Star Wars™: Dunkles Nest 1 - Troy Denning - E-Book
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Star Wars™: Dunkles Nest 1 E-Book

Troy Denning

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Beschreibung

Der Aufbruch zu neuen fantastischen Welten!

Die Abenteuer um Luke Skywalker, Han Solo & Co. gehen in eine neue spektakuläre Runde! - Dreißig Jahre Star Wars und ein Ende der Erfolgsgeschichte ist nicht in Sicht!

Endlich ist der Konflikt mit den Yuuzhan Vong beigelegt, doch Luke Skywalker findet noch immer keine Ruhe: Jaina und Jacen Solo, seine Nichte und sein Neffe, sind in den Unbekannten Regionen verschollen. Von dort empfingen sie einen Hilferuf, den nur sie vernehmen konnten. Und jetzt haben die isoliert lebenden Chiss eine formelle Beschwerde geschickt: Darin beschuldigen sie die beiden Jedi, sich unerlaubt in eine Auseinandersetzung zwischen ihnen und einem unbekannten Angreifer eingemischt zu haben. Voller Sorge bricht Luke auf, um nach Jaina und Jacen zu suchen und den gefährlichen Konflikt einzudämmen …

Die Dunkles-Nest-Trilogie:
Band 1: Die Königsdrohne
Band 2: Die verborgene Königin
Band 3: Der Schwarmkrieg

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Seitenzahl: 723

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Troy Denning

Dunkles Nest 1

Die Königsdrohne

Aus dem Englischen

von Regina Winter

Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel

»Star Wars™: Dark Nest 1. The Joiner King«

bei Del Rey/The Ballantine Publishing Group, Inc., New York.

1. Auflage

Deutsche Erstveröffentlichung März 2008

bei Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe

Random House GmbH, München

Copyright © 2005 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where

indicated. All rights reserved. Used under authorization.

Translation Copyright © 2008 by Verlagsgruppe Random

House GmbH, München

Umschlaggestaltung: HildenDesign, München

Cover Art Copyright © 2005 by Lucasfilm Ltd.

Cover illustration by Cliff Nielsen

Redaktion: Peter Thannisch

HK · Herstellung: HN

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN 978-3-641-07835-5

www.blanvalet.de

Für Curtis Smith,

der mich eingeladen hat,

in der weit entfernten Galaxis zu spielen

Danksagungen

Viele Leute haben auf große und kleine Weise zu diesem Buch beigetragen. Besonders bedanken möchte ich mich bei: Andria Hayday für ihren Rat, ihre Ermutigung, ihre Kritik und vieles mehr; James Luceno, weil man mit ihm so angenehm Ideen austauschen kann; Enrique Guerrero für seine Vorschläge und unsere vielen nützlichen Gespräche über die Chiss; Shelly Shapiro und all den anderen bei DelRey, dank derer die Arbeit so viel Spaß machte, insbesondere Keith Clayton und Colleen Lindsay; Sue Rostoni und den wunderbaren Leuten bei Lucasfilm, besonders Howard Roffman, Amy Gary, Leland Chee und Pablo Hidalgo. Und selbstverständlich danke ich George Lucas dafür, dass er uns anderen seine Galaxis geöffnet hat.

Dramatis Personae

Alema Rar, Jedi-Ritterin, Twi’lek

Ben Skywalker, Kind

C-3PO, Protokolldroide

Cal Omas, Staatschef der Galaktischen Allianz

Cilghal, Jedi-Meisterin, eine Mon Calamari

Gorog, überragender Geist, Killik

Han Solo, Captain des Millennium Falken

Jacen Solo, Jedi-Ritter

Jae Jun, Captain der XR808 g, Sullustaner

Jagged Fel, Commander, Kampfverband der Chiss

Jaina Solo, Jedi-Ritterin

Leia Organa Solo, Copilotin des Millennium Falken

Lowbacca, Jedi-Ritter, ein Wookiee

Luke Skywalker, Jedi-Meister

Mara Jade Skywalker, Jedi-Meisterin

R2-D2, Astromechdroide

Raynar Thul, Absturzüberlebender

Saba Sebatyne, Jedi-Meisterin, eine Barabel

Tahiri Veila, Jedi-Ritterin

Tarfang, Copilot der XR808 g, ein Ewok

Tekli, Jedi-Ritterin, eine Chadra-Fan

Tenel Ka, Königinmutter

Tesar Sebatyne, Jedi-Ritter, ein Barabel

Welk, Absturzüberlebender

Zekk, Jedi-Ritter

Prolog

Das Gefühl war zurückgekehrt, eine Art von Verzweiflung, die in der Macht glühte wie ein entfernter Stern, klar und hell wie ein Leuchtfeuer. Jaina Solo bemerkte, dass ihr Blick immer wieder zum Außenfenster des Justizschiffs huschte, hinaus in die blau gefleckte Leere, die hinter der sich langsam drehenden Röhre der Strafanstalt Maxsec Acht hing. Wie zuvor kam das Gefühl aus der Richtung der Unbekannten Regionen, ein Ruf nach … was? Und wer oder was rief da? Die Berührung war zu flüchtig, um es wirklich sagen zu können. Das war sie immer.

»Jedi Solo?« Die Inquisitorin trat näher an das Geländer der Zeugenbank. »Soll ich die Frage wiederholen?«

Athadar Gyad war eine hochgewachsene Frau mit steifem Verhalten, rasiertem Kopf und tiefen Falten in den Augenwinkeln, und sie legte die brüske Haltung eines Offiziers im Ruhestand an den Tag. Das war bei Bürokraten der Wiederaufbaubehörde weit verbreitet, selbst wenn es in ihrer Dienstakte nichts Auffälligeres gab als eine alte planetare Listennummer.

»Warum sind Sie mit dem Jedi Lowbacca an Bord der Night Lady gegangen und …«

»Schon gut, Inquisitorin, ich habe die Frage verstanden.« Jaina sah den Angeklagten an, einen massiven Yaka mit einem ausdruckslosen, beinahe menschlichen Gesicht. Er trug einen ithorianischen Schädel auf der hinteren Abdeckung seines kybernetischen Implantats eingraviert. »Redstars Mannschaft wollte sich uns widersetzen.«

Ein ungeduldiges Glitzern erschien in Gyads grauen Augen. »Redstars Mannschaft hat Sie mit Blastern angegriffen, stimmt das?«

»Ja.«

»Und es war notwendig, dass Sie sich mit Ihren Lichtschwertern verteidigten?«

»Ebenfalls ja.«

Gyad schwieg einen Augenblick, wahrscheinlich, weil sie hoffte, dass ihre Zeugin dann einfach weitersprechen würde. Aber Jaina interessierte sich im Augenblick mehr für dieses Gefühl der Verzweiflung, das sie in der Macht spürte. Es wuchs immer weiter, wurde dringlicher und beängstigender.

»Jedi Solo?« Gyad trat vor Jaina und versperrte damit Jaina den Blick durch das Außenfenster. »Bitte richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf mich.«

Jaina bedachte die Frau mit einem eisigen Blick. »Ich dachte, ich hätte Ihre Frage beantwortet.«

Gyad zog sich beinahe unmerklich zurück, setzte aber die Befragung fort. »Wie waren Sie zu diesem Zeitpunkt gekleidet?«

»In unsere Mäntel«, sagte Jaina.

»Ihre Jedi-Mäntel?«

»Es sind einfach nur Mäntel.« Jaina hatte in den letzten Jahren oft genug vor Gericht gestanden, um zu wissen, dass die Inquisitorin versuchte, einen unsicheren Fall aufzuplustern, indem sie die Jedi geheimnisvoller darstellte, als sie waren – ein eindeutiges Zeichen, dass Gyad die Rolle der Jedi in der Galaxis nicht verstand oder nicht achtete. »Jedi tragen keine Uniformen.«

»Sie wollen doch sicher nicht andeuten, dass ein Krimineller von Redstars Intelligenz tatsächlich …« Gyad hielt inne, um noch einmal über ihre Ausdrucksweise nachzudenken. Inquisitoren sollten eigentlich unparteiisch sein, obwohl sie in der Praxis überwiegend dazu beitrugen, Angeklagte zu verurteilen. »Jedi Solo – wollen Sie damit andeuten, die Besatzung habe tatsächlich Grund gehabt, Sie für Piraten zu halten?«

»Ich weiß nicht, was sie glaubten«, sagte Jaina.

Gyad kniff die Augen zusammen und betrachtete Jaina schweigend. Trotz Luke Skywalkers Rat, dass sich die Jedi nach dem Krieg nicht mehr in die alltäglichen Probleme der neuen Regierung verwickeln lassen sollten, hatte sich der Wiederaufbau als derartige Herausforderung erwiesen, dass dies nicht ganz zu vermeiden war. Es gab einfach zu viele heikle Missionen, die nur ein Jedi meistern konnte, und die Folgen hinsichtlich des Gelingens oder Scheiterns dieser Missionen waren für die Galaktische Allianz so gravierend, dass die meisten Bürokraten der Wiederaufbaubehörde den Jedi-Orden inzwischen für kaum mehr als eine Abteilung der Interstellaren Polizei hielten.

Schließlich erklärte Jaina: »Ich war zu sehr mit Kämpfen beschäftigt, um die Gedanken unserer Gegner zu erforschen.«

Gyad gab einen dramatischen Seufzer von sich. »Jedi Solo, stimmt es, dass Ihr Vater einmal seinen Lebensunterhalt als Schmuggler verdiente?«

»Das war ein bisschen vor meiner Zeit, Inquisitor.« Jainas Antwort löste Lachen im Gerichtssaal aus, wo auch zwei ihrer Mitstreiter, Tesar Sebatyne und Lowbacca, saßen, beide Jedi wie sie. »Und was hat das mit den Gewürzpreisen auf Nal Hutta zu tun?«

Gyad wandte sich dem Tribunal zu. »Würden Sie die Zeugin bitte anweisen …«

»Die Antwort auf Ihre Frage ist allgemein bekannt«, unterbrach Jaina. »Sie ist sogar Teil diverser Geschichtsunterrichtscurricula in der Galaxis.«

»Selbstverständlich.« Die Stimme der Inquisitorin wurde plötzlich emotionaler, und sie zeigte auf den Yaka-Gefangenen. »Wäre es möglich, dass Sie sich mit dem Angeklagten identifizieren? Dass es Ihnen wegen der zwiespältigen Beziehung Ihres eigenen Vaters zum Gesetz widerstrebt, gegen den Angeklagten auszusagen?«

»Nein.« Jaina fiel auf, dass sie sich an das Geländer des Zeugenstands klammerte, als wollte sie das kalte Metall verziehen. »In den letzten fünf Standardjahren habe ich dreiundsiebzig Warlords dingfest gemacht und mehr als hundert Schmuggler …«

Plötzlich wurde das Gefühl der Verzweiflung in der Macht deutlicher, klarer und vertrauter, und Jaina wandte ihren Blick wieder dem Sichtfenster zu und beendete ihre Antwort nicht.

»Wartet.«

Tahiri Veila hob die Hand, und die beiden Yuuzhan Vong, die vor ihr standen, verstummten. Außerdem gab es noch zwei Gruppen von Zuschauern, die sie erwartungsvoll beobachteten, aber Tahiri blieb ruhig und starrte in Zonama Sekots blauen Himmel. In den letzten Wochen nahm sie ein leichtes unangenehmes Gefühl in der Macht wahr, das sich allmählich immer mehr aufbaute, und inzwischen hatte sich dieses Gefühl in etwas anderes verwandelt, in schiere Qual, Panik und Verzweiflung.

»Jeedai Veila«, begann die kleinere der Yuuzhan Vong erneut. Ihr blindes Auge und das mit Pusteln bedeckte, verzogene Gesicht kennzeichneten sie als Gepriesene – eine Angehörige der ehemaligen Kaste, die einmal unter der Bezeichnung Beschämte die Unterklasse der Yuuzhan-Vong-Gesellschaft darstellte. Sie hatten sich ihren neuen Namen verdient, indem sie sich gegen ihre Unterdrücker aus den oberen Kasten stellten und halfen, den Krieg zu beenden, der sowohl die Gesellschaft der Yuuzhan Vong als auch die gesamte Galaxis zu vernichten drohte. »Stimmt irgendwas nicht?«

»Ja.« Tahiri zwang ihre Aufmerksamkeit wieder zurück auf die Gruppe. Ihre blau geränderten Augen und ledrigen Gesichter schienen ihr vertrauter als das der blonden Frau, das sie jeden Morgen im Spiegel sah – aber das überraschte kaum, wenn man bedachte, was sie im Verlaufe des Krieges alles erlebt hatte. Sie war ebenso Yuuzhan Vong wie Mensch, zumindest im Geist. »Aber das hat nichts mit dieser Sache zu tun. Machen Sie weiter.«

Die Gepriesene – Bava, erinnerte sie sich – verbeugte sich tief und kam damit bewusst auf Tahiris Höhe.

»Wie ich schon sagte, Jeedai Veila, wir haben Sal Ghator und seine Krieger in dieser Woche viermal erwischt, wie sie etwas aus unserem Garten stahlen.«

Tahiri zog die Brauen hoch. »Ihr Garten, Bava?« La’okio sollte ein Gemeinschaftsdorf sein, ein Experiment, bei dem die diversen Kasten der Gesellschaft der Yuuzhan Vong lernten zusammenzuarbeiten – und einander zu vertrauen. »Ich dachte, der Garten gehört Ihnen allen.«

»Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass jedes Grashal ein weiteres Grundstück zur Bebauung anmelden kann!« Bava warf einen höhnischen Blick in Ghators Richtung, dann fuhr sie fort. »Aber die Krieger sind zu faul, um dort zu arbeiten. Sie erwarten, dass wir es für sie tun.«

»Das tun wir nicht!«, widersprach Ghator. Einen halben Meter größer als Tahiri und erheblich schwerer, hatte er immer noch die Ritualtätowierungen und Narben eines ehemaligen Subalternen. »Die Götter haben uns verflucht. Nichts, das wir anpflanzen, will wachsen.«

Tahiri kämpfte gegen ein Seufzen an. »Sagen Sie mir nicht, dass Sie sich wieder nach Kasten aufteilen! Sie sollen angeblich in kleineren Gruppen existieren.«

Während dieser Worte spürte sie die vertraute Berührung einer Chadra-Fan, die in der Macht nach ihr suchte und wissen wollte, ob sie ebenfalls die wachsende Kraft des Zeichens empfunden hatte. Sie öffnete sich dem Kontakt und konzentrierte sich auf die geheimnisvolle Angst, und was daraufhin für sie beinahe wie ein Schlachtruf klang, schien für die kleine Chadra-Fan kaum ein Flüstern zu sein. Keine von ihnen unterzog sich der Mühe, nach ihrer Gefährtin Danni Quee zu suchen, denn Danni mochte vielleicht eine gewisse Sensibilität gegenüber der Macht haben, hatte sich aber bisher in vielen Situationen als taub erwiesen.

»In gemischten Grashals zu leben ist unrein«, lenkte Ghator Tahiris Aufmerksamkeit wieder auf die Probleme von La’okio. »Man kann nicht von Kriegern erwarten, auf dem gleichen Boden zu schlafen wie Beschämte.«

»Beschämte!«, rief Bava. »Wir sind Gepriesene! Wir sind diejenigen, die Shimrras Ketzerei an die Öffentlichkeit brachten und über sie debattierten, während ihr Krieger uns beinahe alle in den Untergang geführt hättet.«

Der bläuliche Rand um Ghators Augen wurde breiter und unklar. »Achte auf deine Zunge, Raal, denn sonst wird sie dich noch umbringen.«

»In der Wahrheit liegt kein Gift.« Bava warf Tahiri einen Blick zu, dann höhnte sie: »Jetzt seid ihr die Beschämten!«

Ghators Hand ließ Bava so schnell ins Gras taumeln, dass Tahiri bezweifelte, sie hätte rechtzeitig eingreifen können, selbst wenn sie es gewollt hätte. Doch sie wollte es nicht. Die Yuuzhan Vong würden immer ihre eigene Art haben, über ihre Probleme zu verhandeln – Wege, die Danni Quee und Tekli und vielleicht selbst Zonama Sekot niemals wirklich verstehen würden.

Bava wandte ihr gutes Auge Tahiri zu. Die Jedi erwiderte ihren Blick und tat nichts. Die Gepriesenen hatten sich nach ihren Anstrengungen, den Krieg zu beenden, aus ihrer alten Stellung erhoben und waren nun nur zu versessen darauf, eine andere Kaste ausgestoßen zu sehen. Tahiri hielt es für gut, sie an die Folgen solchen Verhaltens zu erinnern. Außerdem wurde das Zeichen nun stärker und klarer, und sie hatte das Gefühl, dass es von jemandem ausging, den sie kannte, jemandem, der schon lange Zeit versucht hatte, sie und Tekli zu erreichen.

Kommt schnell … Die Stimme erhob sich in Tahiris Geist, klar und deutlich und auf seltsame Weise bekannt. Kommt sofort.

Die Worte schienen zu vergehen, sobald Jacen Solo sie bemerkte, sanken unter die Schwelle des Bewusstseins und verschwanden in den unklaren, tiefer liegenden Bereichen seines Geists. Aber die Nachricht blieb, die Überzeugung, dass die Zeit gekommen war, den Ruf zu beantworten, den er in den letzten Wochen gespürt hatte. Er zog die Beine auseinander – er hatte im Schneidersitz in der Luft geschwebt – und stellte die Füße auf den Boden des Meditationskreises. Mit einer Reihe leiser Plopp-Geräusche platzten die zierlichen Blada-Ranken, die über den Fugen der Larstone-Pflastersteine in seiner Nähe gelegen hatten.

»Tut mir leid, Akanah, ich muss gehen.«

Akanah antwortete, ohne die Augen zu öffnen. »Wenn es dir leidtut, Jacen, dann solltest du nicht gehen.« Sie war eine nicht besonders große Frau mit dunkler Haut und dunklem Haar und schien Jacens Alter näher zu sein als ihren eigenen fünfzig Standardjahren. Sie schwebte in der Mitte des Meditationskreises, umgeben von Novizen, die unterschiedlich erfolgreich versuchten, sie zu imitieren. »Bedenken sind ein Zeichen, dass du dich nicht vollkommen der Strömung überlassen hast.«

Jacen dachte darüber nach, dann nickte er zustimmend. »Dann tut es mir nicht leid.« Der Ruf in der Macht war immer noch da, drang wie eine Nadel in ihn ein. »Ich muss gehen.«

Akanah öffnete die Augen. »Was wird aus unseren Übungen?«

»Ich bin dankbar für alles, was Sie mir bisher beigebracht haben.« Jacen drehte sich um, um den Meditationskreis zu verlassen. »Ich werde weitermachen, wenn ich zurückkehre.«

»Nein.« Bei Akanahs Worten verschwand der Meditationskreis unter einer Rankenwand. »Das kann ich nicht erlauben.«

Jacen blieb stehen und sah sie an. »Illusionen sind nicht notwendig. Wenn Sie nicht wollen, dass ich zurückkehre, dann werde ich das nicht tun.«

»Ich will nicht, dass du gehst.« Akanah schwebte über ihm und ließ die Beine baumeln. Sie war so in die Weiße Strömung versunken, dass selbst die zarten Blada-Blätter nicht unter ihrer Bewegung platzten. »Es ist zu früh. Du bist noch nicht bereit.«

Jacen zwang sich zur Geduld. Immerhin war er derjenige gewesen, der zu den Fallanassi gekommen war. »Ich habe viele Ausbildungen abgeschlossen, Akanah. Dabei habe ich gelernt, dass jeder Orden glaubt, sein Weg wäre der einzig wahre.«

»Ich spreche hier nicht von Mönchen und Hexen, Jacen Solo. Ich spreche von dir.« Sie sah ihm tief in die Augen. »Deine Gefühle in dieser Sache sind unklar. Jemand ruft, und du gehst, ohne zu wissen, warum.«

»Dann spüren Sie es auch?«

»Nein, Jacen, du bist ungeschickt in der Strömung wie dein Onkel. Deine Gefühle hinterlassen Wellen, und Wellen können gedeutet werden. Kommt der Ruf von deinem Bruder?«

»Nein, Anakin ist im Krieg gestorben.« Es war acht Jahre her, und Jacen hätte eigentlich in der Lage sein sollen, diese Worte mit weniger Resignation auszusprechen, sondern stattdessen mit einem gewissen Maß an Respekt gegenüber der Rolle seines Bruders in diesem Krieg. Es war der Wendepunkt gewesen, als die Jedi schließlich erkannt hatten, wie sie gegen die Yuuzhan Vong hatten vorgehen können – ohne dabei selbst zu Ungeheuern zu werden. »Das habe ich Ihnen bereits mitgeteilt.«

»Ja, aber ist er es oder nicht?« Akanah näherte sich Jacen, und der Duft nach Waha-Pflanzen, die im Badeteich des Tempels wuchsen, drang auf ihn ein. »Nach dem Tod geht man ein in die Wellen. Vielleicht sind es diese Wellen, die du spürst.«

»Das macht meine Gefühle nicht weniger wirklich«, erwiderte Jacen. »Manchmal ist die Auswirkung alles, was wir über den Grund erfahren können.«

»Entsinnst du dich nur meiner Worte, damit du sie gegen mich kehren kannst?« Akanahs Hand kam hoch, als wollte sie ihm eine Kopfnuss verpassen, und Jacen hob im Reflex die eigene, um den Schlag zu blocken. Sie schüttelte mürrisch den Kopf. »Du bist ein schrecklicher Schüler, Jacen Solo. Du hörst, aber du lernst nichts.«

Das war ein Tadel, an den sich Jacen während seiner fünfjährigen Suche nach dem Wesen der Macht gewöhnt hatte. Die Jennsasir, die Aing-Tii, selbst die Hexen von Dathomir hatten alle Ähnliches gesagt – stets dann, wenn seine Fragen hinsichtlich ihrer Vorstellungen über das Wesen der Macht zu nachdrücklich wurden. Aber Akanah hatte mehr Grund als die anderen, von ihm enttäuscht zu sein. Einen anderen zu schlagen wäre für Anhänger der Weißen Strömung eine Abscheulichkeit. Akanah hatte nur die Hand gehoben; es war Jacen gewesen, der dies als Anzeichen eines Angriffs betrachtet hatte.

Jacen legte den Kopf schief. »Ich lerne, aber manchmal nur langsam.« Er musste an die beiden Erscheinungen seines toten Bruders denken, die er bereits gesehen hatte, die erste, als ein Raubtier auf Yuuzhan’tar ihn in seine Höhle hatte locken wollen, die zweite auf Zonama, wo Sekot Anakins Gestalt angenommen hatte, wenn sie sich unterhielten. »Du glaubst, ich will diesem Ruf eine Form geben. Dass ich eine eigene Bedeutung für die Wellen schaffe.«

»Was ich denke, ist unbedeutend«, sagte Akanah. »Beruhige dich, Jacen, und du wirst feststellen können, was in der Strömung treibt.«

Jacen schloss die Augen und öffnete sich der Weißen Strömung so weit, wie er sich der Macht geöffnet hätte. Akanah und die anderen lehrten, dass sich die Strömung und die Macht voneinander unterschieden, und damit hatten sie recht – aber nur in dem Sinn, dass sich die Strömung von dem Meer unterschied, in dem sie existierte. In ihrer grundlegenden Ganzheit waren sie einander gleich.

Jacen machte eine Beruhigungsübung, die er von den theranischen Lauschern gelernt hatte, und konzentrierte sich auf den Ruf. Er war immer noch vorhanden und hatte eine Form, eine Stimme, an die er sich erinnerte, der er aber keinen Namen zuweisen konnte – Komm … hilf … –, eine Männerstimme, aber nicht die seines Bruders.

Und es gab noch etwas, eine vertraute Präsenz, die Jacen tatsächlich kannte. Es war nicht sie, die den Ruf aussandte, aber sie vernahm ihn ebenfalls. Jaina.

Jacen öffnete die Augen. »Es ist nicht Anakin … Und es sind nicht seine Wellen.«

»Bist du sicher?«

Jacen nickte. »Jaina hört es ebenfalls.« Das war es, was seine Schwester versucht hatte, ihm mitzuteilen. Ihre Zwillingsverbindung war immer stark gewesen und hatte sich während seiner Wanderungen nur verstärkt. »Ich denke, sie will darauf reagieren.«

Akanah sah ihn zweifelnd an. »Ich spüre nichts.«

»Sie sind auch nicht ihr Zwillingsbruder.« Jacen drehte sich um und ging durch die Wandillusion auf den Ausgang zu, nur um festzustellen, dass Akanah – oder die Illusion von Akanah – ihm den Weg blockierte. »Bitten Sie die Pydyrianer, mein Schiff aus der Umlaufbahn zu bringen; ich möchte es so bald wie möglich hierhaben.«

»Es tut mir leid, aber so geht das nicht.« Akanah sah ihm wieder in die Augen und hielt seinen eigenen Blick auf diese Weise gefangen. »Du hast die gleiche Macht, die ich einmal bei deinem Onkel spürte, aber ohne das Licht. Du darfst nicht gehen, bevor du das Licht in dir gefunden hast.«

Jacen war betroffen von den harschen Worten, aber kaum überrascht. Durch die Jahre des Kriegs gegen die Yuuzhan Vong hatten die Jedi ein tieferes Verständnis der Macht erlangt – sie hatten erkannt, dass Licht und Dunkel nicht mehr als entgegengesetzte Seiten waren, und bevor Jacen zu den Fallanassi gekommen war, hatte er schon gewusst, dass diese neue Sichtweise verstörend für sie sein würde. Oder jedenfalls hatte er das angenommen.

»Es tut mir leid, dass Sie dagegen sind«, sagte Jacen. »Aber ich betrachte die Macht nicht mehr in Begriffen von Licht und Dunkel. Sie umfasst viel mehr als das.«

»Ja, wir haben von diesem neuen Wissen der Jedi gehört.« Akanah sprach spöttisch. »Und es beunruhigt mich zutiefst, dass ihre Dummheit nun ihrer Arroganz gleichkommt.«

»Dummheit?« Jacen wollte nicht streiten, aber da er immerhin einer der ersten Vertreter dieser neuen Sichtweise war, fühlte er sich verpflichtet, seine Ansichten zu verteidigen. »Diese Dummheit hat uns geholfen, dem Krieg ein Ende zu machen.«

»Und um welchen Preis, Jacen?« Akanahs Stimme blieb sanft. »Wenn die Jedi nicht mehr zum Licht blicken, wie können sie ihm dienen?«

»Jedi dienen der Macht«, sagte Jacen. »Die Macht umfasst sowohl das Licht als auch das Dunkel.«

»Ihr seid nun also über Licht und Dunkel erhaben?«, fragte Akanah. »Über Gut und Böse?«

»Ich selbst bin nicht einmal mehr ein aktiver Jedi-Ritter«, antwortete Jacen. »Dennoch, die Antwort lautet ja.«

»Und ihr versteht nicht, wie dumm das ist?« Während Akanahs Worten wurde ihr Blick verzweifelter und finsterer. »Wie arrogant?«

Was Jacen verstand, war, dass die Fallanassi eine eher enge und starre Ansicht von Moral hatten, aber das sprach er nicht aus. Der Ruf war etwas, was innerlich an ihm zerrte, ihn dazu drängte, sich auf den Weg zu machen, und er wollte ganz bestimmt keine Zeit mehr mit einer Debatte verschwenden, die zu nichts führen konnte.

»Die Jedi dienen nur sich selbst«, fuhr Akanah fort. »Sie sind aufgeblasen genug zu glauben, dass sie die Macht benutzen können, statt sich ihr zu ergeben, und mit diesem Stolz haben sie mehr Leid geschaffen als verhindert. Ohne Licht, um euch zu führen, Jacen, und die Kraft, die ich in dir spüre, fürchte ich, wirst du noch mehr Leid erzeugen.«

Die offenen Worte trafen Jacen wie ein Schlag. Weniger, weil sie so grob waren, als wegen der ernsten Sorge, die darin lag. Akanah fürchtete wirklich um ihn, fürchtete wirklich, dass er selbst zu einem größeren Ungeheuer werden würde als sein Großvater Darth Vader.

»Akanah, ich weiß Ihre Sorge zu schätzen.« Jacen griff nach ihren Händen, aber sie entzog sie ihm. Er widersetzte sich der Versuchung, ihren wirklichen Körper in der Macht zu berühren. Schüler des Weißen Stroms hielten solche Grenzüberschreitungen beinahe für eine Gewalttätigkeit. »Aber ich werde mein Licht hier nicht finden. Ich muss gehen.«

1

Die Dämmerung hatte sich über den Park der Einheit gesenkt, und die ersten Falkenfledermäuse hatten ihre Schlafstätten bereits verlassen und schossen vom Himmel, um Yammal-Jells und Couffe-Aale aus den rollenden Wellen des Befreiungssees zu fischen. Am gegenüberliegenden Ufer hatten sich die Yorikkorallen-Vorsprünge, die den Rand des Parks kennzeichneten, lila verfärbt und warfen lange Schatten. Hinter ihnen glitzerten die Durabeton-Skelette der hoch aufragenden Wolkenkratzer scharlachrot in der untergehenden Sonne. Der Planet war ebenso viel Yuuzhan’tar wie Coruscant geblieben, und in vielerlei Hinsicht würde das wohl auch so bleiben. Aber es herrschte Frieden. Zum ersten Mal in Luke Skywalkers Leben befand sich die Galaxis nicht im Krieg – und das bedeutete viel.

Es gab selbstverständlich immer noch Probleme. So würde es immer sein, und an diesem Tag waren gleich mehrere Meister damit beschäftigt, sich um das Chaos zu kümmern, das Jaina und vier andere junge Jedi-Ritter bewirkt hatten, als sie urplötzlich ihre Pflichten im Stich ließen und in die Unbekannten Regionen aufbrachen.

»Lowbacca ist der Einzige, der die Biomechanik der Maledoth vollkommen versteht«, sagte Corran Horn mit kehliger Stimme. »Es ist also klar, dass das ramoanische Umsiedlungsprojekt vollkommen zum Stillstand gekommen ist.«

Widerstrebend wandte Luke den Blick von dem Außenfenster ab und dem Ratszimmer zu, wo Corran mit seinem Laserstab die Holografie eines riesigen Sklavenschiffs der Yuuzhan Vong zeigte. Der Jedi-Orden hatte gehofft, das Schiff einsetzen zu können, um die Bevölkerung eines sterbenden Planeten umzusiedeln.

Corran bewegte den Laserzeiger, und die Holografie wechselte zu dem Bild eines von Bergbaukratern gezeichneten Asteroiden. »Die Situation im Maltorianischen Minengürtel verschlechtert sich ebenfalls. Ohne Zekk, der sich dieser Burschen annimmt, verwüsten Dreiauges Piraten nahezu ungehindert das System. Die Lieferungen von Rohmaterial sind um fünfzig Prozent gefallen, und RePlanetHab versucht inzwischen, sie auszukaufen.«

»Das ist eine Entwicklung, der wir sofort entgegenwirken müssen«, stellte Mara fest. Sie saß neben Luke und war – wie üblich – die Erste, die direkt aufs Thema kam. Das gehörte zu den Dingen, die Luke am meisten an ihr bewunderte – in einer Zeit, in der die kleinsten Entscheidungen Folgen hatten, die selbst ein Dejarik-Champion der Columbi nicht hätte vorhersagen können, handelte seine Frau mit klarem Instinkt. »Wenn Rehab-Konglomerate anfangen, Piraten auszukaufen, wird es im Galaktischen Kern bald von Plünderern wimmeln.«

Die anderen Meister stimmten zu.

»Also gut«, sagte Corran. »Wo finden wir einen Ersatz für Zekk?«

Niemand hatte es eilig, zu antworten. Die Jedi waren bereits viel zu weit über die Galaxis verstreut, und die meisten Jedi-Ritter – und sogar einige Schüler – hatten schon drei Aufgaben gleichzeitig zu bewältigen. Während die Gierigen und Selbstsüchtigen in der Galaxis immer geschickter wurden, wenn es darum ging, den Senat der Galaktischen Allianz zu manipulieren, wurde die Situation immer verzweifelter.

Kyp Durron sagte schließlich: »Die Solos sollten auf Borao bald fertig sein.« Er trug einen fadenscheinigen Umhang und eine Tunika, sein braunes Haar war lang und zottig, und insgesamt sah er aus, als wäre er gerade von einem langen Einsatz zurückgekehrt. Wie immer. »Vielleicht wird RePlanetHab Geduld bewahren, wenn sie wissen, dass die Solos auf dem Weg sind.«

Diesmal dauerte das Schweigen sogar noch länger als beim letzten Mal. Streng genommen standen die Solos nicht für solche Einsätze zur Verfügung. Han war nicht einmal ein Jedi, und Leias Status im Orden war bestenfalls inoffiziell. Der Rat bat sie nur einfach immer wieder zu helfen, und sie taten es, und jeder Meister im Raum wusste, dass der Orden die Selbstlosigkeit der Solos schon viel zu lange ausgenutzt hatte.

»Jemand anders soll sich mit ihnen in Verbindung setzen«, sagte Mara schließlich. »Leia zuckt schon zusammen, wenn sie nur Lukes Gesicht auf dem Holokom sieht.«

»Ich kann es machen«, bot Kyp an. »Ich bin daran gewöhnt, bei ihr eine solche Wirkung auszulösen.«

»Das wird Maltoria helfen«, sagte Corran. »Aber was ist mit dem Ar’krai der Bothans? Alemas letzter Bericht legt nahe, dass sich Reh’mwa und seine Fundamentalisten jetzt auf Zonama Sekot konzentrieren. Sie haben die Avengeance für eine Erkundungsmission in den Unbekannten Regionen ausgerüstet.«

Ein subtiler Wirbel in der Macht zog Lukes Aufmerksamkeit zum Eingang. Er hob die Hand, um die Diskussion zu unterbrechen.

»Entschuldigt mich einen Moment.« Er wandte sich dem Foyer zu und versenkte sich vollkommen in die Macht, bis er eine der Personen erkannte, die auf dem Weg zu ihnen waren, dann sagte er: »Vielleicht sollten wir später weitermachen. Wir wollen nicht, dass Staatschef Cal Omas erfährt, wie besorgt wir wegen des Verschwindens der jungen Jedi-Ritter sind.«

»Nein?«

»Nein.« Luke stand auf und ging auf die Tür zu. »Besonders dann nicht, wenn er Chiss mitbringt.«

Luke blieb im Foyerbereich stehen, wo eine einfache Holzbank und zwei leere Steinvasen gegenüber der Tür standen, arrangiert, um eine beruhigende Atmosphäre zu schaffen und dafür zu sorgen, dass Besucher sich willkommen fühlten. Kaum ein Augenblick verging, da ging die Tür auch schon zischend auf, und ein junger Schüler blieb überrascht direkt vor Luke stehen.

»M-Meister S-Skywalker!«, stotterte der junge Rodianer. Er drehte sich um und hob eine spinnenfingrige Hand zur Tür. »Staatschef Omas und …«

»Ich weiß, Twool. Danke.«

Luke schob den Jungen zusammen mit dem anderen Schüler, der hereingekommen war, wieder zurück in den Flur, dann trat er selbst in die Tür und stand auch schon Staatschef Cal Omas und drei blauhäutigen Chiss gegenüber. Der erste Chiss hatte ein faltiges Gesicht, und sein Kinn wirkte ein wenig schlaff. Er war vielleicht der älteste Chiss, den Luke je gesehen hatte. Bei den beiden hinter ihm handelte es sich eindeutig um Leibwächter – hochgewachsen, stark, aufmerksam und in die schwarzen Uniformen der Vorgeschobenen Verteidigungsflotte der Chiss gekleidet.

»Staatschef Omas«, sagte Luke. Es war Omas’ hohlen Wangen und seiner grauen Gesichtsfarbe deutlich anzusehen, wie sehr sein Amt ihn belastete. »Willkommen.«

»Sie erwarten uns also bereits.« Omas warf einen spitzen Blick zum Konferenzraum. »Gut.«

Luke ignorierte die Andeutung und verbeugte sich vor dem älteren Chiss. »Und Aristocra …« Es brauchte einen Moment, bis Omas der Name wieder einfiel, sodass Luke ihn erspüren konnte, ohne sonderlich tief in ihn einzudringen. »Mitt’swe’kleoni. Es ist mir ein Vergnügen, Ihre Bekanntschaft zu machen.«

Der Chiss kniff die roten Augen zu scharlachroten Linien zusammen. »Sehr beeindruckend. Es ist nicht einfach, Identitätsakten über die Aristokratie der Chiss zu erhalten.«

»Das haben wir auch nicht.« Luke lächelte und blieb weiter in der Tür stehen. »Sie und Ihre Leibwächter sind drinnen willkommen, sobald Sie Ihre verborgenen Waffen abgegeben haben.«

Omas verzog das Gesicht, aber Luke regte sich nicht. Selbst wenn er die verborgenen Waffen nicht durch die Macht wahrgenommen hätte, hätte er immer noch darum gebeten. Immerhin waren diese Leute Chiss.

»Wie Sie wissen«, fuhr Luke fort, »sind im Jedi-Tempel keine anderen Waffen als Lichtschwerter erlaubt.«

Mitt’swe’kleoni lächelte wie ein alter Mann, der dabei erwischt wird, wie er etwas trinkt, das sein Arzt verboten hat, dann holte er einen kleinen Blaster aus dem Stiefel und reichte ihn seinem Leibwächter.

»Meine Leibwächter werden im Flur warten«, sagte er. »Ich sehe schon, dass sie in einem Raum voller Jedi nicht viel nützen würden.«

»Sie würden sie auch nicht brauchen.« Luke trat beiseite und ließ die beiden Politiker an ihm vorbei in den Konferenzraum. »Bitte setzen Sie sich zu uns.«

Als sie eintraten, betrachtete Mitt’swe’kleoni interessiert die Einrichtung – die automatische Küche, den kleinen Wald seltener Trebala-Pflanzen, die fließend geformten Sitzmöbel –, und die Arroganz verschwand nach und nach aus seiner Haltung. Es war nicht die Reaktion, die Luke sich gewünscht hätte. Der neue Jedi-Tempel war ein Geschenk der Galaktischen Allianz, den Jedi aufgedrängt in einem verzweifelten Versuch, ein Zeichen des Fortschritts zu setzen, als die versagende Wiederaufbaubehörde den Regierungssitz nach Coruscant zurückverlegt hatte. In vielerlei Hinsicht hatte die Umsiedlung so spektakulär versagt, wie sie es verdient hatte. Aber der Tempel, eine Pyramide aus Stein und Transparistahl, entworfen, um in Harmonie mit dem neuen Gesicht des Nachkriegs-Coruscant zu existieren, beeindruckte für gewöhnlich mit seinen majestätischen Ausmaßen und der Wiedergutmachungsarchitektur. Er erinnerte Luke auch ununterbrochen an seine größte Angst: dass die Jedi begannen, sich durch die Augen anderer wahrzunehmen, und dadurch schließlich kaum mehr sein würden als die Hüter einer dankbaren Galaktischen Allianz.

Im Konferenzbereich erhoben sich die Meister, um ihre Gäste zu begrüßen.

»Ihr kennt alle Staatschef Cal Omas, denke ich.« Luke bedeutete Omas, sich zu setzen, dann nahm er Mitt’swe’kleoni am Ellbogen und führte ihn in den abgesenkten Kreis. »Das hier ist Aristocra Mitt’swe’kleoni aus dem Reich der Chiss.«

»Bitte benutzen Sie meinen Kernnamen Tswek«, sagte der Aristocra. »Der lässt sich leichter aussprechen.«

»Gern«, antwortete Luke, sah dabei aber weiter den Rat an. »Tswek hat, glaube ich, verstörende Nachrichten für uns.«

Tswek runzelte die Stirn, aber Lukes »Intuition« überraschte ihn nicht mehr. »Dann wissen Sie, wieso ich hier bin?«

»Wir können Ihre Unruhe in der Macht spüren«, sagte Luke und wich damit einer direkten Antwort aus. »Ich nehme an, es hat mit unseren Jedi in den Unbekannten Regionen zu tun.«

»In der Tat«, sagte Tswek. »Das Reich der Chiss verlangt eine Erklärung.«

»Eine Erklärung?« Corran gelang es nicht, seine Empörung zu verbergen. »Worüber?«

Tswek ignorierte Corran demonstrativ und starrte weiterhin Luke an.

»Die Jedi haben viele Stimmen, Aristocra«, sagte Luke. »Aber wir sprechen als eine Person.«

Tswek dachte einen Moment nach, dann nickte er. »Also gut.« Er wandte sich Corran zu. »Wir verlangen eine Erklärung für das, was Sie getan haben. Was an unserer Grenze geschieht, geht Sie nichts an.«

Trotz der Welle von Bestätigung und Zweifeln, die sie nun in der Macht wahrnehmen konnten, blieben die Jedi-Meister nach außen hin ruhig.

»Die Chiss-Grenze, Aristocra?«,fragte Saba Sebatyne, eine der neuesten Jedi-Meisterinnen.

»Selbstverständlich.« Tswek wandte sich der Barabel nachdenklich zu. »Sie wissen nicht, was Ihre Jedi-Ritter tun, oder?«

»All unsere Jedi sind gut ausgebildet«, sagte Luke zu Tswek. »Und die fraglichen fünf sind sehr erfahren. Wir sind sicher, dass sie gute Gründe für all das haben, was sie taten.«

Ein misstrauisches Glitzern erschien in Tsweks scharlachroten Augen. »Bisher konnten wir sieben Jedi identifizieren.« Er wandte sich Omas zu. »Es sieht so aus, als könnte ich hier nichts ausrichten. Die Jedi, die in diese Sache verwickelt sind, handeln offenbar auf eigene Initiative.«

»In welche Sache genau sind sie verwickelt?«, fragte Kyp.

»Das geht die Galaktische Allianz nichts an«, sagte Tswek. Er verbeugte sich vor den Ratsmitgliedern. »Ich entschuldige mich dafür, Ihre Zeit verschwendet zu haben.«

»Entschuldigungen sind nicht notwendig«, sagte Luke. Er dachte daran, den Namen von Chaf’orm’bintrano zu erwähnen, eines Aristocra, dem er und Mara vor Jahren bei einem Einsatz begegnet waren, aber es war unmöglich, zu wissen, wie das aufgenommen würde. Chiss-Politik war so launenhaft wie geheimniskrämerisch, und nach allem, was Luke wusste, konnte Formbis Familie gut eine der fünf herrschenden Familien sein, die in den letzten Jahren mysteriöserweise aus dem politischen Spektrum verschwunden waren, während der Rest der Galaxis gegen die Yuuzhan Vong gekämpft hatte. »Alles, womit unsere Jedi-Ritter zu tun haben, geht diesen Rat an.«

»Dann schlage ich vor, dass Sie sie in der Zukunft besser beaufsichtigen«, entgegnete Tswek. Als Luke ihm immer noch nicht aus dem Weg ging, wandte er sich Omas zu. »Ich bin fertig hier, Staatschef.«

»Selbstverständlich.« Omas flehte Luke mit einem Blick an, beiseitezutreten, dann sagte er: »Eine Eskorte wird am Tempeleingang zu Ihnen stoßen. Ich werde, wenn Sie erlauben, noch hierbleiben und mit den Jedi reden.«

»In diesem Fall bedanke ich mich für Ihre Gastfreundschaft.« Tswek verbeugte sich vor dem Staatschef, dann wandte er sich der Tür zu. »Ich werde innerhalb einer Stunde nach Hause zurückkehren.«

Omas wartete, bis der Aristocra weg war, dann sah er Luke verärgert an. »Und?«

Luke spreizte die Finger. »Zu diesem Zeitpunkt, Staatschef Omas, wissen Sie mehr als wir.«

»Das befürchtete ich schon«, knurrte Omas. »Offensichtlich ist eine Gruppe von Jedi in Grenzstreitigkeiten mit den Chiss verwickelt.«

»Wie kann das sein?«, fragte Mara. Bevor sie verschwunden war, hatte Jaina dem Rat Zielkoordinaten geschickt, die sie und die anderen berechnet hatten, indem sie den Ort des geheimnisvollen Rufs anpeilten. Astronomische Erkundungen hatten nicht einmal einen Stern in diesem Bereich gezeigt und ganz bestimmt kein Anzeichen, dass die Koordinaten für die Chiss von irgendwelchem Interesse sein könnten. »Ihr Ziel befand sich über hundert Lichtjahre vom Rand des Chiss-Reichs entfernt.«

»Dann sind unsere Jedi also tatsächlich dort draußen«, sagte Omas. »Und wir können im Augenblick nicht einen einzigen Jedi entbehren, von sieben nicht zu reden.«

Maras grüne Augen glühten wie Laser. »Unsere Jedi, Staatschef Omas?«

»Verzeihen Sie mir.« Die Stimme des Staatschefs war mehr einlenkend als entschuldigend. Luke wusste, dass Omas in seinem Herzen die Jedi ebenso sehr für Diener der Galaktischen Allianz hielt, wie er selbst einer war. »Ich wollte nichts andeuten.«

»Selbstverständlich nicht«, sagte Mara in einem Tonfall, der nahelegte, dass er das lieber ernst meinen sollte. Sie wandte sich dem Rest des Rats zu. »Mitt’swe’kleoni sprach von sieben Jedi. Was fangen wir damit an?«

»Diese hier zählt fünf.« Saba hob die Hand und einen Klauenfinger nach dem anderen. »Jaina, Alema, Zekk, Lowbacca und Tesar.«

Kyp fügte zwei Finger hinzu. »Tekli und Tahiri?«

Omas runzelte die Stirn. »Wie ist das möglich? Ich dachte, die beiden wären in den Unbekannten Regionen auf Zonama Sekot.«

»Das sollten sie sein«, sagte Corran. »Aber ebenso wie die anderen sind sie Überlebende der Myrkr-Mission.«

»Das verstehe ich nicht«, sagte Omas. »Was hat das hier mit der Myrkr-Mission zu tun?«

»Ich wünschte, das wüssten wir«, sagte Luke. Die Myrkr-Mission war mitten im Krieg gegen die Yuuzhan Vong durchgeführt worden und so teuer wie erfolgreich gewesen. Anakin Solo und sein Einsatzteam hatten die Jedi-mordenden Voxyn vernichten können. Aber sechs junge Jedi-Ritter waren dabei umgekommen – darunter Anakin selbst –, und ein weiterer galt als vermisst. »Ich kann Ihnen nur sagen, dass Jaina und die anderen Überlebenden dieses Einsatzes in den letzten Wochen berichteten, einen ›Ruf‹ aus den Unbekannten Regionen erhalten zu haben. An dem Tag, an dem sie gingen, war dieser Ruf ein Ruf nach Hilfe geworden.«

»Und obwohl wir wissen, dass sich Tenel Ka immer noch auf Hapes befindet«, fuhr Mara fort, »scheint es wahrscheinlich, dass die andern Jedi Tekli und Tahiri sind.«

Niemand sprach aus, dass Jainas Bruder Jacen ebenfalls einer der sieben sein könnte. Als sie das letzte Mal von ihm gehört hatten, hatte er sich irgendwo auf der anderen Seite der Galaxis befunden, bei den Fallanassi.

»Und was ist mit Zonama Sekot?«, fragte Omas. Zonama Sekot war der lebende Planet, der zugestimmt hatte, den besiegten Yuuzhan Vong ein Heim zu sein. »Könnte der Ruf von dort gekommen sein?«

Luke schüttelte den Kopf. »Zonama Sekot hätte sich direkt mit mir in Verbindung gesetzt, brauchte er unsere Hilfe. Ich bin sicher, dass diese Sache mit der Myrkr-Mission zu tun hat.«

Omas schwieg und wartete auf weitere Erklärungen, aber mehr wusste Luke selbst nicht.

Stattdessen fragte der Jedi-Meister: »Was hat Mitt’swe’kleoni Ihnen gesagt?«

Omas zuckte mit den Achseln. »Er verlangte zu wissen, wieso die Galaktische Allianz Jedi geschickt hätte – seine Worte –, die sich in einen Grenzkonflikt der Chiss einmischen. Als er erkannte, wie überrascht ich über diese Frage war, verlangte er, mit Ihnen zu sprechen.«

»Das ist schlecht«, sagte Mara. »Sehr schlecht.«

»Ganz meiner Meinung«, sagte Omas. »Entweder glaubt er, dass wir alle lügen …«

»… oder er glaubt, unsere Jedi-Ritter hätten sich von uns abgewandt«, schloss Saba. »Wie auch immer, das Ergebnis wird das gleiche sein.«

»Die Chiss werden versuchen, das Problem selbst zu lösen«, sagte Omas. Er fuhr sich durch das schütter werdende Haar. »Was wird dabei herumkommen?«

»Unsere Jedi-Ritter können auf sich aufpassen«, sagte Luke.

»Das weiß ich!«, fauchte Omas. »Mir geht es um die Chiss.«

Luke spürte, dass Mara zornig wurde, aber sie entschied sich, Omas’ Tonfall zu überhören und nichts dazu zu sagen. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, ihn daran zu erinnern, dass sich nicht alle Jedi als seine Untergebenen betrachteten und entsprechend behandelt werden wollten.

»Wenn die Chiss etwas gegen sie unternehmen, werden Jaina und die anderen versuchen, die Situation zu entschärfen – zumindest eine Zeitlang«, sagte Luke. »Danach hängt alles vom Wesen des Konflikts ab.«

»Aber sie werden nicht zögern, Macht gegen Macht einzusetzen«, fuhr Mara fort. »Das würden wir auch nicht von ihnen verlangen. Und wenn die Chiss genügend drängen, wird Jaina ihnen früher oder später eine blutige Nase verpassen.«

Omas wurde blass und wandte sich Luke zu. »Sie müssen dem ein Ende machen, und zwar sofort! Wir können nicht zulassen, dass es Tote gibt.«

Luke nickte. »Wir werden selbstverständlich jemanden …«

»Nein, ich meinte Sie persönlich.« Omas wandte sich den anderen zu. »Ich weiß, die Jedi haben ihre eigene Art, mit Problemen umzugehen. Aber da Jaina Solo diese jungen Jedi-Ritter anführt, ist Meister Luke der Einzige, der sie nach Hause holen kann. Diese junge Frau ist so starrsinnig wie ihr Vater.«

Diesmal widersprach keiner.

2

Ein silberner Splitter jagte am Bug des Falken vorbei, drei Kilometer entfernt und gerade noch unterhalb der Wolken, dann verschwand er in einer Nebelbank, fast schon, bevor Han Solo klar wurde, was er gesehen hatte.

»Hast du das mitgekriegt?« Er brauchte beide Hände, um den Falken zu steuern. Wegen der Schwaden von grauem Nebel unter grauem Himmel und den mit Ranken überzogenen Yorikkorallen-Türmen, die aus einem Wald aufragten, der aussah, als bewegte er sich, war es nicht ganz ungefährlich, Borao kartografisch zu erfassen. Es hätte sogar tödlich enden können. »Wieso ist hier ein anderes Schiff? Hast du nicht gesagt, der Planet wäre verlassen?«

»Das ist er, mein Lieber.« Leia warf einen Blick auf die Konsole vor dem Copilotensitz, dann schüttelte sie missmutig den Kopf, als sie die Statik dort sah. »Die Sensoren können durch diese ionisierten Wolken nichts weiter wahrnehmen, aber wir wissen, was das für ein Schiff war.«

»Und du behauptest, ich würde stets zu schnelle Schlüsse ziehen!« Trotz Hans Widerspruch verspürte sie so etwas wie Hoffnungslosigkeit. Seit das Gesetz zum Wiederaufbau verfallender Planeten durch den Senat gegangen war, schien es in der Galaxis mehr Forschungsschiffe zu geben als Sterne. »Es könnte auch ein Schmuggler sein oder ein Pirat. Ein Ort wie dieser gäbe ein gutes Versteck ab.«

Leia betrachtete den Schirm noch einen Moment, dann schüttelte sie erneut den Kopf. »Unmöglich. Schau dir das an.«

Der Ausblick aus der Heckkamera erschien auf ihrem Schirm und zeigte die unförmige kleine Form eines Koensayr-Vermessungsschiffs. Es befand sich genau in der Mitte des Schirms.

»Es verfolgt uns!«

»Sieht so aus«, stimmte Leia zu. »Die gute Nachricht ist, dass es noch nicht lange dort sein kann, sonst hätte ich es bemerkt. Da unsere Langstreckensensoren blockiert sind, lege ich die Ansichten aus den Außenkameras auf den Schirm.«

»Gute Idee.« Han lächelte Leias Spiegelbild auf der Cockpitkuppel zu. Sie hatte sich mit dem gleichen Engagement auf die Rolle der Stellvertretenden Kommandantin des Falken gestürzt, die sie allem entgegenbrachte, was sie tat, und er hätte keine bessere Copilotin für den YT-1300 finden können. Aber hinter ihrer majestätischen Haltung lag eine gewisse Unruhe, in den braunen Augen stand eine Rastlosigkeit, die ihn sich manchmal fragen ließ, ob dieser Posten nicht zu wenig für sie war. Was Han verstand. Jede Frau, die eine Rebellion inspiriert und eine galaktische Regierung durch ihre Kindheitstage geführt hatte, fand es an Bord eines Frachters vielleicht ein wenig eng – auch wenn sie zu viel Klasse hatte, um das auszusprechen. »Das liebe ich an dir.«

Leia lächelte strahlend. »Klug und schön?«

Han schüttelte den Kopf. »Du bist wirklich ein guter Copilot.« Er beschleunigte, und die bewaldeten Hügelkämme unter ihnen schossen verschwommen dahin. »Bring die Heckschilde auf Höchstleistung. Das Koensayr-Schiff hat gerade eine Flotte bewaffneter Vermessungskapseln an RePlanetHab geliefert, also könnte es rau werden.«

Leia sah auf die Schubanzeige. »Han, was, zum Teufel, machst du da?«

»Ich habe genug davon, mich von diesen PlanetHab-Piloten herumschubsen zu lassen. Das lässt mich alt aussehen.«

»Mach dich nicht lächerlich«, sagte Leia. »Du bist gerade erst Mitte sechzig.«

»Genau das meine ich ja«, sagte Han. »Nur weil jemand graue Schläfen hat, denken die Leute, er wird langsamer. Sie bilden sich ein, sie können ihn rumschubsen und …«

»Han, niemand denkt, dass du langsamer wirst.« Leias Stimme war leise geworden. »Dir bleiben noch mindestens vierzig gute Jahre. Vielleicht sogar fünfzig, wenn du gut auf dich aufpasst.«

Eine zimperliche elektronische Stimme erklang aus dem Kom hinter Leia. »Und dürfte ich darauf hinweisen, wie schwierig es ist, von einem andern Schiff aus Ihr graues Haar zu erkennen?« C-3PO beugte sich vor und schob den goldenen Kopf an den Rand von Hans Blickfeld. »Welchen Grund die anderen Piloten auch immer dafür haben mögen, zu denken, Sie wären langsamer geworden, Sir, ich bin ziemlich sicher, dass Ihre Haarfarbe nichts damit zu tun hat.«

»Danke, 3PO«, knurrte Han. »Vielleicht solltest du diese Vokabularschaltkreise abschalten, bevor jemand sie mit einer Plasmafackel erforscht.«

»Eine Plasmafackel?«, rief C-3PO. »Wie sollte jemand auf eine solche Idee kommen?«

Han ignorierte den Droiden und zog den Falken in eine tief hängende Wolke. Normalerweise hätte er sie umflogen aufgrund des Risikos, einen der seltsamen Türme zu rammen, welche die Yuuzhan Vong auf dem Planeten hinterlassen hatten. Aber das hätte eine zweite kartografische Erfassung auf der anderen Seite erfordert, und dazu blieb ihnen einfach nicht die Zeit – nicht, wenn sie dieses Schiff in seinem eigenen Spiel schlagen wollten.

Als der Falke auf der anderen Seite der Wolke herauskam, ohne mit etwas zusammengestoßen zu sein, seufzte ihr Passagier erleichtert und schob den T-förmigen Kopf zwischen die Sitze.

»Captain Solo, es hat keinen Sinn, Ihr Schiff aufs Spiel zu setzen.« Ezam Nhor sprach mit Mündern auf beiden Seiten seines gebogenen Halses, was seiner ithorianischen Stimme eine trauernde Stereoqualität verlieh. »Die Wiederaufbaugesetze besagen: Wenn zwei Gruppen ähnliche Ansprüche erheben, muss die Wiederaufbaubehörde der mit den größeren Ressourcen den Zuschlag erteilen. Meine Leute haben nicht einmal die Mittel, die einem kleinen Wiederaufbaukonglomerat entsprächen, von denen von RePlanetHab ganz zu schweigen.«

»Sie sind jung, also wissen Sie das vielleicht nicht«, erwiderte Han, »aber ich halte mich für gewöhnlich nicht an Regeln.«

Ein unbehagliches Ächzen kam aus beiden Seiten des Halses des Ithorianers.

»Han, ich verliere so ungern gegen diese Wortverdreher wie du«, sprach Leia auf ihren Mann ein, »aber Ezam hat recht. Die Ithorianer haben keine …«

»Wir können das hier schaffen«, sagte Han. Eine gewaltige Nebelbank, deren Rand sich bis zu den Baumwipfeln zog, war am Horizont aufgetaucht. »Borao ist keine leicht zu vermessende Welt, und wir haben großen Vorsprung.«

»Und?«

»Und die Wiederaufbaubehörde muss jeden Anspruch notieren, der an sie gestellt wird.« Han ließ das Schiff über die näher kommende Nebelbank aufsteigen. Eine kleine Wolke war eine Sache, aber er würde nicht blind durch wer weiß wie viele Kilometer dichten Nebels fliegen. »Wenn ich Lando überreden kann, uns zu unterstützen, haben wir immer noch eine Chance. Wir müssen nur unsere Karte als Erste senden.«

Leia schwieg.

»Na gut, die Chancen sind nicht allzu groß«, fuhr er fort. »Aber besser als nichts. Und es ist nicht so, als hätten wir schon zuvor auf langfristige Lösungen gesetzt.«

»Han …«

»Außerdem kann Luke vielleicht ein wenig Unterstützung von Cal Omas beschaffen«, sagte er. »Das würde …«

»Han.« Leia legte ihre Hand auf die seine und schob den Hebel, auf dem seine Hand lag, nach vorn. »Wir haben keine Zeit, unsere Geländescanner neu einzustellen.«

»Hast du den Verstand verloren?« Er betrachtete die Atmosphäre vor ihnen mit nervösen Augen. »Tatsächlich. Du bist verrückt.«

»Ich dachte, du willst gewinnen?«

»Ja«, sagte Han. »Und um das zu tun, müssen wir am Leben bleiben.«

»Captain Solo hat da ein hervorragendes Argument vorgebracht«, sagte C-3PO. »Solange unsere Sensoren nicht richtig arbeiten, sind unsere Chancen, in diesen Wolken gegen einen verlassenen Wachturm zu stoßen, ungefähr …«

»Ich brauche keine Zahlen, 3PO«, sagte Leia. »Ich muss mich konzentrieren.«

Sie richtete die Aufmerksamkeit auf den grauen Vorhang vor ihnen, und Nebelwirbel begannen, sich aus der Mitte zu lösen. Han setzte gerade zu einer boshaften Bemerkung darüber an, eine Wetter-Jedi als Copilotin zu haben, als ihm wieder einfiel, was Leia zu 3PO gesagt hatte, und so verkniff er sich die Bemerkung. Ihre Ausbildung war immer noch eher unregelmäßig, und wenn sie sagte, sie müsse sich konzentrieren, war es vermutlich das Klügste, ihr zu glauben.

Als sie die Nebelbank erreichten, hatte Leia schon einen langen Kanal durch deren Mitte geöffnet – einen sehr schmalen Kanal, nicht viel breiter als der Falke selbst.

C-3POs elektronische Stimme durchdrang das angespannte Schweigen. »Oje!«

»Still, 3PO«, bellte Han. »Leia muss sich konzentrieren.«

»Dessen bin ich mir bewusst, Captain Solo, aber der Weg, den sie geöffnet hat, bildet nur einen kleinen Pfad durch die ionische Störung. Wir erhalten außerdem eine Komsendung von innerhalb des Systems von Meister Durron.«

»Nimm sie entgegen«, befahl Han. In der Kuppelreflexion sah er, wie Leia die Stirn runzelte, und Nebelschwaden drangen wieder in den Kanal ein. »Und hör auf, uns zu stören.«

»Es tut mir leid, Captain Solo, das ist unmöglich. Die ionische Störung scheint zurückzukehren, und unser Empfang ist zu verzerrt, um zu antworten. Wenn Sie ein paar hundert Meter aufstiegen, könnte ich eine statische Reinigung vornehmen, um das Signal zu verstärken.«

»Nicht jetzt!« Der Nebel schloss sich vollständig. Unfähig, auch nur über das Ende des Cockpits hinwegzusehen, warf Han einen Blick zu Leia. »Wenn es zu viel ist …«

»Es wäre nicht zu viel, wenn du mich einfach in Ruhe lassen würdest!«, fauchte sie. »Willst du hier gewinnen oder nicht?«

»Also gut. Kein Grund, schnippisch zu werden.« Han wandte sich wieder nach vorn, wo sich der Nebel erneut teilte.

»Viel besser«, sagte C-3PO. »Vielen Dank, Prinzessin Leia. Meister Durron scheint recht aufgeregt zu sein.«

Kyps Stimme erklang aus dem Komlautsprecher, kratzig und verzerrt. »… deine Schaltkreise von innen schmilzt!«

»Immer mit der Ruhe, Junge«, sagte Han. »Ich hoffe, du hast einen guten Grund dafür, uns zu stören.«

»Wann wirst du damit aufhören, mich ›Junge‹ zu nennen?«, fragte Kyp.

»Bald«, versprach Han. »Sieh mal, wir haben hier viel zu tun. Wenn das also alles ist, was du wissen wolltest …«

»Tut mir leid«, sagte Kyp. »Ich wünschte, das hier könnte warten, aber ich bin auf dem Durchflug nach Ramodi.«

»Zu dem Baradium-Ring?«, fragte Han. »Ich dachte, Tesar Sebatyne sollte sich darum kümmern.«

»Sollte ist genau das richtige Wort.« Kyp hielt einen Moment inne. »Etwas ist passiert.«

»Wichtiger als Baradium-Schmuggel?«

»Schwer zu sagen«, meinte Kyp. »Wenn ihr dort fertig seid, möchte der Rat Leia und dich ins Maltorianische System schicken.«

»Nett von ihnen zu fragen«, knurrte Han.

»Das ist es, was ich gerade tue«, entgegnete Kyp. »Der Rat gibt keine Anordnungen – besonders euch beiden nicht.«

»Darauf wäre ich nie gekommen«, sagte Han. »Was ist mit Zekk? Alles in Ordnung mit ihm?«

Kyp schwieg lange, und Han nahm schon an, die Verbindung wäre abgebrochen.

»Kyp.«

»Zekk geht es offenbar gut«, sagte Kyp. »Aber es ist etwas passiert, und er musste gehen.«

In Hans Kopf schrillten die Alarmsirenen los. Jaina hatte ihnen von dem geheimnisvollen Ruf erzählt, den sie und die anderen Angehörigen der Myrkr-Mission aus den Unbekannten Regionen erhalten hatten.

»Hör mal«, knisterte Kyps Stimme durch das Kom, »wir wollten euch nicht schon wieder bitten, aber das hier ist wichtig. RePlanetHab ist so gut wie bereit, Dreiauge auszukaufen.«

»Ich muss mit Leia darüber reden.« Wenn man bedachte, wer gerade versuchte, Borao unter ihnen wegzustehlen, war Han nicht sicher, ob einer von ihnen wirklich so versessen darauf war, RePlanetHab bei einem Piratenproblem zu helfen. »Die Verhandlung gegen Redstar sollte bald vorbei sein, und wir hofften, Jaina ein paar Tage zu sehen, bevor sie wieder losfliegt.«

Noch einmal wurde es lange still, und diesmal beschloss Han abzuwarten. Ein verschwommener grünlicher Umriss erschien am Ende des Nebelkanals, den Leia offen hielt. Sie hatte den Blick weiter starr nach vorn gerichtet. Han hoffte, dass sie etwas sehen konnte – und dass sie nicht so tief in ihre Trance gesunken war, dass ihr der trübe Streifen von Dunkelheit vor ihnen entging.

Schließlich sagte Kyp: »Äh, das mit Jaina könnte ein Problem werden.«

»Sag das nicht«, bat Han. »Etwas ist vorgefallen.« Der trübe Streifen vor ihnen verdickte sich zu einer schärfer umgrenzten Form. »Etwas in den Unbekannten Regionen, wette ich.«

»Na ja … äh, du hast recht.«

»Gut, das zu hören«, schnaubte Han. Normalerweise versuchte er, sich wegen Jainas Einsätzen keine Sorgen zu machen. Als beste Kampfpilotin und führende Jedi-Ritterin kam seine Tochter beinahe mit allem zurecht, was die Galaxis ihr entgegenstellte. Aber die Unbekannten Regionen waren etwas anderes – dort lauerten hundert Schrecken, die man sich kaum vorstellen konnte. Das hatte man ihm zumindest gesagt. »Was ist los?«

»Das wissen wir nicht genau«, sagte Kyp. »Es gibt keinen direkten Grund zur Sorge. Meister Skywalker ist mit Mara und Saba unterwegs, um sich darum zu kümmern.«

Daraufhin war Han erst richtig beunruhigt. Drei Meister abzuziehen, da doch die Jedi ohnehin überbeansprucht waren, wies auf ein größeres Problem hin.

»Also gut, Junge«, sagte Han. Der dunkle Streifen am Ende des Nebelkanals war deutlich genug geworden, um ihn als Yorikkorallen-Turm zu erkennen. »Was ist es, das du uns verschweigst?«

»Nichts.«

Han schwieg, und schließlich fügte Kyp hinzu: »Hatte ich die Chiss schon erwähnt?«

Man musste es Leia lassen, sie hielt den Blick nach vorn gerichtet und schaute durch die Sichtfenster der Pilotenkanzel – aber sie verlor die Konzentration. Der Nebel rollte wieder in den Kanal vor dem Falken,und Han verlor den Turm aus dem Blick. Er drosselte das Tempo – und dann spürte er einen plötzlichen Schmerz im Nacken, als etwas das Schiff nach vorn stieß. Eine Kakophonie von Kollisionsalarmen erklang aus der Steuerkonsole. Hans Blick zuckte zu den Statuslichtern der kritischsten Systeme.

»Was war das?«, fragte ihn Nhor von hinten. »Hatten wir einen Zusammenstoß?«

»Nicht genau«, antwortete Han. Über das Kom sagte er: »Warte einen Moment, Junge. Wir sind hier ein bisschen beschäftigt.«

»Verstanden.« Kyp schien erleichtert zu sein, dass ihm ein paar Minuten blieben, um sich eine Erklärung dessen, was geschehen war, zurechtlegen zu können. »Lasst euch Zeit.«

Sobald Han die Bestätigung hatte, dass noch alle wichtigen Bestandteile arbeiteten, ließ er sich den Blick der Vidcam am Heck übermitteln und sah nichts als Statik.

»Etwas hat uns von hinten getroffen.«

»Das Vermessungsschiff?«, fragte Leia.

»Nun, es hat uns verfolgt«, sagte Han. »Wie ich so etwas hasse!«

»Oje«, sagte C-3PO. »Ich hoffe, niemand hat Schaden genommen!«

»Es würde ihnen recht geschehen«, knurrte Han. Er aktivierte das Interkom und beorderte Leias Noghri-Leibwächter Cakhmaim und Meewalh in die Geschütztürme. »Schießt noch nicht, sondern sagt mir einfach nur, was ihr hinter uns seht.«

Er warf einen Blick zu Leia und erkannte an der Anspannung um ihren Mund, dass sie jedes Wort des Gesprächs zwischen ihm und Kyp gehört hatte. Er schloss das Interkom.

»Also gut, Junge. Erzähl uns von den Chiss!«

»Es ist nicht so schlimm, wie es sich anhört.« Kyp berichtete über Aristocra Tsweks Besuch und Cal Omas’ »Vorschlag«, dass Luke sich persönlich um die Sache kümmern sollte, und dann sagte er: »Meister Skywalker wusste, dass ihr euch Sorgen machen würdet, also hat er Cilghal gebeten, euch Bescheid zu geben, wenn ihr die Unterlagen über die Situation im Maltorianischen System abholt. Aber ich wollte nicht …«

Der Falke erzitterte, und ein weiterer Schadensalarm erklang. Cakhmaim berichtete, dass das Vermessungsschiff trotz seiner eigenen Probleme auf sie schoss.

»Dann schieß ich jetzt zurück«, erklärte Han. »Kyp, du musst …«

»Ich muss warten«, vervollständigte Kyp den Satz. »Seid vorsichtig.«

»Ich habe eine bessere Idee.« Han gab mehr Schub und beschleunigte in den Nebel, dann bat er Leia: »Kannst du diese Nebelsache noch mal machen?«

»Ja«, sagte Leia. Ein leises Grollen vibrierte durch den Falken, als die großen Lasergeschütze aktiviert wurden. »Aber warum nicht aufsteigen und kämpfen, wo wir etwas sehen können?«

Han grinste heimtückisch. »Hast du diesen Turm vor uns nicht bemerkt?«

»Doch«, antwortete sie. Dann trat ein ebenso heimtückisches Lächeln wie das von Han auf ihre Lippen. »Ich mag, wie du denkst, Flyboy.«

»Wie denkt er denn?«, fragte Nhor. »Was werden wir machen?«

»Sie werden schon sehen«, sagte Han. »Halten Sie sich fest.«

Leia wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Nebel zu, und bald schon sahen sie erneut den grünen, von Ranken überwachsenen Turm, der am Ende des Kanals aufragte. Wenn sie bis zur letzten Sekunde nicht bremsten, blieb dem Vermessungsschiff, das ihnen folgte, keine Zeit, dem Turm auszuweichen.

Nhor erkannte, was sie planten.

»Nein!«, kreischte er mit beiden Mündern. »Das dürfen Sie nicht! Sie müssen das abbrechen!«

»Aufhören?«, wiederholte Han. Der Turm war nun so breit wie seine Hand, und er konnte dunkle Korallenflecke durch die Ranken erkennen. »Sind Sie verrückt? Diese Leute schießen auf uns!«

»Das ist gleich.« Nhors Stimme blieb schrill vor Panik. »Mein Volk könnte sich nie eines Planeten durch Mord bemächtigen.«

»Das ist kein Mord«, widersprach Han. »Die anderen haben angefangen. Wir verteidigen uns nur.«

»Das hier ist keine Verteidigung, wenn Sie diese Leute alle umbringen«, sagte Nhor.

Han verlor die Geduld. »Wenn Sie das so sehen, werden die Ithorianer nie einen Planeten finden.« Der Turm war nun so lang wie sein Arm – noch weitere fünf Sekunden, und das Vermessungsschiff würde keine Chance mehr haben. »In dieser Galaxis muss man kämpfen, wenn man etwas braucht.«

»Mein Volk glaubt, dass es schon zu viele Kämpfe gab.« Nhor hielt einen Moment inne, dann fuhr er fort. »Das hier ist nicht Ihre Entscheidung, Captain Solo. Wenn Sie unsere Rivalen töten, werden die Ithorianer ohnehin nicht herkommen.«

»Han, Ezam hat recht«, sagte Leia. Sie hielt den Blick weiter auf den Nebel gerichtet, aber nun streckte sie den Arm aus und griff sanft nach seiner Hand. »Wir können hier nicht siegen.«

Han hörte aus Leias Tonfall heraus, dass sie ebenso gerne weitergemacht hätte wie er. Dieser Krieg hatte sie beide härter werden lassen – weniger bereit zu vergeben und mehr dazu geneigt, auch um einen höheren Preis zu siegen –, und manchmal fragte er sich, ob die Yuuzhan Vong nicht vielleicht am Ende doch gewonnen hatten. Sie hatten in der Galaxis zweifellos mehr verändert als ein paar tausend Planeten.

»Also gut.« Er zog den Steuerhebel zurück, und der Falke stieg aus den Wolken von Borao auf. »Die Weltenschnapper siegen wieder mal.«

»Tut mir leid, das zu hören«, sagte Kyp über das Kom. »Aber ihr werdet im Maltorianischen Gürtel freiere Hand haben. Mit Dreiauge gibt es dort keine Grauzonen.«

»Nicht so schnell, Junge. Wir haben noch nicht gesagt, dass wir mitmachen.«

»Aber Jaina …«

»… ist in den Unbekannten Regionen«, sagte Han. »Genau darum geht es. Gib uns eine Sekunde.«

Leia unterbrach die Komverbindung, dann fragte sie. »Was denkst du?«

»Das weißt du genau.« Obwohl er es nie ausgesprochen hatte, wünschte sich Han, er wäre Anakin ins Myrkr-System gefolgt. Er wusste, dass es keinen Unterschied gemacht hätte, und vielleicht wären sie beide umgekommen, aber er wünschte sich immer noch, er hätte es versucht. »Du denkst das Gleiche.«

»Sehr wahrscheinlich.« Leia seufzte. »Du weißt, dass es unvernünftig ist, ihnen zu folgen.«

»Ihnen?«, fragte Han. »Jaina und Lowie und …«

»Und Jacen.« Leia hatte die Augen geschlossen und das Gesicht zu den Sternen erhoben. »Es fühlt sich an, als wäre er ebenfalls unterwegs.«

»Noch ein Grund, dass wir uns dort umschauen«, sagte Han. »Fünf Jahre sind zu lange.«

»Du weißt, dass wir nur um unser selbst willen gehen«, sagte Leia. »Unsere Kinder kennen sich mit solchen Dingen besser aus als wir.«

»Ja«, sagte Han, »aber was sonst sollen wir tun? Den Hals für RePlanetHab hinhalten? Nach einem weiteren verlassenen Planeten schauen, damit sie ihn den Ithorianern stehlen können?«

Leia hielt die Augen immer noch geschlossen, vielleicht um in der Macht nach ihren Kindern zu sehen oder damit ihr eigenes Herz sie leitete. Schließlich öffnete sie die Augen wieder und öffnete erneut den Kanal.

»Tut mir leid, Kyp, wir können euch nicht helfen«, sagte sie. »Han und ich haben schon andere Pläne.«

3

Das unbekannte Objekt lag direkt vor der Jadeschatten,ein verzogenes dunkles Oval von der Größe eines menschlichen Daumens. Sensorauswertungen legten eine Masse so dicht wie Eis nahe, was mitten im Raum eine seltene, wenn auch nicht unmögliche Erscheinung gewesen wäre. Aber Infrarotmessungen gaben die Kerntemperatur irgendwo zwischen warm und glühend heiß an, und die Spektografie zeigte eine Halo aus entweichender Atmosphäre, die auf lebende Bewohner hinwies.

Mara hatte das alles bereits durch die Macht wahrgenommen. Sie konnte eine seltsame Präsenz in dem Objekt spüren, diffus, urtümlich und riesenhaft. Es gab auch andere, kleinere, besser zu unterscheidende Lebensformen, aber keine Spur von Jaina oder den anderen Angehörigen der Einsatztruppe. Und da war auch nichts zu spüren von diesem dringenden Ruf, der von diesen Koordinaten ausgegangen war.

Mara warf einen Blick auf eine Aktivierungsschalttafel vorn im Cockpit. Ein kleiner Teil der Plexlegierungskuppel verwandelte sich in einen Spiegel, und sie wandte ihre Aufmerksamkeit Luke und Saba Sebatyne zu, die hinter ihr auf den Sitzen des Copiloten und des Navigators saßen.

»Zeit, es uns näher anzusehen?«

»Was habt ihr denn vor?« Die Frage erklang hinter Lukes Sitz, wo ein Junge mit Sommersprossen, rotem Haar und leuchtenden blauen Augen um den Rand der Cockpitluke spähte.

»Ja. Wir werden es uns näher anschauen.« Mara lächelte, denn sie freute sich, ihren Sohn zu sehen, aber sie zwang sich zu einem strengen Tonfall. »Solltest du nicht mit Nanna spielen?«

»Nannas Spielemodul ist für kleine Kinder«, beschwerte er sich. »Sie wollte mich dazu bringen, Tweeks und Ewoks zu spielen.«

»Und warum tut ihr das nicht?«, fragte Luke.

»Ich habe sie abgeschaltet.«

»Wie das denn?«, fragte Mara. »Ihr Energieschalter ist unter ihrer Halsrüstung versteckt.«

Ben wandte den Blick ab, und dies so lässig, wie nur ein kleiner Junge es kann. »Ich habe sie dazu gebracht, sich vorzubeugen und ihn mir zu zeigen.«

»Nanna abzuschalten war nicht besonders nett«, stellte Mara fest. »Ihr Energiekreislauf ist impulsgesichert. Wie, glaubst du, wird sie sich wohl nach einer Notabschaltung fühlen?«

»Dumm.« Bens Antwort wirkte beinahe vergnügt. »Ich habe es bisher erst dreimal gemacht.«

Ein amüsiertes Zischen kam von den Lippen von Saba Sebatyne, was bewirkte, dass sich Ben ein wenig zurückzog, während sein Vater fragte: »Tatsächlich?«

Ben nickte, hatte die großen Augen aber weiterhin auf Sabas klobiges Gesicht gerichtet. Luke drehte sich halb um, griff zu und zog seinen Sohn direkt aufs Deck.

»Versprich mir, dass du das nicht noch einmal tust«, verlangte er, und Mara konnte spüren, wie besorgt er über Bens Streich war. Sie hatten sich schon lange zuvor dagegen entschieden, ihren Sohn von anderen erziehen zu lassen, während sie in der Galaxis unterwegs waren, um sich um ihre vielen Pflichten zu kümmern, auch wenn das Ben ausgesprochene Disziplin abverlangte. »Nanna kann dich nicht beschützen, wenn du sie abschaltest.«

»Wenn sie so dumm ist, wie kann sie das denn überhaupt tun?«, widersprach Ben. »Ein Verteidigungsdroide sollte nicht dümmer sein als ein Kind.«

Statt die Einzelheiten des Ergebenheitsprogramms zu erläutern, forderte Mara: »Ben, antworte deinem Vater. Oder möchtest du lieber auf der Akademie bleiben, wenn wir das nächste Mal unterwegs sind?«

Ben dachte einen Augenblick darüber nach, dann atmete er angestrengt aus. »Also gut.« Er sah Luke an. »Ich verspreche es.«

»Gut«, sagte Luke. »Vielleicht solltest du sie jetzt wieder einschalten.«

»Aber wir sind da.« Ben zeigte durch die Sichtfenster der Pilotenkanzel, wo das unbekannte Objekt weiter in der Dunkelheit verborgen lag. »Ich möchte Jaina sehen!«

»Jaina ist nicht mehr hier«, stellte Mara fest.

»Woher weißt du das?«, fragte Ben.

»Die Macht. Wenn Jaina noch hier wäre, würden dein Vater und ich es spüren.«