Star Wars. Das Verhängnis der Jedi-Ritter 6. Im Vortex - Troy Denning - E-Book

Star Wars. Das Verhängnis der Jedi-Ritter 6. Im Vortex E-Book

Troy Denning

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Beschreibung

Verführt von der dunklen Seite der Macht

Angetrieben durch eine Gefahr, die alle Nutzer der Macht gefährdet, hat sich Luke Skywalker mit mehreren Sith-Lords verbündet, um dieser Bedrohung entgegenzutreten. Er weiß, dass die Dunklen Lords nur auf eine Gelegenheit warten, ihn zu betrügen und für ihre eigenen Zwecke zu benutzen. Doch auch Luke Skywalker weiht seine Verbündeten nicht in alle seine Pläne ein. Nicht einmal seinen eigenen Sohn, der einer jungen Sith-Kriegerin immer näher kommt.

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Troy Denning

IM VORTEX

Das Verhängnis der Jedi-Ritter 6

Aus dem Englischen

von Andreas Kasprzak

Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel

»Star Wars™ Fate of the Jedi 06«

bei Del Rey/The Ballantine Publishing Group, Inc., New York.

1. Auflage

Deutsche Erstveröffentlichung Oktober 2011

bei Blanvalet, einem Unternehmen der

Verlagsgruppe Random House GmbH, München.

Copyright © 2011 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved. Used under authorization.

Translation Copyright © 2011 by

Verlagsgruppe Random House GmbH, München

Umschlaggestaltung: HildenDesign, München

Cover Art Copyright © 2011 by Lucasfilm Ltd.

Cover illustration by Ian Keltie

Redaktion: Marc Winter

HK · Herstellung: sam

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN 978-3-641-07841-6

www.blanvalet.de

Für Kevin McConnell,

der dabei ist, zu einem eigenen großartigen neuen Abenteuer aufzubrechen.

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …

Dramatis Personae

ABELOTH; weibliche Wesenheit

ALLANA SOLO; junges Mädchen (Mensch)

BEN SKYWALKER; Jedi-Ritter (Mensch)

C-3PO; Protokolldroide (Droide)

ERAMUTH BWUA’TU; Anwalt (Bothaner)

GAVAR KHAI; Sith-Ritter (Mensch)

HAN SOLO; Captain des Millennium Falken (Mensch)

JAGGED FEL; Staatschef des Galaktischen Imperiums (Mensch)

JAINA SOLO; Jedi-Ritterin (Mensch)

KENTH HAMNER; amtierender Jedi-Großmeister (Mensch)

LANDO CALRISSIAN; Geschäftsmann (Mensch)

LEIA ORGANA SOLO; Jedi-Ritterin (Mensch)

LUKE SKYWALKER; Jedi-Großmeister (Mensch)

NATASI DAALA; Staatschefin der Galaktischen Allianz (Mensch)

R2-D2; Astromechdroide (Droide)

SABA SEBATYNE; Jedi-Meisterin (Barabel)

SARASU TAALON; Sith-Lord (Keshiri)

TAHIRI VEILA; Angeklagte und ehemalige Jedi-Ritterin (Mensch)

VESTARA KHAI; Sith-Schülerin (Mensch)

1. Kapitel

Jenseits des vorderen Sichtfensters hing der hauchzarte Schleier der Ashteri-Wolke, einer ausgedehnten Strömung ionisierten Tuderiumgases am Rand des Kessel-Sektors. Gesprenkelt von den blauen Lichthöfen von tausend fernen Sternen waren die milchigen Fäden ein sicheres Zeichen dafür, dass die Felshund der sonnenlosen Dunkelheit in den Tiefen des Schlunds endlich entronnen war. Nach dem angespannten Grausen, blind durch ein Labyrinth unkartografierter Hyperraumstrecken und hungriger Schwarzer Löcher zu springen, war selbst dieses blasse Licht für Jaina Solo eine willkommene Erleichterung.

Oder vielmehr wäre es das gewesen, wenn sich die Wolke an der richtigen Stelle befunden hätte.

Die Felshund war unterwegs nach Coruscant, nicht nach Kessel, und das bedeutete, dass die Ashteri-Wolke eigentlich vierzig Grad an Backbord sein sollte, wenn sie den Schlund verließen. Sie hätte ein kaum erkennbarer Lichtklecks sein sollen, dessen Farbe so weit ins Rotspektrum ging, dass er allenfalls wie eine winzige, flackernde Flamme wirkte, und Jaina konnte nicht recht begreifen, wie sie derart vom Kurs abgekommen waren.

Sie warf einen raschen Blick hinüber zur Pilotenstation – einem mobilen Schwebestuhl, umgeben von Messingkontrolltafeln und herunterfahrbaren Anzeigeschirmen –, doch Lando Calrissians gefurchte Stirn hielt keine Antworten für sie parat. Makellos mit einem weißen Schimmerseidenhemd, lavendelfarbener Hose und einem hüftlangen Cape bekleidet, kauerte er auf der Kante seines wuchtigen Nerfledersessels, das Kinn auf die Fingerknöchel gestützt und den Blick auf das alabasterweiße Leuchten draußen fixiert.

In den drei Jahrzehnten, die Jaina Lando nun kannte, war dies einer der seltenen Augenblicke, in denen ein Leben voller Glücksspiele und Geschäfte, bei denen es um alles oder nichts ging, tatsächlich seinen Tribut vom guten Aussehen des Trickbetrügers zu fordern schien. Außerdem war es ein Beleg für die Anspannung und die Angst der letzten paar Tage – und vielleicht auch des hektischen Tempos. Lando war so tadellos gekleidet wie immer, doch selbst er hatte nicht die Zeit gefunden, um die Tönung zu verwenden, die seinem Schnurrbart und seinem lockigen Haar ihr übliches, tiefes Schwarz verlieh.

Nach einigen Sekunden seufzte er schließlich und lehnte sich im Sessel zurück. »Na los, sag’s schon!«

»Was soll ich sagen?«, fragte Jaina, die sich wunderte, was genau Lando von ihr zu hören erwartete. Immerhin war er derjenige, der einen schlechten Sprung gemacht hatte. »Das ist nicht meine Schuld?«

Ein Funken der Verärgerung schoss durch Landos müde Augen, doch dann schien ihm bewusst zu werden, dass Jaina lediglich versuchte, die Stimmung zu heben. Er warf ihr sein novastrahlendes Grinsen zu. »Du bist genauso daneben wie dein alter Herr. Siehst du nicht, dass dies nicht der richtige Augenblick für Scherze ist?«

Jaina wölbte eine Augenbraue. »Dann hast du also nicht beschlossen, an Kessel vorbeizurauschen, um deiner Frau und deinem Sohn Hallo zu sagen?«

»Gute Idee«, meinte Lando kopfschüttelnd. »Aber … nein.«

»Tja, dann …« Jaina aktivierte die Ersatzpilotenstation und wartete, während die Langstreckensensoren hochfuhren. Die Felshund, ein alter Asteroidenschlepper, der so konstruiert worden war, dass er von einem einzelnen Piloten und einer großen Roboterbesatzung betrieben werden konnte, besaß eigentlich keinen richtigen Kopilotenplatz, und das bedeutete, dass die Wartezeit länger dauern würde, als Jaina recht war. »Was machen wir hier?«

Landos Miene wurde ernst. »Gute Frage.« Er wandte dem geräumigen Cockpit der Felshund den Rücken zu, wo der uralte Brückendroide des Gefährts vor einem gleichermaßen uralten Navigationscomputer stand. Der Droide, ein RN8-Modell von Cybot Galactica mit weiblicher Programmierung, besaß einen transparenten Kugelkopf, der gegenwärtig von den schwirrenden Funken einer Zentralprozessoreinheit erfüllt war, die auf vollen Touren lief. Außerdem befanden sich drei saphirblaue Fotorezeptoren im Innern der Kugel, die in gleichmäßigen Abständen platziert waren, um einen vollständigen Rundumblick zu verschaffen. In das bronzefarbene Körpergehäuse des Droiden waren Sternenkonstellationen, Kometen und andere »himmlische« Kunstwerke eingeätzt. »Ich weiß, dass ich Ornate aufgetragen habe, Kurs auf Coruscant zu setzen.«

RN8s Kopfkugel drehte sich gerade weit genug, dass sich einer ihrer Fotorezeptoren auf Landos Gesicht richtete. »Ja, das haben Sie.« Ihre Stimme war seidig, tief und tadelnd. »Und dann haben Sie den Befehl widerrufen und mich angewiesen, uns zu unserem gegenwärtigen Zielort zu dirigieren.«

Lando runzelte die Stirn. »Du solltest mehr Mühe darauf verwenden, deine Audiosysteme zu warten«, entgegnete er. »Du hörst komische Dinge.«

Die Funken im Innern von RN8s Kugelkopf wurden dunkler, als sie Energie zu ihren Diagnosesystemen umleitete. Jaina wandte ihre eigene Aufmerksamkeit wieder der Ersatzanzeige zu und sah, dass die Langstreckensensoren endlich online waren. Unglücklicherweise waren sie keine Hilfe. Das Einzige, das sich innerhalb des Bronzerahmens verändert hatte, waren die Färbung des Bildschirms und ein einzelnes Symbol, das die Position der Felshund genau in der Mitte kennzeichnete.

RN8s seidige Stimme ertönte auf der Rückseite des Cockpits. »Meine Audiosensoren befinden sich in optimalem Zustand, Captain – ebenso wie mein Datenspeicher und die Suchfunktionen.« Ihre Worte hallten plötzlich in einem sehr vertrauten Männerbariton über das Deck. »Kursänderung zu Zielort Ashteri-Wolke, Ankunft in siebzehn Stunden fünfzehn Minuten, Galaktische Standardzeit.«

Landos Kiefer fiel nach unten, und er stotterte: »Da … Das bin nicht ich!«

»Nicht ganz«, stimmte Jaina zu. Bei mehreren Worten lag die Betonung auf den falschen Silben, doch abgesehen davon war die Stimme identisch. »Aber das Ganze ist nah genug dran, um einen Droiden zu täuschen.«

Landos Blick verklärte sich vor Verwirrung. »Willst du mir das damit sagen, von dem ich glaube, dass du es mir sagen willst?«

»Ja«, meinte Jaina und warf einen Blick auf ihre leere Sensoranzeige. »Ich weiß nicht genau, wie, aber irgendjemand hat sich für dich ausgegeben.«

»Mithilfe der Macht?«

Jaina zuckte die Schultern und warf einer dunklen Ecke einen vielsagenden Blick zu. Obwohl sie ein halbes Dutzend Machtkräfte kannte, die man dazu hätte benutzen können, um RN8s Stimmerkennungssoftware zu überlisten, besaß keine einzige dieser Techniken eine Reichweite, die sich in Lichtjahren messen ließ. Sie begann vorsichtig, ihr Machtbewusstsein auszudehnen, konzentrierte es auf die abgelegenen Ecken des großen Schiffs, und dreißig Standardsekunden später war sie erstaunt darüber, nichts Ungewöhnliches zu entdecken. Da waren keine lauernden Wesen, keine »blinden« Bereiche, die womöglich auf eine künstliche Leere in der Macht hingewiesen hätten, nicht einmal irgendwelches kleinwüchsige Ungeziefer, bei dem es sich um einen Machtnutzer handeln konnte, der seine Präsenz verschleierte.

Einen Augenblick später wandte sie sich wieder Lando zu. »Sie müssen die Macht benutzen. Abgesehen von uns und den Droiden ist niemand an Bord.«

»Ich hatte befürchtet, dass du das sagst.« Lando zögerte einen Moment, ehe er fragte: »Lukes Freunde?«

»Ich hasse es, vorschnelle Schlüsse zu ziehen, aber … wer sonst?«, entgegnete Jaina. »Erstens: Ob nun Vergessener Stamm oder nicht, sie sind Sith. Zweitens: Sie haben schon einmal versucht, uns aufs Kreuz zu legen.«

»Was sie so verrückt wirken lässt wie einen Rancor auf einem Tanzdeck«, meinte Lando. »Abeloth war fünfundzwanzigtausend Jahre lang in einem Schwarzen Loch eingesperrt wie in einem Gefängnis. Was für ein Irrer ist bloß auf die Idee gekommen, dass es eine gute Idee wäre, sie zu befreien?«

»Sie sind Sith«, erinnerte Jaina ihn. »Alles, was für sie zählt, ist Macht, und Abeloth besaß so viel Macht wie eine Nova Licht – bis Luke sie getötet hat.«

Lando runzelte nachdenklich die Stirn. »Und wenn sie verrückt genug sind zu glauben, sie könnten Abeloth mit sich nach Hause nehmen, sind sie vermutlich auch verrückt genug zu denken, sie könnten es mit dem Kerl aufnehmen, der sie umgebracht hat.«

»Exakt«, erwiderte Jaina. »Bis vor einigen Wochen wusste niemand auch nur, dass der Vergessene Stamm überhaupt existiert. Das hat sich geändert, doch sie sind immer noch bestrebt, so viel geheim zu halten, wie sie nur können.«

»Deshalb werden sie versuchen, Luke und Ben auszuschalten«, stimmte Lando zu. »Und uns ebenfalls – um den Deckel auf dem Topf zu halten.«

»Das ist auch meine Vermutung«, sagte Jaina. »Sith mögen Verstohlenheit, und um weiter im Verborgenen zu bleiben, müssen sie uns jetzt aufhalten. Sobald wir aus dem Schlund raus sind, müssen sie damit rechnen, dass wir uns Zugriff aufs HoloNet verschaffen und Bericht erstatten.«

Lando schaute auf und atmete frustriert aus. »Ich habe Luke gesagt, dass er niemandem vertrauen kann, der ein Hochlord vor seinen Namen setzt.« Tatsächlich hatte er sogar mit noch mehr Nachdruck als Jaina versucht, Luke von einem zweiten Abkommen mit dem Vergessenen Stamm abzubringen – von einem Abkommen, das vorsah, dass die Skywalkers und drei Sith zurückgeblieben waren, um gemeinsam Abeloth’ primitiven Heimatplaneten zu erkunden. »Vielleicht sollten wir umdrehen.«

Jaina dachte bloß eine Sekunde lang nach und schüttelte dann den Kopf. »Nein. Als Luke dem Abkommen zugestimmt hat, wusste er, dass es keinen Bestand haben würde«, sagte sie. »Sarasu Taalon hat sein Wort schon einmal gebrochen.«

Lando blickte finster drein. »Das bedeutet nicht, dass Luke und Ben sicher sind.«

»Nein«, stimmte Jaina zu. »Aber es bedeutet, dass er ihr Leben riskiert, um unsere Chancen zu steigern, dem Jedi-Rat Bericht erstatten zu können. Das ist unser Auftrag.«

»Streng genommen kann Luke dir momentan gar keine Aufträge erteilen«, drängte Lando. »Eigentlich verstößt du nicht gegen Befehle, wenn wir …«

»Luke Skywalker ist noch immer der mächtigste Jedi in der Galaxis. Ich denke, wir sollten davon ausgehen, dass er einen Plan hat«, beharrte Jaina. Ein plötzliches Kribbeln drohender Gefahr schoss ihr den Rücken hinab und veranlasste sie, den Schnellöffner ihres Sicherheitsgeschirrs zu betätigen. »Abgesehen davon müssen wir anfangen, uns Gedanken darüber zu machen, unsere eigene Haut zu retten.«

Lando schaute immer besorgter drein. »Was soll das heißen?«, fragte er. »Dass du irgendetwas spürst?«

Jaina schüttelte den Kopf. »Noch nicht.« Sie stand auf. »Aber das werde ich bald. Was glaubst du, warum sie uns an einen Ort geschickt haben, der so leicht zu finden ist?«

Lando runzelte die Stirn. »Oh …« Er schaute hoch zu einem Bildschirm, drückte einige Tasten – zweifellos, um einen Taktikbericht aufzurufen –, ehe er mit seiner Faust gegen den Rand der Messingkonsole hieb. »Stören die etwa unser Signal?«

»Da die Sensorsysteme des Schiffs gegenwärtig zur Entmagnetisierung außer Betrieb sind, ist das schwierig zu sagen«, erwiderte RN8.

»Außer Betrieb?«, kreischte Lando. »Wer hat das autorisiert?«

»Sie selbst, vor neunundsiebzig Sekunden«, entgegnete RN8. »Möchten Sie, dass ich die Aufnahme noch mal abspiele?«

»Nein! Befehl zurück und fahr alle Systeme wieder hoch!« Lando wandte sich an Jaina und fragte: »Hast du irgendeine Ahnung, wie lange uns noch bleibt, bevor das Geballer anfängt?«

Jaina schloss die Augen und öffnete sich der Macht. Sie fühlte eine Ansammlung aggressiver Präsenzen, die sich ihnen aus Richtung des Schlunds näherten. Sie wandte sich an RN8.

»Wie lange noch bis zum Neustart des Sensorsystems?«

»Schätzungsweise drei Minuten und siebenundfünfzig Sekunden«, meldete der Droide. »Ich fürchte, Captain Calrissian hat außerdem eine vollständige Datenkomprimierung befohlen.«

Jaina zuckte zusammen und drehte sich wieder zu Lando um. »In diesem Fall würde ich sagen, weniger als drei Minuten und zweiundfünfzig Sekunden. Von hinten kommt etwas Feindseliges auf uns zu.« Sie machte sich auf zur Luke an der Rückseite der riesigen Brücke. Ihre Stiefel hallten auf dem alten Durastahldeck. »Warum schaust du nicht, ob du es schaffst, diesen falschen Befehlen ein Ende zu machen?«

»Sicher, ich werde meiner Besatzung einfach sagen, dass sie aufhören sollen, auf mich zu hören.« Landos Stimme klang sarkastisch. »Da es sich um Droiden handelt, werden sie wissen, was ich damit meine.«

»Du könntest versuchen, ihre Standardverifikationsroutinen abzuschalten«, schlug Jaina vor.

»Das könnte ich vielleicht machen, wenn eine so alte Droidenbesatzung wie diese über Standardverifikationsroutinen verfügen würde.« Lando drehte sich um und sah Jaina mit finsterer Miene an, als sie weiter den Raum durchquerte. »Und wo willst du jetzt hin?«

»Du weißt, wohin«, entgegnete Jaina.

»Zu deinem StealthX?«, entgegnete Lando. »Zu dem mit bloß drei Triebwerken? Zu dem, der seine Zielvorrichtung eingebüßt hat?«

»Ja, genau zu dem«, bestätigte Jaina. »Wir brauchen da draußen ein Paar Augen – und jemanden, der der Felshund Deckung gibt.«

»Auf keinen Fall!«, wandte Lando ein. »Wenn ich dich in diesem Ding da rausgehen lasse, um gegen Sith zu kämpfen, wird mich dein Papa die nächsten zehn Jahre über in kleinen Stückchen an Amelias Nexu verfüttern.«

Jaina blieb stehen, drehte sich zu ihm um und stützte eine Hand in ihre Hüfte. »Lando, hast du gerade gesagt, wenn du mich da rausgehen lässt? Hast du allen Ernstes ›Auf keinen Fall!‹ zu mir gesagt?«

Lando rollte uneingeschüchtert mit den Augen. »Du weißt, dass ich es nicht so gemeint habe. Aber bist du etwa raumkrank geworden? Mit nur drei Triebwerken ist dieser Sternenjäger ungefähr genauso manövrierfähig wie eine Rettungskapsel!«

»Vielleicht, aber das ist immer noch besser, als wie ein blindes Bantha in diesem Ding hier zu hocken. Aber trotzdem danke, dass du dir Sorgen um mich machst.« Sie warf Lando ein säuerliches Lächeln zu. »Es ist so süß, wenn ihr alten Kerle so was macht.«

»Alt?«, rief Lando. Nach einem Moment schien ihm der spöttische Tonfall in Jainas Tonfall bewusst zu werden, und sein Kinn sackte nach unten. »Das hatte ich verdient, oder?«

»Denkst du?« Jaina lachte, um zu zeigen, dass sie ihm nichts übel nahm, und fügte dann hinzu: »Und du weißt, was Tendra mit mir machen würde, wenn ich ohne Chances Vater zurückkäme. Also lass uns beide vorsichtig sein.«

»In Ordnung, abgemacht.« Lando winkte sie in Richtung der Luke. »Ab mit dir, jag ein bisschen was in die Luft … und viel Spaß!«

»Danke.« Jainas Tonfall wurde ernster, und sie setzte nach: »Und ich meine damit für alles, Lando. Du müsstest nicht hier sein, und ich bin dankbar dafür, dass du all diese Risiken eingehst, um uns zu helfen. Das bedeutet mir sehr viel – und dem ganzen Orden auch.«

Landos Machtaura kühlte sich ab, und mit einem Mal wandte er unbehaglich den Blick ab. »Jaina, gibt es da etwas, das du mir nicht sagst?«

»Über diese Situation?«, fragte Jaina, die angesichts seiner seltsamen Reaktion die Stirn runzelte. »Ich glaube nicht. Warum?«

Lando atmete erleichtert aus. »Jaina, meine Liebe, vielleicht hat dir das noch nie jemand erzählt …« Seine Stimme wurde noch ernster. »Aber wenn eine Jedi anfängt, einem zu sagen, wie viel man ihr bedeutet, beginnt die Zukunft, sehr furchterregend auszusehen.«

»Oh … tut mir leid.« Jainas Wangen wärmten sich vor Verlegenheit. »So etwas habe ich damit nicht gemeint. Wirklich nicht. Ich habe nur versucht zu …«

»Ist schon in Ordnung.« Landos Stimme war immer noch ein bisschen zittrig. »Und falls du doch etwas damit sagen wolltest …«

»Wollte ich nicht«, unterbrach Jaina.

»Ich weiß«, meinte Lando und hob eine Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. »Aber falls die Sache da draußen schlecht läuft, flieg einfach nach Coruscant zurück und erstatte Bericht. Ich kann auf mich selbst aufpassen. Verstanden?«

»Sicher, Lando, ich verstehe.« Jaina ging weiter in Richtung Luke und fügte im Stillen hinzu: Aber ich werde dich niemals allein zurücklassen.

»Gut … und versuch, dicht bei mir zu bleiben. Wir werden nicht lange hier verweilen.« Von Landos Sessel ging ein dumpfes Surren aus, als er ihn drehte, um RN8 anzusehen. »Ornate, bereite einen Notfallsprung zu unseren letzten Koordinaten vor!«

»Ich fürchte, das ist unmöglich, Captain Calrissian«, entgegnete der Droide. »Sie haben den Dauerbefehl erteilt, den Speicher des Navigationscomputers nach jedem Sprung zu löschen.«

»Wie bitte?« Jetzt schlich sich ein Anflug von Panik in Landos Zorn. »Wie viele Befehle habe ich sonst noch … Nein, vergiss das und widerruf einfach bloß meine vorherigen Kommandos!«

»Alle?«

»Ja!«, schnappte Lando. »Nein, warte …«

Jaina erreichte die Luke und eilte den nietengespickten Korridor dahinter hinab, ohne darauf zu warten, den Rest von Landos Befehl zu hören. Sie hatte noch immer keine Ahnung, was die Sith im Schilde führten, aber sie würde sie aufhalten – und das nicht bloß, weil der Jedi-Rat alles erfahren musste, was sie und Lando ihnen über den Vergessenen Stamm der Sith berichten konnten. Im Laufe der Jahre war Lando dem Jedi-Orden ein ebenso loyaler Freund gewesen wie ihren Eltern. Wieder und wieder hatte er sein Leben, sein Vermögen und seine Freiheit riskiert, um ihnen dabei zu helfen, die Krise zu bewältigen, welche auch immer es zufällig gerade gewesen war, die in diesem Moment den Frieden in der Galaxis bedroht hatte. Er behauptete stets, er würde sich bloß für einen Gefallen revanchieren oder eine Investition schützen oder gute Geschäftsbeziehungen pflegen, doch Jaina wusste es besser. Er passte auf seine Freunde auf und tat alles, was in seiner Macht stand, um ihnen dabei zu helfen zu überleben – ganz gleich, in was für ein Schlamassel sie hineinmanövriert worden waren.

Jaina erreichte die vordere Hangarbucht. Als sich das Schott vor ihr öffnete, war sie überrascht festzustellen, dass ihr ramponierter StealthX bereits von einer Reihe von Scheinwerfern erhellt wurde. Im ersten Moment nahm sie an, dass Lando den Hangardroiden angewiesen hatte, das Jägerkontingent der Felshund startklar zu machen. Dann sah sie, was an ihrem Sternenjäger fehlte.

Unter den Flügelspitzen ragten keine Waffenläufe hervor. Tatsächlich waren die Kanonen selbst verschwunden – zumindest auf der Seite, der sie sich jetzt gegenübersah. Sie war so verblüfft, dass sie sich dabei ertappte, wie sie darauf wartete, dass sich die übrigen Hangarlichter einschalteten. Für einen Moment hatte sie ganz vergessen, dass die Felshund keine automatische Beleuchtung besaß. Von der anderen Seite des StealthX ertönte das Summen eines Druckluftschraubenschlüssels, und unter dem Rumpf des Sternenjägers bemerkte sie eine Ansammlung teleskopischer Droidenbeine, die sich gegen das Aktuatorgehäuse einer KX12-Laserkanone von Taim & Bak stemmten.

»Was zum …?«

Jaina riss das Lichtschwert vom Gürtel, überquerte mit drei raschen Machtsprüngen zwanzig Meter fleckigen Bodens und hüpfte hoch auf den Rumpf ihres StealthX. Sie konnte kaum glauben, was sie sah. Am anderen Ende des Flügels stand ein spinnenförmiger BY2B-Wartungsdroide, die dicken Fracht-Pedipalpi um die letzte Laserkanone des Sternenjägers gespannt, während die feingliedrigen Werkzeugarme die Befestigungsklammern lösten.

»ByZwoBee!«, rief Jaina. »Was machst du da?«

Der pneumatische Schraubenschlüssel verstummte wimmernd, und drei der Fotorezeptoren des Droiden schwenkten zu Jainas Gesicht herum.

»Es tut mir leid, Jedi Solo. Ich dachte, Ihr wüsstet Bescheid.« Wie bei allen Droiden an Bord der Felshund war die Stimme des BY2B weiblich und sinnlich. »Ich baue diese Laserkanone aus.«

»Das sehe ich«, entgegnete Jaina. »Warum?«

»Damit ich sie in die Wartungswerkstatt bringen kann«, erwiderte BY2B. »Captain Calrissian hat das angeordnet. Da der Sternenjäger ohnehin fluguntauglich ist, dachte er, es wäre ein guter Zeitpunkt, die Waffensysteme zu erneuern.«

Jainas Herz sackte nach unten, doch sie vergeudete keine Zeit mit dem Versuch, BY2B davon zu überzeugen, dass man sie zum Narren gehalten hatte. »Hast du Lando konkret gesehen, als er diesen Befehl gegeben hat?«

»Oh, ich sehe den Captain nur selten. Ich gehöre nicht zu seinen Lieblingen.« BY2B schwang ihre Fotorezeptoren in Richtung des Hangareingangs, und drei rote Strahlen schossen hervor, um einen schmierigen Lautsprecher zu erhellen, der neben dem Eingang hing. »Die Anweisung kam über Interkom.«

»Natürlich tat sie das.« Jaina wies mit ihrem Lichtwert auf die beinahe abmontierte Laserkanone. »Besteht irgendeine Chance, dass du das Ding in den nächsten anderthalb Minuten wieder befestigen und zum Laufen bringen kannst?«

»Nicht die geringste Chance, Jedi Solo. Allein die Energieleitungen neu anzubringen, würde zehnmal so lange dauern.«

»Woher wusste ich bloß, dass du das sagen würdest?«, knurrte Jaina. Sie wandte sich ab und hüpfte runter aufs Deck. »In Ordnung, bau das Ding zu Ende aus und mach das Schiff dann startklar.«

»Es tut mir leid, aber das ist unmöglich«, entgegnete BY2B. »Selbst wenn wir die nötigen Ersatzteile hätten, bin ich nicht dazu qualifiziert, Reparaturen durchzuführen. Die Spezifikationen dieses Schiffs gehörten nicht zu meiner letzten Programmaktualisierung.«

»Ich bin damit hier reingeflogen, oder nicht?«, gab Jaina zurück. »Sag mir einfach, dass du nicht auch an den Torpedowerfern rumgepfuscht hast.«

»Dieses Schiff verfügt über Torpedowerfer?«, fragte BY2B. »Ich habe keine gesehen.«

Jaina rollte mit den Augen, fragte sich, wann das letzte Programmupdate des Droiden wohl gewesen war, und eilte dann zu einem kleinen Spindbereich am Rande des Hangars hinüber. Sie aktivierte die Beleuchtung, legte den Kippschalter an der uralten Gegensprecheinheit an der Wand um und stieg in den StealthX-Pilotenoverall, den sie griffbereit hängen gelassen hatte, um bei Bedarf rasch starten zu können.

Einen Augenblick später drang Landos Stimme knisternd aus dem winzigen Lautsprecher. »Ja, Jaina? Was kann ich für dich tun?«

Jaina runzelte die Stirn. Die Stimme klang zweifellos ganz nach Lando. »Wie wär’s mit einem Statusbericht?«, fragte sie, während sie ihre Arme in die Anzugärmel schob. »Mein StealthX ist wirklich hinüber. Es bringt nichts, damit rauszugehen.«

»Oh, das ist wirklich zu schade«, sagte Landos Stimme. »Aber mach dir keine Sorgen. Ornate hat die Systemprobleme beinahe behoben.«

»Großartig.« Jaina versiegelte die vorderen Verschlüsse des Flugoveralls und stieg in ihre Stiefel. »Ich werde nach achtern gehen und den Hyperantrieb überprüfen.«

»Oh.« Landos Stimme wirkte überrascht. »Das wird nicht nötig sein. Er-en-acht ist in diesem Moment dabei, eine Diagnose durchzuführen. Ich bin sicher, dass der Em-Neun-O und seine Truppe sämtliche notwendigen Reparaturenerledigen können.«

Und seine Truppe. Falls es bislang noch irgendeinen Zweifel gegeben hatte, wusste Jaina jetzt, dass sie mit einem Schwindler sprach. Erst vor Kurzem hatte Lando Jaina anvertraut, dass er all diese einsamen Schürfreisen zu Beginn seiner Karriere bloß deshalb überlebt hatte, weil er jedes Mal die Augen geschlossen hatte, wenn einer der Felshund-Droiden sprach, um sich vorzustellen, es sei eine schöne Frau. Er hätte M-9EO niemals als männlich bezeichnet.

Jaina schnappte sich ihren Helm und die Handschuhe aus dem Spind und sagte dann: »In Ordnung. Wenn du alles unter Kontrolle hast, werde ich einen Zwischenstopp in meiner Koje einlegen und ein bisschen schlafen, bevor meine Schicht beginnt.«

»Ja, warum machst du das nicht einfach?« Die Stimme klang fast erleichtert. »Ich werde dich wecken, falls irgendwas passiert.«

»Hört sich gut an. Wir sehen uns in vier Standardstunden.«

Jaina legte den Kippschalter der Gegensprechanlage um und ging dann zu ihrem StealthX zurück, um im Gehen ihren Helm zu verschließen und die Handschuhe zu versiegeln. Leichtgläubig, ohne Machtpräsenz und ein grässlicher Lügner – die Stimme gehörte definitiv einem Droiden, der als blinder Passagier an Bord war, vermutlich einem, den die Sith geschickt hatten. Das machte genügend Sinn, dass Jaina vage Schuldgefühle verspürte, weil sie die Taktik nicht rechtzeitig vorausgeahnt hatte, um die Sabotage zu verhindern. Das Einzige, das sie nicht verstand, war, warum die Sith nicht einfach den Fusionskern manipuliert hatten, um sie hochzujagen? Ein lebendiger blinder Passagier wäre ihnen vielleicht kostbar genug gewesen, um einen Fluchtplan auszuarbeiten – aber ein Droide? Sie konnte sich nicht vorstellen, dass irgendein Sith, der diesen Namen verdiente, auch bloß einen zweiten Gedanken daran verschwendete, einen Droiden zu opfern.

Jaina gelangte zu ihrem StealthX und stellte fest, dass BY2B hinter dem anderen Flügel stand – sie hielt die letzte Laserkanone in ihren schweren Frachtarmen. Jaina führte eine rasche visuelle Inspektion des mitgenommenen Sternenjägers durch, ehe sie fragte: »Ist der StealthX flugbereit?«

»Flugbereit wäre übertrieben«, antwortete BY2B. »Aber das Schiff ist imstande zu starten. Ich hoffe, Ihr habt Euren Flugoverall auf Vakuum-Widerstandsfähigkeit hin überprüft.«

»Nicht nötig – ich bin nicht diejenige, die von Bord gehen wird.« Jaina stieg die kurze Zugangsleiter hoch und kletterte ins Cockpit. Als sie sich anschnallte, fragte sie: »ByZwoBee, hast du hier in letzter Zeit irgendwelche neuen Droiden gesehen?«

»Nein«, sagte diese. »Nicht seit der Abreise von Klatooine.«

»Klatooine?« Jainas Magen begann, sich kalt und schwer anzufühlen. »Dann hast du also einen neuen Droiden gesehen, bevor wir zum Schlund aufgebrochen sind?«

»In der Tat, das habe ich«, erwiderte BY2B. »Einen MSE-Sechs von Rebaxan.«

»Einen Mausdroiden?«, keuchte Jaina. »Und das hast du nicht gemeldet?«

»Natürlich nicht«, meinte BY2B. »Captain Calrissian hatte mich erst einige Minuten zuvor darüber informiert, dass ich ein Kuriershuttle erwarten solle, das einen neuen Dienstdroiden bringt.«

Jaina stöhnte und aktivierte die Vorzündungstriebwerkserhitzer, ehe sie fragte: »Und ich nehme an, das hat er dir über dein internes Komlink mitgeteilt?«

»Ja, ganz genau«, erwiderte BY2B. »Woher wisst Ihr das?«

»Weil du nicht Lando gehört hast«, sagte Jaina durch zusammengebissene Zähne. »Sondern einen Sabotagedroiden, der mit einem Imitationsprotokoll programmiert ist.«

»Sabotage?«BY2B klang skeptisch. »Warum sollte sich irgendjemand diese Mühe machen? Wir haben nicht einmal einen Asteroiden im Schlepptau.«

»Die sind nicht hinter einem Asteroiden her.« Jaina öffnete ihren Flugoverall gerade weit genug, um ihr Komlink aus der Brusttasche hervorzuholen. Sie öffnete einen sicheren Kanal zu Lando und verlangte zu wissen: »Was war die letzte Mahlzeit, die ich eingenommen habe, bevor ich an Bord der Erlesener Tod ging?«

»Erwartest du wirklich von mir, dass ich mich daran erinnere, was du vor dreizehn Jahren zum Mittagessen hattest?«, entgegnete Lando, der die Bestätigungsfrage ohne Mühe wegsteckte. »Aber du hattest keine Zeit aufzuessen. Zumindest daran erinnere ich mich.«

»Das muss reichen«, meinte Jaina, zufrieden darüber, dass sie mit dem Mann sprach und nicht mit der Maus. Die Mahlzeit, auf die sie sich bezog, hatte an Bord von Landos Raumyacht stattgefunden, der Glücksdame, kurz bevor er einen Yuuzhan-Vong-Entertrupp mit einem Trick dazu gebracht hatte, sie und den Rest eines Jedi-Einsatzteams an Bord ihres Schiffes zu nehmen. »Hast du einen MSE-Sechs gekauft, als wir auf Klatooine waren?«

»Nein … Warum?«

»Weil ByZwoBee einen an Bord gesehen hat«, entgegnete Jaina. »Angeblich hast du ihr gesagt, die Einheit würde erwartet.«

»Ich soll ihr das gesagt haben?« Lando verstummte, während er die Bedeutung von Jainas Worten verdaute. Dann sagte er: »Verdammt! Das da draußen sind keine Sith – das sind Piraten!«

Jaina war skeptisch. »Was bringt dich zu dieser Annahme?«

»Einen blinden Passagier an Bord zu schmuggeln, ist ein alter Piratentrick«, erklärte Lando. »Bloß, dass sie sich diesmal etwas haben einfallen lassen, indem sie den Captain nachahmen, anstatt einfach bloß die Luftschleuse zu sprengen.«

»Vielleicht«, sagte Jaina, noch immer nicht überzeugt. Im Innern des Cockpits ertönte ein Hinweispiepsen, das verkündete, dass der StealthX startklar war. »Zeit aufzubrechen. Du kümmerst dich um die Maus, und ich knöpfe mir die vor … wer immer das Ding geschickt hat.«

»Bestätigt«, erwiderte Lando. »Ich lasse ByZwoBee eine Jagd organisieren. Kannst du ihr dein Komlink leihen?«

»Sicher.« Jaina hielt dem Droiden ihr Komlink hin. »Lando hat eine Aufgabe für dich.«

Der Droide streckte einen der feingliedrigen Werkzeugarme aus, um das Komlink entgegenzunehmen. »Woher weiß ich, dass das der richtige Captain Calrissian ist?«

»Was das angeht, wirst du mir einfach vertrauen müssen.« Jaina schloss ihren Pilotenoverall wieder und fügte dann hinzu: »Das ist übrigens ein Befehl.«

»Nun …« Hinter BY2B ertönte ein leises hydraulisches Zischen, als sich ihre Teleskopbeine zusammenzogen. »Wenn das ein Befehl ist.«

Jaina ließ die Kanzel nach unten und aktivierte die Triebwerke, ehe sie durch das Atmosphärenbegrenzungsfeld sauste und in Richtung Heck herumschwang. Sie hielt sich dicht unter dem Asteroidenschlepper, um zu vermeiden, dass sich ihre Umrisse vor dem milchigen Schein der Ashteri-Wolke abhoben. Solange die Sensoranlage der Felshund vorübergehend außer Betrieb war, konnte jeder Kapitän, der diesen Titel zu Recht trug, hinten um den gewaltigen Schlepper herummanövrieren, um dann aus möglichst großer Nähe die erste Salve abzufeuern, mitten rein in die Schubdüsen.

Selbst bei voller Beschleunigung dauerte es länger, die Felshund hinter sich zu lassen, als Jaina recht war. Der Asteroidenschlepper war annähernd zwei Kilometer lang, mit einem weißen, karbonversengten Bauch, der von mehreren Reihen banthagroßer Traktorstrahlprojektoreinheiten übersät war. An den Rändern baumelten Dutzende teleskopischer Stabilisierungsbeine, die selbst voll eingezogen noch zweihundert Meter Länge maßen. Das Heck des Schiffs wurde vom Glanz einer Emissionsspur erhellt, die so gewaltig und strahlend war, dass Jaina das Gefühl hatte, in den Schweif eines Kometen hineinzufliegen.

Schließlich verdunkelte sich die Schutztönung der Kanzel. Jaina kippte die Bugnase des StealthX und schoss von der Felshund fort, darauf zählend, dass die gleißende Helligkeit der riesigen Emissionswolke des Schiffs ferne Augen so weit blendete, dass niemand die Silhouette des abfliegenden Sternenjägers bemerkte.

»In Ordnung, Rowdy«, sagte Jaina, die sich mit dem Spitznamen an ihren Astromechdroiden wandte, den sie ihm gegeben hatte. »Aktiviere die Passivscanner und mach die Schattenbomben klar.«

Ein langgezogenes, fragendes Trillern erfüllte das Cockpit, und Jaina schaute nach unten, um eine Frage zu sehen, die über den Hauptschirm rollte. SCHATTENBOMBEN? WOMITHATCAPTAINCALRISSIANDICHBELEIDIGT?

»Jetzt ist nicht die richtige Zeit für Scherze, Rowdy«, entgegnete Jaina. »Abgesehen davon ist dein Humorprotokoll dürftig. Wer hat das überhaupt installiert?«

Rowdy reagierte mit einem spöttischen Zwitschern. DASVERRATEICHNICHT.

Jaina kicherte. Das war bereits ein alter Witz zwischen ihnen, da sie selbst diejenige gewesen war, die das Protokoll entworfen und installiert hatte. Im Zuge eines kürzlichen Anfalls von Melancholie angesichts ihrer gelösten Verlobung mit Jagged Fel hatte sie beschlossen, einen Teil ihrer Freizeit darauf zu verwenden, dem nachzugehen, was in ihrer Jugend eine ihrer großen Leidenschaften gewesen war: an Sachen herumzubasteln. Das Ergebnis war eine neue Humorroutine für ihren Astromechdroiden gewesen – und noch dazu eine, die den unerwarteten Vorteil mit sich gebracht hatte, die Neigung der R9-Serie zur eigenmächtigen Verstärkung ihrer Schutzroutinen rückgängig zu machen. Die kühnere Version des Droiden war definitiv eine Verbesserung, zumindest, soweit es Jaina betraf. Doch sie war sich immer noch nicht darüber im Klaren, ob die lahmen Scherze eine Folge ihrer eingerosteten Programmierfähigkeiten waren, oder ihrem unterbewussten Bemühen entsprangen, die schlechten Witze wiederaufleben zu lassen, die ihr Bruder Jacen damals auf Yavin 4 zu erzählen pflegte – bevor er Darth Caedus wurde und sie zu seiner Scharfrichterin.

Aus den Cockpitlautsprechern drang ein Alarmsignal, und eine weitere Nachricht rollte über den Anzeigeschirm. UNIDENTIFIZIERTEFLUGOBJEKTEKOMMENSCHNELLNÄHER.

Der Bildschirm schaltete zu einer taktischen Karte um, die drei allgemeine Raumschiffsymbole zeigte, die auf das Heck der Felshund zueilten. Ein viertes Symbol, das am oberen Rand des Schirms hing, verharrte reglos, wo es war, ohne sich zu nähern.

»Das sieht nicht nach einem drohenden Turbolaserangriff aus«, stellte Jaina fest. »Rowdy, wie sicher bist du dir bezüglich deiner Sensoren?«

ALLESENSORENSINDEINSATZBEREITUNDLIEFERNÜBEREINSTIMMENDESIGNALE, meldete der R9. WIRHABENVIERPOTENZIELLEZIELE, UNDWIRVERFÜGENBLOSSNOCHÜBERVIERVERBLIEBENESCHATTENBOMBENUNDBESITZENKEINELASERKANONEN. UNDFALLSDASNOCHNICHTHERAUSFORDERUNGGENUGIST, KANNICHJEDERZEITEINWEITERESTRIEBWERKABSCHALTEN.

»Sehr witzig.« Während Jaina sprach, sah sie zu, wie unter jedem der Symbole auf dem Bildschirm Datenanzeigen erschienen. »Sagte ich nicht gerade, dass dies nicht die richtige Zeit für Scherze ist?«

WERMACHTHIERSCHERZE?

Jaina war zu sehr damit beschäftigt, Tonnage-Schätzungen zu studieren, um zu antworten. Die drei Schiffe, die sich der Felshund näherten, besaßen viel zu viel Masse, als dass es sich dabei um Sternenjäger handeln konnte, während das Gefährt, das sich im Hintergrund hielt, bloß ungefähr die Hälfte der Masse der ChaseMaster-Fregatten aufwies, die die Sith benutzten. Tatsächlich mangelte es dem Thermalprofil des Schiffs vollkommen an der Hochleistungssignatur von Triebwerken in Militärqualität, und es gab keine Energiekonzentrationen, die groß genug waren, um auf einen Turbolaser hinzudeuten, der sich feuerbereit machte.

»Rowdy, zeig mir mehr von diesen unbekannten Flugobjekten an der Spitze!« Während Jaina sprach, zog sie den Steuerknüppel behutsam nach hinten, um den StealthX hochzuziehen und seine Nase in Richtung des Trios winziger blauer Flackerpunkte auszurichten, die weiter auf die Felshund zuflogen. »Das können keine Jäger sein, andernfalls hätten sie mittlerweile angegriffen.«

Ein vergrößertes Diagramm des führenden Schiffs erschien auf Jainas Schirm. Das Bild wies auf ein klobiges Gefährt von etwa zwanzig Metern Länge hin, mit einem keilförmigen Bug und vier kleinen Ionentriebwerken am Heck. Die Thermalaufnahmen zeigten eine Hauptkabine, in der sich mindestens zwanzig Personen drängten, während eine kleine Energiekonzentration unmittelbar unter dem Dach auf das Vorhandensein eines Kanonengeschützes hinzudeuten schien.

Jaina runzelte die Stirn. »Vielleicht hatte Lando recht«, sagte sie. »Das sieht wie ein Angriffsshuttle aus.«

NEGATIV. DIEHÜLLENPANZERUNGEINESANGRIFFSSHUTTLESZUDURCHDRINGEN, WÜRDEUNSERETHERMALBILDSENSORENÜBERFORDERN, berichtete Rowdy. MITEINERWAHRSCHEINLICHKEITVONACHTUNDSIEBZIGPROZENTHANDELTESSICHBEIALLENDREISCHIFFENUMLEICHTMODIFIZIERTEBTW-MANNSCHAFTSSKIFFS.

»Okay … und ich nehme an, dass mit leicht modifiziert dieses Kanonengeschütz auf dem Dach gemeint ist?«, fragte Jaina.

BESTÄTIGE. BTW-SKIFFSWERDENNICHTMITBEWAFFNUNGVERKAUFT.

»Und genau deshalb lieben Piraten sie.« Während sie sprach, versuchte Jaina, sich an die jüngsten Informationen über den Anstieg von Piratenangriffen zu erinnern, in dem Jaden Korr derzeit ermittelte. Nach dem, was sie zuletzt gehört hatte, konzentrierte er sich nach wie vor auf die mittlere Hydianische Handelsstraße, die ein gutes Stück vom Schlund entfernt lag. »Schiffe ohne Militärsensoren sind normalerweise außerstande, ein kleines Kanonengeschütz auszumachen, weshalb sie sich nicht allzu große Sorgen machen, wenn sie ein im Anflug befindliches BTW-Skiff registrieren.«

DANNWERDENWIRALSONICHTVONSITHATTACKIERT?

»Anscheinend nicht«, sagte Jaina. Sie fühlte sich erleichtert. Eine Sith-Fregatte wäre ein Problem gewesen. Aber drei Shuttle-Ladungen Piraten? Damit wurde sie fertig. »Sieht so aus, als würde irgendwer versuchen, uns zu kapern.«

Die Anzeige kehrte zum Taktikmaßstab zurück, und Rowdy fügte unter dem großen Schiff, das noch immer am oberen Rand des Bildschirms verharrte, eine Kennungsmarkierung hinzu. UNDDIESERLEICHTEDAMORIANISCHE S18-RAUMFRACHTERISTDASMUTTERSCHIFF?

»Das ist richtig«, sagte Jaina. »Eine klassische Piratentaktik – dicht rankommen und ein paar schnelle Fähren rüberschicken.«

DANNWIRDDASHIERLUSTIGER, ALSWIRDACHTEN, meldete Rowdy. EINDAMORIANISCHER S18 ISTGROSSGENUG, UMSECHSBTW-SKIFFSZUTRAGEN.

»Was du nicht sagst.«

Bloß weil ein S18 sechs Skiffs tragen konnte, hieß das nicht, dass dem tatsächlich so war, doch Jaina musste das Schlimmste annehmen. Sie flog weiter auf die näher kommenden Schiffe zu, bemüht, sich eine Möglichkeit auszudenken, sechs Shuttles und ein Mutterschiff mit nur vier Schattenbomben auszuschalten, und ihr wurde rasch klar, dass es keine gab. Diese Piraten waren keine Schwachköpfe. Die drei Shuttles blieben mindestens einen Kilometer auseinander – weit außerhalb des Explosionsradius einer Schattenbombe –, und sie näherten sich in einer versetzten Linie.

»Rowdy, mach Bombe drei scharf!«, befahl sie. Sie wählte Nummer drei, weil die Bombenfächer eins und zwei leer waren. Sie hielt weiter auf das Shuttle an der Spitze zu, bis sich das winzige Flackern seines Emissionsschweifs zu einem blauen Dolch von der Länge ihres Arms ausgedehnt hatte. Dann befahl sie: »Aktiviere unseren Sendeempfänger und öffne einen Rufkanal!«

Ein protestierendes Piepsen drang aus dem Cockpitlautsprecher, und Jaina warf einen flüchtigen Blick nach unten, um eine Nachricht auf dem Schirm vorzufinden. EINSTEALTHX, DERKOM-WELLENABGIBT, ISTNICHTLÄNGEREINSTEALTHX, SONDERNLEDIGLICHEINARMSELIGBEWAFFNETER, LEICHTGEPANZERTERX-FLÜGLER, DERSAGT: KOMMUNDHOLMICH!

»Man verlangt von uns, eine Warnung auszusprechen, bevor wir das Feuer eröffnen«, erwiderte Jaina. Ihr Ziel war jetzt mit bloßem Auge sichtbar, ein winziger Durastahlkasten mit einem keilförmigen Haupt, der von einem Emissionsschweif vorangetrieben wurde, so lang wie ein Kanonenlauf. »Und du weißt, wie sehr es mir widerstrebt, gegen das Gesetz zu verstoßen.«

WENNDIEABSICHTDESGEGNERSKLARIST, SOLLTENAUSNAHMENERLAUBTSEIN, merkte Rowdy an.

»Wir sollten lieber auf Nummer sicher gehen«, meinte Jaina. »Abgesehen davon will ich, dass die sich auf uns konzentrieren, nicht auf die Felshund. Hast du schon diesen Kanal geöffnet?«

Ein bestätigendes Tuwiit erfüllte das Cockpit, und das Sendeempfänger-Berührungsfeld an Jainas Kontrollknüppel wurde grün.

ICHVERSTEHE, verkündete Rowdy. WIRWOLLENLEDIGLICHDIESEMISSIONINTERESSANTERGESTALTEN. ICHBINDABEI.

»Schön, dass du mir beipflichtest«, sagte Jaina, die sich fragte, ob der Droide allmählich womöglich ein bisschen zu unerschrocken wurde. »Feuer Bombe drei ab!«

Sie spürte einen leichten, dumpfen Stoß unter ihrem Sitz, als eine Ladung komprimierter Luft die Schattenbombe aus der Torpedoröhre beförderte. Sie streckte ihre Machtsinne aus und lenkte die Bombe auf ihr Ziel zu, ehe sie den Daumen über dem Berührungsfeld des Sendeempfängers platzierte.

»Achtung, BTW-Mannschaftsskiffs: Drehen Sie sofort ab!«, übermittelte sie. »Dies ist Ihre einzige Warnung.«

Während der vollen zwei Sekunden Schweigen, die folgten, schwoll das führende Skiff außerhalb von Jainas Cockpit auf die Größe eines Banthas an. Sie konnte den flexiblen Ring einer teleskopischen Luftschleuse sehen, die vorne an der Passagierkabine an der Außenhülle montiert war, das Band des transparenten Sichtfensters, das sich über den keilförmigen Bug des Schiffs erstreckte … und die abgeflachte Kuppel eines Geschützturms, der seine Laserkanonen in ihre Richtung schwang.

Eine raue Frauenstimme drang aus dem Cockpitlautsprecher. »Abdrehen oder sonst was, Jedi Solo? Wir wissen …«

Die Übertragung verging zu einem Schwall statischen Rauschens, als die Schattenbombe detonierte. Da es der Passagierkabine des Shuttles an angemessener Abschirmung oder Panzerung mangelte, verschwand sie einfach im silbernen Blitz der ersten Explosion. Heck und Bug wirbelten davon, gleißende Perlen überhitzten Metalls hinter sich herziehend, dann verdunkelte sich die Schutztönung des StealthX, und alles, was Jaina sehen konnte, war ein Ball weißen Feuers direkt voraus. Sie zog den Knüppel nach hinten und rollte herum, um den Bug des Jägers auf die versteckte Masse des Mutterschiffs auszurichten.

Ein sanftes Frösteln drohender Gefahr kribbelte zwischen ihren Schulterblättern. Sie ließ den Daumen vom Sendeempfänger gleiten und ging zu einem Ausweichsteigflug über. Sie riss den StealthX so heftig hin und her, dass sie spürte, wie das Schiff vibrierte, als Rowdy gegen die Wände seines Droidensockelschachts krachte. Die purpurnen Strahlen von Kanonenschüssen erhellten die Leere ringsum, zuckten um einiges näher vorüber, als ihr lieb war. Selbst ohne ein Kom-Signal, das ihre Zielerfassungssysteme ins Visier nehmen konnten, leisteten die Piratenschützen gute Arbeit damit, sie in ihrem Kreuzfeuer zu halten.

Wieder drang die raue Stimme aus dem Cockpitlautsprecher. »Das war keine sonderlich faire Warnung, Jedi Solo.«

Anstatt darauf etwas zu erwidern, befahl Jaina Rowdy: »Ich will wissen, woher diese Übertragung kommt. Stammt sie von einem der Skiffs oder vom Mutterschiff?«

Bevor Rowdy antworten konnte, sprach die Stimme von Neuem. »Ich hatte nicht einmal die Zeit, einen Rückzugsbefehl zu geben.«

Der Weltraum draußen wurde purpurrot, als ein Kanonenschuss von den schwachen Schilden des StealthX abprallte. Im Wissen, dass der Feind die Vektorveränderung des Schusses sehen und erkennen würde, wo genau sie sich befand, ging Jaina augenblicklich zu einem spiralförmigen Sinkflug über … und zuckte zusammen, als das All abermals rot wurde. Einen halben Herzschlag später schlug noch eine Ladung ein, ehe sie zu einem goldenen Sprühregen atmosphärischer Zerstreuungsstörungen erblühte.

Im Innern des Cockpits ertönte ein Alarmsignal, und Jaina schaute nach unten, um eine Nachricht auf ihrem Bildschirm aufleuchten zu sehen: SCHILDÜBERLADUNG.

»Sag bloß.« Sie zog die Nase nach oben und schoss korkenziehermäßig zurück in Richtung der beiden Shuttles, und der Feuerstrom trieb rasch von ihrem StealthX fort. »Was ist mit der Übertragungsquelle?«

DASSIGNALGINGVOMMUTTERSCHIFFAUS.

»Dachte ich mir.« Jaina schwang herum, um auf Abfangkurs mit dem Shuttle zu gehen, das am nächsten war, und sagte dann: »Bombe vier scharfmachen!«

Sie hatte die Worte kaum ausgesprochen, ehe erneut Kanonenfeuer an ihnen vorbeizuckte, um die Leere so zu erhellen, als wäre sie ein Lagerfeuer. Sie wirbelte in eine Ausweichspirale und näherte sich weiter ihrem Ziel. Der Feind war ihr weiter auf den Fersen; die Blitze schossen so dicht vorbei, dass die Schutztönung der Kanzel dunkel wurde und so blieb.

»Rowdy, senden wir immer noch?«, fragte sie.

Aus dem Lautsprecher drang ein verneinendes Piepsen.

»Was ist mit Lecks?« Außerstande, ihr Ziel durch die abgedunkelte Kanzel auszumachen, ließ Jaina ihren Blick auf den Bildschirm fallen und begann, nach Instrumenten zu fliegen. »Elektromagnetische Strahlung? Treibstoff? Atmosphäre?«

Wieder ein verneinendes Piepen.

»Überprüf das weiter!«, befahl Jaina. »Irgendwie orten die uns.«

Eine Nachricht rollte über ihren Hauptschirm. DURCHUNSERESILHOUETTE? DIEASHTERI-WOLKEISTNACHWIEVORHINTERUNS.

»Das glaube ich nicht«, entgegnete sie, sich vollkommen darüber im Klaren, wie schwierig es war, einen fernen dunklen Fleck allein auf Sicht im Visier zu behalten – besonders einen, der mit mehreren Tausend Stundenkilometern spiralförmig auf sein Ziel zuschoss, während die Schützen vom Aufblitzen ihrer eigenen Laserkanonen geblendet waren. »Nicht ohne die Macht.«

Ein leises Pling verkündete, dass sie bis auf Feuerentfernung an ihr zweites Ziel herangekommen waren. Da die Kanzel angesichts des konstanten Sperrfeuers von Kanonenschlägen noch immer dunkel war, war es unmöglich, die Bombe auf Sicht zu ihrem Ziel zu dirigieren. Also dehnte Jaina ihr Machtbewusstsein in Richtung des Shuttles aus, bis sie die lebendigen Präsenzen im Innern wahrnahm. Es überraschte sie nicht, eine ausgeprägte Dunkelheit in ihnen zu spüren, doch sie war schockiert darüber, wie ruhig sie wirkten, wie konzentriert und diszipliniert sie zu sein schienen.

Natürlich würde sich das gleich ändern. »Bombe vier abfeuern!«

Jaina spürte den sanften Rumms, als die Schattenbombe aus dem Torpedorohr geschossen wurde. Sie streckte ihre Machtsinne danach aus – und wurde vom nur allzu vertrauten Bumm-Kreisch eines Kanonentreffers abgelenkt. Sofort füllten Alarm- und Hinweissignale ihre Ohren, und der StealthX verfiel in eine unkontrollierte, schnelle … Drehung? Es fühlte sich an, als befände sie sich in einer dieser Fahrattraktionen, die sich um die zentrale Achse des Wagens drehten, um die Passagiere gegen ihre Sitze zu pressen. Jaina schob den Knüppel behutsam in die entgegengesetzte Richtung und brachte den Sternenjäger langsam wieder auf Kurs … ehe ihr klar wurde, dass sie die Kontrolle über die Schattenbombe verloren hatte. Das Herz stieg ihr in die Kehle.

»Ähm, Rowdy?«

JA?

»Irgendeine Ahnung, wo Nummer vier hin ist?«

SIEHATDASZIELNICHTGETROFFEN, meldete Rowdy. ODERUNS … NOCHNICHT.

»Das ist nicht lustig«, meinte Jaina. Vermutlich hatte die zusätzliche Abschussgeschwindigkeit die Schattenbombe weit genug vom StealthX fortgetragen, um zu vermeiden, dass der Annäherungszünder ausgelöst wurde – doch wenn es um Baradium-Sprengköpfe ging, war vermutlich kein allzu vertrauenswürdiger Sicherheitskoeffizient. »Bitte keine Scherze, wenn Baradium im Spiel ist.«

DASHASTDUABERNICHTINDIEOPPORTUNITÄTSROUTINEINTEGRIERT, beschwerte Rowdy sich.

»Betrachte das als Nachtrag.«

Als ihr auffiel, dass die Schutztönung der Kanzel dunkel blieb, überprüfte Jaina ihren Taktikschirm und sah, dass sie bloß um ein paar Kilometer über das Ziel hinausgeschossen war. Ungeachtet ihres sprunghaften Kurses schienen beide Shuttles immer noch zu wissen, wo sie war, mehr oder weniger, und sie schickten weiterhin Feuer in ihre Richtung. Sie zog den Jäger in eine steile Kurve, flog zurück, auf das nächstgelegene Schiff zu, und stellte fest, dass sich ihr Knüppel nur schwer und langsam bewegen ließ.

»Rowdy, wie sieht unser Schaden aus?«, fragte sie. »Ich habe einen trägen Steuerknüppel.«

DASISTSCHWERLICHÜBERRASCHEND, entgegnete Rowdy. DIEVEKTORPLATTEN-ENERGIEUNTERSTÜTZUNGISTAUSGEFALLEN, UNDWIRHABENDIESPITZEUNSERESOBERENRECHTENS-FLÜGELSVERLOREN.

Natürlich befanden sich die Steuerdüsen an den Flügelspitzen.

»Klasse!«, sagte Jaina. Sie überprüfte die Taktikanzeige und sah, dass die übrigen Skiffs bis auf ein Dutzend Kilometer an die Felshund herangekommen waren. Damit blieb ihr bloß Zeit für einen einzigen weiteren Vorbeiflug, bevor die Piraten den Schlepper erreichten und mit den Kaperaktivitäten begannen. »Justiere die Energiestufen, um das zu kompensieren, und mach Bombe fünf scharf!«

UNSEREMANÖVRIERFÄHIGKEITISTEINGESCHRÄNKT, warnte Rowdy. UNDDIESCHILDEHABENSICHNOCHNICHTWIEDERREGENERIERT.

»Kein Problem.« Jaina schlug einen Kurs parallel zu ihren Zielobjekten ein und setzte dazu an, sie zu überholen, bemüht, ihren Abfangvektor so anzupassen, dass sich das nächste Skiff direkt zwischen ihr und dem am weitesten entfernten befand. »Ich brauche keine Schilde, um einen Haufen Piraten zur Strecke zu bringen.«

DIEERFAHRUNGLEGTANDERESNAHE.

»Das war bloß ein Glückstreffer«, meinte Jaina. »Das wird nicht noch mal passieren.«

Ungeachtet ihrer Worte kamen die Kanonenschüsse weiterhin schnell und nah. Ihre Schutztönung war so konstant dunkel, dass es sich im Inneren des Cockpits wie in einem Wandschrank während eines Gewittersturms anfühlte, und sie konnte das Gefühl nicht loswerden, dass diese Schützen zu gut waren, um gewöhnliche Piraten zu sein. Vielleicht handelte es sich um ehemalige Soldaten – um so etwas wie Raum-Rangers im Ruhestand oder balmorranische Leerenspringer, möglicherweise sogar um einen Haufen vogelfreier Noghri.

Der Abfangvektor auf ihrem Bildschirm brachte sie schließlich zwischen die beiden Fähren, und die Schutztönung wurde halb durchsichtig, als das Shuttle weiter hinten das Feuer einstellte, um zu vermeiden, das zu treffen, das ihr am nächsten war. Jaina schwang rasch zu einem Flankenangriff herum und beschleunigte, drückte den Steuerknüppel in diese und jene Richtung, um ihren Abfangvektor weiterhin auf beide Ziele ausgerichtet zu halten. Als sie näher an das erste Skiff herankam, wurden die Salven seiner Kanonen heller, länger und gefährlicher, und wieder wurde die Kanzel so finster wie der Weltraum selbst.

Jaina bediente sich der Macht, konzentrierte sich auf die von Dunkelheit verdorbenen Präsenzen voraus und sagte: »Bombe fünf abfeuern!«

Wieder gab es den sanften, dumpfen Schlag einer Schattenbombe, die aus ihrer Röhre geschossen wurde. Sie packte sie in der Macht – und spürte, wie der StealthX bockte, als sich Kanonenschläge durch die leichte Panzerung des Jägers zu brennen begannen.

»Stang!«, fluchte sie. »Wer sind diese Kerle?«

Eine Kakofonie von Alarm- und Hinweissignalen erfüllte das Cockpit. Jaina stieß den Knüppel nach vorn und tauchte unter dem Bauch des Skiffs in Sicherheit, da der Kanonenlauf auf so kurze Distanz nicht imstande war, sich weit genug abzusenken, um es ins Visier zu nehmen.

Und diesmal entglitt ihr die Schattenbombe nicht. Sie hielt ihre Aufmerksamkeit auf die finsteren Präsenzen im Innern des Shuttles gerichtet, trieb die Bombe sogar dann noch weiter darauf zu, als der StealthX außer Kontrolle geriet und rotierte. Rowdy piepste und pfiff, bemüht, ihre Aufmerksamkeit auf die drängenden Nachrichten zu lenken, die über den Bildschirm rollten, und das zweite Skiff eröffnete wieder das Feuer, um eine lange Reihe von Löchern in den Rumpf des Jägers zu stanzen.

Dann erfüllte strahlende Helligkeit die Leere, so grell und heiß, dass sie Jaina sogar in ihrem Schutzanzug wärmte, und sie spürte das sengende Reißen, mit dem zwei Dutzend Leben aus der Macht gerissen wurden.

Anschließend blieb im Innern des Cockpits alles still und dunkel, und einen Moment lang glaubte Jaina, die Explosion habe sie erfasst. Dann wurde ihr mulmig im Magen. Das flammende Blau des Schweifs der Felshund schoss über sie hinweg, und ihr wurde bewusst, dass ihre Schultern gegen das Sicherungsgeschirr gedrückt wurden. Die Ohren klingelten von Schadensmeldungen und Fehlfunktionssignalen, und ihre Kehle brannte von den beißenden Dämpfen durchgebrannter Systeme. Sie betätigte einen Kinnschalter im Innern des Helms und hustete dann gegen die Gesichtsplatte, als sie nach unten glitt, um sich in ihrem Schutzanzug zu versiegeln.

»Anzugunterstützung aktivieren!« Sie packte den Steuerknüppel und korrigierte das Trudeln, um den Sternenjäger behutsam wieder unter Kontrolle zu bringen, für den Fall, dass die Suprastruktur irgendwelchen Schaden genommen hatte. »Gib mir eine Schadenseinschätzung!«

KÖNNTESCHLIMMERSEIN, meldete Rowdy. WIRHABENIMMERNOCHZEIT, DIESELETZTENPIRATENAUFZUHALTEN – SOLANGEWIRKEINEWEITERENGLÜCKSTREFFERKASSIEREN.

Jaina überraschte sich selbst mit einem Grinsen. »Deine Art gefällt mir, Rowdy.« Sie sah nach unten und stellte fest, dass das letzte Shuttle auf ihrem Taktikschirm hervorgehoben war, weniger als einen Kilometer hinter der Felshund und bereits dabei, auf den Bauch des Schleppers zuzusteigen. »Aber ich habe mich geirrt. Das waren keine Glückstreffer.«

In Jainas Helm ertönte ein fragendes Piepen.

»Ihre Schützen haben die Macht eingesetzt.« Jaina schwang herum und beschleunigte so rasant, dass der ramponierte StealthX wackelte und zitterte. »Deshalb erwischen sie uns jedes Mal, wenn ich eine Schattenbombe abschieße – sie können mich in der Macht finden.«

PIRATENBESITZENDIEMACHT?

»Diese Piraten schon« erwiderte Jaina. Das letzte Skiff kam in Sicht und erschien zunehmend größer, vier winzige blaue Kreise, die um ein kastenartiges graues Heck herum arrangiert waren. »Mach Bombe sechs scharf!«

Rowdy gab ein bestätigendes Zwitschern von sich, dann rollte eine Nachricht über den Cockpitschirm. ESWARSCHÖN, MITDIRZUFLIEGEN, JEDISOLO. HABDANKDAFÜR, DASSDUMIREINENSINNFÜRHUMORVERLIEHENHAST, SODASSICHDAS, WASJETZTKOMMT, AMÜSANTFINDENWERDE.

»Entspann dich, in Ordnung?« Die Härchen in Jainas Nacken richteten sich auf, und ein Strom von Kanonensalven kam über die Rückseite des Hecks des Skiffs. »Sie haben einen toten Winkel.«

Jaina drückte den Bug des Jägers nach unten, und die Kanonenschläge zischten Dutzende Meter über ihr hinweg. Einen Moment später sauste das Skiff unter dem Heck der Felshund hindurch, von der zwei Kilometer messenden Masse des Schleppers zu Zwergenhaftigkeit degradiert, und schob sich zwischen den gewaltigen Stabilisierungsbeinen weiter voran.

In dem Wissen, was in dem Moment passieren würde, wenn die Schützen spürten, wie sie in der Macht nach ihrem Schiff griff, fiel Jaina einen halben Kilometer zurück und sagte dann: »Bombe sechs abfeuern!«

Als sie die Entladung komprimierter Luft fühlte, die die Schattenbombe aus der Abschussröhre katapultierte, packte sie die Bombe in der Macht und zog den Jäger scharf nach oben. Wie sie es erwartet hatte, rollte sich das Skiff auf den Rücken, um seine Waffen in Anschlag zu bringen, bevor die Bombe ihr Ziel traf. Jaina stieg bereits in den Ionenstrom des gegnerischen Beschusses auf. Ihre Kanzel kratzte beinahe über den Rumpf der Felshund, als sie die Bombe auf die vier blauen Kreise der Schubdüsen des BTWs zudirigierte.

Rowdy stieß ein schrilles Alarmfiepen aus, zweifellos, um sie vor den Gefahren zu warnen, die es mit sich brachte, im Ionenschweif des Skiffs zu verharren. Allein schon die Reibung würde die Außenhülle des StealthX bis zum Brennpunkt treiben, und Jaina spürte selbst, wie sehr die Turbulenzen dem geschundenen Rahmen des Sternenjägers zu schaffen machten. Trotzdem hielt sie sich weiter in dem Emissionsstrahl, ihre Aufmerksamkeit auf die hellblauen Kreise konzentriert, bis sie schließlich zum silbernen Blitz einer detonierenden Schattenbombe anschwollen.

Eine halbe Sekunde später wurde der StealthX von der Schockwelle der Bombe getroffen, und Jaina krachte gegen ihr Sicherheitsgeschirr. Die Temperatur im Schutzanzug schoss so rasch in die Höhe, dass sie dachte, ihr Haar würde in Flammen aufgehen. Das Prasseln abprallender Trümmer dröhnte durch den Sternenjäger, und dann war voraus nichts weiter als der von dunklen Narben übersäte, gewaltige weiße Bauch der Felshund.

Jaina brachte den StealthX unter Kontrolle. An einigen Stellen sah man durch die Nase die Aufbauten des Sternenjägers, und der Rumpf vibrierte so heftig, dass sie fürchtete, er würde um sie herum auseinanderbrechen. Sie entfernte sich langsam von der Unterseite der Felshund.

»Rowdy, wie geht’s dir da hinten?«, fragte sie. »Bist du noch bei mir?«

Dem folgte ein kurzes Schweigen, ehe schließlich ein einzelnes undeutliches Piepsen über Jainas Helmlautsprecher drang.

»Schön, dass du es geschafft hast«, sagte sie. »Was macht dieses Mutterschiff jetzt?«

Eine verschwommene Nachricht rollte über den Cockpit-Hauptschirm: UMDASNÄHERZUBESTIMMEN, BRÄUCHTENWIREINFUNKTIONSTÜCHTIGESSENSORSYSTEM.

»Gutes Argument.« Jaina konnte sehen, dass die vordere Sensorvorrichtung vollkommen weggeschmolzen war, weshalb die Wahrscheinlichkeit groß war, dass die Heckausrüstung ebenfalls Hitzeschäden erlitten hatte. »Kannst du für mich einen Kanal zu Captain Calrissian öffnen?«

Im Innern ihres Helms ertönte ein kratziges Piepen, und einen Moment später fragte Landos von statischem Rauschen verzerrte Stimme: »Jaina?«

Jaina drückte einen Daumen auf das Sendeempfängerfeld des Steuerknüppels. »Höchstpersönlich«, antwortete sie. »Hast du dieses Mausproblem schon unter Kontrolle gebracht?«

»Hab das Ding gerade selbst weggepustet«, entgegnete Lando stolz. »Ornate wird neue Sprungkoordinaten berechnen, sobald du wieder an Bord bist.«

»Sag ihr, dass sie sofort mit den Berechnungen anfangen soll«, erwiderte Jaina. Nur wenige hundert Meter voraus konnte sie das dunkle Rechteck der Hangaröffnung ausmachen, und sie hatte nicht die Absicht, einen geruhsamen Anflug hinzulegen. »Spring in der Sekunde, in der die Koordinaten feststehen!«

»Springen?«, echote Lando. »Auf keinen Fall, nicht bis ByZwoBee mir meldet, dass du an Bord bist und …«

»Lando! Sorg bloß dafür, dass das Schutzfeld unten ist.« Als Jaina rasch der Hangaröffnung näher kam, füllte Rowdy ihren Helm mit Abdrehhinweisen und Geschwindigkeitswarnungen. »Wenn du darauf wartest, bis ich in aller Seelenruhe gelandet bin, wird sich die Felshund Kanonensalven in ihre Schubdüsen einfangen. Die Situation ist schlimmer, als wir dachten. Viel schlimmer!«

»Wenn man bedenkt, wie bescheiden die Lage von Anfang an war, ist das schwer zu glauben.« Landos Stimme verklang, als er RN8 Anweisungen gab. Dann fragte er: »In Ordnung, Jaina, inwiefern ist es schlimmer, als wir dachten?«

»Nun, du hattest recht – genauso wie ich auch.« Während Jaina sprach, strahlten aus dem Innern des Hangars Scheinwerfer herab. Ohne auf die Kakofonie von Warnungen zu achten, die von Rowdy ausging, zog sie die Bugnase des StealthX hoch und schoss auf den klaffenden Schlund des Hangartors zu. »Das waren Piraten. Sith-Piraten.«

2. Kapitel

Der Schwungbalken auf der Sensoranzeige der Jadeschatten wölbte sich über den Bildschirm, um die Region über dem Planetenhorizont langsam tiefblau zu färben. Sobald der gesamte Bereich die Farbe geändert hatte, autorisierte Ben die Aufklärungsdrohne, ihren Kurs zu ändern und mit dem nächsten Überflug zu beginnen. Zu seiner Überraschung – und Erleichterung – blieb der ganze Schirm blau, und eine Nachricht rollte unten über die Anzeige: LETZTERDURCHLAUF. ALLESFREI.

»Das war’s«, sagte er und schwenkte herum, um Vestara Khai anzusehen. Ben saß im Kopilotensessel im Hauptcockpit, und Vestara hatte ihm gegenüber im Navigatorsessel Platz genommen. Die Schatten verweilte am Flussufer, unterhalb des Vulkans, in dem sich Abeloth’ Versteck befunden hatte. »Im Orbit gibt es nichts, das groß genug für ein Raumschiff wäre. Stimmst du mir da zu?«

Vestara studierte weiter ihre Anzeige, mit einem Arm in der Schlinge im Sessel zusammengesackt. Nach mehr als zwei Tagen Sensorüberwachung wirkte sie gequält und erschöpft.

Schließlich nickte sie. »Keine Felshund, keine ChaseMaster-Fregatten …« Sie drehte sich um und sah Ben an, ihre braunen Augen ungeachtet ihrer Wunde und der Müdigkeit ruhig und abschätzend. »Aber was ist mit dem StealthX deiner Cousine? Der würde bei einer regulären Sensorüberprüfung doch nicht erfasst werden, oder?«

Ben zwang sich zu einem Grinsen, um den kleinen Schmerz zu verbergen, den er im Innern spürte. Bei Vestara war keine Frage jemals unschuldig, keine Andeutung frei von einer versteckten Absicht.

»Du hast doch gehört, was der Jäger mitgemacht hat«, entgegnete er. »Glaubst du wirklich, dass selbst eine Jaina Solo ihn zwei Tage lang in einem Stück halten könnte?«

Langsam kroch ein Lächeln auf Vestaras Lippen, das aufgrund der Narbe im Mundwinkel ein bisschen wie ein höhnisches Grinsen wirkte. »Ich schätze, was das betrifft, muss ich dich beim Wort nehmen«, sagte sie. »Also, ja, ich stimme dir zu.«

»Dass beide Seiten ihren Teil des Abkommens eingehalten haben?«, hakte Ben nach. »Dass sich alle Schiffe, abgesehen von unserer Schatten und Lord Taalons Emiax, aus der näheren Umgebung zurückgezogen haben?«

Vestara stieß ihren Atem aus. »Hör mal, du brauchst nicht so bissig zu sein. Ich habe doch gesagt, dass ich dir zustimme.«

»Ich wollte bloß sichergehen«, entgegnete Ben. »Ihr Sith könnt echt aalglatt sein, wenn es um Absprachen geht.«

»Und das ist für dich etwas Neues?«, gab Vestara zurück. »Dein Reaktor läuft bloß gerade heiß, weil wir euch kalt erwischt haben. Dein Vater wusste, dass Taalon versuchen würde, ihn auszuschalten. Er hatte nur nicht erwartet, dass das passieren würde, bevor wir Abeloth den Garaus machen.«

»Taalon hat versucht, Abeloth gefangen zu nehmen.« Ben sog einen tiefen Atemzug ein und zwang sich, ruhig zu bleiben. »Wer hätte damit gerechnet, dass ein Sith-Hochlord etwas so … so Dämliches versuchen würde?«

Zu Bens Überraschung lachte Vestara laut auf. »Gutes Argument«, meinte sie. »Das war wirklich ein schwachsinniger Zug. Aber Taalon hat seine Lektion gelernt – und er weiß, dass er ohne die Hilfe deines Vaters nicht viel über Abeloth’ wahre Natur in Erfahrung bringen wird. Deshalb arbeiten wir jetzt alle wieder zusammen.«

»Vorerst.«

Vestara zuckte die Schultern und gab zu: »Vorerst. Doch bis sich das ändert, was kann es da schaden, nett zueinander zu sein?«

Ben seufzte, da er sehr genau wusste, was das schaden konnte. Immerhin hatte sie ihre Verletzung aufgebauscht, um ihn abzulenken, während ihr Vater versucht hatte, seinen Vater zu ermorden – und er war klug genug zu wissen, dass sie das erneut versuchen würde. Sith-Mädchen spielten auf die harte Tour, und sie schummelten immer.

Doch ihr Spiel gehörte zu der Art, zu dem man zwei Leute brauchte, und Ben war ebenso dazu imstande, einen Vorteil zu seinen Gunsten auszunutzen, wie Vestara. »Es schadet nichts, schätze ich. Erwarte bloß nicht, dass ich meine Deckung fallen lasse.«

Vestara lächelte und musterte ihn einen Moment lang, ehe sie sagte: »Bislang hast du das jedenfalls nicht getan.« Sie schaute nach achtern, in Richtung des Medibereichs der Schatten, wo Dyon Stadd seit zwei Tagen in einer Heiltrance lag. »Wo wir gerade vom Nettsein sprechen … Ich frage mich, wie es unserem Patienten geht. Vielleicht sollten wir …«

Vestara brach ab und sah zum vorderen Sichtfenster hinaus. Sie runzelte die Stirn und legte ihren Kopf schief. Einen Moment lang dachte Ben, sie würde lediglich wieder versuchen, ihn abzulenken, doch er konnte ihre Überraschung durch die Macht zucken fühlen, und er glaubte nicht, dass sie das vortäuschen konnte. Er schaute in dieselbe Richtung, in die sie geblickt hatte, und sah lediglich Taalons Shuttle, das auf seinen S-förmigen Landestützen ruhte, seine herabhängenden Schwingen so weit nach unten geneigt, dass die Spitzen beinahe den knochenfarbenen Strand berührten. Ein Dutzend Meter hinter dem Shuttle erhob sich von der Überschwemmungsebene des Flusses ein sandiges Ufer, das zum Boden eines Dschungeltals wurde, und jenseits des Urwaldbaldachins ragte der vulkanische Gebirgskamm empor, bei dem sich Abeloth’ Höhle befand.

Als Ben nichts Unerwartetes sah, fragte er: »Was ist los?«

Vestara schaute weiter aus dem Sichtfenster. »Nichts ist los«, sagte sie. »Ich habe nur gerade gespürt, wie mich jemand in der Macht berührt hat.«

Ben legte die Stirn in Falten und wartete darauf, dass sie das näher ausführte.

»Mein Vater, denke ich«, erklärte Vestara, die Ben jetzt wieder ansah. »Es ist schon eine Weile her, seit er das zuletzt getan hat, wenn er nicht wütend war, daher hat es mich ein bisschen überrascht.«

»Klar«, entgegnete Ben, ohne ihr die Geschichte auch nur im Entferntesten abzukaufen. Sie gab freiwillig Informationen preis, um die er nicht gebeten hatte, und das sah Vestara überhaupt nicht ähnlich. Er dehnte sein Machtbewusstsein weiter in Richtung der Ruinen aus, in denen Abeloth gestorben war – und wo sein Vater zusammen mit Gavar Khai und Hochlord Taalon versuchte, mehr über Abeloth in Erfahrung zu bringen –, und er war erleichtert, lediglich die angespannte Wachsamkeit zu spüren, die man von einem Jedi-Großmeister in Gesellschaft zweier mächtiger Sith erwarten würde. »So viel zum Thema Zusammenarbeit.«

»Ben, bitte! Dein Vater ist ein Jedi. Er wird nicht so wütend wie meiner.« Vestara hielt inne, um Bens Gesicht zu mustern – zweifellos, um zu sehen, ob sie irgendwelche Reaktionen erzeugte –, dann schien sie es sich anders zu überlegen und schaute weg, schüttelte den Kopf und sprach mit leiser Stimme weiter. »Du musst das verstehen. Wenn Hochlord Taalon herausfände, dass ich dir etwas Derartiges erzählt habe …«

»Ich kann ein Geheimnis bewahren«, unterbrach Ben. »Selbst vor dir.«

»Autsch!«, entgegnete Vestara, die sichtlich zurückzuckte. »Nicht sehr nett.«

»Aber verdient.« Ben legte absichtlich eine gewisse Kälte in seine Stimme. »Spiel nicht mit meinen Gefühlen, Vestara. Das erinnert mich bloß daran, warum ich dich nicht mag.«

Ein Ausdruck der Verletztheit trat auf Vestaras Gesicht, doch sie hob ihr Kinn und schaute ihm in die Augen. »Verdiene ich das wirklich, Ben?«, fragte sie. »Wir stehen bei dieser Angelegenheit auf unterschiedlichen Seiten, und vielleicht macht uns das zu Gegnern. Aber wir müssen einander nicht hassen – das ist eine Entscheidung, die jeder von uns für sich selbst trifft.«