Star Wars. Wächter der Macht 3. Sturmfront - Troy Denning - E-Book

Star Wars. Wächter der Macht 3. Sturmfront E-Book

Troy Denning

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Beschreibung

Der wahre Erbe Darth Vaders!

Luke Skywalker wollte den Orden der Jedi-Ritter einen und dem Universum Frieden bringen. Doch nun hat sein eigener Neffe Jacen Solo die Kontrolle über die Neue Allianz an sich gerissen. Jacen ist davon überzeugt, dass er der Einzige ist, der die Galaxis retten kann, und nichts und niemand wird ihn aufhalten. Nun muss sich Luke entscheiden: Wird er den Tyrannen unterstützen – oder wird er gemeinsam mit den Rebellen die Galaktische Allianz, die er selbst mit aufgebaut hat, zu Fall bringen?

Die Fortsetzung der neuen großen Star-Wars-Serie!

Nach der Erfolgs-Saga „Das Erbe der Jedi-Ritter“ der neue große Mehrteiler im Star-Wars-Universum!

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Troy Denning

Sturmfront

Wächter der Macht 3

Aus dem Englischen

von Andreas Kasprzak

Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel

»Star Wars™: Tempest. Legacy of the Force 3«

bei Del Rey/The Ballantine Publishing Group, Inc., New York.

1. Auflage

Deutsche Erstveröffentlichung Mai 2009

bei Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe

Random House GmbH, München.

Copyright © 2006 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where

indicated. All rights reserved. Used under authorization.

Translation Copyright © 2009 by Verlagsgruppe Random

House GmbH, München

Umschlaggestaltung: HildenDesign, München

Cover Art Copyright © 2006 by Lucasfilm Ltd.

Cover illustration Jason Felix

Redaktion: Peter Thannisch

HK · Herstellung: René Fink

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN 978-3-641-07842-3

www.blanvalet.de

Für Connie und Mark.

Gute Freunde, die in einer weit, weit entfernten Stadt leben.

PROLOG

Ihr Zielobjekt spazierte die gegenüberliegende Seite der Skylane entlang, auf einem Gehsteig, der so mit Reben und Yorik-Korallen zugewuchert war, dass sich dort sogar die Zap-Gangs nur im Gänsemarsch vorwärtsbewegten. Er befand sich zwei Etagen und zehn Meter über ihr, und er blieb immer wieder stehen, um Tür-Membranen zu studieren und in die Fenster korallenverkrusteter Gebäude zu schauen. Dann stand er im Zwielicht einfach da, allein und mit leeren Händen, als bräuchte ein Jedi die Gefahren der Unterstadt nicht zu fürchten – als würde er über die dämmrigen Tiefen dort unten herrschen, wo sich Coruscant in Yuuchan’tar verwandelt hatte.

Jacen Solo war so hochnäsig wie eh und je – und diesmal würde das sein Verderben bedeuten.

Der Winkel war perfekt, beinahe zu perfekt. Wenn sie jetzt zuschlug, würde er tot sein, kaum dass er auf dem Gehweg aufschlug. Selbst wenn die Leichenplünderer seinen Körper nicht in der Skylane verschwinden ließen, würde der einzige Hinweis darauf, was ihn umgebracht hatte, ein winziger Widerhaken in seinem Hals sein und eine Spur von Gift in seinem Nervensystem. Niemand würde dahinterkommen, dass sein Tod eine Exekution gewesen war, nicht einmal Jacen selbst würde es begreifen.

Aber Alema Rar wollte, dass er und die anderen es wussten. Sie wollte den Schock der Erkenntnis in Jacens Augen sehen, wenn er zusammenbrach, wollte fühlen, wie seine Furcht in der Macht brannte, wenn sich sein Herz zu einem nicht länger schlagenden Knoten verkrampfte. Sie wollte ihn sterbend in ihren Armen halten und den letzten Atemzug von seinen Lippen einsaugen, wollte seinen Vater Flüche brüllen und seine Mutter vor Trauer klagen sehen.

Letzteres wollte Alema mehr als alles andere.

Sie hatte Jahre darüber gegrübelt, was sie Leia Solo nehmen konnte, das all dem gleichwertig wäre, das Leia ihr genommen hatte. Einen Spann und fünf Zehen? Das wäre ein fairer Ausgleich gewesen für den halben Fuß, den Leia ihr auf Tenupe abgeschnitten hatte. Und die Augen und Ohren der Prinzessin würden für den Lekku herhalten, den sie an Bord der Admiral Ackbar abgetrennt hatte. Aber was war mit dem riesigen Spinnenmonster, an das Leia sie im tenupianischen Dschungel verfüttert hatte? Wie sollte Alema eine Entsprechung dafür finden?

Denn bei dieser Sache ging es nicht um Rache. Es ging um das Gleichgewicht. Das Spinnenmonster hatte sie beinahe umgebracht, hatte sie fast in zwei Hälften zerbissen und ihren schlanken Tänzerinnenkörper mit einem Gewirr weißer Narben verschandelt, ein hässliches, verunstaltetes Etwas, das allenfalls in einem Rodianer Bedürfnisse weckte. Alema musste Leia etwas Vergleichbares wegnehmen, etwas, das sie bis ins Innerste zerschmettern würde. Das war es doch, was Jedi taten – sie dienten dem Gleichgewicht.

Und das Erste, was Alema ihr nehmen wollte, war Jacen, der sich auf dem Gehsteig auf die Ecke einer kreuzenden Skylane zubewegte. Sie wollte ihn schon lange töten, seit jenem Tag, als er so geheimnisvoll und mächtig von seinem fünfjährigen Studium der Macht zurückgekehrt war. Und jetzt würde sie ihn kriegen – vielleicht nicht auf die Art und Weise, die sie sich einst ersehnt hatte, aber sie würde ihn kriegen.

Erpicht darauf, ihre Beute im Blick zu behalten, eilte Alema auf die nächstgelegene Fußgängerbrücke zu. Sie war fünfzehn Meter entfernt, aber auch, nachdem Jacen die Ecke umrundet hatte, konnte sie keinen Machtsprung über die Skylane riskieren. In diesem Gebiet wimmelte es nur so vor Feralern, den halbwilden Überlebenden der Yuuzhan-Vong-Invasion, die in den Tiefen der Unterstadt weiterhin eine primitive Existenz führten. Wenn sie Alema dabei beobachteten, wie sie etwas derart Bemerkenswertes tat, würde Jacen ihre Überraschung spüren.

Als sich Alema der Brücke näherte, stellte sich ein schwaches Kribbeln im Stumpf ihres amputierten Lekku ein. Sie blieb stehen und glitt so weit in die Schatten, wie es die Korallen zuließen, dann stand sie reglos da und lauschte auf das Gemurmel der Feraler hinter ihren Tür-Membranen. Als sich keine Gefahr zeigte, dehnte sie ihr Machtbewusstsein um einige Meter aus und fühlte zwei nervöse Präsenzen hinter sich.

Alema drehte sich um und sah sich den Gesichtern von zwei jungen Menschen mit tief eingesunkenen Augen gegenüber, die sie vom Boden aus angrienten. Sie versteckten sich im hinteren Teil des Gehsteigs in einem schattigen Treppenschacht, der so mit Yorik-Korallen bewachsen war, dass sie ihn nicht bemerkt hatte. Als ihnen klar wurde, dass sie sie ansah, kicherten die Jungen und schlüpften die Treppe wieder nach unten.

Alema fand sie in der Macht. Sie schrien überrascht auf und klammerten sich an der Wand fest, schnitten sich ihre Hände an den Yorik-Korallen auf, als sie zu verhindern versuchten, dass sie wieder zurück in ihr Blickfeld gezerrt wurden. Beide hatten dünne Brauen und kleine Stupsnasen und waren eindeutig Brüder. Sie zog ihre Lippe zu einem schiefen Halblächeln hoch und genoss das Gefühl von Macht, das durch ihre Adern strömte, als sich die Überraschung der beiden in Furcht verwandelte.

»Was führt ihr beiden wohl mit uns im Schilde?« Alema sprach von sich selbst stets in der Mehrzahl. Das war eine Angewohnheit, die sie sich bei den Killik angewöhnt hatte und die sie nicht aufzugeben gedachte. Die Einzahl zu gebrauchen hätte bedeutet zuzugeben, dass ihr Schwarm fort war, seit Jacen und Luke und die übrigen Jedi Gorog vernichtet hatten, und das stimmte nicht, nicht solange Alema noch am Leben war. »Raub? Mord? Oder was?«

Die Brüder schüttelten die Köpfe und wollten antworten, waren von ihren Verstümmelungen jedoch so abgestoßen, dass sie kein Wort hervorbrachten.

»Wie ihr uns anstarrt.« Alema nagelte sie mit der Macht gegen die Wand. »Das ist unhöflich.«

»Lass uns runter!«, verlangte der Größere. Mit seinem hageren Gesicht und dem schemenhaften Flaum eines Schnurrbarts auf der Oberlippe war er vermutlich seit ein oder zwei Jahren in der menschlichen Pubertät. »Wir wollten nichts Böses. Es ist bloß …«

Sein Blick glitt von Alemas Gesicht zu dem Lekku-Stumpf, der hinter ihrer Schulter hing, und sank dann rasch noch weiter. Alema hatte ihre aufreizende Kleidung gegen traditionellere Jedi-Gewänder eingetauscht, aber selbst diese figurverhüllenden Roben genügten nicht, um ihre Entstellungen zu verbergen – die Art und Weise, wie ihr Körper verdreht war, ein verkümmerter Arm an ihrer Seite hing. Als der Blick des Jungen nach unten sank, fühlte sie seine wachsende Abscheu in der Macht – empfand sogar den Ekel nach, den er verspürte, während er sie betrachtete.

»Es ist bloß was?«, wollte Alema wissen. In ihrem Zorn drückte sie die beiden Jungen so hart gegen die Mauer, dass sie aufkeuchten. »Nur zu, sagt’s uns.«

Es war der Jüngere der Brüder, der antwortete. »Es ist bloß …« Er nickte in Richtung des Lichtschwerts, das an ihrem Gürtel baumelte. »Sie sind ein Jedi!«

Alema lächelte kalt. »Du bist ein kluges Bürschchen – wenn man bedenkt, dass du noch nie zuvor einen Jedi-Ritter gesehen hast.« Sie blickte zehn Meter weit den Gehsteig hinunter, dorthin, wo ein knorrig geschuppter Radank einen kreischenden Falleen in ein Gewirr aus Schlitzranken getrieben hatte. Dann sah sie wieder den Jungen an. »Aber wir gebieten über die Macht. Wir wissen, was ihr angestarrt habt.«

Sie ließ den älteren Bruder fallen, deutete den Gehsteig hinunter und schleuderte den jüngeren Bruder mit der Macht in die Schlitzranken neben dem Falleen. Der überraschte Radank wich auf seinen Hinterläufen zurück, die Vorderfüße erhoben und die Klauen wetzend. Dann streckte er den dürren Saugrüssel aus und schnüffelte an der neuen Beute. Der Junge wimmerte und schrie um Hilfe.

Alema blickte wieder den Älteren an, der bereits versuchte, sich in Richtung seines Bruders davonzuschleichen, und winkte ihn weiter.

»Geh.« Sie schenkte ihm ein grausames kleines Lachen. »Wenn der Radank mit euch fertig ist, werdet ihr wissen, wie wir uns fühlen.«

In den Augen des Jungen blitzte Angst auf, doch er zog eine Klinge aus geschliffenem Durastahl aus dem Ärmel und raste den Gehsteig hinunter, um seinem Bruder zu helfen. Alema wandte sich der Brücke zu, und als hinter ihr das Knurren und Kreischen eines Kampfes ausbrach, gestattete sie sich ein kleines Lächeln der Zufriedenheit. Die Jungs hatten sich über ihre Entstellungen lustig gemacht, und jetzt wurden sie selbst entstellt. Das Gleichgewicht war erhalten.

Sie ging weiter den Gehsteig entlang, dann überquerte sie die Brücke. Ihr Stumpf kribbelte wieder, und sie fragte sich, ob jemand sie beobachtete. Als er sein Apartment verlassen hatte, schien Jacen allein gewesen zu sein, aber als Kommandant der Garde der Galaktischen Allianz rechnete er gewiss mit Attentätern. Vielleicht war ihm sein junger Schüler, Ben Skywalker, einige Augenblicke später gefolgt, um ihm den Rücken freizuhalten.

Alema dehnte ihr Machtbewusstsein behutsam in die Schatten hinter sich aus, suchte nach diesem Aufflackern reiner, heller Energie, die stets die Machtpräsenz ernster junger Jedi-Ritter verriet. Sie fühlte nichts und gelangte zu dem Schluss, dass der Grund für ihr Unbehagen vermutlich die lärmende Zap-Gang weiter vorn war. Die Gang beanspruchte die Mitte der Brücke für sich und war drauf und dran, eine verängstigte Gamorreanerin über das Sicherheitsgeländer zu stoßen. Als Alema näher kam, verteilten sie sich über die ganze Breite der Brücke und begafften ihre verzerrte Gestalt. Es waren alles junge Menschenmänner, und alle trugen weiße Wappenröcke über verschiedenen Teilen plastoider Rüstung.

»Was glaubst du, was du bist?«, fragte der Anführer und beäugte Alemas schwarze Gewänder. Er war ein großer Jugendlicher mit einem Dreitagebart und einer hässlich angeschwollenen Wange. »So ’ne Art Jedi?«

»Wir haben keine Zeit für eure Spielchen«, entgegnete Alema gelassen. »Geht und spielt wieder mit eurer Gamorreanerin.« Sie vollführte eine huschende Bewegung mit ihrem Handrücken, während sie seinen Verstand gleichzeitig in der Macht berührte. »Vielleicht hast du mehr Spaß, wenn du sie schubsen lässt.«

Der Typ mit der geschwollenen Wange runzelte die Stirn, dann wandte er sich an seine Kumpels. »Sie hat keine Zeit für uns.« Er setzte der Gamorreanerin nach, die so schnell auf das andere Ende der Brücke zutrampelte, wie sie ihre stämmigen Beine trugen. »Schnappt sie euch! Wir probieren diesmal was Neues aus!«

Die Zap-Gang wirbelte herum wie ein Mann und rannte los. Alema folgte ihnen und holte sie ein, als sie die Gamorreanerin umzingelten und darüber zu streiten begannen, wer als Erster gegen das Sicherheitsgeländer geschubst werden sollte. Alema schlüpfte an ihnen vorbei und lächelte bei sich. Gleichgewicht.

Am anderen Ende der Brücke war Jacen nirgends zu sehen. Entweder hatte er die Ecke des Gebäudes umrundet oder war durch eine Tür getreten, während sich Alema mit dem städtischen Gesindel auseinandergesetzt hatte. Sie zog ihr Lichtschwert und rückte auf dem Gehsteig vor, halb in der Erwartung, den Griff eines Lichtschwerts zu spüren, das gegen ihre Rippen drückte, unmittelbar bevor Jacen die Klinge aktivierte.

Das Gefährlichste, worauf Alema stieß, war ein Rudel Skrats auf Futtersuche, die fast im selben Moment, in dem sie sie erblickte, in ein Gewirr von Schlitzranken davonhuschten, und ein unregelmäßiger Strom von Feralern, die durch eine Tür-Membran nahe der Ecke des Gebäudes verschwanden. Sie gehörten vielen verschiedenen Rassen an – Bith, Bothaner, Ho’Din –, und sie trugen allesamt die Kadaver toter Tiere, darunter Fledermausfalken, Granitschnecken und ein paar schleimige Yanksacs. Da war sogar ein Chevinianer, der etwas in seinen gewaltigen Klauen hielt, das wie ein toter Ewok aussah. Vermutlich waren es bloß Feraler, die mit ihrer heutigen Jagdbeute nach Hause zurückkehrten, aber als Alema vor der Tür vorbeiging, hielt sie ihr Lichtschwert kampfbereit.

Niemand sprang heraus, um sie zu attackieren, aber auf der anderen Seite der Membrane spürte sie gleich drei Machtpräsenzen. Alema machte sich nicht die Mühe, der Sache nachzugehen; wäre es Jacen gewesen, der hinter der Tür lauerte, hätte sie überhaupt nichts gefühlt. Stattdessen tauschte sie ihr Lichtschwert gegen ein kurzes Blasrohr und lud es mit einem kleinen zapfenförmigen Pfeil aus einem versiegelten Behälter an ihrem Allzweckgürtel. Sie besaß noch acht weitere solche Pfeile – einen für jedes Familienmitglied der Solos und Skywalkers, plus zwei extra –, alle hergestellt aus dem Stachel und dem Giftbeutel einer tödlichen tenupianischen Wasber.

Das Gift wirkte ausgesprochen schnell, zumindest bei menschengroßen Lebewesen, aber was noch wichtiger war: Es war zuverlässig. Es veränderte die weißen Blutkörperchen, die losgeschickt wurden, um gegen die Infektion anzukämpfen, und verwandelte sie in winzige Giftfabriken. Innerhalb von Sekunden nach dem Treffer wurden sämtliche Organe des Opfers angegriffen, und wenige Sekunden danachversagte das gesamte Vitalsystem. Jacen würde gerade lange genug am Leben bleiben, dass Alema sich zu erkennen geben konnte. Wahrscheinlich würde er sterben, bevor ihm auch nur klar wurde, dass ihn seine Jedi-Giftneutralisierungstechniken nicht retten konnten.

Alema hob das Blasrohr an die Lippen und trat um die Ecke; ihr Körper war bereits vom süßen Kribbeln der Mordlust erfüllt.

Doch Jacen schien entschlossen, ihr einen Strich durch die Rechnung zu machen. Der Gehsteig war leer und dunkel, und es war keine einzige empfindungsfähige Seele in Sicht. In der Annahme, er habe sie am Ende doch in eine Falle gelockt, wirbelte Alema um die nächste Ecke; ihre Lungen füllten sich mit der Luft, die den tödlichen Pfeil in den Mann schießen würden, der versuchte, sie aus dem Hinterhalt heraus zu überrumpeln.

Es gab keinen Hinterhalt. Auch dieser Gehsteig war verlassen, und die einzige Gefahr, die Alema spürte, war das schwache Kribbeln, das sie bereits gefühlt hatte, noch bevor sie die Brücke überquerte. War es möglich, dass sich Jacen Solo vor ihr versteckte?

In Alema wallte der Zorn weiter auf. Es waren diese Jungs. Sie hatten sie dazu gebracht, dass sie ihnen wehtat, und Jacen war solchen Dingen gegenüber immer ungeheuer feinfühlig gewesen. Sie verfluchte die Brüder dafür, dass sie sie dazu verleitet hatten, die Kontrolle zu verlieren. Ihr Plan war soeben um einiges komplizierter geworden, und das bedeutete, dass das Duo dafür bezahlen musste – aber erst später. Jetzt musste sie Jacen nachsetzen. In weniger als einer Stunde würde das Gift auf ihrem Pfeil seine Wirksamkeit verlieren.

Alema kehrte zu der Tür zurück, an der sie eben vorbeigegangen war und durch die all die Feraler mit ihren Tierkadavern getreten waren. Düster und überwuchert von einer dicken Kruste aus Yorik-Korallen wirkte der Durchlass eher wie ein Höhleneingang als wie eine Tür. Sie drückte auf einen Nervenstrang am Türpfosten, und die Membran glitt beiseite.

Ihr gegenüber stand ein bulliger Nikto mit einem schuppigen grünen Gesicht und einem Ring kleiner Hörner, die seine Augen umschlossen. Er hatte eine Hand in der Tasche seiner schmutzigen Jacke, offenkundig um einen Blaster geklammert, und Alema konnte zwei weitere Wachen neben ihm wahrnehmen, die sich zu beiden Seiten der Tür versteckt hielten.

Er musterte sie einen Moment lang, dann sagte er mit kratziger Stimme: »Faaalllsche Tüüürrr, Lady. Hier drin gibt’s nichts von Interesse für Sie.«

Alema schickte sich an, in der Macht nach der Wache zu greifen, hielt jedoch inne, als sich ihr Gefahrensinn unversehens so nachdrücklich meldete, dass ihr verbliebener Lekku ebenfalls zu kribbeln begann. Sie richtete ihr Blasrohr auf die Füße des Nikto, setzte ihre Machtüberzeugung ein, um sicherzustellen, dass er gehorchen würde, und befahl: »Warte.«

Der Ausdruck in den Augen des Nikto wandelte sich von drohend über überrascht zu fügsam, und Alema streckte ihr Machtbewusstsein in alle Richtungen aus.

Zu ihrer Verwunderung streifte sie eine kalte Präsenz, dunkel und verbittert, oben auf dem Gehsteig nahe der Brücke. Aber als sie sich umdrehte, um in diese Richtung zu schauen, sah sie bloß die Zap-Gang, die der Gamorreanerin zujubelten, als sie ihrem Anführer mit dem Bauch voran gegen das Sicherheitsgeländer stieß.

Die Präsenz gehörte zu keinem der Zapper. Dafür war sie viel zu stark in der Macht, viel zu konzentriert … Dann verschwand die Dunkelheit, und die Gefahr, die ihren Lekku kribbeln ließ, verrauchte so schnell, wie sie gekommen war.

Alema studierte den Gehsteig noch einige weitere Sekunden, in dem Versuch, sich darüber klar zu werden, was sie gerade gefühlt hatte. Jemand stellte ihr definitiv nach, aber es konnte kaum Jacen sein. Selbst wenn er unachtsam genug gewesen wäre, dass sie ihn gespürt hätte – und das wäre er nicht gewesen –, war der Jacen, an den sie sich erinnerte, alles andere als verbittert. Ernst und grüblerisch, gewiss, aber ebenso hingebungsvoll und aufrichtig.

Aber wer war ihr dann auf den Fersen? Nicht Ben. Er war zu jung, um so verbittert zu sein. Und nicht Jaina. Ihr Temperament war zu feurig, um sich so kalt anzufühlen. Abgesehen davon hatte sich die Präsenz dunkel angefühlt. Und jemand, der auf der Dunklen Seite stand, würde Jacen nicht den Rücken freihalten. Es musste irgendetwas anderes sein.

Ihr dämmerte eine weitere Möglichkeit: Vielleicht war Alema gar nicht diejenige, die verfolgt wurde. Vielleicht war es Jacen.

War es denkbar, dass jemand versuchte, ihr bei Jacens Ermordung zuvorzukommen?

Alema wandte sich wieder zu dem Nikto um und deutete mit ihrem Blasrohr an ihm vorbei. »Ist Jacen Solo dort hineingegangen?«

»Jacen Solo?« Der Nikto schüttelte den Kopf. »Ich kenne keine Solos.«

»Komm schon.« Alema machte sich die Macht zunutze, um den Nikto raus auf den Gehsteig zu ziehen. »Sogar hier unten kann man die Holonachrichten empfangen, und in jedem dritten Bericht zeigen sie sein Bild. Der Kommandant der Garde der Galaktischen Allianz? Der Retter von Coruscant?«

»Warum sollte so jemand hierherkommen?« Der Nikto versuchte, zweifelnd zu klingen, aber Alema konnte seine Lüge am schwachen Erzittern seiner Machtpräsenz erspüren. »Dort drinnen sind nichts anderes als Wohnungen …«

»Du wagst es, uns anzulügen?« Alema nutzte die Macht, um ihren verkrüppelten Arm zu heben, dann packte sie ihn am Hals. »Eine Jedi?«

Sich nach wie vor der Macht bedienend, hob sie ihn vom Boden hoch und drückte zu, bis sie das zufriedenstellende Knacken zersplitternder Knorpel vernahm. Der Mund des Nikto klappte auf, und ein schreckliches Gurgeln entrang sich seiner Kehle. Alema hielt ihn weiter in der Luft, bis seine Augen nach hinten rollten und er mit den Füßen strampelte. Erst als sie spürte, wie die anderen beiden Wachen in die Türöffnung traten, ließ sie den Nikto auf die Galerie fallen und drehte sich um, um sich zwei tentakelgesichtigen Quarren gegenüberzusehen, die ihre alten E-11-Blastergewehre in Anschlag brachten.

Alema winkte mit ihrem Blasrohr und nutzte die Macht, um ihre Waffen zur Seite zu schieben, bevor sie ihren Verstand mit dem ihren berührte, um ihre Bedenken in den Vordergrund zu drängen: die Angst davor, dass sie sie nicht daran hindern konnten einzutreten, und dass sie diejenigen sein würden, die starben.

»Ihr müsst nicht sterben.« Alema sprach mit einem Machtflüstern, so sanft und unwiderstehlich, dass es wie ein Gedanke klang. »Ihr müsst auch niemanden aufhalten.«

Die Wachen entspannten sich. Alema trat über den sterbenden Nikto hinweg und ging durch die Tür. »Niemand kommt durch diese Tür«, schnurrte sie.

Als Alema zwischen den Quarren hindurchging, bemerkte sie, dass einer von ihnen lediglich drei Gesichtstentakel hatte. Die perlenartigen Augen konzentrierten sich wieder auf sie, und die alten E-11-Blastergewehre schwangen erneut in ihre Richtung.

»Ihr müsst nicht sterben.« Alema schob die Mündungen der Waffen erneut beiseite. »Ihr müsst mich nicht sehen.«

Die Augen bewölkten sich wieder, und sie wandten ihre Aufmerksamkeit von neuem der Tür zu. Sobald Alema drinnen war, drehte sie sich zu den beiden Quarren um.

»Ihr kennt mich gut«, sagte sie und sprach weiterhin mit ihrem Machtflüstern. »Wir haben uns mehrere Minuten lang unterhalten.«

Die Quarren drehten Alema die Gesichter zu.

Alema sprach mit ihrer normalen Stimme. »Was glaubt ihr, wohin ergegangen ist?«

Drei Tentakel wandten sich ihr zu. »Wer? Solo?«

Alema nickte.

»Was denkt Ihr, wohin er gegangen ist?«, erwiderte der mit den drei Tentakel. »Dorthin, wo er es sehen kann, natürlich.«

»Es?« Alema hatte sich genügend Zeit ihres Lebens auf der Schattenseite der Galaxis gesuhlt, um zu wissen, dass von illegalen Machenschaften häufig nur in vagen Begriffen gesprochen wurde. Hatte Jacen ein geheimes Laster – eine Sucht, die er verbarg, oder einen Zwang, der ihn in der Gefangenschaft befallen und seitdem nicht mehr losgelassen hatte? Sie schaute wieder die Quarren an. »Worüber reden wir hier? Spice-Höhlen? Todesspiele?«

Die Tentakel des zweiten Quarren streckten sich, was bei seiner Spezies dem Äquivalent eines Stirnrunzelns gleichkam. »Soll das vielleicht ein Witz sein? Er ist aus demselben Grund hier wie alle anderen. Um es zu sehen. Den Freund.«

»Den Freund – natürlich.«

Alema wusste um die Art von »Freunden«, die Männer an Orten wie diesen versteckt hielten. Freunde, die sie bloß in den anonymen Tiefen einer Unterstadt aufzusuchen wagten. Jacens Zeit in den Fängen der Yuuzhan Vong musste ihn mehr verändert haben, als selbst ihr bewusst gewesen war. Sie wies mit ihrem Blasrohr zur Tür, deutete auf den toten Nikto und sprach dann erneut mit ihrem Machtflüstern.

»Euer Kamerad wurde von einem Eindringling angegriffen«, sagte sie. »Ihr habt gesehen, wie der Eindringling ihn getötet hat, und gleich wird der Eindringling hier hereinkommen wollen.«

»Um es umzubringen?«, keuchte der zweite Quarren.

»Ja, um es umzubringen«, stimmte Alema zu. »Ihr müsst den Eindringling daran hindern reinzukommen.«

Der mit den drei Tentakeln drückte auf einen Nervenstrang und schloss die Tür, dann richteten beide Quarren ihre Blastergewehre auf das Zentrum der Membrane.

»Gut«, sagte Alema.

Sie wandte sich von der Tür ab, zuversichtlich, dass die beiden Quarren sie bereits vergessen hatten. Während ihrer Zeit bei den Killiks hatte die Königin ihres Schwarms – eine Dunkle Jedi namens Lomi Plo – ihr dabei geholfen, eine aalglatte Präsenz in der Macht zu entwickeln. Wenn Alema nun aus jemandes Blick verschwand, verschwand sie auch aus seiner Erinnerung.

Alema verließ den Vorraum und betrat ein Gewirr gewundener, tunnelgleicher Gänge, erhellt von den biolumineszierenden Flechten, die so typisch für von den Yuuzhan Vong umgewandelte Gebäude waren. Sie wählte den größten Korridor, in dem der Boden am meisten festgetreten war, und bewegte sich mit zügigem Tempo vorwärts. Sie musste schnell handeln, wenn sie diejenige sein wollte, die Jacen umbrachte; wer auch immer ihr auf den Fersen war, würde sich von den Quarren nicht allzu lange aufhalten lassen.

Die Luft wurde schnell heiß und feucht, und Böen von etwas, das wie Ammoniak und Schwefel roch, rollten den Gang entlang. Alema rümpfte die Nase und fragte sich allmählich, was für eine Art Lasterhöhle dies war? Kein Spice, das sie jemals genossen hatte, roch so streng. Falls der Geruch noch stärker wurde, würde er selbst einen brünstigen Rancor in die Flucht schlagen.

Sie hatte gerade einen kurzen Nebengang erreicht, als das ferne Schrillen von Blastergewehren den Korridor hinabhallte: Die Wachen im Vorraum eröffneten das Feuer auf ihren geheimnisvollen Verfolger. Alema spähte den Seitengang hinunter und sah, dass er sich zu etwas öffnete, das vage an eine Lustgrotte der Kala’uun gemahnte: eine zentrale Kammer, umgeben von einer Reihe privater Zellen. Würde sie in einer davon Jacen und seinen Freund finden?

Ein sonderbarer Chor von zischenden Lauten drang aus der Eingangskammer, und das Blasterfeuer brach so plötzlich ab, wie es begonnen hatte. Dem Geräusch nach benutzte derjenige, wer auch immer Alema folgte, irgendeine Art seltsamer Lichtschwerttechnologie und beherrschte sie bestens. Die Quarren hatten Alema sogar noch weniger Zeit verschafft, als sie erwartet hatte.

Aber welchen Weg hatte Jacen eingeschlagen, in die Lustgrotte oder tiefer in das Gebäude hinein? In der Macht nach ihm zu suchen würde nicht nur nichts nützen, sondern sich vermutlich als katastrophal erweisen. Selbst wenn er eine eigene Präsenz nicht verschleierte, würde er spüren, dass sie nach ihm tastete, und in einem fairen Zweikampf konnte sie Jacen Solo nicht bezwingen – nicht mit einem halb nutzlosen Arm und einem halben Fuß.

Zum Glück hatte sie Männer, und Männer – insbesondere wichtige Männer, die ihren geheimen Leidenschaften an niederen Orten nachgingen – mochten es nicht, auf ihr Vergnügen warten zu müssen.

Sie ging den Seitengang entlang und war überrascht, dort auf keinen Kuppler zu stoßen, der sie willkommen hieß, und auch auf keine Spice-Dealer noch auf irgendwelche Glitzermädchen, die auf neue Kunden warteten. Es gab nicht einmal einen Getränkestand, lediglich einen Brunnen, der in der Mitte des Raums gurgelte, und eine Duschkabine, die in einer hinteren Nische untergebracht war. Die Türen zu den meisten Privatzellen standen offen, um kleine Höhlen zu enthüllen, die Betten, Nistbecken oder einfache erhöhte Pritschen enthielten.

Eine Handvoll der Zellen jedoch waren verschlossen, und in ihnen allen konnte Alema Lebewesen wahrnehmen. Sie ging zur ersten und drückte gegen den Nervenstrang neben der Tür, während sie ihr Blasrohr schussbereit hielt. Die Membran öffnete sich, um den Blick auf ein Paar Jenetaner freizugeben, die sich auf großen Bodenkissen zusammengerollt hatten, ihre Gliedmaßen dicht an sich gezogen und ihre Schnauzen nah an ihren Beinen. Keiner von ihnen öffnete die Augen, selbst dann nicht, als Alema ungläubig grunzte.

In der Zelle befanden sich keinerlei Spice-Rohre, keine Aphrodisiaka, nicht einmal ein leerer Bierkrug. Sie schliefen, nichts weiter.

Alema ging weiter und öffnete zwei weitere Türen. Hinter einer fand sie einen einzelnen Duros und hinter der anderen ein Trio von Chadra-Fan, und alle schliefen. Allem Anschein nach war sie in so eine Art Personalschlafsaal gestolpert. Sie fluchte leise. Bei was für einer Lasterhöhle befanden sich die Belegschaftsunterkünfte vorn?

Alema ging wieder in Richtung des Hauptkorridors zurück und erhaschte auf der hinteren Wand einen flüchtigen Blick auf den Schatten ihres Verfolgers. Sie duckte sich außer Sicht und sorgte dafür, dass ihre Machtpräsenz so abgeschwächt wie möglich war, dann lugte sie um die Ecke und beobachtete, wie eine dünne Frau in einer scharlachroten Robe den Korridor hinunterkam.

Die Frau war in mittleren Jahren, hatte rotes Haar und eine schmale Nase, und sie hielt die untere Hälfte ihres Gesichts hinter einem schwarzen Schal verborgen. In einer Hand hielt sie ein Wirrwarr von Strängen – Leder und kristallbesetztes Metall –, die an etwas befestigt waren, das wie der Griff eines Lichtschwerts aussah.

Alema war so schockiert, dass sich ihre Gefühle beinahe in die Macht ergossen. Auf der Jedi-Akademie auf Yavin 4 hatte sie die Geschichte einer imperialen Agentin namens Shira Brie studiert; wie Brie versucht hatte, Luke Skywalker in den Augen seiner Pilotenkameraden in Verruf zu bringen, bloß um abgeschossen und beinahe getötet zu werden; wie Darth Vader sie gerettet und dabei in eine halbe Maschine verwandelt hatte, wie er selbst eine gewesen war, um sie dann in den Wegen der Sith zu unterweisen; wie sie ihre Lichtpeitsche konstruiert hatte und zurückgekehrt war, um Luke in ihrer neuen Identität als Lumiya, Dunkle Lady der Sith, ein ums andere Mal das Leben schwerzumachen.

War es möglich, dass Lumiya ein weiteres Mal zurückgekehrt war? Alema hatte keinen Anlass, daran zu zweifeln. Die Frau hatte das richtige Alter und das richtige Aussehen; sie verbarg ihre untere Gesichtshälfte unter einem dunklen Schal, wie ihn auch Lumiya trug, um ihren vernarbten Kiefer zu verstecken, und sie trug eine Lichtpeitsche – eine Waffe, die in der Ära der modernen Jedi einzigartig war.

Und sie machte Jagd auf Jacen Solo.

Alema zog sich um die Ecke zurück; ihre Gedanken wirbelten, als sie sich mühte, die Konsequenzen zu entwirren, die sich daraus ergaben. Aus den Geschichten, die sie studiert hatte, wusste sie, dass Lumiya die Skywalkers und die Solos beinahe ebenso sehr hasste, wie Alema selbst es tat, deshalb schien es wahrscheinlich, dass sie die gleichen Ziele verfolgten – den Solo-Skywalker-Clan zu vernichten. Aber Alema konnte nicht zulassen, dass Lumiya ihr dabei zuvorkam. Wenn dem Gleichgewicht Genüge getan werden sollte, musste Alema ihre Beute selbst erlegen.

Sie füllte die Lungen mit einem tiefen Atemzug, dann hob sie das Blasrohr an die Lippen und wirbelte um die Ecke, um anzugreifen.

Der Korridor lag verlassen da.

Sie trat um die Ecke zurück, in der Erwartung, dass Lumiya aus der Deckung ihrer Machttarnung heraus angreifen oder sich jeden Moment von der Decke fallen lassen würde.

Als nichts geschah, richtete sich Alema auf und trat von der Tür zurück. Noch immer tauchte Lumiya nicht auf. Alema erweiterte ihr Machtbewusstsein, suchte nach der dunklen Präsenz der Sith.

Nichts.

Erneut spähte sie vorsichtig um die Ecke. Als kein Angriff erfolgte, musterte sie sorgsam die Wände, die Decke und den Boden, auf der Suche nach irgendwelchen seltsamen Schatten oder verschwommenen Bereichen, in denen sich Lumiya womöglich versteckt hielt. Als sie noch immer nicht attackiert wurde, rückte sie durch den kurzen Seitengang bis zum Hauptkorridor vor und wiederholte die Prozedur.

Lumiya war fort, war so rasch verschwunden, wie sie aufgetaucht war.

In ihrem Innern wurde Alema mit einem Mal kalt und leer, und sie fragte sich, ob sie Lumiya überhaupt wirklich gesehen hatte. Vielleicht war es eine Machtvision gewesen. Oder womöglich war ihr Fieber zurückgekehrt. Einst, gegen Ende ihres ersten Jahres, das sie im tenupianischen Dschungel von der Außenwelt abgeschnitten gewesen war, hatte sie Tage damit zugebracht, gemeinsam mit ihrer toten Schwester Numa die Massassi-Tempel auf Yavin 4 zu erkunden – bloß um hoch droben auf einem tenupianischen Berg zu stranden, als das Fieber schließlich ausbrach.

Aber eine andere Erklärung schien beinahe ebenso wahrscheinlich: Lumiya hatte ihre Jagd auf Jacen fortgesetzt.

Alema setzte sich mit einem Ruck in Bewegung und lief den Korridor entlang, und mit jedem Schritt wuchs ihre Sorge, dass Lumiya ihr ihre Beute abspenstig machen würde. Sie nahm sich nicht mehr länger die Zeit, sich leise fortzubewegen, schenkte dem Weg, den sie einschlug, kaum Beachtung, drang einfach immer tiefer in das Gebäude ein, tiefer in die Hitze und die Dunkelheit und diesen entsetzlichen Gestank nach Ammoniak und Schwefel.

Zweimal lief sie geradewegs in überraschte Feraler hinein, und zweimal musste sie sie töten, weil sie erst versuchten, sie anzulügen, bevor sie ihr schließlich den richtigen Weg zu es wiesen. Ein anderes Mal hörte sie eine große Gruppe gepanzerter Feraler eine Rampe hinaufklappern, die sie gerade hinunterstieg. Sie drückte sich zwischen zwei Glühflechtenflecken gegen die Wand, zog einen Machtschatten über sich und verfolgte ungeduldig, wie die Feraler an ihr vorbeistürmten, um nach dem Eindringling zu suchen.

Schließlich wurde der Gestank nach Ammoniak und Schwefel beinahe überwältigend, und Alema vernahm sonderbares Gegurgel und Platschen. Sie trat hinaus auf eine schmale Mezzanin-Galerie und sah sich einer gewaltigen Wand gelben Nebels gegenüber. Es sah nicht im Geringsten aus wie in der Lasterhöhle, die sie erwartet hatte, aber sie trat aus dem Gang und überquerte ohne zu zögern die Galerie. In typischer Yuuzhan-Vong-Manier gab es kein Geländer, das Passanten geschützt hätte. Der Boden aus Yorik-Korallen endete einfach zwanzig Meter über einem gewaltigen Tümpel dampfenden Schleims.

Aus den Untiefen des Tümpels stieg fortwährend ein Spalier aus Blasen auf, die die Oberfläche mit Lichtblitzen sprenkelten, als sie zu scharlachroten und gelben Funken zerplatzten. Die Wände ringsum waren mit Flecken biolumineszenter Flechten bedeckt, kaum sichtbar durch den dichten Nebel. Weiter oben führten zu beiden Seiten mehrere geschwungene Galerien in die Höhe und verschwanden in dem Dampf. Auf den Galerien waren Feraler damit beschäftigt, Tierkadaver – oder sogar leblose Zweifüßler – in den Tümpel weiter unten zu werfen. Den Platschern folgte stets ein kurzes Gurgeln, als wären die Körper zu schwer, um auf dem Schleim zu treiben.

Alema überlegte verwundert, was sie hier vor sich sah. In der unzivilisierten Unterstadt von Coruscant – vor allem in dem Teil, der noch immer Yuuzhan’tar war –, wurden tote Tiere von den Feralern oder anderen Aasfressern normalerweise verzehrt, und das lange bevor das Fleisch verdarb. Daher schien es unwahrscheinlich, dass es sich bei dem Tümpel um irgendeine Art von Abfallgrube handelte. Stattdessen mussten die Feraler irgendetwas füttern – etwas, an dem Jacen ebenfalls interessiert war.

Alema wollte sich gerade zurückziehen, als das Murmeln einer Stimme durch den Nebel heraufdrang. Über das Gurgeln des Tümpels hinweg war es unmöglich festzustellen, was sie sagte, aber das kümmerte Alema ohnehin nicht. Sie erkannte die Stimme: ihr dunkles Timbre, ihre bedächtige Rhythmik und – unverkennbar – ihre gönnerhaften Flexionen.

Jacen.

Alema konzentrierte all ihre Aufmerksamkeit auf diese Stimme, versuchte ihre Quelle zu bestimmen. Der Nebel und der Tümpel hüllten Jacens Worte ein und ertränkten sie mit Gurglern. Schließlich jedoch hatte sie sich genügend darauf eingestellt, dass sie alles andere ausblenden konnte und verstand, was er sagte.

»… Überlass es mir, sich Gedanken über Reh’mwa und die Bothaner zu machen.« Jacen klang verärgert. »Es war töricht, die Quelle zu verlassen. Hier kann ich Euch nicht beschützen.«

Die einzige Erwiderung, die Alema vernahm, war ein lang gezogenes, zähflüssiges Gemurmel, aber Jacen antwortete, als hätte man mit ihm gesprochen.

»Das ist lächerlich. Ich wüsste, wenn mir jemand gefolgt wäre. Nicht einmal bothanische Attentäter sind so gut.«

So vorsichtig wie irgend möglich setzte Alema die Macht ein, um den Nebel zwischen sich und Jacen zu lichten. Sie ging das Risiko ein, dass Jacen spüren würde, wie sie sich die Macht zunutze machte, aber sie würde bloß einen einzigen Schuss haben, und sie musste ihr Ziel sehen. Abgesehen davon war Jacen vermutlich zu abgelenkt von seiner Unterhaltung, um eine derart subtile Störung in der Macht zu bemerken.

Nach einem weiteren lang gezogenen Murmeln wurde Jacens Stimme besorgt. »Im Innern des Gebäudes? Seid Ihr sicher?«

Es folgte ein kurzes Gurgeln.

»Natürlich wäre mir das nicht egal«, erwiderte Jacen unwirsch. Mit einem Ruck löste er das Lichtschwert von seinem Gürtel. »Ihr seid der wertvollste Aktivposten der Garde. Ohne Euch würden wir nicht einmal ein Zehntel der Terroristenzellen zur Strecke bringen, die wir jetzt erwischen.«

Der Nebel lichtete sich, und Alema war verblüfft zu sehen, wie Jacen mit einer fleischigen schwarzen Monstrosität sprach, die aus dem Schleim aufgetaucht war. Das Ding war so groß, dass sie nicht einmal zu sagen vermochte, wie viel davon sich ihren Blicken darbot. Die Pupille seines Auges hatte die Größe eines Sullustanerkopfes, seine Tentakel waren im Durchmesser so dick wie Alema selbst, und sein Aussehen entsprach eindeutig den Yuuzhan Vong, so wie alles in diesem Teil der Unterstadt.

Die Kreatur blinzelte – und schlug mit ihren Tentakeln auf die Oberfläche des Tümpels ein.

»Ich kann die Bothaner nicht vom Planeten verbannen«, entgegnete Jacen. »Das würde Bothawui geradewegs ins corellianische Lager treiben.«

Alema hatte eine Vermutung, worum es sich bei dieser Kreatur handelte. Während Jacen von den Yuuzhan Vong gefangen gehalten worden war, war er vermutlich eine Freundschaft mit dem Weltenhirn eingegangen, einer Art generischem Zentralkontrolleur, den die Eindringlinge geschaffen hatten, um die Neugestaltung von Coruscant zu überwachen. Vor seiner Flucht hatte Jacen das Hirn dazu überredet, die Pläne seiner Meister zu vereiteln und nur teilweise ihren Bemühungen nachzukommen, Coruscant umzuwandeln. Später, in den letzten Kriegstagen, hatte er seinen »Freund« davon überzeugt, die Seiten zu wechseln und der Galaktischen Allianz dabei zu helfen, den Planeten zurückzuerobern. Jetzt benutzte er das Hirn, um corellianische Terroristen auszuspionieren.

Cleverer Bursche.

Alema hob das Blasrohr an die Lippen, setzte die Macht ein, um den zapfenförmigen Pfeil zu verstecken, und stieß ihren Atem aus.

Der Pfeil hatte das Blasrohr kaum verlassen, als irgendwo über Alema, und weiter rechts von ihr eine raue Frauenstimme rief: »Jacen!«

Jacen wirbelte herum und aktivierte sein Lichtschwert, während er sich umdrehte. Aber der Pfeil war winzig, schnell und noch immer von der Macht verborgen, und Alema erkannte, dass sich seine Klinge nicht hob, um ihn abzuwehren.

Dann schrie Jacen auf und flog nach hinten, als hätte ihn eine unsichtbare Hand davongeschleudert, und der Pfeil zuckte an ihm vorbei, um ein zähflüssiges Brüllen des Schmerzes heraufzubeschwören, als er im gewaltigen Auge des Weltenhirns verschwand.

Alema war erstaunt, bestürzt, verärgert – aber sie war nicht wie gelähmt. Sie war in zu viele Kämpfe auf Leben und Tod verwickelt gewesen, um sich von einer Überraschung paralysieren zu lassen, ganz gleich, welcher Art sie war. Sie schwenkte in Richtung der Stimme herum, die Jacen gewarnt hatte.

Fünf Meter jenseits des Rands der Quelle – und einer Galerie weiter oben – stand die nebelverzerrte Gestalt einer hageren Frau in einer scharlachroten Robe. Ihr Arm war noch immer zum Schleimtümpel hin ausgestreckt, was keinen Zweifel daran aufkommen ließ, dass sie diejenige gewesen war, die Jacen mit einem Machtstoß in Sicherheit gebracht hatte.

Lumiya.

Als Alema von der Kante der Galerie zurückwich, deutete Lumiya auf sie. »Dort, Jacen!«

Alema wirbelte herum, um loszurennen, aber mit einem Mal leuchtete der Nebel blau auf, und hinter ihr ertönte ein fürchterliches Krachen. Im nächsten Moment schlitterte sie über den Boden, während Schlangen aus Machtblitzen über ihren gepeinigten Leib tanzten, bis sie schließlich aus dem Sichtfeld ihres Angreifers verschwand.

Alema begriff nicht, was gerade geschehen war – hatte Lumiya Jacen tatsächlich gewarnt? War er derjenige gewesen, der sie mit dem Machtblitz attackiert hatte? Ihr blieb keine Zeit, darauf Antworten zu finden. Sie zwang ihre verkrampften Muskeln, sie in den nächstgelegenen Korridor zu ziehen, dann raffte sie sich auf ein Knie und streifte einen Machtschatten über sich. Sie griff in ihre Tasche, um einen weiteren Pfeil hervorzuholen – und erkannte, dass sie, als der Machtblitz sie traf, ihr Blasrohr fallengelassen hatte.

Jacen leuchtete am Rand des Galerie auf, so umschattet von gelbem Nebel, dass er kaum mehr war als ein Umriss. Aber er brannte mit einem Zorn, den Alema bei ihm nicht für möglich gehalten hätte, mit einer Wut, so wild, dass ihn die Macht wie Feuer erwärmte. Er schaltete sein Lichtschwert ein; es warf einen grünen Widerschein, der seine Augen vor Mordlust glänzen ließ. Sein Blick fiel auf das Blasrohr, und er trat nach vorn.

Ein ohrenbetäubendes Kreischen drang aus der Quelle des Weltenhirns, dann erhob sich ein Dutzend schwarzer Tentakel aus dem Nebeln. Sie schlugen wild um sich, schlitzten sich selbst an der Galerie auf und bespritzten die Wände mit Blut. Jacens Augen verdunkelten sich zur Farbe schwarzer Löcher, und er ging weiter vorwärts; sein Blick glitt zu dem Korridor, in dem sich Alema versteckte.

Obwohl Alema wusste, dass ihr die Kraft fehlte, Jacen mit einem einzigen Angriff zu töten – und dass sie keine Zeit für einen zweiten haben würde –, öffnete sie sich der Macht und bereitete sich darauf vor, ihm einen Blitz entgegenzuschleudern.

Da fiel eine zweite Silhouette – diesmal eine schlanke Frau mit verschleiertem Gesicht – aus dem Nebel, landete am Rand der Galerie und tanzte über die umherpeitschenden Tentakel hinweg, wie es nur jemand vermochte, der geübt in Machtakrobatik war.

Doch statt Jacen anzugreifen, ergriff Lumiya ihn lediglich am Arm und drehte ihn in Richtung der um sich schlagenden Tentakel herum.

»Jacen, das sind Krämpfe«, sagte sie. »Wir müssen etwas gegen das Gift unternehmen oder Euer Spion ist tot.«

Alema fiel die Kinnlade nach unten. Lumiyas Tonfall war befehlend – der, den ein Meister seinem Schüler gegenüber anschlug.

»Aber die Attentäterin …«

»Wollt Ihr lieber Rache üben oder Euren Spion am Leben halten?«

»Hierbei geht es nicht um Rache.« Jacen blickte in Richtung des Korridors, in dem sich Alema verbarg. »Es geht um Gerechtigkeit. Wir können die Attentäterin nicht …«

»Die Attentäterin ist bloß das Werkzeug«, unterbrach Lumiya ihn erneut. »Es ist die Hand, die sie leitet, die wir abschlagen müssen. Und das sind Reh’mwa und seine Befehlsführer.«

Jacen starrte weiterhin zu dem Korridor hinüber, in dem Alema sich verbarg; sein Zorn und sein Verlangen zu töten strömten in die Macht.

Lumiya ließ Jacens Arm los und zog ihre Hand angewidert fort. »Ich erkenne, dass es ein Fehler war, Euch auszuwählen. – Nur zu!« Sie bedeutete ihm mit einem Winken, sich Alemas Versteck zu nähern. »Ihr seid der Knecht Eurer Emotionen, nicht ihr Meister!«

»Das hier hat nichts mit meinen Gefühlen zu tun.«

»Es hat alles mit Euren Gefühlen zu tun!«, hielt Lumiya dagegen. »Ihr seid wütend, weil Euer Freund verletzt wurde, und jetzt könnt Ihr an nichts anderes mehr denken als daran, der Angreiferin ›Gerechtigkeit‹ widerfahren zu lassen. Ihr seid ein hoffnungsloser Fall.«

Lumiyas letzte Bemerkung schien Jacen zu treffen. Er blickte noch einen Moment lang in den Korridor, dann ließ er ihr Blasrohr zu sich fliegen und fing es auf.

»Sag Reh’mwa, dass wir kommen«, sagte er und deutete mit dem Blasrohr in Alemas Richtung. »Das hier wird nicht ohne Folgen bleiben.«

Jacen wandte sich ab. Er und Lumiya tänzelten an den um sich peitschenden Tentakeln des Weltenhirns vorbei und ließen sich in den Nebel fallen. Selbst nachdem sie fort waren, verweilte Alema in ihrem Versteck, zu erschüttert, um sich zu rühren.

Jacen Solo, als Schüler einer Sith.

War die Galaxis verrückt geworden?

1. KAPITEL

Die Luft an Bord der Thrackan Sal-Solo roch wie die in einem neuen Schiff – es war das ätzende Beißen von Ventilatoren, die Dichtungsfett verbrannten, die Süße von ausgeströmtem Antriebsgas, das Ozonkribbeln von Frischluftaustauschern. Als Han und Leia Solo durch ein Schott nach dem anderen stiegen, ertappte sich Han wiederholt dabei, wie er die Durastahlschotts berührte, um sich zu vergewissern, dass er nicht träumte.

Die Sal-Solo war das Flaggschiff einer geheimen Angriffsflotte, die die corellianische Regierung vor annähernd zehn Standardjahren in Auftrag gegeben hatten, unter der Leitung von Hans kürzlich verschiedenem Cousin, Thrackan Sal-Solo. Niemand wollte ihnen sagen, was Sal-Solo und seine Gefolgsleute mit der geheimnisvollen Armada im Sinn gehabt hatten, und es kümmerte Han auch nicht. Die Flotte war bereit auszurücken, und groß genug, um die Allianzblockade zu zerschlagen, und das war alles, was zählte. Die Blockade war auf alle fünf Planeten im corellianischen System ausgeweitet worden, erstickte ihre Ökonomie und bedrohte ihre im Orbit befindlichen Fabrikanlagen.

Die Solos erreichten das Kommandozentrum, und Han musste kein Jedi sein, um die Anspannung zu spüren, die in der Luft lag. Die Türwachen inspizierten jedermanns Ausweise mit mehr als dem üblichen oberflächlichen Nicken, und sie führten sogar einen Sicherheitsscan bei C-3PO durch. Drinnen hatten die Bordoffiziere dem Kaffspender den Rücken gekehrt und taten bereits Dienst in ihren Arbeitsnischen, um Datenanzeigen zu studieren und Befehle zu verschlüsseln. Die Einzigen, die nichts zu tun zu haben schienen, waren ein halbes Dutzend zivile Sicherheitsbeamte, die draußen vor dem Taktischen Planungsraum auf Stahlbänken saßen, und selbst sie verharrten in nervösem Schweigen.

Han beugte sich dicht zu Leia und fragte flüsternd: »Geht das für dich in Ordnung?«

Leia blickte auf und zog eine Braue nach oben. Die Fältchen an den Rändern ihrer dunklen Augen machten ihren Blick bloß noch durchdringender.

»Geht was für mich in Ordnung, Han?«

»Mit einem corellianischen Admiral verheiratet zu sein.« Han grinste und fuhr sich mit den Fingern übers Kinn, glattrasiert, nun, da kein Anlass mehr dazu bestand, seine Identität vor den Meuchelmördern seines Cousins zu verbergen. »Sieh dich um. Wedge bereitet sich darauf vor, die Blockade zu sprengen, und er wird mich brauchen, um einen der Dreadnaught-Kreuzer zu befehligen.«

Leia musterte das geschäftige Treiben in der Kabine, ehe ihr Blick schließlich auf den Sicherheitsbeamten draußen vor dem Planungsraum verharrte. »Ich glaube nicht, dass wir uns darüber Sorgen machen müssen, Han.«

Han runzelte die Stirn. »Glaubst du, ich bin zu alt für so ein Kommando?«

»Wohl kaum. Du bist noch nicht einmal siebzig.« Leia senkte die Stimme, dann fügte sie hinzu: »Ich habe da bloß so ein Gefühl.«

»O du liebe Güte«, sagte C-3PO. »Es ist nie gut, wenn Meisterin Leia so ein Gefühl hat.«

Sie erreichten die Tür zum Planungsraum und mussten ihre Unterhaltung beenden. Anstatt sie unverzüglich durchgehen zu lassen, wie sie es am Vortag getan hatte, versperrte ihnen die Türwache – ein Unteroffizier mit kantigem Kinn und in einer blauen Dienstuniform – den Weg.

»Der Admiral wird bei Ihnen sein, sobald es ihm möglich ist, Captain Solo.«

»Sobald es ihm möglich ist?« Han überlegte, ob Leia mit ihrem Gefühl womöglich richtig lag. »Er hat uns hergebeten.«

»Ja, Sir, dessen bin ich mir bewusst.« Die Türwache musterte Han mit dem überdrüssigen Schmunzeln, das Corellianer für Blender und Aufschneider reserviert hatten. »Admiral Antilles ist ein vielbeschäftigter Mann.«

»Ja?« Han fühlte sich durch seine vormalige Zuversicht zusehends mehr in Verlegenheit gebracht – und nichts machte ihn gereizter, als sich selbst vor Leia in Verlegenheit zu bringen. »Nun, das bin ich auch.«

Bevor sich Han umdrehen konnte, um zu gehen, ergriff Leia ihn am Arm. »Sagen Sie Admiral Antilles, er soll sich Zeit lassen«, sagte sie zu der Wache. »Wir sind uns darüber im Klaren, dass er im Augenblick viel um die Ohren hat.«

Han widersetzte sich nicht, als sie ihn von der Tür wegzog. Gut zehn Standardtage zuvor war Wedge Antilles zum Oberbefehlshaber der corellianischen Streitkräfte ernannt worden – am Tag nach Thrackan Sal-Solos Ermordung –, und Han wusste so gut wie jeder andere, wie hektisch sein Terminplan im Augenblick sein musste.

Das war auch der Grund, warum die Solos so überrascht gewesen waren, als man sie darum gebeten hatte, sich im Kiris-Asteroidenhaufen mit Antilles zu treffen. Die Kiris-Asteroiden waren so weit draußen an den Rändern des Systems, dass sie beinahe frei schwebten, und so unbedeutend, dass selbst Han nach den Koordinaten hatte fragen müssen. Die Solos hatten den Großteil der Reise – die noch weiter verlängert worden war, um der Blockade der Galaktischen Allianz auszuweichen – damit verbracht, darüber zu debattieren, was bei allen Welten Corellias neuer Oberbefehlshabender so weit weg vom Kriegsgeschehen machte?

All ihre Fragen waren beantwortet worden, als sie Kiris 6 umrundeten und die Sal-Solo in ihrem versteckten Dock schweben sahen. Der Dreadnaught-Kreuzer war von typischem corellianischem Design – innovativ, nüchtern und für heftige Kämpfe auf kurze Distanz ausgelegt, mit Turbolastergeschützen und Raketenabschussrohren, die geballt und in gleichmäßigen Abständen auf der eiförmigen blauen Außenhülle angeordnet waren. In dem Moment, in dem er das Schiff sah, hatte Han gewusst, dass das genau das war, was Corellia brauchte: ein Schiff, das imstande war, bis zum Kern der Allianzblockade vorzustoßen und sie von innen heraus zu zerschmettern.

Doch Hans Puls hatte sich erst ein paar Stunden später beschleunigt, als Antilles sie darüber informiert hatte, dass die Sal-Solo zwei Schwesterschiffe hatte und eine gesamte Unterstützungsflotte in den anderen Schiffswerften im Kiris-Haufen versteckt war. Angesichts des offenkundigen Überraschungselements war Antilles zuversichtlich, dass die Flotte stark genug war, um die Blockade zu sprengen und die Allianz davon zu überzeugen, dass es besser war, ihre Kriegspläne noch einmal zu überdenken. Was er von Han wissen wollte, war, ob er und Leia die Möglichkeit eines frühzeitigen Kriegsendes für wahrscheinlich genug hielten, um im corellianischen Militär Dienst zu tun.

Han und Leia hatten die Nacht damit zugebracht, sich über Antilles’ Frage den Kopf zu zerbrechen, besorgt darüber, ob sich Han womöglich am Ende im Kampf gegen seine eigenen Kinder wiederfinden würde. Jaina diente den Jedi statt dem Militär, und Jacen war vermutlich wieder auf Coruscant, um Corellianer zu foltern. Aber Krieg hatte die Angewohnheit, das Unerwartete zur Option werden zu lassen. Falls Han irgendwie für den Tod eines seiner eigenen Kinder verantwortlich wurde, würde ihn das in mehr Stücke zerreißen, als es Sterne in der Galaxis gab.

Die Frage stürzte auch Leia in einen Zwiespalt. Vor vier Jahren, als ihr Meister Saba Sebatyne sie zur Jedi-Ritterin erhoben hatte, hatte sie geschworen, den Befehlen des Jedi-Rates Folge zu leisten, selbst wenn sie persönlich damit nicht übereinstimmte – und der Rat unterstützte die Galaktische Allianz. Bislang hatten Saba und die anderen Meister ihre Ungehorsamkeit aus Respekt vor ihrer Person toleriert. Aber das würde sich mit Sicherheit ändern, wenn Han öffentlich gegen die Allianz zu den Waffen griff. Der Rat würde keine andere Wahl haben, als von ihr zu verlangen, dass sie sich zwischen Han und den Jedi entschied.

Die einzige andere Alternative war nach wie vor, einfach dabeizustehen und zuzusehen, doch die Solos hatten nie zu denen gehört, die einfach die Hände in den Schoß legten. Letztlich waren sie zu dem Schluss gelangt, dass die beste Vorgehensweise darin bestand, Coruscant zu einer vernünftigeren Geisteshaltung zu verhelfen, indem sie Antilles dabei unterstützten zu beweisen, dass ein Krieg für die Galaktische Allianz ebenso verlustreich sein würde wie für Corellia. Nachdem die Blockade zerschlagen worden war, würde die neue Führung in einer gestärkten Verhandlungsposition sein, und Leia würde den Frieden sichern, indem sie freiwillig als Gesandte fungierte.

Das war der Grund, warum Han so enttäuscht gewesen war, dass man ihnen den Zugang zum Planungsraum verwehrt hatte. Leia und er hatten sich dafür entschieden, alles zu riskieren, um Antilles zu helfen, diesen Krieg rasch zu beenden. Jetzt hatte es den Anschein, als würde man ihre Hilfe nicht mehr länger wollen.

Die Warterei war kürzer, als Han erwartet hatte. Er hatte kaum begonnen, einen Abstecher zum Kaffspender in Erwägung zu ziehen, als Wedge Antilles in seiner weißen Admiralsuniform eintraf. Sein konisches Gesicht war von Runzeln und Sorgenfalten zerfurcht, und sein adrett geschnittenes Haar war jetzt mehr grau als braun.

»Han, Leia – ich muss mich für die Warterei entschuldigen«, sagte Antilles. Als die Tür hinter ihm zuglitt, erhaschte Han einen flüchtigen Blick auf den Hinterkopf eines Zivilisten, der nachdrücklich nickte, als jemand anders in scharfem Tonfall sprach. »Habt ihr euch entschieden?«

»Ja.« Han fühlte sich schon ein bisschen optimistischer; womöglich hatte Antilles bloß ein schwieriges Treffen mit ein paar einflussreichen zivilen Persönlichkeiten gehabt. »Ich hatte eigentlich daran gedacht, mich zu verpflichten.«

»Gut, das zu hören!« Antilles lächelte und streckte die Hand aus, aber in seinem Gesicht lag mehr Besorgnis, als Wärme. »Wir haben eine wichtige Aufgabe für dich.«

Han schüttelte die dargebotene Hand, doch Leia betrachtete Antilles weiterhin mit einem Ausdruck der Reserviertheit. »Wir sind gespannt darauf, mehr darüber zu erfahren«, sagte sie, »damit wir eine endgültige Entscheidung treffen können.«

Antilles tat sein Bestes, enttäuscht dreinzuschauen, beging jedoch den Fehler, seinen Atem leise durch die Nase entweichen zu lassen. Das war eine alte Sabacc-Geste, von der Han wusste, dass sie stets Erleichterung bedeutete. Was auch immer hier vorging, es stank allmählich wie ein Huttenmagen.

»Das stimmt«, sagte Han. »Warum erzählst du uns nicht, was genau du im Sinn hast?«

»In Ordnung.« Antilles zog sie von der Türwache weg und senkte die Stimme. »Wir brauchen dich, damit du ein Bündnis aushandelst.«

»Verhandeln?« Han blickte finster drein. »Ich dachte, du wolltest mich für den Militärdienst.«

»Vielleicht später.« Antilles klang nicht sehr überzeugend. »Im Augenblick ist das hier wichtiger.«

»Ich muss sagen, dass ich es töricht finde anzunehmen, dass Captain Solo mit irgendetwas anderem als einem Asteroidengürtel zurechtkommen würde«, sagte C-3PO. »Sein Temperament prädestiniert ihn nicht unbedingt für die Diplomatie.«

»Han ist ein Mann voller verborgener Talente.« Antilles hielt den Blick auf Han gerichtet. »Es gibt niemanden sonst, dem ich diese Mission zutrauen würde.«

Han grübelte nur einen Moment lang über das Kompliment nach, bevor er zu dem Schluss gelangte, dass ihn sein Freund mit einer ganzen Ladung Bantha-Poodoo fütterte. »Bei der Sache geht es um Jacen, nicht wahr?«

Antilles runzelte die Stirn. »Jacen?« Er schüttelte den Kopf. »Han, wir haben beide Kinder, die auf der anderen Seite dieses Konflikts kämpfen.«

»Syal foltert aber keine Corellianer auf Coruscant«, hielt Han dagegen. So wütend und beschämt er sich auch fühlte für das, was aus Jacen geworden war, er würde davor nicht die Augen verschließen. »Hör zu, mir gefällt das, was Jacen tut, nicht einen Funken mehr als dir, aber er ist immer noch mein Kind, und ich werde ihn nicht verleugnen. Ich kann verstehen, wenn du ein Problem damit hast.«

»Han, das habe ich aber nicht«, erwiderte Antilles. »Jacen ist vom Weg abgekommen, aber das liegt nur daran, dass er an das glaubt, wofür er kämpft. Früher oder später wird er sich daran erinnern, was Leia und du ihm beigebracht habt, um richtig von falsch zu unterscheiden, und er wird wieder auf den rechten Pfad zurückkehren.«

Leia streckte die Hand aus und drückte die von Antilles. »Vielen Dank, Wedge«, sagte sie. »Ich weiß, dass das stimmt, aber es ist ein gutes Gefühl, es jemand anderen sagen zu hören.«

»Ja, es bringt einen auf den Gedanken, dass man am Ende vielleicht doch nicht verrückt geworden ist.« Han wandte sich ab, sodass er eine Träne aus seinem Auge wegblinzeln konnte. Dann sah er wieder Antilles an. »Also, was soll ich wirklich für dich tun?«

»Wie ich dir schon sagte«, sagte Antilles, »ein Bündnis aushandeln.«

Während er sprach, wanderten der Blick des Amirals zu Leia, und Han erkannte, dass er in Wahrheit wollte, dass Leia das Bündnis aushandelte.

Han schüttelte den Kopf. »Dreipeo hat ausnahmsweise recht: Es ist nicht sonderlich klug von dir, mich darum zu bitten, irgendwelche Bündnisse auszuhandeln. Ich könnte einen Krieg anzetteln oder so was.«

Antilles stieß ein theatralisches Seufzen aus. »Komm schon, Han.« Wieder glitt sein Blick flüchtig zu Leia. »Du weißt, worum ich dich hier bitte.«

»Dann bitte mich darum«, sagte Han. »Du weißt, wie sehr ich Spielchen hasse.«

»Na gut.« Antilles wandte sich an Leia, und seine Augen begannen schneller zu blinzeln – eine weitere alte Sabacc-Geste, die für gewöhnlich bedeutete, dass das Gegenüber versuchte, einen übers Ohr zu hauen. »Ihr müsst euch darüber im Klaren sein, dass dies kein offizieller Auftrag sein kann.«

»Warum nicht?«, unterbrach Han.

»Weil ich keine Corellianerin bin«, sagte Leia. »Und ich bin eine Jedi-Ritterin. Es würde Verdacht erregen, wenn ich die Verhandlungen führte.«

»Dann willst du also, dass ich der Frontmann bin?« Han sah Antilles weiterhin unbeirrt an.

Antilles nickte. »Exakt.«

»Ich bin nicht interessiert«, sagte Han, ohne zuvor auch nur vorzugeben, über das Ansinnen nachzudenken. Er konnte Leia nicht darum bitten, im Namen einer Sache zu verhandeln, von der er wusste, dass sie sie nur zum Teil unterstützte, insbesondere, wenn Antilles selbst so offenkundige Bedenken wegen dem hegte, worum er sie ersuchte. Abgesehen davon beschlich Han der Verdacht, dass sein alter Freund verzweifelt versuchte, die Solos davon abzubringen, den Auftrag anzunehmen. »Ruf mich, wenn du jemanden zum Kämpfen brauchst.«

Er drehte sich um, um zu gehen, aber Leia packte ihn am Arm. »Han, sollten wir Admiral Antilles nicht erst einmal anhören?«

»Wofür?«

»Für Corellia.« Leia bedachte ihn mit einem ernsten Blick, der bei ihm mehr Wirkung zeigte als jede Jedi-Machtsuggestion. »Du sprichst immer davon, wie wichtig es ist, Corellias Unabhängigkeitsgeist zu bewahren. Ist es wirklich so viel verlangt, sich dafür an einen Verhandlungstisch zu setzen?«

Hans Kinnlade fiel nach unten. Leia hatte ihr Amt als Chefdiplomatin im Verlauf des Krieges gegen die Yuuzhan Vong niedergelegt, als zunehmend offensichtlicher geworden war, dass die politischen Bemühungen lediglich die Möglichkeiten der Neuen Republik untergruben, den Krieg zu gewinnen. Dass sie sich jetzt freiwillig dazu bereit erklärte, diese Rolle wieder aufzunehmen – im Namen von Corellia –, war ihm suspekt.

Er starrte sie an. »Du willst das machen?«

»Ich bin gewillt, es in Erwägung zu ziehen.« Leia wandte sich wieder Antilles zu. »Aber wir treffen keine Entscheidung, bevor wir nicht die Einzelheiten gehört haben – alle Einzelheiten.«

»Das erwartet auch niemand.« Antilles lächelte, aber der enttäuschte Ton in seiner Stimme war unmissverständlich – zumindest für jemanden, der ihn seit vierzig Jahren kannte. »Meine Befehle lauten schlicht, in Erfahrung zu bringen, ob ihr die Angelegenheit in Betracht ziehen würdet. Premierminister Gejjen wird euch über alles Weitere ins Bild setzen.«

Hans Brauen glitten in die Höhe. Dur Gejjen war an die Macht gelangt, indem er Han und Boba Fett dabei geholfen hatte, Hans größenwahnsinnigen Cousin Thrackan Sal-Solo zu töten. Anschließend hatte Gejjen das Amt des Präsidenten der Fünf Welten abgeschafft, das Sal-Solo allein zu dem Zweck ins Leben gerufen hatte, seine persönliche Herrschaft über das gesamte corellianische System auszudehnen. Hätte Gejjen es dabei bewenden lassen, hätte Han ihn für seine Integrität und Weisheit bewundert. Aber Gejjen hatte sich als nicht besser als Sal-Solo erwiesen, als er seine eigene Position betonierte, indem er dafür sorgte, dass er zum Staatschef des Planeten Corellia und zum Fünf-Welten-Premierminister ernannt wurde.

»Gejjen ist hier?«, fragte Han. »Das muss ’n Witz sein.«

»Ich fürchte, nicht.«

Antilles führte sie in den Planungsraum, eine geräumige Kammer, die von der allerneuesten Kampfkoordinationstechnik gesäumt wurde: Anzeigeschirme, die die halben Wände einnahmen, ein an der Decke montierter taktischer Holoprojektor, automatische Kaffspender in jeder Ecke. Dur Gejjen und zwei andere saßen redend an einem großen, ovalen Konferenztisch, mit einer kombinierten Daten-/Kommstation an jedem Platz.

Sobald Han und Leia den Raum betraten, beendete Gejjen die Unterredung und streckte seine Hand aus. »Captain Solo, willkommen.« Er war jung und gutaussehend, hatte dunkle Haut und schwarzes Haar, das er militärisch kurz trug. »Ich bin so erfreut darüber, dass Sie eingewilligt haben, diesen Auftrag zu übernehmen.«

»Tja, nun, freuen Sie sich lieber nicht zu sehr«, sagte Han. »Bislang habe ich noch in gar nichts eingewilligt.«

Flüchtig drückte er Gejjen die Hand, dann sah er an ihm vorbei zu den anderen. Sie waren älter – der Erste ein Mann mit sandfarbenem Haar, einem klotzigen Kiefer und ergrauendem Schnurrbart, die Zweite eine Frau in mittleren Jahren, mit einem runden Gesicht und kalten grauen Augen. Han war mit der neuen Regierung nicht vertraut genug, um sie vom Sehen her zu erkennen, aber Antilles’ Unmut und den zahlreichen Sicherheitsbeamten nach zu urteilen, die draußen warteten, nahm Han an, dass es sich um Gavele Lemora und Rorf Willems handelte. Zusammen mit Gejjen bildeten Lemora und Willems das Herz der Fünf-Welten-Regierung, in der Lemora als Geheimdienstministerin und Willems als Verteidigungsminister dienten.

Gejjen runzelte in Antilles’ Richtung die Stirn. »Ich dachte, Sie sollten sie hier nicht reinbringen, bis …«

»Admiral Antilles’ Bitte war ausgesprochen vage«, unterbrach Leia. »Han wird einige weitere Einzelheiten wissen müssen, bevor er sich dazu bereit erklären kann, als Ihr Abgesandter zu fungieren.«

»Ah, natürlich.« Gejjen blickte über seine Schulter zu der Frau mit den kalten Augen – Lemora – und wirkte erleichtert. »Es wird uns ein Vergnügen sein, ihn mit den Eckpfeilern des Auftrags vertraut zu machen.«

»Nachdem der Droide gegangen ist«, fügte Lemora hinzu und starrte C-3PO an.

»Ich kann nicht gehen!«, widersprach C-3PO. »Dann wäre ich außerstande, die Einsatzbesprechung aufzuzeichnen.«

»Genau darum geht es, Blechbirne«, sagte Willems. Er hatte eine raue Stimme und ein aggressives Gebaren. »Wir wollen nicht, dass sie aufgezeichnet wird.«

»Sind Sie sicher?«, erkundigte sich C-3PO. »Captain Solos Gedächtnisschaltkreise haben in letzter Zeit Anzeichen von Materialermüdung gezeigt. Gerade neulich hat er zu Prinzessin Leia gesagt, dass sie mit ihrem neuen Kurzhaarschnitt nicht einen Tag älter aussähe als fünfunddreißig.«

»Das meinte ich so«, knurrte Han. »Und hör auf zu lauschen.«

»Er hat keine andere Wahl, Han – er ist so programmiert«, sagte Leia. Sie wandte sich an C-3PO. »Aber ich bin sicher, dass Han immer noch imstande ist, sich ein paar schlichte Fakten zu merken. Du kannst draußen warten.«

»Sehr wohl«, sagte C-3PO beleidigt. »Ich bin in Bereitschaft, falls Sie mich benötigen.«

Nachdem er hinausgegangen war, winkte Gejjen Han und Leia zu den Sesseln. Antilles setzte sich ans Ende des Tisches, eine Platzwahl, die andeutete, dass es ihm wirklich nicht gefiel, an dieser Unterhaltung teilnehmen zu müssen.

»Ich nehme an, Sie kennen Ministerin Lemora und Minister Willems.«

Han nickte. »Ich fragte mich bloß, was das gesamte Hochkabinett den ganzen Weg hier rausführen könnte.«

»Wir befinden uns auf einer Inspektionsreise.« Lemora unternahm nicht einmal den Versuch, überzeugend zu klingen. »Was für Sie viel mehr von Belang sein dürfte, ist, dass sich eine einzigartige Gelegenheit ergeben hat.«

Bevor Han damit drohen konnte zu gehen, weil er es nicht mochte, angelogen zu werden, ließ Gejjen die Bombe platzen. »Königinmutter Tenel Ka hat sich dazu bereit erklärt, eine corellianische Delegation zu empfangen.«

»Ja, klar.«

»Das kann nicht Ihr Ernst sein!«

Han und Leia sprachen gleichzeitig, denn das Einzige, das sie vielleicht noch mehr überrascht hätte – oder mehr Zweifel geschürt hätte –, wäre, wenn Gejjen behauptet hätte, dass ihr Sohn Anakin beim Kampf gegen die Yuuzhan Vong gar nicht ums Leben gekommen wäre. Tenel Ka war ein Sprachrohr und eine sehr loyale Unterstützerin der Galaktischen Allianz, und jede Andeutung darauf, dass sie möglicherweise die Seiten zu wechseln gewillt war, war verrückt.

»Ich versichere Ihnen, es ist unser Ernst«, sagte Gejjen. »Das Hochkabinett ist nicht hier herausgekommen, um Ihnen einen Streich zu spielen.«

»Dann hat Sie jemand mit falschen Informationen versorgt«, entgegnete Han. »Es ist undenkbar, dass Tenel Ka Corellia zu unterstützen bereit ist. Sie hat bereits zwei ihrer Kampfflotten dem Kommando der Allianz unterstellt.«

Gejjen zeigte sich unbeeindruckt. »Und wenn sich das ändern würde, wäre die Galaktische Allianz gezwungen, ihre Haltung in Bezug auf Corellia noch einmal zu überdenken.«

»Die Einladung ist echt«, versicherte Lemora ihnen. »Die Königinmutter hat am Zwanzigsten einen halben Tag lang für uns Zeit. Können Sie Hapes bis dahin erreichen?«

»Sicher.« Han blickte zum Ende des Tisches hinüber und stellte fest, dass Antilles in die Ecke schaute, augenscheinlich über die Wunder automatischer Kaffspender sinnierend. »Wenn es irgendwelchen Sinn macht hinzufliegen.«

»Ich glaube, was Han sagen möchte, ist, dass dieses Angebot sonderbar klingt.« Leia sah Han wie um Bestätigung heischend an, doch in Wahrheit signalisierte sie ihm mitzuspielen. »Wir kennen Tenel Ka beide gut genug, um sicher zu sein, dass sie niemals die Seiten wechseln würde.«