Star Wars™ Das Verhängnis der Jedi-Ritter 9 - Troy Denning - E-Book

Star Wars™ Das Verhängnis der Jedi-Ritter 9 E-Book

Troy Denning

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Beschreibung

Die galaktische Apokalypse hat begonnen …

In einem atemberaubenden Kampf gelingt es einigen Jedi-Rittern endlich, Infiltratoren der Sith auf Coruscant zu entlarven und unschädlich zu machen. Aber der Sieg über das grausame Wesen, das die ganze Galaxis bedroht, ist alles andere als gewiss, und die Zukunft Coruscants und der Galaktischen Allianz steht auf dem Spiel. Als Luke, Ben und ihre Verbündeten ihre letzten Kräfte sammeln, offenbart sich plötzlich die schreckliche Wahrheit über die Dunkle Seite – die den Jedi-Orden und die Macht selbst bis ins tiefste Innere erschüttert.

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Seitenzahl: 851

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Troy Denning

APOKALYPSE

Das Verhängnis der Jedi-Ritter 9

Aus dem Englischen

von Andreas Kasprzak

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel »Star Wars™ Fate of the Jedi 09. Apocalypse« bei Del Rey/The Ballantine Publishing Group, Inc., New York.

bei Blanvalet, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Copyright © 2012 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved. Used under authorization.

Translation Copyright © 2013 byPenguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Covergestaltung: Isabelle Hirtz, München, nach einer Originalvorlage

Cover Art Copyright: © 2012 by Lucasfilm Ltd.

Jacket design and illustration: Ian Keltie

Redaktion: Marc Winter

HS · Herstellung: sam

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN 978-3-641-07843-0V002

www.blanvalet.de

Für Sue Rostoni.

Es war mir eine Ehre und ein Vergnügen, mit dir im Erweiterten Star-Wars-Universum zusammenzuarbeiten. Viel Spaß bei deinem nächsten Abenteuer!

Dramatis Personae

ABELOTH; weibliche Wesenheit

ALLANA SOLO; junges Mädchen (Mensch)

BEN SKYWALKER; Jedi-Ritter (Mensch)

C-3PO; Protokolldroide

CORRAN HORN; Jedi-Meister (Mensch)

HAN SOLO; Captain des Millennium Falken (Mensch)

JAGGED FEL; Staatschef des Galaktischen Imperiums (Mensch)

JAINA SOLO; Jedi-Ritterin (Mensch)

LEIA ORGANA SOLO; Jedi-Ritterin (Mensch)

LUKE SKYWALKER; Jedi-Großmeister (Mensch)

R2-D2; Astromechdroide

RAYNAR THUL; Jedi-Ritter (Mensch)

SABA SEBATYNE; Jedi-Meisterin (Barabel)

TAHIRI VEILA; ehemalige Jedi-Ritterin (Mensch)

VESTARA KHAI; ehemalige Sith-Schülerin (Mensch)

WYNN DORVAN; amtierender Staatschef der Galaktischen Allianz (Mensch)

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …

1. Kapitel

Der Sternenkreuzer trat in die Umlaufbahn des Planeten Coruscant ein, und jenseits der Observationskuppel kam die funkelnde Weite von Milliarden goldener Lichter in Sicht. Tausend Jahrhunderte voller Streit und Konflikte hindurch waren diese Lichter niemals erloschen. Nichts konnte ihren Schein dämpfen – nicht die Versklavung durch die Rakata, nicht die Tyrannei des Imperiums, nicht das Chaos des Bürgerkriegs. Auch jetzt leuchteten sie weiter, in diesem neuen Zeitalter der schleichenden Schatten, in dem getarnte Feinde die Galaktische Allianz beherrschten und Sith-Lords im Jedi-Tempel selbst schliefen. Doch als Jaina Solo nun all diese strahlenden Lichter sah, fragte sie sich unwillkürlich, ob es die Billion Bewohner von Coruscant überhaupt kümmerte, wer den bevorstehenden Krieg gewann – ob es für sie überhaupt von Bedeutung war, dass sie unter der Herrschaft der Sith lebten, solange nur diese Milliarden Lichter nicht erloschen.

Die Antwort darauf offenbarte sich ihr fast noch im selben Moment, in Form eines düsteren Kribbelns in der Macht, das bloß eins bedeuten konnte: Sith. Jaina richtete ihren Blick auf das Innere des Sternenkreuzers, wo die geschäftige Menge der Passagiere in der Luft hing, durch Transitgeschirre an den Wänden der Zweite-Klasse-Kabine fixiert. Ein Beamter der Einwanderungsbehörde Coruscants schwebte den zentralen Mittelgang entlang. Sein Null-G-Antriebsrucksack stieß leise Zischlaute aus, als er wie in Zeitlupe Räder schlug und von jedem Reisenden seinen Identichip und zehn Credits »Expressabfertigungsgebühr« verlangte. Seine beiden bothanischen Begleiter glitten hinter ihm her und verzogen jedes Mal angewidert die Schnauzen, wenn ihr Vorgesetzter eine weitere Bestechungszahlung entgegennahm.

Gerne hätte Jaina geglaubt, dass der Beamte bloß ein habgieriges Sith-Schwert war, das sich die Taschen vollzumachen versuchte, aber sie wusste es besser. Vestara Khai, die erst kürzlich vom Vergessenen Stamm der Sith zu ihnen übergelaufen war, hatte die Angriffsteams ermahnt, die Augen offen zu halten. Während der Einsatzbesprechungen hatte Vestara nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die Sith alles andere als dumm waren. Nachdem sie sich in den Senat der Galaktischen Allianz eingeschlichen hatten, war zweifellos schnellstmöglich alles Notwendige in die Wege geleitet worden, um auch die Kontrolle über die Einwanderungsbehörde Coruscants und andere wichtige Ämter zu übernehmen. Sie mussten damit rechnen, dass die Jedi kommen würden, und dementsprechend würden sie wachsam nach Eindringlingen Ausschau halten – und ein paar Credits von den Fluggästen zu erpressen, war die perfekte Tarnung, um nach Feinden zu suchen.

Der Inspekteur hielt neben einem menschlichen Geschwisterpaar inne, beide Ende zwanzig, schlank und gutaussehend, mit müden Augen und schmalen, ausdrucksstarken Mündern. Ihr beider Haar war braun, das der Frau mit einem rötlichen Schimmer. Ihre tiefe Verbundenheit zueinander zeigte sich deutlich in der Art und Weise, wie sie weiterhin Schulter an Schulter verharrten, als sie sich dem Team von der Einwanderungsbehörde zuwandten.

Der Inspekteur begab sich in dieselbe Position, in der die Geschwister schwebten – von Jaina aus gesehen mit dem Kopf nach unten –, und musterte die beiden, ohne etwas zu sagen oder die Hand nach ihren Reisedokumenten auszustrecken. Diese unerwartete Abweichung von seinem üblichen Vorgehen jagte Jaina einen kalten Schauer über den Rücken, doch sie stieß rasch einen beruhigenden Atemzug aus und zwang sich dazu, sich zu entspannen. Wenn sie zuließ, dass ihre Unruhe in der Macht spürbar wurde, würde sie den Inspekteur damit bloß in seiner Annahme bestärken, dass er auf etwas gestoßen war, das einer eingehenderen Überprüfung bedurfte.

Die Geschwister, die Jedi-Ritter Valin und Jysella Horn, hielten ihm weiter ihre Dokumente hin und vermittelten dabei glaubhaft den Eindruck zweier gewöhnlicher, ein bisschen nervöser Fluggäste. Der Inspekteur kniff die Augen zusammen und wartete, um ihnen Gelegenheit zu geben, sich zu verraten, indem sie irgendetwas Dummes taten. Vermutlich würde Jaina niemals erfahren, was genau den Argwohn des Sith erregt hatte, aber was sie wusste, war, dass das Ganze auf die eine einzige Schwäche im Angriffsplan der Jedi-Meister hinwies. Diese Sith waren ebenso vorsichtig wie fähig und den Jedi zahlenmäßig zehn zu eins überlegen.

Schließlich forderte der Inspekteur: »Ihre Dokumente!«

Valin und Jysella streckten ihre Hände aus, in denen beide ein kleines Bündel mit ihrem Reisebeleg, einem gefälschten Identichip und der Expressabfertigungsgebühr hielten. Der Inspekteur nahm zunächst Jysellas Bündel entgegen, schob ihren Chip dann in einen tragbaren Kartenleser und verglich die angezeigten Daten mit dem Herkunftsort, der auf dem Beleg angegeben war.

»Sie wurden auf Kalla Sieben geboren?«, fragte der Inspekteur.

»Richtig«, log Jysella. »Wir beide, mein Bruder und ich.«

Der Inspekteur warf Valin einen Blick zu und fragte: »Sind Sie auf einem Familienausflug?«

Valin schüttelte den Kopf. »Nein, meine Schwester und ich reisen allein.«

»Ist das so?« Die Fragen waren banal, von der Art, wie Zollbeamte überall in der Galaxis sie stellten, um etwaige Ungereimtheiten in den Angaben ihrer Gegenüber aufzudecken. Doch Jaina wusste, dass der wahre Test auf einer anderen Ebene stattfinden würde, nämlich, wenn der Inspekteur die Machtauren der beiden nach dem bitteren Geschmack einer Lüge durchforschte. »Sind Sie dann hier, um Angehörige zu besuchen?«

»Nein«, entgegnete Jysella selbstbewusst. Wie jeder Jedi dieses Angriffsteams hatte auch sie wochenlang trainiert, um ihr Geschick im Lügen zu perfektionieren, ohne sich dabei in der Macht zu verraten. »Wir sind Touristen.«

»Ich verstehe.« Der Inspekteur warf erneut einen flüchtigen Blick auf ihren Reisebeleg, ehe er sich in beiläufigem Tonfall an Valin wandte. »Viertausend Credits sind eine Menge Geld, nur um sich ein paar Monumente und Museen anzuschauen. Das hätten Sie übers HoloNet erheblich günstiger haben können.«

»Um den Rest unseres Lebens in der unteren Führungsebene festzusitzen?«, gab Valin zurück. »Wohl kaum.«

»Wer nicht auf Coruscant war«, fügte Jysella hinzu, »bringt es bei der UHAG nicht allzu weit.«

»UHAG?«, echote der Inspekteur.

»Unbegrenzte Horizonte AG«, erklärte sie, und es gelang ihr, gerade so überrascht zu klingen, um den Eindruck zu erwecken, eigentlich davon ausgegangen zu sein, dass jeder wusste, wofür diese Abkürzung stand. »Sie wissen schon – UHAG, das Unternehmen, das den Großteil der Pallodenit-Vorkommen im Korporationssektor kontrolliert. Klingelt da was?«

»Ah … dieseUHAG.« Offensichtlich hatten sie den Inspekteur mit dieser Strategie aus dem Konzept gebracht – genau, wie Vestara es vorausgesagt hatte. Die größte Schwäche des Vergessenen Stammes bestand darin, dass die Sith nur wenig über den Rest der Galaxis wussten. Vestara hatte ihnen erklärt, dass die schnellste Methode, ein getarntes Mitglied des Vergessenen Stammes in die Defensive zu drängen, die war, sich diese Unwissenheit zunutze zu machen. »Es gibt einfach zu viele von denen.«

Nachdem der Inspekteur das Bestechungsgeld eingesteckt und Jysella ihre Reisedokumente zurückgegeben hatte, konnte Jaina endlich wieder entspannter atmen. Sie wandte den Blick wieder der Observationskuppel zu und verfolgte, wie die Schlichte Dame die Tag-Nacht-Grenze des Stadtplaneten passierte und in Coruscants Tageslichtseite eintauchte. Sie wusste, dass es jetzt nicht mehr lange dauern würde, bevor sie sich unten auf der Oberfläche befand und darum kämpfte, ihre Heimatwelt zu retten … wieder einmal.

Bazel Warv war der »Jadestampfer«, ein gefeierter ramoanischer Schweberinger. Seff Hellin war sein menschlicher Manager und Vaala Razelle dessen Arcona-Assistentin. Die drei waren gerade von einer Reihe erbitterter Zweikämpfe im Bothan-System zurückgekehrt und bahnten sich nun durch den Galaktischen Zentralraumhafen ihren Weg zu einem Meisterschaftstitelkampf in der Iblis-Kuppel. Alles, was Bazel tun musste, war, sich das alles einzuprägen – und daran zu glauben. Überzeugung war der Schlüssel, um die Fähigkeit eines Machtnutzers zu überlisten, Lügen zu wittern. Solange sich Bazel tatsächlich wie der Jadestampfer fühlte – wie der neueste, strahlendste aufstrebende Star, den die Pangalaktische Ringervereinigung gegenwärtig zu bieten hatte –, würde er keine Schwierigkeiten haben, Coruscants neue Einwanderungsbeamte an der Nase herumzuführen. Zumindest hatte seine Freundin Yaqeel Saav’etu ihm das versichert.

Bazel ließ seinen Blick über das Meer aus Köpfen schweifen, das sich in Abfertigungshalle 757 drängte, und entdeckte Yaqeel drei Reihen weiter. Sie war bereits bei ihrem Schalter angelangt und stand neben einem weiteren Bothaner, Yantahar Bwua’tu. In die aschgrauen Westen von Geschäftsleuten gekleidet befanden sich die beiden Jedi-Ritter an der Spitze einer langen Schlange von Passagieren, die ungeduldig darauf warteten, endlich den Planeten betreten zu dürfen, der seine Besucher einst mit offenen Armen empfangen hatte. Bislang schienen die Coruscanti zu akzeptieren, dass diese neuen Sicherheitsvorkehrungen allein den zunehmenden Schmuggelgeschäften der Spicebarone geschuldet war, und Bazel war froh darüber. Es gab keinen Grund, warum die Bürger von Coruscant Schaden nehmen sollten – nicht, wo die Jedi eigens kamen, um sie zu retten.

Zunächst einmal mussten die Jedi allerdings die Abfertigungsschalter passieren, und zumindest Yaqeel und Yantahar schienen mit diesem Teil des Plans gewisse Schwierigkeiten zu haben. Zu dem für sie zuständigen Duros-Beamten hatte sich ein weiblicher Captain gesellt, eine Blondine mit schmalen Augen, die Bazel für eine Menschenfrau ziemlich hübsch fand. Sie bombardierte die Bothaner schneller mit Fragen, als sie sie beantworten konnten. Unterdessen stand bei einer nahe gelegenen Wachstation ein Trupp vom Sicherheitsdienst der Galaktischen Allianz in voller Einsatzrüstung bereit. Ganz offensichtlich stimmte irgendetwas nicht.

Bazel drehte ein Ohr in Yaqeels Richtung, während er bewusst das allgemeine Stimmengewirr in der Schalterhalle ausblendete und sich der Macht öffnete. Einige Meter hinter ihm lastete der kühle Nebel der Furcht über der Schlange, aber dergleichen hatte er schon mehrmals gespürt, seit sie von Bord des Sternenkreuzers gegangen waren. Der Aura selbst schien nichts Bedrohliches anzuhaften, deshalb ignorierte er sie und konzentrierte sich stattdessen auf die Unterhaltung zwischen seinen Freunden und dem blonden Captain von der Einwanderungsbehörde. Der bittere Eindruck einer dunklen Machtaura ließ seine dicke Haut kribbeln, und mit einem Mal verstand er, warum seine bothanischen Freunde solche Probleme hatten.

Sith.

Ohne auf das zunehmende Drängeln der Menge hinter sich zu achten, dehnte Bazel seine Machtwahrnehmung in Richtung der Wachstation aus. Zu seiner Erleichterung gewahrte er dort allerdings bloß die schwachen Auren nicht machtsensitiver Sicherheitsleute. Der weibliche Captain der Einwanderungsbehörde war die einzige Sith in der Nähe – vermutlich bloß ein Schwert, das den Auftrag hatte, die Abfertigungshalle im Auge zu behalten.

»… sind den ganzen weiten Weg nach Coruscant gekommen, nur um eine Bestellung zu tätigen, die Sie genauso gut auch überall sonst in der Galaxis hätten aufgeben können?«, fragte der falsche Captain gerade. »Das Hydrologische Gemeinschaftsinstitut ist wohl kaum der einzige Tibanna-Gas-Anbieter im Mittleren Rand.«

»Aber es ist der einzige mit Zugang zum Hutt-Raum«, erwiderte Yantahar mit seiner harschen Bothaner-Stimme. »Und da Nar Kagga das bewohnte System ist, das dem Standort unseres Projekts am nächsten ist, wollen wir natürlich sicherstellen, dass die Versorgung gewährleistet ist, bevor wir mit den Arbeiten beginnen.«

»Und dieses Projekt … Worum genau geht es dabei?«, fragte die blonde Sith.

»Ich fürchte, das ist ein Geschäftsgeheimnis.« Yaqeel schaute sich an dem Einreiseschalter um und fügte dann hinzu: »Die Konkurrenz hat ihre Spione überall, Captain. Ich bin sicher, das verstehen Sie.«

Die Erwiderung der Sith konnte Bazel nicht mehr hören, da sein menschlicher »Manager« just in diesem Moment das Handgelenk des massigen Ramoaners packte und fragte: »Stampfer, machst du vielleicht gerade ein Nickerchen?« Seff Hellin trat vor, bestrebt, Bazel in die Lücke zu ziehen, die sich in der Schlange vor ihnen aufgetan hatte. »Wir halten den Verkehr auf.«

Bazel schenkte ihm keinerlei Aufmerksamkeit, da der falsche Captain drüben beim Schalter, an dem seine Freunde befragt wurden, über Yaqeels Schulter zur Wachstation hinüberblickte. Auf ein knappes Nicken der Sith hin zogen die Wachen ihre kurzläufigen, eigens für den Einsatz in Stadtgebieten entwickelten Merr-Sonn-Blastergewehre vom Typ Urban und näherten sich dem Schalter.

Vaala ergriff Bazels anderes Handgelenk. »Mächtiger Stampfer, Sir.« Die Stimme der Arcona war sanft und quirlig. »Wir sollten jetzt wirklich weitergehen.«

Bazel schüttelte den Kopf, ehe er durch die Begrenzungsstrahlen trat, die die Ränder des Anstellbereichs markierten. Seff und Vaala stießen ein einhelliges Seufzen aus und verließen ebenfalls die Schlange, um Bazel zu folgen, wobei jeder von ihnen zwei teure Levalug-Reisekoffer hinter sich herzog, die groß genug waren, dass Vaala bequem darin hätte schlafen können.

»Stampfer!«, knurrte Seff, der genau das richtige Maß an Frustration in seine Stimme legte, um wie ein abgespannter Manager zu klingen, der mit den Nerven am Ende ist. »Wir haben jetzt keine Zeit für deine Temperamentsausbrüche. Das offizielle Wiegen beginnt bereits in zwei Stunden.«

Dann würden sie das Wiegen eben verpassen, grollte Bazel in seiner Muttersprache Ramoanisch. Falls nötig, konnte er sich zwar auch auf Basic verständlich machen, doch sein großer Mund hatte Probleme, die schwierigen Vokale und feinen Konsonanten der Gemeinsprache zu bilden, und jetzt sollte keinerlei Unklarheit an seinen Worten bestehen. Yaqeel steckte in Schwierigkeiten, erklärte er ihnen weiter, und er würde den Raumhafen nicht eher verlassen, bevor er nicht wusste, dass sie in Sicherheit war.

Seff ächzte und vermied es ganz bewusst, zu Yaqeel und Yantahar hinüberzuschauen. »Damit, dass wir unnötig Aufmerksamkeit auf uns ziehen, ist niemandem geholfen, Stampfer«, sagte er. »Unsere Freunde können auf sich selbst aufpassen.«

Noch während Seff sprach, legten die GAS-Leute mit ihren Blastergewehren an und schwärmten hinter den beiden Bothanern aus, woraufhin Yaqeel und Yantahar widerstrebend ihre Westen öffneten und der Sith-Captain vortrat, um sie zu filzen. Bazel wusste, dass die Frau keine Lichtschwerter oder irgendetwas anderes finden würde, das seine Freunde als Jedi-Ritter enttarnen könnte. Die Ausrüstung des Angriffsteams war bereits vor ihnen auf Coruscant eingetroffen und würde ihnen später von einem Angehörigen der Club-Bwua’tu-Widerstandsbewegung übergeben werden. Doch Bazel wusste auch, dass die Sith seine Freunde überhaupt nicht durchsuchen würde, wenn sie nicht gespürt hätte, dass hier etwas faul war. Er musste einen Weg finden, um sie abzulenken, und zwar, bevor sie ihren Verdacht bestätigt fand … mit einem Ablenkungsmanöver, das nicht wie ein Ablenkungsmanöver wirkte.

Vaala schloss ihre dreifingerige Hand fest um einen von Bazels Stummelfingern und bog ihn unauffällig gegen das Gelenk. »Mächtiger Stampfer, Sir, wir müssen uns auf unseren Kampf konzentrieren.« Sie versuchte, ihn durch die Begrenzungsstrahlen zurück in die Schlange zu führen. »Die, äh, Meisterschaft findet auch dann statt, wenn einige der Teilnehmer es nicht rechtzeitig in die Arena schaffen.«

Bazel ballte die Hand zur Faust, damit Vaala aufhörte, ihm den Finger zu verdrehen, und verharrte, wo er war. Wenn es schon zwei cleveren Bothanern nicht gelang, an den Einwanderungsinspekteuren vorbeizukommen, entgegnete er leise, sei es lächerlich zu glauben, dass ausgerechnet ihm das gelang. Davon abgesehen hatten sie keine Ahnung, wie viele ihrer Mitstreiter bereits gefangen genommen worden waren, und falls es den Sith auch nur gelang, zwei der Teams zu schnappen, die sich auf den Planeten zu schleichen versuchten, wäre der Überraschungseffekt, auf den die Jedi bei ihrem Angriff bauten, dahin – was bedeutete, dass die Schlacht dann sehr schnell um sich greifen und gewaltige Dimensionen annehmen würde. Viele unschuldige Zivilisten würden ins Kreuzfeuer geraten, vielleicht sogar Millionen von ihnen, und das würde Bazel nicht zulassen. Er würde einen anderen Weg finden, um ihr Ziel zu erreichen.

Seff stieß verzweifelt den Atem aus. »Was für einen anderen Weg?«

Der Ramoaner war sich nicht sicher. Vielleicht, schlug er vor, könne er einen Wutanfall bekommen. Das würde die Aufmerksamkeit der Sith ganz sicher von Yaqeel und Yantahar ablenken.

»Wäre das nicht ein wenig zu offensichtlich, mächtiger Stampfer, Sir?«, fragte Vaala.

Bazel nickte. Er erinnerte seine Begleiter daran, dass taktische Planung noch nie seine Stärke gewesen sei, aber da Seff und Vaala offenbar nur ihre Befehle befolgen wollten, bedeutete das, dass er sich wohl selbst etwas einfallen lassen musste. Vielleicht sollte er sich einfach mit den Ellbogen zur Spitze der Schlange vorarbeiten und dann versuchen, sich an dem Abfertigungsschalter vorbeizudrängeln …

»Wie, damit sie dich einsperren?« Seff senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Glaubst du wirklich, dass es dir eher gelingt, einen Vernehmungsbeamten hinters Licht zu führen, als zwei Bothanern?«

Bazel musste zugeben, dass das äußerst unwahrscheinlich war. Was er tun musste, war, dem falschen Captain der Einwanderungsbehörde einen anderen Grund für die Anspannung zu liefern, die sie in Yaqeels und Yantahars Machtauren zu spüren schien. Er dachte einen Moment lang nach, ehe er in die Schlange zurückkehrte, aus der er gerade herausgetreten war, und sich der Macht öffnete.

Kurz darauf spürte er von Neuem den kühlen Schleier der Furcht, der ihm schon zuvor aufgefallen war, eine Wolke aus Verunsicherung und Schrecken, die sich auf eine kleine Gruppe amphibischer Ishi Tib konzentrierte, die eindeutig nicht über die neuen Sicherheitsbestimmungen auf Coruscant informiert worden waren. Die drei Frauen schoben sich widerwillig vorwärts, vorangetrieben von der drängenden Menge hinter ihnen, während ihr männlicher Begleiter gemächlich seine Augenstiele schwenkte und versuchte, unauffällig zu wirken, während er nach einer Möglichkeit suchte, den Einreiseschalter zu umgehen. Alle vier hatten identisches Gepäck bei sich – große Reisekoffer aus Kaadu-Leder mit dazu passenden Taschen, die sie sich über die Schultern geschlungen hatten –, und das Widerstreben, ihr Gepäck neben sich auf dem Boden abzustellen, verriet Bazel, dass sie ebenso viel Angst davor hatten, ihre Koffer zu verlieren, wie davor, mit ihrem Inhalt erwischt zu werden.

Spice!

Der Ramoaner schob sich erneut durch den Begrenzungsstrahl und setzte behutsam die Macht ein, damit die Menge sich vor ihm teilte, ehe er sich seinen Weg in Richtung der Schmugglergruppe bahnte. Seff und Vaala folgten ihm dicht auf den Fersen.

Seff griff nach seinem Ärmel. »Stampfer, der Abfertigungsschalter ist in der anderen Richtung.«

Bazel knurrte Seff und Vaala zu, sie sollten einfach weitergehen – er habe einen besseren Plan.

»Ich bin mir nicht sicher, ob derartige Planänderungen momentan so eine gute Idee sind«, wandte Vaala ein. »Die Organisatoren zählen auf Euch.«

Die Organisatoren zählten auf sie alle, erinnerte Bazel sie, und falls er eine Möglichkeit sah, Yaqeel und Yantahar zu retten, würde er es in jedem Fall auf einen Versuch ankommen lassen. Er gelangte zu einem Aqualishaner-Pärchen, das nun, wo Bazel den Weg freigemacht hatte, die Gelegenheit nutzte, um sich weiter nach vorn zu schieben. Die beiden starrten ihn trotzig an, als würden sie bloß darauf warten, dass er protestierte. Stattdessen schob er sie einfach mit der Schulter beiseite und ging zu den Ishi Tib hinüber, die instinktiv vor ihm zurückwichen und wirkten, als würden sie jeden Moment die Flucht ergreifen.

Bazel lenkte sie ab, indem er beschwichtigend eine stummelfingrige Hand hob, dann sprach er sie auf Basic an und warnte sie vor der Sicherheitskontrolle weiter vorne.

Der Ishi-Tib-Mann reckte verwirrt seine Augenstiele in die Richtung, in die Bazel wies. »Wie bitte?«, fragte er. »Rolle von vorn?«

»Weiter vorne findet eine Sicherheitskontrolle statt«, klärte Vaala sie auf, während sie an Bazels Seite trat. Dann blickte sie zu ihm auf und gab ihm lautlos zu verstehen, dass sie mit seinem neuen Plan einverstanden war, wenn auch nur widerstrebend. Als sie sich anschließend wieder den Schmugglern zuwandte, legte sie mit der Macht ein wenig Nachdruck in ihre Stimme. »Ihr solltet euer Gepäck besser unserem Freund geben, damit er es für euch durch die Kontrolle bringt.«

Die Schnäbel der Ishi Tib klappten überrascht auf. »Ihr gehört zu … denen?«

»Dachtet ihr wirklich, dass sie bei einer so großen Lieferung irgendwelche Risiken eingehen würden?«, gab Seff zurück, der sich nun ebenfalls zu ihnen gesellte. Als sich die Schlange allmählich an ihnen vorbeidrängte, senkte er die Stimme und deutete auf Bazel. »Ihr solltet ihm lieber jetzt sofort eure Koffer geben.«

Die Augenstiele des Ishi Tib bebten leicht, und er wandte sich an seine drei Begleiterinnen. »Wir sollten ihm unsere Koffer geben.« Damit drückte er Bazel seinen Reisekoffer in die Hand, ehe er die Tasche von der Schulter nahm und sie ihm ebenfalls reichte. »Jetzt sofort.«

Die drei Frauen kamen der Aufforderung nur allzu bereitwillig nach, und wenige Sekunden später hingen Bazel vier Taschen vom Hals, während er sich die vier schweren Koffer unter die Arme geklemmt hatte.

Seff verfolgte, wie die ungemein erleichterten Ishi Tib wieder mit der Menge in der Schlange verschmolzen, bevor er zu Bazel aufschaute. »Bist du dir sicher, dass du das durchziehen willst?«

Bazel ließ seinen Blick durch die Halle zu Yaqeel und Yantahar hinüberschweifen. Sie hatten bereits ihre Westen abgelegt und standen jetzt mit hinter dem Kopf verschränkten Fingern da, während der weibliche Captain ihre Taschen durchsuchte. Sobald die Sith etwas fand, was sie als Vorwand für eine Verhaftung benutzen konnte, würde sie ihre Freunde ihren Vorgesetzten zur »Befragung« übergeben. Bazel wusste, dass Yaqeel und Yantahar jedem gewöhnlichen Verhör standhalten würden, doch einer Machtfolter konnte niemand trotzen. Unter dieser Art von Druck würde selbst Yaqeel wichtige Informationen über den Plan der Jedi preisgeben – beispielsweise, dass Nek und Eramuth Bwua’tu ein geheimes Spionagenetzwerk leiteten, oder wie viele Jedi-Ritter auf Coruscant gelandet waren. Vielleicht würde sie sogar verraten, wie viel die Jedi tatsächlich darüber wussten, was auf dem Planeten vorging.

Bazel nickte. Er versicherte seinen Gefährten, dass er am vereinbarten Treffpunkt wieder zu ihnen stoßen würde, und dann bahnte er sich seinen Weg durch die Schalterhalle, hinüber zu seinen Freunden. Obgleich es für ein Wesen seiner Größe schlichtweg unmöglich war, sich durch so viele Abfertigungsschlangen zu drängeln, ohne Aufmerksamkeit zu erregen, versuchte Bazel, genau das zu vermeiden, während er sich von der Seite her durch eine Reihe nach der anderen schob und jedem drohende Blicke zuwarf, der wirkte, als wolle er protestieren, um so jeden Tumult im Keim zu ersticken. Als er schließlich die Schlange mit den beiden Bothanern erreichte, schauten der Sith-Captain und die GA-Sicherheitsleute stirnrunzelnd in seine Richtung.

Die Koffer der Ishi Tib noch immer unter seine langen Arme geklemmt, wandte Bazel den Blick ab und tat so, als würde er nicht merken, dass man ihn beobachtete. Natürlich konnte er damit niemanden zum Narren halten.

»Sie da!«, brüllte die Sith. »Treten Sie vor!«

Bazel schaute weiter hoch zur Decke und gab vor, eine der riesigen Leuchtkugeln zu betrachten, die in der Halle für Helligkeit sorgten.

»Sie da – der große Grüne!«, rief die Sith erneut. »Kommen Sie her!«

Bazel drehte den Kopf weg und vernahm dann das Geräusch von zwei GAS-Wachen, die sich durch die Menge schoben. Er fing an, sich von ihnen zu entfernen. Die Menge vor ihm teilte sich nun, weil keiner in einen Kampf verwickelt werden wollte.

Die näselnde Stimme eines Rodianers befahl: »Halt!«

»Zwing uns nicht, das Schocknetz einzusetzen, Großer«, fügte die zweite Wache, ein Mensch, hinzu. »Du kommst hier nicht raus.«

Bazel ließ das Kinn sinken und stieß einen langen Seufzer aus, bei dem seine Lippen flatterten, ehe er sich langsam umdrehte, um die beiden Sicherheitsleute anzusehen. Der Mensch zielte mit einem Netzgewehr mit breitem Lauf auf ihn, während der Rodianer sein Blastergewehr an die Schulter gelegt hatte.

»Redet ihr mit mir?«, fragte Bazel in seinem grollenden Basic. »Tut mir leid, das wusste ich nicht.«

Die Wachen runzelten angesichts seines starken Akzents die Stirn. Dann bedeutete der Rodianer ihm, rüber zur Inspektionsstation zu gehen. »Captain Suhale will dich sehen.«

»Ihr lasst mich ganz vorne in die Reihe?« Bazel ließ ein gespieltes nervöses Grinsen sehen. »Vielen Dank.« Er machte ein Dutzend Schritte auf das vordere Ende der Schlange zu, wobei er so auffällig wie möglich versuchte, die Blicke zu meiden, die die Sith-Frau – Captain Suhale – und die beiden Bothaner, die sie gerade befragte, ihm zuwarfen.

Suhale ließ ihn weitergehen, bis er fast an der Kontrollstation vorbei war, ehe sie mit einer Stimme, die so eisig war, dass sie den Ramoaner erschaudern ließ, sagte: »Ich werde ihnen befehlen, das Feuer zu eröffnen, wenn Sie nicht unverzüglich stehen bleiben.«

Bazel verharrte mitten in der Bewegung und drehte sich langsam zu ihr herum. Aus der Nähe wirkte die Frau eher einschüchternd als schön. Sie hatte kalte, lavendelfarbene Augen, und ihre Wangenknochen standen so scharf vor, als wären sie aus Stein gemeißelt. Er warf Yaqeel und Yantahar einen raschen Blick zu. Diese schafften es, sich nichts von der Besorgnis anmerken zu lassen, die sie womöglich empfanden, dann sah Bazel so hastig weg, dass er beinahe fühlen konnte, wie Yaqeel ob seiner Ungeschicklichkeit zusammenzuckte.

Perfekt.

»Danke«, sagte Suhale. »Und nun verraten Sie mir bitte, warum Sie sich so für diese beiden Bothaner interessieren?«

»Bothaner?« Bazel sah ganz bewusst nicht in Yaqeels Richtung. »Ich kenne keine Bothaner.«

Suhales Augen blitzten. »Sie lügen«, sagte sie, »und ich möchte wissen, warum. Sollen wir mal einen Blick in all diese Reisetaschen werfen, die Sie da mit sich herumschleppen?«

Bazel schüttelte den Kopf und klemmte die Koffer noch fester unter seine Arme.

»Das war keine Bitte.« Suhale nickte einem der Wachmänner zu, und der Rodianer drückte Bazel die Mündung seines Blasters ins Kreuz. »Koffer auf den Tisch!«

Bazel atmete vernehmlich aus, dann schaute er wie um Erlaubnis heischend zu Yaqeel hinüber.

Yaqeel runzelte offenkundig verwirrt die Stirn, ehe sie wissen wollte: »Warum starrst du mich so an, du grünes Etwas?«

»Dasselbe habe ich mich auch gerade gefragt«, sagte Suhale. Sie krümmte einen Finger und bedeutete Bazel vorzutreten. »Na los! Die Angelegenheit wird ausgesprochen unangenehm werden, wenn ich gezwungen bin, das noch einmal zu sagen.«

Zögerlich legte Bazel die Koffer auf den Inspektionstisch, ehe er auch die dazugehörigen Reisetaschen abstreifte und sie danebenstellte.

»Das war doch gar nicht so schwer, oder?« Suhale deutete auf den ersten Koffer. »Aufmachen.«

Bazel stellte den Koffer aufrecht hin, beugte sich dann über die Verschlüsse … und da erkannte er die Schwachstelle in seinem Plan – Schlösser. Überzeugt davon, dass sein Daumenabdruck den Sicherheitsmechanismus garantiert nicht öffnen würde, dachte Bazel einen Moment lang nach und versuchte, sich an seine Lehrstunden über Spiceschmuggel zu erinnern. Schließlich hielt er seinen großen Daumen über das winzige Scannerfeld und zuckte mit den Schultern. »Ich kann die Koffer nicht öffnen.«

Suhale runzelte die Stirn. »Was soll das heißen, Sie können die Koffer nicht öffnen?«, schnappte sie. »Das sind doch Ihre, oder etwa nicht?«

Bazel wandte sich Yaqeel zu. Die Art und Weise, wie sie die Augen zusammengekniffen hatte, deutete darauf hin, dass sie seinen Plan endlich verstand, aber sie schürzte lediglich die Lippen und schnauzte: »Wie ich schon sagte: Warum starrst du mich so an?«

»Weil die Koffer offensichtlich Ihnen gehören«, sagte Suhale. »Machen Sie sie auf. Sofort!«

»Machen Sie sie doch auf«, gab Yaqeel zurück. »Das sind nicht meine.«

»Und meine auch nicht«, fügte Yantahar hinzu, bevor Suhale auch nur in seine Richtung schauen konnte. »Ich habe diese Koffer noch nie zuvor gesehen. Und das große, grüne Etwas auch nicht.«

»Na schön«, meinte Suhale und zog ein Vibromesser aus ihrem Ausrüstungsgürtel. »Dann öffne ich sie eben.«

Doch bevor sie die Klinge aktivieren konnte, schoss die blaue Hand des eigentlichen Einwanderungsbeamten vor und packte ihr Handgelenk. »Captain, Sie sollten sich das vielleicht noch einmal überlegen.«

Suhale warf dem Duros einen finsteren Blick zu, der verriet, dass sie erwog, stattdessen lieber ihn mit ihrem Werkzeug aufzuschneiden. »Und warum sollte ich das tun, Inspekteur?«

Der Duros wirkte ehrlich überrascht. »Spiceschmuggel, Ma’am. Die Koffer könnten mit Sprengladungen gesichert sein, um zu verhindern, dass die Kuriere den Inhalt stehlen.«

»Spice?« Suhale drehte sich wieder zu Bazel um, und die Enttäuschung in ihrer Stimme machte deutlich, dass sie hier war, um Jedi zu schnappen, keine Schmuggler. »Ist das in diesen Koffern?«

Bazel schlug die Augen nieder und wies mit dem Kopf auf Yaqeel. »Fragen Sie doch sie.«

Yaqeel, die den Wink verstand, spielte mit. »Du bist tot, Ramoaner«, zischte sie mit rauer Stimme. »Das weißt du doch, oder?«

Suhale grinste, wenn auch ohne echten Enthusiasmus. »Ich glaube, das bedeutet so viel wie Ja.« Sie legte ihre Daumen auf die Scannerfelder. Bazel spürte eine schwache Regung in der Macht, und dann schnappten die Schlösser auf. Der Duros-Inspekteur zuckte sichtlich zusammen – was ihm einen unverhohlen verächtlichen Blick von Suhale einbrachte.

»Es besteht kein Grund zur Sorge, Inspekteur Modt«, sagte sie. »Der Koffer war überhaupt nicht verschlossen.«

Der Duros – Inspekteur Modt – wich trotzdem zurück. Bazel, der zuversichtlich war, dass Suhale die Sprengladungen vor der Entriegelung des Koffers mithilfe der Macht entschärft hatte, blieb neben dem Inspektionstisch stehen, als sie den Deckel hochklappte. Das Gepäckstück war voller Kleidung aus den schillernden Materialien, die vor allem bei Meeresspezies beliebt waren – ärmellose Zhoop-Anzüge mit blaugrünem Schuppenmuster, Schimmerseideblusen in allen Farben, die sich unter Wasser fanden.

Suhale holte ein kurzes, orangefarbenes Kleid hervor und hielt es stirnrunzelnd zwischen sich und Yaqeel. »Das scheint mir nicht ganz Ihr Stil zu sein.«

»Sehe ich vielleicht aus wie eine Ishi?«, entgegnete Yaqeel hastig.

»Das ist wohl kaum von Belang«, sagte Modt.

»Warum nicht?«, wollte Suhale wissen.

Modt musterte sie eine ganze Weile, wobei sein vorgerecktes Kinn die Verachtung verriet, die er seiner »Vorgesetzten« entgegenbrachte, die offensichtlich nicht die geringste Erfahrung im Aufspüren von Schmugglern hatte. Bazel wusste, dass diese Ignoranz gegenüber der galaktischen Kultur einer der Hauptgründe dafür war, dass es den Jedi letzten Endes gelingen würde, den Vergessenen Stamm zu bezwingen.

Schließlich sagte Modt: »Das ist eine weithin verbreitete Methode im Spiceschmuggel.« Er streckte die Hand aus und nahm die Ishi-Tib-Kleider aus dem Koffer. »Die Schmuggler sorgen dafür, dass es Widersprüche gibt, damit sie, falls sie mit verbotener Ware erwischt werden, behaupten können, das Gepäck gehöre jemand anderem.«

Modt fuhr mit seinen langen Duros-Fingern an der Innenkante des Koffers entlang, ehe er oben den Stoff wegriss, unweit der Verschlüsse, und einen Zünddraht zutage förderte. Die Detonit-Ladung, die er anschließend aus dem Gepäckstück hervorholte, war groß genug, um den gesamten Inspektionsbereich in Protonen und Elektronen zu verwandeln. Dann verwendete er ein Laserskalpell, um vorsichtig die Innenverkleidung des Reisekoffers aufzuschneiden. In dem Hohlraum zwischen der Innen- und der Außenverkleidung befand sich eine dünne Schicht blauer Paste, auf deren Oberfläche Millionen mikroskopisch kleiner, gelber Kristalle funkelten.

Modt berührte die Paste mit der Kuppe seines kleinen Fingers, ehe er erschauderte und die Hand rasch zurückzog. »Neutronenstaub«, keuchte er. »Rein!«

»Rein?« Suhale warf einen raschen Blick auf die anderen drei Koffer, auch wenn ihr die Enttäuschung darüber, bloß ein paar Spiceschmuggler erwischt zu haben, noch immer deutlich ins Gesicht geschrieben stand. »Dann haben wir ja anscheinend einen ganz netten Fang gemacht.«

»So kann man das wohl sagen«, bestätigte der Duros. »Verschnitten ist so viel Neutronenstaub bestimmt zehn, vielleicht sogar zwanzig Millionen Credits wert.«

»So viel?« Suhale wirkte plötzlich nachdenklich. Dann sagte sie: »Offenbar haben Sie eine ganze Schmugglerbande geschnappt. Vielleicht sollten Sie sie in Gewahrsam nehmen.«

»Mit Vergnügen, Captain«, entgegnete der Duros.

Er bedeutete den Leuten von der GA-Sicherheit, das Trio zu verhaften. Dann schloss er den Reisekoffer wieder und winkte zwei weitere Agenten zu sich, um sich der Beweismittel anzunehmen. Bazel war nicht im Mindesten überrascht, als er sah, wie Suhale protestierend die Hand hob.

»Ich denke, das Sicherheitsteam hat mit den Gefangenen schon genug um die Ohren«, sagte sie mit einem Blick auf die hünenhafte Gestalt des Ramoaners. »Ich werde mich persönlich um das Spice kümmern.«

Die Augen des Duros verengten sich misstrauisch zu Schlitzen, doch er machte keine Anstalten, dem zu widersprechen. Auf Coruscant herrschte eine neue Ordnung, die man besser nicht hinterfragte.

Zwei Männer von der GA-Sicherheit drehten Bazel die Arme auf den Rücken und legten ihm ein Paar übergroße Elektrohandschellen um die Handgelenke. Als sie ihn herumdrehten, um ihn rüber zu ihrer Wachstation zu führen, suchte Yaqeel seinen Blick, nickte dann und schenkte ihm ein kaum wahrnehmbares Lächeln. Beinahe hätte Bazel ihr zugezwinkert. Sie wussten beide, dass der schwierige Teil jetzt hinter ihnen lag. Alles, was sie nun noch tun mussten, war, dem Sicherheitsteam zu entkommen, und das würde nun wirklich kein Problem sein.

Über der Haltestelle schwebte das Hologramm einer menschlichen Nachrichtensprecherin, ein riesiges Frauengesicht mit Schmollmund, bernsteinfarbenen Augen und strahlender Haut. Die wenigen Passagiere, die sich noch in diesem Bereich aufhielten, wirkten wie gebannt von ihrer samtweichen Stimme, die in einem beständigen, hypnotischen Rhythmus über die Plattform hallte, den Luke Skywalker als Machttechnik erkannte, die dazu diente, die Zuhörer in einen empfänglichen Geisteszustand zu versetzen.

»Den Bürgern wird dringend geraten, sich von Mitgliedern des Jedi-Spicekartells fernzuhalten«, sagte die Sprecherin gerade. In den Informationsdossiers, mit denen Eramuth Bwua’tu sie versorgt hatte, wurde sie als Kayala Fei identifiziert, ein Sith-Schwert, das in die Belegschaft des BAMR-Nachrichtensenders eingeschleust worden war. »Alle Mitglieder des Kartells sind als ausgebildete Attentäter bekannt, und die meisten von ihnen neigen nachweislich zu gewalttätigem Verhalten.« Feis Gesicht machte einem Hologramm von Luke selbst Platz, und ihre einlullende Stimme fuhr fort: »Die weiteren Nachrichten: Noch immer halten sich hartnäckige Gerüchte, dass das Oberhaupt des Jedi-Spicekartells, Luke Skywalker, nach Coruscant zurückgekehrt ist. Alle Bürger, die glauben, Skywalker gesehen zu haben, werden angewiesen, dies umgehend zu melden – entweder bei einem GAS-Agenten in Ihrer Nähe oder über die üblichen Notrufkanäle.«

Das Hologramm wechselte abermals, diesmal zum Bild eines dunkelhaarigen Mannes. Er war nicht minder attraktiv als Fei, mit kupferfarbener Haut, violetten Augen und einem schmalen Gesicht mit scharf geschnittenen Zügen.

»GAS-Direktor Vhool setzt seine Ermittlungen fort, um das ganze Ausmaß des von den Jedi organisierten Spiceschmuggels aufzudecken«, erklärte Feis Stimme. »Vhool vermutet, dass die Jedi durch den Spicehandel ihre Geheimoperationen finanzieren, einschließlich ihrer Bemühungen, die allgemein als Freiheitsstaffel bekannte Organisation zu unterwandern, die sich die Befreiung von Sklaven zur Aufgabe gemacht hat. Mehrere hochrangige Offiziere haben den Verdacht geäußert, dass die Jedi die Galaktische Allianz dadurch destabilisieren wollen, dass sie rechtmäßig gewählte Regierungen überall entlang des gesamten galaktischen Rands stürzen.«

Luke wandte angewidert den Blick ab. Die Jedi versuchten ebenso wenig, die Freiheitsstaffel zu unterwandern, wie sie Spice schmuggelten, aber BAMR war mittlerweile zu einem solchen Werkzeug der Sith verkommen, dass sich dort niemand die Mühe machte, auch nur so zu tun, als besäße die Propaganda des Senders irgendeine Grundlage.

Auf der gegenüberliegenden Seite der halbleeren Plattform entdeckte Luke zwei Mitglieder seines Infiltrationsteams, Doran Tainer und Seha Dorvald, die versuchten, seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Die beiden Jedi-Ritter waren in die fröhlichen, aber zerknitterten Gewänder von Urlaubern gekleidet, die gerade von einer Reise zurückkehrten, bei der mehr Tanzen und Glücksspiel im Mittelpunkt gestanden hatten als Erholung, womit sie sich kaum von der Handvoll anderer Passagiere abhoben, die zwischen ihnen und Luke standen. Der einzige Unterschied bestand darin, wie wachsam sie wirkten, sowie auch darin, dass die hypnotischen Lügen, die über Kayala Feis hübsche Lippen kamen, keine Wirkung auf sie zu haben schienen.

Als sie erkannten, dass Luke sie gesehen hatte, wandte Seha den Blick ab, so, als habe etwas anderes ihre Aufmerksamkeit erregt, während Doran mit dem Kopf unauffällig zum hinteren Bereich der Plattform wies, wo eine lange Fußgängerrampe von der Abfertigungshalle des Manarai-Raumhafens hinunterführte.

Einen Moment lang glaubte Luke, sie wollten ihn auf den großen, breitschultrigen Mann hinweisen, der gerade auf dem oberen Absatz der Rampe erschien. Sein Gesicht war mit einem Netz dunkler, spitz zulaufender Linien verziert, die sich von seinen wütend dreinstarrenden Augen nach außen hin ausbreiteten. Auf den ersten Blick sah es so aus, als sei der Bursche ein Angehöriger des Vergessenen Stammes, der Lukes Angriffsteam mit voller Vor’shandi-Gesichtsbemalung zu folgen versuchte. Doch als der Mann die Rampe herunterkam, zeigte sich, dass seine Züge, obgleich wie gemeißelt, viel zu wettergegerbt und zu rau waren, um einem Sith von Kesh zu gehören. Außerdem handelte es sich bei den Markierungen auf seinem Gesicht in Wahrheit um bleibende Tätowierungen. Dennoch lag etwas Finsteres in der Machtaura dieses Mannes, das Luke beunruhigte, und er war auch weiterhin der Ansicht, dass der große Kerl das Objekt von Dorans Interesse sei, bis der Tätowierte Luke mit einem Mal direkt ansah und zur anderen Seite der Fußgängerrampe hinübernickte.

Ein Trupp GAS-Wachleute, der mit der letzten Schwebebahn eingetroffen war, fuhr mit der Gleittreppe nach oben. Ihre schlecht sitzenden Uniformen und ihr streitsüchtiges Verhalten wiesen sie als neue Rekruten aus, von denen viele unmittelbar nach dem Amtsantritt von Staatschefin Kem in aller Hast eingezogen worden waren. Ihr Sergeant befand sich im hinteren Teil der Gruppe, und Luke konnte sein attraktives Antlitz im Profil sehen, als er ein jugendliches Pärchen musterte, das auf der anderen Seite der Fußgängerrampe nach unten fuhr.

Luke seinerseits entdeckte keinen Grund für den prüfenden Blick des Uniformierten, keine Mängel in puncto Verkleidung oder Verhalten, die den Verdacht nahelegten, dass Ben Skywalker und Vestara Khai irgendetwas anderes sein könnten als die zwei ineinander verliebten jungen Menschen, die sie tatsächlich waren. Sie hatten einen Arm um die Hüfte des jeweils anderen gelegt, so fest, dass man fast meinen konnte, sie wären an der Taille verwachsen, und die Zuneigung, die sie füreinander empfanden, war ein warmes Leuchten in der Macht. Beide waren mit dem bekleidet, was bei den Jugendlichen gerade in Mode war: glitzernde Capes über schwarzen Trainingsanzügen. Sie hatten sogar ihr Haar im selben hellen Gelbton gefärbt und trugen es zu gleichermaßen schrillen Frisuren frisiert: Während Ben seines zu zwei Flossen nach oben gegelt hatte, die ihm vom Kopf abstanden, hingen Vestaras starr und gelackt herab, fast wie eine Haube, die gerade eben ihre Schultern streifte.

Und dennoch starrte der GAS-Sergeant sie weiter an, als das Band der Fußgängerrampe sie näher aufeinander zutrug, wobei seine Aufmerksamkeit vor allem auf Vestara gerichtet war. Es gelang ihr ziemlich überzeugend, den Eindruck zu vermitteln, als würden seine forschenden Blicke sie nerven, und immer wieder ließ sie ihre Augen in seine Richtung schweifen, um zu sehen, ob er sie noch immer beobachtete. Dann, als sie nur noch wenige Meter voneinander trennten, schenkte sie ihm schließlich ein vernichtendes, höhnisches Teenagergrinsen.

Der Sergeant schmunzelte nur und hielt ihrem Blick stand.

Vestara schaute fast sofort wieder weg, und Luke fluchte leise. Dass sie einander wiedererkannt hatten, war an Vestaras Überraschung ebenso deutlich zu erkennen gewesen wie am Schmunzeln des Sergeants, und das konnte nur bedeuten, dass sich die beiden aus der Zeit kannten, als Vestara eine Schülerin des Vergessenen Stammes der Sith gewesen war.

Luke blickte wieder zu dem Fremden mit dem tätowierten Gesicht hinüber und stellte fest, dass die Augen des Mannes wie gebannt an dem BAMR-Nachrichtenholo über der Plattform hingen. Wer immer er auch sein mochte – vielleicht einer der finstereren Einsatzkräfte des Clubs Bwua’tu –, er verspürte offenkundig nicht den Wunsch, sich noch weiter in die Angelegenheit verwickeln zu lassen, als er schon drinsteckte.

Das konnte Luke nur recht sein. Er signalisierte Doran und Seha mit den Augen, wieder auf die Fußgängerrampe zu treten, ehe er zum hinteren Teil der Plattform hinüberschlenderte. Dass die Dinge sich so entwickelten, verärgerte ihn mehr, als dass es ihn beunruhigte. Alle anderen Teams hatten gemeldet, dass es ihnen gelungen war, sich ohne Schwierigkeiten auf Coruscant zu schleichen, und jetzt drohte ein unwahrscheinlicher Zufall, den Vorteil zunichtezumachen, den ihnen das Überraschungsmoment verschaffte. Bei diesem Gedanken fiel ihm eine von Nek Bwua’tus Lieblingsmaximen ein: Kein Schlachtplan überlebt die ersten zehn Minuten des Gefechts.

Als Luke sich der Fußgängerrampe weiter näherte, entfesselte er einen gewaltigen Stoß an Machtenergie. Das Hologramm von Kayala Fei verwandelte sich in statisches Rauschen, und jedes Komlink auf der Plattform fing zu piepsen an. Im selben Moment wirbelte der Sith-Sergeant mit zu Schlitzen zusammengekniffenen Augen herum, offenkundig auf der Suche nach der Ursache des Sturms, den er gerade in der Macht gespürt hatte. Dann begannen die Leuchtfelder unter der Decke flackernd zu erlöschen, und der Blick des Mannes fiel just in dem Moment auf Luke, als der gesamte Wartebereich in Dunkelheit versank.

Luke gewahrte, wie der Sergeant – der falsche Sergeant – seine Machtsinne nach ihm ausstreckte. Er ließ zu, dass der Sith seine mentalen Arme um ihn schlang – dann zog er unvermittelt daran und riss den Mann von der Fußgängerrampe. Der Sergeant stieß einen gedämpften, überraschten Schrei aus und aktivierte sein Lichtschwert bereits, noch bevor er wieder auf dem Boden aufkam.

Die Waffe zu benutzen, war ein großer Fehler. Einer der GAS-Rekruten, die nicht die geringste Ahnung von der wahren Identität ihres Vorgesetzten hatten, stieß einen alarmierten Ruf aus, und ein anderer brüllte: »Jedi!«

Auf der Fußgängerrampe kreischte Blasterfeuer und verwandelte die dunkle Plattform in einen Sturm blendend greller Farben und Lichtblitze. Der Sith schlug die Schüsse zu den GAS-Rekruten zurück, und schreiende Passagiere rannten in der Finsternis umher, um gegen Wände und gegeneinander zu krachen.

Einen Moment später landete der Sith keine zwei Meter von Luke entfernt und wirbelte mit einem Hieb auf Schulterhöhe herum, während er gleichzeitig versuchte, Blasterschüsse abzuwehren und Luke den Kopf abzuschlagen. Da Lukes Lichtschwert noch am Treffpunkt auf ihn wartete, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich zu ducken und einen Beinfeger anzubringen, dem sein Widersacher entging, indem er nach hinten sprang, außer Reichweite.

Mit einem Mal drang ein gleichermaßen schmerzerfülltes wie überraschtes Gurgeln aus dem Mund des Sergeants – dann rutschte das Lichtschwert aus seiner Hand und erlosch, als es neben ihm zu Boden fiel. Einen Moment später schlug sein Körper mit einem dumpfen Laut auf die Plattform, und er heulte vor Schmerz.

»Sind alle in Ordnung?«, fragte Vestara, die sich das Heulen ihres Opfers zunutze machte, um ihre eigenen Worte zu kaschieren.

»Ja«, antwortete Ben. Als er weitersprach, bewegte er sich weiter auf Vestara zu. »Und du?«

»Ich bin okay.« Vestaras Tonfall war warmherzig. »Was ist mit Euch, alter Mann?«

»Nicht ein einziger Kratzer«, meinte Luke, überraschter über Vestaras schnelle Reaktion, als er eigentlich hätte sein sollen. Wie oft hatte sie ihm nun schon das Leben gerettet? Und das von Ben? »Danke … mal wieder.«

»War mir ein Vergnügen«, entgegnete Vestara.

Vom oberen Bereich der Fußgängerrampe zuckten weitere Blasterschüsse herab, gefolgt vom Knacken berstender Knochen und dem dumpfen Krachen von Leibern, die gegen Wände geschleudert wurden. In dem blitzenden Licht erhaschte Luke einen flüchtigen Blick auf zwei athletische Schatten – Doran und Seha –, die über die Begrenzung hinweg auf die nach unten führende Seite der Rampe sprangen.

»Jeden Moment müsste eine Schwebebahn einfahren«, sagte Luke. »Steigt ihr beide schon mal ein.«

»Kommst du auch mit?«, fragte Ben aus der Dunkelheit heraus.

»Ich werde dicht hinter euch sein.« Luke streckte seine Machtsinne aus und fand die brodelnde Wolke der Qual, in die sich die Machtaura des falschen Sergeants verwandelt hatte. Er verabscheute den Gedanken, einen Gegner kaltblütig zu töten – selbst, wenn es sich dabei um einen Sith handelte. Doch er konnte keinen Sith gefangen nehmen, und den Mann am Leben zu lassen, kam ebenfalls nicht infrage. Er hatte Vestara Khai erkannt, und wenn er überlebte, um seinen Vorgesetzten davon zu berichten, würde der Vergessene Stamm erkennen, dass die Jedi nach Coruscant zurückgekehrt waren. »Ich muss mich nur noch um etwas kümmern.«

Die sanfte Hand einer Frau berührte ihn am Arm. »Nein, das müsst Ihr nicht«, sagte Vestara. »Er wird niemandem sagen, was er gesehen hat.«

Die Lichter der Schwebebahn tauchten auf der Transitspur auf, und Luke spürte, wie Doran und Seha in der Macht nach ihm forschten, als sie vorbeieilten. Sie ließen Zuversicht in die Macht strömen, um ihn wissen zu lassen, dass der Schutz der Dunkelheit den Kampf vor den anderen verborgen hatte. Und das bedeutete, dass es schwer werden würde zu beweisen, dass Jedi an dem Handgemenge beteiligt gewesen waren. Immerhin würde jeder, den die Sith schickten, um der Sache auf den Grund zu gehen, rasch feststellen, dass das einzige Lichtschwert, das zum Einsatz gekommen war, einem Angehörigen des Vergessenen Stammes gehörte, ganz gleich, was die GAS-Rekruten auch gesehen zu haben glaubten.

Luke atmete erleichtert auf, ehe er seinen Blick zur Schwebebahn-Haltestelle schweifen ließ. Im heller werdenden Licht der Scheinwerfer konnte er bereits die Silhouetten von Dutzenden Fahrgästen ausmachen, die sich bereit machten, dem Chaos auf der Plattform zu entfliehen. Er wandte sich wieder Vestara zu. Die Rekruten konnten ihren Vorgesetzten vielleicht nichts Aufschlussreiches berichten, ihr verwundeter Sergeant hingegen schon. »Geht«, befahl er ihr. »Ich brauche nur eine Sekunde.«

»Nein«, widersprach Vestara. »Vertraut mir. Er wird nicht lange genug leben, um irgendjemandem etwas zu verraten.«

Etwas Kleines, Gläsernes zersprang auf der Plattform zu ihren Füßen, und Luke wurde klar, warum der Blender noch immer vor Schmerzen schrie. Vestara hatte ihn mit einem Shikkar angegriffen, einem Glasdolch, den die Angehörigen des Vergessenen Stammes benutzten, wenn sie zum Ausdruck bringen wollten, wie sehr sie das Opfer ihrer Attacke verachteten. Nachdem sie dem Feind die Klinge in den Leib gerammt hatten, brachen sie den Dolch am Griff ab und ließen die Klinge – tief in ein lebenswichtiges Organ gebohrt – stecken, um das Opfer zu einem Tod zu verdammen, der ebenso schmerzhaft wie unausweichlich war.

»Ich musste seinen eigenen Shikkar verwenden, um ihn zu töten. Jetzt werden die Hochlords vermuten, dass es sich um einen Rachemord handelt.« Vestara versuchte, Luke auf den Rand der Warteplattform zuzuschieben. »Allerdings wird das nicht funktionieren, wenn wir noch immer über der Leiche stehen, wenn die Lichter wieder angehen.«

»Das werden wir nicht.« Luke löste seinen Arm aus ihrem Griff. Sosehr er Vestaras Geistesgegenwart auch bewunderte, zeugte ihre gleichgültige Bereitschaft, die Qualen des Mannes zu verlängern, doch von einer solchen Skrupellosigkeit – von einer solchen Kälte –, dass er sich fragen musste, ob sie je imstande sein würde, eine echte Jedi zu werden. Sie schien noch immer nicht zu verstehen, dass es viel wichtiger war, wie man einen Kampf gewann, als ihn einfach nur zu gewinnen. »Trotzdem gibt es keinen Grund, ihn leiden zu lassen. Tot ist tot.«

Er streckte seine Machtsinne aus und fand den Shikkar, ein Gefühl brennender Kälte, im Oberkörper des Sith vergraben. Die Klinge schien nur wenige Millimeter unterhalb der Stelle zu stecken, wo das Herz des Sith einer flackernden Flamme gleich loderte – so, wie der Shikkar platziert war, würde der Dolch den Mann jedoch ein bisschen langsamer umbringen, als Vestara glaubte. Luke berührte die Klinge mit der Macht und schob sie einen Deut weiter nach oben – dann hörte er den Sith keuchen, als die Spitze sein Herz durchbohrte.

Vestaras Hand schloss sich fester um Lukes Arm. »Was ist passiert? Ihr habt doch nicht …«

»Es wird aussehen, als wäre die Klinge verrutscht«, versicherte Luke ihr. »Nicht einmal die Hochlords werden jemals erfahren, warum. Wer war er?«

»Ein alter Freund meines Vaters«, sagte Vestara. Sie klang ein wenig betrübt und enttäuscht. »Meister Myal.«

»Ich verstehe«, entgegnete Luke.

Die Schwebebahn erreichte die Haltestelle, und als die Türen aufglitten, drängten die panischen Fahrgäste von der Plattform in die Waggons, ohne irgendjemandem an Bord des Zugs Gelegenheit zum Aussteigen zu geben.

Luke nahm sich einen Moment, um sich umzuschauen, und als er keine Spur des Tätowierten von der Fußgängerrampe entdeckte, mischten er und Vestara sich unter die aufgewühlte Menge. Als sie in den Lichtschein im Inneren des Waggons traten, stellte Luke überrascht fest, dass Vestara Tränen in den Augen standen. »Was hat er getan, dass du ihn so sehr hasst?«

»Ihn hassen?« Sie schaute auf, um Lukes Blick zu begegnen. »Ich habe ihn nicht gehasst. Er war immer sehr freundlich zu mir.«

Luke runzelte die Stirn. »Dann hast du seinen Shikkar benutzt, weil du …«

»Weil ich meinen eigenen nicht dabeihatte und wir diesen Krieg gewinnen müssen.« Sie richtete sich auf ihre Zehenspitzen auf und flüsterte ihm ins Ohr: »Ich tat es zum Wohl der Sache der Jedi, Meister Skywalker.«

2. Kapitel

Sie kam in der Dunkelheit zu ihm, so, wie es seine Folterknechte immer taten, eine kalte Bösartigkeit, die am Fuße seiner Pritsche verharrte. Wynn Dorvan rührte sich nicht, veränderte seine Atmung nicht, versuchte nicht einmal, sich gegen die Fesseln zu stemmen, die seine gespreizten Arme und Beine unbeweglich hielten. Er schloss lediglich die Augen und versuchte, in den Schlaf zu flüchten.

»Kommen schon, Wynn.« Die Stimme war weiblich und vertraut. Er hörte sie nicht zum ersten Mal. »Du weißt doch, dass du mich nicht so einfach loswirst.«

In der Zelle wurde es hell, als die Leuchtfelder unter der Decke aktiviert wurden, und Wynn kniff die Augen gegen das grelle Licht zusammen. Es war unmöglich, in der unablässigen Finsternis zwischen den Folterungen zu bestimmen, wie viel Zeit verstrich, doch der Schmerz, der seinen Kopf durchzuckte, deutete darauf hin, dass viele Tage vergangen waren, seit sie ihn das letzte Mal verhört hatten.

»Wynn, lass mich nicht warten«, sagte die Stimme. Etwas Kaltes und Schleimiges wand sich um seinen nackten Knöchel. »Nicht deine Geliebte Königin der Sterne.«

Gegen seinen Willen klafften Wynns Augen auf, um seinen Schädel mit einer Explosion aus Schmerz und Licht zu erfüllen, und er hob den Kopf. Als er zum Fuß der Pritsche starrte, sah er zwei Gestalten – die eine war eine Frau, menschlich, die zweite … etwas anderes.

»Schon besser.« Die Stimme schien der linken Silhouette zu gehören – einem widerlichen, buckeligen Ding mit Tentakeln anstelle von Armen und lodernden, weißen Sternen, wo eigentlich die Augen hätten sein sollen. Abeloth. »Ich fürchtete schon, du würdest mich zwingen, Lady Korelei zu rufen.«

Die Erinnerungen an seine letzte Machtfolter waren im Laufe der Zeit nur noch deutlicher geworden, und die bloße Erwähnung von Koreleis Namen jagte einen Stromschlag der Furcht durch seinen Körper. Er ignorierte die Angst – genauso, wie er die Stimme in seinem Innern ignorierte, die ihn mahnte, zu schreien und um Gnade zu winseln. Das geringste Anzeichen von Schwäche würde Korelei nur noch früher zurück an seine Pritsche führen, um ihm die wenigen Geheimnisse zu entreißen, die er noch nicht preisgegeben hatte – seine wichtigsten Geheimnisse, die, von denen er entschlossen war, sie mit in den Tod zu nehmen. Und so sagte Wynn das Einzige, das er sagen konnte, das Einzige, das ihn womöglich umbringen würde, bevor sie zurückkehrte. »Bist du real?« Er ließ den Kopf zurück auf die Pritsche sinken. »Du kannst nicht real sein. Dafür bist du viel zu hässlich.«

Die Silhouette schwieg für einen Moment, und wäre Wynn ein Jedi gewesen, dann, da war er sich ziemlich sicher, hätte er in diesem Moment ihren Zorn gespürt, der sich in der Macht aufbaute. Doch als Abeloth weitersprach, war ihre Stimme weiterhin kühl und beherrscht, und Wynn wusste, dass er seinen Qualen nicht so leicht entrinnen würde.

»Ich bin real, Wynn – realer, als du auch nur ahnst«, erklärte sie. »Allerdings werde ich deiner Spielchen allmählich überdrüssig, genau wie die Sith. Lady Korelei wartet bloß darauf, ihre nekromantischen Fähigkeiten an dir zu erproben.«

Wynn brachte eine Art Nicken zustande. »Soll sie ruhig.« Während er sprach, ließ das Stechen des Lichts in seinen Augen nach, und als er anschließend von Neuem zu der Silhouette aufblickte, wirkte sie plötzlich weniger abscheulich und buckelig – vielmehr erschien sie jetzt realer und annähernd menschlich. »Falls Lady Korelei tatsächlich imstande wäre, einem Toten die Wahrheit zu entlocken, würde sie ihre Zeit nicht mit dem Versuch vergeuden, sie aus einem Lebenden herausfoltern zu wollen.«

»Dann hast du sie also angelogen?«

»Niemand ist imstande, eine Sith-Lady zu belügen«, erwiderte er. »Das bläut sie mir zumindest die ganze Zeit über ein.«

»Vielleicht bist du eine Ausnahme«, meinte die Frau. »In jedem Fall hast du ihr bislang nichts Wichtiges erzählt.«

Jetzt, wo Wynns Sicht sich wieder klärte, konnte er ausmachen, dass sich seine Besucherin von der widerlichen, tentakelarmigen Abeloth in eine elegante, blauhäutige Jessar-Frau verwandelt hatte. Ihre Augen wölbten sich leicht aus den Höhlen, und ihr Gesicht wirkte, als würde die Haut sich jeden Moment abschälen wie bei einem schlimmen Sonnenbrand. Gleichwohl, jeder, der Zugriff aufs HoloNet hatte, hätte keine Mühe gehabt, in ihr Rokari Kem zu erkennen, die Staatschefin der Galaktischen Allianz.

»Schlag Lady Korelei doch vor, einfach mal höflich zu fragen«, sagte Wynn. »Ganz ehrlich, wer will schon mit jemandem kooperieren, der einem ständig Machtsonden durch den Verstand jagt?«

»Dann sollten wir womöglich tatsächlich etwas anderes probieren«, sinnierte Kem. »Wie würde es dir gefallen, aus dieser Zelle herauszukommen?«

Wynn hob den Kopf, sosehr er es eben vermochte. »Du weißt doch hoffentlich selbst, wie dumm diese Frage ist.«

Kems einzige Reaktion darauf bestand aus einer Reihe leiser, klackender Laute, mit denen die Fesseln um Wynns Hand- und Fußgelenke aufschnappten. Der Druck wich aus seinen Armen und Beinen, und als er versuchte, die schmerzbetäubten Glieder an den Körper zu ziehen, bewegten sie sich tatsächlich.

Eher misstrauisch denn überrascht mühte sich Wynn in eine aufrechte Position, sodass es ihm schließlich gelang, einen guten Blick auf Kems Begleiterin zu erhaschen. Die Frau trug den grauen Overall einer GAS-Gefangenen. Sie hatte blondes Haar, schmale Augen und ein hartes, vertrautes Gesicht, von dem Wynn wusste, dass er es eigentlich wiedererkennen sollte, das er in seinem gegenwärtigen Zustand jedoch nicht recht einzuordnen vermochte.

Sein Blick wanderte zurück zu Kem. »Das ging ja leicht«, sagte er. »Wo ist der Haken bei der Sache?«

»Der Haken?«, fragte Kem. »Ach, was ich im Gegenzug von dir will, meinst du? Deine Hilfe.«

»Meine Hilfe?«, wiederholte Wynn, während er weiterhin versuchte, sich an die Identität der anderen Frau zu erinnern – und daran, was sie mit seiner Gefangenschaft zu schaffen hatte. »Wobei?«

»Beim Herrschen«, entgegnete Kem nur.

Jetzt war Wynn überrascht. »Du willst, dass ich dir dabei helfe, die Galaktische Allianz zu regieren?«

»Du würdest mir dabei helfen, die Regierungsgeschäfte zu führen, ja«, bestätigte Kem. »Du würdest damit Leben retten, Wynn – sehr viele Leben.«

Wynn war sich vollkommen darüber im Klaren, dass das Ganze eine Falle sein musste – bei Abeloth und ihren Sith lief es letztlich immer auf eine Falle hinaus –, und so schwieg er und konzentrierte sich stattdessen darauf, mit seinem von der Folter angeschlagenen Hirn nach besten Kräften eine Liste seiner Prioritäten aufzustellen. Sein oberstes Ziel musste es sein, das inoffizielle Informationsnetzwerk zu schützen, das er gemeinsam mit Admiral Bwua’tu und Eramuth Bwua’tu betrieben hatte. Mittlerweile hatten die beiden Bothaner gewiss von seiner Gefangennahme erfahren und zweifellos entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu ihrem Schutz getroffen. Allerdings würde das Netzwerk für die Jedi von entscheidender Bedeutung sein, wenn sie zurückkehrten, um den Planeten zu befreien, und bislang war es ihm tatsächlich gelungen, seine Existenz vor Lady Korelei und ihren Handlangern geheim zu halten.

Allerdings wusste Wynn, dass er nicht mehr viel länger durchhalten würde. Schon drei Verhörrunden zuvor waren ihm die unbedeutenden Details ausgegangen, sodass er gezwungenermaßen damit begonnen hatte, seinen Folterknechten Fetzen wertvollerer Informationen preiszugeben. Inzwischen waren sie dabei, ein vollständigeres Bild der geheimen Vorgänge innerhalb der Regierung der Galaktischen Allianz zu gewinnen – und je vollständiger dieses Bild wurde, desto näher kamen sie dem Club Bwua’tu.

»Ist diese Entscheidung denn wirklich so schwer, Wynn?«, fragte Kem. »Du könntest Leben retten und weiterer Folter entgehen. Oder du verurteilst Tausende zum Tode … und bleibst hier, um Lady Koreleis Gelüste nach Schmerz zu befriedigen.«

Natürlich war das überhaupt keine schwierige Entscheidung – und genau das ließ Wynn zögern. Rokari Kem – oder Abeloth oder wie immer sie sich auch nannte – war nicht bloß das neue Oberhaupt der Galaktischen Allianz, sondern auch die heimliche Anführerin der Sith, und die Sith scherten sich nicht im Mindesten um die Leben, die sie nahmen, oder um das Leid, das sie verursachten. Sie interessierten sich einzig und allein für ihre eigene Macht. Wenn Abeloth bereit war, auf die Geheimnisse zu verzichten, die ihre Folterknechte allmählich, Stück für Stück, seinem Verstand entrissen, dann konnte das bloß bedeuten, dass sie einen besseren Verwendungszweck für ihn gefunden hatte – einen Verwendungszweck, der es ihr erlauben würde, der Galaktischen Allianz sogar noch mehr Schaden zuzufügen.

Allerdings war Abeloth nicht allwissend, und eins der Dinge, die sie nicht wusste, war, dass Wynn lediglich ein bisschen Zeit schinden musste – Zeit für die Jedi, damit sie Coruscant erreichten, bevor er einknickte.

Schließlich schaute Wynn auf und begegnete Kems Blick. »Ihr würdet mich also aus dieser Zelle herausholen?«, fragte er in nun wieder respektvollerem Ton, »und Lady Korelei von mir fernhalten?«

»Natürlich«, versicherte Kem ihm. »Solange du mir dienst, bist du vor Lady Korelei sicher.«

»Ich werde aber nicht Euer Sprachrohr spielen«, warnte Wynn. Er wusste, dass seine Forderungen für sie völlig bedeutungslos sein würden – aber er musste sie dennoch stellen, damit sie nicht misstrauisch wurde, was seine wahren Beweggründe anging. »Und ich werde Euch auch nicht die Namen derer verraten, die gegen Euch sind.«

»Ich erwarte nichts dergleichen«, beteuerte Kem mit einem breiten, warmen Lächeln. »Die Liste der Namen, die ich bereits habe, ist lang genug, um mich ein Standardjahr lang zu beschäftigen.«

Wynn ließ zu, dass sich sein Unbehagen ob dieser Aussage auf seinem Gesicht widerspiegelte, und fragte endlich: »Nun, und was genau erwartet Ihr dann von mir?«

»Nichts außer dem, was Sie bereits für Staatschefin Daala getan haben«, sagte Kem nun ebenfalls in ganz geschäftsmäßigem Ton. »Nach allem, was ich gehört habe, sind Sie ein ausgezeichneter Administrator und ein fähiger Ratgeber.«

»Ihr wollt meinen Rat?« Allmählich begann Wynn sich zu fragen, ob er möglicherweise halluzinierte – dass er am Ende unter Koreleis Folter zusammengebrochen war und den Verstand verloren hatte. »Das kann nicht Euer Ernst sein.«

»Oh, und ob das mein Ernst ist … mein absoluter Ernst.« Kem griff nach dem Arm der Frau, die sie mitgebracht hatte, und schob sie dann nach vorn, sodass sie neben der Pritsche stehen blieb. »Gewiss erinnern Sie sich noch an Leutnant Lydea Pagorski?«

Pagorski … natürlich! Sie war die imperiale Geheimdienstoffizierin, die sich während des Mordprozesses gegen Tahiri Veila des Meineids schuldig gemacht hatte. Wynn nickte und wandte sich der Frau zu. »Durchaus«, sagte er. »Tut mir leid, Sie ebenfalls hier zu sehen.«

Pagorskis Gesicht wurde noch blasser, und sie warf Kem einen nervösen Blick zu.

Die Staatschefin verdrehte bloß die Augen. »Es gibt keinen Grund, Mitleid mit dem Leutnant zu haben«, erklärte sie. »Das Imperium verlangt ihre Auslieferung, und ich wüsste gern, ob ich ihrem Gesuch stattgeben soll oder nicht.«

»Ihr wollt, dass ich diese Entscheidung treffe?«, fragte Wynn, jetzt noch argwöhnischer als zuvor.

»Ich möchte Ihre Meinung dazu hören, ja«, sagte Kem. »Sie selbst besitzen keinerlei Entscheidungsgewalt.«

Wynns Bedenken bezüglich dieses Arrangements schwanden ein wenig. Immerhin waren Kem und ihre Sith im Großen und Ganzen kaum mit der Galaxis vertraut. Es barg durchaus eine gewisse Logik, dass sie jemanden wie ihn brauchten, der ihnen dabei half, sich mit den Tausenden diplomatischer Anträge zu befassen, die tagtäglich auf dem Schreibtisch der Staatschefin landeten. »Was hat das Imperium denn im Gegenzug für die Auslieferung von Leutnant Pagorski angeboten?«, fragte er.

Kem runzelte die Stirn. »Nichts.«

»Nicht einmal den Abzug ihrer Spezialeinheiten?«

»Überhauptnichts«, sagte Kem. »Ich werde ihr Gesuch ablehnen.«

Wynn schüttelte den Kopf. »Ihr solltet ihm stattgeben.«

»Ich soll ihm stattgeben, obwohl sie mir nichts dafür anbieten?« Jetzt, wo die Möglichkeit einer Gegenleistung angesprochen worden war, schien Kem verärgert darüber, dass ihr kein entsprechendes Angebot unterbreitet worden war. »Und wenn sie mir etwas geboten hätten, was hätte ich dann tun sollen? Bloß die Hälfte davon annehmen?«

»Nein«, entgegnete Wynn. »Ihr hättet es generell ablehnen müssen, den Leutnant auszuliefern, um Pagorski dann in eine militärische Verhöreinrichtung zu schaffen, bevor die Gelegenheit dazu hätten, sie zu ermorden.«

Nun schaute Kem ernsthaft verwirrt drein. »Weil das Angebot eine Beleidigung war?«

»Weil es bedeutet hätte, dass Leutnant Pagorski wertvoll für sie ist«, erklärte Wynn, »und Ihr zunächst versuchen solltet, in Erfahrung zu bringen, aus welchem Grund sie für das Imperium so wertvoll ist, bevor Ihr auch nur in Erwägung zieht, sie ihnen zu überlassen.«

»Und weil sie nichts für sie anbieten, ist die Frau für sie ohne Wert?«

»Das ist richtig – dieses Gesuch ist lediglich Routine.« Wynn wandte sich an Pagorski. »Sie haben Familie auf Bastion, nicht wahr? Jemanden mit Einfluss?«