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Gesund, leistungsfähig und stark altern
Setzen Sie positive Trainingsanreize in der Arbeit mit älter werdenden Menschen. Ausgehend von 8 Kompetenzen – Körperhaltung, Kraft/Ausdauer, Stabilität, Atmung, Gleichgewicht, Beweglichkeit, Koordination/mentale Fitness, und Kardio – werden klar aufgebaute Übungen und Trainingsvarianten abgeleitet und nachvollziehbar vorgestellt.
Das Übungsbuch liefert Trainern und Übungsleitern praxisrelevantes Hintergrundwissen zu altersbedingten Veränderungen und klare Anleitungen, um unterschiedliche Altersgruppen sinnvoll und gezielt zu trainieren.
Ein innovatives Trainingskonzept bis ins hohe Alter.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 160
Veröffentlichungsjahr: 2025
Karin Albrecht
315 Abbildungen
Altern ist normal und ein Glück!
Für viele, viele Lebensjahre bedeutet älter werden, reifer, sicherer, kompetenter und routinierter zu werden, wodurch sich das Leben für die meisten Menschen einfacher und angenehmer gestaltet. Es kann eine Lebensphase mit vielen Freiheiten und großem Freiraum, freiwilligen Pflichten und selbst gewähltem Engagement sein – eine privilegierte Zeit. Doch dann häufen sich die Momente, die einen körperlichen Abbau bewusst und teils schmerzlich spürbar werden lassen.
Einige versuchen, dem entgegenzusteuern, indem sie sich regelrecht an die Jugend klammern, sich ständig mit Jungen messen – ein Verhalten, das schnell peinlich werden kann. Beispiele sind der erfolgreiche Personal Trainer oder Sportlehrer, der sich noch im hohen Alter mit seinem geringen Körperfettanteil brüstet, oder die über 60-jährige Frau, die auf unterschiedlichste Arten optimiert und super trainiert ist und in der Presse als „Fitness-Oma“ bezeichnet wird. Ist das nicht furchtbar? So sollte es nicht sein.
Für mich bedeutet Älterwerden, sich nicht mehr beweisen zu müssen. Der Vorteil der Erfahrung entlastet von Konkurrenz und Wettkampf. Mit Würde älter zu werden, führt zu Gelassenheit und Souveränität. Allerdings ist das nicht einfach, es ist ein Prozess, den wir als Trainerinnen und Trainer wunderbar und wertvoll unterstützen können.
Dieses Buch vermittelt die entsprechende Struktur, relevante Trainingsempfehlungen und viele Praxisideen. Die Inhalte dieses Fachbuches gelten auch als Ausbildungslektüre für alle von der star education angebotenen Weiterbildungen zu Antara® Age.(1)
Mein Dank gilt den freundlichen und kreativen Unterstützern Monika Mock, Harry Hulskers, Annina Bettschen-Huber, Oliver Barth und Heidi Fleig-Golcks, der Grafikerin der wunderhübschen Strichfigürchen, sowie allen Trainerinnen und Trainern, die Menschen in die Streckung trainieren.
Mit Cardio-Training lebt man länger, mit Krafttraining besser und mit einer aufrechten Körperhaltung glücklicher.
Viel Freude dabei wünsche ich!
Karin Albrecht
Zürich, im November 2024
Titelei
Vorwort
Teil I Theoretischer Teil
1 Alterung – Alterungsprozess
1.1 Altersbedingte Veränderungen
1.1.1 Eintritt in eine neue Lebensphase
1.1.2 Alter ist nicht gleich Alter
1.1.3 Schlaf und Alterungsprozesse
1.1.4 Depressionen im Alter
1.1.5 Gene und Lebensstil: Gesund bis ins hohe Alter
1.2 Ernährung im Alter
1.2.1 Protein- und Energiebedarf im Alter
1.2.2 Übergewicht
1.2.3 Metabolisches Syndrom
1.3 Bewegung, Training und Sport im Alterungsprozess
1.3.1 Typgerechtes Training im Alter
1.3.2 Kann man beim Training im Alterungsprozess etwas falsch machen?
2 Die 8 körperlich-mentalen Kompetenzen
2.1 Einleitung und Überblick
2.2 Kompetenz 1: Körperhaltung
2.2.1 Gebeugte Haltung im Alter
2.2.2 Verstärkung (nachteiliger) neuronaler Muster
2.2.3 Höhenverlust durch Osteoporose und Verschleiß
2.2.4 Schutzansteuerung durch Verletzung und Schmerz
2.2.5 Das magische Wort ist Streckung
2.2.6 Verfettung der Mm. multifidi
2.2.7 Training und Körperhaltung
2.3 Kompetenz 2: Kraft – Kraftausdauer
2.3.1 Osteoporose: Knochengesundheit im Alter
2.3.2 Verlust von Muskelmasse und Kraft
2.3.3 Myokine – das beste Anti-Aging-Mittel
2.3.4 Muskulatur und Funktionsgruppen
2.3.5 Muskulatur und Training
2.4 Kompetenz 3: Stabilität – Core-Funktion
2.4.1 Auswirkung des Höhenverlusts auf die Core-Funktion
2.4.2 Training und Stabilität
2.5 Kompetenz 4: Atmung – Atemkraft
2.5.1 Die Atmung im Alterungsprozess
2.5.2 Schwerpunkte beim Atemtraining
2.5.3 Training und Atmung
2.6 Kompetenz 5: Gleichgewicht – Sturzprophylaxe
2.6.1 Stürze – Sturzgefahr und Auswirkungen
2.6.2 Training und Gleichgewicht
2.7 Kompetenz 6: Beweglichkeit
2.7.1 Beweglichkeitseinschränkungen durch krankhafte Veränderungen
2.7.2 Schwerpunkte beim Dehnen im Alter
2.7.3 Training und Beweglichkeit
2.8 Kompetenz 7: Koordination – mentales Training
2.8.1 Techniktraining: Bewegungsqualität – Bewegungskontrolle
2.8.2 Sensomotorik: Reaktion und Gleichgewicht
2.8.3 Antizipation, Orientierung, Umsetzung komplexer Aufgaben
2.8.4 Aufstehen vom Boden – eigene Strategien finden
2.9 Kompetenz 8: Cardio – Herz-Kreislauf-Training
2.9.1 Herzgesundheit und Alterungsprozess
2.9.2 Herz-Kreislauf-Training: allgemeine Empfehlungen
2.9.3 Trainingsbegleitende Förderung der Ausdauer
3 Empfehlungen für die Praxis
3.1 Allgemeine Empfehlungen
3.1.1 Stundenaufbau
3.1.2 Stundenbilder Group-Training
3.1.3 Trainingsplanung im Fitnessgerätebereich
3.1.4 Trainingsaufbau im Fitnessgerätebereich
3.1.5 Übungsdauer – Wiederholungszahlen
3.1.6 Test und Selbsteinschätzung
3.1.7 Information der Teilnehmenden
3.1.8 Einsatz von Musik
3.1.9 Ergänzende Empfehlungen für den gesunden Alterungsprozess
3.2 Einsatz von Trainingsgeräten und Hilfsmitteln
3.2.1 Stab/Stäbe
3.2.2 Stuhl
3.2.3 Matte
3.2.4 Zusatzlast im Group-Training
3.2.5 Tuch und Handtrimmer, Noppenball
3.2.6 Fitnessgeräte, Kabelzug, freie Gewichte
3.2.7 Kopf-/Nackenstütze
3.2.8 Mental-Poster
4 Vorgaben zur Bewegungsausführung
4.1 Vermeiden von Fehlhaltungen beim Training
4.1.1 Keine Beugung am Bewegungsende
4.1.2 Keine Sit-ups und kein Roll-up – Roll-down
4.1.3 Kein langer Hebel bei großer Last mit exzentrischem Bauch
4.2 Ersatz von Fehlhaltungen im Alltag
4.2.1 Heben
4.2.2 Das ewige Sitzen
4.2.3 Gehen und Wandern
4.2.4 Chillen
4.2.5 Toilettenverhalten
4.3 Beugung im Training
4.3.1 Mobilisation der LWS in der Neigeposition
4.3.2 Wirbelsäulenmobilisation im 4-Füßler und im Unterarmstütz
4.3.3 Wirbelsäulenmobilisation auf dem Stuhl
Teil II Praktischer Teil
5 Trainingsvorbereitung – Warm-up
5.1 Warm-up beim Group-Training
5.1.1 Joker
5.1.2 Mobilisation von Becken und LWS
5.1.3 Mobilisation von BWS und Thorax
5.1.4 Schulterkreisen
5.1.5 Schultern heben und senken
5.1.6 Mobilisation von HWS und Kopf
5.1.7 Mobilisation von Beinen, Becken und Hüftgelenk
5.2 Warm-up im Fitnessgerätebereich
6 Übungen zu Kompetenz 1: Körperhaltung – Streckerkette
6.1 Einführung in das Training
6.1.1 Die Körperhaltung im Alter
6.1.2 Veränderung von Muskulatur und Funktion
6.1.3 Abbau der Streckerkette und Verfettung der Mm. multifidi
6.2 Training mit dem Stab/den Stäben
6.2.1 Streckerkette-Turbo
6.2.2 Squat mit Stab
6.2.3 Lunges mit Stäben
6.3 Training mit Stuhl, Step und Kabelzug
6.3.1 Stuhllehne
6.3.2 4-Füßler auf dem Step
6.3.3 Training der Streckerkette am Kabelzug
6.3.4 Back-Extension
6.3.5 Aktivierung der Streckerkette aus der Rückenlage
6.4 Gegenbewegung zur Beugehaltung
6.4.1 Gegenbewegung zur Beugehaltung im Stand
6.4.2 Gegenbewegung zur Beugehaltung im Sitzen
7 Übungen zu Kompetenz 2: Kraft – Kraftausdauer
7.1 Einführung in das Training
7.1.1 Myokine und Muskelaktivität
7.1.2 Verfettung der globalen Muskulatur
7.1.3 Belastbarkeit, Leistungsfähigkeit und Erhalt der Selbstständigkeit
7.1.4 Knochendichte
7.1.5 Gangsicherheit und Sturzprophylaxe
7.1.6 Kalorienverbrauch und Gewichtskontrolle
7.1.7 Glückshormone – psychisch-emotionale Stabilisation und Ausgeglichenheit
7.1.8 Tests
7.2 Tests und Übungen zur dynamischen Stabilisation
7.2.1 Neigung ohne Beugung
7.2.2 Variante und Steigerung aus dem Kniestand
7.2.3 Vom 4-Füßler schwebend zum langen Hebel
7.2.4 Vom Unterarmstütz zum langen Hebel
7.3 Grundübung zur Kraftverbesserung im Fitnessgerätebereich
7.3.1 Beinpresse
7.4 Squats – die Königsübung
7.4.1 Squats in aufrechter Haltung mit Last und Hebel
7.4.2 Squat mit Gewichten: Üben des Hebens
7.4.3 Erweiterung: Aktivierung der Schultermuskulatur
7.4.4 Steigerung: ein klein wenig Schnellkraft
7.4.5 Kreuzheben (sehr anspruchsvoll)
7.5 Training mit Rudergerät, Brustpresse und Bank
7.5.1 Rudern
7.5.2 Brustpresse
7.5.3 Latzug
7.5.4 Klimmzug mit Unterstützung
7.5.5 Trizeps-Dips
7.5.6 Pull-over und Erweiterung mit Core-Übungen
7.5.7 Pull-over als Erweiterung und Steigerung des klassischen Core-Reprints
7.5.8 Kräftigung des M. triceps brachii
7.5.9 Kräftigung des M. biceps brachii und der Hand
7.6 Training mit Step
7.6.1 Liegestütz schmal (Trizeps-Dips) und breit
7.6.2 Plank
7.7 Training mit dem Stuhl
7.7.1 Das Klötzchenspiel als Test und Übung
7.7.2 Aus dem Klötzchenspiel in die Squats
7.7.3 Steigerung: Das Pendel und der sitzende Frosch
7.7.4 Das Pendel und der Ausfallschritt
7.7.5 Verbesserung von Kraft und Rückenkraft auf dem Stuhl
8 Übungen zu Kompetenz 3: Stabilisation – Core-Funktion
8.1 Einführung in das Training
8.1.1 Aufgaben des Core-Systems
8.1.2 Das Core-System im Alterungsprozess
8.2 Der Core-Reprint
8.2.1 Prüfung des Core-Reprints
8.2.2 Beckenboden
8.2.3 Zwerchfell
8.3 Core-Reprint im Fitnessgerätebereich
8.3.1 Core-Reprint im Stand – die Kontaktatmung
8.3.2 Core-Reprint in Rückenlage
8.4 Horizontale Varianten – Liftfahren mit dem Bauch
8.4.1 Liftfahren mit dem Bauch im 4-Füßler oder Unterarmstütz
8.4.2 Liftfahren mit dem Bauch im Stuhl- bzw. Tisch-Füßler
8.4.3 Liftfahren mit dem Bauch in Bauchlage
8.4.4 Beckenlift mit neutraler Wirbelsäule in Rückenlage
9 Übungen zu Kompetenz 4: Atmung – Atemkraft
9.1 Einführung in das Training
9.1.1 Das Zwerchfell und seine Funktionen
9.1.2 Ein- und Ausatmung
9.1.3 Die Atmung in der Therapie
9.1.4 Zwerchfell und Atmung in der Leistung
9.1.5 Atmungseinschränkungen und Rückenschmerz
9.2 Übungen zur Atmung
9.2.1 Atmungsverlangsamung
9.2.2 Core-Kraftausdauer: Atemverlangsamung als Krafttraining von M. transversus abdominis und Zwerchfell
9.2.3 Der Milzbeglücker
9.2.4 Entspannen, ausruhen und genießen
9.2.5 Einfach mal durchatmen – Ateminseln im Alltag
10 Übungen zu Kompetenz 5: Gleichgewicht – Sturzprophylaxe
10.1 Einführung in das Training
10.1.1 Basiskompetenzen für das Gleichgewicht
10.1.2 Kombination mit anderen Übungen
10.2 Tests für die Gleichgewichtskompetenz
10.2.1 Test des Sturzrisikos
10.2.2 Angepasster Romberg-Test
10.3 Gleichgewichtsübungen
10.3.1 Der angepasste Romberg-Test als Hauptübung
10.3.2 Steigerungen des angepassten Romberg-Tests
11 Übungen zu Kompetenz 6: Beweglichkeit
11.1 Einführung in das Training
11.1.1 Die Dehnbereiche und deren Einfluss auf den Körper
11.1.2 Test
11.1.3 Dehntechnik
11.2 Mobilisation der Wirbelsäule als Pausenbewegung zur Erholung
11.3 Übungen zur Beweglichkeit
11.3.1 Passive und aktive Dehnung der Zehenbeuger
11.3.2 Dehnung der Wade
11.3.3 Dehnung des hinteren Oberschenkels
11.3.4 Dehnung des vorderen Oberschenkels
11.3.5 Dehnung des inneren Oberschenkels
11.3.6 Dehnung des Brustkorbs vorne
11.3.7 Dehnung von Schulter/BWS
11.3.8 Dehnung der HWS
12 Übungen zu Kompetenz 7: Koordination – mentales Training
12.1 Einführung in das Training
12.2 Bewegungsqualität – Bewegungskontrolle
12.2.1 Anleitung im Training
12.2.2 Grundübungen
12.3 Sensomotorik: Reaktion und Gleichgewicht
12.4 Antizipation, Orientierung, Umsetzung komplexer Aufgaben
12.4.1 Grundübung
12.4.2 Übungen mit dem Mental-Poster
12.5 Aufstehen vom Boden
12.5.1 Aufstehen über den Ausfallschritt (Lunge)
12.5.2 Aufstehen über die Grätschposition
13 Übungen zu Kompetenz 8: Cardio – Herz-Kreislauf-Training
13.1 Einführung in das Training
13.2 Cardio-Trainingsreize im Group-Training
13.3 Cardio-Reize im Fitnessgerätebereich
13.4 Empfehlungen für das Training zu Hause
Teil III Anhang
14 Literatur
15 Zusatzinformationen
15.1 Empfohlene Trainingsgeräte/Hilfsmittel
15.2 Testprotokolle
16 Aus- und Weiterbildung zu Antara® und Antara® Age
16.1 Weiterbildung – Trainer und Bewegungsexperte im Alterungsprozess
16.2 Antara® Age
Autorenvorstellung
Anschriften
Sachverzeichnis
Impressum
1 Alterung – Alterungsprozess
2 Die 8 körperlich-mentalen Kompetenzen
3 Empfehlungen für die Praxis
4 Vorgaben zur Bewegungsausführung
Älterwerden ist mit einer Reihe von Veränderungen verbunden, die sich nicht nur auf den Körper, sondern auch auf geistiger und emotionaler Ebene auswirken. Die körperlich-mentalen Abbauprozesse gehen dem psychisch-emotionalen Altern dabei üblicherweise weit voraus. Menschen, die von außen als „alt“ oder – etwas eleganter ausgedrückt – „älter“ angesehen werden, fühlen sich innerlich oft stark und souverän, haben in ihrem Beruf und in ihrer Familie einen respektablen Platz erreicht und nehmen sich in unterschiedlichen Bereichen als kompetent wahr.
Daneben trägt jeder Mensch ein Leben lang einen inneren verletzlichen Anteil in sich, den der Arzt und Psychologe Eric Berne bereits 1964 als „inneres Kind“ bezeichnet hat (Transaktionsanalyse). Dieser verletzliche, in frühster Kindheit geprägte Anteil bleibt erhalten, auch wenn man hoffentlich als reifender Mensch gelernt hat, gut damit umzugehen und sich angemessen um sich selbst zu kümmern.
Aus dieser Warte betrachtet leben wir Zeit unseres Lebens viele unterschiedliche „Alter“ gleichzeitig.
Oft divergiert das persönliche Befinden in Bezug auf den Abbau der körperlichen Fähigkeiten und irgendwann auch auf das äußere Erscheinungsbild. Bis der Tag kommt, an dem sich der Mensch, der vorhat, sehr alt zu werden, bewusst wird, dass er etwas tun muss und tun wird.
Es ist nicht nur das Älterwerden mit dem Nachlassen von Kraft, Agilität und Attraktivität sowie dem Verlust der Vorstellung „alles ist noch möglich“. Nein, wirklich schlimm ist die Angst vor Gebrechlichkeit und Unselbstständigkeit. Das ist das Wichtigste und genau das können wir mit Training und guter Regeneration beeinflussen.
Sich mit den Veränderungen des Lebens, der Veränderung von Beziehungen, später mit dem Verlust der Berufstätigkeit, dem Verlust von Status und einer vorgegebenen Struktur etc. zu arrangieren, dafür muss jeder Mensch einen eigenen Weg und auch seine Versöhnung finden.
Der traurigste Teil, der Verlust von lieben Menschen, des Freundeskreises, das viele Abschiednehmen, ist dabei sicherlich die größte Herausforderung, die man niemandem abnehmen kann. Wer es schafft, solche Situationen zu bewältigen, und vielleicht in dieser neuen Lebensphase Akzeptanz und Wohlbefinden findet, ist begünstigt oder hat Glück gehabt.
Ein wichtiger Aspekt ist dabei, sich der eigenen Gesundheit und Fitness zu widmen. Und genau diesen Aspekt können wir als Trainer mit gutem und intelligentem Training direkt beeinflussen. Noch vor wenigen Jahren nahm man an, dass der Alterungsprozess zu über 50 % genetisch bedingt sei, was mittlerweile als überholt gilt. Laut dem aktuellen Stand der Wissenschaft beeinflusst der Lebensstil zu 60–70 % den Alterungsprozess.
Jeder Mensch altert auf seine ganz eigene Art und Weise. Nicht alle Menschen erfahren physische, sensorische, kognitive und psychische Einschränkungen zur gleichen Zeit, im gleichen Alter. Die enormen Unterschiede der Alterungsprozesse lassen uns verstehen, warum Trainingsformen, die an ein bestimmtes Alter gebunden sind, nicht funktionieren, z.B. 50+ oder 65+. Der Mensch definiert sich nicht anhand dieser Altersangaben und hat üblicherweise nicht das Gefühl, dem Bild dieses numerischen Alters zu entsprechen.
Unabhängig davon, wie der individuelle Verlauf der körperlichen, kognitiven und psychischen Alterungsprozesse aussieht, gibt es für alle Kompetenzen, die nachweislich das Befinden positiv beeinflussen, Maßnahmen und Übungen zur Verbesserung. Mit diesen Maßnahmen können wir die Gesundheit fördern und die Verletzlichkeit und letztlich die Abhängigkeit im Alter bremsen und hinauszögern.
Es geht um Wohlbefinden, Selbstbestimmung und Selbstständigkeit während des Alterns.
Nicht nur Bewegung und Ernährung helfen dem alternden Menschen, gesund zu bleiben. Für das Gehirn ist – neben der Bewegung – guter Schlaf relevant. Denn die Gesundheit des Gehirns wird direkt von der Schlafqualität beeinflusst. Schlafmangel und Schlafstörungen fördern die Vergesslichkeit und die Altersdemenz.
Dr. Claudio Bassetti (2021) äußert sich zu dem Zusammenhang zwischen Schlaf und Alzheimer-Demenz wie folgt: „Experimentelle und klinische Studien deuten auf eine erhöhte Anreicherung des schädlichen Beta-Amyloid und des Tau-Proteins hin, die zu den Hauptmechanismen gehören, durch die Schlaf-Wach-Rhythmusstörung die Neurodegeneration bei Alzheimer vorantreiben.“ Er sieht weiteren Forschungsbedarf zur Klärung der Frage, inwieweit eine gezielte Beeinflussung des Schlafes präventiv gegen Alzheimer-Demenz helfen kann.
Zusätzlich bergen Schlafstörungen auch ein erhöhtes Risiko für weitere Krankheitsbilder wie kardiovaskuläre Erkrankungen, metabolisches Syndrom, Erschöpfung, Schwermut und Depression.
Präventiv gegen und teilweise sogar bei manifesten Schlafstörungen hilft gutes Schlafverhalten. Dazu gehört auch die Planung von Bewegungs- und Trainingseinheiten. Das heißt, alle intensiven Trainingsreize sollten möglichst während des Tages durchgeführt werden. Am Abend sollten nur noch mittlere und sanfte Trainingsintensitäten eingeplant werden, die – wenn möglich – mit Entspannungs- oder Atemübungen abgeschlossen werden.
Gutes Schlafbedingungen beinhalten folgende Maßnahmen:
Kopfkissen und Matratze, Frischluftzufuhr und Raumtemperatur sollten gut auf eigene Vorlieben eingestellt werden.
Im Schlafzimmer sollte es möglichst ruhig sein. Alle Störungen und störenden Geräusche sollten vermieden werden.
Vor dem Einschlafen wenig oder keine Aufregung: Empfehlenswert sind Rituale, um die Entspannung zu fördern.
Dunkelheit bzw. keine störenden Lichtquellen: Vor dem Einschlafen kann auch der Blaulichtanteil auf dem Smartphone-Display das Einschlafen stören.
Dauer: Die Schlafdauer sollte nicht weniger als 6 h und nicht mehr als 8 h betragen.
Regelmäßigkeit: Es bietet sich an, immer zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen (ab 22:30 Uhr) und am Morgen aufzustehen, auch am Wochenende.
Sollte gelegentlich ein schweres Essen, eine aufwühlende Diskussion oder Sorgen und Grübeln eine unruhige Nacht bescheren, empfiehlt es sich, versöhnlich damit umgehen. Üblicherweise reguliert der Körper in der folgenden Nacht den fehlenden Schlaf mit mehr Tiefschlaf.
Erst wenn Schlafstörungen regelmäßig auftreten, sollten diese von Fachärzten diagnostiziert und entsprechend behandelt werden. Auch wenn eine ärztliche Abklärung, üblicherweise mit Schlaflabor, ein langer, aufwendiger Prozess sein kann, ist sie für eine gute Schlafqualität und damit für ein gesundes Altern unverzichtbar.
Abb. 1.1 Depressionen im Alter.
Altersdepressionen sind ein weitverbreitetes Thema ( ▶ Abb. 1.1). Bei über 65-Jährigen besteht ein erhöhtes Risiko, eine Depression zu entwickeln. Die Ursachen dafür sind komplex, vielschichtig und meist multifaktoriell. Ein möglicher Auslöser sind Schlafstörungen, weitere Auslöser sind psychisch-emotionale Themen, z.B.:
Wer bin ich, wer bin ich noch?
Was wurde aus meinen Lebensträumen?
Was kann ich noch beitragen?
Was wird aus dieser Welt?
Auch neurologische und degenerative Veränderungen im Gehirn (Demenz) können Schwermut, Depressionen, Ängste und Aggression auslösen.
Als gesichert gilt, dass Bewegung und Training (sowohl Kraft- wie auch Cardio-Training) ähnlich positiv wirken wie Psychotherapie oder Antidepressiva. Wahrscheinlich empfiehlt sich eine Kombination aus beidem, um auch den Ursachen der Schwermut und den dunklen Tagen auf den Grund gehen zu können. Der Nachteil von Antidepressiva sind die vielen Nebenwirkungen, die u.a. das Sturzrisiko erhöhen.
Der Einfluss unterschiedlicher Gene auf die Lebensdauer liegt laut dem Demografen Prof. James Vaupel nur bei 25 %, andere Studien sprechen von 30 %. In einem Interview mit Anja Jardine für die Neue Züricher Zeitung äußert er sich hierzu wie folgt: „Das ist die gute Nachricht. Denn 75 Prozent sind nicht genetisch bedingt. 10 Prozent hängen von der frühkindlichen Umgebung ab, angefangen in der Gebärmutter, auf die restlichen zwei Drittel hat jeder Einfluss“ (Jardine 2021).
Erster Wunsch aller Menschen ist bestimmt, gesund zu bleiben. Solange wir einigermaßen gesund sind – dabei werden üblicherweise die einen und anderen Zipperlein akzeptiert –, wünschen wir uns darüber hinaus mehr Belastbarkeit, Leistungsfähigkeit und Attraktivität. Das sind verständliche und berechtigte Wünsche – Vulnerabilität und Gebrechlichkeit sollen möglichst spät eintreten.
Dass dies tatsächlich so ist, zeigen die Zahlen der demografischen Studien. Auch mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 82 Jahren für Männer und 86 Jahren für Frauen sind wir nicht 30 Jahre lang gebrechlich.
Dabei ist zu beachten, dass laut Krankenstatistik die Häufigkeit von Krankheiten bei alten Menschen zwar steigt, dies aber u.a. auf bessere (Vorsorge-)Untersuchungen zurückzuführen ist. „Die Anzahl leichter Beeinträchtigungen nimmt zu, die der schweren ab. Und das letzte Stadium, die kurze Krankheitsphase vor dem Tod, wird weder länger noch kürzer“ (Jardine 2021). Die Gebrechlichkeit verschiebt sich mit steigender Lebenserwartung also weiter nach hinten. Es sind immer die letzten Jahre oder Monate, die geprägt sind von Gebrechlichkeit und Krankheit.
Damit sich diese geschenkten 20–30 Jahre so entwickeln, wie wir Menschen uns das wünschen, sind Bewegung, Training, gesunde Ernährung, genügend Regeneration und Lebensfreude elementar. Gesundheit und Belastbarkeit können gefördert und gepflegt werden, sodass man mit dieser ganz persönlichen „Kraft“ vielleicht sogar mit Krankheiten und Schicksalsschlägen besser umgehen kann.
Entsprechende Empfehlungen und eine sinnvolle Struktur für Training und Bewegung werden in diesem Buch vermittelt.
Die Bedeutung der Ernährung in Bezug auf den Alterungsprozess, den Verlust von Muskelmasse sowie die Entstehung von Osteoporose ist Gegenstand intensiver Forschung und kann hier nur gestreift werden.