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Sich mit dem Tod und seinen möglichen Perspektiven einmal zu beschäftigen, bringt zwei Vorteile: Zum einen enttabuisiert das den Tod, es hilft dem, was Philosophen "Einübung ins Sterben" nennen. Zum anderen lassen sich die meist nebulösen und völlig unterschiedlichen Vorstellungen, die über den Tod weltweit vorhanden sind, strukturieren. Das Buch listet, sortiert und hinterfragt Todestheorien und Todesmythen unterschiedlicher Kulturen und Religionen nach logischen Kriterien und ihrer Plausibilität. Im ersten Schritt wird der Sterbeprozess als der beobachtbare Tod beschrieben. Danach werden bekannte Todesmythen und religiösen Unsterblichkeitsversprechen in sortierter Form genauer untersucht: Sterblichkeit mit dem Tod als endgültigem Ende, nach dem nichts mehr kommt. Unsterblichkeit im Jenseits, welche schon in alten Mythen beschrieben wurden. Wiederauferstehung der Toten, wie es vor allem die monotheistischen Religionen versprechen. Unsterbliche Seelen, welche in andere Körper reinkarnieren oder in einem universellem Bewusstsein aufgehen, wie es viele östliche Religionen versprechen. Naturalistische Unsterblichkeit, als eine diesseitige Unsterblichkeit ohne Wunder und Götter. Der Mensch legt heute schon Hand an seine Lebensdauer und Sterblichkeit, weil der technische Fortschritt ihm neue Möglichkeiten dazu eröffnet. Mit Hilfe der zeitgenössischen Philosophie werden die Bedingungen einer personalen Unsterblichkeit definiert und genauer untersucht, unter welchen Umständen unsere Unsterblichkeit überhaupt wünschenswert wäre. Nach dem Exkurs durch die Todestheorien werden Philosophen, Wissenschaftler und Schriftsteller aus unterschiedlichen Zeiten und Kulturen mit ihren Gedanken über Tod und Unsterblichkeit zu Wort kommen. Eine umfangreiche Sammlung weiterführender Literatur und Weblinks lädt ein Mythen, Todestheorien und Unsterblichkeitskonzepte weiter zu vertiefen.
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Seitenzahl: 148
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Knut Heinzel
Tod und Unsterblichkeit
Tod als Ende
Jenseits
Wiederauferstehung
Reinkarnation
Naturalistische Unsterblichkeit
Moorwolf Verlag
Knut Heinzel
Tod und Unsterblichkeit
4. überarbeitete Auflage 2025
Kontakt: [email protected]
Titel: Hieronymus Bosch Aufstieg der Seligen (Auszug)
Vertrieb: epubli
Made in Germany
© Moorwolf Verlag, Husberger Moor
ISBN: 978-3-759800-97-8
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie http://www.dnb.de
Inhalt
Vorwort
Prolog
I Der beobachtbare Tod
Sterbeprozess
Wann ist ein Mensch tot?
Nahtoderfahrungen
II Tod als Ende
Sinn der Sterblichkeit
Sichtweisen auf unsere Sterblichkeit
Der positive Tod
Der neutrale Tod
Der negative Tod
Was von uns bleibt
III Unsterblichkeit
Bedingungen für Unsterblichkeit
Personalität
Personale Identität
Unsterblichkeit als Wunsch
Psychologischer Grund
Moralischer Grund
Religiöser Grund
Unsterblichkeit als Fluch
Langweile und wertloses Leben
Fazit
IV Unsterblichkeit im Jenseits
Unsterblicher Körper oder unsterbliche Seele
Jenseitsvorstellungen verschiedener Kulturen
Altes Ägypten
Mesopotamien (Sumerer, Babylon/Assyrien)
Australien
Maya
Azteken
Polynesien
Afrika
Nordische Mythologien: Germanen und Wikinger
Antikes Griechenland
Kelten
Inuit, nordasiatische und finnische Völker
Wiederauferstehung in monotheistischen Religionen
Judentum
Christentum
Islam
Jenseitskontakte
Schamane und Geisterbeschwörer
Technische Jenseitskontakte
V Unsterblichkeit durch Wiedergeburt
Reinkarnation in östlichen Religionen
Jainismus
Hinduismus
Sikhismus
Daoismus
Buddhismus
Seelenwanderung und Seelenlehre
Pythagoras
Platon
VI Probleme von Jenseits und Wiedergeburt
Probleme bei Körpern im Jenseits
Probleme bei Seelen im Jenseits
Probleme bei wiedergeborenen Seelen
VII Universelles Bewusstsein
Philosophische Konzepte
Religiöse Konzepte
Esoterische Konzepte
Universelles überindividuelles Bewusstsein
Probleme eines universelles Bewusstsein
VIII Naturalistische Unsterblichkeit
Der Mensch legt Hand an die Sterblichkeit
Unsterbliche Kopie
Rechnertheorie des Geistes
Wie arbeitet unser Gehirn
Das digitalisierte Gehirn
Probleme der Rechnertheorie des Geistes
Simulationstheorien
Simulation des Universums
Omegapunkt Theorie
Probleme der Simulationstheorien
Cyborg
Idee des Cyborg
Probleme der Cyborg-Unsterblichkeit
Altersunsterblichkeit
Biologisches Altern stoppen
Probleme der Altersunsterblichkeit
Kyronik
Idee der Kyronik
Probleme der Kyronik
Ewige Wiederkehr des Gleichen
Nietzsches Einfall
Einwände und Bedingungen
IX Schlussbetrachtung
X Kluge Köpfe über den Tod
Glossar
Quellenverzeichnis und Literatur
Bildnachweise
Mors certa, hora incerta! (Der Tod ist gewiss, ungewiss ist nur die Stunde!)
Der Tod ist jedem Neugeborenen in die Wiege gelegt, und er kann jederzeit eintreten. Sogar jetzt, wenn diese Zeilen gelesen werden. Das wäre allerdings nicht nur deswegen bedauerlich, weil dieses Buch dann gar nicht mehr zu Ende gelesen werden kann, sondern auch extrem unwahrscheinlich.
Der Mensch ist das einzige Lebewesen, welches sich dieser Tatsache bewusst ist. Er weiß mit Sicherheit, dass er sterben wird, ob er morgen noch lebt, weiß er hingegen nicht.
Der Tod ist eine Grenze, bei der unsere Wissenschaft versagt. „Tod ist das einzige Gewisse, bei dem nichts gewiss ist“, so beschrieb es der dänische Philosoph Søren Kierkegaard. Wir wissen nur das, was wir beobachten können, nämlich ein leblos werden, gefolgt von körperlichem Zerfall. Ob es für die Toten eine Form der Unsterblichkeit gibt, wissen wir nicht. Zwar gibt es Berichte von Nahtoderfahrungen, aber bei genauer Betrachtung, helfen diese nicht, das Rätsel des Todes zu entschlüsseln.
Die Frage, was „tot sein“ bedeutet, hat die Menschen seit den Anfängen bewegt, denn sie haben ja erkannt, dass sie es selber eines Tages sein werden. Tod ist daher das große Motiv für Mythen und Religionen und in der Neuzeit auch für naturalistische Unsterblichkeitskonzepte.
Der Tod lädt wegen seines Rätsel dazu ein alles Mögliche über ihn zu schreiben, denn niemand muss eine Widerlegung befürchten. Kein Toter kann sich hinterher über die Unrichtigkeit eines Mythos oder Glaubens beschweren, für den er vielleicht sein Leben lang gutgläubig gelebt hat.
Macht es dann überhaupt Sinn, sich mit dem Tod zu beschäftigen? Sich mit dem Tod und seinen möglichen Perspektiven einmal zu beschäftigen, bringt zwei Vorteile: Zum einen enttabuisiert das den Tod, es hilft dem, was Philosophen „Einübung ins Sterben“ nennen. Zum anderen lassen sich die meist nebulösen und völlig unterschiedlichen Vorstellungen, die über den Tod weltweit vorhanden sind, etwas strukturieren.
Nach einer Beschreibung des Sterbeprozess als dem beobachtbarem Tod, werden Todestheorien unterschiedlicher Kulturen und Religionen beschrieben, und nach logischen Kriterien und Plausibilität hinterfragt:
Der Tod als endgültiges Ende, nach dem nichts mehr kommt, der aber trotzdem etwas hinterlässt.
Welche Bedingungen für Unsterblichkeit werden durch die zeitgenössischen Philosophie definiert und unter welchen Bedingungen ist Unsterblichkeit überhaupt wünschenswert.
Welche Jenseits Vorstellungen gab es in unterschiedlichen Kulturen und was ist von der Wiederauferstehung der Toten zu halten, wie es vor allem monotheistischen Religionen versprechen.
Was ist von Unsterblichen Seelen zu halten, welche in andere Körper reinkarnieren und irgendwann in einer Art universellem Bewusstsein aufgehen, wie es viele östliche Religionen versprechen.
Was ist Naturalistische Unsterblichkeit und welche Konzepte könnte der technische Fortschritt ermöglichen.
Anschließend findet sich eine große Sammlung an Ideen und Meinungen von klugen Köpfen unterschiedlicher Zeiten und Kulturen über Tod und Unsterblichkeit.
Wer einzelne der angeschnittenen Bereiche weiter vertiefen will, kann dieses mit Hilfe einer großen Zahl an aufgelisteten Fachbücher und Weblinks tun.
Knut Heinzel
Verabredung in Samarra
Vor langer Zeit kam ein Mann mit seinem Pferd auf den Markt von Bagdad. Ihm fällt mitten im Trubel ein Mann auf, der eine Geste in seine Richtung macht. Er kennt diesen Mann nicht, dennoch spürt er, wen er vor sich hat: Den Tod.
In Panik flieht er vom Markt, springt auf sein Pferd und reitet stundenlang kreuz und quer durch die Steinwüste, sieht sich dabei immer wieder um, ob ihm jemand folgt. Dann wird der Mann durstig und auch sein Pferd langsamer. Er sieht am Horizont eine Stadt. Es ist Samarra.
Er reitet hin und geht mit seinem Pferd auf den dortigen Markt, um sich etwas zu trinken und zu essen zu kaufen.
Auf einmal erstarrt er, denn er sieht dort den Mann sitzen, vor dem er so lange geflohen war. Alle Kraft weicht von ihm.
Der Mann kommt auf ihn zu und fragt: „Warum bist du so erschreckt geflohen, als wir uns zuletzt in Bagdad sahen?“
„Ich dachte, du wolltest mich holen, weil du auf mich gezeigt hast.“
„Aber nein" sagt der Tod „ich war nur erstaunt, dich auf dem Markt in Bagdad zu sehen, wo ich doch heute ein Verabredung mit dir hier in Samarra habe."
Jeder kann von einer auf die andere Sekunde tot sein. Bei näherer Beobachtung zeigt sich aber ein Sterbeprozess, denn nicht alle Organe eines leblosen Körper sind sofort tot. Das macht es bis heute auch schwierig, einen genauen Todeszeitpunkt zu definieren.
Obwohl der beobachtbare Tod keinen Blick in ein eventuelles Jenseits zulässt, kann er als Sterbeprozess sehr genau beobachtet werden.
Der Tod kann plötzlich eintreten, beispielsweise nach einem Unfall. Es kann aber erst am Ende eines langen Sterbeprozess stehen, der Minuten Stunden oder gar Tage andauert. Die Organe sterben nie gleichzeitig, sondern nacheinander, der Sterbeprozess mag unterschiedlich lang sein, aber er durchläuft immer die selben Stadien:
Zuerst wird die Wahrnehmung durch verringerte Hirnaktivität eingeschränkt, Seh- und Hörvermögen lassen nach, die Atmung verflacht. Manchmal kommen rasselnde Geräusche dazu. Der Anteil von Kohlendioxid erhöht sich im Blut, was eine beruhigende Wirkung hat. Dieser Zustand wird als Agonie oder Todeskampf bezeichnet.
Er mündet in einen Zustand, bei dem Atmung und Kreislauf nur noch schwer nachweisbar sind und Vita reducta genannt wird. Ärztliche Maßnahmen können hier noch unter günstigen Umständen zur Wiederherstellung der Gesundheit führen.
Das Aussetzen der Herztätigkeit führt dann aber in das Stadion der Vita minima, welches den klinischen Tod bedeutet.
Nach dem Herzstillstand beginnt der Hirntod, der auch Individualtod genannt wird. Acht Minuten kann das Gehirn ohne Sauerstoff sein, danach beginnt seine Zerstörung. Sollte der Mensch danach wiederbelebt werden, wäre er nicht derselbe wie vorher, denn im Gehirn wäre schon einiges unwiederbringlich zerstört worden. Das Herz kann bis zu einer halben Stunde ohne Sauerstoff auskommen, die Leber noch länger, die Nieren bis zu zwei Stunden, die Muskulatur zwei bis acht Stunden. Am längsten überleben die Spermien, die noch Tage erhalten bleiben können.
Der Körper kühlt langsam bis auf die Umgebungstemperatur ab.
Die Muskeln erschlaffen, was die Pupillen weit und starr macht. Die Totenstarre setzt vier Stunden nach dem Tod ein, die Muskulatur ist nicht mehr in der Lage, sich zu lösen, weil dazu Nervenaktivität nötig wäre. Das Gesicht wird nur durch Schwerkraft geformt, was Wangen und Lippen nach unten zieht und das Gesicht zu einem Lächeln verzerrt: das Todeslächeln.
Die menschlichen Zellen bleiben solange stabil, wie es ein elektrisches Potential an den Wänden gibt. Natriumionen werden nach außen und Kaliumionen nach innen transportiert. Im Sterbeprozess bricht dieses Potential allerdings zusammen. Das Natrium stößt nach innen und bläht die Zellen auf, bis diese platzen. Die Zellen zersetzen sich und die Organe werden nacheinander zerstören.
In der frühen postmordalen Phase sind noch nicht alle Zellen abgestorben, aber es entstehen bereits sichere Todeszeichen wie Totenflecken und Leichenstarre.
Es folgt die kadaveriöse Phase. In dieser gibt es die Autolyse, bei der die Auflösung der toten Zellen durch Enzyme erfolgt, die von ihnen selbst gebildet werden. Gleichzeitig erfolgt die zusätzliche Zersetzung des Körpers durch die umgebende Natur. Kein Immunsystem hält mehr Bakterien ab, und danach kommen meist auch Insekten.
Fäulnis Verwesung und Skelett-Dekomposition schließen diese letzte Phase ab.
Die Selbstherstellung und Selbsterhaltung von Strukturen der Materie, die Autopoiesis, verliert sich beim Tod des Menschen. Temperaturunterschiede und Energie gleichen sich langsam und unaufhaltsam der Umgebung an, alle spontanen Prozesse sind irreversibel.
Kein Molekül des Toten aber geht bei all dem verloren, alles bleibt und wird vielfach anderweitig verwendet.
Der Todeszeitpunkt lässt sich nur schwer ganz präzise bestimmen, weil das Sterben ein Prozess ist. Es gibt Menschen, die als klinisch tot galten und dann wieder zum Leben erweckt wurden. Bei diesen hatten Atmung und Herzschlag ausgesetzt, aber der Sterbeprozess konnte durch Reanimation aufgehalten werden.
In der Vergangenheit waren Merkmale und Anzeichen des Todes nur ungenau bekannt. Das hatte damit zu tun, dass die Ärzte bis hin zur frühen Neuzeit sich nicht um die Betreuung Todkranker und Sterbender gekümmert haben. Patienten mit „infauster Prognose", bei denen eine Heilung als hoffnungslos galt, wurden von den Ärzte einfach nicht mehr behandelt. Eine erfolglose Weiterbehandlung wäre ihnen als Versagen ausgelegt worden oder es wäre ihnen Geldgier und Anmaßung vorgeworfen worden. Insbesondere im Mittelalter galt Leiden und Tod als göttliche Strafe, in die sich ein Arzt besser nicht einmischt.
In Gevatter Tod von den Gebrüder Grimm durfte der Arzt weiterbehandeln, wenn der Tod am Fußende steht. Steht er am Kopfende, gibt es keine Chance mehr. Der Trick den Kranken einfach umzudrehen und dadurch den Tod zu überlisten, scheitert letztlich.
Gevatter Tod am Krankenbett
Das Fehlen exakter Todeskriterien führte dazu, dass Scheintote beerdigt wurden. Es gab daher eine allgegenwärtige Furcht lebendig beerdigt zu werden, die sogenannte Taphephobie. Diese führte vereinzelt dazu, offene Särge zu verwenden, die mit Erde zugeschüttet wurden, um einen schnellen Erstickungstod zu erreichen. Gut betuchte Menschen ließen sich „Rettungssärge" anfertigen, die mit einer Glocke oder Leiter ausgestattet waren.
Sehr eindringlich schildert das die Erzählung Die Scheintoten von Edgar Allan Poe. Dort wird von ein Mann erzählt, der gelegentlich ein Starrkrampf bekam und dann wie tot wirkte. Um zu verhindern, als Scheintoter begraben zu werden, hatte er seinen Sarg frühzeitig gekauft, mit einem Seil zu einer Glocke präpariert und zusätzlich in seiner privaten Gruft die Möglichkeit geschaffen, ihn von innen zu öffnen und zu verlassen. Als er nach einem neuen Krampf erneut in einem Sarg zu sich kommt, erinnert er sich an seine Vorsichtsmaßnahmen. Zu seinem Schreck fand er weder das Seil, noch war der Sargdeckel zu öffnen, und er musste davon ausgehen, fernab von Zuhause beerdigt worden zu sein.
Die übereilte Beerdigung
Das Sterben hat sich mit der modernen Medizin geändert. Die Ärzte sind nun bis zum Ende daran beteiligt. Der Tod, der vorher gewöhnlich Zuhause erfolgte, wurde in Kliniken und Pflegeeinrichtungen verlagert. Die Intensivmedizin wurde mit immer leistungsfähigeren Geräten ausgestattet. Der klinische Tod, also der Ausfall von Herzschlag und Atmung, kann nun zumindest prinzipiell rückgängig gemacht werden. Die Feststellung des klinischen Tod ist seitdem nicht mehr das maßgebende Kriterium des eingetretenen Todes.
Juristisch hat sich daher der Hirntot als Kriterium in den meisten Industrieländern durchgesetzt. Ärzte können die Behandlung abbrechen, wenn keine Hirnaktivitäten mehr feststellbar sind, ohne eine Straftat zu begehen. Wenn man bei einem Hirntoten den Kreislauf mit Maschinen aufrecht erhält, ist der Rest des Körpers noch nicht tot. In Kliniken wird das häufig gemacht, um innerhalb von 6 Stunden noch funktionierende Organe entnehmen zu können. Der Hirntot wird nach Abschalten der Maschinen aber sofort zu einen Sterbeprozess führen, der in dem biologischen Tod endet.
Die Medizin kann mit ihren technischen Geräten den Tod zwar immer weiter hinauszögern, überwinden kann sie ihn letztlich nicht.
Intensivstation im modernen Krankenhaus
Von einigen wiederbelebten Menschen werden faszinierende Nahtoderfahrungen berichtet, die diese oft dauerhaft prägen. Sie werden von ihnen als ein Beleg dafür gehalten, dass es ein Jenseits gibt. Die Berichte beinhalten Symbole der jeweiligen Kultur, andere fehlen dann wie beispielsweise Engel bei Berichten aus atheistischen Ländern. Doch es gibt Ähnlichkeiten über Kulturen hinweg: Es sind Glücks- und Lichterfahrungen, Tunnelblick und Entkörperlichungswahrnehmungen.
Der Naturforscher Alexander von Humboldt beschrieb 1802 glaubhaft eine außerkörperliche Erfahrung, als er in 6000 m Höhe war und im heutigen Ecuador den Chimborazo, der damals als höchster Berg der Welt galt, bestieg. Der Grund war Sauerstoffmangel, denn damals gab es noch keine Sauerstoffversorgung für Bergsteiger.
Der Neurologe Jens Dreier hat im Rahmen seiner Schlaganfallforschung die Gehirnaktivität eines Menschen aufgezeichnet, der dabei überraschend starb. Dadurch konnte er die Gehirnaktivitäten im Sterbeprozess genau dokumentieren. Als Folge von fehlendem Sauerstoff wechseln die Gehirnzellen in einen Sparmodus. Die Zellen fangen an zu hyperpolarisieren, wofür sie aber Glukose und Sauerstoff benötigen. Ist beides nicht mehr vorhanden, können die Membranpumpen, die ein Spannungsgefälle erzeugen, nicht mehr arbeiten und es kommt zu kurzschlussähnlichen Entladungen. Dreier sah im Gehirn eine riesige Depolarisationswelle, ähnlich wie bei einer Migräneaura. Eine solche würde die erlebten Lichterscheinungen in den Nahtoderfahrungen erklären. Innere Drogen wie Ketamin und Dimethyltryptamin können einige der geschilderte Nahtoderfahrungen auslösen. Beide Substanzen hemmen die Depolarisationswelle, und werden wohl deswegen in dieser Notsituation freigesetzt. Außerdem ist bekannt, dass außerkörperliche Erfahrungen durch Stimulation des Temporallappens erzeugt werden können. Evolutionär haben sich bestimmte Erlebnisse und Verhaltensweisen in extremen Momenten durchgesetzt. So reagieren viele bei Todesangst mit reflexhaftem „tot stellen“, während der Momente des Sterbens möglichst angenehm empfunden werden soll, um ihn besser zu überstehen.
Für den Neurobiologen und Philosophen Gerhard Roth sind die Entkörperlichungs-, Tunnel-, Licht- und Glückserfahrungen „zwar merkwürdig, aber nicht unerklärlich".
Da das Gehirn bei allen Menschen mit berichteten Nahtoderfahrungen nur gestört, aber nicht zerstört wurde, waren diese ohnehin nicht wirklich gestorben.
All dieses macht plausibel, dass Nahtoderfahrungen uns kein Wissen über den Tod selber vermitteln, sondern Halluzinationen des Gehirns in einer besonderen Extremsituationen sind. Allerdings können sie uns eine mögliche Vorstellung darüber geben, wie der Sterbeprozess von den Betroffenen erlebt wird.
Nahtoderfahrungen enthalten meistens Tunnel- und Lichterscheinungen, sowie Glücksgefühle
Der „Tod als Ende“ entspricht unseren naturwissenschaftlichen Beobachtungen. Es gibt keine unsterbliche Seele und keinen Körper, der in irgendeiner Form weiterlebt. Der Organismus verliert die Fähigkeit zur Selbsterhaltung. Die Person hört auf zu existieren, es gibt keine Wahrnehmung, keine Erinnerungen und keine körperlichen Funktionen mehr. Der Tod bewirkt einen vollständigen Zerfall des Körpers.
Viele stellen sich diesen Tod als eine zeitlose Unendlichkeit vor, einen tiefen, traumlosen Schlaf ohne Empfindungen, ohne Gedanken, ein nicht endendes Nichts.
1902 hatte der amerikanische Arzt Duncan MacDougall versucht die Seelen zu messen, welche seiner Vermutung nach im Todeszeitpunkt aus Körpern austreten. Er wog das Gewicht sterbender menschlicher Körper und stellte eine Differenz von durchschnittlich 21 Gramm fest. 21 Gramm war für ihn daher das Gewicht der menschlichen Seele. Als er bei ähnlichen Messungen mit Hunden, die er deswegen vergiftete, feststellte, dass hier kein Gewichtsdifferenz messbar war, folgerte er daraus, dass Hunde keine Seele haben. Heute wissen wir, dass MacDougall keine Seelen, sondern den Flüssigkeitsverlust der Leichen gemessen hatte.
Das was vom Menschen übrig blieb in den Katakomben von Paris
Mit wissenschaftlichen Methoden lässt sich keine Seele messen oder erkennen und daher auch keine wissenschaftliche Aussage über unsterbliche Seelen treffen. Über den Tod gibt nur Mythen, religiöse Unsterblichkeitsversprechen und Vermutungen. Was vermuten denn heute die Deutschen, wenn sie über den Tod gefragt werden?
Ein Tod als das Ende der Person vermutet eine Mehrheit in Deutschland. In einer repräsentativen Umfrage im Jahr 2022 gaben 55% an, dass sie erwarten, dass nach dem Tod nichts mehr kommt. Darunter glauben religiöse Menschen häufiger an ein Leben nach dem Tod, als das bei nichtreligiösen Menschen der Fall ist. Das ist plausibel, weil praktisch jede Religion eine Unterblichkeitsperspektive bietet. Die selbe Umfrage zeigt, dass die Anzahl der sich als religiös verstehenden Menschen innerhalb von 10 Jahren von 59% auf 48% gesunken sind. Die Gesellschaft ist säkularer geworden, und dadurch ist auch der Glaube an religiöse Jenseits- oder Wiedergeburtsversprechen nicht mehr vorherrschend.
Folgende Aspekte vom Tod als Ende werden näher betrachtet:
Welchen Sinn hat die Sterblichkeit? Da in der Natur nichts passiert, was vollständig sinnlos wäre, sollte das auch für den Tod als das Ende des Lebens zutreffen.
Welche unterschiedlichen Sichtweisen auf den Tod gibt es?
Was bleibt beim Tod als Ende von uns erhalten?
Lebewesen sind sterblich. Diese Aussage stimmt allerdings nicht immer. Es gibt erstaunlicherweise einige wenige Arten, die sich durch Erneuerung ihrer Zellen verjüngen und dadurch nicht sterben müssen. So können Süßwasserpolypen ihre alten Zellen immer wieder durch neue ersetzen, weil diese aus Stammzellen bestehen, die eine Regenerationsfähigkeit besitzen. Auch die Qualle Turritopsis dohrnii, die im Mittelmeer beheimatet ist, kann sich wiederverjüngen. Zellen des Außenschirm können zum Keim eines neuen Polypen werden. Dadurch wird eine neue Polypengeneration erzeugt, die mit der Qualle genetisch identisch ist, wodurch die Qualle biologisch potentiell unsterblich ist.
Die „unsterbliche Qualle“ Turritopsis dohrnii
Diese Konzepte sind jedoch auch im Tierreich die Ausnahme, in der Regel sterben Lebewesen.
Die Lebenserwartung