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Der zweite Teil der geplanten Reihe: "Die Prophezeiungen des Mondes" (Qamar hat die Bedeutung "Mond"). Qamar, die treue Angestellte im Palast des Emirs von Bhakem macht über die Kinder ihrer Arbeitgeber Prophezeiungen, die ihnen glückliche, wenn auch ungewöhnliche Ehen vorhersagen, die nicht ohne Hindernisse zustande kommen. Zaki, Bruder von Karim, dem Kronprinzen des Emirats Bhakem lernt auf der Hochzeit Diana kennen, Schwester des einen Kollegen der Braut. Trotz einiger Missverständnisse, die teils schon beleidigend führ ihn sind, merkt er, dass die junge abweisende Frau ihn fasziniert. Enttäuscht und frustriert kehrt er nach England zurück, wo er studiert Als sie völlig durcheinander vor seiner Tür steht, nimmt er sie auf und deckt mit ihr eine Verschwörung auf, die schlimmer nicht hätte sein können. Kann er ihr helfen und gelingt es ihm, das Herz der jungen Tischlerin zu erobern?
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Veröffentlichungsjahr: 2021
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Prolog
Zaki stand neben seinen Geschwistern Maher und Wafaa. Gerade war die Trauung seines ältesten Bruders Karim mit Georgina-Ru'yah zu Ende gegangen. Sein Blick fiel auf eine hochgewachsene dunkelhaarige Schönheit mit weiblichen Kurven in einem Kleid, das Zaki deutlich als einen der eigenwilligen Entwürfe von Gabriel Bolton erkannte - dem einen der zwei Designer, die Kollegen und Freunde seiner neuen Schwägerin Ru'yah Georgina waren. Sie unterhielt sich mit Elisa und Emily Grey, der ehemaligen Haushälterin von Georginas Großtante und deren Tochter.
Gabriel Bolton trat zu ihm. "Wie ich sehe, starrst du meine Schwester Diana an." Zaki drehte sich zu seinem einen Londoner Nachbarn um. "Das ist die Frau, die das was du Verrücktes mit Stoffen machst mit Holz in Szene setzt? Die Tischlerin, die diese unglaublich originellen Wiegen mit Schaukelstühlen für meine Nichte und meine Neffen gebaut hat?" Gabriel lache leise. "Ganz genau die: Meine kleine verrückte Schwester mit ihren verrückten Wiegen und Ideen." "Ob du mich ihr vielleicht vorstellen könntest?" Gabriel lächelte ein wenig verlegen. "Klar, aber du solltest wissen, dass... Sie auf ihre Weise so ist wie Glen und ich. Ihre Freundin Clarissa ist nur gerade bei ihren Eltern... und daher nicht hier." Zaki blickte Gabriel erstaunt an, dann meinte er: "Ich wüsste nicht, warum ich nicht die Bekanntschaft deiner Schwester machen sollte." Gabriel wirkte erleichtert.
Die zwei Männer gingen zu den drei Frauen. Karim und Georgina schlossen sich ihnen an. "Elisa, darf ich dir meinen Schwager Zaki vorstellen? Er lebt für die Dauer seines Studiums in der Haushälfte, die du bewohnt hast." stellte Georgina Zaki der ehemaligen Haushälterin ihrer Tante vor. Gabriel lächelte und stellte dann Emily und Diana dem neuen Londoner Nachbarn vor.
"Miss Bolton..." mit einer angedeuteten Verbeugung lächelte Zaki die ihn kühl musternde Diana an. "Hoheit." entgegnete sie nur, bevor sie sich wieder Emily und Elisa zuwandte. "Ich wollte Sie zu Ihren gelungenen Kunstwerken beglückwünschen. Meine Schwester Shams ist ganz begeistert von der Wiege für ihr Kind und die Zwillingswiege für meine jüngste Nichte und meinen jüngsten Neffen hat alle begeistert." Diana blickte ihn überrascht an. "Danke, freut mich das zu hören." Zaki lächelte. "Störe ich, oder dürfte ich Sie kurz entführen, da ich einen Auftrag für sie hätte. Ich brauche einen Schreibtisch und ich möchte etwas Außergewöhnliches, das in mein Büro passt - und zu mir."
Diana Bolton zögerte kurz, dann nickte sie. "Gern. Lassen Sie mich mal schauen, was in Ihr Büro passen würde." Zaki reichte ihr galant den Arm und führte sie in den Verwaltungsflügel des Palastes. "Soweit ich weiß, leben Sie ja in London. Da kann ich dann mit den nötigen Entwürfen schnell mal vorbei schauen." "Sehr gern. Ich bin gespannt - wobei ich mich auch gern positiv überraschen lasse und Ihnen völlig vertraue, Miss Bolton."
Er öffnete die Tür seines Büros und ließ Diana Bolton eintreten. Die junge Frau sah sich interessiert um. Zaki sah, dass sie beeindruckend analytisch vorzugehen schien. Die großen, orientalisch geschwungenen Fenster auf der einen Seite und den schlichten Schreibtisch mit dem Computer darauf und den großen ledernen Sessel musterte sie eingehend.
"Wollen Sie den Computer direkt vor sich haben oder darf ich mir was anderes überlegen?" fragte Diana Zaki. Er lächelte. "Wie gesagt, ich lasse Ihnen freie Hand, Miss Bolton. Ich würde allerdings den Computer gern aus der Schreibtischmitte herausrücken, also so, dass er nicht ins Auge fällt, wenn jemand hereinkommt." Diana nickte nachdenklich. "Ich glaube, ich habe schon einige Ideen. Wollen Sie den Schreibtischstuhl behalten... oder darf ich da auch planen?" meinte sie und lächelte Zaki zu. "Ich hänge nicht an dem Stuhl. Planen Sie, ich möchte, dass es nachher zusammenpasst. Kennen Sie übrigens das Haus in London?" fragte der. "Ja, zumindest die Seite von Gabriel und Glen." "Verstehe, denn da hätte ich auch Handlungsbedarf." Sie zog überrascht eine Augenbraue hoch. "Ich denke, ich schaue mir das bei Gelegenheit an." antwortete sie. "Sehr schön, wollen wir wieder zurück zur Feier?" Die junge Frau nickte.
Gabriel beobachtete mit ein wenig Verwunderung, wie ungezwungen seine Schwester mit dem Prinzen sprach. Er wusste, dass sie sonst sehr viel distanzierter war, wenn sie merkte, dass ein Mann an ihr interessiert war - und der junge Mann war definitiv interessiert!
"Darf ich Ihnen etwas zu trinken holen, Diana?" erkundigte Zaki sich mit freundlichem Lächeln. Sie nickte, antwortete ihm leise und er entfernte sich.
Gabriel trat zu ihr. "Zaki ist ganz in Ordnung, nicht wahr?" "Ja, er ist sehr nett und möchte Büromöbel haben." antwortete Diana ihrem Bruder. "Ah ja... Sag mal... bist du mit Clarissa eigentlich glücklich? Ich habe manchmal den Eindruck als würde sie dich einengen und dir nicht wirklich gut tun, Kleines." Diana zuckte leicht zusammen, lächelte dann jedoch und fragte: "Wie kommst du auf den Unsinn?" Gabriel sah sie eindringlich an. "Diana, du bist meine kleine Schwester! Aber egal, ich wollte dir eigentlich nur sagen, dass du - falls was sein sollte - immer bei Glen und mir ein Zuhause hast. Und wir können uns immer anders entscheiden, Diana." In diesem Moment kam Zaki wieder und reichte ihr ein Glas Saft. "Alles in Ordnung Gabe?" erkundigte er sich etwas irritiert, da er die Spannung zu bemerken schien, die in der Luft lag. Gabriel grinste. "Klar, alles bestens. Ich lasse euch beiden dann mal über Büroeinrichtungen quatschen." meinte er und ging zu Glen zurück.
"Habe ich irgendwas verpasst?" fragte Zaki Diana. "Nein, Gabriel spielt sich nur gern als großer Bruder auf." entgegnete sie. Zaki spürte, dass die junge Frau auf Distanz ging. "Was studieren Sie eigentlich, Hoheit?" lenkte sie das Gespräch auf ihn zurück. "BWL. Es ist mein zweites Studium - mein Jura-Studium habe ich bereits abgeschlossen." antwortete er lächelnd. "Was macht man mit Jura und BWL? Hatten Sie nie das Gefühl etwas mit Ihren Händen machen zu wollen?" Diana Bolton wirkte verblüfft. Der Prinz lachte leise. "Ich werde - wie es in unserer Familie üblich ist - meinem großen Bruder Karim als Minister zur Seite stehen. Eigentlich hatte ich vor Justizminister zu werden, darum habe ich mich während meines ersten Studiums nicht nur mit europäischem und amerikanischen Rechtsfragen und -systemen beschäftigt, sondern auch mit der Scharia, aber dann mussten meine Prioritäten sich ändern. Mit dem Wirtschaftsstudium kann ich meinem Bruder, wenn er der Herrscher unseres Landes sein wird, meinem Land und meiner Familie auch als Wirtschaftsminister dienen."
"Das heißt, Sie hatten nie die Wahl sich für... für ein Handwerk zu entscheiden? Sie haben niemals wirklich tun dürfen, was Sie wirklich wollten?" Sie wirkte erstaunt. "Diana, ich hätte jede Möglichkeit gehabt. Für mich hat sich jedoch nie die Frage gestellt sich meiner Verpflichtung zu entziehen. Und wenn ich ehrlich bin... ich habe schon ein handwerkliches Hobby in dem ich mich auch... weitergebildet und neben meinem Studium als Ausgleich so etwas wie eine Ausbildung gemacht habe. "Ehrlich? Was ist es?" fragte sie interessiert. "Rate doch einfach..." forderte er sie heraus. Diana griff forschend nach seiner Hand. "Na, es kann nicht sehr anstrengend sein, du hast keine Hornhaut..." Ein Hauch von Spott lag in ihrer Stimme. "Ich... habe lange nichts mehr gemacht, oder besser ich mache nie viel - und ich mache es nur wie eine Art Hobby, wenn ich etwas mache..." "Na gut, irgendwas landestypisches vermutlich - ist Kamelhirte..." "Diana, Sie beleidigen mich und sich dazu." unterbrach er sie, scheinbar ruhig, aber sehr ernst. "Und nein, es ist nicht landestypisch. Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Wenn Sie mir meine neuen Büromöbel liefern, schenke ich Ihnen etwas, das ich angefertigt habe - neben der Bezahlung, die ich Ihnen schuldig bin." Er sah sie abschätzend an, dann schüttelte er denn Kopf und meinte: "Sie entschuldigen mich jetzt sicher." Damit drehte er sich um und ließ Diana Bolton stehen.
Kapitel 1
Verblüfft blickte Diana Bolton Zaki nach. Normalerweise waren Männer ihr gegenüber eher aufdringlich und ließen sich nicht so schnell abwimmeln. Sie zuckte mit den Schultern, musste aber zugeben, dass sie das Verhalten Zakis irgendwie verletzte. Sie wusste, dass ihr Bruder und sein Lebensgefährte ihn als Nachbarn und Freund schätzen gelernt hatten mit dem man diskutieren, lachen und streiten konnte. Eigentlich hatte sie den dritten Sohn des Emirs lediglich ein wenig veralbern wollen, als sie laut an "Kamelhirte" gedacht hatte - doch Zaki nahm diesen Kommentar offenbar sehr ernst. Diana zuckte innerlich mit den Schultern. Eigentlich hätte sie sich mit Zaki gern noch unterhalten um ihn besser einschätzen zu können. Schließlich sollte sie Möbel für ihn herstellen. Wahrscheinlich würde sie ihren Bruder und Glen zu Zakis Vorlieben und seinem Charakter befragen müssen, bevor sie Entwürfe für die gewünschte Büroeinrichtung machte.
"Seltsam, normalerweise ist mein Bruder Zaki gegenüber einer Dame höflicher." erklang eine sympathische Stimme hinter ihr. Diana drehte sich um und erblickte Prinzessin Shams, die unübersehbar auch ein Kleid trug, das entweder Gabriel oder Glen entworfen hatte. Neben der Schwester des Bräutigams stand der Ehemann, Prinz Hadi. Er flüsterte seiner Frau etwas in Arabisch ins Ohr, doch die schüttelte lächelnd den Kopf. "Lass nur, mein Lieber." sagte sie leise. Verlegen antwortete Diana: "Oh... ich fürchte, er hat meinen Scherz zu ernst genommen..." "Scheint so, dass der recht derb gewesen sein muss, denn normalerweise ist Zaki jemand der eine Menge Spaß versteht." Prinz Hadi musterte Diana ein wenig streng. Die junge Tischlerin wich etwas zurück. "Was haben Sie denn als Scherz verstanden, was mein Schwager anders gesehen hat?" wollte er wissen. Kleinlaut berichtete Diana was geschehen war. "Kamelhirte?" Shams sah Diana ungläubig an. Hadis Kommentar lautete: "Autsch... das hätte selbst ich als Beleidigung verstanden - und ich halte mich für recht humor- und verständnisvoll. Ich kann Ihnen versichern, Miss Bolton, dass Zaki einen... nun ja... Beruf hat, der eine Ausbildung erforderte, den er jedoch nur als Hobby ausüben kann, da er seinem Land in der Politik dienen wird. Und es handelt sich definitiv nicht um einen Hirtenberuf, sondern um ein Handwerk - eines in dem er ziemlich gut ist, würde ich behaupten." Prinzessin Shams spielte mit ihrem Verlobungsring. "Ja, er ist gut - und er übt ihn ab und zu auch aus, ohne das Wissen unserer Eltern." fügte sie schmunzelnd hinzu. "Welchen Beruf hat er denn gelernt?" fragte Diana. Prinz Hadi lachte leise. "Wenn er es Ihnen nicht verraten hat, Miss Bolton, wie könnten wir es Ihnen verraten. Wie ich Zaki kenne wird er es Ihnen auf seine eigene Art und Weise verraten, wenn er meint, dass es die rechte Zeit ist." Diana nickte. "Ja, er meinte, er würde mir etwas Selbstgemachtes schenken, wenn ich ihm die bestellten Möbel liefere." Prinzessin Shams schmunzelte. "Das klingt ganz nach meinem Bruder... Aber vielleicht kann Tante Ibitsam, seine Mutter helfen?" "Ich werde um eine Audienz bei seiner Mutter nachsuchen und mich beim Frühstück bei ihm entschuldigen. Danke für die Hinweise." meinte Diana Bolton ein wenig kleinlaut.
Am nächsten Morgen als sie zum Frühstück kam, erfuhr Diana lediglich, dass der drittälteste Sohn des Emirs von Bhakem bereits auf dem Weg zum Flughafen war, um nach London zurückzukehren. "Er ist extra wegen Karims und Ru'yahs Hochzeit hier gewesen. Er meinte, er müsse zum Studium zurück. Das sei sehr wichtig." meinte Wafaa. Sie grinste Diana an. "Du magst ihn, oder?" Diana blickte sie erstaunt an. "Er ist nett, aber nicht so wie du... ich meine, Ihr, Hoheit offenbar meint." antwortete sie verlegen.
Wafaa kicherte leise. "Wafaa und Du reicht. Mit deinem Bruder duze ich mich auch seit gestern." sagte sie, gerade in dem Moment in dem eine Palastbedienstete den Speisesaal betrat um nach dem Rechten zu sehen. Diana spürte einen eindringlichen Blick auf sich ruhen. "Hallo Qamar!" rief Wafaa fröhlich und die Frau nickte der Prinzessin mit einem liebevollen Lächeln zu. Einen letzten Blick auf Diana werfend, verließ sie den Raum wieder. Wafaa wirkte nachdenklich. "Hm... Qamar hat irgendwas gesehen..." murmelte sie. "Gesehen? Habe ich einen Marmeladenfleck im Gesicht?" fragte Diana. Wafaa lachte leise. "Nein, nichts dergleichen. Qamar kann nur in die Zukunft sehen. Sie hat zum Beispiel vorhergesagt, dass Karim Ru'yah heiratet und das ist ja auch passiert. Die beiden sind auch richtig glücklich miteinander." Dianas Mundwinkel zuckten ungläubig. "Wafaa, das ist Aberglaube. Niemand kann in die Zukunft schauen." "Ru'yah, also Georgina, wir nennen sie ja nur Ru'yah, hat das zuerst auch nicht geglaubt. Aber sie hat einsehen müssen, dass Qamar Talente hat, die außergewöhnlich sind." sagte in diesem Moment Prinz Maher als er in den Raum trat.
"Hast du Qamar gefragt, ob sie wirklich was gesehen hat und was?" fragte Wafaa aufgeregt. Maher nickte seiner Schwester zu. "Ich erzähl es dir später. Lass mich erstmal was essen, ich bin fast verhungert." Er grinste - und doch hatte Diana das Gefühl, dass Prinz Maher etwas vor ihr zu verbergen versuchte. Der Teenager wirkte sehr erwachsen und erinnerte Diana mit seiner ruhigen Gelassenheit sehr an seinen Bruder Zaki
"Würdest du mir sagen, Wafaa, was Zaki für Hobbys hat?" fragte sie stattdessen seine Schwester. Maher hustete leise - und Diana begriff, dass er Wafaa ermahnte zu schweigen. Die Prinzessin grinste. "Er findet so Rechtssysteme toll. Er diskutiert gern, er liest gern - vor allem Fantasy-Bücher, wenn er nicht grad für sein Studium lesen muss. Seine Lieblingsfächer, hat er mal gesagt, seien immer Politik und Geschichte gewesen und sein zweitliebstes Fach Mathematik. Seine Abschlussarbeit in Rechtswissenschaften hat er über ein historisches Thema geschrieben. Willst du die lesen? Ich weiß, wo die auf seinem Computer ist." Sie blickte Diana an. "Ich... ich glaube nicht, dass..." "Die ist in Englisch geschrieben, nicht in Arabisch." fuhr Wafaa fort und war schon dabei zur Tür zu eilen. "Ich lauf eben und druck sie dir aus. Kann etwas dauern, das sind so um die 100 Seiten, aber..." "Halt, nein!" unterbrach Diana. "Du kannst doch nicht einfach an den Computer deines Bruders gehen und jedem irgendwas ausdrucken." Wafaa drehte sich an der Tür um. "Wieso nicht?"
Maher lachte leise. "Ich fürchte, Miss Bolton, für Wafaa gehören Sie bereits zur Familie. Außerdem ist Zakis Abschlussarbeit - in der es übrigens um Vergleiche zwischen Präzedenzfällen britischer - christlicher - Rechtsprechung mit dem islamischen Rechtssystem geht - keinesfalls ein Geheimdossier und Wafaa weiß von Zaki selbst wo er sie auf dem Computer in seinem Büro abgespeichert hat." In seinem Blick las Diana Belustigung. "Lassen Sie sich die Masterarbeit von Zaki ruhig ausdrucken, Miss Bolton. Vielleicht lernen Sie beim Lesen etwas mehr über meinen großen Bruder."
Wafaa verließ den Raum ohne ein weiteres Wort, während Maher Diana in ein Gespräch verwickelte. Nach verhältnismäßig kurzer Zeit kehrte Wafaa mit einem Ausdruck zurück. "Hafis hat mir das sogar mit einer Ringbindung versehen!" rief sie als sie Diana das Heft reichte. "Hafis Baydoun ist Jamals neuer Sekretär, der Bruder von Amin, dem Sekretär von Karim." erklärte Maher. "Und meine Schwester neigt dazu sich mit jedem zu verbrüdern... die direkten Mitarbeiter unserer Familienmitglieder sind für sie wie eine erweiterte Familie." fügte er tadelnd in Richtung seiner Schwester hinzu. Wafaa zuckte mit den Schultern. "Ru'yah und Karim sehen Mandy und Amin auch als Freunde - und Hafis ist wirklich lustig. Ich mag ihn! Und Vater und Onkel Nadim sind auch gute Freunde!" Maher lachte leise. "Ist ja schon gut.". Er wandte sich an Diana um zu erklären: "Amin und Mandy Baydoun sind die Privatsekretäre von Karim und Ru'yah und "Onkel Nadim" ist der Sekretär meines Vaters, der uns alle seit unserer Geburt kennt, von Karim bis zu den Zwillingen."
Um Zaki trotz seiner Abreise besser einschätzen zu können, bat Diana um eine Audienz bei Königin Ibitsam, seiner Mutter. Schon kurz darauf bekam sie für den gleichen Tag eine Einladung zum Tee. Die zweite Frau des Emirs empfing sie freundlich.
"Miss Bolton, Sie haben nach meinem ältesten Sohn, nach Zaki gefragt. Wie mir gesagt wurde, habe er bei Ihnen Möbel für sein Arbeitszimmer und für seine Wohnung in London bestellt." begann die ältere Frau das Gespräch. Diana nickte. "Ja, er hat Möbel bei mir bestellt, aber ich weiß zu wenig über ihn und wir haben einander wohl missverstanden." murmelte sie. Königin Ibitsam lächelte. "Ja, er hat mir kurz vor seiner Abreise von dem Missverständnis erzählt." Diana errötete. "Vielleicht könnten Sie mir sagen, welche Stilepoche Zaki mag? Oder vielleicht welches Handwerk er gelernt hat?" Zakis Mutter lachte leise. "Mein Sohn bat mich, Sie im Glauben zu lassen, er sei Kamelhirte. Das sei schließlich Ihre Idee gewesen." "Das sollte ein Scherz sein." verteidigte Diana sich. Ein sanftes Lächeln huschte über das Gesicht der Königin. "Das wusste Zaki, aber er war - sagen wir von Ihren Ratefähigkeiten - ein wenig enttäuscht. Er bat mich übrigens Ihnen etwas zu geben, als Entschuldigung für sein, wie er es ausdrückte, unhöfliches Verhalten Ihnen gegenüber."
Sie griff zu einem kleinen Päckchen und reichte es Diana. "Das hat er heute Morgen vor seiner Abreise noch für Sie anfertigen lassen." Mit zitternden Händen nahm Diana die Schachtel. Als sie sie öffnete, kam ein Parfumflakon zum Vorschein. "Er ist Glasbläser?" murmelte sie. "Nein. Er hat den Hofparfumeur gebeten ein Parfum für Sie zu kreieren, Miss Bolton." widersprach Zakis Mutter.
Ihr Blick war fragend auf Diana gerichtet als diese mit immer noch leicht zitternder Hand den Flakon öffnete. Rose - Zaki hatte ihr Rosenparfum geschenkt, Rosenparfum mit einigen Komponenten, die sie nicht einordnen konnte. "Ich - vielen Dank." murmelte Diana. "Sie wissen ja, wo Zaki in London lebt. Bedanken Sie sich bei ihm ruhig. Vielleicht wenn Sie ihm die Entwürfe für seine Möbel zeigen?" antwortete die Königin lächelnd. "Ach ja, er findet Chippendale sehr hübsch, hat jedoch auch eine Schwäche für Rokoko-Mobiliar. Wenn Sie es schaffen das orientalisch zu gestalten, dann haben Sie genug für ihn zu tun - und wahrscheinlich auch für Karim und Ru'yah." Diana lächelte schwach. "Über Arbeitsmangel kann ich mich selten beschweren." "Dazu meine Liebe, werden Sie auch nie wieder einen Grund haben, zumindest nicht, wenn Qamar recht hat. Und sie hat immer recht." Das Lächeln Königin Ibitsams war freundlich.
"Was meinen Sie mit dem Hinweis?" Diana war irritiert. "Qamar hat von ihrer Mutter eine Gabe geerbt. Sie kann die Zukunft sehen und bisher hatte sie immer recht." Ungläubig starrte Diana die Königin an. "Sie hat beispielsweise die Ehe von Shams und Hadi vorhergesagt, ebenso die von Karim und Ru'yah. Lassen Sie mich kurz nachdenken: Mein Mann wollte, dass seine älteste Tochter heiratet und hatte eigentlich Hadis jüngeren Bruder mit unserem Nachbarn ausgewählt. Qamar meinte damals - bevor Shams Prinz Farid, dem von Abdullah Qadir eigentlich erwählten Ehemann, begegnete: "Shams wird im Schein des Mondes den Ruhigen erblicken und er wird ihr Einzigartiger sein, und der Einzigartige wird die Lösung finden und ihnen nicht im Wege sein". Dazu muss man wissen, dass Hadi "der Ruhige" bedeutet und Farid "der Einzigartige". Hadi kam zufällig mit seinem jüngeren Bruder Farid, da er mit Abdullah Qadir im Auftrag seines Vaters etwas zu besprechen hatte und zufällig saß Hadi an diesem Abend noch sehr spät im Garten als Shams ebenso zufällig auf ihren Balkon trat und ihn sah. Hadi meinte später, dass ihn irgendwas in dem Moment hochblicken ließ und sein Blick auf Shams fiel. Es war Liebe auf den ersten Blick. Gleich am nächsten Tag hat er bei Abdullah Qadir um ihre Hand angehalten."
"Und was haben Prinz Hadis Bruder, sein Vater und alle anderen gesagt als die Pläne so durchkreuzt wurden?" fragte Diana überrascht. Königin Ibitsam lachte leise. "Das hat einen ziemlichen Wirbel verursacht, den allerdings eher Farid beigelegt hat indem er vorgeschlagen hat Prinzessin Nashwa, die eigentlich Hadi heiraten sollte, zu heiraten. Zwar gab das Probleme, weil er ja nicht der Thronfolger war, aber auch dort hat sich Sympathie entwickelt als die zwei miteinander telefoniert haben."
"Und bei Georgina und ihrem Ehemann?" fragte Diana interessiert. Königin Ibitsam lachte leise. "Da war die Prophezeiung von Qamar: In der Dunkelheit versagt das Auge des Großzügigen und er wird die einen Ausweg Findende, hinter der die Göttin des Mondes sich versteckt, nur mit seinem Herzen erkennen. Der Kluge wird die Wahrheit spüren und wissen, dass der Engel nur als Engel erscheint, jedoch in Wirklichkeit das Herz und die Zunge einer Schlange hat und das Hirn, das einem Sieb gleicht. Derjenige, der die Schönheit besitzt wird ihm ihr Abbild zeigen. Doch erst wenn der Schleier der Bäuerin durch den Klugen durchbrochen wird und die Göttin wieder zutage tritt und der Traum Vergebung gewährt, dann wird der Großzügige sein Glück finden." "Sehr verwirrend..." "Eigentlich gar nicht. Karim heißt "der Großzügige". Georgina Ariadne Artemis ist die einen Ausweg Findende - Ariadne, hinter der sich eine Mondgöttin versteckt - denn Artemis ist in der griechischen Sage sowohl die Jagdgöttin als auch die Göttin des Mondes. Melih - "der die Schönheit besitzt" - ist Karims Falke und er ist auf Ru'yahs Arm gelandet und Zaki hat ein Foto gemacht, das Karim gesehen hat. Karim hat die Nacht mit Ru'yah verbracht, aber geglaubt er wäre mit ihrer Cousine zusammen, da er das Licht nicht angemacht hat und Zaki - das bedeutet "der Kluge" - hat erkannt, dass Georgina - was aus dem Griechischen Bäuerin abgeleitet ist - in England war und hat ihn wieder mit Ru'yah - was Traum bedeutet - zusammengebracht und sie hat ihm verziehen."
Diana wurde etwas seltsam zumute. "Hat sie über mich auch etwas gesagt?" fragte sie ihr Gegenüber. Königin Ibitsam lächelte - doch es war ein trauriges Lächeln. "Ja, aber etwas das mich eher besorgt macht. Ich werde es Ihnen nicht sagen, Miss Bolton, denn wir haben uns angewöhnt, wenn es um unsere Kinder geht, erst nach Erfüllung der Prophezeiung darüber zu reden, ...aber... vielleicht ist es doch besser... Wenn Ihnen: Wenn die Jägerin droht zur Beute der Klarheit des Salbeis zu werden, dann wird sie die Wahrheit erkennen und der Kluge wird ihr die Hand reichen, ihr Schutz vor der verhängnisvollen Allianz der doppelgesichtigen Klarheit, dem Erbgut hütenden und dem keltischen Bären gewähren..." hilft... Nehmen Sie sich in Acht, meine Liebe." Diana schüttelte den Kopf. "Das sagt mir nicht das Geringste. Gut, Jägerin - klar, ich heiße Diana. Das war die römische Jagdgöttin, worüber Arty - also Artemis oder Georgina-Ariadne-Artemis und ich ja schon öfter gelacht haben, aber Klarheit und Salbei sagt mir nichts - abgesehen davon braucht Ihr Sohn mir nichts zu reichen, auser den Scheck für die Möbel die ich ihm liefern soll und das auch nur wenn ich sie liefere. Es dürfte kein Geheimnis sein, dass ich mir nicht viel aus Männern mache - genauso wie mein Bruder Gabriel sich nichts aus Frauen macht." wehrte sie ab.
Königin Ibitsam blickte sie sehr ernst an und sagte eindringlich: "Versprechen Sie mir nur auf sich aufzupassen. Zaki weiß nichts von dieser Prophezeiung Qamars, meine Tochter, aber er wird für Sie da sein, wenn Sie seine Hilfe brauchen! Ich bitte Sie, nehmen Sie die Hilfe an und scheuen Sie sich nicht zu fragen." Diana lächelte. "Machen Sie sich um mich keine Gedanken, ich verstehe mich mit meiner Lebensgefährtin Clarissa Sage sehr gut und daran wird sich auch nichts ändern, wir sind wirklich glücklich."
Königin Ibitsam lächelte. "Wenn Sie das sagen, Miss Bolton, dann bin ich beruhigt." sagte sie - allerdings schwang Zweifel in ihrer Stimme mit.
Kapitel 2
Diana reiste mit ihrem Bruder und Glen zurück nach London. Die Auftragsbücher der zwei Designer waren wieder reichlich gefüllt. Die drei Frauen des Emirs hatten es sich nicht nehmen lassen Kleider zu ordern, auch Prinzessin Shams und ihre Schwägerin Prinzessin Nashwa hatten einige Kleider in Auftrag gegeben und Gabriel und Glen wollten nicht alle Arbeit ihrer Partnerin, die immerhin nun auch noch Ministerin war, aufbürden, zumal die Entwürfe schon teilweise über ihr Büro laufen würden.
Gedankenverloren zeichnete Diana Ornamente auf den Block. Wie verband man europäischen Historismus - passend zum viktorianischen Haus, das Georgina - oder Ru'yah - von ihrer Tante Bridget geerbt hatte und in dem Zaki wohnte mit orientalischen Elementen? Wie wurde eine Rocaille - eine Muschel, Sinnbild des Rokoko - zu etwas, das zu Zaki und in die Wüste passte? Sicher, die Ära Chippendales lag gut einhundert Jahre vor dem Viktorianischen Zeitalter in welchem Tante Bridgets Haus gebaut worden war, doch in einer etwas schlichteren Form könnte sie den Stil durchaus verwenden.
Diana seufzte leise. Wenigstens würde Clarissa sie vom Flughafen abholen. Ihre Lebensgefährtin war ein wenig enttäuscht gewesen, dass die Einladung der Prinzessin von Bhakem nur ihr, Diana, gegolten und Georgina Ru'yah ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass sie Clarissa Sage nicht zu sehen wünsche. Diana wusste nicht was vorgefallen war, doch die beiden Frauen waren irgendwie aneinander geraten als Clarissa Gabriel und Glen in deren Geschäft aufzusuchen gedachte und auf Georgina getroffen war. Ihre Lebensgefährtin hatte ihr gegenüber geradezu getobt als sie sich über "die unverschämt arrogante Person" nach dieser Begegnung ausließ. Um ein Haar wäre es zu einem ernsthaften Streit gekommen, weil sie natürlich zur Hochzeit ihrer Freundin wollte - auch ohne Clarissa. Allerdings war ihre Lebensgefährtin als Managerin eines Varietees und Besitzerin von drei Szene-Bars viel zu pragmatisch. Die Familie des Emirs war einfach zu wichtig als potentielle Kundschaft und hätte einer der Prinzen herausgefunden, dass sie Diana daran hinderte die Einladung anzunehmen - obwohl es ein Affront gegen sie persönlich war, immerhin waren Gabriel Bolton und Glen Brewster eingeladen - wäre das eine denkbar schlechte Publicity gewesen. Und die konnte und wollte Clarissa Sage - ganz die Geschäftsfrau - nicht riskieren.
Am Flughafen in Heathrow verließ Diana - von ihrem Bruder und dessen Lebensgefährten freundschaftlich in die Mitte genommen - den Privatjet. Nachdem sie die Passkontrollen hinter sich gelassen und ihr Gepäck entgegen genommen hatten, traten die drei in die Ankunftshalle des Terminals.
"Geier auf drei Uhr im Anflug!" murmelte Glen. Erstaunt blickte sie ihn an, im ersten Moment nicht verstehend was der rechts von ihr gehende Lebensgefährte ihres Bruders meinte. Clarissa kam mit einem Lächeln auf Diana zu. "Liebling, wie schön dich zu sehen!" rief sie und umarmte - von rechts kommend - die junge Tischlerin. Gleich darauf wurden auch ihre zwei Begleiter fröhlich begrüßt. Die beiden Männer erwiderten die Begrüßung recht kühl. "Ich kümmere mich um ein Taxi, Gabe." sagte Glen und verschwand. Gabriel Bolton wandte sich an seine Schwester. "Ich vermute, Clarissa ist mit ihren Wagen hier und nimmt dich mit." sagte ihr Bruder und flüsterte dann für Clarissa unhörbar in ihr Ohr: "Mach's gut, Kleines, pass auf dich auf und wenn du reden willst, weißt du wo du mich findest oder Glen. Du kannst auch bei Zaki klingeln. Die Verbindungstüren sind offen und du kannst... na ja... wie gesagt, wenn dir nach Ruhe zumute ist, Georgie und Karim haben ja ausdrücklich eine Einladung für das mittlere Haus ausgesprochen - für dich, falls du allein sein willst." Er umarmte seine Schwester, drückte ihr einen liebevollen Kuss auf die Wange, nickte ihrer Lebensgefährtin kurz, gerade noch höflich zu und verließ das Terminal in Richtung des Taxistandes.
Eine Sekunde glaubte Diana unverhohlene Wut in Clarissas Gesicht zu erkennen, doch im nächsten Augenblick war sie sicher, sich das nur eingebildet zu haben. "Wir sind bei Arthur und Edward zum Essen eingeladen!" rief ihre Lebensgefährtin fröhlich und zog Diana mit sich. Edward Sage war Clarissas Bruder. Diana schauderte leicht. So sehr sie Clarissa auch liebte, deren Bruder war ein eiskalter Machtmensch der in der Politik mitmischte und sein Lebensgefährte - Sir Arthur Clyveddon - einfach nur ein arroganter Snob, der auf sie herabblickte, weil sie so "primitiv" war und "sich die Hände schmutzig machte" indem sie mit viel Liebe und Hingabe Möbel tischlerte. Möbel, die im Übrigen auch im protzigen Landsitz und dem nicht minder aufwendigen Jagdschloss seines Vaters standen.
"Können wir das nicht einfach ignorieren, Clarissa? Ich glaube ich leide etwas unter einem Jetlag." murmelte Diana. "Unsinn! Ed und Arthur freuen sich doch auch, dass du wieder zu Hause bist!" rief Clarissa fröhlich. Ein ungutes Gefühl beschlich Diana. Edward Sage fand im Allgemeinen, dass sie für seine Schwester unter ihrer Würde war. Sie hatte sich bei jedem Besuch gefühlt als wäre sie lediglich eine Marotte Clarissas die zu dulden man im Hause Sage-Clyveddon geneigt war - wie ein ungewöhnliches Haustier, eine Laune, die hoffentlich schnell vorüber ging.
Innerlich seufzend verstaute Diana ihr Gepäck im Kofferraum und stieg in Clarissas roten Aston Martin. Nach einer längeren Fahrt kamen sie im Londoner Stadtviertel Mayfair an. Edward öffnete die Tür als habe er sie erwartet. Er umarmte seine Schwester und zu Dianas Überraschung auch sie herzlich. "Wie schön euch beiden zu sehen. Kommt rein. Michel hat extra ein Festmahl zu deiner Heimkehr gekocht, Kleines." sagte er freundlich während er ihre Wange küsste. Sie musste an sich halten um ihn nicht von sich zu schieben, weil ihr bei dieser ungewohnten Geste ein eiskalter Schauer über den Rücken lief.
"Es ist auch nett... dich zu sehen." murmelte sie pflichtschuldig und ließ zu, dass Arthur, der jetzt auch kam um sie zu begrüßen, ihr den Mantel abnahm.
"Michel hat seine berühmten Schnecken gemacht." teilte er ihr mit. Michel war der französische Koch der beiden und der würde nie auf die Idee kommen irgendwas für Diana zu kochen. Sie war im zu "ordinaire" zu gewöhnlich. Sie musste sich beherrschen nicht sofort ihren Mantel an sich reißend die Flucht zu ergreifen. Sie hasste Schnecken. Schnecken waren Edwards Lieblingsgericht. Als habe der ihre Gedanken gelesen, flüsterte der ihr plötzlich von hinten ins Ohr: "Es gibt auch was anderes. Krabbencocktail, Blätterteigteilchen, einen Rehbraten, das Reh hat Arthur selbst geschossen bei der Jagd am Wochenende zu der sein Vater geladen hatte dazu Salat und ein nicht alltägliches Eis zum Abschluss." Diana schreckte zusammen. Irgendwas stimmte nicht! Edward war zu nett und selbst Arthur bemühte sich so zu tun als meine er es ehrlich.
"Diana, meine Liebe, darf ich dich ins Esszimmer begleiten?" fragte Edward mit einem Lächeln das man fast für echt hätte halten können. Sie nickte hilflos während Arthur Clyveddon Clarissa seinen Arm reichte um sie zu Tisch zu führen.
"Ah, ich sehe, die jungen Damen sind angekommen!" rief Michel fröhlich aus der Küche - sein Blick wanderte abschätzend über Diana, doch als sie um einen freundlichen Tonfall bemüht antwortete: "Ah und zu meinen Ehren gibt es schlüpfrige Schnecken..." verrutschte das falsche Lächeln für einen Augenblick. "Aber Mademoiselle Bolton, ich dachte Sie mögen Schnecken."
"Diana, bitte, die Schnecken hat Edward sich gewünscht, weil er dachte du magst sie!" wies Arthur sie distinguiert zurecht. "Na dann..." murmelte Diana nur und ließ sich von Edward weiter ins Esszimmer ziehen. "Du magst Schnecken nicht? Oh, Diana, Liebes, das tut mir leid. Ich dachte wirklich du isst sie genauso gern wie ich!" sagte er derweil entschuldigend.
Höflich zogen die beiden Männer ihren beiden weiblichen Gästen die Stühle vom fast schon kleinen runden Tisch in dem sonst als Frühstückszimmer genutzten Raum ab, warteten bis die beiden saßen und setzten sich dann selbst.
"Diana, Liebling, fühlst du dich nicht wohl?" fragte Clarissa fast zärtlich. Sie schien immer zu merken, wenn es ihrer Lebensgefährtin nicht gut ging. "Theoretisch schon, praktisch nein." meinte die Angesprochene und blickte von einem zum anderen - misstrauisch.
"Was ist denn, Kleine?" fragte Edward freundlich. "Ich, das ist nicht wichtig, bitte entschuldige, aber eine ehrliche Antwort würde wahrscheinlich unhöflich klingen, denn ich bin soweit ich weiß die Dümmste am Tisch da ich die Einzige ohne Studium bin und daher nicht so gebildet reden kann wie ihr. Daher belassen wir es doch besser dabei, dass ich offenbar unter dem Jetlag leide und etwas müde bin." meinte sie mit erzwungenem Lächeln.
"Kleines, du gehörst zur Familie. Meine Schwester und du ihr seid ein Paar. Du bist wie eine zweite Schwester für mich, genauso wie für Arthur. Was ist los?" fragte Edward freundlich und legte ihr kameradschaftlich eine Hand auf die Schulter.
"Das wollt ihr alle nicht wirklich wissen." murmelte Diana, was ihr Proteste von den drei Personen am Tisch eintrug.
Sie seufzte. "Also gut: Wieso seid ihr zwei so nett zu mir? Arthur und dich meine ich, Edward. Sonst hatte ich immer das Gefühl ich wäre so eine Art Kuriosum, das kleine Dummchen an der Seite von Clarissa. Ich habe keinen Studienabschluss, sondern verdiene mein Geld mit meiner Hände Arbeit als Tischlerin. Du, Edward, hast Politikwissenschaft und BWL studiert..." "Ähm... VWL - der Betriebswirt ist Arthur." unterbrach Edward Sage sie mit einem milden Lächeln. "Na gut, VWL halt, und Arthur BWL, wie du selbst gesagt hast und Clarissa hat ebenfalls BWL studiert."
Arthur räusperte sich. "Diana, ich habe bei meinem Besuch am Wochenende im Jagdschloss meines Vaters ein Beispiel deiner Arbeit bewundern dürfen. Mein Vater hat mich extra darauf hingewiesen, dass es sich bei der exquisiten, harmonisch in das Schloss passenden Sitzgruppe um von dir gefertigte Möbel handelt. da muss ich meine Meinung doch wohl auch mal revidieren können, oder? fragte der Adelige mit hochgezogener Augenbraue. "Und zufällig war an dem Wochenende auch Sir Chester Berkham zur Jagd bei Arthurs Vater geladen." meinte Edward mit einem Lächeln. Diana schluckte. "Mein alter Schulleiter und Mathelehrer?" fragte sie erstaunt. "Ja, genau der - und als mein Vater erwähnte, dass die Sitzgruppe von dir gefertigt wurde, hat Sir Berkham berichtet, dass du eine bemerkenswerte Schülerin gewesen wärest und er nie verstanden hätte, dass du nicht beispielsweise etwas wie Kunstgeschichte studiert hast. Du hättest immer Tischlerin werden wollen, wie dein Großvater." fuhr Arthur fort.
"Was hat das damit zu tun? Natürlich wollte ich Großvater Gilberts Vorbild folgen. Er hatte mir so viel beigebracht. Dazu brauche ich kein Studium. Kunstgeschichte kann ich aus Büchern lernen und... und..."
In diesem Moment servierte Mottram, der Butler im Hause Sage-Clyveddon den ersten Gang: einen kleinen Krabbencocktail. Diana seufzte innerlich und aß auch die anschließende Klare Brühe mit Einlage schweigend. Mottram servierte den dritten Gang: die Schnecken. Diana verzog leicht angewidert die Lippen als ihr Blick auf das halbe Dutzend gratinierter Kriechtiere fiel. Edward lachte leise, nahm ihren Teller und schüttete die Schnecken auf seinen, während Arthur Mottram zurück rief und ihm leise etwas zuraunte. Der Butler nickte und kurz darauf servierte er Toastecken mit einem kleinen Schälchen gefüllt mit etwas Schwarzem.
"Das ist Beluga-Kaviar, Kleines. Das entspricht zwar normal nicht der klassischen Menüfolge, aber da du Schnecken nicht magst... Vielleicht ist dir das lieber?" ermunterte Edward sie. Misstrauisch roch Diana an dem Kaviar. "Das riecht fischig." meinte sie zweifelnd. Die Geschwister Sage lachten. "Kein Wunder, Kleines, es ist vom Fisch, vom Stör, um genau zu sein." meinte Edward, während ein Lachen um seine Mundwinkel zuckte.
"Natürlich... wie dumm von mir." murmelte Diana bitter. Dann atmete sie tief durch und forderte so ruhig und gefasst wie möglich: "Aber wie wäre es, wenn wir Klartext reden: Was wollt ihr von mir? Braucht ihr etwas Repräsentables an Mobiliar für dieses Haus und ich soll es tischlern? Kein Problem! Ich muss zwar noch ein orientalisches Ensemble aus Schreibtisch und passendem Stuhl und wahrscheinlich etwas ähnliches für die linke Haushälfte von Tante Bridgets Haus bauen, aber ich kann eure Wünsche sicher unterbringen, also.