Starstecher - Peter W.J. Licht - E-Book

Starstecher E-Book

Peter W. J. Licht

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Beschreibung

Ein als uneheliches, aber adeliches Kind auf einer Burg im Mittelalter geboren, findet in der heimlichen Aufnahme als Säugling ins Kloster, seine spätere Berufung als Heilkundiger den Lebensweg. Den Star zu stechen wird seine Passion.

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Seitenzahl: 183

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Starstecher

Durch Zufall sah ich im Hällisch-Fränkischen

Museum in Schwäbisch Hall das Buch,

Ärzte, Bader und Barbiere,

ISBN 978-3-98 12243-2-0.

Meine Aufmerksamkeit war augenblicklich geweckt. Das Thema entfachte in mir ein großes Interesse zu dieser Thematik, später ein Buch zu schreiben. Es als Grundlage für einen, diesen Roman zu nehmen.

Das Leben im Mittelalter und, vor allem, die unermesslichen Leiden der Menschen im Krankheitsfall aufzuzeigen und in Erinnerung zu rufen.

Zum Studium des medizinischen Nachwuchses geeignet, um über die Leiden der Menschen im Mittelalter einen Eindruck zu bekommen.

Sicherlich ist in dem Roman, bezüglich zu dem oben aufgeführtem Buch, manches mit Nachsicht zu betrachten.

Dieses Buch wurde Leserfreundlich in Arial 12 gedruckt.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Das Leben auf der Burg

Klosterleben bei den Franziskanerbrüder

Abschied vom Kloster

Die Vogtei

Verleumdung und Anhörung

Regensburg, der Geschworene Arzt K-Friedrich

Die verborgene Sektion

Starstechen

Nürnberger Examen

Physicus Columban

Rückkehr zur Burg

Die Inquisition

Die Entscheidung

Geheimnis um Columban

Epilog

Aufklärung

Prolog

Das Leben auf der Burg

Das Gewitter nähert sich der Burg.

In der Helligkeit der Blitze sieht man die Umrisse von Mauern und den Bergfried in seiner imposanten Höhe.

Ein weiterer Blitz erhellt das Gesicht einer Frau am Fenster des Turmes und erleuchtet ihren kummervollen Gesichtsausdruck, sie ist angestrengt in Gedanken versunken. Es klopft.

„Jadoch“, kommt es zaghaft.

Die Fürstin Yolanda wendet sich mit kummervollem Blick zur eintretenden Frau um.

„Verzeiht Fürstin. Ihr habt nicht auf mein Klopfen geantwortet“.

Sie reagiert darauf nicht und geht zu ihr, erfasst zu deren Überraschung ihre beiden Hände.

„Klothilde, du warst meine Amme und begleitest mich nun die ganzen Jahre als Zofe in der Burg.

Ein Vertrauen zu euch ist entstanden, deshalb werde ich ein wertvolles Geheimnis in eure Verwahrung geben, welches mich schon lange Zeit bedrückt“.

„Fürstin, bin ich denn dessen würdig?“.

„Nur Ihr und sonst kein anderer, Klothilde“ und gibt die Hände frei.

Sie dreht sich um, geht zurück ans Fenster und schweigt eine Zeitlang.

Schaut auf das mit dumpfen Grollen abziehende Gewitter.

Mit einem Ruck wendet sie sich um, bewegt sich ganz nahe hin vor die Zofe, schaut ihr tief in die Augen.

„Es gab einmal einen Moment, wo mein Fleisch schwach geworden ist und nun bin ich in guter Hoffnung“.

Es ist heraus.

Klothilde ist in Sorge, was kann ich dazu tun?.

„Herrin, euer Vertrauen in mich würde ich niemals enttäuschen, niemals“ und kniet vor ihr nieder.

„Fürstin Yolanda, als eure Vertraute und Amme sind mir gewisse Umstände schon von eurem Leib aufgefallen. Euer Gemahl ist nun schon lange unterwegs in den Landen, um neue Besitztümer zu schaffen. Aber ihr seid eine junge Frau.

Er hat vergessen, dass ihr seinen größten Reichtum darstellt und noch jung seid“.

Yolanda richtet sich auf, „aber was wird werden?“.

„Edle Fürstin, es ist nun geschehen. Wie der letzte Sendbote dem Hofmarschall berichtete, wird Fürst Leopold frühestens in einem Jahr aus den fernen Landen in der Burg zurück erwartet.

In der Zeit wird sich bestimmt eine Lösung für euren Umstand finden“, versucht sie die Fürstin zu besänftigen.

„Klothilde, es gibt nur eine Lösung für mich.

Das Kind will ich gebären. Es ist mein fester Wille und fragt bitte nicht nach der Liebschaft.

Ich bitte euch inständig zu schweigen, wie aber kann ich den Umstand dem Hofe verschleiern?“.

Die Stimme versagt ihr.

„Ich bin voller Zuversicht es gibt immer eine Lösung, Herrin“.

„Sollte ich mich ins Kloster zu den Benediktinerinnen begeben? Dort das Kindlein zur Welt bringen und dabei auf die Gnade der Äbtissin zur Aufnahme hoffen. Ja doch“, entschlossen faltet sie die Hände über den Bauch.

„Verzeiht mir Edle Fürstin, haltet ein“ und umarmt Yolanda.

„Wie ihr wisst, zeigt die Äbtissin dort kein Herz für ledige, oder uneheliche Schwangerschaften, oder gar für Kinder.

Der Herr ist noch lange Zeit fort. Gebärt hier das Kind. Euch habe ich als Hebamme zur Welt gebracht, gleich wie auch bei anderen Frauen.

Das Kindlein werde ich zur Klosterpforte bringen und dort um Aufnahme bitten.

Eine rechte Geschichte erzähle ich allda, um die Herkunft zu verschleiern.

Das Kindlein sei von einer armen Magd, die von seiner Herrschaft geschwängert wurde.

Sie werden das Kindlein aus diesem Grund gewiss nicht abweisen, aber bis zur Abgabe müsst ihr es nähren.

Vor eurer Niederkunft tragt weite Gewänder. Sie verbergen in der Zeit der Schwangerschaft euren Umstand.

Meidet die Festlichkeiten, bezieht das Turmgemach und ich berichte eurer höfischen Gesellschaft, dass ihr gestürzt seid und der Ruhe bedürft. Gelegentlich führe ich wissbegierige Damen in euer Gemach, um Klatsch zu vermeiden. Zeige euer gerötetes Bein vor, das ich vorher mit Capsaicin eingerieben habe“.

Yolanda streicht ihr über den Kopf.

„Klothilde, mit eurem Verständnis, gebt ihr mir Zuversicht und Kraft auf meine Zukunft“.

„Herrin, der Hofstaat ist erst einmal zufrieden, aber alsbald wird ein Getuschel über den langen Heilungsverlauf aufkommen. Ein Heilkundiger sollte von euch zur Behandlung gerufen werden“.

So verlaufen die ersten Wochen in Ruhe, aber bald macht sich Unmut über ihren Rückzug aus dem höfischen Leben breit, geschürt von den Hofschranzen.

Erst als die Fürstin am Turmfenster erscheint und von einer beginnenden Wundheilung und vom Bedarf der Ruhe redet, geben sie sich zufrieden.

Zumal der Apotheker ein hochgelobtes Wundermittel von ihm, ihr verabreicht hat.

Yolanda verbleibt die ganze Zeit im obersten Teil des Turmes, um die Geburt vorzubereiten und das Niemand den Verlauf der Schwangerschaft wahrnehmen kann.

Klothilde erzählt der Dienerschaft, dass die Fürstin wegen besserer Luft bis zur Genesung im Turm verweilen wird.

Die erzählen das den wissbegierigen, edlen Frauen des Hofes gegen ein Zubrot, weiter.

Damit ist das Gerede eingedämmt, denn es wird von Klothilde das Gerücht verstreut, die Seherin aus dem Wald wäre des Nachts bei der Fürstin gewesen und hätte zur Ruhe und zu einem von ihr bereitetes Kräuterbalsam geraten.

Später könne sie dann in ihre Gemächer im Schloss zurück kehren und sich dem Volk zeigen.

So verläuft die Zeit bis zur Niederkunft zur Zufriedenheit aller.

~

Die Wehen setzen ein, die Geburt verläuft ohne Probleme. Nach dem Entbinden, zeigt Klothilde der Fürstin Yolanda das kleine Muttermal, dass ihr bei der Geburt aufgefallen ist. Sternenförmig, leicht gerötet, ist es am Haaransatz im Nacken des Neugeborenen zu sehen.

„Fürstin Yolanda, daran erkennt ihr später euren Sohn wieder. Benamt ihn insgeheim nach eurem Gutdünken“.

Die Fürstin streichelt über das Köpfchen, legt ihre Hand schützend darauf, „Mein Sohn, Siegfried sei dein Name“.

~

Am Abend, einen Monat nach der Geburt, bereitet sich Klothilde vor, um des Nachts sich auf den Weg zum Kloster zu machen.

Mit dem eingepackten Abkömmling im Arm und als Bäuerin in einfacher Kluft gekleidet, hinterlässt sie eine verzagte, sich dem Schicksal ergebende Mutter.

An der Pforte des Nonnenklosters der Benediktinerinnen klopft sie zaghaft an.

Nach einer geraumen Zeit, öffnet eine junge Nonne die schwere Klosterpforte und ist überrascht vom den späten Besuch.

„Was führt euch Magd zu später Stunde an das Kloster?“, freundlich ist ihre Anrede.

Unter Tränen berichtete Klothilde von einer gefallenen Magd, die von einem hohen Herrn geschwängert wurde. In Eile legt sie das Kind der überraschten Nonne in den Arm.

„Es ist ein Knabe“ und mit einem „Vergelt´s Gott“, läuft sie weg und hinterlässt einer verdutzten Nonne, den schlafenden Säugling im Arm. Sie ist ratlos, ruft ihr noch hinterher, aber Klothilde ist in der Dunkelheit untergetaucht.die Magd Was soll ich tun? Die Äbtissin schläft schon. Sie weiß nicht wohin mit dem Bündel Mensch, sie muss die Äbtissin trotzdem wecken.

Auf das Klopfen an der Zellentür der Äbtissin, öffnet die ungehalten die Tür.

„Was um diese Zeit liegt an?“.

Ihr fehlen die Worte, als die Schwester schweigend das Bündel zeigt und den Wickel vom Gesicht aufschlägt.

„Schwester Rosalie, wie konntest du nur das Kind der Mutter abnehmen! Wie sollen wir es säugen, ohne die Magd?“.

„Mutter Oberin, sie war so ärmlich gekleidet, gab mir eilig das Bündel und verschwand in der Dunkelheit. Sie sagte, es wäre ein Knabe, gezeugt in Unehre von einem hohen Herrn. Mutter Oberin, können wir nicht im Dorf nach einer Amme Ausschau halten?“.

„Ein Kegel in den Klostermauern, dazu noch ein Junge“, entsetzt sich die Oberin.

Nach kurzer Suche findet sich eine junge Mutter aus dem Dorf, versorgt dann für ihr Seelenheil den kleinen Jungen im Kloster, mit ihrem eigenen Säugling mit.

~

Während das Leben in der Burg seinen Gang geht, wächst der Säugling, umsorgt von den Nonnen, zum Kind heran. Er bleibt, auf Geheiß der Oberin, namenlos.

Im dritten Lebensjahr spricht die Äbtissin nach der Morgenandacht die Nonnen an.

„Meine Schwestern, für die Weggabe des Kindes ist mein Entscheid festgelegt. Ein männliches Wesen können wir nicht bei uns im Nonnenkloster belassen. Das Kind wird in das Bruderkloster der Franziskaner übergeben. Die Brüder sind damit einverstanden und bereit zur Aufnahme. Es ist alles schon vorbereitet“.

Die Nonnen neigen ihre Hauben und schauen sich aus den Augenwinkeln an, schweigen.

Die Franziskaner dagegen nehmen den Jungen mit Freuden in ihre Obhut, haben sie doch eines Tages die Hoffnung, ihn in ihrem Glauben unterweisen zu können.

Da er namenlos ist, taufen sie ihn Columban, der Wanderer.

Klosterleben bei den Franziskanerbrüder

Bald merken die Mönche, dass der heranwachsende Knabe außergewöhnliche Lernfähigkeiten inne hat. Lesen, schreiben und das Rechnen erlernt er bis zum 8. Lebensjahr emsig und mit Begeisterung.

Die Brüder als Erzieher und Lehrer fördern ihn wohlüberlegt bis an seine Grenzen der Belastbarkeit, in Gottes Namen.

Alle Franziskaner sind eingenommen von seiner Wissbegier und ruhigem Wesen.

Die Unterweisung in das klösterliche Leben des Ordens, sowie Handwerksarbeiten gehen ihm leicht von der Hand.

Eingebettet in der Suche nach Gott, erzogen zur Demut, wird er dennoch zur Exzerption in dem Klosterleben.

Manchmal vergisst er beim Bücherstudium im Lesesaal die Gebetsstunden.

Sehr zum Leidwesen des Guardians, dass er sich mehr zur Natur hingezogen fühlt und in ihr Wissen sich hingibt, statt Gottes Wort aus der Bibel zu hören. Oft gebraucht er von den Franziskanern zwar den geläufigen Spruch, „Ora et Labora et lege“, ihren Ordensregeln, aber neben dem Handwerk, liegen die Heilkunst und die Bildung mehr in Columbans Wesen, als das Geistliche.

Trotzdem erkennt der Leiter seine Fähigkeiten an, fördert sie und lässt ihn still gewähren.

Stellt aber, um das Klerikale nicht zu vernachlässigen, ihm den ältesten Mönch, den Heilkundigen Mitbruder Bonifatius und den Arzneikundigen Bruder Antonius zur Seite.

Bonifatius versorgt als Barbier und Heiler nicht nur die Brüder sondern auch die Bevölkerung aus den umliegenden Dörfern , samt den Burgbewohnern.

Antonius dagegen, stellt als Arzneikundiger Tinkturen gegen verschiedene Schwächen her und lehrt Columban einige Mischungen gegen die dringlichsten Nöte und Qualen des Volkes. Beiden steht er als Gehilfe zur Seite.

Mit den Jahren wird er bald unentbehrlich für sie, arbeitet ohne Abscheu und wissbegierig bei den Behandlungen mit.

~

Eines Tages laufen die Brüder im Klosterkreuzgang erregt zusammen, Lärm ist von der Eintrittspforte zu hören.

Männer tragen ein Bündel zappelndes Etwas in den Hof, rufen nach Bruder Bonifatius.

Der übt mit Columban gerade das Starstechen an dem Schema eines Beispiels.

Beide eilen sofort zu dem Geschrei.

„Bringt ihn ins Spital, legt ihn auf den Steinboden ab“, ordnet Bonifatius an. Eine Vermutung liegt ihm nahe.

Unter Mühen können die Männer den Wütenden am Boden halten.

Guardian Bruder Franziskus ist auch herbei geeilt und schlägt das Leinentuch auf, der Kopf bleibt bedeckt.

„Antoniusfeuer?“ und schaut Bruder Antonius an, der nickt und eilt weg.

„Was bedeutet das, Bruder?“, Columban schiebt sich dazwischen, will mehr sehen. Bonifatius macht ihm Platz.

Bruder Franziskus schaut mit ernster Miene, „Antoniusfeuer, das kommt vom Mutterkorn im Getreide. Sein Bein ist bereits verfault bis zur Wade und das Feuer erreicht den Unterleib. Wie das stinkt! Es ist ein Martyrium für den Kranken, wir müssen es mit Schierling beenden. Männer haltet ihn fest“.

Bruder Antonius ist bereits wieder da, reicht Franziskus ein Schälchen mit Flüssigkeit, beginnt zu beten.

Bonifatius deckt das Gesicht auf.

Die Augen treten aus dem Schädel, glotzen ihn an.

Der Unterkiefer ist fest gepresst, er schnauft nur noch durch die Nase.

„Columban, nimm ein Stück Eisen von der Wand, steck es ihm zwischen die Lippen, bohr es hinein und trenn schnell die Kiefer auf“.

Die Helfer knien auf dem Körper, halten den Schädel.

Krachend öffnet sich der Unterkiefer und Franziskus gelingt es, dem Unglücklichen unter Mühen ein Rinnsal in den Schlund aus dem Schälchen fließen zu lassen, wartet eine zeitlang.

Erst ein Aufbäumen, dann beginnende Ruhe in den Beinen, bis der ganze Leib still liegt. Noch ist er bei Bewusstsein. Es dauert bis der Tod eintritt.

„Bruder Antonius, der heilige Antonius der Wundärzte hat ihm nicht mehr helfen können. Das Antoniusfeuer sein Leben zerstört. Bringt ihn zum Gottesacker. Dort wird seine Seele Ruhe finden“.

Bonifatius bekreuzigt sich, wendet sich um.

„Columban, was du soeben erlebt hast war eine Lehre für dich.

Achte in Zukunft auf erste Zeichen vom Antoniusfeuer, wenn Kranke dir von unstillbarem Feuer im Leib berichten. Oft hilft nur sofortige Amputation. Du wirst es sicher lernen... müssen.

Allein das Heilen ist für den Heilkundigen nicht hinlänglich, andere Aufgaben werden an dich heran wachsen“.

Columban will ihm nicht die Frage stellen, ob die Vergiftung mit dem Schierling mit dem Glauben der Franziskaner vereinbar war.

Aber das volle Erleben dieser Vergiftung, er hätte ebenso gehandelt!

Fasziniert ist er vom Starstechen, wenn Antonius den Kopf des Menschen fixiert und Bonifatius mit der Lanzette seitlich in das Auge eindringt.

Bei einem Bauer, der fast erblindet ist, bittet Columban Bonifatius, dass er dieses mal den Kopf an der Brust halten darf. Nachdenklich schaut Bonifatius ihn an.

„Drei Jahre bist du nun mein Lernender. Gelehrig, mit ruhiger Hand und wohltuendem Wesen. Heute sollst du den Star stechen!

Du wirst nichts falsch machen. Er ist so oder so blind und er wird bestenfalls weitsichtig. Zum lesen zwar ungeeignet, aber er kann es sowieso nicht.

Auch ich habe zum Anfang als Starstecher einen Hut voller Augäpfel zurück gelassen, nur Mut“, lächelt Bruder Bonifatius.

Columban ist erstaunt über das Vertrauen zu ihm.

„Ist es schon an der Zeit? Bin ich mit jungen Jahren in der Lage, Bruder Bonifatius?“.

„Mach es so, wie du es bei mir beobachtet hast.

Die Lanzette ablecken und die Nadel seitwärts zur weißlichen Lederhaut führen, den Augapfel anstechen und die helle Linse über den Augapfel nach unten drücken und anhalten. Damit sie nicht mehr zurück gleitet.

Gehen wir ins Kalefaktorium. Dort wartet Bruder Antonius mit dem Bauer“.

Sie durchschreiten den Gang und öffnen die Tür.

Der Bauer sitzt bereits unruhig auf dem Stuhl.

Bruder Antonius steht hinter ihm.

Ein freundlicher Gruß an ihn, dann betupft Bonifatius mit in Rosenwasser getränktem Tuch beide Augen, nickt zu Antonius. Der presst den Kopf nun fest an seine Brust.

„Columban wird nun den Star stechen, Bruder Antonius“.

Der nimmt eine Lanzette aus dem sauberen Tuch, beugt sich nach vorne zum rechten Auge.

Mit dem Finger drückt er das Lid weg und führt die Nadel seitlich zum Auge, wie er es oft bei seinem Mönchsbruder gesehen hat.

Unter den wachsamen Augen Bonifatius, sticht er sanft den Augapfel an und schiebt den Schleier der Linse ruhig nach unten.

Lockert den Stich und wartet. Die Linse bleibt unten.

Behutsam zieht er die Lanzette aus dem Auge.

Bonifatius ist nahe bei dem Eingriff heran getreten, legt die Hand an seine Schulter.

„Bruder Columban, deine Arbeit war richtig und gut.

Du wirst mich eines Tages als Starstecher ersetzen.

Dem Volk Gutes tun, Leidenden helfen“.

Der Bauer wendet den Kopf zu der Stimme.

„Bruder Mönch, es ist hell geworden. Ich kann einen Kopf fast erkennen“, er ist überglücklich.

Antonius legt eine Binde über beide Augen an.

„Haltet noch Ruhe, eine Binde um den Kopf schützt euch einige Tage vor dem Wundbrand. Später kann euch der geschliffene Mineralstein Beryll weiter helfen“ und führt ihn zur Bank.

„Wartet hier, bis ihr geholt werdet“.

~

Columban ist nun kaum noch ins kirchliche Klosterleben eingebunden und ist mit den Brüdern Bonifatius und Antonius in heilender Tätigkeit zugange.

Das spricht sich in den Dörfern herum. Es soll noch einen weiteren Bruder geben, der auch den Star sticht.

Der Guardian beobachtet das Fehlen bei den Andachten eine Weile, dann ruft er ihn doch zu sich.

„Bruder Columban, die Demut zu unserem Klosterleben wird dir immer ferner. Dein Taufname ist dir als Findelkind zu Recht gegeben worden. Du wirst ein Wanderer hier auf Erden bleiben.

Bruder Bonifatius hat dir Handwerke der Heilkunst gelehrt. Bruder Antonius Heilmittel zur Hilfe der Leidenden. Nutze deine zum Vorschein gekommen Erkenntnisse und mehre die Erfahrungen.

Verbreite dein Können in Gottes Namen. Geh zu Bruder Bonifatius und bespreche dich mit ihm über deinen Werdegang.

Am Morgen nach der ersten Gebetsstunde melde dich bei mir“.

Sie verneigen sich, das Gespräch ist beendet.

Erleichtert und doch betrübt begibt sich Columban zu Bonifatius.

„Es ist so geschehen, wie ich es bedacht habe“, tröstet ihn Bonifatius.

„Wir werden dich auf das Leben außerhalb der Klostermauern in der Burg vorbereiten. Sieh es als einen schöpferischen Neubeginn an. Das Helfen und Starstechen ist dir gottgegeben.

Wir reden später, bis nach der Morgenandacht“.

Als Columban schon zur Pforte geht, ruft ihn Bonifatius noch mal an.

„Warte Bruder Columban, komm bitte zurück. Ich habe ein Anliegen an dich. Mein unendliches Vertrauen will ich in deine Hände legen“.

Er schaut ihn ernst und still an, tritt nah vor ihn.

„Bruder Bonifatius, du hast mich gelehrt, aufmerksam den leidenden Mensch zu beobachten.

Bruder, bei dir sind mir Veränderungen in deiner Kunst zum Stechen aufgefallen. Dein Gesicht führst du recht nahe ans Auge beim stechen und auch das Buch, wenn du liest“.

„Ja, du bist ein guter Beobachter. Alle Zeichen des Katarakts entstehen in meinen Augen. Ich bitte dich“ und schaut ihn standhaft an.

„Dir möchte ich meine Augen anvertrauen Columban“.

Er ist von dem Anbieten nicht überrascht, denn er ist der Einzige im Kloster, der die Arbeitsweise von ihm erlernt hat, von ihm!

„Bruder Bonifatius, mit dir habe ich stets geübt und danke für dein Vertrauen. Bevor ich das Kloster verlasse, mache ich den Stich“ und umarmt ihn.

Der Tag vor dem Abschied bricht an.

Abschied vom Kloster

Bonifatius ist in seiner Zelle ins Gebet versunken, als Columban eintritt und stumm an seine Seite tritt.

Er greift nach einiger Zeit an die Schulter von dem Betenden.

„Es ist Zeit Bruder, komm mit mir ins Kalefaktorium“ und hilft ihm auf.

„Ja Columban, ich bin guten Mutes und mit Gottvertrauen gewappnet, gehen wir“.

Bruder Antonius hat bereits alles vorbereitet. Er steht am Kopfende am breiten Stuhl. Bereit liegen in dem Tuch zwei Lanzetten und das Votiv der Augenheiligen.

Eine Kerze flackert Luft durchweht neben dem Sitz auf dem Tisch.

Ein kurzes Bittgebet der Drei.

Ruhe ist in Columban, als er mit dem benetzten Tuch, getränkt von Rosenwasser um Bonifatius Augen tupft.

Antonius zieht mit dem Zeigefinger das obere Lid des Auges hoch. Hält dann mit beiden Handflächen Bonifatius Schädel fest in die Stütze.

Die Kerze brennt augenblicklich still und Sonne erstrahlt plötzlich den Kopf von Bonifatius, beleuchtet das Gesicht und das Votiv.

Mit geruhsamer Hand führt Columban die Nadel seitwärts in das Auge, sticht in den Augapfel und zieht mit der Spitze der Lanzette die getrübte Linse am Augapfel zur Seite, nach unten.

Lockert die Lanzette, wartet ab, die Linse mit dem Schleier bleibt unten.

Er entfernt die Spitze der Lanzette, tupft mit dem angefeuchteten Tuch über beide geschlossenen Augen.

Antonius legt die Binde ihm über den Kopf und um die Augen.

Bonifatius ist ruhig.

„Ergeht es dir gut Bruder?“, fragt ihn Columban.

Bonifatius sucht seine Hand.

„Eine Gabe ist dir von Gott gegeben. Ich danke dir.

Mit Sorgfalt gingst du zu Werke. Vielen Leidenden kannst du helfen. Wenn du dereinst durch die Lande ziehst, denke bei deinen Diensten auch an die Pflicht denen zu helfen, die nicht löhnen können.

Halte dich in Demut“.

Leise ist Antonius an Columban heran getreten.

„Bruder, hier ist mein Kräuterelixier zum Beruhigen und als Schmerzmittel für die Kranken. Du erlebst die Wirkung vor allem nach Verletzungen. Ich schreibe dir das Gemenge auf. 5 Tropfen genügen zur Gabe. Bewahre das Wissen zur Anwendung gut. Gott segne deine Taten“, breitet die Arme über ihn zum Segen aus und eilt aus dem Raum.

~

Versehen mit der kleinen Wegzehrung, schreitet Columban am nächsten Tag, gekleidet in seiner Mönchskutte, aus der Klosterpforte.

Schreitet mit letztem Gruß an den Franziskanern vorbei, wandert hinaus in die Weite, zur Burg des Fürsten.

Der Guardian steht mit den Brüdern, in ihrer Mitte Antonius und mit verbundenen Augen, Bonifatius, an der Klostermauer. Noch einmal wendet er sich um zum stummen Abschiedsgruß.

Mit gesenktem Haupt grüßen die zurück.

Der Guardian Franziskus hat ihm eine Handschrift mitgegeben, die für den Wundheiler Eisenbeiss bestimmt ist.

Bruder Columban möge bei ihm das Handwerk der Heilkunde erlernen. Darin wird seine Eignung zum Erlernen des Heilwesens und auch das bisher getane Tagewerk für die Kranken und Gebrechlichen aufgeführt.

~

Zum ersten Mal wandert Columban über für ihn fremde Gefilde in die Ferne. Bringt die Klostermauern hinter sich. Wälder, Bachläufe, die Größe der Natur überwältigt ihn. Hinter den Klostermauern hat er das nicht ersehen können.

Was wird die Fremde bringen?

Am späten Tag erreicht er ein Dorf, mehr ein Weiler.

Beim durchschreiten bekommt er die Armut der Menschen zu Gesicht. Als Wundheiler könnte er hier helfen, aber, hastig eilt er weiter, nimmt sich vor, bei Eisenbeiss erst das Heilen zu erlernen, um dann in der Burg und im Lande Jedermann zu kurieren.

Die Nacht verbringt er an einer Quelle am Waldrand, zehrt von dem Mundvorrat der Brüder.

Das ungewohnte Lager und das Rauschen der Blätter im Wind, schläfern ihn ein.

Am Morgen wecken Columban Regentropfen auf dem Gesicht aus dem Schlaf.

Tatendurstig auf neues Erleben, schreitet er flott voran, die Burg ist das Ziel.

Ein größeres Dorf durchläuft er zügig, mehr Volk ist hier auf den breiter werdenden Wegen. Allein die Bedürftigkeit im Volk bleibt gleich.

Die Burg und der Heilkundige Eisenbeiss

Im strömenden Regen taucht aus dem Nebel ein Gemäuer stolz auf der Anhöhe empor, die Burg des Fürsten. Sein Ziel ist erreicht.

Unter dem mächtigen Tor zum Burginnern stehen Wachleute, mustern ihn beim näher kommen.

„Ein Mann Gottes“ lästert einer.

„Bestimmt einer von den Franziskanern“.

Columban tritt näher.