Thai Ways Band 3. Löcher im Weg – die Lebensgeschichte der Kambodschanerin Lind Deecha - Matthias Wehlitz - E-Book

Thai Ways Band 3. Löcher im Weg – die Lebensgeschichte der Kambodschanerin Lind Deecha E-Book

Matthias Wehlitz

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Beschreibung

Löcher im Weg, die Lebensgeschichte der Lin Deecha: Die Geschichte 'Löcher im Weg' ist nicht frei erfunden, sondern entspricht einer auf die Erzählung der »Lin Deecha« basierenden Wiedergabe ihres Lebensweges, der in der Tat viele Löcher im Weg hatte. Die Hauptperson der Geschehnisse ist die heute 40 jährige Kambodschanerin, mit thailändischer Staatsangehörigkeit, »Lin Deecha«. Dieses Mädchen und ihre Cousine »Mäo«, die zum Zeitpunkt der Ereignisse gleichaltrig waren, sind vom eigenen Bruder und der Tante mit elf Jahren nach Thailand, als Arbeitssklavinnen in eine Textilfabrik, verkauft worden. Lin erlebt Hoffnung und Liebe auf grausame Weise. Auf ihrem Weg durch ein Bordell, beim sexuellen Missbrauch, durch Drogen, körperliche Misshandlungen, Betrug, Mord und bezahltem Sex. Hintergründig werden ihre Beweggründe, Gefühle und ihr Leben in Thailand beschrieben. Eine eindrucksvolle und ergreifende Novelle, lebensnah und mitreißend.

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Seitenzahl: 367

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Inhalt

Titelseite

Impressum

Vorwort

Löcher im Weg

Die Lebensgeschichte der Kambodschanerin Lin Deecha

Worterklärung

THAI WAYS Band 3:Löcher im Weg

Matthias Wehlitz

Die Lebensgeschichte der Kambodschanerin Lind Deecha

Erzählungen aus Thailand

Engelsdorfer Verlag

Bibliografische Information durch Die Deutsche Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Copyright (2005) Engelsdorfer Verlag

Alle Rechte beim Autor

www.engelsdorfer-verlag.de

eISBN: 978-3-86901-117-2

Vorwort

Die Lebensgeschichte der Lin Deecha beginnt in einem Zeitraum, den man als Extreme bezeichnen kann. Es war die Zeit in der Kambodscha von den Machthabern des Pol Pot Regimes, der ‘Roten Khmer’ beherrscht wurde. Die Welt hatte dieses Land einfach vergessen und die kommunistischen Machthaber versuchten die Menschen mit Gewalt für ihre politische Überzeugung zu gewinnen. Wer nicht beugsam war, wurde einfach aus dem Weg geräumt, sprich ermordet. Das eindrucksvollste Dokument zu dieser Zeit ist der Film ‘Killing Fields’. Auch Kinder wurden dazu benutzt ihre eigenen Eltern zur Umkehr zu bewegen, das heißt, sie in Umerziehungslagern der ‘Roten Khmer’ dem Regime zu Willen zu machen und, oder wenn nötig sogar zu töten. Da war es gar nicht verwunderlich, wenn einige Eltern ihre Kinder verkauften um in der erbarmungslosen Armut dieser Zeit wenigstens einige Tage länger zu überleben. Der Hintergedanke der Eltern war, dass ihren Kindern das eigene Schicksal erspart bleibt. Niemand wusste, dass der Missbrauch der Kinder auf der anderen Seite der Grenze zu Kambodscha, wie zum Beispiel in Thailand, auf ähnliche Weise weiterging. Nur dort wurden sie sexuell missbraucht, aber damit ließ sich auch gutes Geld verdienen. Der Mensch stand dabei völlig im Hintergrund, wichtig war und ist selbst heute noch, wenn kambodschanische Kinder an die Bars in Pattaya und anderswo, mitten in der Nacht, zum Blumen verkaufen geschickt werden, allein der Profit. Kein Wunder ist es deshalb, wenn Mädchen wie Lin und ihre Cousine Mäo, die nichts anderes kennen gelernt haben, auch nur daran interessiert sind, ihr Leben durch möglichst viel Profit, besser zu gestalten. Dass es viele Löcher im Weg hat, die dabei zu überwinden sind, dürfte jedem klar sein.

Der Autor Matthias Wehlitz

Löcher im Weg

Die Lebensgeschichte der Kambodschanerin Lin Deecha.

Im September 1995 hatte ich die Prüfung zum Tauchlehrer auf der Insel Phuket abgelegt. Nach meiner Rückkehr in die Tauchschule auf Koh Samui, wo ich das Tauchen gelernt hatte, bekam ich das Angebot vom deutschen Betreiber, eine kleine Tauchschule auf der Insel Koh Mak, die nördlich der zweitgrößten Insel Thailands Koh Chang liegt, zu betreiben. Wir einigten uns auf einen Vertrag für eine Saison. Um dem Problem einer Arbeitsgenehmigung aus dem Weg zu gehen, begleitete mich meine thailändische Freundin „Liam“ auf die Insel. Sie musste mit ihren Namen als Geschäftsführerin eingetragen werden, weil ich offiziell ohne Arbeitsgenehmigung nicht als Tauchlehrer arbeiten durfte. Auf der Inselselbst gab es in der Regel keine Überprüfung der thailändischen Behörden. Alles was zu regeln war, regelte der Familienclan des Inselbesitzerst „Kuhn Somjai“ und mit dieser Familie bin ich sehr gut befreundet. Sollte sich doch einmal eine Amtsperson der Behörden auf die Insel verirren, dann wurde ich rechtzeitig gewarnt und war für diese Leute nur ein deutscher Tourist, der zum tauchen auf die Insel gekommen ist. Polizei gab es auf der Insel auch keine, denn sie war ja in Privatbesitz.

Als die Hauptsaison im Juni 1996 zu Ende ging, kamen nur noch wenige europäischen Touristen auf die Insel. Irgendwann, gar keiner mehr und unser Einkommen ging auf Null zurück. Meine Freundin Liam und ich, wir waren uns darüber einig den Pachtvertrag über die Tauchschule auf der Insel Koh Mak nicht zu verlängern. Wir gingen zurück nach Ko Samui und machten uns Gedanken, was wir nun arbeiten könnten. Liam hatte eine Idee, mit der ich mich erst einmal anfreunden musste. Sie machte mir den Vorschlag: Wir gehen in den Isaan, nach Khorat zu meiner Familie. Dort betreibt einer meiner Brüder in dem kleinen Dorf ‘Banajai’, was ca. 50 Kilometer vor Khorat liegt, eine Zuchtfarm für Wasserschildkröten. Mit diesen Schildkröten (thai gespochen - Dau) handelt er am Fischmarkt in Bangkok. Diese Schildkröten gehen von dort nach ganz Süd-Ost-Asien, wie Korea, Japan, Hongkong usw. und sind eine beliebte Delikatesse. Wir können versuchen das Geschäft mit den Schildkröten ein wenig auszuweiten, um mit vom Verkauf der Schildkröten zu leben. Ich war mit dieser Schildkrötenzucht schon einverstanden, bestand aber darauf, dass ich mich erst einmal mit einem Überblick über die Zuchtform und über die Umstände vor Ort vertraut machen muss, denn weder von Schildkröten, noch vom Isaan selbst, hatte ich die blasseste Ahnung. Ich sagte ihr: „Wenn es sich nicht so entwickelt, wie du dir das vorstellst, oder mir gefällt es nicht im Isaan, dann gehe ich erst einmal wieder nach Deutschland und arbeite dort, zumindest einen Sommer lang.“ Wir waren uns einig. Also packten wir unsere Sachen, verabschiedeten uns von Freunden und stiegen in den Bus nach Bangkok, um von Morchid, dem großen Busbahnhof, miteinem Überlandbus nach Khorat zu fahren. Da das kleine Dorf Banajai, vor dem eigentlichen Ziel Khorat liegt, veranlasste Liam, meine Freundin, den Fahrer des Busses, an der Einmündung der Straße, die in das Dorf führte, anzuhalten. Es gab keinen offiziellen Haltepunkt. Am Strassenrand stand eine windschiefe Bretterbude, in der einige junge Männer saßen, die eine rote Weste trugen, auf der hinten eine Nummer aufgedruckt war. Das waren Motorradtaxi – Fahrer, die sich ihr Geld mit dem fahren der Leute zu den einzelnen Dörfern, verdienten. Wir setzten uns auf zwei Motorradtaxi und fuhren mit ihnen in das 10 km entfernte kleine Dorf Banajai. (Banajai, heißt frei übersetzt Haus der alten Weiber.)

Das Dorf, war wie fast alle Dörfer im Isaan, ein kleiner Ort, mit ca. 30 Häusern. Fast alle Einwohner lebten von der Landwirtschaft, zum Grossteil vom Reisanbau. Einige züchteten noch Pilze, die in Zelten aus Bambus gezogen wurden. Jeden Tag wurden einige geerntet und auf dem Markt verkauft. Ein paar Dorfbewohner hatten sich große Wasserbecken gebaut und züchteten darin fischfressende Wasserschildkröten, wie der Bruder von Liam. Im Dorf lebten ca. 150 arme aber lebenslustige Menschen, die ich gleich am ersten Tag kennen lernen sollte, denn unser Empfang im Dorf war sehr herzlich und gleichzeitig Anlass genug, eine zünftige Dorfparty zu veranstalten. Alles strömte vor dem Haus Liam’s und deren Eltern, die nebeneinander stehen, zusammen, um den Farang, (Ausländer) den Liam mitgebracht hat, zu bestaunen. Es wurde gleich Essen und Trinken aufgetischt und bis in die halbe Nacht hinein gefeiert. Zu meinem Erstaunen befand sich noch ein Farang im Dorf, ein Rentner aus der Schweiz, mit dem Namen „Dieter“. Dieser Dieter hatte sich mit seiner thailändischen Lebensgefährtin „Lin Deecha“, 40 Jahre alt, aus Pattaya „zurückgezogen“, wie er es nannte. Er sagte mir, es wäre viel zu laut und zu hektisch in der Touristenhochburg Pattaya und er sei jetzt mit seinen 58 Jahren in einem Alter, wo er wesendlich mehr Ruhe brauche, deshalb lebe er die meiste Zeit, die er in Thailand ist, lieber im Isaan. Der Dieter aus der Schweiz war ein sehr hilfreicher Zeitgenosse und wir waren eine Woche täglich zusammen. Er kannte die Gegebenheiten im Dorf schon sehr gut und machte mich mit allem vertraut. Er erzählte mir auch einiges über seine Freundin Lin, die für die Verhältnisse im Dorf über reichlich Einfluss und Geld verfügte. Sie war als alles andere als „arm“ zu bezeichnen. Eines Tages fragte ich sie: „Wie hast du das denn eigentlich gemacht, in einem so großen und schönen Haus, nur mit Dieter, ohne den üblichen Familienclan von Oma, Opa, Eltern, Geschwister, Tante und Onkel zu leben. Mir fällt auf, dass das nicht die Regel ist?!“ (Ich erfuhr von Dieter vorher, dass er keinen Pfennig in das Anwesen gesteckt hatte – ich war davon ausgegangen, nur er könnte das Haus gebaut haben.)

Zu meinem Erstaunen fing sie an über ihr Leben zu erzählen. Ich hatte sogar den Eindruck, sie war richtig froh über ihr bisheriges Leben erzählen zu können. Sie sprach ein sehr gutes Englisch und berichtete mir in allen Einzelheiten, wie es ihr in den letzten 39 Jahren ergangen war.

So begann ihre Erzählung gleich mit einem Geständnis:

„Ich bin gar keine Thai, sondern in Kambodscha geboren“, so begann „LIN“ mit der Erzählung über ihr Leben.

„Gut erinnern kann ich mich noch an den Tag vor 36 Jahren, als mein damals neunjähriger Bruder Non, blutüberströmt in unsere Hütte in einem Dorf in Kambodscha, wo wir zu dieser Zeit lebten, gestürzt kam und schrie: „Mama und Papa sind tot, alle sind erschossen worden von Soldaten der Khmer, alle tot, tot, tot!“, schrie er. „Die Soldaten haben sie auf dem Feld erschossen und unsere Schwestern Lek und Nit (die 15 und 16 Jahre alt waren) mitgenommen! Ich habe nur einen Streifschuss an den Kopf bekommen und konnte mich in einem Busch verstecken und später unbemerkt fliehen“, erzählte er weiter. „Ich weiß es noch wie heute, obwohl ich erst 3 Jahre alt war“, so erzählte Lin weiter. „Meinen Bruder hatte eine Gewehrkugel die Kopfhaut aufgerissen. Diese Wunde blutete sehr stark und er war am ganzen Körper voller Blut. Mein Großvater, der sich mit in der Hütte befand, verband ihm die Wunde und riet uns Kindern, in den Dschungel zu flüchten, bis wir uns sicher sind, dass die Soldaten der roten Khmer weitergezogen sind. Non lud mich auf seinen Rücken und wir flüchteten uns in den nahen Dschungel. Dort versteckten wir uns unter umgestürzten Bäumen und beobachteten das Dorf. Um unseren Hunger zu stillen aßen wir Maden, die mein Bruder aus der Rinde einiger alter Bäume sammelte und ein paar Wurzeln von Pflanzen die mein Bruder schon kannte. Das Trinkwasser holte er sich aus Blumenkelchen in denen sich Regenwasser gesammelt hatte. In der Nacht sahen wir, dass die Soldaten der Khmer in unser Dorf eingedrungen waren und einige Hütten angezündet hatten. Wir konnten deutlich das Feuer und den Rauch sehen. Schüsse aus Gewehren und Explosionen von Granaten hörten wir die ganze Nacht hindurch. Non entschied sich am nächsten Tag, nicht in das Dorf zurückzukehren, sondern lieber zu einer Schwester unserer Mutter, in ein 10 Kilometer entferntes Dorf zu flüchten. Non lud mich wieder auf seinen Rücken und wir machten uns auf den Weg in das Dorf unserer Tante. In dieses Dorf war noch kein Soldat vorgedrungen, aber jeder wusste von dem Geschehen in unserem Dorf. Unsere Tante „Ming“ nahm uns auf und war von diesem Tag an, auch unsere Mutter. Von unseren Eltern und unseren Schwestern haben wir nie wieder etwas gehört. Bestimmt hatte man unsere Schwestern vergewaltigt und dann auch umgebracht, wie man es mit vielen getan hatte, die dann Jahre später in irgendwelchen Massengräbern wiedergefunden wurden. Die Roten Khmer waren für ihre Grausamkeiten unter Pol Pot berüchtigt. Die Leichen meiner Eltern hat man nie gefunden, sicher sind die auch in einem der unbekannten Gräber verschwunden, wo man auch die übrigen ermordeten Dorfbewohner verscharrt hatte. Niemand hat jemals danach gefragt, aus Angst, selbst von den Roten Khmer getötet zu werden. In der Familie der Tante Ming gab es noch ein Mädchen das im gleichen Alter war wie ich und nun meine Schwester „Mäo“ war. Sie war ja eigentlich meine Cousine, aber wir wuchsen von da ab, wie Schwestern auf. Zwei Söhne der Ming waren irgendwo im Lande bei einer Rebellentruppe untergetaucht und kämpften gegen die Roten Khmer und Pol Pot. Nach drei Jahren tauchte plötzlich einer der Söhne wieder auf. Er war erst 16 Jahre alt, hieß „Nam“ und hatte keine Hände mehr. Seine Hände waren ihm von einer Granate abgerissen worden. Ich war schon 7 Jahre alt und musste mich um Nam kümmern, der ohne Hände nicht viel machen konnte. Nam lehrte mir und Mäo das lesen und schreiben, er selbst hatte es bei den Rebellen gelernt. Schreiben konnte er nur mit den Füßen, dazu steckte ich ihm einen Bleistift zwischen die Zehen. Er hatte seine Schwierigkeiten damit, aber mit der Zeit ging es immer besser. Bald konnten wir Mädchen lesen und ein wenig schreiben. Durch gegenseitigen Anreiz wurden wir aber damit immer besser. Während ich mich fast ausschließlich um Nam kümmerte, der ohne Hände recht hilflos war, mussten Mäo und mein Bruder Non, der jetzt zwei Söhne der Ming ersetzte, mit auf dem Reisfeld arbeiten. Der Ehemann der Ming, der jetzt ja auch mein Vater war, wurde plötzlich sehr krank und verstarb nach kurzer Zeit. Jetzt mussten auch ich und Nam mit auf das Reisfeld, um beim pflanzen und ernten zu helfen. Nam sollte den Dunk-Dunk (Einzylindriger offener Lastwagen. Bestehend aus einer Pritsche auf Rädern, einem Motor und durch das Geräusch des einen Zylinders – dunk, dunk, dunk, - auch seinen Namen bekommen hatte) fahren. Weil er aber nicht richtig lenken konnte mit seinen Armstümpfen, setzte ich mich immer auf seinen Schoß und übernahm das lenken, während er mit den Füßen Gas, Bremse und Kupplung betätigte. Immer, wenn wir zum Feld mit dem Dunk-Dunk fuhren, merkte ich, wie sich in seinem Schoß etwas regte und er ganz verlegen wurde, als ich ihm sagte: „Nimm das harte Ding aus deiner Hose, oder lasse es besser zu Hause, es drückt mich immer so am Hintern!“

Ich wusste schon, was er zwischen den Beinen hatte, denn wenn er manchmal Wasserlassen musste, half ich ihm dabei, ihm den Penis zu halten beim pinkeln, damit er sich nicht nass macht, denn er selbst konnte seinen Penis nicht mit seinen Armstümpfen aus der Hose holen. Aber ich wusste noch nicht, dass sein Penis wachsen konnte.

Eines Tages, Nam, Mäo und ich waren unterwegs mit dem Dunk-Dunk zum Reisfeld. Nam hielt plötzlich das Dunk-Dunk an und sagte: „Ich muss absteigen, mich drückt das Wasser. Lin, du musst mir helfen.“

Er sprang vom Dunk-Dunk und stellte sich an die Seite. Ich folgte ihm, holte, wie ich es eigentlich jeden Tag machte, sein Ding aus der Hose und wartete auf sein Wasser. Mäo stellte sich daneben und schaute zu. Plötzlich wurde sein Ding immer größer, ich ließ es los und ging erschrocken einen Schritt beiseite. Er sagte: „Nimm ihn wieder in die Hand und drücke ihn ein wenig nach unten – ich habe heute ein Problem beim Wasserlassen!“ Als immer noch nichts kam, fragte er: „Du hast doch schon unsere Ziege gemolken? Damit bei mir etwas kommt, machst du es genau so, wie bei der Ziege. Ziehe einfach die Haut hin und her, und ich kann Wasserlassen.“ Sein Ding war aber jetzt schon so groß, dass ich die ganze Hand nehmen musste, um es so zu machen, wie bei der Ziege. Ich schob also die Haut hin und her, wie er es mir gesagt hatte, plötzlich kam weißes dickes Wasser im hohen Bogen aus seinem Ding gespritzt. Dabei schüttelte sich Nam am ganzen Körper.

Mäo fragte verzweifelt: „Nam – bist du krank? Dein Wasser sieht so dick und weiß aus, dass ist doch nicht normal!“

„Ich habe es wohl zu lange angehalten, deshalb ist es so dick geworden und kommt nun schwer heraus“, entschuldigte er sich. „Mäo mach du es noch einmal genau so wie es Lin gemacht hat, ich glaube es war noch nicht alles, was da gekommen ist und wenn Lin einmal nicht da ist, musst du es auch können.“

Nam hielt Mäo sein Ding entgegen. Mäo machte es genau so, wie sie es bei mir beobachtet hatte und es dauerte nicht lange, da kam ein zweites Mal einige Spritzer weißes Wasser aus seinem Ding heraus, gleich hinterher lief endlich sein gelbes Wasser. „Ihr müsst das jetzt immer so machen, damit sich bei mir nichts mehr stauen kann und ich ernsthaft krank werde. Sagt aber auf keinen Fall jemanden etwas davon, besonders nicht der Mutter, sie macht sich sonnst unnötige Sorgen. Versprecht es mir!“, sagte er im Befehlston.

Wir versprachen es ihm, setzten uns wieder auf das Dunk-Dunk und fuhren weiter zum Reisfeld. Während Nam die Fallen, die wir im Feld aufgestellt hatten, absuchte, bündelten Mäo und ich die geernteten Reispflanzen. Mit den Fallen fingen wir die großen schwarzen Ratten, die für uns eine Delikatesse sind und manchmal das einzige Fleisch im Reistopf waren. Während Mäo und ich den Dunk-Dunk mit Reisbündeln beluden fragte ich Mäo, ob es den richtig ist, wenn wir es für uns behielten, dass Nam solche Probleme hat beim Wasser lassen. Sie sagte nur: „Er wird es schon am besten wissen, denn er ist doch viel älter als wir und es macht mir nichts aus zu helfen. Er hat Recht, wenn wir Mutter nichts sagen, die hat doch jetzt, seit unser Vater tot ist, genug Sorgen.“

„Du hast recht, machen wir es so, wie er sagt. Es ist doch nicht schlimmes dabei zu helfen damit er sich besser fühlen kann, und außerdem macht es mir auch nichts aus. Er kann nun einmal ohne Hände nicht für sich selbst sorgen.“

Von da ab sprachen wir nicht mehr darüber und befreiten Nam von seinem Druck, wann immer er es wollte. Ein Jahr später lernte Nam ein Mädchen aus unseren Dorf näher kennen und heiratete sie auch bald darauf. Er brachte seine junge Frau mit in unser Haus und seit dem kümmerte sich seine Frau „Däng“ um Nam und wir brauchten nichts mehr für ihn zu tun.

Eines Abends, beim Reis kochen, fragte ich Däng: „Hat denn Nam immer noch Schwierigkeiten mit dem pinkeln, oder ist er wieder gesund?“

Sie verstand nicht, was ich meinte und deshalb erzählte ich ihr, was Mäo und ich öfter für Nam gemacht haben, damit er sich wieder wohlfühlen konnte. Däng lachte und sagte ich solle einmal Mäo holen und dann wollte sie uns erst einmal sagen, welche Krankheit Nam hatte. Als Mäo mit zuhörte sagte Däng: „Nam ist nicht krank gewesen. Er hat nur eure Hände benutzt um sich zu befriedigen, weil er das ja nicht selber machen konnte und sich auch nicht getraut hat, es euch zu sagen.“ Dann erklärte sie uns, wo das weiße Wasser herkam und warum sich ein Mann von Zeit zu Zeit davon befreien muss. Jetzt wussten auch wir bestens Bescheid, aber schämten uns fürchterlich. Däng sagte: „Schämt euch nicht, ihr habt Nam geholfen, das ist eine gute Tat gewesen, die Geister werden es euch danken.“

Zwei Jahre später, Mäo und ich, wir waren jetzt 11 Jahre alt, kamen zwei fremde Männer in unser Dorf. Sie kamen auch in unser Haus und redeten lange mit meiner Ersatzmutter Tante Ming und mit meinem Bruder Non, der nun 18 Jahre alt war. Die Männer setzten sich mit Ming und Non etwas Abseits des Hauses unter einen Bambusschirm, wo sie von Däng bewirtet wurden. Ming ließ uns zu sich rufen. Sie erklärte uns, dass die Männer gekommen sind, weil sie für eine Fabrik in Thailand junge Arbeiterinnen suchten. Die beiden Männer erzählten uns, dass sie Mäo und mich ausgesucht hätten, weil wir die hübschesten Mädchen im Dorf wären und schon lesen und schreiben können.

Dass sie sagten, wir währen die hübschesten Mädchen im Dorf, machte uns sehr stolz, aber trotzdem hatten wir große Angst, aus dem Dorf weg zu gehen. Weiter sagten sie, es währe eine große Ehre für uns in Thailand für die Familie zu arbeiten, denn wenn unsere Ausbildung abgeschlossen ist, könnten wir viel Geld nach Hause schicken. Egal wie Mäo und ich darüber dachten, wir mussten uns fügen. Die Männer ließen uns eine Stunde Zeit, um uns von unserer Familie, für die nächsten drei Jahre, zu verabschieden. Noch am selben Tag wollten sie uns nach Thailand bringen. Alle weinten, auch mein Bruder hatte feuchte Augen. Er nahm mich in seine Arme und wünschte mir viel Glück. Es kam mir nicht vor wie ein Abschied für wenige Jahre, sondern wie ein Abschied für immer.

Später habe ich erfahren, dass die Männer 10.000 thailändische Baht (200 Euro) für Mäo und mich bezahlt hatten. Dieses Geld mussten wir in der Fabrik wieder abarbeiten. Erst wenn das Geld abgearbeitet ist, sollten wir Lohn bekommen, den wir nach Hause schicken konnten. Bis dahin waren wir eigentlich Leibeigene des Fabrikbesitzers in Thailand.

Mäo und ich stiegen heulend in das Auto der Männer, die noch in ein anderes Dorf fuhren, wo noch drei Mädchen unser Schicksal teilen sollten. Irgendwo brachten uns die Männer über die Grenze nach Thailand, wo sie ihren Weg fortsetzten und uns in den Isaan schafften. Dort landeten wir in einer Teppichfabrik der großen Stadt Khorat. Gleich nach unserem Eintreffen konnten wir ein Bad nehmen. Es war das erste Mal, dass wir unter einer Dusche mit warmen Wasser standen. Danach brachte man uns neue einheitliche Kleider und Unterwäsche. Die erste Unterwäsche in unserem Leben, wir hatten vorher nie Schlüpfer getragen, es gab ganz einfach keine im Dorf. In Kambodscha trugen wir nur unseren Sarong, einen Ärmellosen Umhang, ohne etwas darunter. Was uns am meisten erstaunte, war, jedes Mädchen bekam Schuhe, die ersten richtigen Schuhe unseres Lebens. Wir konnten es erst gar nicht fassen und fühlten uns wie im Paradies. Schade, dass unsere Eltern es nicht sehen konnten, wie gut es uns jetzt ging. Ich hatte mir vorgenommen ihnen so schnell wie möglich zu schreiben, vor allem dass es Mäo und mir sehr gut geht. „Mara“, es war eine Frau mittleren Alters, sie hatte uns in der Fabrik in Empfang genommen, zeigte allen Mädchen ihren Schlafplatz in einem großen Raum, der mit zwanzig Matratzen ausgelegt war. Jedes Mädchen konnte eine freie Matratze aussuchen und schlafen, wo es wollte. Mäo und ich fanden noch zwei leere Matratzen, die nebeneinander lagen. Trotzdem schliefen wir die erste Nacht auf nur einer Matratze eng aneinandergepresst. Es war die erste Nacht in unserem Leben auf einer weichen Unterlage. Zu Hause schliefen wir nur auf einer Bastmatte als Unterlage, auf dem Boden der Hütte.

Am nächsten Morgen um 6 Uhr öffnete die Frau, die sich Mara nannte unseren Verschlag. Sie führte uns in ein Badehaus, dass auch gleich die Toilette war. Ein Mädchen, welches neben uns geschlafen hatte, musste den Eimer, der in der Nacht für die Notdurft, in einer Ecke stand, mit hinaustragen und entleeren. Frau Mara erklärte uns alles, was wir für die nächste Zeit zu beachten haben, gleichzeitig teilte sie jedem neuem Mädchen, ein älteres Mädchen zu, dass schon länger in der Fabrik arbeitete. Ich musste mit „Lean“ mitgehen und Mäo bekam „Bee“ zugeteilt. Beide Mädchen waren zwei Jahre älter als wir, Thailänderinnen und kamen aus einem kleinen Dorf in Udon. Lean sagte mir: „Ich soll dir alles zeigen in der Fabrik und dir die Arbeit, die du machen sollst beibringen.“ Die Verständigung zwischen uns Mädchen war noch recht schwer, denn Mäo und ich sprachen noch sehr wenig Thai. Trotzdem begriffen wir sehr schnell, wass unsere Arbeit war. Erst einmal sollten wir 30 x 50 cm große Matten flechten, die aus bunten Stoffstreifen bestanden. Diese Matten wurden als Fußabtreter auf allen Märkten in ganz Thailand verkauft. Sie schienen sehr begehrt zu sein, denn die Nachfrage war groß nach den bunten praktischen Fußabtretern, die eigentlich aus Stoffabfällen bestanden. Später einmal sollen wir dann Stoffe für Kleider weben. Schon am ersten Tag fingen Mäo und ich an mit weiteren noch 30 Mädchen, die mit uns arbeiteten, das Geld abzuarbeiten, welches unsere Eltern von den Männern erhalten hatten. Mindestens 10 Matten sollten wir bei 10 Stunden Arbeitszeit pro Tag zu knüpfen schaffen. Von 12 bis 13 Uhr war jeden Tag eine Pause zum essen. Immer zwei Mädchen mussten täglich in einer Stunde für alle das Essen zubereiten. Diese Stunde wurde am Abend nachgearbeitet. Es war immer eine gute Gelegenheit, wenn man mit kochen an der Reihe war, sich so richtig satt zu essen. Das erste Jahr durften wir das Gelände der Fabrik nicht verlassen. Es blieb uns nur ein kleiner Hof, auf dem wir spielen konnten. Das ging aber auch nur an Buddha – oder anderen Feiertagen, wenn die Arbeit ruhen musste.

Mäo und ich, wir lernten die Thaisprache sehr schnell von den anderen Kindern. Ich nutzte dann noch die freien Stunden um rechnen zu lernen. Jean war mir dabei eine gute Hilfe und nach einem halben Jahr konnte ich neben schreiben und lesen auch noch das Rechnen. Mäo genügte es schreiben und lesen zu können, sie interessierte sich mehr für die Küche und lernte lieber von den älteren Mädchen das Kochen. Immer öfter kamen neue Mädchen in die Fabrik, die wir jetzt als Erfahrene – ausbilden mussten. Mädchen, die 14-15 Jahre alt waren gingen weg. Keiner wusste genau, wo sie hingeschickt wurden. Frau Mara sagte immer: „Ich habe eine Anstellung als Hauspersonal bei reichen Familien für die Mädchen gefunden. Das Geld, was die Eltern bekommen haben, ist jetzt abgearbeitet, nun sind sie frei. Jetzt können sie diese Arbeit machen und viel Geld für ihre Familien verdienen.“

Das wollten Mäo und ich auch – frei sein, deshalb hielten wir diese Sklavenarbeit durch, auch wenn wir des Nachts heimlich in unsere Kissen heulten, wenn es keiner sehen konnte.

Mäo und ich, wir waren nun 13 Jahre alt und hatten uns sehr gut entwickelt. Wir waren beide sehr hübsch geworden und hatten uns die Haare lang wachsen lassen. Sie reichten nun fast bis an die Hüften.

Frau Mara hatte einen 17 jährigen Sohn, der mit seinem gleichaltrigen Freund, seit einiger Zeit immer öfter in die Fabrik kam und jedes Mal um mich und Mäo herumschlich, dabei anzügliche und dumme Bemerkungen fallen ließ, die wir einfach nicht beachteten. Es schreckte sie nicht ab, sondern machte sie immer zudringlicher. Der Freund schupste Mäo oder zog mir an den Haaren, bis uns das zu viel wurde und wir uns bei Mara beschwerten. Mara konnte den Jungen den Aufenthalt auf dem Fabrikgelände verbieten. Das störte die beiden überhaupt nicht, sie kamen heimlich weiterhin auf das Gelände.

Eines Abends passierte es dann: Ich hatte mich auf unserem kleinen Hof unter einen Tamarindenbaum gesetzt, um in einem Buch zu lesen. Alle anderen waren schon schlafen gegangen, nur Mäo kam zu mir und setzte sich neben mich. Sie fragte: „Lin, hast du dir schon Gedanken gemacht, was wir machen werden, wenn wir von hier fortgehen können?“

„Nein“, antwortete ich ihr wahrheitsgemäß. „Aber ich glaube wir sollten irgendwann versuchen ein Restaurant zu eröffnen.“

Mit großen Augen schaute sie mich an. „Wieso gerade ein Restaurant?“

„Weil du so gut kochen kannst!“ Beide mussten wir über die Idee laut lachen, als plötzlich Mäo nach hinten gezogen wurde und jemand mir einen Arm um den Hals legte, so dass ich kaum noch Luft bekam. Der Arm drückte mir die Kehle zu, ich konnte nicht schreien. Ein Körper setzte sich auf Mäo – es war der Freund von Maras Sohn. Er hielt mit einer Hand Mäo den Mund zu und versuchte mit der anderen Hand, den Sarong nach oben zu schieben. Bestimmt wusste er, dass wir Mädchen in Kambodscha keinen Slip unter dem Sarong tragen und es auch hier so machten. Ich konnte mich mit letzter Kraft von dem Arm, der zu Maras Sohn gehörte, befreien – sprang auf und griff mir den Schürhaken von der Holzkohlefeuerstelle. Diesen Schürhaken ließ ich durch die Luft schwingen und knallte ihn dem Jungen auf den nackten Hintern. Der Schürhaken hatte vorne eine ca. 10 cm lange gebogene Spitze, die sich jetzt in den Hintern des Jungen, der auf Mäo lag, bohrte. Dieser ließ mit einem wilden Schmerzensschrei sofort von Mäo ab, sprang auf, zog den Haken aus seinem Hintern, warf ihn beiseite und rannte davon. Der andere Junge sprintete mit langen Sätzen hinterher. Mäo saß heulend am Boden und bedeckte ihre Blöße mit den Händen, bevor sie ihren Sarong wieder herunter ziehen konnte.

Als sie sich etwas beruhigt hatte, fragte ich sie: „Was sollen wir jetzt bloß machen, diese Mistkerle wollten uns vergewaltigen? Keiner wird uns das glauben, wenn wir jetzt Alarm schlagen und es der Mara sagen – ihr Sohn war schließlich mit dabei!“ Ich schaute mir den Schürhaken an, stellte fest, dass viel Blut daran war, aber wir einigten uns bis zum nächsten Tag zu warten, bevor wir über das Geschehene sprechen wollten. Wenn keiner etwas sagt, wollten wir auch gar nicht darüber reden. Am besten sollten wir so tun, als wenn überhaupt nichts passiert wäre. In der Nacht schliefen wir sehr unruhig, denn wir ahnten, das Mara es bestimmt erfahren würde. Sicher wird sie uns bestrafen, weil die Jungs ihr irgend eine Lügengeschichte erzählen werden.

Am nächsten Tag, passierte es wie befürchtet – Mäo und ich mussten bei Mara im Büro, dort, wo sie sonst eigentlich niemanden hinein lässt. Rede und Antwort sollten wir stehen zu diesem Vorfall. Mara war ganz ruhig und sagte mit einem giftigen Unterton in der Stimme: „Setzt euch! – ihr werdet sicher wissen, weshalb ich euch kommen ließ!“ Jetzt zeigte sie mit dem Finger auf sich selbst und redete weiter. „Ich habe nichts gutes von euch zu hören bekommen. Mein Sohn hat mir erzählt, dass er sich ein Buch von dir – Lin anschauen wollte, welches du gerade gelesen hattest, gestern Abend auf dem Hof der Fabrik. Dabei sei es zum Streit gekommen. Sein Freund wollte diesen Streit schlichten und euch auseinanderbringen. Dabei hast du ihn mit einem Schürhaken schwer verletzt.“

„Nein, dass ist eine große Lüge!“, rief ich und wollte gleich darauf die Wahrheit erzählen, aber Mara unterbrach mich abrupt und machte eine Handbewegung, die uns andeutete den Mund zu halten.

„Wir lassen es aber dabei!“, sagte sie scharf. „Die Verletzung von „To“, dem Freund meines Sohnes hat im Hospital Behandlungskosten von 20.000 Baht nach sich gezogen. Die Eltern des Jungen fordern das Geld zurück, sonst wollen sie die Polizei einschalten, und das gibt großen Ärger. Ich habe das Geld schon bezahlt für euch, aber ihr müsst die Hälfte der Summe abarbeiten. Nicht hier in der Fabrik, sondern ich habe eine andere Anstellung für euch gefunden. Eine Freundin von mir, sie lebt in Sara Buri in einem großen Haus mit vielen Zimmern. Sie braucht dort zwei neue Hausangestellte. Ab sofort werdet ihr bei ihr arbeiten. Sie zahlt mir eure Schulden sofort und ihr wertet das Geld bei ihr im Haus abarbeiten. Ihr seid einfach zu hübsch geworden für die Arbeit in der Fabrik. Es wird immer wieder Probleme geben mit jungen Männern, deshalb ist es besser, ihr arbeitet bei meiner Freundin in Sara Buri. Sie wird euch gleich abholen, also packt eure Sachen und kommt wieder hierher in mein Büro.“

Wir rannten los, rafften unsere wenigen Habseligkeiten zusammen und liefen zurück in das Büro der Mara. Im Büro setzten wir uns auf eine Bank und warteten gespannt auf die „Freundin“ von ihr. Wir trauten uns kein Wort zu sagen. Mara schickte uns aber noch einmal zum Baden und befahl uns: „Zieht eure besten Kleider an, meine Freundin ist eine Geschäftsfrau von hohem Rang, eine Persönlichkeit, die ihr nur mit „Madam“ ansprechen dürft.“

Nach einiger Zeit rollte ein schwarzes großes Auto, mit einem Stern vorn auf der Kühlerhaube in den Fabrikhof. Eine elegant gekleidete Dame von ca. 40 Jahren stieg aus dem Wagen und betrat kurz darauf das Büro. Sie begrüßte Mara mit Pussy links, Pussy rechts auf die Wange und einem hohen Wai*.

„Danke“, sagte sie zu Mara. „Ich brauche im Moment gerade sehr dringend zwei neue Hausmädchen.“ Dann wendete sie sich uns zu und fragte: „Sind das die beiden?“ „Ja“, sagte Mara. Sie zeigte auf mich. „Das ist Lin und ihre Schwester Mäo.“

„Du hast mir tatsächlich nicht zu viel versprochen. Ich bin angenehm überrascht. Es sind in der Tat wirklich zwei außergewöhnlich hübsche Mädchen. Wenn ich sie erst einmal in die richtigen Kleider gesteckt habe, sehen sie bestimmt aus, wie kleine Püppchen.“ Dann sagte sie zu uns gewandt: „Steigt ihr schon einmal dort draußen in das Auto ein, ich habe noch etwas Geschäftliches mit Frau Mara zu besprechen.“ „Ja Madam“, antworteten wir folgsam, machten einen hohen Wai, gingen zum Auto und setzten uns hinein.

Nach einer halben Stunde kam sie nach und setzte das große schwere Auto in Bewegung. Ein paar Kilometer weiter, sagte sie: „Wir unterhalten uns über eure Arbeit und alles, was ihr sonnst noch machen werdet, wenn wir in Sara Buri sind. Jetzt muss ich mich auf den Straßenverkehr konzentrieren. Ihr könnt in der Zwischenzeit ein wenig schlafen, wenn ihr wollt.“

„Ja Madam“, antworteten wir im Chor.

„Mein Name ist Aria. Also sagt in Zukunft Madam Aria zu mir, wenn ihr mir antwortet“, sagte sie.

„Ja gerne Madam Aria“, antworteten wir wieder im Chor.

Als wir in Sara Buri an dem Anwesen der Aria ankamen, verschlug es uns die Sprache. Wir konnten uns nur noch staunend, aber stumm ansehen. Zuerst ging es durch einen großen Torbogen, neben dem ein Geisterhaus* aufgestellt war. Dann erstreckte sich ein riesiger Hof, unterbrochen von Grünanlagen und einigen Beeten mit einer Unmenge von bunter Blumen bis zum Eingang einer pompösen Villa. Dort stoppte sie das Auto. Wir stiegen aus und sie führte uns hinein. Dabei sagte sie noch, dass es heute eine Ausnahme wäre, denn für das Personal gebe es eigentlich einen Extraeingang auf der Rückseite der Villa. Diesen sollten wir in Zukunft auch immer benutzen. Das alles würde uns noch eine Hausangestellte zeigen, wenn sie uns die Aufgaben erklärt hätte, für die sie uns brauchte. Wir sollten uns auf ein kleines Sofa setzen, dass unter dem Fenster stand. Sie erzählte uns, dass ihr Mann ein Rechtsanwalt ist, selten nach Hause kommt, aber dass es öfter vorkommt, dass Gäste bewirtet werden müssen, die er mitbringt, wenn er einmal da ist. Deshalb hatte sie vor, eine von uns in der Küche zu beschäftigen und die andere solle sich ausschließlich um die Zimmer der Gäste kümmern. Am Abend, wenn Gäste im Haus waren, sollten wir beide dann Speisen servieren und Getränke einschenken. Mäo meldete sich gleich für die Küche, ich übernahm die Aufgabe der Zimmerpflege. Dann sagte sie noch, dass wir nicht mit im Hause wohnen sollten, sondern in einem kleinen Haus, was am Ende des Grundstücks stehen würde. Ihr Gärtner, der „Fee“ heißt, würde uns alles ganz genau zeigen. Madam Aria wollte noch unsere Kleidergröße wissen, denn es gibt für Angestellte einheitliche Kleidung, die aber noch angefertigt werden müsse. Arbeiten sollten wir eigentlich immer, solange sie uns braucht. Nur wenn sie uns persölich frei gibt, können wir machen was wir wollen. In die Stadt dürfen wir die erste Zeit, ca. 6 Monate, die unsere Probezeit ist, nur in Begleitung des Gärtners ‘Fee’. Bis das Geld, was sie für uns bei Mara bezahlen musste, wieder eingearbeitet ist, gibt sie uns 50 Baht Taschengeld die Woche. „Habt ihr alles verstanden!“, wollte sie wissen.

„Ja, alles - Madam Aria“, antworteten wir wieder im Chor.

Jetzt ließ Madam Aria von der Hausangestellten und Köchin, die ‘Virgi’ hieß, den Gärtner Fee holen. Er sollte uns zeigen, wo wir in der nächsten Zeit wohnen werden. Fee kam angerauscht und fragte nach dem Anliegen der Madam. „Fee, du wirst den Mädchen ein Zimmer geben und in den nächsten Monaten der Betreuer sein von Mäo und Lin, also zeige ihnen alles, was wichtig ist“, sagte Madam in einem höflichen, aber befehlenden Ton. Fee sagte: „Mir nach Mädels, ich habe ein schönes Zimmer für euch im Gärtnerhaus!“

Fee, ca. 20 Jahre alt, war ein Ladyman, ein Katoey, also ein Schwuler. Aber er war ein sehr liebenswerter Mensch, der uns vom ersten Augenblick an sympathisch war und er war auch ein sehr guter Freund, was sich später noch herausstellen sollte.

„Haaach ihr süßen Engelchen“, zwitscherte er. „Hoffentlich seid ihr mit dem Zimmer zufrieden und findet es schön. Wenn ich gewusst hätte, dass ihr heute hier eintrudelt, hätte ich noch ein paar duftende Blümelein auf das Zimmer gestellt. Die Besten, die ich habe, für so zuckersüße Mädelchen“, flötete er weiter und warf uns duzende Handküsse zu. „Madam hat einen ausgezeichneten Geschmack, wenn sie neue Angestellte in unser Haus holt, aber leider stellt sie immer nur Mädels ein – sie denkt dabei überhaupt nicht an mich – fürchterlich!“ Mäo und ich mussten laut lachen, Fee war ein zu komischer Typ.

Das Zimmer war wunderschön, wir hatten so etwas noch nie gesehen. Es gab einen Schrank, in den man seine Sachen hineinhängen konnte. Außen am Schrank war ein Spiegel angebracht, in dem man sich im ganzen sehen konnte. Bequeme Sessel standen um einen Tisch herum. Richtige Betten mit weißer Wäsche standen unter einem Moskitonetz. Ein Fernseher stand auf einer Kommode. Den musste Fee gleich mal einschalten, denn wir konnten gar nicht glauben, dass er auch funktionierte. In einem Nebenraum war das Duschbad und die Toilette. Mäo und ich, wir lagen uns erst einmal in den Armen und weinten vor Glück. Die Fabrik hatten wir hinter uns gebracht, jetzt sollten wir hier wohnen und arbeiten – unglaublich, ein Traum. Noch wussten wir nicht was auf uns zukommen sollte, aber keine von uns dachte an die Zukunft, nur alles was wir jetzt sahen, war in diesem Moment fast unfassbar für uns. Wir weinten erst einmal ein wenig. Fee holte uns zurück in die Wirklichkeit und sagte: „Halloh, Halloh – Mädels, ich soll euch noch die Küche zeigen und das ganze übrige Haus, denkt ihr ich habe stundenlang Zeit eure Tränen zu trocknen. Schließlich bin ich der Gärtner und habe noch eine Menge anderer Aufgaben. Ach nein, besser ich übergebe euch lieber jetzt gleich an Virgi unserer Küchenfee, die kann euch das Haus zeigen, denn ich muss zum Schneider in die Stadt fahren, eure Kleider müssen bestellt werden, die ihr hier bei der Arbeit tragen müsst.“

„Virgi, Virgi!“, brüllte Fee zum Haus hinüber. „Komm bitte schnell einmal her und nimm die neuen Mädchen bei der Hand, zeige ihnen was im Haus ihre Aufgaben sind. Ich fahre in die Stadt, die Kleidung für Lin und Mäo kaufen.“

Virgi, eine ca. 50 jährige etwas pummelige Frau, winkte uns zu, wir sollten zu ihr kommen. Virgi brachte uns durch den Hintereingang, den Personaleingang, ins Haus und fragte – wer von uns am besten kochen kann. Ich sagte ihr, dass wir uns schon mit Madam geeinigt hätten und Mäo für die Küche eingeteilt ist. Sie sagte: „Mäo, geh du einmal schon in die Küche, dort steht eine Schale mit Gemüse, dass muss geputzt werden. Ich zeige Lin inzwischen die Schlafzimmer im oberen Stock des Hauses. Die Betten müssen neu bezogen werden.“

Virgi brachte mich in das Obergeschoss, sie zeigte mir die Wäschekammer und die Zimmer. Es waren fünf, ein sechstes war verschlossen. Dieses Zimmer sollte immer erst dann geputzt werden, wenn sich Gäste angemeldet haben. Ein siebtes Zimmer am Ende des Flures durfte ich nicht betreten. Es war das Büro der Madam Aria. Sie betrieb in der Stadt eine Karaoke-Bar und ein Teehaus. Beides waren gut getarnte Bordelle. Davon wussten Mäo und ich zu diesem Zeitpunkt noch nichts. Das Büro durfte nur von Fee betreten werden, denn er war neben dem Gärtner der Madam auch noch der Geschäftsführer der Karaoke-Bar und des Teehauses, somit tätigte er alle Bestellungen für die Bars, sowie kümmerte er sich um diverse Kundenwünsche, die alle Mädchen des Bordell’s betrafen, von diesem Büro aus. Eines Tages fragte mich die Köchin Virgi:

„Woher kommt ihr eigentlich und was habt ihr bisher gemacht?

Ich erzählte ihr, dass Mäo und ich aus dem kleinen Dorf „Pailin“ in Kambodscha stammen und schon zwei Jahre in einer Teppichfabrik in Khorat gearbeitet hatten. Dann hat uns Madam Aria von der Fabrik gekauft, weil sie Personal braucht.

„Gekauft ist nicht die richtige Bezeichnung“, sagte Virgi.

„Sie hat euch ausgelöst, so nennt man das hier. Heute Abend werdet ihr noch den Mann von Madam kennen lernen. Sein Name ist „Khun Tao“. Er ist ein hoher Beamter und Rechtsanwalt. Bestimmt bekommt ihr die nötigen Papiere von ihm, die ihr braucht um thailändische Mädchen zu werden, denn sonst wird man euch irgendwann nach Kambodscha abschieben. Ich kenne mich damit zwar nicht so aus, aber ich weiß, dass er das schon öfter gemacht hat. Ich rate euch immer gut zu arbeiten, solange ihr hier im Haus seid. Auf keinen Fall dürft ihr irgend etwas heimlich einstecken, von den kleinen wertvollen Figuren etwa, die überall im Haus herumstehen. Wenn ihr folgsam und ehrlich seid, werdet ihr es gut haben bei Madam Aria und Khun Tao.“

„Danke für die Information, liebe Virgi, aber stehlen werden wir sicherlich nicht“, sagte ich. „Lin, du beziehst erst einmal die Betten, ich bringe die Schmutzwäsche hinter die Küche, dort steht eine Waschmaschine. Wie man diese bedient, zeige ich euch auch noch bei Gelegenheit.“

Virgi ging dann in die Küche, um zu prüfen, ob Mäo das Gemüse geputzt hat. Ich bezog das große Doppelbett der Madam mit der Bettwäsche die mir Virgi gegeben hatte. Es war alles weicher glänzender Stoff, auch diesen hatte ich noch nie gesehen oder angefasst. Ich wusste nicht, dass es Seide war. Mit einem Wedel, der in einer hohen chinesischen Vase steckte, entstaubte ich die vielen Figuren, Buddha’s und Drachen, die auf dem geräumigen Flur in Nischen und Ecken standen. Dann brachte ich die restliche Wäsche zu der Waschmaschine und ging in die Küche. Mäo und Virgi standen vor einen großen Topf und redeten über eine Suppe, die sie gerade zubereiteten.

Virgi lobte gerade Mäo: „Mäo, du wirst einmal eine sehr gute Köchin, du hast viel Talent, kennst dich schon bestens mit Gewürzen und Kräutern aus, dass macht es mir leicht dir die Lieblingsspeisen von Madam und Khun Tao beizubringen. Du wirst in ein paar Wochen allein kochen müssen, den ich werde für die Köchin in der Karaoke-Bar einspringen, die bekommt ein Kind und wird einige Zeit ausfallen.“

Fee kam in diesem Moment in die Küche: „Madam hat mich beauftragt!“, rief er. „Eine von euch Mädels, soll mit mir zum Schneider kommen. Der Schneider hat am Telefon gesagt, er hätte noch Kleider in seinem Laden, die nur anprobiert werden müssen. Ihr habt beide die gleiche Figur und seit gleich groß, also genügt es, wenn eine von euch mitkommt zur Anprobe.“

Ich setzte mich zu Fee auf sein Motorrad und er brachte mich zu einem Schneidergeschäft in der Stadt, welches einem Inder gehört. Dort zog ich einige blaue Faltenröcke nacheinander an. Dazu eine weiße Bluse mit einer kleinen Schleife vor der Brust. Fee kommentierte immer mein Aussehen, wenn ich komplett angezogen mitten im Laden stand, mit: „Ach ist die Lin schön, so eine Blüte hatten wir schon lange nicht mehr in unseren Garten. Das wird Madam bestimmt gefallen. Wir nehmen die Kleider gleich mit, denn schon morgen kommen Gäste in unser Haus, da müssen Lin und Mäo sehr schön aussehen.“

Wieder zurück in der Villa, sollten wir die neuen Kleider gleich einmal anziehen und Madam Aria vorführen. Der Mann von Madam Aria, mit Namen Khun Tao, war inzwischen nach Hause gekommen. Beide saßen auf einem kleinen Diwan im Wohnzimmer, vor dem ein ebenso kleiner Tisch stand. Fee stellte einige Sektgläser auf diesen Tisch und schenkte sie voll.

Mäo und ich sollten einige Mal mit den neuen Kleidern im Raum auf und ab gehen und uns dann vor Madam und ihren Mann aufstellen. Sie schauten sich an, nickten beide, ohne ein Wort zu sagen. Fee gab jedem ein Glas Sekt in die Hand. Khun Tao sagte: „Heute zur Ausnahme und gleichzeitig zur Begrüßung, eine kleine Erfrischung für alle. Madam und ich sind sehr zufrieden mit eurer Erscheinung und deshalb tschokli!“ (viel Glück) Er hob das Glas und stieß es gegen die unseren, wobei er andeutete, dass wir etwas trinken dürfen. Als er sein Glas wieder auf den Tisch gestellt hatte, sagte er noch: „Ich hoffe ihr richtet euch immer nach den Anweisungen von Madam und mir, dann wird es keine Probleme geben. Fee wird euch jetzt noch zeigen, wie ihr euch zu verhalten habt, wenn morgen unsere Gäste da sind. Geht nun zu Virgi in die Küche, sie möchte das Essen servieren lassen.“ Auf dem Weg zur Küche sagte Fee mit strahlendem Gesicht: „Ihr seid eingestellt – meine kleinen Lotosblüten, ihr habt einen guten Eindruck auf den Hausherren, Khun Tao, gemacht.“ In der Küche zeigten uns Virgi und Fee in einem Schnellkurs, wie wir das Essen servieren müssen. Das Wichtigste dabei soll sein, immer höflich zu lächeln und einen hohen Wai zu machen, nachdem man etwas auf den Tisch gestellt hat. Wir verstanden unsere Aufgabe schnell und ernteten viel Lob von unseren Dienstherren.

Madam entließ uns mit den Worten: „Ihr habt alles sehr gut gemacht – geht jetzt auf euer Zimmer, den restlichen Tag habt ihr frei. Das Abräumen der Tische übernimmt Virgi – geht jetzt.“

„Danke Madam Aria“, sagten wir, machte einen Wai und gingen hinaus zu unseren Zimmer. Fee wartete schon. Er wollte ein wenig mit uns plaudern und war neugierig, wie wir uns fühlten. „Na ihr beiden, wie gefällt euch die Arbeit, seid ihr zufrieden und wie gefallen euch die Kleider, die ihr jetzt tragen dürft?“