechsen reitenden Kumpanen zu, und alle brachen in Jubel aus.

Der zum Untergang verurteilte Droide wusste, wohin es ging: zum Platz der Hoffnungsvollen Erlösung.

C-9PO war froh, dass er nicht darauf programmiert war, Schmerz zu empfinden.

»Es war einfach dumm«, erklärte Leia entschlossen.

»Wurth dachte, er würde uns helfen«, erinnerte Jaina sie, aber Leia ging nicht darauf ein.

»Wurth hat nur versucht, sich ein wenig Aufregung zu verschaffen«, verbesserte sie.

»Und diese Draufgängerhaltung wird Nom Anors Hetzreden gegen die Jedi nur mehr Glaubwürdigkeit geben«, erklärte Mara. »Er hat auch auf Osarian Anhänger.« Mit dem Kinn wies sie auf die Flugblätter und Broschüren, die auf dem Tisch lagen. Commander Ackdool hatte sie ihnen beschafft: bunte Propaganda gegen die Neue Republik, gegen die Jedi und gegen alles Mechanische und Technologische. In diesen Schriften wurde versucht, all diese angeblichen Übel mit der kulturellen Abscheulichkeit in Verbindung zu bringen, die die Gesellschaft des Planeten Osarian Nom Anor zufolge darstellte.

»Warum hasst Nom Anor die Jedi?«, wollte Jaina wissen. »Was haben wir mit den Auseinandersetzungen zwischen Osarian und Rhommamool zu tun? Bevor du erwähnt hast, dass wir hierher fliegen, hatte ich noch nie von diesen Planeten gehört.«

»Die Jedi haben mit diesem Kampf nichts zu tun«, erklärte Leia. »Oder zumindest hatten sie es nicht, bis Wurth Skidder sich einmischte.«

»Nom Anor hasst die Neue Republik«, fügte Mara hinzu. »Und er hasst die Jedi als Symbole der Neuen Republik.«

»Gibt es auch etwas, das Nom Anor nicht hasst?«, fragte Leia trocken.

»Unterschätze ihn nicht«, warnte Mara abermals. »Sein religiöser Aufruf, Technologie und Maschinen abzuschaffen, in den natürlichen Dingen und dem Leben des Universums nach Wahrheit zu suchen und dem Bündnis zwischen Planeten in falschen Konföderationen zu widerstehen, hat viele angesprochen, besonders jene, die Opfer solcher planetarischer Allianzen geworden sind, wie die Bergarbeiter von Rhommamool.«

Dagegen wandte Leia nichts ein. Sie hatte vor und während der Reise hierher viele Stunden damit verbracht, sich über die Geschichte der beiden Planeten zu informieren, und sie wusste, dass die Situation auf Rhommamool viel komplizierter war. Viele der Bergleute hatten den ungastlichen roten Planeten freiwillig aufgesucht, aber es gab auch einige, die Abkömmlinge der ursprünglichen »Kolonisten« waren – unfreiwillige Einwanderer, die wegen der schweren Verbrechen, die sie begangen hatten, zur Arbeit in die Minen geschickt worden waren.

Was immer die Wahrheit sein mochte, Leia konnte nicht abstreiten, dass Rhommamool eine perfekte Brutstätte für Eiferer wie Nom Anor war. Das Leben dort war schwer – selbst grundlegende Dinge wie Wasser waren kaum zu bekommen –, während die wohlhabenden Osarianer bequem an weißen Sandstränden und kristallklaren Seen lebten.

»Ich verstehe immer noch nicht, was das mit den Jedi zu tun hat«, meinte Jaina.

»Nom Anor hat gegen die Jedi gehetzt, lange bevor er nach Rhommamool kam«, erklärte Mara. »Hier hat er nur die passende Bühne für seinen Zorn gefunden.«

»Und nachdem die Jedi-Ritter über die ganze Galaxis verteilt sind und so viele davon ihren eigenen Interessen nachgehen, ist es durchaus möglich, dass Nom Anor mehr Munition gegen sie findet«, fügte Leia grimmig hinzu. »Ich bin froh, dass mein Bruder daran denkt, den Jedirat wieder ins Leben zu rufen.«

Mara nickte, aber Jaina schien weniger überzeugt. »Jacen hält es nicht für eine sonderlich gute Idee«, erinnerte sie ihre Mutter.

Leia zuckte die Achseln. Ihr ältester Sohn, Jainas Zwillingsbruder, hatte tatsächlich schweren Zweifeln am Kurs der Jedi-Ritter Ausdruck verliehen.

»Wenn wir keine Ordnung in der Galaxis schaffen können, besonders auf isolierten Planeten wie Osarian und Rhommamool, sind wir nicht besser als das Imperium«, meinte Mara.

»Wir sind besser als das Imperium«, beharrte Leia.

»Nicht in den Augen der Rhommamoolianer«, sagte Jaina.

Und Mara wiederholte noch einmal ihre Warnung an Leia, Nom Anor nicht zu unterschätzen. »Er ist das seltsamste Geschöpf, dem ich je begegnet bin«, erklärte sie, und wenn man bedachte, dass sie zuvor mit berüchtigten Gestalten wie Jabba dem Hutt und Talon Karrde zu tun gehabt hatte, verlieh das ihrer Aussage noch mehr Wert. »Selbst als ich versuchte, die Macht zu benutzen, um eine bessere Vorstellung von ihm zu bekommen …«, Mara hielt inne, als suchte sie nach einer Möglichkeit, ihre Empfindung angemessen auszudrücken, »… kam nur Leere dabei heraus«, meinte sie schließlich. »Als hätte die Macht nichts mit ihm zu tun.«

Leia und Jaina sahen sie neugierig an.

»Nein«, berichtigte sich Mara. »Mehr, als hätte er nichts mit der Macht zu tun.«

Der vollkommene, von allem abgeschnittene Ideologe, dachte Leia und hatte nur einen einzigen sarkastischen Kommentar dazu: »Na wunderbar.«

Er stand auf dem Podium, umgeben von seinen fanatischen Roten Rittern. Vor ihm drängten sich zehntausend Rhommamoolianer auf dem großen öffentlichen Platz von Redhaven, einstmals dem wichtigsten Raumhafen des Planeten. Die Hafenanlagen waren allerdings schon in den frühen Tagen des Aufstands niedergerissen worden, bei dem die Rhommamoolianer ihre Unabhängigkeit von Osarian erklärt hatten. Und vor kurzem, seit Nom Anor zur Speerspitze der Revolution geworden war, hatte man den Platz in Platz der Hoffnungsvollen Erlösung umbenannt.

Hierher kamen die Bürger, um ihre Freiheit von Osarian zu erklären.

Hierher kamen die Anhänger, um die Neue Republik zu verhöhnen.

Hierher kamen die Gläubigen, um den Jedi abzuschwören.

Und hierher kamen die Fanatiker, um Fortschritt und Technologie abzulehnen, nach einfacheren Zeiten zu rufen, in denen die Kraft der Beine eines Geschöpfs und nicht das Gewicht seines Geldbeutels entschieden, wie weit man reisen konnte, und die Kraft der Hände und nicht das Gewicht des Geldbeutels gestattete, die Gaben der Natur zu ernten.

Nom Anor liebte die Schmeicheleien und die fanatische, beinahe selbstmörderische Ergebenheit. Rhommamool und seine Bewohner waren ihm vollkommen gleichgültig, ebenso wie die dummen Rufe nach diesen lächerlichen »einfacheren Zeiten«.

Aber er liebte das Chaos, das seine Worte und seine Anhänger angerichtet hatten. Er liebte die wachsende Ablehnung der Neuen Republik und den auf kleiner Flamme kochenden Zorn gegen die Jedi-Ritter, diese Supergeschöpfe der Galaxis.

Seine Auftraggeber würden entzückt sein.

Nom Anor warf den schimmernden schwarzen Umhang von der Schulter zurück, stieß die Faust in die Luft und rief damit begeisterten Jubel hervor. Inmitten des Platzes, wo einmal der Pavillon des Hafenmeisters gestanden hatte, befand sich nun eine riesige Grube mit dreißig Metern Durchmesser und zehn Metern Tiefe. Pfiffe und Winseln drangen aus dieser Grube, zusammen mit Rufen nach Gnade und jämmerlich höflichen Protestworten – die Stimmen von Droiden, die die Bürger von Rhommamool gesammelt und in diese Grube geworfen hatten.

Jubel brach an allen Ecken des Platzes aus, als zwei Rote Ritter sich über die Hauptstraße näherten, die einen 9PO-Protokolldroiden mit sich zerrten. Sie gingen zum Rand der Grube, packten den armen 9PO bei Armen und Beinen, zählten bis drei und warfen ihn auf den Stapel aus Metall, der aus den Astromech- und Minenschnüfflerdroiden bestand, den Straßenreinigerdroiden von Redhaven und den persönlichen Butlerdroiden der wohlhabenderen rhommamoolischen Bürger.

Als der Jubel und das Grollen langsam erstarben, öffnete Nom Anor die Hände und zeigte seinen Anhängern einen einzelnen kleinen Stein. Dann ballte er die Faust wieder, drückte mit gewaltiger Kraft zu und zerquetschte den Stein in seinem Griff, sodass Staub und kleine Bröckchen zwischen seinen Fingern durchrieselten.

Das Signal zu beginnen.

Wie ein einziges Wesen drängte die Menschenmenge vorwärts, hob große Steinbrocken vom Boden, den Schutt des niedergerissenen Pavillons. Sie kamen, einer nach dem anderen, zum Rand der Grube und warfen ihre schweren Geschosse auf den Stapel von Droiden.

Die Steinigung ging den Rest des Tages weiter, bis das rote Glühen der Sonne zu einer leuchtenden karminroten Linie entlang des Horizonts geworden war, bis Dutzende und Aberdutzende von Droiden nicht mehr mehr waren als Schrott und Funken sprühende Drähte.

Und Nom Anor, schweigend und würdevoll, beobachtete alles feierlich und nahm diesen großartigen Tribut entgegen, den seine Anhänger ihm zollten, diese öffentliche Hinrichtung der verhassten Droiden.

2

Die Augen der Galaxis

Danni Quee blickte vom westlichen Terra-Tower von ExGal-4, dem einsamen Außenposten auf Belkadan im dalonbianischen Sektor. Danni kam um diese Tageszeit – am späten Nachmittag – oft hierher, um zu sehen, wie das Licht des belkadanischen Sonnenuntergangs durch die dreißig Meter hohen Dallora-Bäume fiel. In der letzten Zeit waren diese Sonnenuntergänge aus irgendeinem Grund spektakulärer gewesen; viele orangefarbene und grüne Töne säumten das typische Rosa und Rot.

Danni war jetzt seit drei Jahren auf Belkadan, als Mitglied von ExGal-4; drei Jahre davor, im Alter von fünfzehn, war sie der stets am Rande des Bankrotts wirtschaftenden ExGal-Gesellschaft beigetreten. Ihr Heimatplanet, eine Kernwelt, war gewaltig überbevölkert, und für die unabhängige Danni hatten selbst Reisen zu anderen, nahe gelegenen Welten nicht genügt, ihr das Gefühl zu nehmen, zwischen zu vielen Menschen eingezwängt zu sein. Sie konnte sich für keine Regierung begeistern, ob sie nun dem Imperium oder der Neuen Republik diente; sie hatte es nicht mit Bürokraten. Tatsächlich hielt sie die »Ordnung« des Universums für etwas Schreckliches, das die Bevölkerung der Aufregung und Abenteuer beraubte und Kulturen unter der Decke der gemeinsamen Zivilisation begrub. Daher begeisterte der Gedanke, dass es noch etwas anderes, jenseits dieser Galaxis geben musste, der Gedanke an etwas Unentdecktes, die junge Frau.

Zumindest war es einmal so gewesen.

Als sie nun da stand und auf die immer gleichen, hoch aufragenden Bäume und grünen Wipfel hinausstarrte, fragte sich Danni wieder einmal, ob sie den richtigen Weg eingeschlagen hatte. Mit einundzwanzig war sie eines der jüngsten Mitglieder der aus fünfzehn Personen bestehenden Gruppe von ExGal-4 und eine von nur vier Frauen. Sie war zu einer sehr attraktiven jungen Frau herangewachsen, zierlich, mit langem, lockigem blondem Haar und grünen Augen, die allen, die sie ansah, Fragen zu stellen schienen, und in letzter Zeit kam es ihr so vor, als verbrächte sie mehr Zeit damit, den Annäherungsversuchen junger Männer zu widerstehen, als damit, zum galaktischen Rand hinauszustarren.

In Wahrheit konnte es Danni den jungen Männern allerdings nicht übel nehmen. Sie waren alle voller Hoffnung und Abenteuerlust hierher gekommen, Pioniere am Rand der Galaxis. Innerhalb von kurzer Zeit hatten sie eine Basis gebaut, eine ummauerte Festung gegen die wilden Geschöpfe Belkadans, sowie ihre Lausch- und Sichtgeräte, große Schüsseln und Teleskope installiert. Dieses erste Jahr war von Träumen und schwerer Arbeit und Gefahren erfüllt gewesen – zwei ursprüngliche Mitglieder waren schwer verwundet worden, als ein Rotkammpuma von einem nahe gelegenen Baum über die Mauer gesprungen war.

Und so hatten sie die Arbeit fortgesetzt, die Bäume auf einem dreißig Meter breiten Streifen vor der Mauer gerodet und den Außenposten weiter gesichert.

All diese Arbeit war nun getan, ExGal-4 eine sichere und selbstständige Basis mit einer plätschernden Süßwasserquelle und vielen Gärten. Ein problemlos funktionierender wissenschaftlicher Außenposten.

Danni fehlten die alten Zeiten.

Selbst die Gesichter der anderen waren schal geworden, obwohl die Hälfte der Mitglieder keine Kolonisten der ersten Stunde mehr waren, sondern von anderen ExGal-Satellitenstationen oder von der unabhängigen Heimatbasis der ExGal-Gesellschaft hierher versetzt worden waren.

Der untere Rand der Sonne sackte hinter den weit entfernten Horizont, und die Orange- und Grünfärbungen breiteten sich weit von Norden nach Süden aus. Irgendwo im Dschungel stieß ein Rotkammpuma ein lang gezogenes, tiefes Knurren aus und begrüßte damit das Hereinbrechen des Zwielichts.

Danni nahm all das in sich auf und versuchte zu träumen, aber angesichts der Realität ihrer Langeweile, des endlosen Lauschens auf Signale, die nie kamen, des endlosen Starrens in denselben intergalaktischen Dunst, war sie nicht so recht sicher, wovon sie eigentlich träumen sollte.

Aus einem der Fenster des Hauptgebäudes der Station beobachtete Yomin Carr die Bewegung der jungen Frau. Er war neu auf der Station, der neueste Zugang der Mannschaft, und hatte nicht lange gebraucht, um zu begreifen, dass die anderen zu Danni Quee aufblickten und die meisten Männer sich offenbar zu ihr hingezogen fühlten.

Das konnte Yomin Carr überhaupt nicht verstehen. Er fand Danni ebenso wie alle anderen Menschen ziemlich abstoßend, denn obwohl Yomin Carrs Volk, die Yuuzhan Vong, ihrer Gestalt nach menschenähnlich waren – wenn auch im Durchschnitt ein Dutzend Zentimeter größer und erheblich schwerer und haarloser an Kopf und Gesicht –, waren sie in ihrer Art ausgesprochen unterschiedlich. Selbst wenn Yomin Carr hätte zugeben müssen, dass Danni körperlich in gewissem Maß attraktiv war – was sie ja wohl kaum sein konnte, ohne eine einzige Narbe oder Tätowierung zum Zeichen ihrer Erhebung zur Göttlichkeit! –, hätten diese kulturellen Unterschiede bewirkt, dass er den Gedanken an eine Vereinigung mit ihr angewidert von sich gewiesen hätte. Er war ein Yuuzhan Vong, kein Mensch, und obendrein ein Yuuzhan-Vong-Krieger. Es war eine Ironie, dass diese jämmerlichen Menschen ihn für einen der ihren hielten!

Trotz seines Abgestoßenseins beobachtete er Danni häufig, denn sie war so etwas wie die Anführerin dieser demokratischen Gruppe. Wenn man den anderen glauben wollte, war sie diejenige gewesen, die den Puma getötet hatte, der im ersten Jahr ins Lager eingedrungen war; sie war diejenige gewesen, die das klapprige alte Spacecaster-Shuttle in die Laufbahn gebracht hatte, um das dort befindliche Teleskop zu reparieren, nachdem es ihr gelungen war, überhaupt erst herauszufinden, wie man es reparieren konnte.

Alle blickten zu ihr auf.

Also konnte Yomin Carr sie nicht ignorieren.

»Wieder so früh?«, erklang hinter ihm eine Stimme.

Er wandte sich dem Sprecher zu, aber er hatte schon aus der Stimme, besonders dem spöttischen Tonfall, schließen können, dass es sich um Bensin Tomri handelte.

»Oder bist du noch von gestern Abend übrig geblieben?«, fuhr Tomri kichernd fort.

Yomin Carr lächelte, antwortete aber nicht – er wusste, er brauchte nicht zu antworten, denn diese Menschen verschwendeten häufig Worte, nur um den Klang ihrer eigenen Stimme hören zu können. Außerdem lag mehr Wahrheit in diesen Worten, als Bensin Tomri je hätte erraten können. Yomin Carr war nicht seit seiner Schicht am vorigen Abend hier gewesen, aber häufiger, als die anderen angenommen hätten. Die anderen auf der Station glaubten, es sei die übliche Begeisterung eines Neulings, dieses Gefühl, das sie alle geprägt hatte, nachdem sie hier eingetroffen waren, die Erwartung, dass dieses flüchtige extragalaktische Signal jederzeit eingehen konnte. Ihrer Ansicht nach hatte Yomin Carr diese Aufregung vielleicht ein wenig übertrieben, aber er vertraute darauf, nichts getan zu haben, das wirklich Misstrauen erregte.

»Es wird ihn schon bald genug langweilen«, sagte Garth Breise, ein anderer Kontrolleur auf Nachtschicht, der auf der höheren Ebene des großzügigen Raums saß, wo bequeme Stühle, der Spieltisch und das Essen zu finden waren. Der Raum war von elliptischer Form, mit einem großen Sichtschirm an der vorderen Wand, sieben Kontrollkapseln in einer Drei-eins-drei-Anordnung vor dieser und dem erhöhten Küchenbereich im hinteren Teil.

Yomin Carr zwang sich zu einem weiteren Lächeln über diese Bemerkung und ging dann zur Vorderseite des Raums, um seine übliche Position an Kapsel Drei einzunehmen, der linken in der ersten Reihe. Er hörte, wie Garth und Bensin im Flüsterton weitere Bemerkungen über ihn austauschten, aber er ignorierte sie und nahm den Angriff auf seinen Stolz – der normalerweise zu einem Duell bis zum Tod geführt hätte – in dem Wissen hin, dass sie es bald schon bereuen würden.

Als Nächstes kam Danni Quee herein und ging zu Kapsel Vier, der mittleren Kapsel, deren Sichtbereich die Quadranten überlappte, die die sechs anderen überwachten. Dann kam das letzte Mitglied der Nachtschicht, Tee-ubo Doole, die Twi’lek-Frau – von der die anderen glaubten, sie sei das einzige nichtmenschliche Gruppenmitglied unter den fünfzehn.

Tee-ubo warf Yomin Carr einen verstohlenen Blick zu – beinahe ein Zwinkern –, räkelte sich genüsslich und bewegte dabei ihre Lekku, die Tentakel, die aus dem Hinterkopf der Twi’leks wuchsen. Sie hatte aus ihrem Interesse für den Neuankömmling keinen Hehl gemacht, was Yomin Carr gewaltig amüsierte. Denn langsam gelang es ihm, diese Leute und ihre ständigen Unsicherheiten zu begreifen. Normalerweise hätte eine Twi’lek-Frau mit ihren exotischen Lekku, der grünlichen Haut und der typisch knappen Kleidung überall außerhalb ihres Heimatplaneten Ryloth im Mittelpunkt der männlichen Aufmerksamkeit gestanden – und Twi’lek-Frauen waren dafür bekannt, solche Aufmerksamkeit sehr zu genießen! –, aber Tee-ubo hatte in Danni eine würdige Gegnerin gefunden.

Immer noch mit dem Blick auf Yomin Carr hielt die Twi’lek-Frau eine kleine Phiole hoch und schüttelte sie.

Das war, so wusste Yomin Carr, Ryll, ein Genussgift, das mehrere hier benutzten, um die Langeweile erträglicher zu gestalten.

Er bemerkte auch, dass Danni bei diesem Anblick angewidert die Nase kraus zog und sogar ablehnend den Kopf schüttelte. Lange Zeit hatte Danni Tee-ubo gebeten, dieses Zeug nicht in die Nähe des Kontrollraums zu bringen, aber selbst die resolute Danni hatte schließlich aufgegeben – obwohl ihre Geste nun deutlich machte, dass sie nicht wollte, dass dieses Zeug direkt in den Bereich der Kapseln gebracht wurde.

Sowohl Bensin als auch Garth waren mehr als zufrieden über diese Bitte. Tee-ubo hatte nun nicht mehr viel Ryll übrig und war geizig damit geworden. Es waren noch mehrere Monate lang keine Frachtshuttles zu erwarten, und trotz der Anstrengungen der Twi’lek gab es keine Garantie, dass selbst dieses nächste Shuttle einen Vorrat der verbotenen Droge mitbringen würde.

Sie ließen sich an ihren üblichen Positionen nieder. Danni überprüfte rasch die Systeme von der Zentralkapsel aus und stellte den Zentralschirm so ein, dass er der Reihe nach die kleineren Erfassungsbereiche jeder einzelnen Kapsel zeigte. Dann gesellte sie sich zu den anderen, die mit dem Ryll fertig waren und alle im Küchenbereich miteinander lachten. Auf ihren Vorschlag hin begannen sie mit einer Runde Dejarik, einem Brettspiel, bei dem sich holographische Ungeheuer unterschiedlicher Kraft auf vorgegebenen Wegen über die Rechtecke des Spielbretts begaben und nach taktischen Vorteilen gegenüber ihren Gegnern suchten.

Auf seinem Posten stellte Yomin Carr, wie jeden Abend und an den meisten Tagen, an denen er unauffällig in der Nähe der Kapsel sein konnte, die Lautstärke niedrig, sodass er allein irgendwelche Signale hören könnte, und justierte seine Satellitenschüssel verstohlen auf den Sektor L-30; er wusste, dass der Eintrittsvektor hier liegen würde.

»Willst du spielen?«, rief Bensin Tomri eine Stunde später, und sein Tonfall machte Yomin Carr klar, dass es Tomri in dem strategischen Kampf nicht gut ergangen war.

Ein Teil von Yomin Carr wollte unbedingt hinaufgehen und sich ins Spiel stürzen, besonders um gegen Danni zu spielen, die eine gute Strategin war. Solche Wettbewerbe waren hilfreich; sie sorgten dafür, dass der Kriegergeist konzentriert blieb.

»Nein«, antwortete er, wie in den letzten Wochen an jedem Abend. »Ich habe zu tun.«

»Zu tun?«, schnaubte Bensin Tomri. »Man könnte glauben, dass die größte wissenschaftliche Entdeckung des letzten Jahrtausends jeden Augenblick vor deinen staunenden Augen stattfinden wird.«

»Wenn du hältst das für wahr, mit dem nächsten Shuttle solltest du nicht gehen?«, entgegnete Yomin Carr höflich und bemerkte an ihren neugierigen Blicken, dass er seine Satzstruktur wieder durcheinander gebracht hatte. Er durfte nicht vergessen, später mit seinem Tizowyrms weiter zu üben.

»Neuling«, murmelte Bensin sarkastisch.

»Er hat nicht Unrecht«, sagte Danni, und Bensin zuckte die Schultern und wandte sich vom Tisch ab.

»Bist du sicher?«, fragte Danni Yomin Carr.

»Es gefällt mir so«, erwiderte er zögernd, achtete sorgfältig auf jedes Wort und ließ sich dann auf dem Stuhl vor der Kapsel nieder.

Danni widersprach nicht; tatsächlich hatte Yomin Carr das Gefühl, als achtete sie seine Entschlossenheit und wünschte sich, dass ein paar der anderen seinem Beispiel folgten.

Und so ging es weiter, während sich die Nacht hinzog. Bensin Tomri schnarchte bald zufrieden vor sich hin, während Tee-ubo und Garth Breise über alles und nichts stritten und Danni weiter Dejarik spielte, aber gegen drei Computergegner.

Dann geschah es.

Yomin Carr bemerkte den winzigen Lichtfunken ganz am Rand des Sichtschirms der Kapsel aus dem Augenwinkel. Er erstarrte, sah genauer hin und stellte die Lautstärke ein winziges bisschen höher ein.

Dann war es wieder zu sehen, begleitet von dem rhythmischen Signal, das nur von einem Schiff kommen konnte.

Yomin Carr konnte kaum atmen. Nach all den Jahren der Vorbereitung …

Der Yuuzhan-Vong-Krieger schüttelte solch ablenkende Gedanken ab. Er wartete noch einen Augenblick länger, um die Position zu bestätigen, den vorher bestimmten Eintrittspunkt in die Galaxis, dann schaltete er seine Satellitenschüssel rasch auf Sektor Eins um. Das würde ihm ein paar Stunden Luft verschaffen. Er blickte zum Hauptschirm, auf dem sich das Bild von der Zentralkapsel wiederholte, und seufzte erleichtert, als er feststellte, dass der Zyklus Kapsel Drei bereits hinter sich gelassen hatte und zumindest eine Stunde nicht zu dieser Position zurückkehren würde – und selbst dann ginge die Überschneidung nur bis L-25, und das Signal würde diese Stelle zu dem betreffenden Zeitpunkt längst hinter sich gelassen haben.

Nachdem er den Winkel der Schüssel verändert hatte, stellte Yomin Carr die Lautstärke wieder auf normal, dann stand er auf, streckte sich und erregte damit Dannis Aufmerksamkeit.

»Gehen muss …«, begann er und bemerkte dann, dass er die Satzstruktur wieder durcheinander brachte. »Ich muss ein paar Schritte gehen«, verbesserte er sich.

Die Frau nickte. »Es ist ohnehin ruhig«, erwiderte sie. »Du kannst den Rest deiner Schicht freinehmen, wenn du willst.«

»Nein«, antwortete er. »Ich muss mich nur ein wenig räk… räk … strecken.«

Danni nickte und kehrte ans Spielbrett zurück, und Yomin Carr verließ den Raum. Sobald die Tür des Kontrollraums sich hinter ihm geschlossen hatte, zog er seine Stiefel aus und rannte los.

Nachdem er in sein Zimmer zurückgekehrt war, nahm er sich eine Weile Zeit, um wieder zu Atem zu kommen. Es wäre nicht gut, wenn der Exekutor ihm seine Aufregung ansehen würde.

Und selbstverständlich wäre es auch nicht angemessen, sich in dieser schrecklichen menschlichen Verkleidung blicken zu lassen, erinnerte er sich. Nicht nur, dass Menschen normalerweise ihre Haut nicht angemessen bemalten oder irgendwelche Teile ihres Körpers verstümmelten, um ihre Hingabe zu demonstrieren – unter Menschenaugen bildeten sich auch nicht annähernd so attraktive bläuliche Säcke wie unter Yuuzhan-Vong-Augen, und die menschliche Stirn war flach, nicht hinreißend gebogen wie die der Yuuzhan Vong. Nein, selbst nach all diesen Monaten als Vorhutagent der Praetorite Vong konnte Yomin Carr den Anblick dieser Ungläubigen kaum ertragen.

Er zog sich aus und ging zu dem deckenhohen Spiegel. Er sah sich gerne bei dem zu, was er jetzt vorhatte, und benutzte die visuelle Stimulation, um das Gefühl wunderbarer Qual zu verstärken.

Er hob die Hand bis an die Nase und nestelte an dem verborgenen Saum neben seinem linken Nasenloch, dem Kontaktpunkt der Ooglith-Maske. Das empfindsame und gut trainierte Geschöpf reagierte sofort.

Yomin Carr biss die Zähne zusammen und strengte sich an, sein Zittern zu beherrschen, als Tausende winziger Tentakel sich aus seinen Poren losrissen, die Ooglith-Maske sich über seine Nase zurückrollte und über seinen Wangen teilte. Der Riss wurde über dem Kinn, dem Hals und der Vorderseite des Oberkörpers breiter, die falsche Haut schälte sich ab und rollte nach unten, bis er einfach heraustreten konnte.

Die Ooglith-Maske rutschte über den Boden auf den dunklen Schrank zu und machte bei diesen Bewegungen schlürfende, saugende Geräusche. Yomin Carr selbst stand noch am Spiegel und betrachtete bewundernd seine wahre Gestalt, seine festen, starken Muskeln, sein Tätowierungsmuster, das beinahe vollständig war – ein Zeichen hohen Rangs in der Kriegerklasse –, und vor allem seine beabsichtigten Modifikationen, die häufig gebrochene Nase, den vergrößerten Riss in seiner Lippe, das gespaltene Augenlid. Und nun, nachdem er wieder seine schmückenden Verstümmelungen und Tätowierungen zeigte, war er bereit, den Exekutor wegen dieser höchst wichtigen Angelegenheit anzusprechen.

Er ging zur Seite des Zimmers, zu seinem Spind, und er zitterte dabei so heftig, dass er kaum die Kombination eingeben konnte. Endlich gelang es ihm, die Tür zu öffnen; die Plattform drinnen hob sich und zeigte ein braunes Tuch über ein paar ballähnlichen Klumpen.

Sanft nahm Yomin das Tuch weg und betrachtete die Klumpen, seine Villips. Beinahe hätte er sich dem zur Linken zugewandt, der mit Präfekt Da’Gara verbunden war, aber er kannte das Protokoll und hätte es nicht gewagt, dagegen zu verstoßen.

Also berührte er leicht die ein wenig unebene Oberfläche, bis die einzige Unterbrechung des Membrangewebes, ein Loch, das an eine Augenhöhle erinnerte, zuckend zum Leben erwachte.

Yomin Carr streichelte das Geschöpf weiter, um den Villip zu wecken, der über eine gewaltige Entfernung quer durch die halbe Galaxis mit diesem verbunden war. Er spürte den Sog dieses Geschöpfes einen Augenblick später und wusste, dieses Gefühl bedeutete, dass der Exekutor seinen Ruf vernommen hatte und seinen eigenen Villip entsprechend weckte.

Yomin Carr zog die Hand rasch zurück, als das Loch wieder zu zucken begann, sich weit öffnete, dann nach außen stülpte und der Villip sich in ein Abbild des Kopfes des Exekutors verwandelte.

Yomin Carr verbeugte sich respektvoll. »Es ist so weit«, sagte er, froh, seine eigene Sprache wieder benutzen zu können.

»Haben Sie die Station zum Schweigen gebracht?«

»Das werde ich jetzt tun«, erklärte Yomin Carr.

»Dann tun Sie das«, sagte der Exekutor und brach mit seiner typischen Disziplin die Kommunikation ab, ohne auch nur nach den Einzelheiten des eingehenden Signals zu fragen. Als Reaktion darauf klappte sich Yomin Carrs Villip wieder zusammen und sah nun nicht anders als als ein unauffälliger, gekerbter Membranball aus.

Wieder musste der Krieger dem Drang widerstehen, den anderen Villip zu benutzen; doch er erinnerte sich daran, dass er rasch handeln musste und dass der Exekutor an diesem kritischen Punkt kein Versagen hinnehmen würde. Er eilte zurück zum Schrank und holte eine kleine Truhe heraus; er küsste sie zweimal und murmelte ein rasches Stoßgebet, bevor er sie öffnete. Drinnen befand sich die kleine Statue eines Geschöpfs, das für Yomin Carr und alle Krieger der Yuuzhan Vong das schönste Lebewesen überhaupt war. Es erinnerte an ein Hirn mit einem einzigen riesigen Auge und einer vorgewölbten Schnauze. Viele Tentakel gingen von diesem Wesen aus, einige kurz und dick, andere fein und lang. Das war Yun-Yammka, der Schlächter, der Kriegsgott der Yuuzhan Vong.

Yomin Carr betete abermals, die gesamte Litanei des Yun-Yammka, dann küsste er die Statue erneut und stellte die Truhe wieder in den Schrank.

Er trug nur einen Lendenschurz, wie es in den makelloseren Tagen seines Kriegervolkes üblich gewesen war, der all seine bemerkenswerten Tätowierungen und die gestählten Muskeln deutlich zeigte, und war nur mit seinem Coufee bewaffnet, einem primitiven, aber ungemein wirkungsvollen, großen zweischneidigen Messer, das ebenfalls eine zeremonielle Rückbesinnung auf die Frühzeit der Yuuzhan-Vong-Krieger darstellte. Yomin Carr war der Ansicht, dass bei diesem bestimmten Einsatz jede Zeremonie vonnöten sei, bei der Verbindung zwischen der Vorhut und der eigentlichen Invasionsstreitmacht. Er spähte in den Flur hinaus, dann bewegte er sich langsam durch das Gebäude, wobei seine bloßen Füße keinen Laut machten. Er wusste, es würde gefährlich sein, sich ohne menschliche Verkleidung nach draußen zu wagen, aber ihm war auch klar, dass ihn niemand, der ihn ohne die Maske entdeckte, als Teammitglied erkennen würde. Außerdem, dachte er, sollte man ihn entdecken, wäre das eine gute Ausrede, jemanden zu töten, ein angemessenes Opfer für Yun-Yammka in dieser zukunftsweisenden Nacht.

Es war kalt draußen, aber das belebte Yomin Carr nur. Sein Blut rauschte heftig von der Aufregung, von der Gefahr dieses Einsatzes und der Vorstellung, dass die große Doktrin endlich umgesetzt werden sollte. Er lief zur Mauer, eilte eine Leiter hinauf, kletterte über die Mauerkrone und ließ sich ohne einen weiteren Gedanken auf den gerodeten Boden draußen fallen.

Das Brüllen eines Rotkammpumas in der Ferne ließ ihn nicht innehalten. Er befand sich nun im Element dieses Geschöpfes, aber auch er war ein Jäger. Vielleicht würde ihm eins dieser hundertvierzig Kilo schweren Tiere mit zehn Zentimeter langen Reißzähnen, riesigen Klauen und einem Schwanz, der in einem dicken Knochen endete, der wie eine Keule zuschlagen konnte, heute Nacht ein wenig Spaß verschaffen. Und Yomin Carr war bereit für eine solche Herausforderung. Das Blut rauschte in seinen Ohren, sein starkes Herz raste, und ein Kampf wäre eine wunderbare Möglichkeit, sich abzureagieren.

Aber nicht jetzt, mahnte er sich, denn er war tatsächlich dabei, auf den dichten Dschungel zuzugehen, in der Hoffnung, dort auf einen Rotkammpuma zu stoßen. Also korrigierte er seine Marschrichtung und lief direkt auf den hohen Gitterturm zu, das einzige Gebäude außerhalb des umzäunten Lagers. Er betrachtete nachdenklich das dicke Kabel, das aus dem Lager zum Sockel des Turms hin kroch, und hätte beinahe nach seinem Coufee gegriffen.

Zu leicht zu reparieren, wurde ihm klar, und sein Blick wanderte weiter und weiter nach oben. Zum Glück war das Gitterwerk des Turmes relativ eng, also kletterte Yomin Carr nach oben; seine starken, trainierten Muskeln arbeiteten hektisch und brachten ihn rasch an die Spitze des Hundert-Meter-Turms. Er schaute nicht nach unten. Er hatte keine Angst. Er hatte niemals Angst und konzentrierte sich nur auf den Verbindungskasten und das Kabel.

Eisige Winde zerrten an ihm und verhalfen ihm zu einer Idee. Also machte er sich vorsichtig an der Verbindung zwischen Kabel und Kasten zu schaffen, stemmte hier eine Niete heraus, lockerte dort eine Schraube. Sollte es den anderen bei ihren Reparaturen je gelingen, so weit zu kommen, würden sie glauben, dass der Schaden auf den ununterbrochenen Wind und das häufig schlechte belkadanische Wetter zurückzuführen war.