Sternenhimmel - Geflüster - Katja Schneidt - E-Book

Sternenhimmel - Geflüster E-Book

Katja Schneidt

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Beschreibung

Als Florian ihr nach vier Jahren Beziehung plötzlich mitteilt, dass er sich zu Männern hingezogen fühlt, bricht für die 27jährige Tierpflegerin Siry eine Welt zusammen. Florian war ihr Traummann und eine baldige Hochzeit war eigentlich längst beschlossene Sache. Mit Unterstützung ihrer besten Freundin Tessa findet Siry eine neue Wohnung über den Dächern von Frankfurt. Gemeinsam mit ihrer Katze Sternchen bezieht sie ihr neues Domizil. Siry beschließt, der Männerwelt für eine Weile den Rücken zu kehren, doch dann taucht plötzlich der attraktive Patrick regelmäßig im Zoo auf und die beiden freunden sich an. Leider muss Siry schnell feststellen, dass auch mit Patrick etwas nicht zu stimmen scheint… Nachdem sie ihrem Frust mit einer Flasche Wodka den Kampf angesagt hat, wird Siry am nächsten Mittag in ihrer Wohnung wach als plötzlich nichts mehr so ist, wie es vorher war. Siry kann sich an den gestrigen Abend nicht mehr erinnern. Woher kommt der Zettel mit der fremden Handynummer auf dem Wohnzimmertisch und wer hat die Wohnung geputzt und aufgeräumt? Mit zittrigen Fingern wählt Siry die Telefonnummer vom Zettel. Als das Gespräch angenommen wird, erlebt sie die Überraschung ihres Lebens…

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STERNENHIMMEL – GEFLÜSTER

VON KATJA SCHNEIDT

 

 

 

 

 

© 2015 by Katja Schneidt, Büdingen

Umschlaggestaltung: Cover Me Design

Lektorat: Claudia Perc

Ebook Satz: Matthias Czarnetzki

E-Mail: [email protected]

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung, sowie Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendwelcher Form (Fotokopie, Mikrofilm oder anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung von Katja Schneidt reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt, oder verbreitet werden. Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der mechanischen, elektronischen oder fotografischen Vervielfältigung, der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, des Nachdrucks in Zeitschrift und Zeitung, des öffentlichen Vortrags, der Verfilmung oder Dramatisierung, der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen oder Video, auch einzelner Text- und Bildteile sowie der Übersetzung in andere Sprachen.

An alle Raubkopierer, die sich auch wieder an diesem Werk bereichern werden (genauso wie an den Werken meiner geschätzten Kollegen), und mir die paar Cent nicht gönnen, die ich für meine monatelange Arbeit und die Kosten für Cover, Satz und Lektorat bekomme und das Buch wieder auf etlichen Portalen zum kostenlosen Download anbieten: Jeder der dieses Buch unrechtmäßig kostenlos erwirbt, wird automatisch mit einem Fluch belegt und innerhalb der nächsten drei Monate einen hohen Preis für dieses Buch bezahlen.

Inhaltsverzeichnis

Titelseite

1. Kapitel

2.Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

Epilog

Danksagung

Weitere Bücher der Autorin:

Über die Autorin:

Leseprobe „Shadi“von Katja Schneidt

1. Kapitel

 

Erschöpft ließ Siry sich auf einen der unzähligen Umzugskartons sinken, die überall in der kleinen 2- Zimmer- Wohnung herumstanden. Ihre beste Freundin Tessa war vor ein paar Minuten nach Hause gegangen und Siry war nun zum ersten Mal alleine in ihrer neuen Behausung.

Die anderen Umzugshelfer hatten die Wohnung bereits verlassen, nachdem die wenigen Möbel die Siry gehörten, an Ort und Stelle standen. Heute Abend wurde im Fernsehen ein hochbrisantes Fußballspiel übertragen, das sich Sirys Bruder Ben und seine Freunde um keinen Preis der Welt entgehen lassen wollten.

Siry und Tessa hatten noch einige Kartons ausgeräumt, aber als Siry sah, dass sich Tessas leichte Erkältung mittlerweile zu einer handfesten Grippe entwickelt hatte machten sie ebenfalls Schluss für heute.

Siry ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, der schließlich an der großen Dachterrassentür hängen blieb. Draußen war es mittlerweile dunkel geworden und Sirys Gesicht spiegelte sich in der blitzblank geputzten Scheibe. Ihre Mutter hatte darauf bestanden, die Wohnung vor Sirys Einzug auf Hochglanz zu bringen und war mit unzähligen Putzutensilien bewaffnet auf der Bildfläche erschienen, während Siry gerade den Wänden des kleinen Wohnungsflurs einen neuen Anstrich verpasste.

Vera Stern war Schriftstellerin und verfügte zu Sirys Bedauern über jede Menge Tagesfreizeit, da sie ihre Bücher vornehmlich nachts verfasste.

Eigentlich hatte Siry ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern aber die überfürsorgliche Art ihrer Mutter, war manchmal einfach zu viel des Guten. Immerhin war Siry 27 Jahre alt und konnte ganz gut für sich alleine sorgen. Nur ihrer Mutter war das bisher offensichtlich völlig entgangen.

Siry überlegte, was sie als Nächstes tun wollte, als das klägliche Miauen ihrer Katze ihre Aufmerksamkeit forderte. Sternchen hatte sich zwischen Sirys eine gesetzt und schaute sie mit ihren großen, bernsteinfarbenen Augen vorwurfsvoll an. „Na meine Kleine. Du fühlst dich hier auch noch ziemlich fremd, was?“ Siry bückte sich und streichelte Sternchen ausgiebig über den Rücken. Ihr schwarzes Fell glänzte und fühlte sich warm und weich an. Sofort fühlte sich Siry etwas weniger einsam. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit blieb Sternchen ungerührt sitzen. Sonst drückte sie sich immer gegen Sirys Hand und machte den für Katzen so typischen Katzenbuckel. Dabei schnurrte sie dann wie ein Schweizer Uhrwerk. Plötzlich fiel Siry ein, dass Sternchen heute noch gar nichts zu fressen bekommen hatte. In dem ganzen Umzugstrubel hatte sie das völlig vergessen. Sie stand auf und machte sich auf die Suche nach Sternchens Näpfen und dem Katzenfutter. Zu ihrer großen Erleichterung hatte Tessa beides schon ausgepackt und in der Küche auf der Arbeitsplatte deponiert. In Gedanken schickte Siry ihrer besten Freundin und Arbeitskollegin eine Umarmung. Tessa und sie hatten beide zur gleichen Zeit mit ihrer Ausbildung zur Tierpflegerin im Frankfurter Zoo begonnen und waren seitdem unzertrennlich. Sie verbrachten jede Mittagspause gemeinsam und waren an fast jedem Wochenende an mindestens einem Tag zusammen unterwegs. Es war auch Tessa, die Siry als erstes angerufen hatte, nachdem ihr Florian gestanden hatte, dass er sie nicht heiraten könne weil er sich neu verliebt hätte. In seinen Arbeitskollegen Felix. Siry war in Anbetracht von Florians überraschendem Geständnis völlig zusammengebrochen. Natürlich hatte sie bemerkt, dass ihr Verlobter sich verändert hatte, aber sie hatte das auf den Stress geschoben, den er schon seit ein paar Wochen auf der Arbeit hatte. Florian hatte jeden Tag mindestens zwei Überstunden gemacht. Zumindest hatte Siry das geglaubt. Nach Florians Outing wusste sie nun, dass er sich mit Felix in seinem Büro vergnügt hatte. Die Tatsache, dass er nun offensichtlich auf Männer stand machte Siry die plötzliche Trennung besonders schwer. Hätte Florian sich in eine andere Frau verliebt hätte sie wenigstens um ihn kämpfen können aber gegen einen Mann fühlte sie sich machtlos.

Siry stieß bei dem Gedanken an ihren Ex-Verlobten einen tiefen Seufzer aus. Vier Jahre hatten sie sich eine gemütliche Maisonette-Wohnung in einem der besseren Frankfurter Stadtviertel geteilt. Florian war der Mann mit dem sie alt werden wollte. Eigentlich hatten sie perfekt zusammen gepasst.

Nur mit Sirys übergroßen Liebe zu Tieren hatte er nichts anfangen können. Als Siry eines Tages Sternchen mit nach Hause brachte kam es zwischen ihr und Florian zu einem riesigen Streit. Siry hatte die Katze von einer Arbeitskollegin übernommen, die plötzlich eine ausgeprägte Katzenhaarallergie entwickelt hatte und Sternchen in das städtische Tierheim bringen wollte, weil sie partout niemanden fand, der sich der Katze annehmen wollte. Sternchen hatte Diabetes. Nicht nur, dass die Medikamente sehr teuer waren, die Versorgung der Katze war auch recht zeitintensiv, da sie zweimal am Tag eine Insulinspritze bekommen musste. Siry war das egal. Sie beschloss spontan, der Katze ein neues Zuhause und auch einen neuen Namen zu geben. Aus Minka wurde Sternchen.

Florian hatte getobt und Siry angedroht, dass er die Katze eigenhändig ins Tierheim bringen werde, sollten Katzenhaare an seiner Kleidung haften oder er sich sonst irgendwie von Sternchen belästigt fühlen.

Siry hatte ihren Freund mit einem köstlichen Abendessen und einer ausgiebigen Massage wieder besänftigt und ein paar Wochen später war es Florian, der fast jeden Abend auf dem Sofa lag und ausgiebig mit Sternchen schmuste und kuschelte.

Ein weiteres klägliches Maunzen riss Siry aus ihren Gedanken. Sternchen war ungeduldig auf die Arbeitsplatte gesprungen und stupste mit ihrer Nase den Karton mit dem Trockenfutter an.

Siry hob Sternchen liebevoll hoch und stellte sie vorsichtig wieder auf den Küchenfußboden.

„Du weißt, dass du hier oben nichts zu suchen hast“ tadelte sie ihre Katze mit einem Augenzwinkern.

Bevor diese zu einem erneuten Sprung ansetzen konnte, füllte Siry schnell etwas von dem Futter in den rosafarbenen Plastiknapf und stellte ihn vor Sternchen auf den Fußboden. Anschließend nahm sie eine saubere Tasse und befüllte diese mit etwas frischem Wasser. Als Siry diese ebenfalls auf dem Boden platzierte, stürzte Sternchen sich sofort darauf und schleckte mit ihrer rauen Zunge etwas von dem erfrischenden Nass. Sirys schlechtes Gewissen wuchs ins Unermessliche. Die arme Katze hatte fast den ganzen Tag in ihrer Transportbox verbracht um zu verhindern, dass sie in dem ganzen Umzugschaos aus der offenen Wohnungstür flüchten konnte. Die Umgebung war Sternchen ja noch völlig fremd und Siry hatte Angst gehabt, dass sie sich verlaufen und nicht mehr nach Hause finden könnte.

Siry spürte plötzlich, dass sie ebenfalls durstig war. Zum Glück war noch etwas Wasser vorhanden, mit dem sie ihre Helfer versorgt hatte. Siry beschloss , gleich am nächsten Morgen einkaufen zu gehen. Gott sei Dank hatte sie sich eine Woche Urlaub genommen und konnte ihren neuen Lebensabschnitt in Ruhe beginnen. Zögerlich öffnete sie nacheinander die Türen der Hängeschränke, bis sie schließlich fündig wurde und den Schrank entdeckte, in den Tessa die Gläser geräumt hatte. Sie schnappte sich ein Glas und goss sich schnell etwas Wasser ein. In einem Zug trank sie es aus. Ihr Blick wanderte wieder zu Sternchen, die sich zwischenzeitlich wieder ihrem Katzenfutter zugewandt hatte.

Siry schlenderte zurück in ihr kleines Wohnzimmer. Sie öffnete die Dachterrassentür und trat nach draußen. Diese Terrasse war es, die den Ausschlag gegeben hatte, dass Siry die Wohnung unbedingt haben wollte. Sie hatte von hier aus einen bezaubernden Blick über die Skyline von Frankfurt. Und wenn es dunkel wurde verwandelte sich die Stadt in ein glitzerndes Lichtermeer.

Siry ließ sich zu Boden sinken und legte sich der Länge nach auf die noch von der Mittagssonne erhitzten Fliesen. Für einen kurzen Moment schloss sie die Augen und sog die frische Abendluft tief in ihre Lungen ein. Den ganzen Tag über war es für Anfang Juni ungewöhnlich heiß gewesen. Umso mehr genoss Siry nun die leichte frische Brise, die ihr Abkühlung verschaffte und wie ein seichtes Streicheln über ihre Haut fuhr.

Langsam öffnete sie wieder ihre Augen und blickte nun in den funkelnden Sternenhimmel. Ohne dass sie etwas dagegen tun konnte wurde sie plötzlich von dem Gefühl der Traurigkeit erfasst. Sie musste daran denken, dass sie und Florian manchmal am Wochenende nachts einen nahegelegenen Park aufgesucht hatten. Stundenlang konnten sie dann einfach nur auf dem Boden liegend in den Himmel starren und darauf warten, dass sich eine Sternschnuppe vom Himmel löste und mit einem strahlenden Schweif der Erde entgegen raste.

Der Himmel war immer noch derselbe, aber Florian war nicht mehr bei ihr. Diese Erkenntnis traf Siry wie ein Schlag und ihr rannen die Tränen aus den Augenwinkeln. Ab sofort würde sie abends alleine in ihr Bett gehen und morgens auch alleine aufwachen. Es würde niemand da sein, mit dem sie gemütlich auf dem Sofa liegen konnte und auch ihre Mahlzeiten musste sie nun alleine zu sich nehmen. Wenn sie einmal krank wurde konnte sie nun nicht mehr Florian darum bitten, ihr einen Tee zu machen und bei ihren gelegentlichen Migräneanfällen gab es nun auch niemanden mehr, der ihr liebevoll den Nacken und die Stirn massierte. Alles in allem ziemlich trostlose Aussichten. Siry wurde gerade von einer Welle des Selbstmitleids erfasst, als sie plötzlich in die funkelnden Augen von Sternchen blickte. Ihre Katze hatte mittlerweile ihre Mahlzeit beendet und war vorsichtig auf Sirys Bauch gesprungen. Sternchen begann, sie vorsichtig in ihrem Gesicht anzustupsen. Siry musste gegen ihren Willen lachen. Wenn sie es genau betrachtete, war sie ja gar nicht ganz alleine. Sternchen konnte zwar keinen Tee zubereiten, und massieren konnte sie auch nicht, aber zumindest schlief sie bei ihr im Bett. Siry kraulte Sternchen am Kopf und sie verfiel sofort in ein wohliges Schnurren. Siry spürte wie sie ruhiger wurde und die Traurigkeit wieder aus ihrer Seele wich. Sie würde es auch ohne Florian schaffen ein glückliches Leben zu führen. Alle Männer dieser Welt konnten ihr den Buckel runterrutschen…

2.Kapitel

 

Siry stöhnte leise auf als ein schrilles Piepen sie aus dem Schlaf holte. Es dauerte einen Moment bis sie realisierte, wo sie sich befand und warum dieser verdammte Wecker klingelte.

Plötzlich fiel es ihr wieder ein. Heute war ihr erster Arbeitstag. Ihr Umzugsurlaub war zu Ende.

Es ist doch nicht zu fassen, wie schnell eine Woche vergehen konnte sinnierte Siry und schlug widerwillig ihre Bettdecke zurück. Sternchen hatte es sich darauf gemütlich gemacht. Erschrocken sprang sie aus dem Bett und bedachte Siry mit einem vorwurfsvollen Miauen. „Tut mir leid Prinzessin. Ich bin noch nicht ganz wach“ entschuldigte sich Siry und streichelte ihr flüchtig über den Kopf, bevor sie, immer noch schlaftrunken, in die Küche taumelte. Wie in Trance befüllte sie die Kaffeemaschine. Während das kräfteweckende Heißgetränk sich einen Weg durch den Filter bahnte, tapste Siry ins Badezimmer und nahm eine ausgiebige Dusche. Da sie oben im fünften Stock wohnte, dauerte es immer eine kleine Ewigkeit, bis das Wasser eine angenehme Temperatur hatte. Die ersten zwanzig Sekunden war es eher eiskalt und Siry war schlagartig wach.

Anschließend frottierte sie sich gründlich ab und föhnte ihre dunkelbraunen, glatten, langen Haare, bis sie halbwegs trocken waren. Zum Abschluss verteilte sie noch eine leichte Tagescreme im Gesicht und band ihre Haare am Hinterkopf zu einem Zopf zusammen. Zufrieden betrachtete sie ihr Werk und zwinkerte ihrem Spiegelbild zu. Jetzt wo die Müdigkeit aus ihren Gliedern gewichen war freute sich Siry auf ihren Arbeitsalltag im Zoo. Sie war Tierpflegerin aus Leidenschaft und seit sie für das Giraffengehege zuständig war, verging die Arbeitszeit wie im Flug. Siry liebte diese sanftmütigen Riesen mit den großen braunen Augen und den unsagbar langen Wimpern.

Fröhlich vor sich hin pfeifend ging Siry in die Küche und goss sich einen Kaffee ein. Während sie die Tasse genüsslich in kleinen Schlucken leerte, befüllte sie nebenbei noch Sternchens Näpfe mit Futter und frischem Trinkwasser und schmierte sich anschließend noch ein paar Butterbrote, die sie in eine Brotdose packte und zusammen mit einer Flasche Saft in ihrem Rucksack verstaute. „Sei schön brav Sternchen. Wenn ich heute Nachmittag wieder zuhause bin spielen wir ein bisschen mit deiner geliebten Aufziehmaus“, sagte Siry und kraulte ihre Katze ausgiebig hinter den Ohren, bevor sie die Wohnungstür hinter sich schloss und gut gelaunt die Treppenstufen der fünf Stockwerke hinunterlief. Das war übrigens das einzige Manko ihrer neuen Wohnung. Bei dem Mehrfamilienhaus handelte es sich um einen Altbau und es gab keinen Aufzug.

Draußen angekommen kramte sie den Schlüssel von ihrem Fahrradschloss aus der Hosentasche.

Siry besaß zwar einen Führerschein aber kein Auto. In einer Großstadt wie Frankfurt war ein Auto eher Luxus. Die meisten Strecken konnte sie mühelos mit der S- oder U-Bahn zurücklegen und zur Arbeit war sie schon seit dem Beginn ihrer Ausbildung immer mit dem Fahrrad gefahren. Sie genoss es, sich den Fahrtwind um die Nase wehen zu lassen und ihre Lungen mit Sauerstoff zu füllen. Das war ihr tausendmal lieber, als in einer vollgestopften S–Bahn zu sitzen und in die meist schlechtgelaunten Gesichter der Mitfahrenden zu schauen.

Dass sie jetzt nach ihrem Umzug sogar noch eine Viertelstunde länger brauchte als früher, bis sie den Zoo erreicht hatte, störte Siry überhaupt nicht. Beim Fahrradfahren bekam sie immer einen freien Kopf. Sie war die Strecke während ihres Urlaubs sogar extra ein paarmal abgefahren, damit sie ein Zeitgefühl dafür bekam, wie viel Fahrzeit sie nun einkalkulieren musste.

Beherzt schwang sich Siry auf ihr Rad und trat kraftvoll in die Pedale. Sie freute sich darauf, wieder bei ihren geliebten Giraffen sein zu können. Wenn alles gut ging würde es sogar in wenigen Tagen Nachwuchs im Giraffenhaus geben. Die Giraffendame Pünktchen war trächtig und die endlos lange Tragzeit von knapp 15 Monaten näherte sich dem Ende. Siry hatte ihre Kollegen extra darum gebeten sie sofort anzurufen wenn es bei Pünktchen während ihres Umzugsurlaubs losgehen sollte, aber der heißersehnte Anruf war ausgeblieben.

Nach ungefähr zwanzig Minuten tauchte vor Siry die graue, hohe Mauer auf, die das Zoogelände mitten in Frankfurt von dem restlichen Stadtgebiet abgrenzte. Von außen würde ein Fremder wohl kaum vermuten, dass sich dahinter ein 11 Hektar großes Areal befand, in dem über 4500 Tiere ihr Zuhause hatten. Siry war stolz darauf, dass sie damals nach der Schule einen der begehrten Ausbildungsplätze in dem Zoo erhalten hatte. Ursprünglich wollte sie ihr Abitur machen und anschließend Tiermedizin studieren, um sich dann mit einer Tierarztpraxis auf dem Land selbständig zu machen, aber leider hatten ihre Noten hierfür nicht ausgereicht. Nach einigen schlaflosen Nächten hatte Siry beschlossen, dass sie dann eben Tierpflegerin werden würde. Dafür genügte auch ein Realschulabschluss. Als sie dann tatsächlich die Zusage des Zoos bekam hätte Siry vor Glück die ganze Welt umarmen können.

Sie lenkte ihr Fahrrad auf den großen Mitarbeiterparkplatz und schob es dort in einen der zahlreich vorhandenen Fahrradständer. Siry pustete sich eine vorwitzige Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich von dem Fahrtwind gelöst hatte und sie nun beständig an der Nase kitzelte. Sie war gerade damit beschäftigt das Fahrradschloss anzubringen, als plötzlich neben ihr ein fröhliches „Guten Morgen“ ertönte. Siry sah kurz hoch und schaute direkt in die braunen Augen von Daniel.

„Ich wünsche dir auch einen schönen guten Morgen“, antwortete Siry und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. Daniel arbeitete ebenfalls im Zoo. Allerdings war er dort nicht als Tierpfleger beschäftigt, sondern als Kellner im Zoorestaurant. Manchmal brachte er Siry einen Kaffee oder ein Sandwich zum Giraffengehege. Das tat er allerdings nur, wenn im Restaurant nichts los war.

„Hast du deinen Umzug gut überstanden und dich schon ein bisschen eingelebt in deiner neuen Wohnung?“ Daniel fuhr sich durch seine leicht gewellten, braunen Haare und schaute Siry fragend an.

Siry zuckte die Schultern. „Wie man es nimmt. Der Umzug ist bis auf ein paar Kleinigkeiten erledigt aber wirklich eingelebt habe ich mich noch nicht.“ Siry stieß einen tiefen Seufzer aus. „Florian fehlt mir immer noch sehr. Manchmal hoffe ich, dass das Ganze nur ein böser Traum ist und ich irgendwann in seinen Armen wieder wach werde“, gab Siry unumwunden zu. Sie und Daniel kannten sich lange genug, dass sie so offen mit ihm reden konnte. Er hatte das ganze Trennungsdrama und Florians Outing fast hautnah mitbekommen, da Siry sich immer wieder bei ihm ausgeheult hatte, wenn sie während ihrer Arbeitszeit von ihren Gefühlen überrollt wurde. Meist hatte sich auch noch Tessa zu ihnen gesellt. Zu dritt hatten sie es sich dann auf den Heuballen gemütlich gemacht, die den Giraffen eigentlich als Nahrung dienten und darüber sinniert, ob es besser wäre Single zu bleiben und sich dadurch nicht mehr in die Gefahr zu begeben, von einem Partner enttäuscht zu werden.

Daniel war bereits vor einem halben Jahr von seiner Freundin wegen einem anderen Mann verlassen worden und trauerte ihr immer noch hinterher. Dass er nun in Siry eine Leidensgenossin gefunden hatte ließ ihn sein eigenes Schicksal in einem anderen Licht erscheinen. Irgendwie fühlte er sich nun etwas weniger einsam und verlassen. „Das wird schon noch“, versuchte Daniel sie etwas aufzumuntern. „Und ich möchte dir auch nochmal sagen wie leid es mir tut, dass ich dir nicht bei deinem Umzug helfen konnte, aber wenn ich dem siebzigsten Geburtstag meiner Oma sausen gelassen hätte, dann hätte ich es mir mit meiner Familie gründlich verscherzt.“

Siry nickte Daniel aufmunternd zu. „Dafür brauchst du dich doch nicht zu entschuldigen. Es waren ja genügend Helfer da. Übrigens lade ich dich trotzdem zu meiner Einweihungsparty ein. Falls du Angst haben solltest, dass nur die Leute kommen dürfen, die auch beim Umzug mitgeholfen haben.“

Sirys Mundwinkel umspielte ein spöttisches Grinsen und sie boxte Daniel freundschaftlich in die Seite.

Der zog gespielt theatralisch seine Augenbrauen nach oben. „Du hast mich durchschaut“ rief er und kicherte anschließend wie ein Teenager.

„Ich in eben ziemlich schlau“, gab Siry sich selbstbewusst. „So du, jetzt muss ich dir leider tschüss sagen, aber wenn ich mich jetzt nicht beeile, komme ich direkt an meinem ersten Arbeitstag nach meinem Urlaub zu spät.“ Siry knuffte Daniel nochmal freundschaftlich gegen den Arm bevor sie sich ihren Rucksack schnappte und zu der grauen Metalltür ging, auf der mit großen Buchstaben Personaleingang stand.

„Vielleicht komme ich dich in der Mittagspause besuchen“ rief Daniel ihr noch hinterher, während er ebenfalls sein Bike mit einer Kette sicherte. In Frankfurt ein nicht abgeschlossenes Fahrrad abzustellen war nicht sehr ratsam. Die Wahrscheinlichkeit, dass es, bis man zurückkehrte, gestohlen wurde und man dann zukünftig ohne seinen Drahtesel auskommen musste, lag bei knapp einhundert Prozent.

„Mach das“, rief Siry, ohne sich noch einmal umzudrehen. Stattdessen hob sie ihre Hand und formte mit ihren Fingern ein V für Victory.