1,49 €
Sie thematisiert Sterbebegleitung bei begleitendem Suizid und die Haltung der Kirche. Ein junger Pfarrer erinnert sich an seine erste Sterbebegleitung. Der Sterbende, ein alter, eigenwilliger Mann, rüttelt die inneren Überzeugungen und auch Gelerntes für den Geistlichen ordentlich durch. Dabei kommt er mit seinem Priesteramt in Konflikt. Durch neue Erfahrungen wird er dafür entschädigt.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 22
Veröffentlichungsjahr: 2024
Texte: © Copyright by Andreas Sperling-Pieler
Verlag:
Andreas Sperling-Pieler
Meierhofstr. 37
79664 Wehr
Vertrieb: epubli – ein Service der Neopubli GmbH, Berlin
Suizid
Andreas Sperling-Pieler
"In der Bibel ist Selbsttötung nirgends ausdrücklich als sündhaft beurteilt. Nachdem die alte Kirche, deren Verständnis zufolge Jesus den Tod aus freiem Willen angenommen hat, durch ihren Märtyrerkult zum Selbstmord geradezu angestiftet hatte, begann mit Augustinus die Kriminalisierung der Selbsttötung als einer “abscheulichen und verdammenswerten Schlechtigkeit”, durch die Gottes Gebot “Du sollst nicht töten” böswillig verletzt würde. "1
Zur Erzählung
Sie thematisiert Sterbebegleitung bei begleitendem Suizid und die Haltung der Kirche.
Ein junger Pfarrer erinnert sich an seine erste Sterbebegleitung. Der Sterbende, ein alter, eigenwilliger Mann, rüttelt innere Überzeugungen und Gelerntes für den Geistlichen ordentlich durch. Aber er wird durch neue Erfahrungen dafür entschädigt.
Er sitzt vor der kleinen Hütte. Die Luft wird langsam wärmer – auch hier oben in den Alpen. Der Winter war lang, aber mit wenig Schnee und der kam erst sehr spät. Unten im Tal sieht er die ersten blühenden Bäume und Wiesenblumen.
Eigentlich ist nichts Besonderes daran, dass er hier sitzt und auch nicht an seinem Spaziergang heute. Er besucht regelmäßig jede Woche einen der umliegenden Berghöfe, beziehungsweise eine der Almen - wenn das Wetter es zulässt.
Aber vor den Erinnerungen, die die Hütte mit sich bringt, fürchtet er sich etwas. Und deshalb sind für ihn die Farbtupfer in der Landschaft eine willkommene Ablenkung. Sie geben ihm ein wenig Leichtigkeit, die er jetzt nötig hat.
Denn hier starb Ruedi.
Es ist einige Jahre her. Er kannte ihn seit Kindertagen, erst als Feriengast, dann als väterlichen Freund.
Damals war er noch Vikar und der Gemeindepfarrer beauftragte ihn mit seiner ersten Sterbebegleitung.
„Aber er braucht mehr einen Freund als einen Priester!“, fügte sein Vorgesetzter noch hinzu – und er solle sich viel Zeit nehmen.
Jetzt ist er selbst Pfarrer der Gemeinde.
Vor einer Stunde machte er sich zu seinem wöchentlichen pastoralen Spaziergang auf. Seine Schwester, die Verwalterin der Hütte, bat ihn noch um einen Gefallen. Sie reichte ihm die Schlüssel der Hütte und eine Tüte mit Bettwäsche. „Du kommst doch an der Hütte vorbei - am Wochenende kommt Joop! Kannst Du auch noch lüften?“
Das ist der eigentliche Auslöser dafür, dass er jetzt hier sitzt.
Er rafft sich auf und öffnet die Eingangstür.
Einen Moment steht er einfach nur da.
Er kann mit dem Gefühl in seinem Bauch nicht recht etwas anfangen. Seit Ruedis Tod war er nicht mehr hier oben gewesen – warum weiß er selbst nicht.