Tool Box - Hannes Sonnberger - E-Book

Tool Box E-Book

Hannes Sonnberger

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Beschreibung

Dieses Buch gibt Führungskräften die Freude am Führen zurück. Es holt seine Relevanz aus der Erfahrung der realen Coaching-Praxis mit mehr als 3000 Führungskräften. Es vermittelt ausnahmslos alltagserprobte Erkenntnisse eines zertifizierten Wirtschafts-Coachs, der selbst viele Jahre Führungskraft war.

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INHALT

Vorwort.

DAS ZIEL.

Hin-Zu statt Weg-Von. Erreichen statt Vermeiden.

Ein Ziel ist keine Zahl.

Minimal-Ziel. Maximal-Ziel. Alternativ-Ziel.

Führen ist die Vermittlung von Sinn.

Motivation.

Motivations-Möglichkeiten.

Disney für den Führungs-Alltag.

Das „Worst-Case-Szenario“.

DER KOMPASS.

Führen. Jeder weiß, wie’s geht.

„Leadership is all about compasses, not roadmaps.”

Spezialisten und Generalisten.

Management by Objectives.

Team-LEITER statt Team-SPRECHER.

Geschäftsführungs-Teams. Ein Widerspruch in sich?

DER KONFLIKT.

Konfliktbehandlung.

Konfliktmanagement: Der Versuch eines Rezepts.

Wenn ich Du wäre, wäre ich lieber ich.

Die „Ich-Botschaft“.

Die Transaktions-Analyse.

Das „Eltern-Ich“.

Das Erwachsenen-Ich.

Das Kind-Ich.

Wer fragt, der führt!

Der Schattensprung.

Der Berater seiner selbst.

DIE WEGE ZU DEN LÖSUNGEN.

Die 4-Fragen-Probe.

Die Kunst des Feedbacks.

Feedback: Beispiele.

Ein gelungenes Arbeitsleben.

Retainment. Am Ende wird alles gut.

Die Generation Y.

DER IDEALE FÜHRUNGS-STIL.

Was ist der ideale Führungs-Stil?

Teams führen.

Lokomotion und Kohäsion.

X-theoretisches und Y-theoretisches Verhalten.

Die Team-Uhr.

Der Betriebs-Klima-Barometer.

Die „60 Statements“.

KOMMUNIKATION IM ÜBERFLUSS.

Das Wa Ca Ma-Prinzip.

Die Kunst einer ganz normalen Besprechung.

Meeting-Regeln im Kommunikations-Overflow.

ZEIT- UND STRESS-MANAGEMENT.

Produktiv oder beschäftigt?

Das Eisenhower-Prinzip.

Die To-Do-Liste.

Das Pareto-Prinzip.

Burnout ist keine Mode-Krankheit.

Stress-Management.

Die Antreiber.

Delegieren.

CHANGE.

Die Legende vom gekochten Frosch.

They keep moving the cheese.

Die 7 Phasen im Change-Management.

Die Angst und ihr Ende.

LEADER’S LITTLE HELPERS.

VORWORT.

Was dieses Buch sein will.

Kein Ratgeber.

Jede gut sortierte Buchhandlung führt eine große Auswahl von „Ratgeber-Literatur“ für so gut wie alle Lebenslagen. Das ist gut und hilft vielen interessierten Lesern bei der Bearbeitung ihrer Probleme.

Meine Arbeit als Wirtschaftscoach hat mir die Erfahrung vermittelt, dass die Rolle eines Ratgebers recht zwiespältig sein kann. Ich habe gesehen und gespürt, wie oft Lösungen, die ich in meiner Phantasie für passend hielt, für meine Klienten nicht anwendbar waren.

Besonders häufig durfte ich fasziniert beobachten, wie Lösungsansätze, die aus den Ressourcen meiner Klienten erarbeitet wurden, für die Klienten perfekt passten und neue Handlungsfähigkeit ermöglichten. Deshalb will ich selbst kein Ratgeber sein und dieses Buch zu keinem machen. Dieses Buch ist ein Erfahrungsbericht aus zwei Jahrzehnten im Kommunikationsgeschäft und mehr als einem Jahrzehnt als Wirtschaftscoach. Wenn es ihm gelingt, die Leserin und den Leser zu eigenem, selbstbestimmtem Handeln anzuregen, hat es viel bewirkt.

Kein Ratgeber. Oder doch?

Die ersten Zeilen dieses Buches wurden tatsächlich als allererste Zeilen geschrieben.

Als ich am Ende das Gefühl hatte, es wäre alles gesagt, ging das Manuskript in eine Testschleife, in der einige mir sehr wichtige Menschen kritische Blicke darauf warfen.

Mein Freund Joachim Rosenberger hat mir dann diese Frage gestellt: „Wieso willst Du eigentlich keinen Ratgeber schreiben, wenn das Buch doch einer geworden ist?“

Wie schon so oft in den letzten 35 Jahren: Er hat recht. Und so ist dieses Buch beides geworden. Ein Impulsgeber für die Erforschung der eigenen Ressourcen und ein Ratgeber, wie man ganz konkrete Werkzeuge in den Führungsalltag einbringen kann.

Keine Fachliteratur.

Dieses Buch ist vom Leben abgeschrieben. Und deshalb hat es auch keine Fußnoten. Das Leben kennt keine Fußnoten: Es hat Überschriften, Fließtext, fette und dünne Buchstaben, lange und kurze Kapitel, viele Akteure und einen Hauptdarsteller – den Menschen selbst.

Deshalb gibt es keine Fußnoten. Ich brauche sie nicht, um meine eigene Belesenheit zu dokumentieren, die ohnehin für sich gesehen ein relativer Begriff ist. Manchmal werde ich mich auf „große Geister“ berufen. Diese Autoren sind in meinen Augen so wesentlich, dass die Lektüre irgendeines ihrer Bücher in jedem Fall ein Gewinn ist. Auch dafür brauche ich keine Fußnoten.

Meine Aussagen sind Angebote zur individuellen Auseinandersetzung und werden immer wieder auf entschlossene Ablehnung treffen.

Weil sie mit den Lebenserfahrungen mancher Leser nicht korrespondieren, weil sie als Selbstverständlichkeiten eingestuft werden oder weil sie jemand schlicht für falsch hält. Das ist mehr als legitim. Für mich heißt das vor allem: Nachdem Sie dieses Buch freiwillig gekauft haben, will ich auch weiterhin keine Zwänge auf Sie ausüben.

Dieses Buch kann und will nicht „vollständig“ sein.

Das Leben ist viel zu variantenreich, als dass es irgendjemand mit einer noch so raffinierten Formel durchdringen könnte. Wenn dieses Buch mehr Fragen eröffnet, als Antworten zu vermitteln, hat es einen guten Job erledigt.

Dieses Buch ist banal.

Es ist geschrieben in der vielfach erlebten Erfahrung, dass die wirklich guten und lebbaren Ideen in ihrer Substanz einfach sind. Diese Erkenntnis hat mich auch schon den einen oder anderen Klienten gekostet. Das hat mich natürlich geschmerzt. Aber noch viel mehr Schmerz hätte es mich gekostet, abzugehen von meiner unbedingten Triebfeder, so lange wie möglich nach der Einfachheit des Guten zu suchen.

Das Einfache ist gut. Das Gute ist einfach. Dabei möchte ich bleiben.

Dieses Buch hat nur eine einzige Idee.

Die Idee, dass Respekt auf der Beziehungsebene die Grundlage für Erfolg auf der sogenannten Sachebene ist. Viele nennen diesen Respekt „Wertschätzung“. Ich mag diesen Begriff, obwohl er durch vielfachen Gebrauch abgenützt und inflationiert ist. Der „Wertschätzung“ geht es heute oft ebenso, wie dem „Gutmenschen“: Man denkt an Räucherstäbchen, selbstgestrickte Pullover und Gesundheitsschuhe. Na und?

Ich habe zwar selbst keine Verwendung für all diese Utensilien, aber wenn sie jemandem das Leben erleichtern, ist es gut so. Genauso verhält es sich meiner Meinung nach mit der Wertschätzung. Sie kann vielen von uns das Leben erleichtern. Und zwar besonders intensiv und nachhaltig. Genau dann, wenn wir die Einsicht zulassen, dass die Perspektiven des anderen Menschen möglicherweise auch für uns einen Wert haben könnten, den wir noch zu schätzen lernen. So lebt dieses Buch von einem Generalverdacht:

Der andere Mensch könnte Recht haben. Nicht mehr und nicht weniger.

Dieser Verdacht macht viele Ideen und ihre Verwirklichung möglich. Dieser Verdacht schafft neue, bisher unbekannte Lösungen. Dieser Verdacht führt zur Gewissheit, dass Produktivität auf der Basis von Respekt erheblich besser erzielt werden kann, als durch Zwang und Geringschätzung.

Gender.

Die Texte in diesem Buch sind über sehr weite Strecken nicht „gegendert“. Ich bitte die geschätzten Leser und Leserinnen dafür um Verständnis. Das „Binnen-I“ wohnt in meinem Herzen, erschwert aber die Lesbarkeit vieler Passagen doch recht deutlich. In diesem Sinne habe ich meist nur die männliche Form benützt, ohne damit auch nur im Entferntesten unhöflich sein zu wollen.

Danke.

Dieses Buch entstand über eine ziemlich lange Zeit-Strecke. Und es verdankt seine Existenz einer ziemlich langen Liste von ganz besonderen Menschen, die ich hier nicht alle nennen kann. Dankbar hervorheben möchte ich: Meine großartigen und unglaublich loyalen Kunden, an und mit denen ich so unendlich viel lernen und erleben durfte. Sie laden meine Batterie auf und lassen mich so nachhaltig spüren, den richtigen Beruf auszuüben.

Drei Frauen, die essenziellen und unverzichtbaren positiven Einfluss auf die Verdichtung meiner losen Gedankenfäden genommen haben:

Mag. Elisabeth Linder. Sie weiß, warum ich sie hervorhebe. Mag. Waltraud Langer, die sich nicht nur der Mühe unterzog, mein Manuskript testzulesen, sondern mich mit einer Fülle von Hinweisen zur Optimierung versorgte.

Der am deutlichsten sichtbare: Der Buch-Titel, den ich ihr verdanke.

Meine wunderbare Frau Gabriele. Nie werde ich diese einzigartige Woche in der Toskana vergessen, in der wir einander gegenübersitzend an unseren Büchern geschrieben haben.

Jeden Tag. Und jeder Tag war schön.

Und ich danke ihr von ganzem Herzen für die liebevollen Augen und Hände, mit denen sie dafür gesorgt hat, dass dieses Buch aussieht, wie es aussieht.

DAS ZIEL.

Wer das Ziel nicht kennt, der kann den Weg nicht finden.

Warum sind Ziele so wichtig?

Weil der Führungs-Alltag ohne die Existenz eines Zieles nicht bewältigbar ist. Führen heißt, eine Einzelperson oder eine Gruppe abhängig von einer bestimmten Situation auf ein vorgegebenes Ziel zu lenken. In meinen Seminaren bitte ich die TeilnehmerInnen, diese inhaltliche Vorgabe in ihre Einzelteile zu zerlegen. Und dabei kommen gute Erkenntnisse zutage:

Führung muss nicht immer mit Gruppen oder Teams zu tun haben. Eine Einzelperson genügt oft schon vollkommen. Die Einzelperson kann mitunter auch ich selbst als Führungskraft sein. Nur wenn ich mich selbst gut führen kann, werde ich auch mit anderen gut genug umgehen können. Nicht jede Situation ist gleich, nicht jede Person reagiert auf sie in der gleichen Form. Deshalb ist es sehr hilfreich, sich ein Repertoire von Werkzeugen und Verhaltensweisen zurechtzulegen, das – abgestimmt auf die jeweilige Situation – zum Einsatz kommt.

Man nennt diese geistig-emotionale Beweglichkeit „situatives Führen“.

Und: Führen heißt lenken. Auf ein vorgegebenes Ziel. Auf ein Ziel, das von der Führungskraft angesagt wird. Die Führungskraft ist dabei nicht der Lautsprecher der Mehrheitsmeinung der Geführten, sondern die inspirierende Figur an der Spitze, die den Horizont nach Zielen absucht und entsprechend entscheidet. Die Führungskraft sollte in dieser Sichtweise so oft wie möglich auf der Kapitänsbrücke stehen und sich so nachhaltig wie möglich aus dem Maschinenraum fernhalten. Auch wenn das Klappern der Ventile und der Dampf im Kessel und das ölverschmierte Blauzeug den faszinierenden und auch wahren Eindruck robuster Aktivität vermitteln: Führen heißt anführen und nicht durchführen.

Das ultimative Führungs-Instrument ist die Entwicklung und Vorgabe von Zielen.

Hin-Zu statt Weg-Von. Erreichen statt Vermeiden.

In allen guten Ausbildungs-Instituten für professionelles Coaching wird größter Wert darauf gelegt, den Lernenden die elementare Bedeutung der Ziel-Klärung zu vermitteln. Tatsächlich ist lösungsorientiertes Coaching ohne ein klares, mit dem Coachee vereinbartes Ziel unmöglich. Wie soll denn sonst überprüft werden, ob die Betreuung des Klienten richtig liegt, wenn es nicht vorher klare Mess-Kriterien gibt, WOHIN sich die gemeinsame Arbeit bewegen soll?

Die vielen konkreten Erlebnisse mit meinen KlientInnen machen mich ganz sicher: Nur mit einem gemeinsam vereinbarten und verstandenen Ziel ist zielführende Arbeit möglich. Und: Das gilt selbstverständlich nicht nur für berufliche Themen und Fragestellungen, sondern ganz genau so für private.

Wir alle kennen das leidige Dilemma, wenn wir zerrissen sind zwischen den „Weg-Von-Zielen“ und den „Hin-Zu-Zielen“, also dem, was wir vermeiden und dem, was wir erreichen wollen. Auf der Basis der Betreuung von mehr als 3000 Führungskräften wage ich, zu behaupten: Mehr als 90 Prozent meiner KlientInnen hatten anfangs ein „Weg-Von-Ziel“.

Sie wussten also ganz genau, was aufhören soll und wie sich der störende Mensch in der privaten oder beruflichen Umgebung doch bitte ändern sollte, damit es einem selbst endlich besser ginge.

Wenn der sture Chef endlich kapieren würde, dass mein Kollege eine Null ist, würde er doch längst mir die Prämie für das gelungene Projekt auszahlen. Wenn der bornierte Kunde nachvollziehen könnte, welch tolle Dienstleistungen er für sein knausriges Honorar bekommt, müsste man nicht jede Rechnung drei Mal nach-argumentieren. Wenn die Kinder endlich aufhören könnten, das Wohnzimmer zu verwüsten, hätte man am Abend ein Plätzchen, um die Füße hoch zu lagern. Wenn der ignorante Nachbar endlich kapieren könnte, dass lautstarkes Heimwerken am Sonntagmittag ein No Go ist, könnte man sein Mittagsschläfchen in Frieden halten.

Auch wenn dieser innere Mechanismus vielen von uns sehr gut bekannt ist: Auf diese Weise macht man sich fremdbestimmt und das Gelingen der eigenen Pläne vom Wohlverhalten der anderen abhängig. Und wenn wir uns einmal so richtig in diesem gedanklichen Treibsand eingekringelt haben, dann ist es nicht mehr weit zur perfekten Übernahme einer Opfer-Rolle: Die ganze Welt ist hässlich und das ganze Leben eine einzige Straf-Expedition.

Und dann klickt das nächste Zahnrad ins triste Uhrwerk: Die Flucht. Ich denke und spüre: Überall anderswo ist es besser, als da, wo ich grade bin. Auch das kennt man sowohl aus privaten, wie aus beruflichen Szenarien. Und dann werden Beziehungen beendet und Jobs gekündigt.

Mit einer fatalen Konsequenz: In die neue Beziehung und den neuen Job hat man den prallen Rucksack mitgebracht, in dem die alten, hinderlichen Muster wohnen. Und schon werden diese Muster ausgepackt. Sie sind in der Zwischenzeit gewachsen und ausgeschlafen und verrichten mit Blitzesschnelle ihr geübtes Handwerk. Wenn wir in einer solchen Schleife gefangen sind, holt uns die Spirale nach unten rasant in ihren Spin und wir fragen uns:

Wozu hab ich mir das angetan? Jetzt ist es ja noch schlimmer, als je zuvor!

Das Gegen-Konzept zu dieser für so viele unvermeidbar scheinenden und gefühlt schicksalshaften Entwicklung besteht im „Hin-Zu-Ziel“, dem Erreichungs-Ziel.

So sehr das Vermeidungs-Ziel mit Fremdbestimmung und Leid verbunden ist, so sehr lebt das Erreichungs-Ziel von der faszinierenden Kraft der Selbstbestimmung und des aktiven Gestaltens. Hier muss ich mich allerdings fragen: Was kann ich selbst tun, damit sich meine Lage zu meinen Gunsten ändert/bessert? Welche Fähigkeiten und Ressourcen kann ich einbringen, um mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen? Wo will ich hin und was ist dort anders und besser, als bisher? Wie komme ich dort hin? Was ist der positive Unterschied zwischen heute und morgen? Wie motiviere ich mich selbst? Was ist (mir) zumutbar? Wann komme ich an?

Und dann bin ich auch kein Opfer mehr, sondern TäterIn (und wem das zu martialisch ist: GestalterIn). Und dann bin ich auch nicht (mehr) auf der Flucht, sondern auf der Reise. In ganz vielen Fällen: Zu mir. Und immer wieder feststellbar: Zum ersten Mal!

Wenn ich nun liebevoll mit mir umgehen möchte, dann liegt es auf der Hand, sich für das Erreichungs-Ziel zu entscheiden und die Versuchungen des Vermeidungs-Ziels ins Exil zu schicken. In beiden Ziel-Optionen sind Körper-Flüssigkeiten im Spiel: Bei den Vermeidungs-Zielen die Tränen, bei den Erreichungs-Zielen der Schweiß.

Der Unterschied macht uns sicher:

Ein Tag durchgeheult, lässt uns mindestens einen weiteren Tag sehr ramponiert aussehen. Nach einem durchgeschwitzten Tag springen wir abends in die Dusche, sind wieder frisch und verbreiten Wohlgerüche.

Bei diesem Punkt meiner Ausführungen hat einmal eine Teilnehmerin bei einem großen Teambuilding spontan ausgerufen: „Aha, jetzt weiß ich, was Du von uns willst: Du möchtest wissen, wofür wir schwitzen wollen!“ Ja, genau darum geht es.

Ein nochmaliger Blick auf den Themen-Kompass führt zu einem weiteren Gedanken: Mit großer Inbrunst wird häufig die uralte fernöstliche Weisheit „Der Weg ist das Ziel“ zitiert und von vielen zum Mantra erhoben. Dabei geht leider der entscheidende zweite Teil des Konfuzius-Zitats verloren: „Wer das Ziel nicht kennt, für den ist kein Wind der richtige.“

So wird „Der Weg ist das Ziel“ im Alltag unangenehm häufig zur manchmal sogar bequemen Begründung, kein Ziel haben zu müssen und den Fokus der eigenen Betriebsamkeit auf die Tatsache, ohnehin in Bewegung zu sein, legen zu dürfen. Dann ist man zwar den ganzen Tag lang beschäftigt, aber nicht produktiv.

Viele Führungskräfte in Wirtschaft und Politik gönnen sich das nicht ungefährliche Motto des Wegs als Ziel und kommen – mehr oder weniger zufällig – recht weit damit. Oder auch nicht. Der kürzest-amtierende österreichische Bundeskanzler der zweiten Republik hatte das Lebens-Motto „Die Wege entstehen im Gehen“. Und nach eineinhalb Jahren Amtszeit ist er gegangen (worden). Weil die Menschen zwar beobachten konnten, dass er unterwegs war, aber nicht, wohin.

Ein Ziel ist keine Zahl.

Gerade bei Führungskräften habe ich es mir zum sportlichen Anliegen gemacht, auf den fundamentalen Unterschied zwischen Ziel und Ergebnis hinzuweisen. Immer wieder auch mit der ohne Verletzungsabsicht platzierten provokanten Bemerkung: „Ein Ziel ist keine Zahl. Die Zahl ist ein Ergebnis, aber kein Ziel.“

Die überwiegende – um nicht zu sagen „überwältigende“ – Mehrheit aller Ziele, mit denen Teams oder Einzelpersonen in der Wirtschaft heute auf die Reise geschickt werden, entpuppen sich als simple Zahlen. Und Dutzende Male habe ich Top-Manager erlebt, die große Schwierigkeiten hatten, für sich selbst und/oder ihre Teams die Frage zu beantworten, WARUM diese Zahlen erreicht werden sollten. Die Erfüllung von Aktionärs-Interessen oder persönlichen Bonus-Bedürfnissen ist ein viel zu kurzatmiges Motiv, um dauerhaft Spitzenleistungen zu erbringen oder gar mit (unvermuteten) Schwierigkeiten zurechtzukommen. Die Erarbeitung von motivierenden Dimensionen jenseits der Zahlenebene hat mit ausnahmsloser Regelmäßigkeit zu einem Turbo an Leistungsbereitschaft und Ausdauer geführt.

Ziele sind Lösungen. Zahlen sind Ergebnisse.

Ein konkretes Beispiel aus einem Workshop mit den Top-Managern eines Konzerns:

Wege und Methoden („Motivatoren“), um Zahlen-Ziele motivierend aufzuladen

Wettbewerb/Vision: Denke out of the box, Man muss die Spur wechseln, um andere zu überholen

Team-Geist: Ziel als Team, um sich gegenseitig zu entlasten und zu unterstützen, WIR schaffen das! – Gemeinsames Bearbeiten der Aufgabe (nicht: Friss oder stirb!)

Heimat: Teil eines großen gemeinsamen Ganzen sein, Vertrauen, Sicherheit

Stolz: Der Stolz auf das, was wir tun.

Transparenz & Akzeptanz: Erklären und Verständnis schaffen

Ein Ziel ist ein Zustand, dessen Erreichung aus heutiger Sicht notwendig, wünschenswert oder lohnend ist. Eines dieser drei Kriterien sollte auf jeden Fall erfüllt werden. Dass bei dieser Betrachtungsweise der motivatorische Treibsatz einer Zahl enden wollend ist, wird auch kühlen Rechnern schnell klar.

Ein besonders berührendes Beispiel für die auto-suggestive Kraft eines inhaltlichen Ziels ist mir im österreichischen Waldviertel begegnet. Dort hat eine charismatische Hotel-Managerin buchstäblich aus einem Schweinestall ein entzückendes Hotel gebaut, das sie mit ihrem ganzen Herzblut führt. In einer Broschüre, die sie über die Entstehungs-Geschichte des Hotels geschrieben hat, steht der Satz: „Ein Ziel soll so wichtig sein, wie der Wunsch nach Luft, wenn der Kopf unter Wasser ist.“

So motiviert, schauen wir also ein bisschen tiefer in die wunderbare Welt der Ziele hinein und suchen alltagstaugliche Werkzeuge, um uns selbst besser „ein-norden“ zu können.

Minimal-Ziel. Maximal-Ziel. Alternativ-Ziel.

Als Inspirator für die nachfolgenden Betrachtungen habe ich Heinz von Foerster virtuell zu mir gebeten. Der große österreichische Wissenschafter hat uns als einer der fundamentalen Gründer des Konstruktivismus eine wunderbare Erkenntnis hinterlassen:

„Handle so, dass die Zahl Deiner Optionen mit jedem Schritt, den Du setzt, zunimmt.“

Diese Ansage ist in ihrer Radikalität ermutigend und verstörend zugleich. Zählt es doch zu den meist unhinterfragten ehernen Prinzipien unseres Alltags, bei Entscheidungen die diversen Optionen streng auszusortieren, zuzuspitzen und zu reduzieren, bis wir endlich bei EINER Option landen, um diese dann aus der Zwangsläufigkeit und Zwanghaftigkeit des vorherigen Prozesses auch umzusetzen. In einem solchen Szenario sitzen dann meine KlientInnen bei mir und klagen: „Jetzt bleibt mir gar nichts anderes mehr übrig, ich habe keine andere Wahl mehr …“ Meine Coach-Seele wird dadurch immer wieder provoziert, um meine Klienten aus dieser selbstgewählten Falle herauszulocken.

Durch Heinz von Foerster inspiriert, eröffnet sich ein völlig anderes Angebot für uns:

Die Existenz eines Ziels vorausgesetzt, haben wir auf dem Weg dorthin eine Vielzahl von Möglichkeiten, um uns im Koordinaten-System des grundlegenden Ziels bei jedem Entwicklungs-Schritt den jeweils passenden nächsten auszusuchen. Das schafft enorme geistige Beweglichkeit, die bei vielen meiner Klienten sogar körperlich spürbar wurde. Wenn wir nun vermeiden wollen, uns in einem Labyrinth von Optionen zu verlaufen und den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen, hilft uns ein sehr einfaches Denkmodell:

Die Unterscheidung zwischen Minimal-/Maximal- und Alternativ-Ziel.

Also: Was – bezogen auf das grundsätzliche Erreichungs-Ziel – ist das Mindeste, womit ich grade noch zufrieden bin? Was ist das Beste, das mir passieren kann? UND – als eigenständige „out of the box“-Alternative (nicht als Kompromiss zwischen Minimal und Maximal!):

Was geht noch?

Um nun aus der vielleicht schon eingetretenen Ermüdung durch Theorie auszubrechen, schauen wir uns ein praktisches Beispiel an, das ich gerne in meinen Seminaren einsetze.

Zum IT-Chef eines großen Konzerns kommt der beste Mitarbeiter der Abteilung und sagt: „Chef, lass mich ziehen! Ich habe in der Kantine immer wieder die Typen aus der Marketing-Abteilung getroffen, die haben einen Alltag mit viel mehr Spaß als wir, ich will da hin!“

In diesem Szenario bitte ich nun die TeilnehmerInnen, sich in die Rolle des Chefs zu versetzen und in dieser Rolle das Minimal-/Maximal- und Alternativ-Ziel des Chefs zu formulieren.

Darauf kommen meist folgende Antworten:

Das Minimal-Ziel ist, dafür zu sorgen, dass der Mitarbeiter im Unternehmen bleibt und – so viel muss sein – bei der Suche eines geeigneten Nachfolgers hilft bzw. so lange in der Abteilung bleibt, bis der Nachfolger identifiziert und eingeschult ist.

Dies zu formulieren, fällt den meisten TeilnehmerInnen in vielen Fällen noch leicht.

Was ist nun das Maximal-Ziel? Hier kommt oft als erste Antwort: dass der Abgangswillige bleibt. Hier lasse ich nicht locker und bei weiterem Bohren nach dem Maximal-Ziel taucht dann oft der Zusatz auf: Und dafür zu sorgen, dass er GERNE bleibt. (Weil sonst haben wir in spätestens einem halben Jahr wieder das gleiche Problem.)

Nun kommt die dritte Fragen-Ebene, die Suche nach dem Alternativ-Ziel – also: Was geht noch? Und genau in dieser Dimension haben die meisten einige Schwierigkeiten, sich zurechtzufinden. Kein Wunder, wenn man bedenkt, wie wir sozialisiert sind und wie sehr das Denken in schwarz/ weiß-Kategorien unseren Alltag bereits durchdrungen hat. Diese schwarz/weiß-Kategorien haben seit einigen Jahren absolute Hochkonjunktur, lebt doch unsere gesamte Ausstattung an elektronischen Helferlein ausschließlich von Null und Eins-Mechanismen: Die wundersame digitale Welt!

Das Leben ist analog.

Mit großem Nachdruck versteige ich mich nun in die Behauptung „Das Leben ist NICHT digital, sondern analog!“ Auf irgendeine Art muss die Menschheit doch den Weg durch die Jahrtausende geschafft haben, OHNE alles in Null/Eins-Algorithmen umzurechnen!

Sogar der Flug zum Mond wurde noch mit einer Technologie bewerkstelligt, die auf dem Level eines Commodore 64 angesiedelt war und ohne Internet, E-Mail, Facebook und SMS auskommen musste. Hätte ich meine Kinder mit Computern auf der Stufe eines C64 ausgestattet, sie hätten mich mit einem nassen Tuch um den Häuserblock gejagt.

Das Leben ist analog und verwöhnt uns – auch wenn wir es immer wieder ignorieren – mit einer Fülle an Optionen und Schattierungen, die ihresgleichen sucht. Ja, wir ignorieren diesen Reichtum, weil es für unsere Bequemlichkeit erheblich lustvoller ist, sich in blanken Entweder-/Oder-Alternativen einzubetonieren, als in und mit den Sowohl-/ Als auch-Optionen zu tanzen.

Also, was ist denn nun mit dem Alternativ-Ziel unseres IT-Chefs?

Meine Seminar-TeilnehmerInnen finden meist die folgende Antwort: Der IT-Chef könnte doch seinem Mitarbeiter vorschlagen, drei Monate zur Probe ins Marketing zu wechseln, um risikolos herauszufinden, wie der Alltag dort wirklich ist. (Hintergedanke: Du wirst schon sehen, die kochen dort auch nur mit Wasser…) Selbstverständlich sollte der Mitarbeiter vorher noch dafür sorgen, dass die IT-Abteilung seine Abwesenheit gut überlebt. Sollte er nach den drei Monaten im Marketing bleiben, ist zumindest für die Basis einer Fallback-Lösung gesorgt. Kommt er zurück, funktioniert die Abteilung mit ihm noch besser, als zuvor.

Oder: Der IT-Chef lässt den Mitarbeiter tatsächlich ziehen, vereinbart aber mit diesem eine Kombination aus Minimal- und Maximal-Ziel, nämlich dass der Mitarbeiter für seine Nachfolge und dessen Einschulung sorgt.

Und: Dass er bei seinem Eintritt ins Marketing als „IT-Trojaner“ in der neuen Abteilung fungiert, um die Marketing-Leute, die ohnehin ins IT-Averse tendieren, für die Anliegen der IT zu begeistern.

Eine ganze Menge an Optionen, die sich da auftut und die uns ohne die hilfreichen Trigger der Alternativen-Suche nicht zur Verfügung stünde.

Das Leben ist niemals alternativlos. Hätte sich die Menschheitsgeschichte zwischen den Alternativen Null und Eins abgespielt, wären wir – zurecht – längst ausgestorben.

Es muss das primäre Anliegen von uns Menschen sein, nach Alternativen zur scheinbaren Ausweglosigkeit/Unvermeidbarkeit zu suchen und nicht eher zu rasten, bis diese gefunden sind.

Der richtige Maßstab.

Selbstverständlich bleibt es eine ständige Herausforderung, die Größenordnungen der Optionen gut und richtig zu sortieren, damit nicht geschieht, was einem meiner Kunden passierte:

Ich hatte in einem meiner Führungs-Seminare gerade die drei Ziel-Größenordnungen erklärt, als der Creativ-Director einer großen Werbeagentur aufstand und sagte: „Tut mir leid, ich muss mich für drei Stunden entschuldigen. Heute ist der Freigabe-Termin für den neuen 30-Sekunden-Fernseh-Spot eines unserer Groß-Kunden (für Insider: die sogenannte Spot-Abnahme) und ich muss da hin.“

Er hatte schon die Türklinke in der Hand, als ich nachfragte: „Was ist denn nun Dein Minimal-Ziel für die Spot-Abnahme?“ Und er antwortete wie aus der Pistole geschossen: „Ich möchte, dass der Kunde den Spot genau so freigibt, wie wir ihn gedreht haben!“ Meine erstaunte Nachfrage: „Aha, was ist dann Dein Maximal-Ziel? Der Fünf-Minuten-Director’s Cut in 3D und Sensorround?“

Achtung, Falle!

Wenn wir die Größenordnungen der drei Optionen nicht gut genug unterscheiden, laufen wir Gefahr, unrealistisch und selbst-überschätzend zu werden und öffnen alle Tore für die dann fast schon planmäßig einsetzende Enttäuschung. Die als Ent-Täuschung dann wenigstens das Ende der (Selbst-)Täuschung markiert.

Als wunderbare Werkzeuge zur Präzisierung von Zielen möchte ich drei Formeln präsentieren, die ganz hervorragend geeignet sind, unseren Blick zu schärfen für das Mögliche und das Machbare eines Ziels – sei es nun das Minimal-, das Maximal- oder das Alternativ-Ziel.

Und jetzt kommt ein Satz, den ich mit der Bitte um Verständnis auch in den folgenden Kapiteln immer wieder strapazieren werde:

Haben Sie – bitte! – ein Ziel.

Und wenn Sie es haben, deklinieren Sie es nach der SMART- oder der ZIEL- oder der GOAL-Formel.

Erst Ziel, dann Formel.

S

M

A

R

T

Die SMART-Formel ist wahrscheinlich eine der weltweit gebräuchlichsten Formeln, um ein Ziel griffig und scharf zu machen und das völlig zurecht. Mit der SMART-Formel lassen sich der Bau eines Wochenend-Hauses, die Planung einer Karriere oder sogar der Börsengang eines Konzerns planen. Die fünf Buchstaben markieren die Initialen von fünf Kriterien, die ein Ziel unbedingt erfüllen sollte und hinter denen sogenannte offene Fragen stehen:

S wie Spezifisch.

Was macht mein Ziel so konkret und typisch, dass es verwechslungsfrei als MEIN Ziel identifiziert werden kann?

M wie Messbar.

Was ist der Unterschied zwischen heute – wo ich starte – und dem Moment, wo ich mein Ziel erreicht habe? Was ist dann anders? Und wie kann ich diesen Unterschied messen?

A wie Akzeptiert.

Wie motiviere ich mich und andere, dieses Ziel auch erreichen zu wollen?

Anmerkung: In manchen Interpretationen der SMART-Formel steht A für Ambitioniert.

Ich habe aus gutem Grund A wie Akzeptiert gewählt, weil die Frage der Ambition aus meiner Sicht beim Buchstaben R abgehandelt werden sollte und auf diese Weise der Aspekt der Akzeptanz des Ziels jene unverzichtbare Bedeutung erhält, die ihr unbedingt zusteht.