Tranceperlen - Ghita Benaguid - E-Book

Tranceperlen E-Book

Ghita Benaguid

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Beschreibung

Brauchen Frauen eine andere Hypnotherapie als Männer? In jedem Fall bringen sie zusätzliche Themen mit in die Sitzung und stellen manche Fragen anders. Glücklicherweise gibt es inzwischen viele hochkarätige Hypnotherapeutinnen, die sie angemessen begleiten können. Ghita Benaguid hat für diesen Band mehr als 20 renommierte Kolleginnen um ihre besten Tranceinduktionen und -geschichten für Frauen gebeten. Die Beiträge decken ein breites Spektrum an Themen ab: den Selbstwert steigern, die weibliche Identität stärken, Ambivalenzen bei Entscheidungen nutzbar machen, Beziehungen aufbauen oder sich ablösen, Kinder bekommen, Mutter sein, die Wechseljahre bewältigen. Die Trancetexte dienen auch als Inspiration, den eigenen hypnotischen Stil weiterzuentwickeln. Mit Beiträgen von: Ghita Benaguid • Hiltrud Bierbaum-Luttermann • Dagmar Bieselt • Betty Alice Erickson • Ronja Ernsting • Anette Fahle • Elsbeth Freudenfeld • Reinhilde Freund • Martina Gross • Anna Kaiser • Anne M. Lang • Liz Lorenz-Wallacher • Elvira Muffler • Frauke Niehues • Maria Schnell • Kerstin Schnurre • Stefanie Schramm • Rosa Schuber • Cornelie Schweizer • Hanne Seemann • Kathrin Stephan • Dorothea Thomaßen • Claudia Weinspach • Claudia Wilhelm-Gößling.

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Zu diesem Buch steht ein Interview zum Lesen und Sprechen von Trancetexten als Audiodatei bereit:

www.carl-auer.de/tranceperlen

Ghita Benaguid (Hrsg.)

Tranceperlen

Hypnotherapievon Frau zu Frau

Carl-Auer

Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats des Carl-Auer Verlags:

Prof. Dr. Rolf Arnold (Kaiserslautern)

Prof. Dr. Dirk Baecker (Witten/Herdecke)

Prof. Dr. Ulrich Clement (Heidelberg)

Prof. Dr. Jörg Fengler (Köln)

Dr. Barbara Heitger (Wien)

Prof. Dr. Johannes Herwig-Lempp (Merseburg)

Prof. Dr. Bruno Hildenbrand (Jena)

Prof. Dr. Karl L. Holtz (Heidelberg)

Prof. Dr. Heiko Kleve (Witten/Herdecke)

Dr. Roswita Königswieser (Wien)

Prof. Dr. Jürgen Kriz (Osnabrück)

Karsten Trebesch (Berlin)

Prof. Dr. Friedebert Kröger (Heidelberg)

Bernhard Trenkle (Rottweil)

Tom Levold (Köln)

Dr. Kurt Ludewig (Münster)

Dr. Burkhard Peter (München)

Prof. Dr. Bernhard Pörksen (Tübingen)

Prof. Dr. Kersten Reich (Köln)

Dr. Rüdiger Retzlaff (Heidelberg)

Prof. Dr. Wolf Ritscher (Esslingen)

Dr. Wilhelm Rotthaus (Bergheim bei Köln)

Prof. Dr. Arist von Schlippe (Witten/Herdecke)

Dr. Gunther Schmidt (Heidelberg)

Prof. Dr. Siegfried J. Schmidt (Münster)

Jakob R. Schneider (München)

Prof. Dr. Jochen Schweitzer (Heidelberg)

Prof. Dr. Fritz B. Simon (Berlin)

Dr. Therese Steiner (Embrach)

Prof. Dr. Dr. Helm Stierlin (Heidelberg)

Prof. Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler (Köln)

Prof. Dr. Reinhard Voß (Koblenz)

Dr. Gunthard Weber (Wiesloch)

Prof. Dr. Rudolf Wimmer (Wien)

Prof. Dr. Michael Wirsching (Freiburg)

Prof. Dr. Jan V. Wirth (Meerbusch)

Themenreihe »Hypnose und Hypnotherapie«

hrsg. von Bernhard Trenkle

Reihengestaltung: Uwe Göbel

Umschlagfoto: © Katrin Berkenkamp, www.12zwoelf.de

Satz: Drißner-Design u. DTP, Meßstetten

Printed in Germany

Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck

Zweite Auflage, 2021

ISBN 978-3-8497-0270-0 (Printausgabe)

ISBN 978-3-8497-8179-8 (ePUB)

© 2019, 2021 Carl-Auer-Systeme Verlag

und Verlagsbuchhandlung GmbH, Heidelberg

Alle Rechte vorbehalten

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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Carl-Auer Verlag GmbH

Vangerowstraße 14 • 69115 Heidelberg

Tel. + 49 6221 6438 - 0 • Fax + 49 6221 6438 - 22

[email protected]

Inhalt

Dank

Geleitwort

I Einführung

Einstimmung

Ghita Benaguid

Zum Vorlesen der Texte

Ghita Benaguid

Milton H. Ericksons Hypnotherapie mit Frauen – aus Sicht seiner Tochter

Betty Alice Erickson

II Das Selbst stärken

Goldrichtig

Ghita Benaguid

Die Weisheit des Flusses

Liz Lorenz-Wallacher

Der Lebensbogen

Hanne Seemann

»Gut versorgt!« – Der Gang durch die inneren Räume

Elvira Muffler

Die ganz eigene Art

Stefanie Schramm

Gut genug – stark genug – klug genug

Claudia Wilhelm-Gößling

Innehalten: Im Fluss des Lebens

Ghita Benaguid

Die Rudertrance … zur Insel der Erkenntnis

Dorothea Thomaßen

Endlich zufrieden?!

Rosa Schuber

Worte werden Wirklichkeit – Märchen machen Trance

Reinhilde Freund

»Sie müssen nichts müssen – Sie können nichts falsch machen«

Dagmar Bieselt

III Den inneren weiblichen Anteilen begegnen

Das Kleid der Königin anziehen

Hanne Seemann

Ein Sommernachtstraum oder: Von der Kunst, eine Göttin zu sein

Kerstin Schnurre

Die Begegnung mit der inneren Frau

Elsbeth Freudenfeld

Schildkrötenritt – Die weiblichen Wurzeln finden

Claudia Weinspach

Vom Knüllen, Formen und Entfalten …

Hiltrud Bierbaum-Luttermann

Die dunkle Seite des Weiblichen – die wilde, ungezähmte Frau

Elsbeth Freudenfeld

IV Beziehungen gestalten

Ich und Du – und die Sehnsucht nach gelingender Ambivalenz

Martina Gross

Kraftquellen für Mütter

Anette Fahle

Getrennte Wege

Maria Schnell

»Nicht so wie meine Mutter …« – Eine Trance zur Abgrenzung und Versöhnung mit dem Bild der Mutter

Hiltrud Bierbaum-Luttermann

Dornröschens Erwachen

Anna Kaiser

Single sein – glücklich und zufrieden

Kathrin Stephan

V Körperliche Ressourcen aktivieren

Vom eigenen Körper gemocht werden

Frauke Niehues

Mein »Gewicht«

Anne M. Lang

Psychosomatik: Menstruations- und andere Beschwerden überwinden

Maria Schnell

Kinderkriegen – Sie wissen, wie es geht!

Cornelie Schweizer

Meine »Wechsel«-Jahre

Anne M. Lang

VI Trancen selbst gestalten

Die Placebo-Trance

Dorothea Thomaßen

Anstelle eines Schlusswortes:Die Perlen sammeln

Ghita Benaguid

Literatur

Über die Autorinnen

Über die Herausgeberin

Dank

Ein Buch von Frauen für Frauen … Zu gerne würde ich hier schreiben: »Mein besonderer Dank gilt dieser inspirierenden Ausbilderin … oder jener tollen Frau …« Tatsache ist aber, dass ich in den ersten Jahren meiner hypnotherapeutischen Ausbildung von Männern unterrichtet worden bin. Also: vielen Dank, liebe Kollegen, dass ihr mich ausgebildet und für die Hypnotherapie begeistert habt und dass ihr die Hypnotherapie nach Erickson in Deutschland zu dem gemacht habt, was sie heute ist!

Mein besonders herzlicher Dank gilt all meinen Kolleginnen, die sich von der Idee zu diesem Buch haben anstecken lassen und ihre Zeit und viel Freude in das Schreiben dieser Texte einfließen ließen.

Einen Sommer lang erhielt ich von ihnen immer neue erfrischende Trancen, die die Hitze der unerwartet heißen Sommertage 2018 in ein Feuerwerk von kreativen Ideen verwandelten.

Betty Alice Erickson verdanke ich einen sehr offenen und bereichernden E-Mail-Austausch über ihre Sicht der Hypnotherapie nach Milton H. Erickson. Leider verstarb sie im Januar 2019.

Ich danke Matthias Ohler, dem Geschäftsleiter des Carl-Auer Verlags, für unsere kurzweiligen realen und mentalen Spaziergänge am Rande der Hypnosetagungen, für ungezählte Sprachnachrichten und seinen beständigen Glauben an das Machbare. Ohne ihn würde dieses Buch jetzt noch nicht vorliegen.

Dem geduldigen Lektorat von Dr. Ralf Holtzmann und Veronika Licher verdankt das Buch die Einheitlichkeit in der Vielfalt.

Meinem Praxisteam und anderen befreundeten Kolleginnen und Kollegen danke ich für die Bereitschaft, mit meinen Texten in ihren Therapien zu arbeiten, und für all die konstruktiven Rückmeldungen und Erfahrungen, durch die die Texte reifen konnten.

Ghita BenaguidBielefeld, im Januar 2019

Geleitwort

Tempora mutantur, nos et mutamur in illisoder Die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns in ihnen …

Die M. E. G. wurde 1978 von zwei Männern und einer Frau gegründet. Das entsprach schon damals nicht mehr dem Geschlechterverhältnis in therapeutischen Berufen. In Bezug auf Hypnose aber war es außergewöhnlich, denn in der internationalen Hypnoseszene bekannt waren damals nur ganz wenige Frauen und an den Hypnosekongressen nahmen fast ausschließlich Männer teil. In den allerersten Jahren der M. E. G. war ich fast die einzige Frau in den Ausbildungsseminaren, und noch Anfang der 1980er-Jahre galt es als bemerkenswert, wenn sich mal Frauen in die männerdominierten Seminare »verirrt« hatten. Erst Anfang der 1990er-Jahre begann sich das Geschlechterverhältnis anzugleichen und dann umzukehren – in den Seminaren, unter den Mitgliedern der Hypnosegesellschaften, in deren Vorständen und seit wenigen Jahren nun auch im Vorstand der M. E. G.

So ist es nur konsequent, dass ein Hypnosebuch ausschließlich von Frauen geschrieben und herausgebracht wird. Wie es wohl den Männern damit geht? Werden sie davon etwas übernehmen, werden sie sich angleichen in bemühtem Co-Feminismus oder auf komplementärer Selbstständigkeit beharren? Zeichnet sich etwa eine neue Version von Ferenczis »Vater- und Mutterhypnose« (Martin u. Walter 2013) ab und werden spätere Hypnohistoriker dann eine bedeutsame Bewegung zu Beginn des 21. Jahrhunderts feststellen können? Die von einer »Männer-« hin zu einer »Frauen-Hypnose«?

Wie Henriette Walter und Marianne Martin bereits 2013 festgestellt haben, gab es schon immer Frauen in der Hypnose. Sie wurden nur selten wirklich wahrgenommen. Das hat sich in der M. E. G. und in den anderen Hypnosegesellschaften gründlich geändert. Dieses Buch legt auf seine Art weiter Zeugnis dafür ab. Mögen auch hypnophile Männer es lesen und Freude daran haben.

Alida Iost-PeterMünchen, im Oktober 2018

IEinführung

Einstimmung

Ghita Benaguid

Als ich Anfang der 90er-Jahre parallel zum Psychologiestudium eine Ausbildung in klinischer Hypnose bei der Milton H. Erickson Gesellschaft (M. E. G.) machte, unterrichteten in meinen Grundseminaren ausschließlich Männer. Auch die Seminarteilnehmer waren überwiegend männlich. Noch auf der M. E. G.-Jahrestagung 2008 bedankte sich Luise Reddemann, Honorarprofessorin für Psychotraumatologie und psychologische Medizin an der Universität Klagenfurt, nach ihrem Hauptvortrag sehr für die Einladung und endete dann sinngemäß: »Aber mein feministischer Ego-State ist höchst unzufrieden! Schauen Sie sich das Programm an, von all den vielen Hauptvorträgen werden nur zwei von Frauen gehalten. Frauen, so geht das nicht, Frauen erhebt euch!«

Bereits 2010, als ich die M. E. G.-Regionalstelle Bielefeld von Paul Janouch übernahm, stellte sich das Geschlechterverhältnis in den Kursen zunehmend anders dar. Mittlerweile überwiegt der Frauenanteil in der gesamten Psychotherapie. Seit 2013 haben wir im Vorstand der M. E. G. eine Frauenführungsriege, und ständig kommen weitere sehr talentierte Hypnotherapie-Ausbilderinnen hinzu. Im Psychologiestudium und an den Ausbildungsinstituten werden mehr Frauen als Männer unterrichtet. Auch in der ambulanten Psychotherapie ist der Großteil des Klientels weiblich. Das ist Grund genug, ein Buch mit hypnotischen Texten von und für Frauen herauszugeben.

Im Jahr 1994, zu Beginn meiner Hypnotherapie-Ausbildung, war gerade das Buch Das Vergessen vergessen von Hildegard Klippstein mit Gruppeninduktionen nach Milton H. Erickson erschienen. Ich schätzte es sehr und lernte, die spezielle hypnotische/hypnotherapeutische Sprache und Erickson‘sche Kommunikation sowie den Aufbau von Tranceinduktionen mit Leichtigkeit zu verinnerlichen. Ebenso half es mir, zu Berufsbeginn in meinen damaligen Rehakliniken die ersten hypnotherapeutischen Gruppeninduktionen anzuleiten. Auch heute freuen sich viele Hypnose-Anfänger, wenn sie etwas Schriftliches in die Hand bekommen, was eine Tranceinduktion erleichtert. Solche Texte sind hilfreich, um mit der hypnotischen Sprache vertraut zu werden und die passenden Worte für eine Induktion zu wählen.

Anlässlich des M. E. G.- Tagungsthemas 2019 – »Gender, Sex und Identität: Hypnotherapie und Vielfalt« – kam mir die Idee, ein Buch mit Tranceinduktionen von und für Frauen herauszugeben. Meine Anfrage an die Ausbilderkolleginnen, ihre Lieblingstrancen zu veröffentlichen, fand großen Anklang.

Als ich nach und nach die Texte erhielt, erschien mir jeder wie ein Juwel, einzigartig und auf seine ganz eigene Art berührend. Ein Juwel kann vielfältig zerteilt werden, und doch zeigen dann die geschliffenen Einzelkristalle immer noch etwas von seiner Ursprungsschönheit. Im Gegensatz dazu besteht die Einmaligkeit einer Perle in ihrer Ganzheit. Dabei sind ihre Herkunft und das Material alles andere als edel: Ein Sandkorn oder ein anderer Fremdkörper, der in eine lebende Perlmuschel auf dem Meeresgrund gelangt, bildet den Ausgangspunkt eines langen Prozesses. Die Muschel legt eine Perlmuttschicht nach der anderen um diesen Fremdkörper, bis schließlich die Perle in ihrer ganzen Größe und Schönheit entstanden ist. Sie wächst im Verborgenen auf wundersame Weise Schicht für Schicht über Jahre heran. Erst wenn die Muschel durch Perlenfischer ans Licht gebracht und geöffnet wird, offenbart die Perle ihren besonderen Glanz.

So entstand der Buchtitel Tranceperlen. Perlen galten schon im Altertum als besonders wertvoll und haben bis heute für Frauen eine hohe Attraktivität. Sie sind auch ein Symbol für Weiblichkeit und Fruchtbarkeit. Die Sandkorn-Metapher spiegelt darüber hinaus die hypnotherapeutische Haltung, das Problem von heute als den bestmöglichen Lösungsversuch der Vergangenheit anzusehen.

Allen Texten ist ihre Ressourcenorientierung gemeinsam. Sie sind entstanden aus der langjährigen hypnotherapeutischen Erfahrung der Autorinnen. Vier Themenbereiche beschäftigen sich mit Anliegen unserer Klientinnen, die uns häufig im Therapiealltag begegnen:

•Das Selbst stärken

•Den inneren weiblichen Anteilen begegnen

•Beziehungen gestalten

•Körperliche Ressourcen aktivieren

Den Schlussteil des Buches, »Trancen selbst gestalten«, bilden zwei Texte, die speziell für Kolleginnen geschrieben worden sind. Sie möchten Lust und Mut machen, selber kreativ zu werden und eigene Trancen zu entwickeln.

In einem Interview antwortet Milton Erickson auf die Frage, wie man ein guter Hypnotherapeut wird: »Versuchen Sie nicht, meine Stimme zu imitieren oder meinen Tonfall. Finden Sie Ihre eigene. Seien Sie einfach ganz natürlich Sie selbst.«

Die Vielfalt der Texte verdeutlicht Gemeinsamkeiten und Unterschiede im individuellen hypnotherapeutischen Vorgehen und eröffnet Ihnen die Möglichkeit, Ihren eigenen hypnotischen Stil zu finden.

Die Trancen ersetzen keine hypnotherapeutische Ausbildung oder eine adäquate psychotherapeutische Behandlung. Vielmehr richtet sich dieses Buch an Psychotherapeutinnen mit hypnotherapeutischen Vorerfahrungen, als Ergänzung zu einer Ausbildung. Wie alle therapeutischen Techniken sollten auch die vorliegenden Trancen in ein eindeutiges therapeutisches Setting eingebettet werden.

Ich hoffe, dass die Texte nicht nur gefallen und inspirieren, sondern auch laut vorgelesen werden. Stimme und Stimmklang sind ein wesentlicher Wirkfaktor bei gesprochenen Tranceinduktionen. Gleichzeitig nimmt es dem Phänomen Stimme seine Mehrdimensionalität, wenn ihre Beschreibung »nur« verschriftlicht wird. Daher haben wir uns entschieden, Ihnen zusätzlich ein Angebot auf dem auditiven Kanal zu machen. Ein Interview mit der hypnosystemisch ausgebildeten Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin Ronja Ernsting zum Thema »Trancen lesen« ergänzt diese Einführung (siehe S. 19).

Alle Autorinnen bewegen sich in der Tradition Milton Ericksons, der vor allem für seine indirekten hypnotischen Techniken bekannt geworden ist. Gerade im fortgeschrittenen Alter induzierte er Trancen vornehmlich indirekt als beiläufige Trancen und weniger mit formalen Verfahren. Seine Tochter Betty Alice Erickson beschreibt diese therapeutische Haltung und sein beiläufiges Vorgehen. So gibt es in diesem Buch doch auch einen Mann. Und natürlich würde es mich freuen, wenn die eine oder andere Perle auch das eine oder andere männliche Wesen anzieht. Denn gelungene Psychotherapie braucht Frauen und Männer.

Zum Vorlesen der Texte

Ghita Benaguid

Das Vorlesen und Erzählen von Bilderbüchern, Geschichten und Märchen ist eine alte Tradition, die in heutiger Zeit oft Kindern und ihren Eltern vorbehalten ist. »Wann hat Ihnen das letzte Mal jemand etwas vorgelesen?«, ist eine Frage, die ich in meinen Therapien oft zur Einleitung eines Wechsels des Gesprächssettings hin zu einer formaleren Tranceinduktion stelle. Viele Patientinnen sind gerührt: »Das ist lange her! Ich lese meinen Kindern vor. Für mich tut das selten jemand. Es ist so schön, wenn jemand für mich liest.« Ich antworte: »Mir kommt da gerade eine Geschichte in den Sinn, ich weiß noch nicht genau, ob und wie diese für Sie passend ist … Möchten Sie sie hören?« Wenn eine Zustimmung erfolgt, erwähne ich, dass es viele unterschiedliche Haltungen gibt und dass »Sie selbst, während Sie der Geschichte lauschen, am besten wissen, welche die für Sie in diesem Moment passendste ist«. Ich erwähne, dass mein Therapiesessel variabel verstellbar ist und dass es Wahlmöglichkeiten gibt zwischen eher aufrecht sitzender oder entspannt zurückgelehnter Sitzhaltung und dass die Haltung äußerlich wie innerlich jederzeit veränderbar ist. Auch Kissen und Decken stehen zur Verfügung, um es sich wirklich auf die ganz eigene Art bequem zu machen. Wichtig ist zudem der Hinweis, dass man natürlich jederzeit die Aufmerksamkeit wieder nach außen lenken und die Trance/Entspannung beenden kann.

Das Vorlesen von Geschichten vermittelt Zuwendung und Geborgenheit, es erinnert oft an Vorleserituale der Kindheit, beruhigt und regt die Fantasie an. Es löst vor allem auch unwillkürliche Suchprozesse auf unbewusster Ebene aus.

Milton Erickson ist insbesondere für seine indirekten hypnotischen Techniken bekannt geworden. Gerade im fortgeschrittenen Alter lag sein Focus mehr auf Konversationstrancen, als auf der Induktion formaler Trancen. Hypnotherapie nach Erickson entfaltet ihre Wirkung vor allem auf der Bilder- und Metaphernebene. Die speziellen hypnotischen Sprachmuster werden im sogenannten Milton-Modell beschrieben. Vertiefende Hinweise hierzu und zur Konstruktion von therapeutisch wirksamen Metaphern finden Sie in Benaguid und Schramm (2016).

Einige Besonderheiten der vorliegenden Texte möchte ich hervorheben:

Je nach Kontext kann bei Tranceinduktionen die Anredeform Sie oder Du gewählt werden. Die vorliegenden Texte handhaben das unterschiedlich, einige wählen für die Induktion und Exduktion das formalere Sie und wechseln während der Trance zum persönlicheren Du, um einen stärkeren Bezug zum Unbewussten oder zu jüngeren Ich-Anteilen zu ermöglichen. Natürlich können Sie alle Texte auch in die von Ihnen gewünschte Anredeform umformulieren.

Eine sprachliche Besonderheit der typischen Hypnosesprache sind die Einstreuungen. Darunter verstehen wir direkte Suggestionen, die in einen Trägertext verpackt werden: »Wie von selbst hebt und weitet sich der Körper beim Einatmen, um zu integrieren, was in Fluss ist, … wie Wellenbewegungen … genau … mir Zeit nehmen für mich selber, genau, jetzt!«

Auch die Stellvertretertechnik ist ein Spezialfall der Einstreuungen.

Es werden stellvertretend für die Klientin Metaphern oder Bilder genutzt, die ihre Wünsche und Werte symbolisieren, ohne diese explizit zu benennen. Eine Besonderheit im Deutschen, die in diesen Trancen genutzt wird, möchte ich hervorheben: Das Personalpronomen „sie“ ist beim Hören nicht vom Anredepronomen in der Höflichkeitsform „Sie“ zu unterscheiden. Man kann also sprachlich indirekt arbeiten: »Die Felsen, sie (Sie) stehen fest in der Brandung …«

Damit kann bei sensiblen Themen das Erzeugen von Widerstand verhindert werden. Die Klientin hat die Wahl, ob sie diese Textpassage auf sich bezieht oder nicht. Im Text sind die betreffenden Stellen mit beiden Schreibweisen versehen.

Das Vorlesen von Texten erlaubt auch der noch nicht so geübten Hypnoseanwenderin, sich zuerst einmal auf andere Aspekte der Tranceinduktion als die eigene Wortwahl zu konzentrieren. Auch erfahrene Hypnoseanwenderinnen können sich natürlich von den Ideen der Autorinnen inspirieren lassen. Denn in die vorliegenden Texte können passende Klientinnenmetaphern oder einzelne auf die Klientin abgestimmte Sätze leicht eingebaut werden.

Im Laufe der Zeit wird es durch das Vorlesen immer leichter fallen, sich diese besonderen hypnotherapeutischen Sprachmuster zu eigen zu machen und den eigenen therapeutischen Stil weiterzuentwickeln.

In den Texten werden Pausen so dargestellt:

•drei Punkte für kurze Pausen

•Absätze für längere Pausen

•Absatz plus Leerzeile für lange Pausen und/oder Themenwechsel

Besonders zu betonende Textstellen wurden im Text kursiv gesetzt.

Die durchschnittliche Sprechdauer aller Trancen beträgt 20–30 Minuten.

Die Texte können natürlich bezüglich Induktion und Exduktion den äußeren Rahmenbedingungen der Therapiesituation angepasst, Elemente ausgelassen oder wiederholt werden, Klientinnenmetaphern und speziell auf die Klientin ausgerichtete Schlagworte eingestreut werden.

Insofern kann die Dauer dieser Tranceinduktionen beträchtlich variieren.

Wichtig: Lesen oder hören Sie diese Texte niemals während einer Autofahrt oder während des Führens von Maschinen, um die für diese Tätigkeiten notwendige Aufmerksamkeit konzentriert aufrechtzuerhalten!

Milton Erickson war, nicht zuletzt aufgrund seiner Biografie und seiner vielfältigen körperlichen Beeinträchtigungen, ein Meister der Mehrebenenkommunikation. Er hatte eine hohe Fähigkeit entwickelt, verbale, non- und paraverbale Kommunikationsaspekte zugleich wahrnehmen zu können. Für die Entwicklung dieser Fähigkeit ist es hilfreich, sich im Sinne der Mehrebenenkommunikation nicht nur der verbalen, sondern auch der non- und paraverbalen Aspekte der Rapportgestaltung (vgl. ausführlich Benaguid u. Schramm 2016) bewusst zu werden, um diese mit Leichtigkeit einfließen zu lassen und neben den gelesenen Worten auch durch ein Pacing und Leading der Körpersprache zu fördern und aufrechtzuerhalten.

Das setzt eine genaue Beobachtung und Wahrnehmung auch kleinster, unwillkürlich entstehender Hinweisreize, der sogenannten Minimal Cues, auf allen Wahrnehmungsebenen voraus. Diese Antworten des unwillkürlichen Systems gilt es zu utilisieren, um sie dann verbal oder nonverbal zu pacen.

Zu den Minimal Cues zählen: Veränderung der Körperhaltung, Atembewegungen oder sich hörbar veränderndes Ein- oder Ausatmen, Augenbewegungen, Schluckreflexe, Speichelfluss und Tränenfluss.

Die Technik des defokussierten Sehens ermöglicht es der Therapeutin, das Blickfeld zu erweitern und den peripheren Gesichtssinn zu schärfen. Statt wie gewohnt das Gesicht des Gegenübers zu fokussieren, stellt die Beobachterin den Blick weit und blickt sozusagen durch das Gegenüber hindurch und kann so die unwillkürlichen Körpersignale leichter wahrnehmen.

Diese Fähigkeit, Informationen auf den unterschiedlichen Kommunikationsebenen parallel wahrnehmen zu können, ist eine Grundvoraussetzung für die Mehrebenenkommunikation und damit auch für die Aufrechterhaltung eines »Dialoges« während formaler Tranceinduktionen, seien sie vorgelesen oder im Therapiekontext frei entwickelt.

Üblicherweise schließen die meisten Menschen, während sie einer Tranceinduktion lauschen, die Augen. Damit entfällt das Sehen als einer der Hauptsinneskanäle. Die Aufmerksamkeit liegt dann vor allem auf dem auditiven Kanal. Über unseren Stimmklang vermitteln wir mehr als nur Worte.

Atempacing

Ein defokussierter Blick erleichtert das Beobachten der Atembewegungen und des Atemrhythmus der Klientin. Atempacing bedeutet, die Atemräume und den Atemrhythmus der Klientin visuell, vielleicht auch akustisch durch die Atemgeräusche wahrzunehmen und den eigenen Atemrhythmus vorübergehend anzugleichen. Oft passiert das ganz von selbst. Man beobachtet die Atembewegungen, wartet die Einatemphase ab, um dann die zu betonenden verbalen Suggestionen vorwiegend in die Ausatemphase der Klientin zu sprechen. Atempacing kann auch auf dem akustischen Kanal über die hörbare Atmung erfolgen. So kann die Therapeutin ein hörbares tiefes Einatmen der Klientin erst einmal in der eigenen Einatmung pacen, um dann ein hörbares Ausatmen im Sinne eines Leadings anzubieten.

Leadingangebote, die dazu einladen, das Tempo zu reduzieren, wieder mehr Atemraum zuzulassen und den Atem zu vertiefen, schaffen Freiraum für neue Entwicklungsprozesse.

Durch die phasenweise Übernahme des Atemrhythmus und die dadurch entstehende Verlangsamung des eigenen Sprechtempos macht man der Klientin ein nonverbales Angebot, das Gleiche zu tun, um innezuhalten und auf innere Prozesse zu fokussieren.

Wenn eine Atembeklemmung für die Klientin fühlbar oder auch für die Therapeutin hör- und/oder sichtbar ist, kann im Sinne des Pacings zunächst der Atemrhythmus übernommen werden, um dann durch eigene Atemveränderungen neue Leadingangebote zu machen.

Die Atempausen können zusätzlich im Text notiert sein. Wenn es inhaltlich um Ruhe, Innehalten, Lösen, Pausen geht, so folgen 3 bis 4 Atemzüge auf beiden Seiten, in denen tatsächliche Ruhe herrscht.

An dieser Stelle verweise ich auf ein Interview mit meiner Kollegin Ronja Ernsting, die als Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin auch in hypnosystemischer Kommunikation ausgebildet ist.1 Dort erläutern wir Fragen zum leichteren Sprechen und Lesen von Trancen, wie z. B.:

•Gibt es eine besondere Trancestimme oder eine Stimme in der Entspannung?

•Wie funktionieren Sprechen, Stimme und Atmung?

•Was macht die Stimme zum »individuellen Fingerabdruck« eines jeden Menschen?

•Wie gestaltet sich ein gesunder Umgang mit dem Sprech- und Stimmorgan?

•Wie bleibt man stimmlich gesund, trotz vieler sprecherischer Belastung?

•Welche Maßnahmen gibt es zur Stimmhygiene?

•Inwiefern unterstützt die Körperhaltung das Gesagte?

•Was sollte man beim Sprechen von Trancen beachten?

1https://www.carl-auer.de/programm/artikel/titel/tranceperlen

Milton H. Ericksons Hypnotherapie mit Frauen – aus Sicht seiner Tochter

Betty Alice Erickson

Milton Erickson hatte große Freude daran, seinen persönlichen Beitrag zur Hypnose zu leisten. Vor seiner Zeit – und manchmal sogar heute noch – wurde Hypnose als etwas verstanden, das mit dem Klienten »gemacht« wurde, unter Verwendung von direkten Anweisungen. Obwohl es Situationen gibt, in denen dies angemessen sein kann, glaubte, lehrte und demonstrierte Erickson Hypnose stets als eine gegenseitige Erfahrung, als Kommunikation mit dem Unbewussten. Er definierte Hypnose oft als »einen veränderten inneren Bewusstseinszustand, in dem unnötige oder irrelevante äußere Reize in den Hintergrund treten und das Unbewusste zu deinem Nutzen kommunizieren kann«.

Unser Unbewusstes basiert oft auf Reaktionen, die es in der Vergangenheit erlernt hat – auch wenn diese manchmal für einen Erwachsenen nicht besonders nützlich sind. Das, was häufig als »Bauchgefühl« oder »Instinkt« bezeichnet wird, kann Teil eines »Frühwarnsystems« sein. Wir sind aufmerksam oder auch nicht – manchmal zu unserem eigenen Bedauern. Manchmal will unser Bewusstsein nicht akzeptieren, was wir »wirklich« wissen. Wir kennen alle die »Ich hätte es wissen müssen!«-Reaktion. In Wirklichkeit wussten wir es – wir haben nur nicht auf uns selbst gehört. Aber das Unbewusste ist auch offen für neue, nützliche Informationen. In der Therapie wird dies oft als »Heilung« bezeichnet.

Erickson erlernte Hypnose ursprünglich hauptsächlich mit weiblichen Personen. Er praktizierte sie ausführlich an seiner Schwester Bertha und meiner Mutter, Elisabeth. Ich selbst war mehr als dreißig Jahre lang seine Versuchsperson. Er war Mentor vieler Ärztinnen und Zahnärztinnen und erkannte bereits zu seiner Zeit, dass deren Denkweise viel komplexer ist als die typisch männliche. Eine seiner herausragenden Studentinnen, die bereits verstorbene Zahnärztin Kay Thompson, wurde die erste Präsidentin der Amerikanischen Gesellschaft für Klinische Hypnose – eine Organisation, die Erickson mit zwei seiner Kollegen gegründet hatte.

Erickson war sich immer dessen bewusst, dass die Geschlechter sehr unterschiedlich sind, sowohl physisch als auch – aufgrund ihrer Erfahrungen – im Sozialverhalten. Typischerweise fragen Frauen immer nach dem »Warum«. Vielleicht weil wir oft weniger Macht haben als Männer, richten wir viel Aufmerksamkeit auf emotionale Hinweise. Wir reagieren auch oft eher emotional als sachlich – denken Sie nur an den typisch männlich-weiblichen Wortwechsel: »Macht mich dieses Kleid nicht dick?« Oder einfach nur: »Sehe ich so gut aus?« Männern sieht man am Blick geradezu die Verzweiflung an, wenn sie versuchen, die »richtige« Antwort zu finden. Wenn wir eine alte Freundin wiedersehen, knüpfen wir an früher an, bewundern ihr Haar, fragen nach den Lebensumständen, erzählen ihr das Gleiche von uns. Männer klopfen sich einmal gegenseitig auf die Schulter und sagen: »Siehst gut aus, Kumpel!« Damit ist ihr Begrüßungsritual beendet.

Unterschiede ermöglichen aber auch gleichzeitig breitere Perspektiven – eine Grundlage von Ericksons Arbeit. Typischerweise wollen wir Frauen alles genauer wissen – das innerliche »Warum« interessiert uns mehr als die Anwendung von Techniken. Von Kind auf sind wir darauf gepolt, Gefühle zu erschließen. Wir lieben es, Gefühle zu diskutieren – unsere eigenen und die anderer. Erickson wusste dies und respektierte diese Eigenschaften. Er sprach oft von den verschiedenen »Sprachen«, die Frauen und Männer sprechen. Frauen benutzen von klein auf eine »vielschichtige« Sprache. Sogar beim Small Talk wissen Frauen meistens, was andere Frauen »wirklich meinen«. Erickson wusste auch, dass Trancen von Frauen »natürlicher« sind. Wir pusten auf das aufgeschlagene Knie, strahlen und sagen: »Alles wieder gut!«, während das Kind ein wenig verwundert schaut, aber die hilfreiche Information dankend annimmt.

In der Hypnose wendete Erickson zunächst formale Techniken an – »Ich möchte, dass Sie bequem sitzen, und mit jedem tiefen Atemzug kann es sich angenehmer anfühlen … Ja, so ist es gut!« –, um eine Tranceinduktion zu beginnen und dann zu vertiefen. Auch hier achtete er darauf, Worte und »Anweisungen« mit Bedacht zu wählen. »Ich möchte« ist eine Einladung (ein Angebot), keine Anweisung und kein Befehl. Der Klient kann es annehmen oder nicht. »Mit jedem Atemzug« – eine Binsenweisheit, denn jeder muss atmen! – ermöglicht er Autonomie und Kontrolle: »… kann es sich angenehmer anfühlen« – kann, nicht wird! »Wird« ist ein Befehl, »kann« eine Einladung. Der Klient hat es in der Hand, wie er sich fühlen möchte. Das wird subtil, aber in jedem Fall aufgenommen als ein Zeichen von Vertrauen.

Sogar Lob wählte Erickson vorsichtig. Er sagte immer »Genau!« – mit einem Lächeln in der Stimme. Ein Lächeln kann man sogar hören, wenn die Augen geschlossen sind. Dieses nicht wertende »Genau« in Verbindung mit einem Lächeln wird zu einem Lob des Klienten an sich selbst – was immer der beste Weg ist. »Gut!« impliziert immer verschiedene Bedeutungen. Der »Geber« begibt sich damit in eine wertende Position. Viele Menschen meinen, dass sie nicht »gut genug« sind, und wir sollten deshalb gut aufpassen, dass das Lob nicht auf diese Weise verstanden wird. Ich selbst sage auch immer »Genau!« mit einem Lächeln in der Stimme. Die Klienten schwören, ich hätte gesagt, sie machen es gut. Die Zuschauer oder die Videoaufnahme wissen es besser. Bei den Klienten kam immer an, dass das, was sie taten, gut sei – das ist ja auch die Intention –, aber die Bewertung kam von ihnen selbst.

Mit dieser Lesehilfe lassen sich viele von Ericksons veröffentlichten Induktionen untersuchen und weitere Beispiele für gestärkte Unabhängigkeit und Autonomie aufzeigen. Mit der Zeit vollzog Erickson einen kompletten Wechsel seiner Denkmuster hin zu beiläufigen Induktionen, die diese bestimmt noch fördern. Ich habe zunächst auch mit formalen Induktionen begonnen und glaube, dass es wichtig ist, diese zu erlernen. Ich habe Selbsthypnose für Geburten angewendet und auch in einer Hypnose-Geburtsgruppe meiner Hebamme gelehrt. Mir gefiel aber immer die Psychotherapie besser als die medizinischen Aspekte, und jetzt wende ich Hypnose hauptsächlich in der Psychotherapie an. Dabei arbeite ich inzwischen ausschließlich mit beiläufigen Induktionen.

Die Geschichten, für die Erickson legendär wurde, eignen sich hervorragend als Induktionen und tragen oft eine eigenständige therapeutische Aussage in sich. Und man kann ihnen nur schwer widerstehen. Wenn man einer Gruppe von 100 Menschen in gleichmäßigem Tonfall erzählt: »Es war einmal, vor sehr langer Zeit, in einem fernen Land, da lebte ein schöner Prinz …«, wird fast jeder einen tiefen Atemzug nehmen, sich zurücklehnen und auf eine wunderschöne Prinzessin warten, unterwegs einem oder zwei Drachen begegnen, aber sicher sein, dass es ein Happy End gibt. Die meisten haben hier schon eine eigene Trance kreiert.

Mit dieser simplen Einführung werden Erinnerungen an Geschichten geweckt – gehörte oder gelesene –, aus einer Zeit, in der die Welt noch in Ordnung war, egal welche Abenteuer anstanden. Was für ein großartiger innerer Ort für eine Trance! In der Einzelarbeit versuche ich, die Geschichten individuell für den Patienten zu gestalten.

Diese Art von Trance in einem Text wiederzugeben, ist schwierig. Ein wesentlicher Faktor ist die Verbindung zum Gegenüber. Es gibt Menschen, zu denen wir sehr schnell und leicht Verbindung aufnehmen – manchmal wissen wir nicht einmal, warum. Man kann es als Charisma, Wärme, Erreichbarkeit oder mit einer Menge anderer Wörter bezeichnen – wir wissen genau, was gemeint ist, wenn wir es fühlen. Allgemeiner gesprochen: Wenn ein kleines Mädchen ein Bild malt und es mir zeigt, nimmt es Verbindung zu mir auf, und zwar auf die beste Art und Weise, die ihm möglich ist. Das ist sehr schön für uns beide.

Sich zu verbinden setzt voraus, dass man sich öffnet, und das wiederum birgt potenzielle Verletzlichkeit. Das kleine Mädchen ist stolz auf sein Bild, egal wie kritzelig es sein mag. Wenn ich seine Welt betrete, entsteht zwischen uns eine spezielle Verbindung, persönlich und gleichzeitig unpersönlich. Sie vertraut darauf, dass die ihre Version einer glücklichen Welt akzeptiert und wertgeschätzt wird. Die meisten Erwachsenen sind entzückt von kleinen Kindern und das Risiko, das das Kind eingeht, lohnt sich in der Regel.

In der Hypnose ist dies ein wenig anders. Wenn Erickson sich mit jemandem verband oder wenn ich es tue, bieten wir uns – metaphorisch gesprochen – einander an. Wenn dies nicht angenommen wird, hat das nichts mit uns als Person zu tun. Es ist schlicht und einfach in dem Moment nicht das, was die Klientin braucht. Es mag sich persönlich anfühlen, ist es aber nicht. Manche mögen Erdbeereis, manche Vanille.

Wer Hypnotherapeut werden will und den beiläufigen, dialogorientierten Stil lernen möchte, muss dies vor Augen haben: Auch wenn es sich noch so sehr persönlich anfühlen mag, man muss in seinem tiefsten Inneren die Überzeugung haben, dass jegliche »Ablehnung« gegenüber dem Therapeuten nichts mit einem selbst zu tun hat. Gefühle sind nicht unbedingt »richtig«. Fragen Sie irgendeine Mutter, ob ihr Baby niedlicher ist als Ihr eigenes – Sie kennen natürlich »die Wahrheit«. Und das ist noch eine harmlose und bisweilen sogar amüsante »Ablehnung« der Wirklichkeit.

Beiläufig induzierte Trancezustände können enorm kraftvoll sein, besonders für die Therapie. Vor Kurzem hielt ich darüber einen Vortrag an einer Universität. Demonstrationen sind immer besonders anschaulich, und ich arbeite gerne mit zwei Klientinnen. Die beiden Frauen saßen nahe nebeneinander, während ich jede von ihnen fragte, was sie gerne »bearbeiten« würde, wenn sie einen Zauberstab hätte. Eine von ihnen hatte ein harmloses Ziel – sie fragte sich, ob sie ihre Zeit an der Universität vergeudete. Die andere sagte, ihr Vater sei gerade ins Gefängnis gekommen. Sie wisse nicht, wie oder was sie fühlen solle. Sie wusste, warum er dort war, aber sie vermisste ihn, wollte, dass er nach Hause kam, hatte Mitleid mit ihrer Mutter. Sie bekam ihre Gefühle nicht sortiert und war durcheinander.

Ich konzentrierte mich hauptsächlich auf diese junge Frau, während ich sprach. In Kurzform: Ich sprach langsam, in einem freundlichen Ton, aber mit Nachdruck:

»Ich möchte, dass Sie sich beide einen Garten vorstellen – Ihren eigenen Garten. Sie können sich vorstellen, dass es ein magischer Garten ist. Es gibt dort Gras und Bäume und viele wunderschöne bunte Blumen. Alle Arten von Blumen …, … und es sind alles Ihre! Sie können genau die pflücken, die Sie möchten. Ringelblumen, Schwertlilien, Veilchen, so viele Blumen, Lilien, Rosen, Gänseblümchen …, … viele verschiedene Farben und Düfte.« Ich fuhr fort: »Sogar Orchideen! Normalerweise wachsen sie nicht in Gärten, aber hier schon. Weiße, lilafarbene! Sogar Blumen, von denen Erwachsene denken, es sei Unkraut …; … aber für Kinder sind sie wundervoll – wunderschöne leuchtend gelbe Butterblumen– süß duftender Klee.« Meine Stimme wurde sachlicher, blieb aber aufmerksam: »Es gibt auch giftiges Efeu und Brennnesseln und Disteln, die stechen. Sie wollen sich fernhalten vom giftigen Efeu, weil das Brennen lange andauert …, … aber Sie können es verschmerzen. Disteln und Brennnesseln sind noch unangenehmer, aber sie sind trotzdem da. Sogar wunderschöne Rosen haben Dornen.

Sie dürfen pflücken, was immer Sie wollen …, Lilien, Rosen, aber passen Sie auf die Stacheln auf! Sie können Gänseblümchen, scheue kleine Veilchen pflücken– nehmen Sie auch eine oder zwei Orchideen – sie sind selten und wunderhübsch. Und pflücken Sie auch Butterblumen! Sie sind leuchtende, fröhliche kleine Blumen. Nehmen Sie auch eine Brennnessel und ein paar Disteln mit, denn auch die wachsen in Ihrem Garten. Die Blumen sind wichtiger, aber Sie dürfen Sie auch nicht übersehen, also pflücken Sie ein paar hinzu.«

Hier stoppte ich und wartete. Kurz darauf beendeten beide Frauen ihre Trance. Als ich sie wieder reorientierte, fragte ich sie, was sie mir und dem Publikum sagen wollten. Die Frau, deren Vater ins Gefängnis gekommen war, sprach zuerst. Sie hatte ihren Blumenstrauß gepflückt, mit allen Blumen, die sie gerne hatte, wusste genau, wie sie sich nun fühlte, und bedankte sich mit einem großen freudestrahlenden Lächeln. Die Worte der anderen Frau waren viel allgemeiner und mehr Kognition als Emotion.

Als die Zuhörer eine Diskussion starten wollten, entgegnete ich ihnen, dass sie das, was sie gesehen und gehört hatten, reflektieren und zu ihrer eigenen Schlussfolgerung kommen sollten. Diese beiden jungen Frauen hatten gezeigt, wie man mit einer beiläufig induzierten Trance arbeitet, und alles war gut. Ich zerlege keine Lösungen anderer Menschen – erst recht nicht vor anderen. Wie Erickson oft zu sagen pflegte: »Manche Dinge lässt man am besten im Unbewussten – denn da können sie Ihnen wirklich helfen!«

Für mich war es sonnenklar, was die Frau mit dem inhaftierten Vater getan hatte. Sie hatte akzeptiert, dass sie machtlos war, außer bei der Entscheidung, wie sie reagieren wollte, und sie stellte fest, dass sie viel mehr Möglichkeiten hatte, als sie ursprünglich gedacht hatte. Es wäre falsch gewesen, den Gedanken zu verleugnen, »dass er ins Gefängnis gehört«, und tatsächlich konnte sie das auch nicht von der Hand weisen – aber dies konnte ein vorübergehender Schmerz sein oder auch nur ein unangenehmes Gefühl wie der Stich eines Rosendornes oder einer Distel. Jetzt hatte sie Möglichkeiten für sich gefunden, anstatt sich in »angemessenen« oder »richtigen« Gefühlen eingesperrt zu fühlen. Von der Fakultät erfuhr ich später, dass sie fröhlicher geworden war und wieder mehr am Unterricht teilnahm, also glaube ich, dass sie es geschafft hatte, Lösungen für sich zu finden. Die andere hatte ein vergleichsweise kleineres Problem – viele Hochschulstudenten fragen sich, ob sich der ganze Aufwand lohnt. Sie gab an, sie hätte sich entschieden, das Beste daraus zu machen, egal ob es das wert sei oder nicht. Beide hatten ihr Verhaltensrepertoire erweitert.

Hätte es sich um einen Mann gehandelt, hätte ich Bäume hinzugefügt oder Felsen – beide geben etwas her und sind im Kontext nicht so »weiblich«. Ein stattlicher Walnussbaum spendet Schutz und Nahrung für viele …, Felsen sind stark und nützlich, bauen und stützen …

Diese Art von Trance hat bestimmte Vorteile. Dazu gehört, dass sie den Klienten durch Metaphern und eine Geschichte, mit der sie sich identifizieren können – und sei es nur ansatzweise –, Optionen eröffnet, an die sie vorher nie gedacht hätte. Natürlich kann es auch sein, dass sie ihre eigene Lösung »erfindet«, das wäre der Idealfall.

Das Ziel einer Trance, einer Therapie, ist genau dies: Klienten Optionen zu eröffnen, auf die sie vorher nie gekommen wären, und darauf zu vertrauen, dass sie genau das tun werden, was das Beste für sie ist. Fast immer ist das auch der Fall. Außerdem fühlen sich Klienten bereichert und gestärkt, wenn sie sich selbst etwas Gutes getan haben und dafür die Lorbeeren einheimsen können … Und das ist der größte Gewinn, den man sich vorstellen kann.

Nachtrag