Sternstunden im Alltag - Luitgardis Parasie - E-Book

Sternstunden im Alltag E-Book

Luitgardis Parasie

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Beschreibung

Das Bestseller-Ehepaar Luitgardis Parasie und Jost Wetter-Parasie schreiben in ihrem neuen Buch "Sternstunden im Alltag" über mutmachende Alltagserlebnisse und wie diese zu mehr Zuversicht und Widerstandskraft führen können. Aus ihrer Praxis als Arzt und Psychotherapeut sowie als Familientherapeutin und Pastorin wissen die beiden Autoren, wie wichtig es ist, dass Menschen Mut und Zuversicht entwickeln. Dabei hilft es, das Positive zu entdecken und wertzuschätzen. Sie sind überzeugt, dass jeder Mensch Sternstunden in seinem Alltag erlebt. Diese können genutzt werden, um mehr Resilienz aufzubauen. Die Autoren beschreiben solche Sternstunden, und stellen Parallelen zu biblischen Geschichten her. Ein praktischer Ratgeber, der motiviert, das Alltägliche zu feiern und daraus Mut und Resilienz zu gewinnen.

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Seitenzahl: 153

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Luitgardis Parasie

Jost Wetter-Parasie

Sternstundenim Alltag

Zuversicht wecken, Widerstandskraft stärken

12 Bausteine für mehr Resilienz

Luitgardis Parasie, geb. 1954, ist evangelische Pastorin, Familientherapeutin und Autorin.

Jost Wetter-Parasie, Dr. med., geb. 1953, studierte evangelische Theologie und Medizin und arbeitet als Arzt für Allgemeinmedizin und Psychotherapeut in eigener Praxis in Northeim. Sie haben einen erwachsenen Sohn und zwei erwachsene Töchter. Gemeinsam haben sie schon mehrere Bücher zu Ratgeberthemen geschrieben.

Die zitierten Bibelverse sind folgender Übersetzung entnommen:

Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

© 2024 Brunnen Verlag GmbH, Gießen

Lektorat: Stefan Loß

Umschlagfoto: Adobe Stock

Umschlaggestaltung: Jonathan Maul

ISBN-Buch: 978-3-7655-2168-3

ISBN-E-Book: 978-3-7655-7844-1

www.brunnen-verlag.de

Inhalt

Einleitung

1.

Sinn beflügelt

Früher war ich ein harter Hund

Wo ist der Sinn?

Sinn toppt Glück

Alles Zufall?

Vom Nullpunkt zum Pluspunkt

Sinn und Berufung

2.

Sternstunden haben Power

Seltsame Bauchschmerzen

Was waren deine Sternstunden?

Ergreife den Augenblick

Sternstunde verpasst?

Das Vergangene vergolden

3.

Vom Elefanten zur Mücke

Der Zuversicht Raum geben

Glückspilz oder Pechvogel?

Wohin man sieht, dahin fährt man

Gib deinem Fleck einen Zweck

4.

Krisen machen stark

Wie Beten die Widerstandskraft stärkt

Besser scheitern

Dem Zufall auf die Sprünge helfen

Markenzeichen: „Pleitier“

5.

Engelskreis statt Teufelskreis – Wie wir Resilienz bei Kindern fördern können

Resilienz vermehrt sich, je mehr wir sie benutzen

Hilf mir, es selbst zu tun

Kinder brauchen Geschichten

6.

Urlaub – Neustart für die Seele

Den Alltagstrott durchbrechen

Mit dem Fahrrad über die Alpen

7.

Schlafend zum Leistungshoch

Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf

Im Schlaf räumt das Gehirn auf

Was das Schlafen fördert

Biorhythmus und Leistungskurve

8.

Das Wunder des Gesundbleibens

Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum

Das Gehirn passt sich an

Woher haben Sie Ihre Lebensfreude?

9.

Nächstenliebe stärkt die Zuversicht

Das soziale Gen aktivieren

Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr

Vom Schandfleck zum Schmuckstück

Eine friedliche Lösung

10.

Sport gibt Support

Als Letzte auf den zweiten Platz

11.

Resilienz im Auge des Sturms

Das Leben ist schön, wenn du es schön werden lässt

12.

Zuversicht am Lebensende

Klingendes Stufenwerk in den Himmel

Demenz ist kein Stoppschild

„Ich sterbe nicht am Krebs“

Schluss – Zwölf Bausteine für mehr Resilienz

Quellen

Einleitung

Tobias war zu Besuch. Er ist der Mann unserer Nichte Juliane, die beiden haben vier Töchter. Wir kamen über unser Buchprojekt ins Gespräch. „Sternstunden, da klingelt’s sofort bei mir“, sagte er. „Dazu haben wir ein Ritual in der Familie. Wir schneiden Sterne aus, und dann setzen wir uns zusammen und jede schreibt ihre Sternstunden auf. Danach lesen wir sie uns vor. Ihr solltet mal sehen, wie die Gesichter strahlen. Das macht richtig glücklich.“ – „Was schreibt ihr denn so auf?“, wollte ich wissen. „Z. B. Zelten mit einer befreundeten Familie an einem Wochenende. Wandern in den Alpen und übernachten in einer Hütte, wir alle zusammen. Ein Winterpicknick im Wald. Der erste Kindergartentag von unserer Tochter Frieda. Eine Nacht in der Backstube helfen, bei einem befreundeten Bäcker. – Jedes Jahr an Silvester lesen wir noch mal alle Sternstunden vor. Wir werden dann so dankbar. Und es gibt uns ganz viel Zuversicht für das neue Jahr.“ Was für ein tolles Projekt.

Ihre Generation habe keine Idee von Zukunft, meint die Schriftstellerin Ronja von Rönne, geboren 1992. Die Kriege, die Klimakrise, all das habe ihnen komplett die Zuversicht genommen. Es scheine, als laufe die Welt auf einen Abgrund zu. Zuversicht zu haben, das wäre für sie ein Traum, sagte sie in der Zeitschrift Chrismon.1 Sie glaubt nicht, dass dieser Traum erfüllt wird. Aber sie will sich trotzdem entsprechend verhalten.

Ein starker Vorsatz: Ich bin zwar skeptisch, aber ich handle einfach mal so, dass Zuversicht entstehen kann.

Wie funktioniert das? Wie kann Zuversicht geweckt werden? Darum geht es in diesem Buch. Es zu schreiben, war uns ein Herzensanliegen. Denn wir finden, es gibt gute Gründe, zuversichtlich zu sein. Und gutes Handwerkszeug, um es zu werden. Davon erzählen wir.

Und von kleinen und großen Sternstunden. Wir finden, sie sind wunderbar geeignet, Zuversicht zu befördern. Es gibt ja nicht nur die großen „Sternstunden der Menschheit“2. Sondern auch kleine Sternstunden im Alltag, wie bei Tobias und Juliane. Wir können lernen, den Blick dafür zu schärfen. Sie zu entdecken und zu feiern, das lässt Augen leuchten und gibt Zukunftsmut. Denn wenn etwas in der Vergangenheit gut gelungen ist, warum sollte Ähnliches nicht auch künftig klappen? Die Tools, die wir einmal erfolgreich angewendet haben, die können wir doch auch in Zukunft nutzen.

Und das wiederum stärkt unsere Resilienz. Ein Modewort für die einen, anderen ganz unbekannt. Was ist damit gemeint? Resilienz wird häufig mit Widerstandskraft erklärt, aber es ist mehr. Eher wie das Verhalten von gesunden Bäumen: Sie sind fest verwurzelt in der Erde. Aber sie sind auch flexibel. Im Wind biegen sie sich und zerbrechen nicht so leicht. Sie haben einen festen Standpunkt und reagieren zugleich gut angepasst auf die jeweilige Situation.

Also: Sternstunden zu entdecken, fördert unsere Zuversicht, und wer zuversichtlich ist, wird resilienter. Wir haben in unseren Berufen als Pastorin und als Arzt viele Menschen kennengelernt, die resilient sind oder es geworden sind. Und so erzählen wir von Torsten, der kurz vor einer Herztransplantation stand und sehr verzweifelt war – und dann geschah ein Wunder. Von Angelika und Paul, die ihren Traum verwirklichten und unerwartet noch ein großes Geschenk dazubekamen. Von Ellen, deren Krebs breit gestreut hatte und die selbstbewusst sagte: „Ich sterbe nicht am Krebs!“ Danke an alle, die uns erlaubt haben, ihre Geschichte hier zu teilen. Wir erzählen auch von uns selbst, von eigenen Krisen und Sternstunden.

Der Glaube an Gott kann Zuversicht und Resilienz fördern. Viele biblische Geschichten beschreiben das. Wir haben einige davon für dieses Buch ausgewählt. Es geht schon bei Abraham los. Er hatte Phasen, da ging es ihm schlecht. Da verrannte er sich. Zweifelte. Eines Nachts ließ Gott ihn die Sterne beobachten und sprach ihm Mut zu. Abraham wurde ganz warm ums Herz, seine Zuversicht wurde gestärkt – die erste Sternstunde der Bibel.

Resilienz kann von Kindheit an aufgebaut werden. Wie das gelingt, das schreibt unsere Gastautorin Mareike Fell. Ich habe sie – wo sonst – auf einem Resilienz-Kongress kennengelernt und mag ihre direkte Art.

Für die kritische Durchsicht des Manuskripts und hilfreiche Hinweise danken wir sehr herzlich:

Dr. Martin Grabe, Psychiater und Psychotherapeut, ärztlicher Direktor der Klinik Hohe Mark in Oberursel,

Dr. Susanne Barth, Pastorin in Northeim,

unserer Tochter Nora Parasie, Lehrerin in Hamburg.

Außerdem danken wir herzlich unserem Lektor Stefan Loß. Lieber Stefan, die Gespräche mit dir sind immer lustig, kritisch, inspirierend. Für den Themenkreis Sternstunden – Zuversicht – Resilienz hast du dich sofort begeistert, und das mit dir zu entwickeln, hat Spaß gemacht. Du hast selbst erlebt, dass einem Zuversicht oft nicht einfach in den Schoß fällt. Du bist eben auch ein Kämpfer.

Das Buch ist ein Gemeinschaftswerk. Wir beide berichten aus unserer Praxis als Pastorin und Familientherapeutin sowie als Arzt und Psychotherapeut. Der besseren Übersichtlichkeit halber haben wir die Beiträge jeweils mit einem Kürzel markiert:

LP – Luitgardis Parasie

JWP – Jost Wetter-Parasie

Und nun lesen Sie selbst: 12 Kapitel Zuversicht, 12 Bausteine für mehr Resilienz – und 12 x 12 Sternstunden im Alltag. Gehen Sie mit uns auf Entdeckungsreise.

1. Sinn beflügelt

Früher war ich ein harter Hund

Der 57-Jährige saß vor mir (LP) und war verzweifelt. „Mein Herz und meine Lunge funktionieren nicht mehr. Die Ärzte reden von einer Herz-Lungen-Transplantation. Ich bin völlig fertig und dachte, ich muss unbedingt mit jemandem reden.“

Zwei Familienangehörige von Torsten sind an Herzkrankheiten gestorben, einer mit 35, ein anderer mit 40. „Beide waren Sportler, hatten nie was gehabt. Und meine Mutter starb mit 65.“ Torsten war also vorgewarnt. Die Ärzte sagten, er müsse auf sich achten. Mit 43 bauten sie ihm einen Defibrillator ein. Lange merkte er nichts – „Ich dachte schon, das Ding ist kaputt“ –, aber mit 55 wurde ihm im Büro auf einmal schwarz vor Augen, er kippte um, der Defi ging an. Einige Zeit später passierte es morgens um 6, ein lauter Knall, „und es hörte nicht auf, vier Mal hat der Defi ausgelöst. Bis der Notarzt kam und mich ins Krankenhaus brachte.“ Doch trotz Behandlungen und Medikamenten wurde Torstens Herzleistung zunehmend schlechter, er wurde von einem Arzt zum anderen und von einer Klinik in die andere geschickt. Schließlich wurde ihm ein brandneues Gerät eingebaut, eine Art Defi, kombiniert mit einer Unterstützung für das schwache Herz, und seitdem ging es ihm körperlich besser. „Aber nicht im Kopf“, sagte er, „die Angst ist immer da, und alle sagen ja ständig: ‚Pass auf, lass dieses, mach jenes nicht, streng dich bloß nicht zu sehr an, das ist gefährlich.‘ Das macht mich verrückt.“ Und deshalb kam er zu mir.

Zwei Jahre später treffe ich Torsten wieder. Er wirkt dynamisch, strahlt Energie aus. „Was ist denn mit Ihnen passiert?“, frage ich. „Unser Gespräch hat einen Schalter in meinem Kopf umgelegt“, sagt er. „Sie haben mich gefragt, wie ich zu Gott stehe. Ich bin ein ziemlich gläubiger Mensch. Kein praktizierender – ich gehe nicht in die Kirche. Aber ich rede mit Gott. Und das habe ich dann neu aktiviert. Ich habe Zwiegespräche mit Gott geführt über den Sinn dessen, was mit mir passiert. Geholfen hat mir auch das Lied von Felix Mendelssohn-Bartholdy, das Sie mir empfohlen hatten zu hören: ‚Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir, dass sie dich behüten.‘ Es tut meiner Seele gut. Und dann hatten Sie mir von dem Film ‚Die Hütte‘ erzählt. Über einen tieftraurigen Mann, der sein Kind verloren hat und der mit Gott hadert. Ich hab den Film angeguckt. Mit diesem Mann, der verzweifelt nach dem ‚Warum‘ fragt, konnte ich mich total identifizieren. Wie das in dem Film aufgerollt wird, im Gespräch mit Gott, mit Jesus, das hat mich bewegt. Und es hat in mir die Hoffnung bestärkt: Was auf mich nach dem Tod wartet, ist sehr schön.

Und eines Tages ist mir Gott begegnet. Ich saß in Hannover auf einer Bank, plötzlich setzt sich ein Mann neben mich, spricht mich mit meinem Namen an und sagt: ‚Ich hoffe, dir geht’s gut. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.‘ Dann stand er auf und ging. Ich war einfach überwältigt. Da sagt mir einer im Namen Gottes: ‚Für dich ist die Zeit noch nicht da.‘ Das Gleiche habe ich in der Türkei noch mal erlebt. Ist das nicht irre? Ich bin Gott so wichtig, dass er mir eine persönliche Botschaft schickt. Jedenfalls, seitdem hat sich mein Zustand extrem gebessert.“

Torsten wurde aktiv. Er fährt viel Fahrrad, geht regelmäßig zur Herzsportgruppe – und wollte jetzt auch etwas für andere Menschen tun. Als einziger Mann arbeitet er im Krankenhaus bei den „Grünen Damen und Herren“ mit. Besucht Kranke auf den Stationen, fragt, was er für sie tun kann. „Das weitet sich immer mehr aus, inzwischen besuche ich auch alte Damen im Altersheim. Rede mit ihnen, spiele mit ihnen Karten. Eigentlich mach ich da ja nichts Besonderes, aber die sind so dankbar. Ich bekomme ganz viel zurück, Herzenswärme. Erlebe mich als so selbstwirksam. Meine Freunde fragen dauernd: ‚Machst du das umsonst?‘ Wissen Sie, die kennen mich ganz anders. Ich hatte eine leitende Position in der Wirtschaft, war ein Businessman, echt ein harter Hund. Aber jetzt kann ich auf einmal meine weiche Seite zulassen und zeigen. Manchmal weine ich, ich bete auch oft. Ich habe so einen inneren Frieden.

Neulich hab ich ein Ehepaar im Krankenhaus besucht, die Frau lag im Sterben und es war tief ergreifend, wie der Mann sich um sie kümmerte. Er sagte zu mir ganz traurig: ‚Wir waren immer aktiv in der katholischen Kirche, aber jetzt kommt keiner von denen.‘ Da hab ich von zu Hause aus direkt bei der Kirche angerufen. Als ich eine Woche später wieder da war, strahlte der Mann und sagte: ‚Die waren alle da von der Kirche!‘ Ich hab ihnen dann noch ein spirituelles Gedicht aus Persien vorgelesen. Das Gesicht des Mannes hat so geleuchtet. Und ich hatte ganz stark das Gefühl: Was ich da tue, ist so sinnvoll.“

„Super“, sage ich, „aber Sie brauchen gar nicht immer den Pastor zu rufen, Sie können auch mal selber mit den Leuten das Vaterunser beten.“ Er guckt mich erstaunt an und fragt: „Darf ich das denn?“ – „Wieso denn nicht?“, sage ich, „das Gebet hat uns doch Jesus beigebracht, das darf jeder beten.“ – „Das ist ein ganz neuer Gedanke für mich, aber vielleicht probier ich das tatsächlich mal aus“, meint er. Wie ich ihn kennengelernt habe, wird er das tatsächlich machen.

Torsten hat auch noch ein weiteres Projekt in der Pipeline: „Ich bin ja im Verein ‚Senioren heute‘, und viele von denen haben keine Ahnung von Handy und Computer. Vielleicht biete ich da mal einen Kurs an.“

Wo ist der Sinn?

Ich bin völlig geflasht von Torstens Geschichte. Und davon, was unser erstes Gespräch angestoßen hat. Nie hätte ich gedacht, dass es so einschlägt. Und so eine nachhaltige Wirkung hat. Eine Sternstunde meiner Beratungen – aber ich hatte es zu dem Zeitpunkt gar nicht gemerkt. Wie schön, dass ich nun die Fortsetzung erfahren habe. Das zeigt mir: Meine Arbeit ergibt Sinn.

Es muss ja gar nicht immer das einstündige Beratungsgespräch sein. Selbst kurze Begegnungen können sinnstiftend gestaltet werden. Eine kleine Ermutigung, ein Kompliment, ein verständnisvoller Satz – und es verändert sich etwas, zaubert ein Leuchten in die Augen. Beim Partner oder der Partnerin, bei der Kassiererin im Supermarkt, dem Kollegen oder der Reinigungskraft in der Firma. Und das fällt positiv auf uns zurück und lässt uns spüren: Ich bin wichtig für andere.

Was aber Torsten betrifft: Er hat keine Antwort darauf gefunden, warum er so krank geworden ist. Aber er hat einen Sinn gefunden. Zum einen im erneuerten Glauben an Gott. In der Gewissheit: Gott sieht mich, ich bin ihm so wichtig, dass er persönlich Kontakt zu mir aufnimmt. Und in der Zuversicht: Was nach dem Tod auf mich wartet, wird sehr schön sein.

Zum anderen darin, dass er etwas für andere tut. Wenn er über seine Arbeit bei den „Grünen Damen und Herren“ spricht, strahlt er. Er erlebt sich als hoch selbstwirksam, hat immer neue Ideen, und er bekommt ganz viel zurück. Das macht ihn glücklich – und gesünder.

Lange Zeit war Sinn kein Thema in der Psychotherapie. Vor 40 Jahren machte ich (JWP) die Ausbildung zum Psychotherapeuten. Damals lernten wir, dass wir nicht zuständig seien für den Sinn des Lebens. Das sei eher bei der Religion angesiedelt. Mittlerweile hat sich das komplett verändert. Der Sinn ist wieder da. 2022 fand ein großer psychologischer Kongress unter dem Titel „Sinn beflügelt – The power of meaning“ in Graz statt.

Sinn und Zuversicht hängen eng zusammen. Albert Einstein meinte: Menschen, die ihr eigenes Leben als sinnlos empfinden, sind unglücklich, ja sogar kaum lebensfähig. Umgekehrt kann man sagen: Wer einen Sinn gefunden hat, der entwickelt auch eher Zuversicht und Resilienz.

In Krisen fragen Menschen häufig: Wofür lebe ich eigentlich? Wer interessiert sich für mich? Ich höre das oft in der Psychotherapie.

Der Dichter und Seemann Gorch Fock, nach dem das frühere Schulschiff der Bundesmarine benannt ist, war überzeugt: Das Meer sei in Gottes Hand nur eine Pfütze. Wenn sein Schiff darin versinken würde, dann wäre er bei Gott geborgen. Sinn und Zuversicht fand er in diesem Glauben.

Da sagt mir ein älterer Patient nach dem plötzlichen Tod seiner Frau: „Ich weiß, dass Gott für jeden Menschen den Zeitpunkt bestimmt, an dem er diese Welt verlassen muss. Andererseits frage ich mich immer wieder: ‚Warum musste meine Frau gerade jetzt gehen?‘“ Es fällt ihm schwer, den Schicksalsschlag zu verstehen, und zugleich fühlt er sich in Gottes Plan geborgen.

Sinn ist mehr als Glück. Er stellt mein Leben unter einen weiten Horizont. Sinn ist Glück mit Aussicht.

Sinn toppt Glück

„Endlich wieder Wohlbefinden und Sinnerleben für mich, meine Familie und meinen Beruf – wieder Lust aufs Leben!“, so wirbt ein Psychotherapeut für sein Wochenendseminar.

Vor zehn Jahren war Glück noch ein vorherrschendes Thema in Psychotherapie und Beratungsbüchern. Heute geht es zunehmend um den Sinn. Sinn schlägt Glück.

Einer der Vorreiter dafür war Viktor Frankl. Der Wiener Psychiater ist der Begründer der Logotherapie. Das bedeutet: Therapie durch Sinnsuche. Wegen seiner jüdischen Herkunft war er drei Jahre im Konzentrationslager inhaftiert gewesen (1942–1945). Und trotzdem – oder gerade deshalb – war er überzeugt: Selbst in ausweglosen Situationen können Menschen ihrer Lage einen Sinn abgewinnen. Frankls meist verkauftes Buch hat den Titel: „Trotzdem Ja zum Leben“3. Es hat eine Gesamtauflage von über 9 Millionen und wurde in 20 Sprachen übersetzt.

Frankl begibt sich mit seinen Klienten auf die Suche: Was ist der Sinn in meiner jetzigen Situation? Wer das herausfindet, kann sich orientieren. Und dann auch zuversichtlich werden, meint Frankl.

Die Innsbrucker Professorin Tatjana Schnell nahm kürzlich diesen Faden wieder auf. Sie hat ein Buch geschrieben mit dem Titel: „Psychologie des Lebenssinns“. Fragen wie: „Woher komme ich?“, „Wozu bin ich hier?“, „Wohin gehe ich?“ seien für viele Menschen zentral, meint sie.4

Sie fand 26 verschiedene Wege zum Sinn. Ganz oben bei den Top Ten: etwas von bleibendem Wert tun. An zweiter Stelle: etwas für andere Menschen tun. Und an dritter Stelle: Religiosität. Der Glaube an Gott spielt dabei eine wichtige Rolle.

Tatjana Schnell hat diese Erkenntnis ganz praktisch umgesetzt. Sie entwarf mit einem Kollegen Karten: 26 Vorschläge, um Sinn zu finden. Der Klient soll sich die fünf Karten heraussuchen, die für ihn oder sie am passendsten scheinen. Nr. 1 lautet zum Beispiel: „In meinem Leben sind Religion und Glaube ein wichtiger Bestandteil.“ Nr. 21: „In meinem Leben spielen Humor und Vergnügen eine große Rolle. Fröhlichkeit und Heiterkeit machen mein Leben lebenswert.“ Nr. 24: „Es bedeutet mir sehr viel, für andere da zu sein und mich um sie zu kümmern. Ich helfe, wenn man mich braucht.“ Diese Impulse sind ein guter Einstieg, um über Sinn ins Gespräch zu kommen.

Sinnerfüllte Menschen sind hoffnungsvoll und optimistisch, meint Tatjana Schnell. Sterben und Tod können sie besser akzeptieren. Sie ordnen das, was sie erleben, in einen größeren Zusammenhang ein. Auch Ereignisse, die andere einfach als Zufall ansehen.

Die genannten Beispiele zeigen: Es ist wertvoll, über den Sinn des eigenen Lebens nachzudenken, und es hilft dabei, Resilienz zu entwickeln.

Alles Zufall?