Tears of Tess - Buch 3 - Pepper Winters - E-Book

Tears of Tess - Buch 3 E-Book

Pepper Winters

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Beschreibung

Die heiß erwartete Fortsetzung der TEARS OF TESS-Serie. Nach ihrer dramatischen Entführung gab Q alles, um Tess ins Leben zurückzuholen. Aber die blutigen Ereignisse überschatten weiter ihre Zukunft. Tess gibt sich stark, während Albträume und Schuldgefühle sie immer mehr zerfressen. Doch Q spürt die Wahrheit. Sie kann ihm nicht länger geben, wonach er sich so verzweifelt sehnt: die Lust am Schmerz. Um ihre Beziehung zu retten, fasst er einen riskanten Plan, der sie beide direkt in die Dunkelheit führt – zu seinem Monster, das schon so lange darauf wartet, endlich die Kontrolle zu übernehmen … Verrucht, heiß, ergreifend. Jedes Buch von Pepper Winters ist eine gewaltige Reise voller Schmerz und Leidenschaft.

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Seitenzahl: 600

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Aus dem Amerikanischen von Doris Attwood

Impressum

Die amerikanische Originalausgabe

Twisted Together (Monsters in the Dark – Volume 3)

erschien 2014 im Verlag Pepper Winters.

Für die vorliegende Ausgabe wurde der Text in zwei Bände aufgeteilt. Dies ist Band Eins.

Copyright © 2014 by Pepper Winters

Copyright © dieser Ausgabe 2019 by Festa Verlag, Leipzig

Lektorat: Katrin Hoppe

Titelbild: www.istockphoto.com – Julialvanova

Titelgestaltung: Ari – www.coveritdesigns.net

Alle Rechte vorbehalten

eISBN 978-3-86552-752-3

www.Festa-Verlag.de

Für alle, die an »Glücklich bis an

ihr Lebensende« glauben.

Prolog

TESS

Die Dunkelheit wollte uns aufsaugen, töten,

zerstören, unsere Seelen auslaugen …

»Ich heirate dich nicht, weil es mir so große Freude macht, dich als meine Frau zu bezeichnen, esclave. Ich heirate dich nicht, weil es die natürliche Entwicklung einer Beziehung ist. Ich heirate dich, um dich für immer zu besitzen. Deine Seele wird mir gehören, bis in alle Ewigkeit. In Krankheit und Gesundheit, im Leben wie im Tod wirst du mir gehören. Und ich werde dir gehören.«

Q zog mich näher zu sich heran und flüsterte mir leidenschaftlich in den Mund: »Denk nicht, dass das ein Vertrag zwischen zwei Liebenden ist. Du solltest nicht glauben, dass dieses Rechtsdokument fadenscheinig oder unbedeutend wäre. Indem du mich heiratest, nimmst du mich voll und ganz an. Alles, was ich bin. Alles, was ich sein werde. Du akzeptierst mein Licht, meine Dunkelheit, meinen verfluchten, ewig lebenden Geist. Mit deiner Unterschrift bist du nicht länger Tess Snow.«

»Und wer bin ich dann?«, murmelte ich in seinen federleichten Kuss.

»Du bist Tess Mercer. Jetzt und für immer. Bis in alle Ewigkeit. Unabänderlich.«

Kapitel 1

TESS

Doch mit anderen spielen unsere Dämonen nicht,

die Bestie lässt sie leiden,

wenn sie ihre Ketten durchbricht …

»Tu es, puta. Töte sie.«

»Nein! Aufhören. Ich kann nicht mehr. Nicht weiter …«

»Doch, weiter. Jede Nacht gehörst du uns. Jedes Mal wenn du deine verfluchten, hübschen Äuglein schließt, warten wir auf dich. Jedes Mal, wenn du in den Schlaf sinkst, warten wir darauf, dich in den Wahnsinn zu zerren.«

Es ist nicht real. Es ist nicht real.

Sooft ich die Wahrheit auch hinausbrüllte, der Traum würde mich niemals loslassen. Lederjacke trickste meinen Verstand immer wieder aus, lockte mich aus der Sicherheit, die mir Qs Nähe schenkte, und riss mich in die Tiefen der Verzweiflung.

»Bitte, tu mir nicht weh«, stöhnte Blonder Engel.

Ich wollte es nicht. Ich wollte nie wieder einem anderen Wesen wehtun.

»Denk nicht mal dran, dich zu widersetzen, puta. Du weißt ja, was dann passiert.« Mit einem Flackern teilte sich Lederjacke in zwei Ungeheuer: Im einen Moment war er noch der Mann, den ich kannte – der Mann, der mich gefoltert, geschlagen und gedemütigt hatte –, und im nächsten der sabbernde, raubtierhafte Schakal, der Blonden Engel vergewaltigt hatte, nur wenige Minuten bevor Q mich fand.

Nebliger Smog kroch in meinen Verstand und waberte mit widerlicher Wärme um mich herum. »Nein! Nicht.« Ich wollte nie wieder die Geisel von Drogen werden. Drogen ließen mich vergessen. Drogen verwandelten mich in einen von ihnen.

»Tu es, Schätzchen. Sonst tue ich etwas noch viel Schlimmeres«, knurrte Lederjacke.

Mein Herz sank in die Tiefen meiner Seele hinab. Jede Nacht besuchten sie mich. Jede Nacht zerstörten sie die Fortschritte meiner Heilung und schleuderten mich in eine Vergangenheit zurück, die ich nicht vergessen konnte. Jede Nacht erinnerten sie mich daran, dass Schmerz etwas Abscheuliches war. Schmerz war der Teufel. Schmerz war furchtbar, entsetzlich und grausam.

Schmerz.

Mein Verderben.

Meine Last.

Ich schüttelte den Kopf, stand über Blondem Engel. Unsere Blicke trafen sich – wie schon Hunderte Male zuvor – und ich schrie wortlos meinen Kummer, meine Traurigkeit, ein ganzes Leben voller Entschuldigungen hinaus.

Aber es machte keinen Unterschied.

Genauso wie mich einst die Drogen in Rio lähmten, übte der Traum in der Gegenwart Macht über mich aus.

Ich würde nicht frei sein, bis ich mich dem Unvermeidlichen ergab. Ich würde nicht wieder aufwachen, bis ich sie getötet hatte.

Eine schwere Brechstange ruhte in meinen vor Schweiß ganz glitschigen Händen. Ich versuchte rückwärtszutaumeln, aber eine dunkle Kraft presste gegen meine Schultern. Der Phantomdruck hob meine Arme gegen meinen Willen hoch – nahm mir jegliche Kontrolle über meine Bewegungen. Ich schrie, bis meine Kehle rau und blutig brannte.

Der Geruch von Moder und stinkendem Müll verstopfte meine Nasenlöcher, obwohl ich wusste, dass er nicht real war. Obwohl das Einzige, das ich hätte riechen sollen, die tröstliche Mischung aus Zitrus und Sandelholz meines Meisters war, der neben mir schlief.

Meines Meisters, der geschworen hatte, mich vor allem zu beschützen. Meines Meisters, der jede Nacht versagte. Wie sollte ein Mensch auch gegen Albträume ankämpfen? Wie konnte er Männer abschlachten, die er bereits getötet hatte, auch wenn sie meinen Verstand im Schlaf zerstörten?

Ganz einfach: Er konnte es nicht.

Es war jede Nacht das Gleiche. Q kämpfte darum, mich vor Dämonen zu retten, die er nicht bekämpfen konnte. Und ich kämpfte darum, meinen Träumen ein Ende zu bereiten.

Hatte mich der Albtraum einmal gepackt, konnte ich mich erst nach dem grauenvollen Ende wieder von ihm befreien. Jedes Mal war es ein wenig anders. Manchmal geschah es durch eine Kugel. Manchmal durch eine Axt oder Klinge. Aber ganz egal, wie ich es tat, zu morden war die einzige Möglichkeit, mich wieder ins Bewusstsein zu schleudern.

Wenn ich mich stark genug konzentrierte, konnte ich ihn spüren. Wenn ich die Augen ganz fest zudrückte und nach dem Anker suchte, den mein sterblicher Körper darstellte, erkannte ich, dass ich nicht ruhig und friedlich dalag. Mein Körper war schweißgebadet und warf sich in den zerwühlten Laken hin und her. Meine Wangen glühten von Qs beißender Ohrfeige, mit der er versuchte, mich zu wecken.

Noch mehr Schmerz.

Schmerz, nichts als Schmerz.

Das alles musste ein Ende haben, bevor ich wahnsinnig wurde.

»Ich werde dich nicht noch mal bitten, Schätzchen«, grunzte Lederjacke.

Die Brechstange lag nun nicht mehr schwer in meinen Händen. Die unsichtbare, bösartige Macht drückte meinen Rücken durch und hob die Waffe, hoch und tödlich.

Nein. Nein, nein, nein. Nicht schon wieder.

Mach die Augen zu. Schau nicht hin. Besudel deinen Geist nicht mit noch mehr Mord und Gräuel.

Blonder Engel kroch langsam rückwärts, hielt ihr gebrochenes Handgelenk, umklammerte mit den Armen ihr zertrümmertes Knie. Ihr Mund verzerrte sich flehend. »Nicht. Bitte, nicht. Hast du nicht schon genug angerichtet? Du hast sie getötet! Du hast das andere Mädchen getötet. Kennst du denn gar keine Gnade?« Ihre wilden Augen leuchteten grün und klar wie geschliffenes Glas. Ihr blondes Haar glänzte nicht mehr golden, sondern hing in blutigen Klumpen herab.

»Es tut mir leid!«

Sie grunzte nur über meine von Herzen kommende Entschuldigung. »Nein, tut es nicht. Du bist eine von ihnen. Du belügst dich selbst, ihn, mich. Du hast es genossen, die andere Blondine zu töten, und jetzt gierst du nach noch mehr Morden. Du bist ein Monster. Die verfluchte Ausgeburt des Teufels.«

Ihr Hass erstickte mich, saugte mir die Luft aus der Lunge und ertränkte mich in Kummer. Die Brechstange schwang hoch über meinem Kopf, geführt vom Puppenspieler dieses grauenvollen Traumes.

»So ist es gut, Süße. Tu es. Was ist schon ein weiteres Leben? Du hast doch schon einmal auf so wunderbare Weise Gehorsam bewiesen. Jede Nacht begehst du einen verdammten Mord. Jede Nacht kehrst du zu uns zurück.«

Der Mann, dessen Besitz ich gewesen war, der mich unter Drogen gesetzt, mich verkauft und mich letzten Endes gebrochen hatte, tauchte aus dem Traumnebel auf. Der Weiße Mann wirkte in seinem strahlend weißen Anzug elegant und makellos. Ich spürte seine barbarische Berührung an meinem Kinn. Sie umspannte meinen Kiefer, hielt mich gefangen. »Du wirst dich niemals von uns befreien. Wir haben dir in Brasilien deinen Verstand entrissen. Dein Besitzer, dieser verdammte Mistkerl, hat vielleicht meine Männer abgeschlachtet und dich gerettet, aber du kennst die Wahrheit.« Sein Mund senkte sich zu mir herab, die monströse Zunge tauchte zwischen meine Lippen. Ich musste würgen.

Heftig keuchend zog er sich wieder zurück. Manische Wut funkelte in seinen blauen Augen. »Sag mir die Wahrheit.«

Die Wahrheit?

Welche Wahrheit? Ich wusste nicht mehr, was ich glauben sollte. War mein Verstand so verworren, dass ich die Wahrheit nur noch erkennen konnte, wenn ich schlief? Betrog ich mich in jedem wachen Augenblick selbst, wenn ich vorgab, Schmerzen und Gräuel zu verabscheuen, obwohl ich mich in Wirklichkeit danach verzehrte? Danach, sie zu verursachen. Danach, zu töten.

Fragen und Ungewissheit sprossen wie giftiges Unkraut, wuchsen dick und schnell, erstickten auch den letzten Rest von Vernunft und Klarheit.

Bin ich wirklich so, wie sie sagen? Ich bin kein Lehrling mehr. Ich bin der leibhaftige Teufel.

Ich kniff die Augen zusammen, sperrte den Traum aus, grapschte mit panischen Fingern nach dem schwachen Seil, das mich ans Bewusstsein band.

Wach auf, Tess.

Bitte.

»Sag. Es. Mir.« Der Atem des Weißen Mannes wehte über meine Wimpern. Er roch nach Zuckerwatte. Warum roch der Dämon aus meinen Albträumen nach Unschuld und Zucker?

Ich schüttelte den Kopf und wimmerte: »Es gibt nichts zu sagen.« Meine Arme waren noch immer über dem Kopf ausgestreckt und hielten die Brechstange in unnatürlicher Pose. Ich hatte keine Kontrolle mehr. Nicht die geringste.

»O doch, gibt es.« Seine weiße Hose flüsterte leise, als er einen Schritt zur Seite machte und mich mit sich zerrte.

Blonder Engel zitterte so stark, dass ihre klappernden Knochen in meinen Ohren dröhnten. »Nacht für Nacht kehrst du zu mir zurück. Nacht für Nacht tötest du für mich. Du bist nicht frei, Schätzchen. Das ist die verdammte Wahrheit.«

Lederjacke tauchte auf der anderen Seite neben mir auf, grinsend wie ein Psychopath. »Die Wahrheit ist eine beschissene Schlampe – und dann stirbt sie. Du weißt, wie das hier endet, puta. Tu es, dann lasse ich dich wieder aufwachen.«

Aus dem Nichts wehte ein Windstoß herein, wirbelte Staub und Moder im gesamten Verlies auf und heulte in meinen Ohren: Tu es. Tu es. Tu es.

»Nein! Nicht noch mal. Ich kann das nicht noch mal tun.«

Ich bin verrückt. Ich habe völlig den Verstand verloren.

Blonder Engel hörte auf zu zittern und hob den Kopf. Unsere Blicke trafen sich, Verständnis erfüllte uns. Das beiderseitige Bedürfnis, dieser Sache ein Ende zu bereiten. Sie nickte in herzzerreißender Akzeptanz. Mit einer einzigen fließenden Bewegung beugte sie sich nach vorn. Sie sagte kein Wort – das musste sie nicht.

Wir konnten flehen, heulen und schreien.

Aber letzten Endes hatten wir keinerlei Macht.

Die Wahrheit brannte feucht in meinen Augen, durchbohrte mein Herz.

Ich war eine Mörderin.

Ich bin eine Mörderin.

Ich bin ein Monster.

Die Macht, die meine Arme hochhielt, löste sich urplötzlich auf und die schwere Brechstange sauste herab. Blonder Engel zuckte zusammen und zappelte. Ich blinzelte, als die Waffe krachend Knochen zerschmetterte. Ihr Arm fiel zur Seite, als ihr Körper nach vorne kippte und sich dem Tod ergab.

Ich zwang mich aufzuwachen. Die Freiheit erlöste mich für gewöhnlich, sobald ich getötet hatte, aber dieser schwarz umflorte Traum war anders.

Manisches Gelächter erfüllte das stinkende Verlies. Ich ließ die Brechstange fallen und das metallische Scheppern hallte in meinen Ohren wider. Irgendetwas Schweres materialisierte sich in meinen Händen. Düster, kalt und tödlich.

Eine Pistole.

Die Pistole. Die Pistole, die ich benutzt hatte, um ein Leben auszulöschen – ein reales Leben. Die Pistole, mit der ich versuchte hatte, in die Freiheit zu finden. Wir hatten eine gemeinsame Vergangenheit, diese Pistole und ich. Mich verband eine intime Vergangenheit mit einem mörderischen Ding, das mich auf ewig an diesen … diesen … niemals endenden Kreislauf der Träume fesselte.

»Letztes Mal hast du versucht, dich selbst zu töten, puta. Willst du es noch mal versuchen?«

Ich weigerte mich, Lederjacke anzusehen. Seine Stimme kroch wie tausend Spinnen über meine Haut. Ich sehnte mich nach dem faden Polster der Drogen. Ich wollte vergessen. Frieden.

»Drück den Abzug. Mach schon. Du weißt genau, dass du frei sein willst. Das ist der einzige Weg«, zischte Lederjacke und streifte um mich herum.

Meine abgemagerten, blutenden Hände zitterten, als ich mit leeren Augen auf die tote Frau hinunterblickte. Ihr Schädel sah eigenartig aus – gespalten und eingedellt von dem tödlichen Schlag.

Ich hatte das getan.

Ich.

Gott, was ist nur aus mir geworden?

Q hatte so viel geopfert, um mich zurückzuholen – es wäre ein Sakrileg gewesen, nicht weiterzukämpfen und mich seines Geschenks als unwürdig zu erweisen. Aber ich hatte keine Reserven mehr – keine Kraft, um diese Albträume weiter zu durchleben und sie davon abzuhalten, in die Wirklichkeit zu sickern. Meine Nerven lagen in blutigen Fetzen. Mein Verstand war gebrochen. Mein Geist zerstört.

Nicht weiter.

Eine Kugel, ein Blitz aus Schmerz, dann könnte alles vorbei sein.

Lederjacke brüllte, spuckte mir ins Gesicht: »Tu es. Du gehörst uns. Du tust, was wir befehlen!«

Ich hatte nicht die Kraft, mich zu wehren. Ich wollte nicht länger in dieser Welt existieren. Ich hob die Pistole, öffnete den Mund und steckte den metallenen Lauf zwischen meine Lippen. Sie schmeckte wie in meiner Erinnerung. Nach Endgültigkeit. Nach Ende. Ich kniff die Augen zusammen, spannte meinen Körper an.

»Das ist mein braves Mädchen. Schick dich selbst in die Hölle. Wir warten dort schon auf dich.«

Ich zog den Abzug.

Der Schwefel des Schießpulvers kitzelte in meiner Nase.

Der laute Knall einer Kugel dröhnte in meinen Ohren.

Ungläubige Tränen strömten aus meinen Augen.

Verzweiflung und tiefste Trauer zermalmten mein Herz.

Der Traum heulte und tobte, während ich mich in zwei identische Bilder meiner selbst spaltete.

Eine Tess zuckte in Todeskrämpfen, als ihr Hinterkopf in einer grauenvollen Explosion aus Gewebe und rotem Regen zerbarst. Die andere Tess, die allwissende Träumerin, schrie lautlos – unfähig, irgendetwas anderes zu tun als zuzuschauen.

»Nein!« Das konnte einfach nicht möglich sein. Ich hatte mich gerade selbst getötet.

Ich hatte mein eigenes Leben beendet.

Ich bin schwach.

Ich bin ein Feigling.

Ich bin wertlos.

Ich schrie.

»Tess! Scheiße, es ist alles okay.« Q hielt mich fest – genauso, wie er es immer tat. Ich schoss kerzengerade hoch und klammerte mich an seine Schultern. Ich konnte nicht atmen. Ich kroch zu ihm, versuchte ihm noch näher zu kommen, mit ihm zu verschmelzen, um ihm seine endlosen Kraftreserven zu rauben.

Gib sie mir. Gib mir deine Klarheit und Wärme. Ich konnte nicht zulassen, dass er sah, wie tief erschüttert und kaputt ich längst war.

Q zog mich näher zu sich und legte das Kinn auf meinen Kopf. »Gottverdammt, esclave. Du bist ja eiskalt.«

Ich zitterte in seinen Armen wie ein verwelktes Blatt. »Tut mir leid. Tut mir leid … ich bin …«

Seine Muskeln wölbten sich unter der glatten, nackten Haut. Er schlang die Arme noch enger um mich und sie führten mich in einen sicheren Hafen. »Arrête. Tout va bien.« Hör auf. Es ist alles in Ordnung. Seine Stimme klang ruhig, voller unmissverständlicher Autorität, auch wenn er ein leichtes Zittern nicht verbergen konnte. Sein straffer Körper bebte unter leisen Schauern der Anspannung. Aber Q zitterte nicht vor Schreck. O nein. Mein maître zitterte vor ungetrübter Wut. Er bebte vor Rage. Er brannte vor Zorn. Doch seine Wut richtete sich nicht gegen mich, sondern gegen die Geister, die meinen Verstand heimsuchten.

»Du musst verdammt noch mal aufhören, sie reinzulassen. Du bist in Sicherheit. Wie oft muss ich dir das noch sagen?« Seine Wut erhitzte das Eis in meinem Blut und erinnerte mich daran, dass ich noch am Leben war, dass ich trotz allem überlebt hatte. Wenn ich überleben konnte, als man mich zum Töten zwang, meinen Finger mit einer Zange zerquetschte, mir eine Überdosis Drogen verabreichte und mich unter den widerwärtigsten Bedingungen gefangen hielt, dann konnte ich auch die bleibende Erinnerung daran überleben. Das musste ich. Ich schuldete Q mein Leben. Ich konnte ihn nicht enttäuschen – nicht nach allem, was er getan hatte, um mich zurückzuholen.

Vielleicht brauche ich Hilfe.

Allein der Gedanke, mit einem Therapeuten zu sprechen, entsetzte mich. Ich würde seine betont leere Miene nicht ertragen, während ich gestand, dass ich eine Frau getötet hatte. Ich wäre nicht stark genug, ihm in die Augen zu schauen, während ich ihm davon berichtete, wie ihr Drogencocktail meinen Verstand verkrüppelt und mich in ihr kleines Spielzeug verwandelt hatte, das sie nach Lust und Laune benutzen konnten.

Und Antidepressiva? Mit Sicherheit würde ich vollkommen den Verstand verlieren, wenn ich noch einmal bewusstseinsverändernde Drogen nahm.

Du bist es Q schuldig, die Vergangenheit dort zu lassen, wo sie hingehört. Er glaubt, du seist geheilt. Ich hasste es, ihn anzulügen. Ich hasste es, dass ich eine so beschissene Lügnerin war und Q alles sah, was ich zu verstecken versuchte. Professionelle Hilfe war vielleicht die einzige Chance, die mir noch blieb.

Ich hob den Kopf, holte tief Luft und blickte dem unglaublichsten, freundlichsten, furchtsamsten, atemberaubendsten Mann in meinem Leben direkt in die Augen. Sein Haar war nun ein wenig länger, ohne jedoch den majestätischen, spitzen Haaransatz und die perfekte Kieferform zu verbergen. Seine Lippen waren wutverzerrt. Ich spürte, wie eine Woge der Dankbarkeit und Erschöpfung durch meinen Körper schwappte.

Nach allem, was passiert war, sorgte er sich noch immer um mich. Kämpfte er noch immer für mich.

Q erwiderte meinen Blick. Seine blassen Jadeaugen zerrissen mich innerlich, starrten so tief in mich hinein, dass ich mich nirgends mehr verstecken konnte. Und genau darum war es so verdammt schwer, ihm etwas vorzuspielen.

Q hatte sich für mich in einen menschlichen Sandsack verwandelt, an dem ich all die Wut, die in mir tobte, auslassen konnte. Er hatte sich für mich zum Sündenbock dieser Dreckschweine aus Rio gemacht, damit ich jemanden hatte, gegen den ich meine Wut richten konnte. Er hatte so viel für mich getan. Zu viel. Aber es war nicht genug.

Liebe erstickte mein Herz, flickte mich wieder zusammen. Unzählige Schichten aus Bandagen, die mich als Geisel hielten. Ich konnte diesem schrecklichen Gefängnis nicht mehr entkommen und fühlte mich vor Verwirrung regelrecht mumifiziert.

»Wie oft muss ich noch aufwachen, weil du schreist und heulst? Wie viele verfluchte Ohrfeigen muss ich dir noch verpassen, die am Ende nie irgendwas nützen, um dich aus diesem grauenvollen Horror zu befreien, den du immer wieder neu durchlebst?« Die Wut verstärkte Qs französischen Akzent. Er richtete sich auf und schlug auf sein Kopfkissen ein, bis es sich in flauschig aufgeschüttelter Gemütlichkeit ergab. Dann lehnte er sich wieder zurück und strich mit dem Daumen über meine von seiner Ohrfeige heiße und zweifellos rote Wange. »Auch wenn du vielleicht das Gegenteil glaubst, es gehört nicht zu meinen perversen Fantasien, die Frau, die ich zu heiraten gedenke, zu schlagen, wenn sie nicht bei Bewusstsein ist.«

Mir entwich ein leises Lachen. »Gott, Q. Du hast wirklich einen seltsamen Sinn für Humor.«

Die besorgte Anspannung im Raum und die in meinem Blut flirrende Angst lösten sich langsam auf. Q hielt meine Schreie nicht nur aus, er wusste auch genau, wie er mich vor dem Nachhall dieser grauenvollen Schrecken retten konnte.

Die Stiche in meinem Herzen rissen weit auf und fluteten meine Brust mit tiefer, endloser Liebe. In jenem Moment wusste ich, dass ich alles, wirklich alles für diesen Mann tun würde. Er war der Grund, warum ich noch am Leben war. Der einzige Grund, aus dem ich am Leben bleiben wollte.

Er legte die Stirn in Falten. »Warum glaubst du, dass ich scherze?« Er nahm die Hand von meiner Wange und seine Augen verfinsterten sich vor Selbsthass. »Ich habe viele perverse Fantasien, esclave. Denkst du, nur weil ich mich in dich verliebt habe, wurde ich auf wundersame Weise davon geheilt?« Er lehnte sich näher zu mir, seine Nasenspitze nur einen Zentimeter von meiner entfernt. »Du denkst, du kennst mich …« Seine Stimme erstarb, als ihn seine Gedanken aus meinen Armen in die Dunkelheit rissen, von der ich hoffte, er hätte sie längst hinter sich gelassen.

Nachdem ich ihm wehgetan hatte – nachdem ich ihn blutig geschlagen und mit einer Peitsche an die Pforte des Todes getrieben hatte –, fürchtete ich schon, ich hätte ihn für immer zerstört. Er entfernte sich von mir, verschloss sich völlig. Nicht aus Kälte oder Grausamkeit, sondern um seine innersten Gedanken zu beschützen. Er hatte seine Privatsphäre schon immer vor mir geschützt und seine Geheimnisse wie der Wärter einer Burg voller unaussprechlicher Abscheulichkeiten bewacht. Aber gestern, als Q mir einen Antrag gemacht und mich gebrandmarkt hatte, konnte mir dieser Riss in seiner Fassade endlich Hoffnung schenken.

Das Brennen an meinem Hals wurde stärker, überwältigte meine Sinne mit einem dumpfen Pochen. Die versengte Haut tat weh – auch die betäubende Salbe, mit der Q die Stelle gestern eingerieben hatte, konnte die schmerzhaft flammenden Bisse nicht lindern. Doch im Gegensatz zu all den anderen Schmerzen, die ich in den vergangenen Monaten hatte ertragen müssen, genoss ich diesen. Er gab mir etwas, worauf ich mich konzentrieren konnte.

Er gab mir einen Sinn.

Er erinnerte mich daran, dass ich jemandem gehörte und dass meine geistige Gesundheit nicht nur in meiner Verantwortung lag, sondern auch eine Notwendigkeit war. Ich hatte Q einen Eid geschworen. In dem Moment, in dem das Q-Siegel meinen Hals versengte, hatte ich einen symbolischen Vertrag unterzeichnet. Ich war sein, so wie er mein war. Und darum musste ich heil sein – nicht nur für mich, sondern auch für ihn.

Ein eiskalter Schauer huschte mir über den Rücken. Woran dachte er? Was versteckte er hinter seiner harten Schale?

Um die Finsternis aus seinen Augen zu vertreiben, murmelte ich: »Ich weiß alles, was ich wissen muss. Ich weiß, dass du freundlich und großzügig bist. Der beste Liebhaber, Beschützer und Meister, den ich mir nur wünschen könnte.«

Q presste die Zähne aufeinander. In seinem angespannten Gesicht blitzte ein wildes Funkeln. »Ist das alles, was ich bin?«

»Du bist all das und mehr.«

»Hast du die Frage vergessen, die ich dir gestern gestellt habe? Die, die du mit Ja beantwortet hast?«

Ich lächelte, senkte den Blick und folgte mit den Augen den weichen Linien auf seiner Brust. »Nein, ich habe sie nicht vergessen.«

»Ich werde nicht länger nur dein Liebhaber sein, esclave.«

Die Woge der Liebe traf mich erneut wie ein Schwall heißer Luft. Ich konnte sie nicht unterdrücken. Ich wollte sie nicht unterdrücken. »Du wirst ein unglaublicher Ehemann sein.«

Q spannte sich an. »So unglaublich, dass du gestern nicht mit mir durchbrennen und mich sofort heiraten wolltest. So unglaublich, dass du behauptet hast, du wärst zu erschöpft und wolltest noch ein paar Tage hierbleiben.«

Ich zuckte mit den Schultern. Ich wusste, dass er meine Reaktion nicht gut verkraftet hatte. Als er mich nur wenige Augenblicke nach seinem Antrag hatte entführen wollen, war ich gegen eine Mauer der Traurigkeit geknallt. Aber sie bestand nicht nur aus Traurigkeit, sondern auch aus Schuldgefühlen und Kummer und all den anderen komplizierten Gefühlen, die nach allem, was passiert war, noch immer in mir tobten. Wie konnte ich ihm erklären, dass ich unsere Zukunft und unser Glück mit offenen Armen empfangen wollte – dass ich mich mit ihm in die ewige Glückseligkeit stürzen wollte –, es aber einfach nicht konnte? Nicht solange meine Seele noch von den Verbrechen und Sünden erdrückt wurde, die ich begangen hatte. Ich kann dir nicht von meinen Albträumen erzählen. Ich kann meine Schuld oder mein Trauma nicht mit dir teilen. Ich wollte ihn nicht noch mehr belasten, als ich es ohnehin bereits getan hatte.

Sprich mit Suzette. Vielleicht konnte sie mir ja helfen. Andererseits war es nicht fair, ihr von all diesen dunklen Schrecken zu erzählen – nicht nach allem, was sie selbst durchlitten hatte.

Plötzlich drückte mich Q ganz fest an sich und legte meinen Kopf auf seine Brust. »Es ist so viel geschehen, und doch kommt es mir vor, als hätte ich dich erst gestern zum ersten Mal gekostet. Ich habe das Gefühl, alles über dich zu wissen – über dein innerstes Wesen. Du bist mir in so vieler Hinsicht so ähnlich, und trotzdem … kenne ich dich in Wirklichkeit überhaupt nicht.« Er drückte mir einen innigen Kuss auf den Kopf. »Nicht mehr. Pas depuis qu’ils t’ont kidnappée.« Nicht seit sie dich entführt haben.

Ich hatte Q noch nie so melancholisch erlebt, so in sich gekehrt. Er hielt mich fest, als fürchtete er, ich könnte davonschweben. So als hätte er schreckliche Angst, all das – wir, unsere Verbindung – wäre nur eine Illusion.

Ich wusste nicht, wie ich ihn wieder zurückholen sollte. »Alles, was du wissen musst, ist, dass ich dich anbete«, flüsterte ich. Der Albtraum hatte mir auch den letzten Rest an Energie genommen, also tat ich das Einzige, was ich tun konnte: Ich schmiegte mich noch enger an ihn und ließ zu, dass er seine erbarmungslosen Arme um mich schlang, bis mein Körper ächzte und der Schmerz in meiner Wirbelsäule widerhallte.

Q sagte kein Wort.

Ich schloss die Augen und das Poch-poch seines starken Herzens dämpfte die Bilder von Blut und dem ermordeten Blonden Engel. Von ihrem geborstenen Schädel und den weißen Knochensplittern. Ich konnte längst nicht mehr zählen, wie oft ich sie im Schlaf getötet hatte. Aber ganz gleich, wie oft ich ihr Leben stahl, sie kehrte immer wieder zurück – auferstanden Nacht für Nacht, um mich zu quälen.

Q hatte recht. Er wusste nichts. Weil du es ihm nicht erzählt hast.

Ich seufzte. Was konnte ich ihm schon erzählen? Er hatte erlebt, wie ich die Beherrschung verloren und ihn blutig geprügelt hatte. Er wusste, dass das, womit ich lebte, zu mächtig und zu hart war, um es in Worte zu fassen, auch wenn er nicht genau wusste, was es war. Nur die Zeit konnte mich heilen. Nur das Ticktack des Lebens konnte verblassen lassen, was ich getan hatte. Es war meine einzige Chance, wieder zu heilen. Es hatte keinen Sinn, diesen Prozess zu beschleunigen – und aus genau diesem Grund wollte ich auch nicht mit einem Psychiater oder irgendwem sonst sprechen, der mich verurteilen würde.

Ich trug meine Sünden tief in mir – schließlich war ich eine Mörderin. Ich war mein Leben lang ungewollt gewesen, und die Tatsache, dass ich selbst ein wertvolles Leben beendet hatte, erfüllte mich mit etwas, das weit über Schuld hinausging.

Es erfüllte mich mit Scham und tiefem Selbsthass.

Es erfüllte mich mit Schmutz.

Q seufzte schwer und wirbelte die Luft im Schlafzimmer auf. Mit jedem Gedanken und jeder Schlussfolgerung spannten sich seine Muskeln weiter an und übermittelten mir seine Wut wie durch körperliche Morsezeichen.

Mir krampfte sich vor noch mehr Schuldgefühlen der Magen zusammen. Schuldgefühle, weil ich ihm zum wiederholten Mal wehgetan hatte. »Es tut mir leid, Q«, flüsterte ich. Meine Lippen schlossen sich um das kleine Pflaster auf dem »T«, das über seinem Herzen eingebrannt war. Über dem Mal, das ich in seine Haut gebrannt hatte.

Ich konnte immer noch nicht begreifen, dass er mir wirklich verziehen hatte. Er hatte in den vergangenen Monaten alles versucht, um mich zu heilen. Er war zärtlich gewesen. Streng. Wütend. Sanft. Ich tat so, als würde es mit jedem Tag leichter. Ich lächelte und nickte und ließ ihn in dem Glauben, er würde mich mit jedem verstreichenden Moment weiter heilen.

Ich war zu einer besseren Schauspielerin geworden, als ich es jemals zu träumen gewagt hätte. Aber es machte keinen Unterschied, wenn er mit nur einem Blick all meine Lügen entlarven konnte. Manchmal glaubte ich mein Schauspiel sogar selbst. Ich schluckte meine Schwindeleien hinunter und empfand reines Glück, weil es mir endlich besser ging.

Aber dann erinnerte ich mich wieder.

Es ging mir nicht besser. Ich hatte nur gelernt, alles zu begraben, bis der Schrecken zu einem Teil von mir wurde. Die Flashbacks, die Erinnerungen waren meine ständigen Begleiter und ich kämpfte verzweifelt, damit sich die Reaktionen darauf nicht in meinem Gesicht widerspiegelten.

Ich konnte ihm nicht die Wahrheit sagen. Es war nicht fair nach allem, was er geopfert hatte. Ich log ihn an, wenn ich behauptete, ich sei stark genug. Ich tischte ihm Märchen auf, jedes Mal wenn ich ihm versicherte, dass ich nicht mehr an meinen Turm denken musste oder den Drang verspürte, mich hinter den runden Mauern zu verbarrikadieren.

»Mir wird es bald wieder besser gehen«, flüsterte ich. »Es tut mir leid, dass du diese schlaflosen Nächte durchmachen musst. Ich würde es verstehen, wenn es dir lieber wäre, wenn ich für eine Weile nach unten ziehe.«

Q bebte vor neuer Wut. »Diesen lächerlichen Gedanken kannst du dir sofort wieder aus dem Kopf schlagen. Du weichst nicht von meiner verfluchten Seite. Tu m’entends? Hast du mich verstanden?«

Natürlich hatte ich ihn verstanden. Er war mein Meister. Ihm zu gehorchen, schenkte mir eine Zuflucht, von der ich gar nicht gewusst hatte, dass ich sie brauchte. Es nahm mir den Druck, selbstständig denken zu müssen, wenn mein Verstand vor Reue zu durcheinander war.

Ich nickte.

Q schluckte seine Rage hinunter und fügte mit weicherer Stimme hinzu: »Möchtest du ein Bad nehmen?« Obwohl er zärtlich flüsterte, entspannte sich sein Körper nicht. Der Schraubstock seiner Arme schnitt die Blutzufuhr zu meinen Fingerspitzen ab, aber das war mir egal. Er musste mich so fest halten. Er musste sich selbst davon überzeugen, dass ich immer noch hier war. So schlimm die Albträume auch waren: Ich würde ihn niemals wieder verlassen, nicht noch einmal.

Ich hatte ihm ein Versprechen gegeben.

Ich zog mich zurück und schüttelte den Kopf. Noch ein Teil meines Lebens, der beschmutzt worden war. Früher hatte ich es immer geliebt zu baden. Heißes Wasser hatte mich nie im Stich gelassen, stets all meine Sorgen weggespült und mich mit Zufriedenheit überflutet. Aber das war, bevor Lederjacke mich beinahe ertränkt hatte, als ich in Qs Badewanne in Paris döste, um mich anschließend unter Drogen zu setzen.

Nun konnte ich den Gedanken nicht mehr ertragen abzutauchen. Ich glaubte nicht, dass ich jemals wieder baden würde. Nicht dass ich das Q jemals gestanden hätte. Er musste nichts von all den albernen Dingen wissen, die mir Angst machten. Ich war nicht mehr die starke Frau, die er brauchte. Aber ich weigerte mich zuzulassen, dass er mich als eine seiner geheilten Sklavinnen betrachtete, die seine Hilfe brauchten, anstatt als eine ihm ebenbürtige Frau, die ihn verdient hatte.

Der Tag, an dem Q aufhörte, mich als starke Frau zu betrachten, war der Tag, an dem unsere Beziehung ein Ende finden würde.

Ich holte tief Luft, löste mich von ihm und lächelte tapfer. Ich sperrte meine Angst und meine Qualen ein und sorgte mich stattdessen um den Mann, der für mich töten würde. Den Mann, der für mich getötet hatte. Den Mann, der mir einen Heiratsantrag gemacht hatte. Den Mann, den ich heiraten würde.

»Nein, schon gut. Aber trotzdem danke.«

Q runzelte die Stirn. Das silberne Mondlicht war von den rosa und violetten Flecken der Morgendämmerung abgelöst worden. Die verblassenden Narben auf seinem Gesicht sahen im Dämmerlicht noch dunkler aus. Ich hatte ihn nicht nur auf eine Art gezeichnet.

Ich hatte das getan. Ich hatte seinem wunderschönen Gesicht Narben zugefügt. Ich habe ihm so sehr wehgetan, dass er beinahe gestorben wäre. Und das alles nur, weil ich nicht zwischen dem wahren Leben und meinen Albträumen unterscheiden konnte. Ich wusste, dass Q eine mächtige Verwandlung durchgemacht hatte, als er es mir erlaubt hatte, ihn auszupeitschen. Die frischen Narben auf Gesicht und Körper bewiesen, wie vollkommen er sich mir unterworfen hatte.

Wie viel erwartet er dafür im Gegenzug?

Ich hätte liebend gerne jeden Preis bezahlt, um ihm meine endlose Dankbarkeit zu zeigen, aber ich konnte dennoch nicht leugnen, dass ich anders war.

Q spannte den Kiefer unter seinem dichten Dreitagebart an. Der Stress der vergangenen Monate war uns beiden anzusehen. Ich hatte Angst, dass wir nie wieder die sein würden, die wir einmal gewesen waren.

»Ich habe dir gesagt, dass du mich nicht anlügen sollst. Einen so erfahrenen Mistkerl wie mich kannst du nicht hinters Licht führen. Glaubst du wirklich, ich könnte deine Märchen nicht schon von Weitem riechen?« Seine raue Stimme tröstete und bestrafte mich zugleich.

Ich senkte den Kopf und blickte mich im Raum um, um ihn nicht ansehen zu müssen. Das riesige Bett hüllte uns in einen Kokon aus schwarzen Laken. An der Decke glitzerten die silbernen Ketten in der frühen Dämmerung, mit denen er mich gefesselt hatte, um mich dann zu ficken.

Der Kamin mit den Hirschgeweihen und die Spiegelkommode am Fuß des Bettes versprühten eine eigenartige Mischung aus Beklemmung und dem Gefühl, zu Hause zu sein. Beide Emotionen waren auf ewig miteinander verwoben, wenn es um Q ging.

Dann fiel mein Blick auf die Truhe, in der sich Qs umfangreiche Spielzeugsammlung befand. Spielzeuge, die er wegsperrte. Werde ich mich jemals wieder so nach Schmerzen verzehren wie früher?

Die Erinnerung daran, wie ich ihn zum Orgasmus gezwungen hatte, überwältigte mich. Meine vom Teppichboden aufgeschürften Knie; der Schmerz in meinem Kiefer, als ich seinen Schwanz gelutscht hatte; sein salziger Geschmack, als er in meiner Kehle explodiert war. Ich vermisste diese Leidenschaft. Ich vermisste die Hemmungslosigkeit zwischen uns. Ich vermisse es, Schmerzen zu mögen.

»Ich lüge dich nicht an. Ich fühle mich wirklich schon besser. Ich brauche kein Bad.«

»Und was brauchst du dann?« Er griff nach meiner Hand und legte sie auf seine linke Brust. Die Hitze seiner Haut entfachte ein Feuer in meinen Fingerspitzen. Ich konnte einfach nicht aufhören, die Spatzen und den Stacheldraht auf seiner Brust anzustarren.

»Ich brauche dich«, flüsterte ich und wünschte mir das Brennen zurück, den überwältigenden Hunger nach Sex. Aber er blieb verschwunden. Entweder war meine Libido noch nicht wieder erwacht oder ebenfalls zerstört worden.

Du weißt, was zerstört worden ist. Du willst es nur nicht wahrhaben.

Ich verdrängte die Stimme und hob den Blick.

Q saß wie versteinert da, teils Statue, teils Monster. »Und noch eine Lüge. Qu’est-ce que je vais faire de toi?« Was soll ich nur mit dir machen? Er lehnte sich nach vorn. Seine blassen Augen suchten meine, durchbrachen meine Verteidigungsmauern und enthüllten Dinge, die ich ihn niemals hatte sehen lassen wollen.

»Ich habe dir doch gesagt, du sollst aufhören, mich anzulügen.«

»Das tue ich nicht.«

Er schnaubte verächtlich und verzerrte angespannt die Lippen.

»Es gibt auch so etwas wie zu viel Wissen«, fügte ich hinzu. »Gib mir Zeit, dann werde ich auch nicht mehr das Bedürfnis haben, dir etwas vorzuenthalten.«

»Ich habe dir schon einmal Zeit gegeben, und du weißt ja, was passiert ist. Du hast eine Festung errichtet und mich ausgesperrt. Du warst so verdammt kalt, so verflucht unantastbar. Vergib mir, wenn ich nicht darauf vertrauen kann, dass du das nicht noch einmal tust.« Qs Hand schoss blitzschnell nach oben und er krallte die Finger um meine Kehle.

Ich erstarrte und kämpfte mit zwei Emotionen: Ich wusste, dass Q mir nicht wehtun würde – nicht so wie Lederjacke. Und ich wusste, dass Liebe diese Wut in ihm ausgelöst hatte. Aber ich konnte weder die Panik unterdrücken, die in meinen Adern kochte, noch verhindern, dass sich meine Augen weiteten und zu viele Geheimnisse preisgaben. Ich war ein Opfer – und Q konnte nicht besonders gut mit Gebrochenheit umgehen.

Sein Blick verfinsterte sich und mein Pulsschlag hämmerte immer wilder unter seinem Daumen. »Um Gottes willen, Tess, du kannst es ja noch nicht mal ertragen, dass ich dich berühre. Wie hast du es nur geschafft, dich letzte Nacht von mir ficken zu lassen?«

Ich biss mir auf die Lippe, damit meine dreckigen Lügen nicht aus mir heraussprudelten. Gestern hatte ich mich von Q schlagen lassen, weil er sich an sich selbst hatte erinnern müssen, bevor es zu spät war. Ich hatte ihm meinen Schmerz geschenkt und würde es mit Freude jede Nacht für den Rest meines Lebens tun, wenn er dadurch glücklich war. Aber ich würde es vortäuschen müssen. Ich würde etwas vortäuschen müssen, das früher ebenso ein Teil von mir gewesen war, wie es ein Teil von Q war, Schmerzen zuzufügen. Früher waren wir das perfekte Spiegelbild des anderen gewesen, aber nun war dieses Bild verblasst, verhüllt.

Als er mich gestern genommen hatte, musste ich sämtliche Erinnerungen und den Rest der grauenvollen Geschichte verdrängen. Während seiner Schläge hatte ich mich innerlich nicht vor Vergnügen verkrampft, sondern vor Panik. Ich hatte Q in dem Glauben gelassen, es wäre Lust. Ich wollte ihm nicht wehtun. Er musste nichts von meinem entsetzlichen Geheimnis erfahren. Es hätte ihm das Herz gebrochen und eine tiefe Schlucht zwischen uns aufgerissen. Die Zeit würde mich heilen. Die Zeit würde alles wiedergutmachen.

Das würde sie.

Daran musste ich glauben.

Mit so ruhiger Stimme wie möglich erwiderte ich: »Ich liebe es, wenn du mich berührst. Und gestern mit dir zu schlafen hat alles für mich bedeutet.« Ich hob einen Arm und löste seine Hand von meiner Kehle. Dann hielt ich ihm meinen Diamantring direkt vor die Nase und fügte hinzu: »Du hast mir gestern einen Heiratsantrag gemacht. Du hast mir dein Leben angeboten, dein Vermögen. All das, was du für mich getan hast, werde ich dir niemals wieder zurückzahlen können. Aber lass mich versuchen, Normalität darin zu finden, dass ich dich liebe und all das akzeptiere, was du mir gibst.«

Q blickte mich finster an. »Willst du damit etwa sagen, dass du jetzt, in diesem Moment, mit Freuden zulassen würdest, dass ich dich fessle und dich mit der neunschwänzigen Katze bearbeite?« Seine Augen funkelten. »Und dass du für mich feucht werden und nach meinem Schwanz lechzen würdest, genau wie du es früher getan hast?«

Mein Herz galoppierte. Warum musste er mir auch so bohrende Fragen stellen? Er weiß es. Es war dumm von mir gewesen zu glauben, er wüsste es nicht. Hatte er wirklich erraten, dass ich mich nicht länger nach der köstlichen Mischung aus Schmerzen und Vergnügen sehnte? »Ja«, hauchte ich. »Ich würde dir alles geben. Genauso wie du mir alles gibst.«

Q packte meine Hand und drehte an den filigranen Flügeln des Rings, der sich um meinen Finger schloss. Die Diamanten funkelten selbst im Licht der Dämmerung und mir wurde ganz warm ums Herz, als ich daran dachte, dass Q einen Peilsender in den Goldring eingelassen hatte, damit er immer wusste, wo ich war. Das tröstliche Gefühl, zu wissen, dass er nach mir suchen würde, war unbeschreiblich. Mein Monster würde kommen. Genau wie zuvor.

»Du versteckst so vieles vor mir, aber du vergisst, dass ich Furcht riechen kann.« Seine Augen bohrten sich in meine. »Bereust du, dass du Ja gesagt hast? Hast du Zweifel daran, ob du mich wirklich heiraten willst?«

»Was? Nein!« Angst durchstach mein Herz. »Warum um alles in der Welt fragst du mich das?« Ich riss meine Hand los und funkelte ihn an. »Deinen Antrag anzunehmen war das Beste, was mir je passiert ist. Wenn ich nach Furcht rieche, dann nur weil ich das Gefühl habe, deiner nicht würdig zu sein.«

»Würdig?«, knurrte Q. »Du fühlst dich meiner nicht würdig, nach allem, was du meinetwegen durchlitten hast?« Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und seine Miene verfinsterte sich. »Du verstehst es immer noch nicht.«

Mein Puls raste. All die Erinnerungen, die ich sonst nie an die Oberfläche dringen ließ, stürzten auf mich ein: das grausige, blutige Herz, das Q mir zu Füßen gelegt hatte. Die schwarzen Rabenflügel, die er als mein düsterer Engel getragen hatte, als ich unter Drogeneinfluss halluzinierte. Wie konnte ich das Gefühl haben, eines Menschen würdig zu sein, der so viel mehr war als ich?

»Nein, du verstehst es nicht. Ich kam als Geschenk zu dir. Du hast meinen Verstand gefoltert, meinen eigenen Körper gegen mich gewandt und mir Dinge gezeigt, die ich mir schon immer gewünscht habe, auch wenn ich vor dir niemals stark genug war, mir das wirklich einzugestehen. Du hast mich nicht nur fortgeschickt, weil du dachtest, du würdest mich sonst völlig zerstören, sondern auch einen kompletten Menschenhändlerring massakriert, um mich zu retten.« Mir schnürte sich vor aufsteigenden Emotionen die Kehle zu. Ich wünschte, ich könnte ihm endlich begreiflich machen, welche Ehrfurcht ich vor ihm empfand. Wie sehr ich ihn liebte. Die eine Hälfte meiner Seele pulsierte vor kosmisch strahlender Liebe, während die andere vor Schmutz und Zerstörung triefte.

»Du hast mir nicht nur dein Imperium und deine Liebe geschenkt, sondern auch deine größte Angst. Glaubst du, ich wüsste nicht, wie schwer es für dich war zuzulassen, dass ich dich fessle und misshandle? Du hast es mir erlaubt, zu deinem Meister zu werden, Q. Wie könnte ich dir das jemals wieder zurückzahlen?«

Ich erwartete, dass Q mich anschreien würde. Dass er all die Dinge auflisten würde, durch die ich meine Schuld seiner abgefuckten Logik nach bereits beglichen hatte. Aber stattdessen sprang er vom Bett und ging ins Badezimmer.

Die Tür knallte zu. Ich lag mitten auf dem Bett und wartete darauf, dass die Dusche anging oder irgendetwas zerschmetterte, weil er seine gewaltige Wut an der Einrichtung ausließ.

Doch schon wenige Sekunden später klapperte die Tür in ihren Angeln und Q stürmte wieder ins Zimmer. »Ich sage dir, wie du es mir zurückzahlen kannst. Du kannst mich heiraten. Heute. Ich warte nicht noch länger.« Qs melodischer Akzent durchschnitt den Raum und peitschte mich förmlich mit seiner drängenden Strenge.

»Nicht noch länger? Du hast mir gestern erst den Antrag gemacht.«

»Widersprich mir nicht, Tess. Es sei denn, du willst, dass ich deinen köstlichen Körper vom Bett zerre und dich ficke. Deine Widerworte sind das schlimmste Aphrodisiakum – ich weiß, dass du mich nicht willst.« Er tigerte wie ein rastloses Tier in einem Käfig auf und ab und knurrte: »Und zu wissen, dass du für mich trotzdem die Beine breit machen würdest, bringt meinen Kompass für Richtig und Falsch komplett durcheinander.«

Er nahm mir jegliche Wahl. Er hatte recht. Ich wollte ihn nicht. Nicht solange die Wut in blutroten Wellen aus ihm herausströmte. Aber ich wollte diese Verbindung. Ich wollte daran erinnert werden, dass es mir nicht gelungen war, Q zu vertreiben, obwohl ich es verdammt noch mal mit aller Kraft versucht hatte. Ich wollte mich bei ihm nicht nur mit Worten entschuldigen.

Q wandte sich ab und riss eine Schublade auf. Er schnappte sich mehrere Hemden und Unterwäsche und knurrte: »Zieh dich an. Wir gehen.«

Ich rutschte vom Bett und runzelte die Stirn. »Du kannst davor nicht davonlaufen. Nur die Zeit wird uns dabei helfen zu vergessen.«

Q drehte sich wieder zu mir um. Seine tief sitzende Baumwollhose unterstrich seine harte Erektion nur umso mehr und schmiegte sich an seine kräftigen Oberschenkel. Er baute sich in drohender Autorität vor mir auf. »Ich laufe nicht vor etwas davon, esclave. Ich laufe auf etwas zu. Unsere Zukunft ist noch ungeschrieben. Ich habe es satt, in der Vergangenheit zu leben. Es ist an der Zeit, dich für immer zur Meinen zu machen. Ich bringe dich an einen Ort, an dem uns niemand finden kann.«

»Tess. Tu dors?« Schläfst du?

Ich schreckte auf und blickte direkt in Qs blasse Augen. Ich schenkte ihm ein sanftes Lächeln und schüttelte den Kopf. »Ich schlafe nicht.« Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich nie wieder geschlafen. Ich wollte meine Albträume nie mehr durchleben und stattdessen lieber in der Gegenwart bleiben, in der es so vieles gab, wofür ich dankbar sein konnte.

Q sah mich finster an, aber dann umspielte langsam ein Lächeln seine Lippen. »Wir sind schon fast da. Ich wollte nicht, dass du es verpasst.«

Mein Herz trommelte gegen meinen Brustkorb, als wollte es mir einbläuen, dass ich immer noch am Leben war und die Katastrophen der Vergangenheit angehörten.

Ich blickte aus dem ovalen Fenster und erspähte den glänzenden Ozean und eine Landmasse am Horizont. Ich werde bald heiraten! Seit Q mir den Ring an den Finger gesteckt hatte, schien er wie besessen zu sein. Er preschte voran und zerrte mich immer schneller auf den Moment zu, in dem wir beide »Ja, ich will« sagen würden. Diese Eile war verrückt. Es war Wahnsinn, so schnell zu heiraten. Aber alles, was ich tun konnte, war, mich daran festzuhalten und diesen magischen Wirbelwind nicht wieder loszulassen.

»Ich will nicht eine Sekunde verpassen.« Ich zwang mein Lächeln, sich in ein Strahlen zu verwandeln, und Q entspannte sich ein wenig. Er sah so unglaublich attraktiv aus, auf so subtile Weise unendlich stark. Eine Ecke des Pflasters auf seinem Brandmal lugte unter den offenen Knöpfen seines grünen Hemdes hervor.

Die Flugzeugmotoren wurden leiser und die Nase der Maschine neigte sich Richtung Erde. Ich hatte mich mit der Zeit an Qs Reichtum gewöhnt – seinen Helikopter, seine Villa, sein Immobilienimperium –, aber dieses Flugzeug würde ich niemals mögen.

Zu viele böse Erinnerungen lauerten zwischen den cremeweißen Ledersitzen und dem honigfarbenen Holz. Ich hatte in diesem Flugzeug gesessen, nachdem ich an Q verkauft worden war, und wäre beinahe durchgedreht, während Franco mich mit teuflischem Grinsen anstarrte. Später hatte Q mich dann mit dieser Maschine zu Brax nach Hause geschickt, nachdem er meine ganze Welt auf den Kopf gestellt hatte.

»Verdammt, ich liebe es, wenn du lächelst.« Q stand auf, überquerte den schmalen Gang und kniete sich zwischen meine Beine. Mir krampfte sich der Magen zusammen, als ich sah, wie er sich vor mir verbeugte. Ich würde mich nie an die Art gewöhnen, wie er mich ansah – oder an die schiere Dankbarkeit, die in seinen Augen leuchtete.

Früher hatte ich einmal geglaubt, das Leben hätte mich durch die Hölle geschickt, damit ich Q verdiente – damit ich des unbezahlbaren Geschenks wahrer Liebe auch wirklich würdig war. Selbst jetzt, nach Rio, hatten sich meine Überzeugungen nicht geändert. Wenn überhaupt, dann fühlte ich mich darin nur bestätigt. Ich hatte die Hölle durchlebt, um dieses kostbare Band zu verdienen.

Ich hatte erst vom Bösen geläutert werden müssen, um zu wissen, was Perfektion bedeutete.

»Fühlst du es auch? Fühlst du dich leichter? Freier? Es gibt keine bessere Medizin bei Problemen, als an einen neuen Ort zu reisen.« Er kniete vor mir und lehnte sich bis auf Kussweite nach vorne. Er streckte die Zunge heraus, leckte sich über die Lippen und zog meine volle Aufmerksamkeit auf sich.

Mein Magen grummelte nervös und ich schnappte zitternd nach Luft. »Ich fühle es. Ich fühle …« Angst und Hoffnung und Panik und Glück und …

Q ließ den Blick zu meinem Mund sinken. Ich konnte kaum noch atmen. »Was fühlst du, esclave?« Langsam legten sich seine großen Hände auf meine von der Jeans bedeckten Knie. Während er eine elegante schwarze Anzughose und ein hellgrünes Hemd trug, hatte ich eine Designerjeans und einen Wickelcardigan mit passendem weißen Schal an. In Frankreich war es nicht besonders warm gewesen, als Q mich aus dem Haus gezerrt und die Flugzeugtreppe hinaufbugsiert hatte.

Seine Hände wanderten noch höher und versengten meine Haut förmlich unter dem dicken Leinen. Das »Q«, das er auf meinen Hals gebrannt hatte, flammte vor Hitze auf und flehte ihn an, mich dort zu küssen – mich in Besitz zu nehmen.

»Sag es mir. Was fühlst du?« Seine Stimme klang plötzlich rau und krächzend und seine Brust hob und senkte sich in schnellem Rhythmus.

Ich konnte mich nicht aufrichten – meine Knochen schienen zu schmelzen und mein ganzer Körper war wie hypnotisiert von seinem Zauber. Ich schwebte davon und versuchte mit aller Kraft, in diesem Moment zu verharren und das leise Flackern der Lust in meinem Blut weiter anzufachen. »Deine Finger. Ich fühle deine Hitze. Ich fühle deinen Atem auf meinem Gesicht. Ich fühle deine Lippen schmerzlich nah an meinen.«

Auf meinen Oberschenkeln verwandelten sich Qs Finger in Krallen und pressten mich in das weich gepolsterte Leder. »Fühlst du, wie sehr ich dich brauche? Wie sehr ich dich nehmen will? Auf meine Weise? Ohne verdammte Kompromisse?« Seine Augen funkelten und entzündeten Funken in meinem Herzen. »Ich will dich, Tess. So sehr, verdammt noch mal.«

Die Erinnerung daran, wie er mich in seinem Helikopter vögelte, vernebelte meinen Verstand. An jenem Tag hatte ich ihn so sehr gewollt, dass ich dem Wahnsinn nahe gewesen war. Allein der Gedanke daran, dass er mich schlug, hatte mich ganz wild gemacht … aber jetzt verspürte ich nur noch ein leise brummendes Bedürfnis – eine schwache Öllampe, verglichen mit dem Blitzschlag von damals.

Gieß Öl ins Feuer. Entfache es neu.

Ich überließ ihm völlig die Kontrolle und zwang mich, größeres Verlangen zu empfinden. Ich nickte. Ein leichtes Stöhnen kam mir über die Lippen, als seine Hände an meinem Körper aufwärtsstreichelten. Sie glitten über meine Hüften, packten mich an der Taille und hielten mich fest.

»Würdest du zulassen, dass ich dich nehme? Hier? Jetzt?«, raunte Q und strich in einem neckenden Beinahe-Kuss mit seinen Lippen über meine.

»Ja«, hauchte ich. »Nimm mich. Hier. Jetzt. Überall. Ich will …« Ich will wieder ich selbst sein. Ich will frei sein.

Ich tat alles, um nicht in Gedanken abzuschweifen, legte die Hände um sein Gesicht und spürte voller Begeisterung die raue Sanftheit seines Kiefers. Er hatte sich rasiert, aber nicht gründlich. Ich liebte es, wie ungezähmt er aussah, obwohl er so edle Kleidung trug.

»Was willst du?«, flüsterte er und seine Lippen waren nur einen Hauch von meinen entfernt.

»Ich will …« Ich will wieder in der Lage sein, Schmerzen zu lieben. Aber es war ebenso sinnlos, wie sich bei einer Sternschnuppe etwas zu wünschen. Ich würde vielleicht nie wieder in der Lage sein, Leidenschaft durch Schmerzen zu empfinden. Nicht nach allem, wozu sie mich gezwungen hatten.

»Sag es, esclave.«

Was sagen? Die schreckliche Wahrheit war, dass ich unsere Ehe zerstört hatte, bevor sie überhaupt begann – aber vielleicht wollte er auch nur noch mehr Lügen darüber hören, dass ich mich nicht in einen Schatten meiner selbst verwandelt hatte.

Q rührte sich nicht und wartete darauf, dass ich etwas erwiderte.

Meine Brust schmerzte, als ich all meinen Mut zusammennahm. »Ich will, dass du mich küsst. Lass mich alles vergessen – bis auf deine Zunge, deinen Geschmack, dein Verlangen.«

Q zögerte nicht.

Seine Lippen rammten sich auf meine und mein Hinterkopf drückte sich in das Leder. Ich stöhnte, als seine Zunge mit seiner typischen Selbstsicherheit und Dominanz wie ein Speer in meinen Mund eindrang. Er schmeckte nach Dunkelheit und Sünde, und ich wäre ihm bis ans Ende der Welt gefolgt.

Er neigte den Kopf zur Seite, leckte meine Zunge und ermunterte mich, den Kuss zu erwidern. Bereitwillig küsste ich ihn noch leidenschaftlicher und bebte in seinen Armen, als er heftig stöhnte. Intensive Spannung knisterte zwischen uns, verdichtete sich zu einem engen Netz aus Hitze und Begehren. Ich brauchte noch mehr – ich musste ihm zeigen, wie tief ich in seiner Schuld stand. Ich packte seine Hände und presste sie auf meinen Busen. Im selben Moment, in dem mich seine großen Pranken umschlossen, verlor er die Kontrolle und küsste mich brutal.

Seine schonungslosen Lippen verletzten meine, erhitzten sie, ließen sie schmelzen. Mit seelenerschütternder Tiefe verschlang er mich und zog mich in seine Welt. Jede Berührung seiner Zunge half mir dabei, ins Leben zurückzufinden. Jedes Lecken ließ das Grau verblassen und wieder Farben hinein.

Seine Berührungen wurden immer gröber. Ich zuckte zusammen, als er meine Nippel durch den Stoff verdrehte. Die Androhung von Schmerzen hätte mich früher in himmlische Höhen versetzt, aber nun dämpfte sie meine Lust. Die Bläschen des Verlangens zerplatzten in meinem Blut und die sexuelle Frustration ließ ein kaltes, lebloses Gefühl in mir zurück.

Nein. Aufhören.

Ich hasste mich dafür, dass ich so frigide geworden war. Dass ich so gegen alle Arten von Schmerz konditioniert war.

Q versteifte sich und erstarrte in seinen Berührungen.

Ich konnte nicht zulassen, dass er erkannte, wie sehr ich jegliche Form von Qualen hasste. Dass sie die Feuchtigkeit zwischen meinen Schenkeln schlagartig vergehen ließen und meine Bereitwilligkeit in Abneigung verwandelten.

Er darf es nicht erfahren.

»Q – Gott, lass mich alles vergessen. Bitte, lass mich alles vergessen«, keuchte ich in seinen Mund. Bitte, erkenne die Wahrheit nicht.

Q erwiderte meinen Kuss nicht. Stattdessen löste er sich von mir und durchbohrte mich mit seinen blassen Augen. Gänsehaut breitete sich auf meinem ganzen Körper aus und ich erschauderte. Eine böse Vorahnung kribbelte über meine Wirbelsäule. Was, wenn ich diesen Teil von mir nie wiederfand? Ich konnte nicht zulassen, dass er mich in dem Glauben heiratete, ich sei seine perfekte andere Hälfte, wenn ich mich nicht mehr nach seinen Gürteln, Ketten oder Peitschen sehnte.

Ich legte eine Hand auf seine Wange und kämpfte heftig keuchend gegen die brennenden Tränen an. »Küss mich. Tu alles mit mir, was du willst.«

Der Schmerz in seinen Augen machte meine Verzweiflung beinahe unerträglich. Seine Miene verschloss sich und wurde unlesbar. Zärtlich wandte er den Kopf ab und küsste meine Handfläche. »Gott, das will ich wirklich. Wie sehr ich dir doch wehtun will, dich küssen, dich ficken.« Er verbarg seine Gefühle hinter einer sorgfältig platzierten Maske und lächelte. »Aber ich verwehre es mir lieber. Ich werde dich lieber nur ansehen und von all den Dingen fantasieren, die ich mit dir tun will, ohne sie mir zu erlauben.«

Es brach mir das Herz. Q hatte mich gerade angelogen. Er hatte mich angelogen, um mir meinen Freiraum zu geben. Er hatte mich angelogen, um zu verhindern, dass ich mich wieder an den Ort zurückzog, den er am meisten hasste und fürchtete – meinen Turm.

Er lehnte sich näher zu mir und ich nahm seine berauschende Hitze und seinen Zitrusduft wahr. »Lass es gut sein.«

Was gut sein lassen? Meine schwarzen Gedanken? Meine Todesangst davor, das verdammt noch mal Beste zu versauen, das mir jemals passiert war?

Ich schlang die Arme um seinen Hals und zog seinen Mund auf meinen. Ich blockte die endlosen Fragen in meinem Kopf ab und schauspielerte. Die Rolle der ungebrochenen Sklavin 58, die Quincy Mercer nicht fortschicken konnte, schenkte mir Trost. Ich gab ihm alles.

Aber es reichte nicht.

Q drückte seinen Handballen auf meine Brust und presste mich tief in den Sitz. »Du kannst mich nicht mit Worten belügen, und du kannst mich auch nicht mit Taten belügen. Lass es gut sein. Hör auf, mich zum Narren zu halten. Glaube nicht, ich würde dir deinen verdammten Mist abkaufen, Tess.«

Ich presste die Lippen aufeinander und senkte den Blick. Ich hasste mich selbst. Ich hasste all das. Ich hasste Lederjacke und den Weißen Mann, verflucht noch mal.

»Ich weiß aber nicht, wie ich damit aufhören soll«, flüsterte ich. Es gab kein Selbsthilfebuch oder ein Zehnpunkteprogramm, das mir zeigte, wie ich diesen Schleim wieder aus meiner Seele spülen konnte. Ich hatte mich auf eine Beziehung mit Q eingelassen, obwohl ich niemals geglaubt hatte, dass er sich ändern oder ein Gleichgewicht zwischen Licht und Dunkelheit finden würde. Ich hatte ihm mein Herz geschenkt, obwohl ich die ganze Zeit gewusst hatte, dass ich vielleicht nur ein kleines Stück davon zurückbekommen würde.

Aber Q hatte mich völlig überrascht. Er hatte sein Leben bereitwillig aufgegeben, um meines zu retten. Er hatte zugelassen, dass ich sein Selbstwertgefühl zerstörte, nur um mich wieder ins Leben zurückzuholen. Und jetzt bat ich ihn um noch mehr. So viel mehr – zu viel.

Q schien meinen Gedanken zu folgen. Meinen Ängsten. Er verzog frustriert die Lippen. »Toujours en train de mentir.« Du belügst mich immer noch.

Ich schnappte nach Luft, als er mich plötzlich nach vorne riss. Seine scharfen Zähne kitzelten mein Ohrläppchen und meine Nerven. Sein heißer Mund ließ mich erzittern, als er an meiner Haut zu knabbern begann. »Es macht mich so verdammt steif, esclave, wenn ich nur daran denke, dass du die Meine sein wirst. Ganz die Meine. Meine Ehefrau. Es verleiht mir unglaubliche Kraft, zu wissen, dass ich für dein Glück verantwortlich sein werde.«

Qs bedrohliche Küsse wanderten von meinem Hals zu meinem Schlüsselbein und ich legte den Kopf in den Nacken. »Und ich nehme meine Verantwortung sehr ernst. Ich werde dich wieder glücklich machen. Das schwöre ich.«

Tränen traten in meine Augen und ich wäre am liebsten versunken. Ich wollte in seinen Versprechen versinken. In der Sicherheit, in der er meine Kämpfe für mich ausfocht.

Qs Körper spannte sich an, er grub die Hände tief in meine Schenkel und seine Stimme verwandelte sich in ein Knurren. »Und wenn du erst wieder glücklich bist, werde ich dich so hart nehmen, dass du schreist. Ich werde dir zeigen, wie verdammt glücklich du mich gemacht hast, weil du Ja gesagt hast.« Seine Zähne bohrten sich in meine Haut.

Schmerz.

»Töte sie. Wenn du es nicht tust, schneiden wir ihr einen Finger nach dem anderen ab.« Lederjackes Stimme dröhnte in meinem Kopf. Ich erstarrte.

Nein. Bleib im Jetzt. Erinnere dich nicht.

Stechende Panik walzte wie ein Bulldozer durch mein Herz. Entsetzen und Abscheu übergossen mich wie ein eisiger Regenschauer.

»Schlag sie, puta. Gehorche uns, sonst machen wir es noch zehnmal schlimmer.«

Schmerz – er war ein Werkzeug der Liebe, aber auch eine Waffe des Hasses. Er war abscheulich. Er war barbarisch.

Bitte …

Ich hasste es, dass ich nicht die geringste Macht besaß, um zu verhindern, dass das Böse weiter mein Leben besudelte. Ich hasste es, so schwach zu sein.

Ich kniff die Augen fest zusammen und konzentrierte mich auf Qs heißen Atem und seine Zähne, die wie die eines Raubtiers hart zubissen. Er verletzte meine Haut nicht, aber der drohende Schmerz reichte aus – ich verlor den Halt.

Die Kolibri-Blondine erwachte vor meinem inneren Auge zum Leben. Sie war zerkratzt und verstümmelt – durch meine Hand. Mir drehte sich der Magen um. Am liebsten hätte ich mich übergeben.

Bleib bei ihm. Bleib in der Gegenwart. Bleib in Sicherheit.

Die Flugzeugkabine war zu klein. Die Luft zu erdrückend. Das Licht wurde rußfarben, während der Geruch von Moder und Schweiß aus den Eingeweiden meiner Albträume aufstieg.

»Tess. Tess!« Q richtete sich auf und packte meine Wangen mit beiden Händen. »Gottverdammt, Tess.« Sein harscher Temperamentsausbruch schuf eine Art Vakuum, das den Schrecken ebenso schnell aufsaugte, wie er mich vereinnahmt hatte.

Wo eben noch die Erinnerungen an Verrottung und Fäulnis gewesen waren, existierte nun nur noch meine hyperventilierende, bebende Übelkeit.

Ich öffnete die Augen. Qs Blick tauchte in sie ein und ich hatte das Gefühl, er hätte am liebsten ganz tief in mich hineingegriffen und meine Dämonen aus mir herausgerissen, wenn er es nur gekonnt hätte. Ich lächelte so strahlend wie möglich. »Tut mir leid. Reiseübelkeit.«

Q knurrte und stand auf. »Lügen. Was habe ich dir gerade gesagt?« Sein Gesicht verzerrte sich zu einer Maske aus verletzter Wut. »Es ist die letzte, die ich dir gestatten werde. Bei der nächsten wird es mir verdammt noch mal egal sein, wie viel Angst du hast – ich werde dich zwingen, mir die Wahrheit zu sagen.« Er überquerte den schmalen Gang und setzte sich steif wieder auf seinen Sitz.

Scheiße.

Heftig keuchend blickte ich mich in der Kabine um und versuchte, eine Möglichkeit zu finden, die Situation zu retten – mich zu retten. Doch nichts an der luxuriösen Ausstattung des Flugzeugs gab mir auch nur den geringsten Hinweis darauf, wie ich meinen Geist von dieser Angst befreien konnte.

Ich öffnete den Sicherheitsgurt und überbrückte die kurze Distanz zwischen uns mit ein paar Schritten. Nun war ich an der Reihe, vor Q auf die Knie zu gehen, und ließ mich zwischen seinen gespreizten Schenkeln nieder. Seine schiere Größe und seine Aura der Ruchlosigkeit ermöglichten es mir, all mein Vertrauen in seinen Glauben zu legen – in seinen Glauben daran, mich heilen zu können.

»Ich wünschte, ich könnte dir etwas anderes sagen. Es kommt mir vor, als würde ich mich in letzter Zeit nur noch bei dir entschuldigen.«

Q seufzte schwer und einen Moment lang fürchtete ich, er würde einfach die Arme verschränken und mich ignorieren. Aber dann strich er eine blonde Locke aus meiner Stirn und spannte den Kiefer an. »Ich wünschte, ich könnte deine Erinnerungen aus dir herausreißen, damit sie dich endlich in Frieden lassen. Ich wünschte, ich könnte diese verdammten Mistkerle noch einmal töten. Am liebsten würde ich vergessen, dass ich ein Mensch bin, mein inneres Monster freilassen und ihnen alle Gliedmaßen einzeln ausreißen.«

Qs ganzer Körper spannte sich an und vibrierte vor Rage. Es hatte eine Zeit gegeben, in der mich Qs Zorn angetörnt, verängstigt und dennoch fasziniert hatte. Aber jetzt, nach allem, was wir durchgemacht hatten, jagte er mir keine Angst mehr ein. Seine Wut erfüllte mich mit Glück. Er würde alles für mich tun, alles für mich sein. Die Tatsache, dass er mir dieses wundervolle Geschenk machte, löste schmerzliche Dankbarkeit in mir aus.

Ich legte meine Hände auf seine Knie. »Das wünschte ich auch.« Als ich das weiche Material auf seinem harten Körper spürte, setzte mein Herz einen Schlag lang aus.

»Was wünschst du dir sonst noch?«, wollte er wissen. Er konnte all das spüren, was ich nicht aussprach. Er wollte die Wahrheit wissen.

Ich richtete mich auf und gestand: »Du musst mir versprechen, dass du mich nicht hassen wirst. Wenn ich weiß, dass du Geduld beweisen wirst, dann kann ich wieder genesen. Das schwöre ich.«

Q schüttelte traurig den Kopf. »Davor hast du Angst? Dass ich die Geduld verliere und dich verlasse, weil du gegen Dinge kämpfst, über die du mir nichts erzählen willst?« Er setzte sich kerzengerade auf und blickte funkelnd in meine Augen. »Habe ich dir je einen Grund gegeben, daran zu zweifeln, dass ich selbst nach dem Tod noch auf dich warten werde, wenn ich muss? Habe ich dir je einen Grund gegeben, unsicher zu sein?«

Scheiße, er hatte wirklich eine Gabe, Schuldgefühle in mir auszulösen. Wie konnte ich ihn bitten, auf mich zu warten, wenn ich insgeheim glaubte, er würde mich verlassen, lange bevor ich geheilt war?

»Nein. Es tut mir leid.« Ich ließ die Schultern hängen. Jeder einzelne Teil von mir fühlte sich schwer und kalt an. »Du warst immer sehr sanft und verständnisvoll.«