Star Wars™ Herrschaft des Imperiums - Die Maske der Angst - Alexander Freed - E-Book

Star Wars™ Herrschaft des Imperiums - Die Maske der Angst E-Book

Alexander Freed

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Beschreibung

Sie gründen die Rebellenallianz gemeinsam – doch nicht alle werden den Fall des Imperiums erleben.

Kanzler Palpatine hat sein Ziel erreicht. Unter dem tosenden Applaus der Senatoren hat er die Republik vernichtet und sich zum Imperator erhoben. Aber es gibt Widerstand! Die Senatoren Mon Mothma, Saw Gerrera und Bail Organa sind nicht bereit, die Tyrannei hinzunehmen. Doch bevor sie zu den Gründern der Rebellenallianz werden können, brauchen sie selbst ein neues Ziel in einer sich verändernden Galaxis. Denn der Weg, den sie beschreiten, ist riskant, oft schwer – und tödlich …


Sie suchen weitere Romane aus der Anfangszeit des Imperiums? Dann lassen Sie sich begeistern von »Die Inquisitorin«, »Die Sith-Lords« und natürlich von der Trilogie »Thrawn – Im Dienst des Imperiums«.

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Seitenzahl: 755

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Buch

Kanzler Palpatine hat sein Ziel erreicht. Unter dem tosenden Applaus der Senatoren hat er die Republik vernichtet und sich zum Imperator erhoben. Aber es gibt Widerstand! Die Senatoren Mon Mothma, Saw Gerrera und Bail Organa sind nicht bereit, die Tyrannei hinzunehmen. Doch bevor sie zu den Gründern der Rebellenallianz werden können, brauchen sie selbst ein neues Ziel in einer sich verändernden Galaxis. Denn der Weg, den sie beschreiten, ist riskant, oft schwer – und tödlich …

Autor

Alexander Freed ist Autor zahlreicher Videospiel-Plots, Comics, Science-Fiction-Storys und Anthologien. Er arbeitete u. a. für BioWare und Dark Horse, wo er hauptsächlich Stoff für die Star- Wars-Comicreihe lieferte. Freed lebt in Austin, Texas. Wenn er mal nicht schreibt, fährt er für sein Leben gerne Rollerskates.

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Alexander Freed

Star Wars™

Die Maske der Angst

Herrschaft des Imperiums 1

Deutsch von Andreas Kasprzak

Die Originalausgabe erschien 2025 unter dem Titel »Star Wars: The Mask of Fear (Reign of the Empire 1)« bei Random House Worlds, New York.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Copyright der Originalausgabe © 2025 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved.

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2026 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Alexander Groß

Covergestaltung: Isabelle Hirtz, Inkcraft, nach einer Originalvorlage

Copyright © 2025 by Lucasfilm Ltd. & ™

Coverillustration: Marko Manev

Coverdesign: Scott Biel

HK · Herstellung: fe

Satz und E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-641-33377-5V001

www.blanvalet.de

Für Laura, die ihre Montage und einen Roadtrip sausen ließ, um dies hier möglich zu machen.

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …

Die Rebellion der Jedi wurde niedergeschlagen. Wir werden die Jedi, die noch am Leben sind, aufspüren und vernichten. Dieser feige Angriff auf mein Leben hat tiefe Narben hinterlassen und mich entstellt. Doch ich versichere euch, meine Entschlossenheit war nie größer. Um weiterhin allgemeine Sicherheit und Stabilität zu gewährleisten, wird die Republik umgestaltet – zum ersten Galaktischen Imperium.

Zum Wohle und Nutzen einer stabilen, sicheren Gesellschaft …

− IMPERATORPALPATINE

So also geht die Freiheit zugrunde: mit donnerndem Applaus.

− PADMÉAMIDALA

1. Teil

Morgendämmerung

1. Kapitel

Die Heilige Stadt

Die Heilige Stadt war aus dem Stein der Wüste gemeißelt und erhob sich im Zwielicht des Ödlandes wie ein Ausgestoßener. Ihre graubraunen Mauern waren vom Staub der Jahrhunderte bedeckt. Aus der Ferne wirkte der Ort leblos und verlassen, ein verfallenes Monument, das sich allein dadurch auszeichnete, dass es sich hartnäckig weigerte, sich zu Sand zermahlen zu lassen.

Doch trotz der erdrückenden Umklammerung altvorderer Zeiten und ungeachtet der sterbenden Sonne, die alles auf Jedha ausbleichte, waren die Straßen der Stadt voller Farben: Rot bemäntelte Schultern rempelten gegen saphirfarbene Schulterstücke; Jade-Arme streiften schillernde Fühler. Auf den gepflasterten Alleen drängten sich Geschöpfe aller Art, schritten, krochen, marschierten unter Torbögen, Händlermarkisen und Bannern hindurch, die schlaff herabhingen, weil keine noch so schwache Brise wehte. Die Atmosphäre war erfüllt von kummervollem Geflüster, doch die Bewegungen Tausender, ihre endlosen Schritte und das unaufhörliche Rascheln von Stoff erzeugten ein Rauschen, als würde ein Sturm aufziehen.

»Die Jedi!«, rief jemand. »Die Jedi sind fort!«

Als ob das eine Neuigkeit wäre. Als wären sie just an diesem Morgen spurlos aus ihren Tempeln verschwunden und nicht schon vor Wochen in einem Akt von Gewalt, Verrat und grausamer Eitelkeit abgeschlachtet worden.

Bail Organa – Bail aus dem Hause Prestor, Gemahl der Königin von Alderaan, Vater der Thronerbin, einstmals Senator der Galaktischen Republik, jetzt Senator des Galaktischen Imperiums – trug ein graues ztenorthanisches Pilgergewand und Stuklederstiefel, um sich unerkannt und ohne Leibwächter unter die Trauernden mischen zu können. Wie alle anderen fröstelte auch er in der Winterkälte. Selbst inmitten der Leute kam er sich auf gnädige Weise allein vor, und die Geister, die ihn plagten, schienen sich in der Menge zu verlieren.

Die Masse schob sich vorwärts. Die Prozession bog um eine Ecke und bahnte sich ihren Weg durch einen schmalen Gang. Schießscharten in dem uralten Mauerwerk, durch die Soldaten womöglich ehedem auf Eindringlinge feuerten, die den Bergfried belagerten, deuteten darauf hin, dass es sich hierbei um die Überreste einer alten Festung handelte. Bail hielt den Kopf gesenkt, zum einen, um nicht zu stolpern, doch gleichermaßen, um den neugierigen Objektiven verborgener Kameras zu entgehen. Die Menge mochte weder sonderlich schnell noch angriffslustig sein, aber sie besaß die Kraft und die schwerfällige Unaufhaltsamkeit eines Gletschers – wer hier versehentlich stürzte, wurde totgetrampelt.

Der Durchlass öffnete sich zu einem riesigen Platz, der von einer aufrecht stehenden Steinscheibe auf einem großen Podest beherrscht wurde. Zu anderen Zeiten tummelten sich hier Bettler, Marktschreier und Möchtegernpropheten, während die umliegenden Gebäude Kräuterteeverkäufer und Schmuckhändler beherbergten. Man hatte Bail berichtet, dass es in der Heiligen Stadt insgesamt achtundachtzig solcher Plätze gab, die ungeachtet ihrer Unantastbarkeit nicht weiter bemerkenswert waren. Heute jedoch blieben die Bettler, die Marktschreier, die Propheten und selbst die Händler fern, um der schier endlosen Prozession Platz zu machen. Von den Tausenden und Abertausenden Trauernden ringsum gelang es vielleicht hundert, sich auf das Podium zu quetschen, wo sie sich dicht aneinanderdrängten, ihre Leiber gegen die Steinscheibe drückten und sie auf ihrer Achse drehten. Alte Männer stemmten sich auf Knien dagegen, während ein riesenhafter Cragmoloide ächzend und keuchend mit den Schultern gegen die Scheibe drückte, den Blick seiner von tiefem Kummer erfüllten Augen himmelwärts gerichtet. Nach jeder Vierteldrehung kletterte ein Dutzend Pilger von dem Podest herunter, um im Handumdrehen von anderen ersetzt zu werden, die sicherstellten, dass das Mahlen des Steins nicht zum Stillstand kam.

Überall erklangen Jammern und Wehklagen, so überwältigt und mitgerissen waren die Versammelten von dem Ritual und der Rolle, die sie dabei spielten. »Meister Tiin!«, rief jemand und ein anderer: »Schwester!« Ein Dritter stimmte eine Litanei an: »Allie! O’ra’ve! Calastrophal!« Doch die meisten Rufe bargen keine Worte, bloß Emotionen.

Bail war versucht, in den Chor einzustimmen, doch schließlich widerstand er dem Impuls. Von ihm kam kein Laut der Trauer oder Hilflosigkeit, denn wenn er etwas ausrief, ganz gleich was, würden die Geister es hören und ihn einmal mehr heimsuchen.

Das Gedränge trieb ihn unausweichlich auf das Podest zu. In der Ferne ertönte ein gedämpfter Ruf: »Verräter! Verräter an der Republik!« Doch niemand schien den Protest zu beachten.

Bail warf einen Blick auf seinen Zeitmesser und versuchte, sich dem Strom zu widersetzen, der ihn unermüdlich vorwärtsdrängte, hoch auf das Podest. Letztlich jedoch rissen ihn die Trauernden mit sich, die sich die Stufen emporschoben, erpicht darauf, die Scheibe zu drehen. Fast wäre er ausgerutscht, denn die Plattform und die Scheibe mit ihren eingemeißelten Reliefs waren von Generationen der Abnutzung spiegelglatt, und allein der allgegenwärtige Staub der Heiligen Stadt bot ein wenig Halt. Ungeachtet der Kälte begann er zu schwitzen, während er sich gegen die Scheibe stemmte, die sich tatsächlich drehte, und obwohl er den Eindruck hatte, als würden seine Bemühungen keinerlei Unterschied machen, schob er trotzdem weiter. Stein schabte über Stein.

Rechts von ihm stand ein Tarsunt mit safrangelber Haut, der eine Arbeitsjacke und eine abgewetzte Hose trug. Der Mann war breitschultrig, aber klein für jemanden seiner Spezies und nickte bedächtig, sein keilförmiges Gesicht Bail zugewandt. »Ihr solltet besser nach Hause gehen«, sagte der Tarsunt. »Zu Eurer Frau und Eurem neugeborenen Mädchen.«

Das sollte ich wirklich, dachte Bail. Das wäre zweifellos klüger gewesen. Doch stattdessen entgegnete er: »Und Ihr, Admiral, habt eine Flotte zu befehligen. Dennoch sind wir beide jetzt hier.«

Die beiden Männer konzentrierten sich wieder auf die Scheibe, die kreischte und ächzte und sich einen halben Meter weiterbewegte, ehe der Admiral von Bail wissen wollte: »Warum?«

»Warum ich hier bin?«

»Ja.«

Bail versuchte, mit den Schultern zu zucken, doch das war unmöglich, solange er die Arme gegen den Stein presste. Und wenn er jetzt seine Muskeln entspannte, würde er vermutlich zusammenbrechen. »Ihr zuerst«, sagte er.

Bail hatte Tarsunt nie für besonders kräftig gehalten, aber die physische Anstrengung schien dem Admiral nichts auszumachen, was Bail das Gefühl gab, selbst alt und schwach zu sein … und vermutlich war er das mittlerweile auch. Jung war er jedenfalls schon lange nicht mehr.

»Ich habe die Jedi unzählige Schlachten schlagen sehen«, erklärte der Admiral, seinen Körper weiter unermüdlich gegen die Scheibe stemmend. »Einige ihres Ordens habe ich aus der Ferne im Auge behalten. Mit anderen habe ich zu Abend gegessen und am Strategietisch gestanden. Im Feld habe ich sogar manches Mal die Baracke mit ihnen geteilt. Viele mochte ich, manchen traute ich nicht über den Weg. Aber jeder Einzelne von ihnen hat sich meinen Respekt verdient. Sie waren tapfere, ehrenhafte Hüter der Republik – auch wenn das vermutlich nicht auf alle zutrifft. Keine Organisation, ganz gleich wie ehrbar, ist gänzlich frei von Korruption, und ich habe keine Ahnung, was der Jedi-Rat letztlich für Absichten hegte. Doch die Taten der Jedi-Ritter, denen ich begegnete, waren ungetrübt von den Schatten ihrer Meister. Und ich weigere mich zu glauben, dass sie weniger waren als das, was ich in ihnen sah. Daran wird kein vermeintlicher Verrat des Rats irgendetwas ändern.« Er hielt kurz inne, um seinen Blick über die Menge schweifen zu lassen. »Und mir scheint, als wäre ich da nicht der Einzige.«

»Gewiss nicht.« Bail hatte kaum genug Luft, um zu sprechen. »Aber auf Coruscant gab es keine Mahnwache wie diese.«

»Auf meiner Welt ebenso wenig«, entgegnete der Admiral. »Und auch nicht auf Alsakan, der Heimat meines Bruders. Auf Corellia, wo ich gegen Ende des Krieges stationiert war, verbrannte die Menge in allen Städten Jedi-Bildnisse. Einige verfluchten den Orden für seinen Verrat, während andere … nun, viele andere waren einfach nur müde und der Gewalt überdrüssig und gaben den Jedi die Schuld daran, dass sie den Krieg nicht verhindert oder zumindest dafür gesorgt hatten, dass er schneller gewonnen wurde. Auf den ersten Blick scheinen wir zahlreich zu sein hier auf Jedha. Vielleicht eine Million. Doch die meisten davon statten dieser heiligen Welt bloß einen Besuch ab, genau wie wir, und sobald wir uns wieder in der Galaxis verstreuen und auf unsere Heimatplaneten zurückkehren, werden von denen, die die Jedi in guter Erinnerung behalten, nur noch wenige übrig sein.«

Bail spürte eine Woge der Verbitterung – nicht bloß weil der Admiral mit jedem seiner Worte recht hatte, sondern vor allem Verbitterung gegenüber dem Imperator, der den Jedi-Orden zerschlagen hatte, und auch gegenüber den Leuten, die seinen Lügen Glauben schenkten. Doch ebenso gut hätte sich sein Zorn gegen die Sterne selbst richten können. Darum machte er seiner Wut Luft, indem er seine Arme gegen den Stein stemmte und noch fester drückte. Die Scheibe drehte sich einen weiteren halben Meter. Links von Bail stolperte jemand, und als er stürzte, bemühten sich die anderen Trauernden, ihn wieder auf die Füße zu ziehen.

»Warum seid Ihr hier, Bail?«, wollte der Admiral erneut wissen. Die Frage zeugte weder von Freundlichkeit noch von Sanftmut, und sie duldete keine Ausflüchte.

Bails Zorn verflüchtigte sich so schnell, wie er gekommen war. Was sollte er dem Admiral darauf antworten? Er vertraute diesem Mann; andernfalls hätte er niemals um dieses Treffen gebeten. Doch nichts, was er sagen konnte, so wahr es auch sein mochte, schien zu genügen. Er hätte sagen können, dass er Freunde unter den Jedi gehabt hatte, aber das kam ihm irgendwie banal vor. Er hätte sagen können, dass er hier war, um eine Frau zu ehren, die große Stücke auf die Jedi hielt und nicht mehr unter ihnen weilte, oder dass dies seine Art war, dem neuen Regime ins Gesicht zu spucken. Was er hingegen nicht tun konnte, war, sein schreckliches Wissen zu teilen – die Geheimnisse, die ihn dazu gebracht hatten, seiner Heimat, seiner Frau und seiner Tochter in diesen schwierigen Zeiten den Rücken zu kehren, und wenn auch nur für eine Weile.

»Als ich noch jung war, lernte ich einen Jedi kennen«, begann Bail schließlich. Mittlerweile hatte er aufgehört zu schieben und lehnte sich mehr gegen die Scheibe, während er versuchte, wieder zu Kräften zu kommen. »Es ging um eine Familienangelegenheit. Ich kannte ihn nicht besonders gut – damals dachte ich, es wäre anders, aber Ihr wisst ja, wie Kinder sind. Doch so oder so, ich blickte zu ihm auf. Ich sagte mir …« Er dachte an das Gesicht seines Vaters und an seine schwierige Beziehung zu seinem Großvater, ehe er sich hastig wieder auf das konzentrierte, was hier und jetzt von Belang war. »Der Jedi-Kodex kam mir so viel substanzieller, so viel bedeutsamer vor als irgendwelche gesellschaftlichen Regeln und Normen, die meine Hauslehrer mir über die Jahre eingetrichtert hatten. Ich wuchs unter Leuten auf, denen das Ergebnis ihrer Bemühungen wichtiger war als die Mittel, auf die sie dafür zurückgriffen, oder welchen Preis andere dafür zahlten. Und ich sagte mir: Wenn ich schon selbst nicht nach den Tugenden der Jedi lebe, will ich zumindest nach meinen eigenen Tugenden leben – nach Tugenden, auf die ich stolz sein kann.«

Der Admiral ließ nicht erkennen, ob er überhaupt zuhörte. Bail begann, wieder zu schieben. Seine Fingerkuppen gruben sich in unvorstellbar alte Reliefs, um dabei mikroskopisch kleine Kyberkristall-Körnchen aus dem Stein zu lösen und dem Universum so ein Stück Ruhm und Macht zurückzugeben. Wenn sich die Scheibe – der Stein der Ersten Tränen – drehte, wurden die Geister der Verstorbenen dabei zu Sternenstaub zermahlen und verwandelten sich von rastlosen Phantomen in pure Lebensenergie, um in Milliarden Formen wiedergeboren zu werden. Zumindest behauptete das die Legende.

Bail glaubte nicht an derlei Geschichten, doch er wusste, dass Zeremonien und Rituale ihre ganz eigene Macht besaßen. Er wünschte, er hätte von der Energie des Steins zehren und dasselbe fühlen können, was die Trauernden rings um ihn herum zu fühlen schienen, statt einfach bloß zu keuchen und zu ächzen und sich selbst ebenso zu bemitleiden wie den ganzen verfluchten Rest der Galaxis.

Dann war die Vierteldrehung schließlich vollbracht, und der Admiral zog Bail nach hinten, während andere nach vorn drängten, um ihren Platz einzunehmen. Jetzt wieder Teil der Prozession, blieb Bail nichts anderes übrig, als zusammen mit der Menge mit müden Beinen weiterzustapfen.

»Was genau wollt Ihr von mir?«, fragte der Admiral in verschwörerischem Flüsterton. »Ihr habt Zugang zu mehr Geheimnissen als ich.«

Bail schüttelte den Kopf und drängte sich näher an seinen Begleiter heran. Trotz der Kälte war ihm furchtbar warm, und zweifellos stank er nach Schweiß, aber keiner von ihnen konnte es sich leisten, dass jemand anders ihre Worte hörte. »Die Geheimdienste mauern. Ich habe öffentlich und auf formellem Weg Anfragen gestellt und über inoffizielle Kanäle um Informationen gebeten, doch keiner redet mit mir. Das neue Regime …« Schön vorsichtig jetzt. Verschreck ihn nicht. Erwähne nichts, was er nicht schon weiß. »Ihr habt Palpatines Rede gesehen … wie er sich selbst zum Imperator erklärte. Er sagte, die Jedi wären durch und durch korrupt. Das war seine gesamte Rechtfertigung dafür, sie auszulöschen! Aber die Monstrosität einer solchen Tat … eine ganze Kultur zu vernichten, einer uralten, angesehenen Religion den Todesstoß zu versetzen …«

»… bedarf zwingender Beweise«, warf der Admiral ein. »Beweise, die der Imperator schuldig geblieben ist, auch wenn einzelne Jedi gegen Recht und Gesetz verstoßen haben mögen. Was das betrifft, bin ich ganz auf Eurer Seite. Doch Ihr seid derjenige von uns, der im Senat in der Geheimdienst-Aufsichtskommission sitzt, nicht ich. Wie schon gesagt, Ihr habt einen viel besseren Zugang zu …«

»Ich sollte besseren Zugang zu gewissen Informationen haben, ja«, unterbrach ihn Bail. »Aber die Zeiten ändern sich, mein Freund. Der Geheimdienst schert sich einen Dreck darum, ob ich Senator bin oder nicht. Vielleicht sind sie bei einem Admiral ein bisschen entgegenkommender. Ich erwarte nicht, dass Ihr Wunder vollbringt, doch ich denke, genau wie ich wollt auch Ihr wissen, welche Beweise das Regime gegen die Jedi insgesamt vorbringen kann, auch wenn Palpatine ihr Todesurteil bereits unterzeichnet hat.«

Der Admiral nickte knurrend. »Nicht bloß unterzeichnet – auch vollzogen.« Er schien sich Bails Bitte durch den Kopf gehen zu lassen. »Wenn ich Euch helfe … versprecht Ihr mir, dass es in dieser Sache dann eine umfassende, öffentliche Anhörung geben wird?«

»Sofern dies in meiner Macht liegt, natürlich.«

»Also gut«, sagte der Admiral. »Ich werde mich umhören und ein paar Gefallen einfordern. Mal sehen, ob das etwas bringt. Selbst jene, die früher an der Seite der Jedi standen, sind dem Orden jetzt negativ gesinnt. Aber verlangt nicht noch mehr von mir – und, bitte, sorgt dafür, dass mein Name mit nichts von alldem in Verbindung gebracht wird. Das Militär darf nicht in politische Belange hineingezogen werden, schon gar nicht in Zeiten eines so brüchigen Friedens.«

»Das ist nur fair.« Tatsächlich war das mehr, als Bail erwartet hatte. Er hoffte, dass seine Miene nicht bloß seine Überraschung widerspiegelte, sondern auch seine Dankbarkeit.

Sie stiegen von dem Podest herab und ließen den Stein der Ersten Tränen hinter sich. Die Route der Prozession führte noch einen Kilometer weiter, aber Bail konnte sehen, wie kleinere Gruppen von Trauernden in Seitenstraßen abbogen, um nach Hause zu gehen oder die Tempel und Kirchen teilnahmsvoller Sekten zu besuchen. Erst glaubte er, seine Unterhaltung mit dem Admiral sei zu Ende, doch der Tarsunt blieb dicht an seiner Seite – dichter, als die vorwärtsdrängende Menge rechtfertigte – und sagte schließlich: »Da ist noch eine Frage, auf die ich gern eine Antwort hätte. Noch eine Wahrheit, die das neue Regime verschleiert.«

»Ich höre.«

Der Admiral schwieg eine Weile, doch als er wieder sprach, klang seine Stimme entschlossen. »Warum hat der Jedi-Rat getan, was er getan hat? Warum haben die Meister versucht, den Obersten Kanzler Palpatine zu töten? Ganz gleich, ob an dem Anschlag noch weitere Jedi von außerhalb dieses inneren Kreises beteiligt waren oder nicht, diese Frage bleibt und lässt mir keine Ruhe. Was erhofften sie, dadurch zu erreichen? Wie konnten die Rechtschaffenen so tief fallen, ohne dass irgendjemand außerhalb ihrer Reihen auch nur den geringsten Verdacht schöpfte? Wäre ich an Eurer Stelle, würde mir das das meiste Kopfzerbrechen bereiten. Ich bin an die Befehle meiner Vorgesetzten gebunden. Ihr hingegen seid ein Senator und dient den Interessen Eures Volkes.«

Offensichtlich erwartete er darauf irgendeine Reaktion, aber Bail schwieg. Irgendwann löste sich der Admiral von ihm und begann, sich Meter um Meter vorwärtszuschieben, schneller als die übrige Prozession. Bail blieb hinter ihm zurück. Er wusste nicht, wer seine Augen und Ohren in den Tiefen der Heiligen Stadt hatte. Da war es besser, wenn man sie nicht zusammen sah.

Gleichwohl, die Fragen des Admirals waren klug und berechtigt – und Bail kannte die Antworten darauf. Sie hatten sich ihm an jenem Tag offenbart, als die Jedi untergingen. Der Oberste Kanzler – und selbst ernannter Imperator – Palpatine hatte noch gewaltigere, schrecklichere Verbrechen verübt und verfolgte noch infamere Pläne, als irgendjemand hätte ahnen können. Die Jedi hatten die Wahrheit erfahren und sich wohl oder übel dazu entschlossen, diesem Kriegstreiber und Kindermörder, diesem Monster Einhalt zu gebieten. Doch sie hatten versagt.

Und damit den Untergang ihres Ordens heraufbeschworen.

All dies wusste Bail. Seine Freunde und Verbündeten unter den Jedi hatten ihm alles berichtet, woraufhin er den wenigen Überlebenden geholfen hatte, in den entlegensten Winkeln der Galaxis unterzutauchen, auch wenn er sich damit des Hochverrats schuldig machte. Doch wirkliche Beweise für die Behauptungen der Jedi, was Palpatine betraf, hatte er nicht, erst recht keine stichhaltigen, mit denen sich andere überzeugen ließen. Alles, was er tun konnte, um sich von seinen Geistern zu befreien, war, die Namen der Toten reinzuwaschen und auf eine bessere Zukunft zu hoffen.

Vielleicht konnte er dann endlich glauben, seine Pflicht getan zu haben, wenn er seine Frau und seine Tochter ansah. Obwohl es natürlich nicht genug war …

Seine Schritte trugen ihn weiter fort von dem Platz, durch schmale, von zerfallenden Türmen gesäumte Gassen, bis ihn lautes Donnergrollen aus seinen Gedanken riss. Im ersten Moment wusste er nicht recht, was er davon halten sollte, aber dann sah er, wie die Menge um ihn nervös ins Stocken kam. Dann drangen aus nicht allzu weiter Ferne verzweifelte Schreie an sein Ohr. Er schaute hinter sich und sah, dass eine Schockwelle durch die Prozession fuhr, als diejenigen weiter hinten gewaltsam vorwärtsdrängten, fort von irgendeinem Grauen, das sich dort abspielte.

Die Menge begann zu rennen.

Binnen eines Augenblicks brach Chaos aus. Mehrere Trauernde stürzten, andere trampelten einfach über sie hinweg. Leute riefen nacheinander, riefen um Hilfe. Bail wurde nach vorn geschoben und gestoßen. Als ihm jemand, der auf dem Kopfsteinpflaster lag, eine Hand entgegenreckte, wollte er sie ergreifen und dieser armen Seele aufhelfen, aber der Strom der Leiber riss ihn mit, und alles, was er tun konnte, war zu versuchen, selbst auf den Beinen zu bleiben. Etwas – vielleicht ein Ellbogen – traf sein Ohr und ließ ihn taumeln. Er schwankte, drehte sich halb um die eigene Achse, fing sich wieder und tat sein Bestes, um sein Gesicht abzuschirmen und dem Ansturm von Flüchtenden zu trotzen, die gegen ihn brandeten wie eine Flutwelle. Irgendwie gelang es ihm, sich wieder nach vorn zu drehen und mit den anderen weiterzulaufen. Sie konnten nirgends hin. Sie mussten dem Verlauf der Straße folgen.

Bail war sich nicht sicher, wie lange es so ging. Immer wieder waren da Schmerzen, als sein Körper – nach wie vor geschwächt vom Drehen der Steinscheibe – gegen Fleisch und Chitin und uralte Mauern krachte. Eine Zeit lang schlang er den Arm um die Schultern einer alten Frau – ob um sie zu stützen oder weiterzudrängen, wusste er selbst nicht so genau. Er versuchte zu tun, was er konnte. So wenig es auch sein mochte.

Später saß er im Staub einer Mauernische, zu klein, um als Gasse durchzugehen, und wischte sich mit einem resignierten, halb hysterischen Lachen das Blut vom Gesicht. Aus den Nachrichten erfuhr er von einem Bombenanschlag, von jemandem, der entschlossen gewesen war, dem Vorbild des Imperiums zu folgen und die Jedi und ihre Unterstützer aus den Weiten der Galaxis zu tilgen. Bail versuchte, nicht an die Leute zu denken, die vor seinen Augen von der panischen Menge totgetrampelt worden waren. Er fühlte sich schmutzig, besudelt vom Tod, aufgestachelt vom Adrenalin seines eigenen Überlebenskampfes. Doch vor allem anderen hatte er das Gefühl, seiner Tochter unwürdig zu sein – das letzte Geschenk einer toten Freundin. Das Geschenk einer Frau, die gemeinsam mit den Jedi gestorben war und die Liebe eines Jedi erfahren hatte.

Auch den Jedi gegenüber fühlte er sich unwürdig. Doch nichtsdestotrotz war ihre Bürde nun die seine, und er würde sie schultern, allein schon um zu verhindern, dass sie eines Tages Leia zufiel. Er war ihr Vater, nicht ihr Mentor oder Beschützer, und er würde alles tun, was in seiner Macht stand, um diese Last selbst zu tragen.

2. Kapitel

Erwachen

Was Soujen am meisten erstaunte, war, wie schnell der Krieg geendet hatte. Das … und was die Jedi getan hatten. Allerdings hatte der Orden im Gefüge der Galaxis nie eine wirklich wichtige Rolle gespielt.

Er hatte das Ende des Konflikts in der Regenerationskapsel in einer Art Dämmerzustand verfolgt, als einen Strom von Nachrichtenmeldungen und abgefangenen Kommuniqués, während die Kapsel seine Nervenbahnen stimulierte und er den sogenannten »Langsamen Schlaf« schlief. In seinen Träumen hatte er riesige Separatistenflotten gesehen, die Republik-Welten belagerten, und mechanische Armeen, die auf Planeten landeten, auf denen es zuvor seit Jahrtausenden keine Schlachten mehr gegeben hatte. Er hatte sich jubelnde Arbeiter in den Droidenfabriken und überschwänglich feiernde Freiheitskämpfer im Rhanipur-Gürtel ausgemalt, allesamt erleichtert darüber, dass sich der unvorteilhafte Deal, den die Separatistenallianz eingegangen war – die Entscheidung, sich an die großen Handelskonzerne zu verkaufen, um sich zumindest eine Chance auf Selbstbestimmung zu bewahren –, letzten Endes trotz allem bezahlt gemacht hatte.

Doch das war bloß ein Teil seiner Träume. Da waren noch mehr. Eine Woge von Trugbildern war über sein schlummerndes Bewusstsein hinweggespült, um ihm zu zeigen, wie die Republik gewissenlos die militärischen Anführer der Separatisten ermordete. Er wurde Zeuge, wie Armeen ohne ihre Kommandanten auseinanderbrachen. Im Langsamen Schlaf war es ihm unmöglich gewesen, mit Bestimmtheit zu sagen, was davon echt war und was seinen ureigenen Albträumen entsprang. Waren wirklich Millionen von Droiden gleichzeitig ausgefallen? Hatte sich der Rat der Separatisten ergeben, oder wurde er von den Jedi-Mystikern abgeschlachtet?

Zumindest Letzteres war mittlerweile nicht mehr von Belang, denn die Jedi existierten nicht mehr. Mitten im Chaos hatten die selbst ernannten Hüter der Republik versucht, ihre eigene Regierung zu stürzen, und wurden dabei ausgelöscht. Derart geschwächt, war dies zugleich das Todesurteil für die Republik gewesen, aus deren Asche sich jetzt das Galaktische Imperium erhob. Soujen wusste, dass der Krieg vorüber war und nichts die Dinge wieder in Ordnung bringen konnte. Nichts würde je wieder so sein wie früher.

Dass es überhaupt so gekommen war, überraschte ihn zwar kein bisschen, aber niemand – weder Soujen Vak-Nhalis noch seine Schöpfer – hatte erwartet, dass es so schnell geschehen würde.

Wie viel Zeit war seit dem Ende des Krieges vergangen? Warum hatte ihn niemand zurückgeholt? Seine kybernetischen Implantate hätten es ihm vielleicht verraten, aber der Langsame Schlaf schmälerte seine persönliche Neugier. Soujen fand Frieden in Träumen und Albträumen; sie erschöpften seinen Zorn und schenkten ihm Schicksalsergebenheit, wenn auch keine Zufriedenheit.

Von jenseits seiner Kapsel drang ein vages Gefühl von Bewegung an seine schlummernden Sinne, begleitet von fiebrigem Schaudern und einer geradezu rauschhaften Erschöpfung. Er überprüfte seine Implantate, und das System der Kapsel ließ ihn wissen, dass sein Langsamer Schlaf vorüber war. Schon bald darauf vernahm er erste Geräusche – echte Geräusche, die er statt mit seinen Implantaten mit seinen Trommelfellen wahrnahm –, und nach einer Weile gelang es ihm auch, sie zu deuten. Die Schreie mochten von der Flüssigkeit verzerrt und von der Kapsel gedämpft werden, doch sie waren unverkennbar. Soujen lächelte.

Dann war er schlagartig hellwach und zwang seinen Körper in eine aufrechte Position. Ihn fröstelte. Die Chemikaliensuppe, in der er lag, troff von seinen Armen und schwappte über die Seiten der Kapsel, um auf den Metallboden zu tropfen. Er roch Seife, und ihm kam in den Sinn, dass er jetzt wieder selbst atmen musste. Er kletterte schwerfällig aus der Kapsel und vertraute darauf, dass die Stabilisatoren in den Dermisplatten seiner Knie ihn im Gleichgewicht hielten, damit er nicht umkippte. Die Kapsel hatte zwar dafür gesorgt, dass seine Muskeln in all der Zeit nicht verkümmert waren, aber er würde einige Sekunden brauchen, um sich daran zu erinnern, wie man stand und ging. Davor hatte man ihn bereits gewarnt.

Im Raum nebenan rief jemand etwas. Soujen verschaffte sich einen Überblick über seine Umgebung: Da waren Schotten, Haltegurte und Temperaturkontrolleinheiten, schmutzige Wände und gedämpfte Lichter. Er war in einem Frachtraum, und obwohl er sich immer noch halb vorkam, als würde er träumen, war er sicher, dass er noch nie zuvor hier gewesen war. Diese Tatsache an sich war zwar nicht zwangsläufig beunruhigend, doch das Vibrieren unter seinen Füßen und der beißende Rauchgeruch, der ihm in die Nase stieg, führten ihn zu dem Schluss, dass das Schiff, auf dem er sich befand, beschädigt war und Schlagseite hatte. Er fragte sich beiläufig, ob seine Kapsel darauf programmiert gewesen war, ihn im Falle der drohenden Zerstörung aufzuwecken.

Als ein roter Lichtblitz den Gang draußen erhellte, wandte Soujen sich der offenen Tür zu. Da war Blasterfeuer, begleitet von weiteren Schreien.

Eine Gestalt taumelte in Sicht: eine von zahllosen Menschenfrauen in der Galaxis, die sich allenfalls dadurch vom Rest ihrer Spezies unterschied, dass ihr Gesicht von nässenden roten Pusteln bedeckt war. Sie wirkte überrascht, Soujen zu sehen, und hustete gequält, ehe sie auf seine Kapsel zustolperte.

Wenngleich seine Zwillingsherzen ein wenig schneller schlugen und sich seine Muskeln anspannten, blieb Soujen gelassen. Mehr noch: Die unmittelbare Bedrohung wirkte sogar beruhigend auf ihn, da sein Entscheidungsprozess in Gefahrensituationen erheblich eingeschränkt war. In diesem Moment spielte es keine Rolle, wo er sich befand. Vermutlich war die Frau Opfer einer Biowaffe geworden, möglicherweise von einem Nervengas, das nur langsam tötete und nicht übertragbar war. Er hatte keine Ahnung, was sie zu seiner Kapsel trieb, aber er hatte genügend Leute eines schmerzhaften Todes sterben sehen, um zu wissen, dass mit dem Leben auch die Vernunft schwand.

Er hätte sie getötet – ob aus Barmherzigkeit oder Vorsicht, vermochte er nicht so genau zu sagen –, aber ihr Verfolger kam ihm zuvor und schickte sie mit einer Blastersalve in den Rücken zu Boden. Soujen versuchte instinktiv, aus der Schusslinie des Neuankömmlings zu gehen, doch er hatte sich noch keinen Meter weit bewegt, als der Mann auch schon im Frachtraum war und seine Waffe auf ihn richtete.

»Stopp!«, rief der Mann.

Soujen schickte sich gerade an, sich auf den Mann zu stürzen, als der mit seinem Blastergewehr zwei weitere Schüsse abgab. Blaues Licht ließ die Luft knistern, und Soujen spürte, wie sengende Hitze seine Schulter streifte. Eine Flut von Fehlermeldungen rauschte durch sein Blickfeld und schränkte seine natürliche Sicht ein, während die Implantate neu hochgefahren wurden.

Das überraschte ihn – noch nie zuvor hatte jemand seine Implantate beschädigt. Als er schließlich wieder klar sehen konnte, hörte er den Mann erneut sagen: »Stopp!«

Der Kerl hielt seine Waffe – einen Blasterkarabiner, wie ihn die Klonarmee benutzt hatte, das schwarze Metall zerkratzt und zerschrammt – mit der Selbstverständlichkeit eines ausgebildeten Soldaten. Dazu passte, dass er zwar wachsam wirkte, aber nicht angespannt.

»Hast du es gespürt?«, fragte der Mann. »Die Ionenladung von diesem Baby ist viermal so stark wie üblich. Ruiniert jede Körperverbesserung und jedes Maschinenteil.«

Soujen hob den Blick von der Waffe zum Gesicht des Mannes. Auch dieses Wesen war ein Mensch, mit dunklem Haar, dunkler Haut und genauso vernarbt wie sein Blaster. Gut möglich, dass irgendwo unter der Aura der Gewalt, die ihn umgab, ein vergleichsweise junger Mann steckte, doch da konnte Soujen sich nicht sicher sein. Bei einem Angehörigen seiner eigenen Art, einem Mitglied der Alvadorjianer-Clans, wäre es ihm leichter gefallen, das Alter seines Gegenübers einzuschätzen. Dafür hätte er lediglich einen Blick auf die Schädelplatten oder die Augenflecken an Hals und Nacken werfen müssen – das waren die bunten Kringel und Punkte, die sich bei seinesgleichen mit dem Alter immer weiter ausdehnten und keinem anderen Zweck dienten, als die Weisheit desjenigen zu zeigen, den man vor sich hatte.

»Ja, ich habe es gespürt«, entgegnete er in dem Wissen, dass ihm dies Zeit verschaffte. Das Deck erbebte. Der Gestank des verkohlten Fleisches und der kochenden Körperflüssigkeiten der Frau, die direkt neben der Kapsel zusammengebrochen war, überdeckte den Geruch der chemischen Brände anderswo an Bord.

»Weißt du Bescheid?«, wollte der Mensch wissen. »Über das Imperium?«

Soujen schätzte die Entfernung zu ihm ab. Sechs Meter. Unter normalen Umständen wäre es ihm ein Leichtes gewesen, die Distanz zu überbrücken, doch sein Gleichgewichtssinn war nach wie vor beeinträchtigt, und seine Implantate hatten sich noch nicht vollends von der Ionenladung erholt. Die Wahrscheinlichkeit, dass er einen Kampf überlebte, stand im besten Fall bei fünfzig zu fünfzig.

Der Mann lachte. »Ich kenne diesen Blick. Du überlegst, wie du mich am besten töten kannst.«

»Ja«, sagte Soujen. Lügen war noch nie seine Stärke gewesen.

»Dann spare ich mir die langen Reden. Ich weiß, was du bist. Ich weiß, wie es dich hierherverschlagen hat, und ich weiß, warum diese Piraten dich eingesackt haben.« Der Mann wies mit einer Hand in Richtung der Kapsel oder der Leiche. Der Lauf seiner Waffe rührte sich nicht vom Fleck. »Du hast zwei Optionen: Du kannst mit mir kommen oder zusammen mit diesem Schiff untergehen.«

Soujen erwog seine Möglichkeiten. Das Deck unter seinen Füßen bäumte sich erneut auf, und er hörte, wie irgendwo über ihm Metall riss.

»Ich komme mit dir«, sagte er.

Der Mann kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und lächelte, als wollte er sagen: Mag sein, aber ich weiß, dass ein durchtriebener Bursche wie du trotzdem bloß auf eine günstige Gelegenheit wartet, mich umzubringen. Soujens Onkel hatte auf die gleiche Weise gelächelt, wenn er als Kind versucht hatte, Süßigkeiten zu stibitzen.

Gemeinsam verließen sie den Frachtraum, sorgsam darauf bedacht, den anderen dabei niemals aus den Augen zu lassen. Draußen auf dem Korridor wallte Rauch aus Seitengängen; Funken sprühten aus Wartungsluken. Der Korridor war breit, aber niedrig und mit Schienen für große Verladefahrzeuge ausgestattet.

»Die Crew vom alten Krezchak war fleißig«, sagte der Mann. »Haben jede Separatisteneinrichtung im Umkreis von acht Sektoren geplündert. Zu schade, dass wir uns nicht mit ihm einigen konnten. Er wollte sein Schiff und seine Fracht einfach nicht aufgeben. Aber mit Piraten muss man kein Mitleid haben.« Er deutete auf eine Leiche, die am Boden lag.

Der alte Krezchak, vermutete Soujen, obwohl ihm der Name nichts sagte.

Unterdessen fuhr der Mann fort: »Die Separatisten müssen da, wo er dich gefunden hat, eine Menge Zeug zurückgelassen haben. Er wollte dich nach Kafrene bringen. Meinte, er wolle seinen Plunder bei einer Auktion verkaufen, die Blaster, die Chemikalien … und deine Kapsel. So ein Ding ist eine Million Credits wert, aber ich bezweifle, dass er wirklich wusste, was er da gefunden hatte.«

Das passte zu dem wenigen, was Soujen sich bislang selbst zusammengereimt hatte, und es erklärte auch, was mit der Frau passiert war, die von der Biowaffe verseucht worden war. Er vergewisserte sich, dass seine Datenbank wieder funktionsfähig war, und griff auf seine Aufzeichnungen zu: Bei ihm im Lagerraum war fast ein Kiloliter graues Syntox gewesen – genug, um einen kleinen Mond zu vergiften. Aber offensichtlich hatten die Piraten keine Ahnung, was sie da erbeutet hatten, als sie die Kapsel und die Syntox-Kanister an Bord ihres Schiffes schafften …

Verschwendung, dachte Soujen. Was für eine Verschwendung.

Sie durchquerten das Schiff so schnell, wie die Vorsicht es zuließ. Die Schreie und das Blasterfeuer waren inzwischen verklungen; stattdessen übertönte das Tosen von Flammen selbst das gequälte Heulen des Schiffsreaktors. Als sie eine Luke erreichten, ging Soujens Begleiter in die Hocke, um sie zu öffnen. Kalte Luft schlug ihnen entgegen – kalte Luft, die statt nach Mord und Desaster nach Schweiß und fremden Kreaturen roch.

»Scheinst nicht viele Fragen zu haben«, sagte der Mann.

»Nein.«

»Bist wie einer ihrer Droiden, hm?«

Diese Aussage irritierte Soujen, aber er ging nicht näher darauf ein. Man hatte ihn schon Schlimmeres genannt.

»Hast du einen Namen?«, wollte der Mann wissen.

»Ich heiße Hress«, entgegnete Soujen.

Eigentlich war es unnötig zu lügen. Doch er war erst seit Kurzem wach und noch nicht wieder ganz er selbst. Dieser Mann hatte nichts getan, dass er es sich verdient hätte, mehr über seine Seele oder seine Herkunft zu erfahren – über ihn, ein Kind des Nahasta-Clans, einen Alvarodjianer, den Sohn seiner Väter, oder über das Opfer, das er in einer Galaxis der Ungerechtigkeit gebracht hatte. Solange es um Leben und Tod ging, war all das nicht von Belang.

Kein todgeweihter Fremder würde je die Wahrheit über ihn erfahren.

Der Mann sprang als Erster hinab, schwang sich mit einer fließenden Bewegung über den Rand der Luke. In diesem Moment witterte Soujen seine Gelegenheit. Mit einem Satz hechtete er durch die Luke, in der Absicht, auf dem Rücken seines Widersachers zu landen. Stattdessen kam er mit Händen und Füßen hart auf einem weiteren Deck auf. Instinktiv warf er sich nach vorn und rollte sich ab, während seine Augen sich an das helle Licht in diesem saubereren, zweckmäßigen Korridor anpassten. Dem Mann das Rückgrat zu brechen, hätte alles viel einfacher gemacht, doch ihm standen noch genügend andere Mittel zur Verfügung.

Dann entdeckte er den metallenen Zylinder einer Ionengranate, die neben ihm an der Schottwand haftete, und kam sich wie ein Narr vor. Er holte Luft, um einen Fluch auszustoßen, und schickte sich an, an der Sprengladung vorbeizusprinten, doch als er den Lichtblitz sah, wusste er, dass er verloren hatte. Seine Anzeigen erloschen. Während sein Gehirn in den Tiefschlaf zurückkehrte, aus dem er gerade erst erwacht war, hörte er den Mann sagen: »Mein Name ist Saw Gerrera – und du gehörst zurück in deinen Sarg.«

3. Kapitel

Die Politik des Sieges

Aus dem richtigen Blickwinkel konnte man die Trümmer gar nicht sehen. Die Feuer waren längst erloschen, die Luft nicht mehr von Rauch und Staub verdunkelt, und sofern man nicht direkt darüber hinwegflog, versperrten die Wolkenkratzer ringsum jedem den Blick auf die Einschlagstellen. Aus der Nähe wirkte die Skyline noch beinahe komplett – zwar fehlte hier ein Wohnturm und dort eine Landeplattform, doch die Wahrzeichen der Megalopole waren alle unversehrt. Die endlose Stadtlandschaft von Coruscant beherrschte den Planeten, genau so, wie sie es seit ewigen Zeiten tat: Tausende Ebenen übereinander, die auf einem felsigen Kern ruhten, an den niemand mehr auch nur einen Gedanken verschwendete.

Doch wenn man mit einem Shuttle einen Bogen um die Luftbarrikaden machte, das Hotel Neu-Neimoidia passierte und beim Museum für zeitgenössische Musik (das bis auf Weiteres geschlossen war) links abbog, wurden die Schäden offensichtlich. Coruscant war verwundet, und auch wenn die neu errichteten Himmelsbrücken und Schwebeplattformen auf den oberen Ebenen als »Pflaster« für die schlimmsten Wunden fungierten, lag darunter alles in Ruinen. Die stabileren Gebäude waren von den herabstürzenden Trümmern zerschmettert worden, sodass man die Eingeweide der Büros, Wohnungen und Geschäfte weithin ausmachen konnte. Bauten, die weniger Glück gehabt hatten, existierten nicht länger. Erst waren die oberen Stockwerke zerstört worden, und als sie nach innen stürzten, hatten sie die unteren Etagen unter sich begraben. Je weiter man in die Untiefen von Coruscant hinabstieg, desto größer wurde die Verwüstung. Seit der Katastrophe waren mittlerweile drei Wochen vergangen, doch vierhundert Ebenen unter den Dächern der Stadt warteten noch immer etliche Wohnblocks und Kliniken darauf, dass die Trümmer weggeräumt wurden.

Mon Mothma kannte die Bilder zwar aus dem HoloNetz, aber nun selbst hier zu sein, inmitten der Zerstörung, verschluckt von dieser Kluft, die brutal in die Stadtlandschaft gerissen worden war … das erfüllte sie mit einer ganz anderen Art von Entsetzen.

Die anderen spürten es ebenfalls. »Wo sind die Schiffe?«, fragte jemand. »Ich hatte Schiffe erwartet.« Daraufhin erklärte einer der Leute vom Ingenieurkorps, der sie begleitete, dass die Schiffe beim Sturz durch die Atmosphäre auseinandergebrochen wären. Da waren keine intakten Außenhüllen, die auf der Oberfläche verstreut lagen, aber wenn man sich durch die Trümmer tief genug nach unten grub, konnte man die Cockpits von republikanischen Raumjägern oder die Flügel von Geier-Klasse-Droidenjägern der Separatisten finden.

Jemand anders erkundigte sich nach Torpedoeinschlägen und Turbolaserfeuer, und ein Vertreter des Militärs erklärte, dass es – zahlreichen Verschwörungstheorien zum Trotz – kein direktes Bombardement durch die Separatisten gegeben habe. Die Belagerung von Coruscant hatte Zehntausende Leben gefordert und Millionen ihr Zuhause genommen, aber Sinn und Zweck des Angriffs war es nicht gewesen, die Zivilbevölkerung zu terrorisieren. Nein, das Augenmerk der Separatisten galt dem Amtssitz und der Gefangennahme des Obersten Kanzlers. Alles andere, jeder andere Gräuel, waren Kollateralschäden.

Während ein Dutzend weiterer Senatorinnen und Senatoren sowie dreimal so viele Ratgeber, Ingenieure, Ärzte, Pressevertreter und sorgsam ausgewählte Flüchtlinge um sie herumstanden, blickte Mon über die Brüstung des Luftspeeders auf die Rehabilitationszone hinab. Mit Augen, die vor unsichtbaren Partikeln brannten, verfolgte sie, wie zwischen den Trümmern Baudroiden und Rettungskräfte umherstapften, die jedoch längst nicht mehr hektisch oder erschöpft wirkten, sondern einfach nur resigniert. Den Stimmen um sich herum lauschte Mon lediglich mit einem Ohr, auch wenn sie darauf achtete, eine mitfühlende, betrübte Miene zu wahren und im richtigen Moment ungläubig den Kopf zu schütteln. Ihr Entsetzen angesichts des Anblicks, der sich ihr bot, war zwar aufrichtig, doch sie hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass das, was man selbst empfand, kein guter Ersatz für das war, was man zum Ausdruck brachte. Wenn man jederzeit mit Kameras und Holoaufzeichnungen rechnen musste, ging einem so etwas irgendwann in Fleisch und Blut über.

Der Luftspeeder setzte sie bei einer zerstörten Bahnstation ab, wo sie bereits von einer weiteren Gruppe erwartet wurden. Mon lächelte (weder zu fröhlich noch zu traurig) und trat vor, um Hände zu schütteln, persönlichen Geschichten zu lauschen und Trost zu spenden. Wann immer sich die Gelegenheit dazu ergab, wandte sie sich außerdem an den Droidenreporter in ihrem Gefolge, um die Bedeutung galaxisweiter Hilfsoperationen zu betonen. Es gelang ihr, nicht zu lachen, als ein Sicherheitsinspektor mit Nagetiergesicht einen der schwarzhumorigsten Scherze machte, den sie je gehört hatte, und als kurz darauf eine Frau um Hilfe bei der Suche nach ihrem vermissten Kind bat, fand Mon für sie Worte, die – hoffentlich – nicht übermäßig banal klangen.

Im Angesicht der Tragödie wirkten die Fragen des Droiden wie eine Farce. »Ich würde Ihnen gern eine Frage über die Delegation der Zweitausend stellen«, sagte die Maschine, als die Gruppe gerade die ausgehöhlte Hülle eines Wolkenkratzers betrat. »Senatorin Mothma, Sie waren und sind eine der Organisatorinnen der Delegation und eine ihrer wichtigsten Unterstützerinnen. Kurz vor Ende des Krieges unterzeichneten Sie eine Petition …«

Das ist keine Frage, dachte Mon, ohne den Droiden anzusehen.

»… in der gefordert wurde, dass der Oberste Kanzler seine Notstandsvollmachten unverzüglich aufgibt und Friedensgespräche mit den Separatisten aufnimmt. Wie rechtfertigen Sie rückblickend diese faktische Unterminierung der militärischen Führung und die Tatsache, dass Sie so kurz vor unserem größten Triumph Zugeständnisse an Kriegsverbrecher machen wollten?«

Der Droide war ein frisch programmierter Handlanger des neuen Imperialen Pressedienstes und diese Verbalattacke ebenso erwartbar wie absurd. Mon hatte sich daran gewöhnt, dass man sie als Feigling und Verräterin hinstellte, weil sie versucht hatte, die ungezügelten Machtambitionen des Kanzlers im Zaum zu halten, und ihre Antwort war inzwischen gut einstudiert: »Hätte der Kanzler den Senat vollumfänglich über seine Militärstrategie informiert, wäre die Delegation womöglich anders an die Angelegenheit herangegangen. Doch so, wie die Dinge lagen, musste ich meinen Eid gegenüber der Republik ehren … so, wie ich heute meinen Eid gegenüber dem Imperium ehre. Ich finde, wir sollten uns lieber auf den Wiederaufbau konzentrieren, statt in der Vergangenheit zu verweilen, denn das bringt uns aktuell nicht weiter.«

Dieses Statement würde ihr zwar keine Unterstützer einbringen, doch vergraulen tat sie damit auch keine. Auf die gesamte Galaxis bezogen, waren ihre Beliebtheitswerte ziemlich bescheiden und sanken immer weiter. Am wichtigsten war, dass sie auf Chandrila nach wie vor einigen Rückhalt genoss und es bis zu den nächsten Wahlen noch Jahre dauern würde. Noch hatte sie allen Spielraum, den sie brauchte.

»Stimmt es, dass Sie darüber nachgedacht haben, zurückzutreten?«

»Nein«, sagte sie.

»Gerüchten zufolge wurde Ihnen angeboten, Sprecherin des Repräsentantenhauses von Chandrila zu werden …«

»Nein.«

Das stimmt nicht, und selbst wenn, würde es mich nicht interessieren. Sie stand vielleicht unter Druck, aber sie war niemand, der aufgab (oder auf lokale, planetare Politik umsattelte), nur weil ihr der Wind ins Gesicht blies. Sie war Politikerin. Das gehörte zum Geschäft.

Doch der Droide war noch nicht fertig. »Was Ihren Eid angeht … Kurz nach Palpatines Aufstieg zum Imperator der Galaxis wurden Sie festgenommen und der Illoyalität bezichtigt. Wie soll die Öffentlichkeit da glauben, dass Sie wahrhaft treu zum Imperium stehen?«

Auch diese Attacke war nicht neu, und Mon wusste, dass es am besten gewesen wäre, sie beiläufig abzutun, beispielsweise mit einem salbungsvollen Kommentar darüber, dass das Imperium die nächste Evolutionsstufe der Republik sei und der Imperator die hehrsten Ideale selbiger Republik verkörperte. Warum sollte sich da etwas an ihren Loyalitäten geändert haben? Ebenso hätte sie eine scherzhafte Bemerkung über ihre Festnahme machen können. Offiziell war sie bloß auf Befehl eines rangniedrigen Handlangers unter Arrest gestellt worden. Außerdem hatte es nie eine formelle Anklage gegeben. Doch die Worte kamen nicht über ihre Lippen. Ihr Körper weigerte sich zu tun, was sie wollte, während sie mit einem aufgesetzten Lächeln versuchte, das irrationale Gefühl der Panik zu überdecken, das sie befiel. »An meinen Loyalitäten hat sich nichts geändert«, sagte sie, doch sogar ihr selbst fiel die Schärfe in ihrer Stimme auf.

»Was kann die Öffentlichkeit angesichts Ihrer Sympathie für die Sache der Separatisten von Ihnen erwarten, jetzt, wo mehrere ehemalige Separatistenwelten wieder in den Imperialen Senat aufgenommen werden? Vielen Coruscanti bereitet es berechtigte Sorgen, dass feindliche Kräfte, die noch vor wenigen Wochen diesen Planeten verwüstet haben, wieder politische Macht erhalten …«

Lächelte sie noch? Mons Gesicht fühlte sich taub an, wie eingefroren, und es fiel ihr schwer, die Worte des Droiden zu verstehen. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen – irgendetwas, was immer ihr einfiel –, doch in diesem Moment ließ sich unversehens eine andere Stimme vernehmen.

»Ich finde diese Frage unter den gegebenen Umständen höchst unangebracht. Die Opfer der Belagerung von Coruscant verdienen unsere volle Aufmerksamkeit. Über Politik können wir streiten, wenn wir wieder im Senat sind.«

Das lenkte den Droiden von Mon ab, und sie empfand eine Mischung aus Wut, Verlegenheit und grenzenloser Erleichterung. Dass jemand ihr zu Hilfe kam, grenzte an ein Wunder. Dass sie überhaupt Hilfe brauchte, war beschämend.

Ihr Retter – der nun Höflichkeiten mit dem Droiden austauschte und ihn dabei geschickt auf eine Gruppe von Ingenieuren zumanövrierte – war Lud Marroi, der langjährige Senator von Cerberon. Er hatte ein breites Gesicht und dunkles Haar, und obwohl er zwei Jahre jünger war als Mon, strahlte er die würdevolle Aura eines altersweisen Staatsmanns aus. Sie schaute ihm nach, während sie versuchte, ihre Schultern zu lockern und die Anspannung des Augenblicks abzuschütteln. Dann trat eine Bauarbeiterin auf sie zu, und Mon setzte wieder ein nachdenkliches Lächeln auf. Sie wandte sich der Frau zu, tat ihr Bestes, um die Erinnerungen an ihre Festnahme, ihre sargähnliche Zelle und die Folter zu verdrängen, und zwang sich, sich wieder auf die Sorgen und Nöte der anderen zu konzentrieren.

Wie üblich sprachen sie zuerst über Sport. So hatte ihre Freundschaft vor über zehn Jahren begonnen: Sehr langwierige Verhandlungen über Zolländerungen hatten sie so ausgelaugt, dass sie sich irgendwann aus der Senatskammer in eine Schmetterball-Bar geschlichen und dort stundenlang Holos von völlig unbekannten Teams aus der Expansionsregion geschaut hatten, die beim Überring-Turnier gegeneinander antraten.

Vor jenem Tag konnte Mon Lud Marroi nicht ausstehen. Sie hatte seine affektierten Ansprachen sogar öffentlich kritisiert genau wie seinen heuchlerischen Protektionismus (er dachte immer nur an seine Heimatwelt, nie an den Rest der Republik) und seine Bereitschaft, Wähler zu umwerben, die im besten Falle Isolationisten und im schlimmsten Fremdenhasser waren. Dennoch hatte er Stück für Stück ihre Sympathie gewonnen. Mittlerweile mochte sie den Mann und freute sich darauf, mit ihm zusammen in Komitees zu sitzen und über Schmetterball zu fachsimpeln. Zähneknirschend hatte sie sich eingestehen müssen, dass sie mit der Zeit Freunde geworden waren.

Als sie Lud einmal auf seine rückschrittliche Politik angesprochen hatte, hatte er ihr todernst erklärt: »Die Cerberon-Welten umkreisen ein schwarzes Loch, das uns eines Tages alle verschlingen wird. Jedes Mal, wenn meine Wähler zum Himmel aufblicken, werden sie an die Vergänglichkeit unserer Kultur erinnert. Ich mag es, Senator zu sein. Ich mag die Ansprachen, und mir gefällt die Aufmerksamkeit, die ich dadurch genieße, genau wie du. Doch ich nehme mein Volk sehr ernst, und ich kann ihnen ihren Zorn und ihren Kummer nicht verübeln. Meine Aufgabe ist es, sie zu repräsentieren, und sie verdienen es, gehört zu werden.«

Mon war zwar nicht ganz davon überzeugt gewesen, dass das seine einzige Motivation war, aber in jenem Moment hatte sie erkannt, dass ihre Freundschaft noch ein zweites Fundament besaß. Im Senat wimmelte es nur so von Politikern, die von den Herrschern ihrer Welt ernannt wurden, ihre Ämter gemäß Geburtsrecht geerbt hatten oder durch irgendein anderes undurchsichtiges Auswahlverfahren zum Senator bestimmt worden waren – nur nicht durch direkte, demokratische Wahlen. Mon und Lud hingegen wussten, was es hieß, Wahlkampf zu machen, Kompromisse einzugehen und sich dem Urteil des Volkes zu stellen. Sie wussten, wen sie vertraten, und spürten das Gewicht dieser Verantwortung.

Inzwischen war der Rundgang durch die Ruinen beendet. Sie hatten sich von der Presse und ihren Beratern losgeeist, um in einem droidengeführten Restaurant auf der 4643. Ebene von Coruscant einzukehren. Dass sie hier jemand erkannte, war ziemlich unwahrscheinlich, und falls doch, wäre es demjenigen vermutlich ohnehin egal.

»Allmählich komme ich da nicht mehr mit«, sagte Mon, ehe sie einen Bissen von ihrem Orovogel-Ei nahm; der bittere Geschmack der Schale wurde durch die Süße des dickflüssigen Eigelbs ausgeglichen. »Jeden Tag neue Edikte vom Großwesir im Namen des Imperators. Jeden Tag neue Ernennungen von Justizbeamten, um die niemand gebeten hat. Jeden Tag völlig neue Pläne für die Regionalgouverneure … Sie ersticken uns absichtlich mit Neuerungen.«

»Ich denke, da überschätzt du sie.« Lud fuchtelte mit seinem Würstchen herum, bevor er ein Ende davon abbiss. »Die sind wie Kinder, denen man den Schlüssel zum Süßwarenladen überlassen hat. Sie improvisieren. Aber sobald die Erwachsenen das Ruder übernehmen, kehrt schnell wieder Normalität ein, und dann endet die Hälfte dieser Erlasse genauso wie …« Er zog seine buschigen Augenbrauen zu einem V zusammen und runzelte die Stirn. Mittlerweile fand Mon diesen Gesichtsausdruck bei ihm irgendwie charmant, doch sie war klug genug, nicht näher darauf einzugehen. »Wie all diese alten Gesetze, die so absurd archaisch sind, dass niemand sie mehr umsetzen kann.«

»Auf Chandrila gelten Fremdweltler als Eindringlinge, wenn sie ohne Parkanlagenvermerk in ihren Identpapieren öffentliche Einrichtungen betreten.« Sie nahm einen weiteren Happen und gebot Lud währenddessen mit erhobener Hand, sie ausreden zu lassen. »Du kannst mir nicht erzählen, dass dir das alles völlig egal ist. Vergessen wir mal das ganze Tamtam von wegen ›Galaktisches Imperium‹. Diese Namensänderung ist rein symbolisch. Bloß Theater. Lächerlich und grotesk und nichts als heiße Luft ohne die entsprechenden Gesetze, um das Ganze zu legitimieren. Aber all diese Bemühungen, Senatoren einzuschüchtern und der Exekutive die Befugnisse zu entziehen? Lud, selbst du musst doch erkennen …«

»Selbst ich, hm? Na, besten Dank auch.« Er schüttelte den Kopf. »Ich verstehe dich, Mon. Wirklich. Von deinem Standpunkt aus – und auch von meinem – scheint es, als würde die Regierung den Sieg nutzen, um sich in allen Bereichen noch mehr Macht zu sichern. Aber seien wir ehrlich: Wärst du auch nur halb so aufgebracht darüber, wenn du Palpatines Politik unterstützen würdest?«

»Welchen Teil davon? Seine raffgierige Wirtschaftspolitik oder die populistische Angstmacherei?«

Lud schnaubte. Normalerweise war sie ihm gegenüber nicht so trotzig, doch sie hatte schlechte Laune.

»Vergiss mal für eine Sekunde deinen Job«, sagte er. »Vergiss, dass du von den Details der Regierungsarbeit besessen bist und den ganzen Tag mit Leuten verbringst, die diese Obsession teilen. Wenn du zu deinem Büro fliegst … oder in einem Restaurant sitzt, wo man dir Essen vorsetzt, das offensichtlich erst vor Minuten aufgetaut wurde … fühlen sich die Dinge in diesen Momenten dann nicht viel normaler an als zuvor? Sag mir nicht, dass du nicht auch endlich durchschnaufst, jetzt, wo der Krieg vorbei ist.«

Hin und wieder hatte selbst Lud mal recht. So wie jetzt. Drei Jahre lang hatte sie in einem Zustand existenzieller Furcht gelebt. Jetzt war Palpatine Imperator, die Galaxis veränderte sich, und ja, in gewisser Weise fühlten sich die Dinge normal an. Schrecklich normal. Meistens jedenfalls.

Mon überlegte trotzdem, ob sie ihm widersprechen sollte. Sie hätte sagen können, dass Palpatines Machthunger dennoch eine gewaltige Bedrohung war. Darauf würde Lud entgegnen, dass die Zügel der Macht in der Republik seit jeher mal kürzer und mal länger gehalten wurden. Daraufhin würde Mon wiederum erklären, dass diese Notstandsvollmachten in der Geschichte der Galaxis beispiellos waren, und Lud würde dagegenhalten, dass die breite Masse den Beschluss unterstützen würde, dass die Vollmachten auch während der Kriegsjahre schon existiert hatten und dass der Senat trotzdem nach wie vor bestens funktionierte. Daraufhin würde sie betonen, dass die Situation mittlerweile eine andere sei. Während des Krieges schien die Bündelung der Staatsgewalt nebensächlich zu sein, fast eine Formalität, da sich alle vor allem darauf konzentriert hatten, Frieden zu schaffen. Aber jetzt …

Jetzt hatten sie Frieden. Und damit hätten sie sich dann einmal im Kreis gedreht.

»Ja, ich schnaufe durch«, erklärte sie schließlich. »Aber nur, damit ich weiterkämpfen kann.«

»Der Krieg hat uns alle verändert«, sagte Lud. »Es ist heute noch schwerer als früher, Vertrauen zu haben.«

Jetzt war da nichts Scherzhaftes mehr in seinem Tonfall.

Eine Weile aßen sie schweigend, bis Mon fragte, ob er die letzten Erlasse des Großwesirs kannte. Doch Lud wechselte geschickt das Thema, und sie beschloss, es dabei bewenden zu lassen. Anstatt weiter über die Regierung zu diskutieren, wandten sie sich den neuesten Trends der Neorevitalisierungsarchitektur und anderen Nichtigkeiten zu, über die keiner von ihnen wirklich Bescheid wusste. Nachdem sie ihre Teller geleert und sich die Rechnung geteilt hatten, überlegten sie, gemeinsam ein Taxi zu nehmen. Aber besser nicht, schließlich hatten die Medien sie heute schon einmal zusammen gesehen. Einmal war in Ordnung, eine Demonstration unparteilicher Vorurteilslosigkeit. Zweimal hingegen … bedeutete einen Mangel an eigener Überzeugung, ja, kündete gar von der Bereitschaft, sich mit dem »Feind« zu verbrüdern. Die Politik war ein seltsames Spiel, und beide kannten sie die Regeln.

Als sie unter das Vordach des Restaurants hinaustraten, klatschten gerade die ersten dicken Regentropfen auf die Straße. Leise, beinahe beiläufig, sagte Lud: »Die Geheimdienste überwachen uns. Sie suchen nach Anzeichen von Illoyalität.«

Der Regen roch nach Öl. Die Tropfen auf dem Pflaster zeichneten das Labyrinth aus Wolkenkratzern und Plattformen nach, die die Wolken verdeckten. »Überwachen? Inwiefern?«

»Na ja, überwachen eben. Sie beschatten zwar nicht jeden Senatsdiener oder hören jeden Kommanruf ab, aber sie lesen auch nicht bloß die Holoschlagzeilen. Ich weiß nicht, wie ernst es ihnen damit ist, wie viele Senatoren sie tatsächlich im Auge haben, was sie mit den Informationen machen, die sie sammeln, oder ob das Imperiale Sicherheitsbüro oder der Imperiale Geheimdienst in dieser Angelegenheit den Ton angibt. Genau genommen weiß ich nicht mal, was die als ›Illoyalität‹ interpretieren. Aber angesichts deiner … Verbindungen zur Delegation der Zweitausend und …« Und meiner Festnahme, dachte sie, doch er sagte nur: »… diesem Zwischenfall nach der Ernennung des Imperators könnte ich mir vorstellen, dass du ziemlich weit oben auf ihrer Liste stehst.«

»Das ist doch Irrsinn«, flüsterte sie. »Wer hat dir davon erzählt?«

»Ein Freund bei der Administration. Er ist allerdings nicht direkt in diese Vorgänge involviert, und falls er Genaueres weiß, hat er es mir nicht gesagt. Aber ich vertraue seinen Quellen. Und nein, ich nenne keinen Namen. Ich möchte nur, dass du dir gut überlegst, was du sagst und wo. Also keine Scherze darüber, dass du Palpatine am liebsten den Hals umdrehen würdest oder …«

»Was denken die sich nur dabei?«, fragte Mon. Lud kannte die richtigen Leute und war noch nie jemand gewesen, der einfach wilde Gerüchte in Umlauf brachte. Sie hatte keinen Grund, an seinen Worten zu zweifeln. Trotzdem fand sie den Gedanken an das, was hinter den Kulissen vorging, unfassbar und in höchstem Maße verabscheuungswürdig. »Hat der Großwesir Angst vor einer Revolte im Senat? Wer hat dabei das Sagen?«

»Ich nehme an, das wissen sie nicht einmal selbst so genau. Praktisch jeder ist darauf erpicht, neuer Geheimdienstchef zu werden. Gut möglich, dass das alles am Ende nichts weiter als die unausgereifte Idee irgendeines überambitionierten Emporkömmlings ist. Ich glaube zwar nicht wirklich, dass du in Gefahr bist, Mon, aber ich will auch nicht, dass sich das ändert.«

»Palpatine trachtet danach, wie ein Diktator zu herrschen, und für den Fall, dass sich sein Wunsch erfüllt, wollen alle anderen ihm schon im Vorfeld ihre Loyalität beweisen.« Ihre Worte galten nicht wirklich Lud – sie musste sie einfach laut aussprechen.

»Die Lage wird sich schon wieder beruhigen«, beschwichtigte er sie. »Wie gesagt, Kinder, die den Schlüssel zum Süßwarenladen bekommen haben. Wir müssen einfach nur abwarten.«

Ihr fiel erst ein, dass sie sich bei ihm hätte bedanken sollen, als er bereits die Straße hinabeilte, die Hände über seinen Kopf erhoben, als könnte er sich so vor dem Wolkenbruch schützen. Sie hatte ihm nie erzählt, was nach ihrer Festnahme passiert war.

Der Rest des Tages bestand aus Interviews, Kommkonferenzen und »Wählerbetreuung« – eine breit gefächerte Palette demoralisierender Aufgaben, zu denen unter anderem gehörte, dass Mon die Gesuche und Anfragen chandrilanischer Bürger, Spender und mittelgroßer Organisationen prüfte und den wenigen Einfluss, der ihr noch geblieben war, nutzte, um ihnen dabei zu helfen, sich in der ausufernden imperialen Bürokratie zurechtzufinden. Mons Stabschef war nirgends zu sehen – vermutlich, überlegte sie, suchte er gerade nach einem neuen Arbeitgeber, der ihm vielversprechendere Karriereaussichten bieten konnte –, und Zhuna, ihre persönliche Assistentin, hatte sich krankgemeldet, auch wenn sie tapfer (und mit eher mäßigem Erfolg) versuchte, mithilfe von Droiden und Kurieren trotzdem ihre Pflichten zu erfüllen. So blieb Mon kaum Zeit, um über Luds Warnung nachzudenken, bis sie an diesem Abend schließlich in ihr Apartment zurückkehrte.

Auf dem Teppich im Wohnzimmer war ein feuchter Fleck, wo es von der Decke tropfte. Seit dem Angriff der Separatisten funktionierte das Wetterkontrollsystem von Coruscant nicht mehr richtig, und wie die meisten Gebäude in der Stadt war auch dieser Wohnblock nicht für längere Regenperioden konzipiert. Mon rief nach Perrin, doch ihr Mann war nicht da. Vielleicht war er etwas trinken oder spielen gegangen. Manchmal fragte sie sich, was er so trieb, wenn er nicht zu Hause war, aber sie hatten ihre Absprachen. Das war allein seine Sache. Darum informierte sie stattdessen die Hausverwaltung und begab sich in ihr Arbeitszimmer, wo sie zumindest die Umarmung eines Sessels erwartete, den sie von einem Nikto-Künstler gekauft hatte. Möbel waren immer treu.

Sie blickte auf die abendliche Stadtlandschaft hinaus, wo in Millionen Fenstern Millionen Lichter leuchteten wie ein zweitklassiger Ersatz für die von Wolken verdeckten Sterne. Hinter jedem dieser Fenster könnte ein Geheimdienstmitarbeiter sitzen und Mon mit einem Makroskop beobachten, mit dem sich zivile Sichtschutzsysteme mühelos durchdringen ließen. Aus einem Impuls heraus, den sie sich selbst nicht so recht erklären konnte, setzte sie ein Lächeln auf, winkte der Skyline zu und rief: »Ihr Mistkerle könnt mich ruhig beschatten, aber ich schwöre euch, ihr werdet euer eigenes Ende nicht kommen sehen!«

Natürlich machten diese Leute nur ihren Job, mutmaßte Mon. Und genau das würde sie jetzt auch tun. Trotzdem fühlte sich dieser kleine Akt der Rebellion gut an.

Sie schloss eine der Schreibtischschubladen auf und holte ein Datenpad daraus hervor, um durch die Liste auf dem Display zu scrollen. Einer der neueren Einträge lautete:

GROSSWESIRAMEDDAHÄLTANSPRACHEÜBER »WAHREBÜRGERDESIMPERIUMS«

HILFSLIEFERUNGENFÜRCATONEIMOIDIAGESTOPPT

REPUBLIKANISCHECREDITSWERDENDURCHIMPERIALECREDITSERSETZT (JETZTMITNICHTGENAUERSPEZIFIZIERTEN »SICHERHEITSMERKMALEN«)

UMBENENNUNGVONPARNAROSIS 3

OBERSTERJUSTIZADMINISTRATORNACHACHTTAGENIMAMTFRISTLOSENTLASSEN

Der Krieg war vorüber. Anstelle von Millionen Todesopfern, die es jeden Tag zu beklagen galt, gab es jetzt Stabilität – und der Preis dafür war doch gewiss vertretbar, oder? Was spielte es schon für eine Rolle, wenn man zerstörten Sektoren auf Cato Neimoidia Wasser und medizinische Versorgung vorenthielt, weil einer von Palpatines Rivalen das neue Regime öffentlich verspottet hatte? Warum sich darüber aufregen, weil das Andenken des toten Jedi-Meisters Parnarosis in der Galaxis zugunsten eines genauso toten Kriegstreibers ausgelöscht wurde? Konnte Mon wirklich behaupten, noch nie für etwas noch Schlimmeres gestimmt zu haben?

Sie vermutete, dass das meiste davon nicht einmal auf Palpatine persönlich zurückging. Vielmehr waren es seine treuen Unterstützer, »wahre Imperialisten« und machtgierige Speichellecker, die sich da gerade austobten. Wer vermochte schon zu sagen, was Palpatine selbst wollte – mal abgesehen von Loyalität und Kontrolle, natürlich –, wenn er solchen Leuten freie Hand ließ?

Sie hielt kurz inne. Dann fügte sie dem Dokument eine weitere Zeile hinzu:

POLITISCHEGEGNERWERDENAUSSPIONIERT

Dass der Krieg geendet hatte, war ein Wunder, aber der Preis für den Frieden wurde mit jedem Tag größer. Das Imperium existierte seit kaum einem Monat. Wie lange würden sie wohl dafür bezahlen?

4. Kapitel

Ein kühnes Vorhaben

»Aus diesen und anderen Gründen fordere ich, die Umstände des Mordanschlags auf den damaligen Obersten Kanzler Palpatine genauestens zu untersuchen. Dasselbe gilt für die Direktive, die die Jedi zu Staatsfeinden erklärte, die Strategieprotokolle der Klonarmee, die gegen die Jedi in die Schlacht zog, und den Umgang mit jugendlichen Jedi-Kämpfern durch unser Militär. Diese Untersuchungen müssen überdies von einem unabhängigen Gremium von militärischen und zivilen Justizfachleuten durchgeführt werden. Andernfalls steht der Senat in der Pflicht, einzugreifen.«

Bail hörte die Worte kaum, die über seine eigenen Lippen kamen. Er stand auf einer Schwebeplattform hoch über der Fabrikhalle von Eurivos HoloDynamics, einem der letzten Produktionsbetriebe, die noch in den oberen Ebenen von Coruscant tätig waren. Ein angemessener Ort für das, was er als »Rede zur Wiederbelebung der Industrie« angekündigt hatte. Sein spärliches Publikum stand unruhig zwischen glitzernden Spiegeln und Prismen, die darauf warteten, mit Lasern zu Holoprojektorlinsen geschnitten zu werden. Unter den Anwesenden waren auch einige Angestellte, die dazu gezwungen worden waren, an dieser Veranstaltung teilzunehmen – größtenteils Fremdweltler aus der Arbeiterklasse, die keine eigene politische Meinung vertraten. Außerdem sah er ein paar alderaanische Auswanderer, die dem Senator ihrer Heimatwelt entweder als Zeichen der Unterstützung oder einfach nur aus Neugier lauschten. Und dann waren da noch mehrere fanatische Imperialisten: Anhänger von Palpatines Neuer Ordnung, die entschlossen waren, jenen Politikern, die sie für Feinde der Regierung hielten, genau auf die Finger zu schauen. Pressevertreter waren zwar nicht zugegen, doch immerhin schwebten ein paar teilnahmslose Kameradroiden durch die Halle.