Taxi nach Paris - Ruth Gogoll - E-Book + Hörbuch

Taxi nach Paris E-Book und Hörbuch

Ruth Gogoll

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Beschreibung

-Der- lesbische Bestseller. Sie begegnet ihrer Traumfrau, aber viel zu schnell landen beide im Bett - während sie sich verliebt hat, geht die andere nur ihrem Gewerbe nach. Jedoch sie ist sich sicher, das Herz der Angebeteten erobern zu können. Wird die Liebe stärker sein als die Zerreißproben und die beiden Frauen in der Stadt des Lichts zusammenführen? "Hin- und hergerissen von ihren Gefühlen, zwischen totaler Eifersucht und Hingabe entwickelt sich eine atemberaubende Affäre, mit dramatischen Steigerungen und überraschenden Wendungen ..." (lespress)

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Seitenzahl: 428

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Zeit:10 Std. 8 min

Sprecher:Helen Baum

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Ruth Gogoll

TAXI NACH PARIS

Der lesbische Bestseller

© 2006 14. Auflage 2021édition el!es

www.elles.de [email protected]

Alle Rechte vorbehalten.

ISBN 978-3-95609-047-9

Coverillustration:

»Ich mag es, wenn die Frauen sich wehren!« Ihr funkelnder Blick spiegelte die Vorfreude auf den Kampf wider, die Eroberung, den Sieg. Ich wollte mich ihr nicht hingeben. Dennoch sehnte sich alles in mir danach, sie zu berühren, von ihr berührt zu werden. »Komm, sag noch einmal, dass du nicht willst! Dass du mich hasst!« Sie lachte zynisch herausfordernd.

»Ich hasse dich!«, schrie ich heraus. Es war die Wahrheit, aber es tat dem brennenden Begehren in meinem Innern keinen Abbruch. Und ich hasste mich selbst dafür, dass ich ihrem Wunsch gehorcht hatte. Das wollte ich doch am allerwenigsten: ihr Vergnügen bereiten.

Ich sah, wie ihre Erregung stieg. Ihre Augen flammten. Sie kamen näher. Ihre Lippen öffneten sich. Ich sah ihre Zähne blitzen und warf den Kopf von einer Seite auf die andere, um ihr zu entkommen. Sie presste mich gegen die Wand. Meine Handgelenke hielt sie mit stählernem Griff.

»Nein! Ich will nicht! Nicht so!«

Sie ließ mich nicht los, warf den Kopf zurück und lachte. »Ja, wehr dich! So mag ich es am liebsten!« Ihre Stimme war heiser vor Erregung.

Ich erstarrte. Sie nutzte die Gelegenheit aus und presste blitzartig ihren Mund auf meinen. Ihre Zunge stieß hart und fordernd gegen meine zusammengekniffenen Lippen. Mit ihrem ganzen Körper presste sie mich an die Wand. Ich musste Atem holen. Sie drang in mich ein. Ihr Mund nahm mich in Besitz. Die Leidenschaft, die Erregung ließen mich fast ohnmächtig werden. Gleichzeitig stieg Ekel in mir hoch.

Ich biss zu. Ihr Kopf fuhr zurück, sie hielt meine Handgelenke aber immer noch wie im Schraubstock fest. Ich hatte den Eindruck, das tat sie nicht zum ersten Mal. Sie war daran gewöhnt . . .

Sie sah mich wild an. Ein Blutstropfen hing an ihrer Lippe. Sie fuhr mit der Zunge darüber und wischte ihn weg. Meine Augen ließ sie nicht los. »Du Wildkatze! Da ist mir ja was entgangen! Ich dachte, du wärst langweilig und spießig. Eine, die sich nur hinlegt und die Beine breitmacht.«

Ein Hoffnungsschimmer blitzte in mir auf. »Ja, ja – genauso bin ich: langweilig und spießig.« Vielleicht würde sie das abhalten.

»Nein, nein!« Rau vor Erregung lachte sie wieder auf. »Jetzt ist es zu spät. Ich habe dich durchschaut. Du willst es. Du willst die Angst, du willst den Schmerz. Das erregt dich, gib es doch zu!«

Ihre Finger schlossen sich immer fester um meine Handgelenke. Es tat weh. Ich schrie auf.

»Ja! Schrei – schrei, so laut du kannst!« Ihre Stimme war nur noch ein heiseres, erregtes Flüstern.

Ich erschrak. Der Schmerz hatte mich nicht ernüchtert, wie ich erwartet hatte. Er fuhr mir direkt zwischen die Beine – genau, wie sie gesagt hatte. War es wirklich das, was ich wollte?

Sie hatte meine Unentschlossenheit bemerkt. Ihr Mund sank wieder auf meinen, und diesmal verweigerte ich ihn ihr nicht. Mit brutaler Gewalt stieß sie hinein. Fast bis in meine Kehle. Ich dachte, ich müsste mich übergeben, aber kurz bevor es so weit war, zog sie ihre Zunge zurück. Sie hatte wirklich Erfahrung! Mit wie vielen Frauen sie das wohl schon gemacht hatte? Vielleicht gab es mehr, die das mochten, als ich auch nur ahnen konnte. Und ich? Gehörte ich dazu? Mochte ich es?

Sie stieß wieder zu. Ich spürte, wie mich das Bedürfnis überkam zurückzustoßen, mitzumachen, mich nicht nur passiv benutzen zu lassen. Aber das war es ja, was sie wollte! Dagegen musste ich mich wehren! So verlangte es jedenfalls mein Kopf. Mein Körper verriet mich. Ich konnte das immer stärker auflodernde Begehren in mir nicht zurückhalten. Meine Knie wurden weich. Sie merkte es und lockerte ihren eisernen Griff ein wenig.

Meine Zunge suchte ihre. Sie zog sich kurz zurück und blickte mich erstaunt an. Dann versank sie wieder in meinem Mund, stieß und forderte, erstickte mich fast. Plötzlich ließ sie meine Hände los und legte ihre um meine Taille. Ich versteifte mich in Erwartung eines neuen Schmerzes. Sie riss mein Hemd aus der Hose und fuhr mit schnellen Bewegungen meinen Rücken entlang. Es kribbelte überall.

Unvermittelt grub sie ihre Fingernägel in meine Schultern. Ich stöhnte vor wollüstigem Schmerz auf. Langsam zog sie sie über meinen ganzen Rücken bis zur Taille hinunter. Es war, als ob mir die Haut abgezogen würde, aber gerade so, dass ich es noch ertragen konnte. Ich stöhnte lauter. Ich wusste nicht, ob vor Schmerz oder vor wachsender Erregung.

»Ja, komm, sag mir, dass du es willst«, murmelte sie an meinem Mund. Ihre Hüften hielten mich immer noch an die Wand gepresst und gefangen. Ich versuchte dagegenzustoßen, zu kreisen, mich zu reiben. Nein, das war nicht ich! Das war mein Unterleib, der sich selbstständig gemacht hatte. Verräter! schrie es in mir. Das Verlangen wurde immer stärker.

»Du willst es doch – sag es!«, drängte sie heiß in meinem Mund.

»Nein!« Ich warf den Kopf zur Seite und versuchte, sie von mir wegzudrücken. Sie presste sich weiter an mich, lehnte den Oberkörper ein wenig zurück und zog mir das Hemd aus. In mir brodelte es. Das darf ich nicht zulassen! Sie warf das Hemd neben mich auf den Boden und beugte sich wieder über mich. Ich dachte, sie wollte mich erneut küssen – küssen? War das Küssen? Dieses Stoßen, dieses Würgen? – und warf den Kopf zur Seite. Sie folgte mir nicht. Ihr Kopf senkte sich auf meine Schulter. Ein greller Schmerz durchfuhr mich. Ich schrie wieder auf, obwohl ich meine Lippen fest zusammengepresst und mir vorgenommen hatte, es nicht zu tun.

»Ja – schrei, schrei!«, drängte sie heiser. Erneut senkte sich ihr Kopf.

»Nein . . . bitte«, flehte ich sie an. Sie biss zu. Der Schmerz durchfuhr mich noch schärfer als beim ersten Mal. Jetzt gaben meine Knie endgültig nach. Sie hielt mich fest und drückte mich wie zuvor gegen die Wand. Ihre Hand fuhr über meine Brust. Sie streichelte mit der Innenfläche die berstend harte Brustwarze. Ich stöhnte. Diesmal vor Lust.

»Die ist aber empfindlich«, sagte sie merkwürdig grinsend.

Panik kroch in mir hoch. »Bitte, tu das nicht«, flüsterte ich vor Angst zitternd. Abwehrend hob ich die Hände und versuchte, sie von mir wegzudrängen. Sie lachte wieder erregt und kämpfte spielerisch mit mir. Ihr eiserner Griff verdammte meine Hände zur Untätigkeit. Langsam senkte sich ihr Mund zu meiner Brust hinab. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Ich versteifte mich, ich zitterte immer mehr, mein ganzer Körper war ein einziger gespannter Bogen, der sich gegen den Schmerz wappnete. Ich presste den Kopf gegen die Wand und schloss die Augen. Sie waren so empfindlich – das konnte ich nicht aushalten!

Sie saugte meine Brust in sich hinein, spielte mit ihrer Zunge an der Brustwarze, fuhr immer wieder darüber. All meine Angst konnte die Erregung, die sie damit auslöste, nicht unterdrücken. Meine Hüften begannen wieder, gegen ihre zu stoßen, doch kalter Schweiß überzog meine Haut.

Sie sah zu mir hoch und grinste. »Du hast Angst«, bemerkte sie zufrieden.

»Ja.« Es hatte ohnehin keinen Sinn, es zu leugnen. »Du wirst mir wehtun.« Ich versuchte, meine Stimme so ruhig wie möglich klingen zu lassen.

Völlig überraschend ließ sie mich los. Während ihre Augen meinen Blick festhielten, trat sie einen kleinen Schritt zurück, griff an meinen Hosenbund und öffnete den Knopf. Dann zog sie mit einer raschen Bewegung den Reißverschluss herunter. Wie paralysiert lehnte ich an der Wand.

Sie sah, dass ich mich nicht wehren würde. Ein enttäuschter Ausdruck breitete sich auf ihrem Gesicht aus. »Komm, verdirb uns nicht den Spaß.«

»Spaß?« Ich fuhr hoch. »Für dich vielleicht!« Verdammt, das war genau das Falsche gewesen! Ihre Augen blitzten wieder vor unterdrückter Erregung.

»Ja, so ist es schon besser.« Sie kam näher und legte ihre Hände links und rechts neben meinen Kopf, ohne mich zu berühren. »Du kleine Wildkatze«, flüsterte sie ganz nah an meinem Ohr. Sie knabberte an meinem Ohrläppchen. Ich erwartete jeden Moment, dass sie zubeißen würde, und versteifte mich wieder. Ihre Lippen fuhren an meinem Hals hinab und schickten Wellen schaudernder Erregung gemischt mit angstvoller Erwartung durch meinen Körper.

Sie lachte leise und zufrieden auf. Ich spürte den Lufthauch ihres Atems über meine Haut streichen. »Ja, so ist es gut. Du hast Angst. Aber du willst es trotzdem.«

Wut stieg in mir hoch und machte mich unvorsichtig. »Ja, ich will es.« Ich stieß sie mit plötzlich wiedergewonnener Kraft von mir. Geschmeidig wich sie einen Schritt zurück. Zornig funkelte ich sie an. »Aber ich will es nicht so, wie du es mir aufzwingst. Ich will keinen Schmerz, ich will Lust, ich will Zärtlichkeit. Leidenschaft, Erregung, all das ja. Aber keine brutale Gewalt. Das ist –« Ich suchte nach einem Wort für das, was ich empfand.

Sie zog die Augenbrauen hoch und sagte grinsend, »Pervers?«

»Ja – ja! Pervers!« Ich schrie sie an, voller Wut über sie und mich und dieses Wort, das ich niemals benutzt hätte.

Schon immer hatte ich es gehasst, wenn selbstgefällige Spießer sich gegenseitig ihrer ›Normalität‹ versicherten, indem sie andere durch dieses Wort diskreditierten. Unterschiedslos wurde diffamiert, wer anders war, egal ob es sich um Homosexualität handelte oder Kommunismus oder sonst irgendetwas.

Doch meine wütende Spannung dauerte nur kurz an. Dann machte sie einem Gefühl der Sinnlosigkeit Platz. Ich verschränkte die Arme hinter dem Rücken und lehnte mich an die Wand. »Und jetzt kannst du meinetwegen deine Peitsche holen – oder was du sonst dafür benutzt – und mich schlagen.«

Ihre Augen glitten über mein Gesicht. »Du bist wunderschön, wenn du wütend bist«, sagte sie leise. Ich wollte gegen diese Plattitüde protestieren – das kam ja nun wirklich in jedem amerikanischen Schnulzenfilm vor! –, aber ihr Mund hatte sich im nächsten Moment auf meinen gesenkt und ihn verschlossen. I

ch wartete auf das stoßende, fordernde Eindringen, doch sie fuhr mit ihrer Zunge nur sanft an meinen geschlossenen Lippen entlang. Das Kribbeln wurde unerträglich. Als ich meine Lippen öffnete, begann sie ein liebevolles Spiel mit meiner Zunge. Reizte die Zungenspitze mit ihrer, bis ich fast vor Lust geschrien hätte. Ihr Mund war immer noch das einzige, was mich berührte. Zwischen unseren Körpern stand knisternde Luft.

Ich hob die Hände. Nein, ich wollte sie nicht berühren! Meine Arme begannen zu zittern. Sie küsste mich immer noch. Aufseufzend ließ ich meine Hände auf ihre Schultern sinken und zog sie an mich heran. Ihre Hemdknöpfe waren kalt auf meiner nackten Haut.

Sie seufzte genießerisch in meinem Mund und legte die Arme um mich. Alles war so sanft, so zärtlich. Was hatte sie plötzlich so verwandelt? Sie schob mich weich gegen die Wand, ein Bein zwischen meinen. Selbst durch den Stoff hindurch machte mich der Reiz halb verrückt.

Ich stöhnte auf und begann, mich stärker an ihr zu reiben. Dann hielt ich inne. Das war wieder der Punkt, an dem sie mir Schmerzen zufügen würde – ich hatte mich wieder darauf eingelassen! Ich stand still.

Sie bemerkte es. Sie hörte auf mich zu küssen und trat einen Schritt zurück, um mich zu betrachten.

»Du bist verwirrt.« Sie stellte es ohne jede Betonung fest. Ich antwortete nicht. Was würde sie jetzt tun?

Sie streckte die Hand aus und streichelte mein Gesicht. Ich rührte mich nicht. Sie ließ ihre Hand sinken. Sie glitt über meine Schulter auf meinen Arm und an meiner Seite entlang bis auf meine Taille hinab. Dort blieb sie liegen. Sie verschlang mich mit ihren Blicken. Dann versenkte sie ihre Augen wieder mit hypnotischer Kraft in meine.

»Ich werde dir nicht wehtun«, betonte sie nachdrücklich. Ihre Hand schob sich zwischen Stoff und Haut. Ein Zittern lief durch meinen Körper. »Ich will dich. Ich will dich so, wie du bist. Und ich werde dich so nehmen, wie du es willst.«

Mit unerträglicher Langsamkeit arbeitete sie sich vor. Mein ganzer Körper schrie vor Verlangen.

»Ich will, dass du stöhnst, und ich will, dass du schreist. Aber nicht vor Schmerz.« Ihre Finger berührten den Ansatz meiner Haare und bewegten sich immer noch quälend langsam tiefer. Sie ließ meine Augen nicht los. Ich versteifte meine Schultern und stützte mich an der Wand ab.

Sie legte den anderen Arm um mich und hielt mich fest. Jetzt lag ihre Hand bewegungslos zwischen meinen Beinen. Ich stöhnte und stieß wild dagegen. Wie in einem Vulkan stieg die Hitze in mir hoch. Ich spürte die Nässe, die sich auf ihrer Handfläche sammelte. Erregt warf ich den Kopf hin und her.

Sie zog ihre Hand zurück. Ich stieß die angestaute Luft aus meinen Lungen aus und stöhnte. »Nicht. Du hast versprochen, mich nicht zu quälen. Bitte . . .«

Sie lachte genüsslich. »Ich habe versprochen, dir nicht wehzutun. Und das werde ich auch nicht. Das hier ist etwas anderes.« Sie strich über den Stoff zwischen meinen Beinen. Ich stöhnte wieder verlangend auf und hob mich ihr entgegen. Sie legte beide Hände auf meine Hüften. Langsam schob sie den Hosenbund tiefer. Sie ließ sich Zeit. Immer wieder fuhren ihre Hände von hinten nach vorn und zurück. Mir kam es wie eine Ewigkeit vor.

Als sie mich endlich ganz ausgezogen hatte, beugte sie sich vor und fuhr mit ihren Lippen auf meinen Brüsten entlang. Meine Haut stand in Flammen, wo sie sie berührt hatte. Sie näherte sich der Brustwarze. Ich wurde steif. Sie reagierte sofort.

»Ich habe es versprochen«, murmelte sie. Dann sah sie hoch. »Ich werde nichts tun, was du nicht willst.«

Ich konnte mich immer noch nicht entspannen. Die Angst saß zu tief. Sie fuhr weiter mit ihren Lippen über meine Brust. Dann nahm sie ganz zart die Brustwarze und fuhr mit ihrer Zunge darüber. Meine Empfindungen schwemmten alle Bedenken hinweg. »Ja«, stöhnte ich.

Abwechselnd strich sie mit Zunge und Händen über die steif hervorstehenden Brustwarzen. Ich war mittlerweile verrückt vor Verlangen, ich hätte sie nicht mehr von irgendetwas abhalten können, egal, was es gewesen wäre.

Ihr Gesicht war plötzlich dicht vor meinem. Sie fuhr an meinen Lippen entlang. Nur leicht – ohne zu verweilen. Ich versuchte sie festzuhalten. Sie lächelte und entzog sich mir. Ihre Hand glitt über meine Brust, an meinem Bauch entlang und zwischen meine Schenkel. S

ie strich mit zwei Fingern sanft über die Innenseiten, wanderte immer wieder von einer Seite zur anderen, streifte die Mitte. Ich wand mich nur noch in ihrem Arm. Sie strich jetzt immer deutlicher zwischen meinen Beinen hindurch und begann, mit kreisenden Bewegungen den empfindlichsten Punkt zu reizen. Ich fühlte mich ständig wie kurz vor einer Explosion. Ihr Druck wurde stärker. Ich spürte ihre Finger. Sie öffnete den Eingang.

»Nein!« Ich riss mich von ihrem Mund los.

Sofort hörte sie auf. Sie zog mich an sich. »Was ist?«

»Ich . . . ich mag das nicht.« Ich schluckte. »Du hast versprochen . . .«

Sie lachte gutmütig. »Das vergesse ich schon nicht. Du brauchst mich nicht ständig daran zu erinnern.«

»Tut mir leid. Ich bin ein bisschen empfindlich . . . in der Beziehung.«

»Empfindlich bist du allerdings, das habe ich gemerkt.« Sie wollte mich aufziehen, so schien es, doch dann wurde ihr Tonfall besorgt. »Tut es dir weh?«

Jetzt musste ich antworten. »Eigentlich . . . nein, eigentlich nicht. Ich . . . ich weiß es nicht so genau.«

»Du weißt es nicht?«

Ich blickte auf den Boden hinter ihr. »Nein«, stieß ich trotzig hervor.

Sie trat zurück und hielt mich auf Armeslänge von sich weg. So wie mein Gesicht glühte, musste ich knallrot sein. Sie legte ihren Finger unter mein Kinn und hob es hoch. »Aber ich bin nicht die erste Frau, mit der du schläfst.«

»Nein . . .« Sie sah mich aufmerksam an. Offensichtlich erwartete sie, dass mich das eher zum Reden bringen würde als jegliche direkte Befragung. »Ich meine, ich habe schon mit vielen Frauen . . ., aber nie so.« Mit trotzigem Nachdruck fügte ich hinzu: »Ich kann das eben nicht!« Ruckartig drehte ich mich zur Wand.

»Und das ist der einzige Grund?«

Die Wand schützte mich zumindest vor ihrem direkten Blick. Dennoch hatte ich das Gefühl, ihre Augen bohrten sich in meinen Rücken. »Was denn sonst noch? Reicht das nicht?«

»Du hast nie mit einem Mann –?«

Ich ließ sie nicht ausreden. »Nein, habe ich nicht!« Genauso ruckartig wie eben drehte ich mich wieder zu ihr um. »Muss ich mich jetzt dafür schämen?«

Sie blickte mich immer noch wachsam an. »Nein, natürlich nicht! Wo denkst du hin? Aber ich meinte, auch nicht gegen deinen –« Sie brach ab.

»Gegen meinen . . .? Oh –« Ich verstand. »Nein, ich bin nicht vergewaltigt worden.« Sie atmete erleichtert aus. Ich war jetzt richtig wütend. Wie konnte ausgerechnet sie so besorgt tun? »Und bis heute Abend hat das auch noch nie jemand versucht«, fauchte ich ärgerlich.

Sie wandte sich ab und atmete tief durch. Dann sah sie mich wieder an. In ihrem undurchdringlichen Gesicht zuckte kein Muskel. »Dann ist es ja gut«, sagte sie.

Ich war wie vom Donner gerührt. Sie fand, nun wäre alles gut?

Sie seufzte. »Das vorhin war . . .«, sie stockte überlegend, ». . . ein Missverständnis.« Als ob damit alles erledigt wäre, wandte sie sich mir wieder lächelnd zu. Eine fast vollzogene Vergewaltigung ein Missverständnis? Für so dumm konnte sie mich nicht halten. Tat sie auch nicht. Sie hatte das Mienenspiel auf meinem Gesicht aufmerksam verfolgt. Noch einmal seufzte sie. Es klang resigniert. »Ja, ich weiß, was du denkst.« Erklärend fuhr sie fort: »Aber die meisten Frauen wollen es so. Deshalb gehen sie mit mir mit.« Traurig sah sie mich an. »Du hast es offenbar nicht gewusst. Und ich habe gedacht . . .« Sie lachte bitter auf. »Wie gesagt: ein Missverständnis.«

Mittlerweile war ich mehr als verwirrt. »Was – nicht gewusst?« Irgendwo in diesem Chaos musste doch ein Haken sein, an dem ich mich wieder aus dem Sumpf ziehen konnte!

Sie drehte sich voll zu mir um und stützte breitbeinig eine Hand in die Hüfte. »Ich bin eine Nutte, Schätzchen.«

Ich war geschockt. Das war sicher ein Effekt, den sie hatte erreichen wollen. Aber den anderen, dass ich mich abgestoßen fühlen sollte, erreichte sie nicht.

Sie stand ein paar Schritte von mir entfernt und sah zum Fenster hinaus auf die Lichtreklame, die sich blinkend an- und abschaltete. Sie sprach in die irisierende Dunkelheit hinein. »Du kannst jetzt ruhig gehen. Ich werde dich nicht festhalten.« Ihr Rücken war gerade wie ein Brett.

Ich machte einen Schritt auf meine Kleider zu. Doch dann blieb ich stehen. Ich wollte nicht gehen, das war mir deutlich klar. Aber was wollte ich hier noch? Sie war eine Nutte, sie hatte erwartet, dass ich sie für eine ›Dienstleistung‹ bezahlen würde, von der ich nichts geahnt hatte.

Sie hatte sich meinen Wünschen angepasst, als sie merkte, dass ich etwas anderes wollte – wie jede gute Dienstleistung sich nach den Wünschen des Kunden richtet oder in diesem Fall der Kundin. Der Kundin? Ich sah mich selbst plötzlich in einem äußerst befremdlichen Licht.

Sie drehte sich um. Kalt abschätzend blickte sie mich an. »Soll ich rausgehen?« Ihre Stimme klang wie Eis.

Deutlich wurde ich mir plötzlich meiner Nacktheit bewusst. Ich griff etwas verlegen nach meinem Hemd und streifte es über. »Nein, das wäre doch lächerlich.«

Sie zuckte die Schultern. »Die meisten Frauen wollen hinterher allein sein. Mir ist es egal.« Diese Eisstimme hatte etwas Herzerweichendes. Ein Widerspruch in sich, aber ich empfand es so.

Ich knöpfte mein Hemd zu und beobachtete sie. Sie hatte die Arme verschränkt, stand breitbeinig da, eine uneinnehmbare Festung. Ich ging auf sie zu. Sie folgte jeder meiner Bewegungen mit den Augen, aber sie rührte sich nicht. Ich blieb vor ihr stehen und blickte zu ihr hoch. Mein Gott, sie war mindestens einsfünfundachtzig! »Ich möchte nicht allein sein, und ich möchte nicht gehen.« Ich sah sie unverwandt an.

Spöttisch verzog sie die Mundwinkel und schaute auf mich hinab. »Ah – die Dame ist auf den Geschmack gekommen!« Sie lachte. Es klang todtraurig. Sie beugte sich ein wenig vor. »Bis eben wusstest du es nicht, und du warst irritiert. Jetzt weißt du es, und schon –« Sie schnippte mit den Fingerspitzen. »Es reizt dich, nicht wahr? Bis jetzt war es nur ein etwas exotisches Abenteuer. Etwas abseits des Gewohnten, habe ich recht? Aber nun – was für eine Gelegenheit! Wie ist es wohl, mit einer Frau zu schlafen, die es für Geld macht? Das willst du doch jetzt wissen, oder? Warum solltest du es auch nicht ausprobieren – wo wir schon einmal hier sind?« Sie drehte sich von mir weg und knöpfte ihre Manschetten auf. Über die Schulter fügte sie hinzu: »Ich hoffe, du hast dein Scheckbuch dabei. Ich bin ziemlich teuer.«

Mit einem Ruck zog sie ihr Hemd aus und warf es auf einen Stuhl. Ich sah ihren angespannten Rücken und hörte das Ratschen des Reißverschlusses. Mit einem kurzen Schütteln warf sie die Stiefel von den Füßen, und die Hose flog dem Hemd hinterher. Jetzt war sie nackt. Mit einer knappen Bewegung drehte sie sich um und hob kurz die Arme. »Bitte, ich stehe zu deiner Verfügung.«

Endlich hatte ich wieder Gelegenheit, sie in Ruhe zu betrachten und erneut festzustellen, was mir schon bei ihrem ersten Anblick aufgefallen war: Sie war unbeschreiblich schön. Ich ging auf sie zu und berührte sie. Ihre Haut verbreitete die Kälte einer Marmorstatue. »Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich werde es nicht tun. Ich werde dich nicht wie eine Nutte behandeln, nur damit du mich leichter loswerden kannst.« Ich ging rückwärts.

»Aber Schätzchen.« Sie hob die Augenbrauen, als ob sie ihrer Verwunderung darüber Ausdruck geben wollte, dass ich offenbar die Regeln nicht kannte. »Du bezahlst mich doch. Und ich bin eine Nutte. – Komm . . .« Sie hatte ein professionelles Lächeln aufgesetzt und kam auf mich zu. Sie griff mit einer Hand hinter mein Ohr und streichelte mit dem Daumen die empfindliche Stelle hinter dem Ohrläppchen. Ich schloss die Augen. »Na siehst du«, gurrte sie.

Ich wollte es vergessen. Ich wollte mich dem Gefühl ihrer streichelnden Hand hingeben. Aber ich konnte nicht. Ich schlug die Augen auf. Sie lächelte immer noch professionell. »Was möchtest du gern? Du kannst es mir ruhig sagen, auch wenn es ungewöhnlich ist. Ich erfülle alle deine Wünsche. Du brauchst keine Hemmungen zu haben.«

Sie spulte es ab wie einen Vorspann im Kino. Auf einmal lächelte sie wissend. Sie stellte die streichelnde Bewegung hinter meinem Ohr ein, fuhr mit ihren Händen abwärts und ließ sie auf meinem Po liegen. Dann kniete sie sich hin.

Erst jetzt begriff ich, was sie vorhatte. Ich war zu sehr mit ihrer Show und meinen Empfindungen beschäftigt gewesen. Ich stieß ihren Kopf weg. »Hör auf damit!«

Sie wischte ihr Lächeln weg, stand mit gleichgültigem Gesichtsausdruck auf und sah mich kalt an. »Meinetwegen. Es ist ja dein Geld. Wenn du willst, kannst du mich dafür auch beschimpfen.«

Noch nie war ich mit einer Frau in einer derart intimen Situation gewesen, die so schnell umschalten konnte. Sie verunsicherte mich. Ich wollte wissen, was sie wirklich empfand. Es machte mich wütend, dass sie mir die Kontrolle in dieser Weise entzog. Und meinen Ärger hatte ich noch nie verbergen können. Ich funkelte sie wohl ziemlich an.

Prompt schaltete sie wieder ihr Lächeln ein und versuchte, mich zu beschwichtigen. »Es gibt doch bestimmt Dinge, die du dich noch nie getraut hast, von einer Frau zu verlangen.« Sie legte erneut ihre Hand hinter mein Ohr. Es wäre eine wundervoll zärtliche Geste gewesen, wenn sie sie nicht so mechanisch ausgeführt hätte.

Dennoch genoss ich den Augenblick der Ruhe. Sie beugte sich herunter und küsste mich sanft auf die Lippen. Ich wollte es für einen Moment glauben, wollte mir einbilden, sie sähe in mir die Frau, die Geliebte – und nicht nur die Kundin, die Geldgeberin.

Während sie mich sehr sorgfältig küsste – ja, das war der richtige Ausdruck: sorgfältig! Sie vergaß nichts, was notwendig war! – fuhr ihre rechte Hand an meinem Körper hinab. Ihre linke glitt unter mein Hemd und spielte mit meiner Brustwarze, bis sie steif wurde. Es war ein so automatischer Ablauf, dass mir fast schlecht davon wurde. Schon tausendmal musste sie das genauso gemacht haben!

Ich wollte sie wegdrängen, aber meine Hände landeten genau auf ihren Brüsten. Sie waren wunderbar weich. Die samtige Haut wölbte sich meinen Fingern entgegen. Ich begann, sie zu streicheln. Augenblicklich begann sie zu stöhnen und drängte sich mir entgegen. Einen Moment war ich überrascht, dann fiel mir ein, was sie da machte. Bedauernd, die samtige Weichheit ihrer Brüste aufgeben zu müssen, schob ich sie von mir weg. Sie sah mich mit klaren Augen an. Keine Spur von Erregung.

»Hat es dir nicht gefallen?«, fragte sie berufsmäßig interessiert. Ich versuchte, ihren Blick festzuhalten, aber sie wich mir aus. Sie blickte über meine Schulter hinweg. »Tut mir leid. Ich brauche etwas Zeit, um mich auf dich einzustellen. Die meisten meiner Kundinnen sind in ihren Ansprüchen nicht so . . . exzentrisch.«

Ich musste gegen meinen Willen lächeln. Ihre Hilflosigkeit nahm mich mehr für sie ein als die Selbstsicherheit, die sie bislang zur Schau getragen hatte. Ich sah sie mit liebevoller Zuneigung an. »Du bist wunderschön.«

Etwas flackerte in ihren Augen auf, dann verschloss sich ihr Gesicht wieder. Sie fragte kühl: »Und warum willst du mich dann nicht? Du bezahlst doch dafür. Die anderen – Sag mir, was ich tun soll. Oder wenn ich nichts tun soll . . .« Sie breitete in einer Geste der Ratlosigkeit die Hände aus.

Ein Gedanke schlich sich in meinen Kopf. Ich wollte mich auf ihr Spiel keinesfalls einlassen. Aber wenn sie mir gehorchte . . . Sie sah mich immer noch kühl abwartend an.

»Leg dich hin«, befahl ich mit so viel Autorität, wie ich aufbringen konnte.

Ein kurzes Erstaunen blitzte in ihren Zügen auf und verschwand sofort wieder. Sie drehte sich um und machte einen Schritt. Dann blieb sie stehen. »Wo?«, fragte sie tonlos in die Luft hinein. Ich sah ihren steifen Rücken noch gerader werden.

»Aufs Bett«, entschied ich.

Sie setzte sich in Bewegung. Anmutig schritt sie zum Bett. Als sie sich hingelegt hatte, streckte sie mir die Arme entgegen. »Komm«, sagte sie. Offenbar hatte sie sich entschlossen, auf den professionellen Gesichtsausdruck zu verzichten. Sie blickte ernst und bewusst gleichgültig.

Ich trat neben das Bett. »Nicht so«, widersprach ich. »Dreh dich um.« Sie zögerte. Ich wartete ab. Dann drehte sie sich langsam mit einem merkwürdigen Seitenblick auf mich auf den Bauch. Ich betrachtete die sanft geschwungene Linie ihres Rückens. Sie war wirklich eine wunderschöne Frau. Was konnte sie bewogen haben . . .? Ach, das war eine dumme Überlegung. Sie würde schon ihre Gründe haben. Mir kribbelten die Finger vor Verlangen, sie zu berühren, aber ich fuhr nur in der Luft die Linie ihres Körpers nach. Ich beugte mich über sie und küsste sie zwischen die Schulterblätter. Sie zuckte zusammen. »Wag nicht zu stöhnen«, warnte ich. »Die Show hatten wir schon.«

»Die anderen mögen es nun mal«, entgegnete sie achselzuckend mit ihrer kühlen, gleichgültigen Stimme.

»Ich aber nicht. Also lass es sein.«

Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen, aber ich hätte schwören können, dass sie lächelte. »Wie ich schon sagte, du bist eben etwas . . . exzentrisch.«

Ich küsste sie noch einmal zwischen die Schulterblätter und merkte, wie sie sich verkrampfte. Sie versuchte, das Zucken zu unterdrücken. Ich lächelte. Das war doch schon mal kein schlechter Anfang. Ich begann, ihren ganzen Körper mit Küssen zu bedecken. Langsam und zärtlich wanderte ich von ihrem Nacken zu ihren Schultern, dann zu ihren Armen und wieder zurück zu den Schulterblättern.

Mein Mund glitt an ihren Rippenbögen entlang und verweilte einige Zeit in der Kuhle oberhalb des Pos. Obwohl mich diese Beschäftigung voll in Anspruch nahm, versuchte ich sie gleichzeitig zu beobachten. Anfangs lagen ihre Hände neben ihrem Kopf. Sie schien ruhig und entspannt zu sein.

Nach den ersten Küssen bekam sie eine Gänsehaut. Ihre Hände begannen, sich in das Kopfkissen zu verkrampfen. Immer stärker und weißer traten ihre Fingerknöchel hervor. Als ich am unteren Teil ihres Rückens angekommen war, perlten überall feine Schweißtröpfchen aus ihrer Haut und schimmerten glitzernd wie feiner Regen. Sie atmete heftig, aber unterdrückt in das Kissen hinein.

Noch einmal fuhr ich mit meinen Fingern ganz leicht den Weg von ihrem Nacken zu ihrem Po nach. Sie zuckte jetzt an vielen Stellen zusammen. Ihr Atem wurde heftiger. Sie bekam im Kissen nicht mehr genug Luft, hob den Kopf und drehte ihn zur Seite. Keuchend zog sie die Luft ein.

Obwohl ich ihre Reaktionen für echt hielt, ritt mich auf einmal der Teufel. Vielleicht griff die Eigendynamik dieses Spiels, das ich so noch nie gespielt hatte, in mein Denkzentrum ein und setzte meine üblicherweise sehr wachen Kontrollmechanismen außer Kraft. Jedenfalls dachte ich mir nichts dabei. Gegen besseres Wissen rügte ich sie, »Spiel mir nichts vor – ich habe dich gewarnt!« Es sollte nur ein Scherz sein. Ich war der festen Überzeugung, sie müsse das bemerkt haben, aber sie erstarrte sofort. Sie keuchte noch immer. Nach ein paar Atemzügen fing sie an zu zittern. Ihre Hände schoben sich langsam über ihren Kopf.

»Bitte nicht«, flüsterte sie tonlos. Ihre Stimme war rau vor Angst.

Was war los? Ich strich ihr beruhigend über den Rücken. Sie zuckte hoch wie unter einem Peitschenhieb und presste ihre Hände noch fester um ihren Kopf. »Nicht«, flüsterte sie heiser, fast unhörbar. »Nicht schlagen, bitte.« Sie wimmerte leise vor sich hin.

Für einen Moment war ich wie betäubt. Diese große, starke Frau, vor der ich solche Angst gehabt hatte! Dann hatte ich den Schock überwunden. Ich packte sie an den Schultern. Sie schrie angstvoll auf. Ich schüttelte sie heftig. »Nie – hörst du? Niemals! Niemals würde ich dich schlagen! Sieh mich doch an, bitte –«

Sie nahm die Hände herunter und legte den Kopf auf die Seite. Ihre Augen waren verhangen. Sie kam aus einem Albtraum. Sobald sie mich erkannte, drehte sie ihren Kopf weg. »Bitte geh jetzt.« Sie sprach gegen die Wand. »Du hast keinerlei Verpflichtung mir gegenüber.« Sie machte eine Pause. »Natürlich brauchst du nicht zu bezahlen.« Ihr Ton war bitter. »Und natürlich kann ich dich nicht daran hindern, es weiterzuerzählen.« Sie holte tief Luft.

Zuerst wollte ich wütend widersprechen. Dann beherrschte ich mich. Das würde weder ihr noch mir etwas nützen. Ich griff nach der Bettdecke und zog sie über ihren nackten Körper.

Sie rollte sich überrascht auf die Seite und stützte ihren Kopf in die Hand. »Danke«, sagte sie. Ihr Tonfall war neutral. Sie ließ ihren Blick kühl über mich gleiten. »Es ist wirklich besser, du gehst jetzt.«

Ich setzte mich behutsam auf die Bettkante. »Das glaube ich nicht.« Ich hatte eigentlich nur widersprochen, weil mir das alles zu schnell ging und ich ungern einen Schauplatz verließ, ohne die Regeln zu kennen und die Zusammenhänge zu verstehen, aber ihre Reaktion war heftig.

Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Sie glitzerten wie pures Eis. »Ach so«, sagte sie gedehnt. »Du bist keine von denen, die mit dem halben Kuchen zufrieden ist, wenn man ihr den ganzen versprochen hat. Das hätte ich mir denken können.« Mit einer schnellen Bewegung griff sie nach mir und zog mich auf das breite Bett. »Du sollst die andere Hälfte bekommen. Ich halte meine Versprechen immer. Und jetzt, nachdem ich dir die Bezahlung erlassen habe, ist es sogar umsonst.« Sie lachte höhnisch. »So billig kommst du nie wieder zu einer Nummer mit einer Klassenutte wie mir!«

Ich ließ sie gewähren. Die Verzweiflung, die ich in ihr spürte, machte mich hilflos. Ich hoffte nur, dass sie mir nicht allzu sehr wehtun würde. Im Schmerzenertragen war ich noch nie gut gewesen. Und heute hatte ich schon einmal feststellen müssen, dass sich diese Fähigkeit eher noch verschlechtert hatte.

Sie sah mir meine Befürchtungen an. »Ach, jetzt hast du Angst?« Sie unterstrich ihre Worte mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Ich habe doch gesagt, ich halte mich an meine Versprechen, oder?«

Ich nickte, um sie nicht noch mehr aufzubringen. Ob ich mich in ihrem Zustand allerdings auf ein solches Versprechen verlassen konnte, schien mir mehr als zweifelhaft.

Sie griff grob nach meinem Arm. Ich unterdrückte einen Schmerzenslaut. Das würde einen schönen blauen Fleck geben! Sie drückte mich rückwärts auf das Bett und legte sich halb auf mich. Rücksichtslos wie am Anfang drang sie mit ihrer Zunge in meinen Mund ein. Aber sie ging nur so weit, wie sie versprochen hatte. Und sie hielt meine Hände nicht fest.

Ich hob sie langsam und fuhr ihren Rücken entlang. Sie stöhnte tief in ihrer Kehle auf. Jetzt wusste ich, dass ihre Reaktion vorhin wirklich echt gewesen war. Ich streichelte ihren Rücken immer weiter, und sie keuchte immer heftiger in meinem Mund. Ich merkte, dass sie durchaus bereit war sich gehenzulassen. Doch zuerst ließ sie plötzlich meinen Mund im Stich. Mit einer heftigen Bewegung riss sie meine Beine auseinander. Mindestens noch zwei blaue Flecken!

Sie ließ sich zwischen meine Beine fallen und hob sie an. Sie drückte sie noch weiter auseinander und noch höher hinauf. Es tat weh, aber es war zu ertragen. Mit derselben Heftigkeit, mit der sie in meinen Mund eingedrungen war, drang sie jetzt zwischen meinen Beinen ein. Kein Vorspiel, keine Vorbereitung, nicht einmal ein kurzes Streicheln. Das Spiel ihrer Zunge war dafür umso heftiger und fordernder.

Während sie meine Beine noch mehr auseinanderdrückte – mein Gott, gleich würde ich doch vor Schmerz schreien müssen! –, biss ich die Zähne zusammen und wartete, dass sie sich an mir befriedigen würde. Ihre Zunge traf auf ihrer wilden Jagd die Mitte aller Empfindungen. Ich stöhnte auf. Wenn die Schmerzen in meinen Schenkeln nicht gewesen wären, hätte ein nettes Gefühl dabei herauskommen können. Ich seufzte.

Sie hatte eine kleine Pause eingelegt und ruhte sich aus. Dann fing sie vorsichtig wieder damit an, meine Mitte mit ihrer Zunge zu umkreisen. Sie flog darüber hinweg wie ein Schmetterling. Ich zuckte jedes Mal zusammen. Allmählich wurden meine Empfindungen intensiver. Sie würde sicher gleich aufhören. Alles, was sie wollte, war ihre eigene Befriedigung, zu der ich beitragen sollte. Als ich anfing, ihr mein Becken entgegenzuheben und zu stöhnen, stellte sie ihre Bewegungen ein. Aha, das war’s. Ich versuchte, meine Erregung zurückzudrängen.

Plötzlich schrie ich auf. Sie drang mit ihrer Zunge so tief in mich ein, wie es noch nie zuvor eine Frau getan hatte. Diese lange Zunge, die mir in meinem Mund so viel Schwierigkeiten bereitet hatte, bereitete mir hier nur pures, ekstatisches Vergnügen. Sie stieß vor und zurück und spielte zwischendurch kurz hinter dem Eingang herum. Sie kannte wirklich jeden Punkt! Es war mir plötzlich egal, ob meine Beine schmerzten, ob es mir bei jedem Stoß meiner Hüften wie mit glühenden Nadeln bis in die Zehenspitzen fuhr.

»Komm«, murmelte sie kaum hörbar zwischen meinen Schenkeln. Sie stieß noch einmal ihre Zunge in ihrer vollen Länge in mich hinein. Dann zog sie sie heraus und fuhr wieder mit ihren Schmetterlingsschlägen über die hervorstehende Perle. »Komm«, flüsterte sie noch einmal drängend.

Ich explodierte in langen, tosenden Wellen. Ich hörte mich schreien, aber es war, als ob der Schrei nicht aufhören würde, während die Wellen kamen und gingen, kamen und gingen. Ich versuchte sie zu zählen, aber es waren zu viele. Nach einer Ewigkeit fiel ich zusammen und rang erschöpft nach Atem. Ich würde nie wieder normal atmen können!

Sie kam nach oben und nippte an meinen Brüsten. Ich war noch nicht wieder zu Atem gekommen, als sie sich neben meinen Schultern abstützte und ihre Beine zwischen meine schob. Nachdem sie so auseinandergerissen worden waren, tat mir alles weh. Ich stöhnte vor Schmerz auf, bevor ich es verhindern konnte. Sie lag sofort ganz ruhig.

Ich hob die Hand und strich ihr die schweißnassen Haare aus der Stirn. Sie lächelte angestrengt auf mich hinab. »Mach weiter«, sagte ich leise. »Du tust mir nicht weh.«

»Wirklich nicht?«, fragte sie zweifelnd.

»Nein.« Ich strich ihr noch einmal zärtlich die Haare aus dem Gesicht. »Wirklich nicht.«

Sie begann, sich wieder vorsichtig zu bewegen. Dann wurde sie immer schneller. Nach kurzer Zeit keuchte sie erregt. Ich spürte, wie sie alle Muskeln anspannte. Zwischen meinen Beinen vibrierte es. Sie kam in kurzen Stößen und stöhnte. Sie hatte die Augen geschlossen.

Ich schob meine Hand zwischen ihre Beine. Als sie das merkte, riss sie die Augen weit auf. »Ich will nicht . . .«

»Doch, du willst.« Mit der anderen Hand hielt ich sie auf mir fest. Viel Überredungskunst brauchte ich allerdings nicht. Sie fing sofort wieder an zu stöhnen, als ich sie berührte. Ich drang vorsichtig in sie ein.

»Ja . . .« Aus ihrer Kehle drang ein tierischer Laut. Sie stieß gegen meine Hand, als wollte sie sie ganz in sich aufnehmen. Sie erstarrte. Ein kleiner Schrei entrang sich ihrer Kehle. Völlig erschöpft ließ sie sich fallen. Sie rollte sich von mir herunter. Immer noch schwer atmend lag sie neben mir.

»Das war . . . nicht . . . nötig«, stieß sie abgerissen hervor.

Ich richtete mich auf dem Ellbogen auf und lächelte auf sie hinab. »Doch, das war es. Und ich glaube, es ist sogar noch mehr nötig.«

Sie presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. Lange war sie nicht mehr so widerstandslos. Ich glitt schnell an ihr hinab. Sie protestierte schwach. Sie versuchte, ihre Beine zusammenzupressen, aber sie hatte ihre Kraft noch nicht wiedergefunden.

Mit beiden Händen drückte ich sie auseinander und legte mich dazwischen. Sie war so wunderschön da unten, wie sie es auch als ganze Frau war. Ich sagte es so laut, dass sie es hören konnte.

»Komm sofort wieder hoch!«, fauchte sie als Antwort.

»Ganz sicher nicht!« Ich lachte über ihre Verärgerung. Langsam begann ich, mit meiner Zunge einen großen Kreis zu verfolgen. Sie seufzte und ich merkte, wie sich ihre Schenkel entspannten. Immer enger zog ich den Kreis. Sie folgte meiner Zunge mit ihren Hüften.

»Du machst mich verrückt«, flüsterte sie so leise, dass ich es kaum verstehen konnte. Ich machte weiter. Sie griff mit den Händen in meine Haare. »Ich kann nicht mehr . . . bitte . . .« Ich ließ sie nicht aus meinem Mund. Sie flehte um Erlösung. »Ich halte es nicht mehr aus! Bitte . . . lass mich . . .« Heiser und verlangend kam ihre Stimme zu mir herunter. Ich nahm sie ganz in mich auf und ließ sie ihren eigenen Rhythmus finden. Sie kam diesmal in einem langanhaltenden Schrei und einer Unzahl von Zuckungen. Als ihr Orgasmus verebbte, lag sie da wie tot. Ich glitt an ihr hinauf und küsste sie. Sie war schweißüberströmt.

Als sie wieder sprechen konnte, lächelte sie entspannt. »Was hast du nur gemacht?«

»Ich? Gemacht? Gar nichts.« Die Unschuld vom Lande war nichts gegen mich.

Sie lachte amüsiert. »So hat es sich aber gar nicht angefühlt.«

Sie griff auf ihren Nachttisch und nahm eine lange, schlanke Zigarette aus einer langen, schlanken Packung. Sie zündete sie mit einem schön ziselierten silbernen Feuerzeug an und nahm einen tiefen Zug. Das Klischee in Reinkultur. Sie sah mich an. »Oh, entschuldige, willst du auch eine?« Ihre Hand wanderte schon zum Nachttisch zurück.

»Nein danke«, schmollte ich. »Ich hasse es, direkt danach mit Rauch eingenebelt zu werden.«

»Ich tue das sonst auch nicht direkt danach. Aber heute . . . Du bist selbst schuld. Wenn du mich nicht so fertiggemacht hättest . . .« Sie schob zärtlich die Hand unter eine meiner Brüste, beugte sich darüber und küsste sie. »Mhm«, machte sie genießerisch. »Süß wie Champagner.« Sie blickte mich genau an. »Wie die ganze Frau«, sagte sie dann. Sie lehnte sich in ihr Kissen zurück und rauchte.

Sie hatte sich also für den Augenblick entschieden, mich zu mögen – oder vielleicht nur mich zu dulden? Ich beobachtete sie von der Seite. Sie saß entspannt da, eine wunderschöne Frau, hielt die Zigarette mit einer Eleganz, die ich nie für vorstellbar gehalten hätte, und der Rauch kräuselte sich ebenso elegant – als ob er sich von ihrer Haltung dazu verpflichtet fühlte – gegen die Decke.

Sie ignorierte mich. Jedenfalls tat sie so, als wäre ich gar nicht da. Was erwartete sie jetzt von mir? Unsere Geschäftsbeziehung war ja nun eindeutig beendet. Ich schüttelte mich innerlich. Ich wollte nicht darüber nachdenken, aber ich musste. Wie war ich nur in diese Situation geraten? Sollte ich einfach gehen? Aber das war ja genau das, was ich nicht wollte. Ich wollte bei ihr bleiben, ich wollte sie kennenlernen. Sie berührte mich tief. Ihre Verletzlichkeit, die sie hinter unzähligen Schutzwällen zu verstecken suchte. Ihre Angst, und dass sie ausgerechnet das zu ihrem Beruf gemacht hatte . . .

Ich sah sie forschend an. Sie drückte ihre Zigarette aus und sah zu mir herüber. Als sie meinen Gesichtsausdruck bemerkte, verzog sie leicht die Mundwinkel. »Lass dich nicht abhalten.«

»Wovon?«, fragte ich etwas irritiert.

Sie zog die Bettdecke über sich und bedeckte ihre Brüste. »Du willst doch wissen, wie und weshalb ich das geworden bin, was ich bin, oder etwa nicht?«

In einer anderen Situation hätte sie mich mit diesen kalt glitzernden Augen glatt rückwärts aus dem Raum getrieben. So, wie sie es betont hatte, war es eine geradezu obszöne Frage, die ich sicher nicht stellen würde. Ich schwieg.

Sie zog die Augenbrauen hoch. Wenn sie das noch einmal tat, würde ich sie küssen, und wenn ich dafür bezahlen müsste! »Alle wollen das wissen. Du bist sicher keine Ausnahme.« Sie sah zum Fenster hinaus. »Fast immer, wenn ich mit einer neuen Kundin das erste Mal zusammen war, stellt sie die gleiche Frage.«

Ich zuckte zusammen. Eine ›neue Kundin‹ wollte ich eigentlich nicht sein. Und so fühlte ich mich auch nicht.

Sie sah mich gleichgültig an. »Willst du es wirklich nicht wissen?« Ich schüttelte den Kopf. »Na ja, es macht eh keinen Unterschied. Ich beantworte die Frage nie.«

Ich merkte, dass sie mich los sein wollte. Sie fing an, unruhig zu werden. Gleich würde ihr eingefallen sein, womit sie mich am schnellsten loswerden konnte. Und da war es auch schon!

»Und – hast du den Gegenwert bekommen, den du erwartet hast?« Sie sah mich ganz geschäftsmäßig an. Ich erwartete fast, sie würde hinzufügen: »Darf’s ein Viertel mehr sein?«

Ich musste schmunzeln. Instinktiv – oder vielleicht auch ganz überlegt – hatte sie das Thema gewählt, das mich unter normalen Umständen sicher am meisten abschrecken würde. Aber was waren schon ›normale Umstände‹ im Zusammenhang mit ihr? Dieser ganze Abend und die ganze bisherige Nacht waren mit nichts zu vergleichen, was ich je erlebt hatte. Und diese Frau würde mich nicht so einfach loswerden!

Sie wurde ungeduldig. »Warst du zufrieden?« Sie maß mich mit einem prüfenden Blick. »Oder habe ich etwas falsch gemacht?« Mein Schweigen machte sie nervös. »Ich weiß, es ist nicht alles so gelaufen, wie du es dir vorgestellt hattest.« Sie machte ein zerknirschtes Gesicht. Gut konnte sie das! Ich wettete, die Frauen schmolzen reihenweise dahin, wenn sie diese Show abzog. Sie griff nach einem Terminkalender auf dem Nachttisch. »Wir können einen Termin ausmachen, der dir passt, und du sagst mir, was dir nicht gefallen hat.« Sie schlug das schwarze Lederbändchen auf und blätterte durch die Seiten.

Das war wirklich nicht zu fassen – sie bot mir eine Nachbesserung an!

»Wovor hast du Angst?«, fragte ich.

Sie blieb mitten in der Bewegung stecken. Ihre Augen sagten mir deutlicher als ihre Reaktion und alle Worte, dass ich einen wunden Punkt getroffen hatte. Sie zog sich auf ihr ureigenstes Terrain zurück, um sich wieder zu fangen. »Sollen wir also keinen Termin ausmachen?«, fragte sie ziellos blätternd. Sie wandte mir wieder ihr Gesicht zu.

Ihre Augen hatten jetzt diesen Ich-weiß-gar-nicht-was-du-willst-Ausdruck. Sie erinnerten mich an die großen Limousinen mit den Scheinwerfer-Wisch-Waschanlagen. Eben noch dreckbespritzt – ein Wisch, und sie waren wieder klar.

Jetzt lächelte sie verständnisheischend. »Wenn du Grund hast, dich zu beklagen, ist das schlechte Publicity. Und schlechte Publicity ist schlecht fürs Geschäft.«

Ich fühlte mich an ein Gespräch mit einem Autoverkäufer erinnert, das ich kürzlich geführt hatte. Er hatte sich ganz ähnlich ausgedrückt. Allerdings hatte er mir ein Auto verkaufen wollen und nicht seinen Körper.

»Du kannst mich auch anrufen.« Sie zog eine Karte hervor.

»Oh nein!«, stöhnte ich. »Jetzt gib mir nicht auch noch deine Geschäftskarte!«

Sie lachte vergnügt. Es hörte sich ziemlich echt an. »Ich wusste, dass du das hassen würdest«, sagte sie. Sie nahm einen Stift und schrieb etwas auf die Karte. Sie reichte sie mir. Es war eine elegante weiße Karte aus Büttenkarton. Sie war völlig leer bis auf die großen geschwungenen Zahlen in der Mitte. Kein Name, keine Adresse, nur die Zahlen. Das war wirklich das Äußerste an Diskretion.

Ich sah sie an. In ihren Augenwinkeln kräuselten sich die Lachfältchen. »Geschäftskarten sind in meiner Branche nicht üblich«, erklärte sie immer noch vergnügt. »Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen.«

Da saßen wir, zwei nackte Frauen, die vor Kurzem miteinander geschlafen, hatten in einem Bett, und sprachen miteinander, als säßen wir gemeinsam beim Kaffeetrinken auf der Kö oder sonst einer Prachtstraße.

»Möchten Sie noch etwas Zucker?«

»Ach nein, lieber noch einen kleinen Orgasmus. Aber nicht zu stark, ich muss heute noch zum Friseur.«

Es kam mir unwirklich vor.

Ich hatte keinen Grund mehr zu bleiben, so sehr ich mich auch vor der Erkenntnis verschloss. Aber ich wollte sie wiedersehen. Wie konnte ich das? Als ihre Kundin? Niemals! Hatte ich dann überhaupt eine Chance? Ich blickte noch immer auf die Karte in meiner Hand. Langsam wurde es mir ungemütlich in diesem Bett. Und es hätte so gemütlich sein können. Gemeinsam einschlafen, gemeinsam aufwachen, ein bisschen Schmusen, ein bisschen Sex . . . Ich spürte das Kribbeln neu erwachen.

Sie beobachtete mich. Ich schielte aus den Augenwinkeln zu ihr hinüber. Nein, das würde sie niemals tun, entschied ich. Und ich musste jetzt möglichst schnell weg von hier.

Sie musterte mich immer noch. Bevor ich über weitere Schritte nachdenken konnte, sagte sie: »Ich gehe jetzt unter die Dusche. Möchtest du vielleicht zuerst . . .?« Ihre höflich-professionelle Zuvorkommenheit kaschierte es nur schlecht: Das war der endgültige Rausschmiss. Ich schüttelte stumm den Kopf, ohne sie anzusehen. Sie stand auf. Ich sah ihr nach. Dieser anmutige Gang – jede ihrer Bewegungen war ein Genuss.

Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, sprang ich aus dem Bett. Ich zog mich schnell an. An der Tür drehte ich mich noch einmal um. Ich hörte das Wasser rauschen und sah auf das Bett. Diese Nacht würde ich sicher nicht so schnell vergessen.

Mein Büro wartete am nächsten Morgen um acht auf mich wie jeden Tag. ›Projektmanagerin‹ stand unter meinem Namen an der Tür. Zusammen mit zwei anderen Namen, denen meiner beiden männlichen Kollegen. Wir waren der sogenannte ›Projektleiterpool‹.

Meine Arbeit war mehr Teil meines Lebens, als ich es mir oft eingestehen wollte. Ich fühlte mich unwohl, wenn ich mich allzu lange davon fernhalten musste, zum Beispiel durch Urlaub oder Krankheit. Danach war ich oft wieder richtiggehend froh, wenn ich an meinen Schreibtisch zurückkehren konnte. Und oft hatte mir einzig und allein die Arbeit über meine privaten Krisen hinweggeholfen.

»Wo soll ich bloß anfangen? Guck dir das an!« Mein Kollege Markus ließ sein übliches Lamento los, sobald er mich sah.

Ich musste unwillkürlich lächeln. Auch wenn ich privat so gut wie nichts mit meinen Kollegen zu tun hatte, konnte ich mich doch nicht enthalten, sie auf eine gewisse Art zu mögen. Dass wir uns gut verstanden, erleichterte vieles.

»Ach, Markus, du bist doch nicht der Einzige, der viel zu tun hat. Wir sind schließlich alle mit Arbeit bis über die Ohren eingedeckt.« Meine Antwort entsprach seinen Erwartungen ebenso wie meinen üblichen Verhaltensweisen.

Es war schon ein eingespieltes Ritual. Er hörte mir nur mit halbem Ohr zu ebenso wie ich seine über den ganzen Tag verteilten ständigen Bemerkungen halb ignorierte oder automatisch beantwortete. Das gab uns ein Gefühl von Zusammengehörigkeit und lenkte uns nicht zu sehr ab. Arbeitsmäßig waren wir mit völlig verschiedenen Projekten beschäftigt, sodass ein inhaltlicher Austausch kaum stattfand.

Mein zweiter Kollege kam in seiner üblichen ruhigen Art durch die Tür und sah mich. »Guten Morgen«, sagte er, was – wie ich wusste – nur die Einleitung zu einem Arbeitsgespräch sein konnte. Ich hatte mich nicht getäuscht. »Hast du schon gesehen, was ich dir auf den Schreibtisch gelegt habe?«

Ich drehte mich um und sah seinen Bericht auf einem Berg anderer Papiere liegen, mit denen die Schreibtischunterlage bedeckt war. Ich schüttelte den Kopf. »Nein, habe ich nicht. Ich bin gerade erst gekommen.« Ich ging zum Schreibtisch und blätterte schnell durch die Seiten. »Du hast die Planung angepasst, wie wir es gestern besprochen hatten?«

Er nickte. »Und ich habe die Änderungen ins Konzept aufgenommen, die du wolltest. Ich glaube, damit wirst du das Projekt um 20-30 Personentage verkürzen. Das siehst du in der Planung. Ich habe einen neuen Ausdruck gemacht.«

»Okay.« Ich lächelte ihm etwas zerstreut zu, weil mein Blick schon auf das nächste Papier fiel, das unter seinem zum Vorschein gekommen war. Meine Gedanken wanderten ab zu Variantenvorschlägen und Lösungen. Ich hatte mit der Arbeit begonnen.

Sie lenkte mich den Tag über auch wirklich gut von dem Erlebnis der letzten Nacht ab. Danach jedoch war der Rest des Tages nur noch eine einzige Tortur. Wo ich ging und stand, sah ich ihr Gesicht vor mir. Ihre Augen, wie sie mich angeblitzt hatten, und manchmal ihre Hände, wie sie . . . Bloß nicht darüber nachdenken! Ich sehnte mich nach ihr, ich konnte sie nicht vergessen. Körperlich kam ich mir vor wie eine Süchtige auf Entzug. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn mir auf dem Nachhauseweg jemand Dope angeboten hätte. Verliebt in eine Nutte – na wunderbar!

Ich hatte es mir so gesittet vorgestellt, unser nächstes Wiedersehen. In ein paar Wochen würde ich durch die Stadt gehen. Zufällig würde ich sie treffen. Wir würden uns freundlich begrüßen, im Eiscafé einen Bananensplit zusammen essen, über unsere gemeinsamen Erlebnisse plaudern – Weißt du noch, damals, als ich dich so schön befriedigt habe? – und uns für den nächsten Kaffeeplausch verabreden. Eine richtig nette, unkomplizierte Freundschaft. Das konnte ich in den Wind schreiben! In ein paar Wochen würde ich tot sein.

In der letzten Nacht hatte ich kaum geschlafen, auch nachdem ich zu Hause angekommen war. Den Tag über hatte ich vor lauter Arbeit nicht bemerkt, dass mein Appetit erheblich nachgelassen hatte, aber jetzt registrierte ich, dass ich selbst das übliche gemeinsame Mittagessen mit meinen Kollegen hatte ausfallen lassen. Kein Essen, kein Schlaf – wie lange hielt das ein Mensch wohl aus? In der irren Hoffnung, sie heute schon ›zufällig‹ zu treffen, rannte ich nun nach Feierabend ziellos durch die Stadt. Den Bananensplit aß ich auch – man muss dem Schicksal ja schließlich eine Chance geben.

Als es dunkel wurde, gab ich auf. Zu Hause in meinem Bett warf ich mich ruhelos herum. Ich hatte den Eindruck, ich hätte kein Auge zugetan, aber plötzlich war es Morgen. Ich kochte Kaffee, trank ihn, kochte noch mal Kaffee und trank auch den. Meine Nerven dankten es mir mit unterschwelligem Zittern. Seit vorgestern hatte ich nichts als diesen vorweggenommenen Bananensplit gegessen.

Ich rief in der Firma an und meldete mich ab. In diesem Zustand war ich nicht arbeitsfähig. Ich wollte nicht in die Stadt gehen, das würde mich wieder dazu verleiten, sie zu suchen. Also lief ich wie eine wildgewordene Tigerin im Käfig in meiner Wohnung herum. Vom Balkon zum Fenster, vom Fenster zum Balkon.

Ich sah auf die Uhr. Es war acht Uhr morgens. Viel zu früh, um jemanden wie sie anzurufen. Bis neun hielt ich es aus. Dann nahm ich die Karte mit der Telefonnummer hervor. Um Viertel nach neun rief ich sie an. Wahrscheinlich würde sie noch schlafen, bei den langen Nächten . . .

Sie meldete sich mit ihrer Nummer. Sie hörte sich ziemlich wach an.

Ich meldete mich auch, mit meinem Namen und weniger wach.

»Ja?«, fragte sie abwartend.

»Ich möchte . . .« Was sollte ich nur sagen? »Kann ich . . .?« Ich wollte doch keinen Termin von ihr, jedenfalls nicht ›offiziell‹.

»Du möchtest kommen?«, fragte sie ruhig.

»Ja.« Das war Schwerstarbeit. Ich atmete heftig aus.

»Wann?«, fragte sie wieder im selben ruhigen Ton.

Am liebsten sofort! Aber so konnte ich ihr das natürlich nicht sagen. »Heute?«, fragte ich deshalb, indem ich ihren Ton zu imitieren versuchte. Aber sie konnte es wesentlich besser.

»Ja, das geht. – Um elf Uhr?« Sie wartete auf meine Antwort.

»Ich wollte eigentlich jetzt gleich in die Stadt . . .«

»Nein.« Sie lehnte sehr bestimmt ab. »Vorher habe ich keine Zeit.«

Das hieß, sie hatte wahrscheinlich jetzt eine Kundin bei sich oder wartete auf eine! Kann man auf eine Nutte eifersüchtig sein? Ich konnte! Um antworten zu können, schluckte ich den Kloß in meinem Hals herunter. Mit halbwegs normaler Stimme – so hoffte ich wenigstens – sagte ich: »Gut. Also dann um elf.«