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Dieser kleine Ratgeber soll eine praktische Hilfe für trauernde Angehörige und Begleitende in der Trauerzeit sein, nachdem sich der Tod eines Menschen ereignet hat.
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Seitenzahl: 120
Veröffentlichungsjahr: 2019
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1.0 Zum Autor
1.1 Zu diesem Buch
1.2 Trauer und Trauerreaktionen
1.3 Trauerzustände, -phasen, -aufgaben begleiten
1.4 Der Trauerprozess
1.5 Trauerkonzepte im Überblick
1.6 Leitlinien der Trauerbegleitung
1.7 Trauergedanken
1.8 Hilfreiche Fragen & praktische Traueraufgaben
1.9 Das Mäeutische Kurzgespräch
2.0 Trauer-Gedichte
2.1 Philosophische & religiöse Gedanken zur Trauer
2.2 Hilfreiche Bilder und Erkenntnisse
2.3 Die Phasen der Trauer und mögliche Probleme
2.4 Trauerabeit im Märchen
2.5 Beispiel einer möglichen Trauerbegleitung
2.6 Übungen zum Begleiten
2.7 Übungen zur Verarbeitung
2.8 Links für Trauer und Trauerbegleitung
2.9 Empfehlenswerte Literatur
3.0 Schlusshinweis
In der Zeit meines Diakonstudiums habe ich mich auf den Weg gemacht, um einen kleinen Helfer für Trauernde und Begleitende zu schreiben. Die Werkzeuge für die Beratung und Begleitung von Menschen in Not weiterzugeben, resultieren aus meiner mehrjährigen praktischen Erfahrung. Ich bin ehrenamtlich in einem Team der Krisenintervention und der Einsatznachsorge für Feuerwehrangehörige im Bereich der Psycho-Sozialen-Notfall-Versorgung, PSNV. Als Krankenhausseelsorger, Sterbe- und Trauerbegleiter habe ich ehrenamtlich seit einigen Jahre ebenso Erfahrung gesammelt und möchte mit diesem Büchlein dies Erfahrungen teilen und im Folgenden versuchen, Abläufe und praktische Hilfestellungen darstellen, mit ihren Möglichkeiten und Grenzen. Ich möchte Mut machen, allen denjenigen, die sich zutrauen, anderen Menschen in der größten Not, beim Trauern beizustehen, ihnen zu begegnen, ohne Vorbehalt, Trost, zu spenden durch das „einfach da sein“. Damit Menschen in dieser existenziell bedrohlichen Lebenslage Hilfe erfahren und nicht allein sein müssen, damit die Trauer nicht im Kopf bleibt. Ich möchte versuchen, Angehörigen und Helfern Mut zu machen, ein gesundes Maß zwischen dem Begleiten, Beraten, Helfen, Dasein, Aushalten und Beistehen zu finden. Auch wachsam und behutsam mit dem Bedürfnis nach Abgrenzung, Grenzen, Schutz bei sich und dem anderen, dem gegenüber ernst und wahr zu nehmen.
Aus meiner Erfahrung sind wir als „Helfende“ nicht immer die „Wissenden“, sondern wir dürfen ebenso Unterstützung, Dankbarkeit und Hilfe vom Gegenüber erfahren.
Für viele Angehörige und Freunde eines Verstorbenen, ist die Zeit der Trauer eine Zeit der Krise, Angst und Unsicherheit. Vielleicht geht es Ihnen auch so, dass Fragen Sie belasten, wie z.B. Was geschieht nach dem Tod? Ich kann nichts gegen den Tod tun? Wie kann ich helfen? Ist es normal, was mit mir passiert? Was mache mit meinem neuen Leben? Warum ist seit dem Tod „gefühlt“, die ganze Welt „verrückt“? Wieso kommt der Schmerz um den Verlust immer wieder?
In diesem Büchlein möchte ich Ihnen Impulse für Ihre Trauer und für die Begleitung Trauernder, in der Zeit der Trauer anbieten. Bei Ihren Fragen und Zweifeln möchte ich Sie mit Informationen, eigenen Erfahrungen und Gedanken aus der Begleitung Sterbender und Trauernder unterstützen.
Es sollen mit den Informationen jedoch keine Regeln aufgestellt werden, oder starre Abfolgen benannt werden, da Sterben und Trauer immer individuell ist. Sterben und Trauer wird unterschiedlich empfunden, es verläuft und geschieht nie gleich, sondern ist, wie jedes Geschöpf einzigartig. Jedes Geschöpf und jeder Mensch nähert sich seinem Tod auf seine ihm ganz eigene Art und drückt so in seinem Sterben und seiner Trauer seine Einmaligkeit aus.
Der Rückblick auf das eigene Leben, die eigenen Verluste, Bilanz ziehen, geschieht auch in Träumen, im Halbschlaf oder im monologhaften Gespräch. Einige machen diesen Rückblick in der Stille, ganz für sich allein - anderen wiederum hilft die stille Anteilnahme eines anderen. Im Begleitenden kann der Trauernde Raum finden, sich selbst, seinem Leben, seinen Erinnerungen zu begegnen. Im und am Gegenüber kann es oft leichter geschehen, dass für den trauernden Menschen Ordnungen, Zusammenhänge und Sinnhaftigkeit erkennbar werden, dass Ereignisse sich zueinander fügen und z.B. alte Versäumnisse und Schuldhaftes in einem anderen Sinnzusammenhang angenommen werden können.
Für uns außenstehende meist unerkennbar, verarbeitet der Trauernde im Schlaf und schlafähnlichem Zustand viel. Trauernde können dazu neigen, mehr zu schlafen, sich abzuwenden von Menschen, Arbeit, weltlichen Dingen. Durch die Hinwendung nach innen, hat der Trauernde meist weniger das Bedürfnis zu sprechen.
Sprache und Worte können ihre Wichtigkeit verlieren, Gefühle können den Alltag dominierend. Still sein wird wichtiger, Zeitlosigkeit entsteht. Sich an andere zu wenden, kostet in der Trauerzeit oft große Überwindung und zusätzliche Anstrengung.
Sich auf das schweigende Zusammensein einlassen, kann eine neue Brücke als Angehörige/r und Begleiter/in zu dem Trauernden möglich machen. Die Stille kann als heilende Kraft erfahren werden. Wir werden ebenso ein wenig aus der Zeit des Alltags heraus gehoben, durch die Begegnung dürfen wir teilhaben an einer Art Zeitlosigkeit, in der ein Hauch von Ewigkeit erfahrbar werden kann.
Durch die Begleitung Trauernder können wir persönlich auch an die Grenze der Belastbarkeit kommen. Sie können spüren, dass sie mehr Kraft haben, als sie selbst sich vorgestellt haben. Die Zeit für Sie ist ebenfalls belastend. Als Angehöriger können Sie einerseits mit den praktischen Fragen der Organisation, zum anderen die Ungewissheit, wie es weitergehen kann, die Ungewissheit, ob die eigenen Kräfte reichen und die Angst vor dem Unbekannten, neuen Leben. Ebenso wie bei den Betroffenen, wie auch bei Begleitern löst das Trauern vielfältige Gefühle aus. Gefühle der Trauer, der Angst, der Zweifel, der Wut, der Schuld, der Ohnmacht.
Häufig beschreiben Betroffene das Gefühl, dass der tragende Boden gerät ins Wanken. Wir sind heraus gerückt aus dem Alltag, der Sicherheit, dem Vertrauten.
Als Begleitende können wir Trauernden Hilfe und Unterstützung in der Zeit des Begleitens anbieten. Dies kann ganz praktische Hilfe beim Alltag, dem Einkaufen, dem Kochen usw. sein, um zu entlasten, dass der Trauernde sich selbst wieder erholen kann. Ein Gespräch mit einem Menschen, mit dem wir über unsere Sorgen und Ängste sprechen können, kann uns ein Gefühl der Entlastung geben. Scheuen Sie sich nicht, um Hilfe zu fragen, z.B. bei Beratungs- und Seelsorge-Zentren in jeder größeren Stadt. Dies kann hilfreic h sein für Trauernde und auch für Begleiter. Alles allein zu schaffen, oder schaffen zu müssen, impliziert eine Überforderung, in der wir uns selbst aus dem Blick verlieren können. Wir benötigen auch als Begleiter Freiräume, Zeit zum Auftanken, damit wir hilfreich bleiben. Nachbarn, Freunde können Sie um Hilfe bitten, so dass diese guten Gewissens Ja oder Nein sagen können. Wenn wir anderen das Gefühl geben können, dass sie gebraucht werden, helfen sie meist gerne.
Darüber hinaus können Sie ambulante Hospizvereine und Hospizdienste mit Trauergruppen und Selbsthilfevereine von Betroffenen professionell und auch ehrenamtlich bei der Begleitung unterstützen, durch Gespräche und praktische Hilfen.
Wenn Sie religiös sind, suchen Sie das Gespräch mit einen Seelsorger, entsprechend Ihrem Glauben, einem Geistlichen, einem Pfarrer, Rabbi, Imam etc., dies kann hilfreich, entlastend, tröstend sein.
Zum Aufbau des Buches:
Zu Beginn stelle ich die Trauerphasen vor, mit den möglichen Reaktionen und den dazugehörigen Aufgaben zur Bewältigung und Begleitung. Diese Darstellung ist bewusst aus beiden Perspektiven und soll einen größeren Blick auf den gemeinsamen Dialog, den Trauerprozess werfen.
Die dann möglich auftretenden Gedanken und Gefühle in der Zeit der Trauer in ersten Tage, Wochen und Monaten, stelle ich dann dar und gebe hiernach Anregungen zu einem Umgang mit Trauergedanken und Gefühlen.
Zum Schluss des Buches stelle ich praktische Übungen zur Begleitung mit Trauernden vor, die entweder zur Reorientierung beitragen, bei akuten Angstzuständen, oder Sicherheit geben können, oder ein „Festhalten“ und „Loslassen“ ermöglichen können. Des weiteren habe ich noch Übungen zur Abgrenzung und Stabilisierung für Begleiter gefügt. Diese werden durch weitere Links zur Information aufgeführt, die hilfreich sein können bei der Begleitung sterbender Menschen.
Trauer und Trauerreaktionen und die mit der Trauer verbundenen Phasen und Aufgaben zu unterscheiden, kann hilfreich bei der Begleitung sein. Es werden bei der Trauerbegleitung meist vier bis fünf Phasen der Trauer unterschieden. Diese Phasen können zum Teil gleichzeitig auftreten, wiederkommen oder teilweise auch ausfallen, sie treten nicht chronologisch und voneinander abgegrenzt auf.
Was ist Trauer?
Trauer ist eine normale Reaktion etwa auf den schwerwiegenden Verlust geliebter Menschen oder auch von schicksalsmäßigen Verlusten, wie Beziehung, Arbeit, Wohnort, Gesundheit, Besitz und Autonomie. Sie ist von großer Gedrücktheit, Freudlosigkeit, Mutlosigkeit und depressiven Verstimmungen begleitet.
Wie Trauer erlebt und nach außen getragen wird, hängt entscheidend von der Kultur ab und ist häufig auch religiös geprägt. Das Erleben einer großen Bandbreite an Gefühlen von Verzweiflung, Wut oder sogar Gefühllosigkeit ist individuell verschieden und kann unterschiedlich lange andauern. Trauer ist zunächst keine krankhafte Störung. Oft hilft dem Betroffenen schon ein mitfühlendes und partnerschaftliches Gespräch.
Wenn nach dem auslösenden Ereignis eine Trauerreaktion sehr lange fortbesteht und in der Stärke der Belastung deutlich von einer normalen Trauer abweicht, kann es sich um eine behandlungsbedürftige Störung handeln. Bei abnormen Trauerreaktionen geht man davon aus, dass der Betreffende unfähig ist, die verschiedenen Phasen eines normalen Trauerprozesses zu durchlaufen. Um die schwierige Unterscheidung zwischen normal verlaufender Trauer und pathologischer Trauer verstehen zu können, wird im Folgenden zunächst der übliche Trauerverlauf dargestellt
Welche Phasen der normalen Trauer werden durchlaufen?
Beobachtungen von Personen, die einen geliebten Menschen verloren haben, zeigen, dass diese in der Regel verschiedene Phasen durchlaufen. Zeitweises Hin- und Herpendeln zwischen den Phasen ist möglich. Der Abschluss des Trauerprozesses versetzt den Betroffenen in die Lage, den Verlust zu akzeptieren und mit der Erinnerung an die verlorene Person ein neues Leben aufzubauen.
Erste Trauerphase: Nicht-Akzeptieren
Betroffene wollen den Verlust nicht wahrhaben und fühlen sich unfähig, die Nachricht zu akzeptieren. Typisch sind Äußerungen wie "Ich konnte es einfach nicht fassen" oder "Es erschien unwirklich". Die Betroffenen wirken versteinert und gefühllos. Wie betäubt werden Routinen zunächst weitergeführt, jedoch unter ständiger Anspannung und Furchtsamkeit. Diese ungewöhnliche Ruhe kann jeden Augenblick von einem Ausbruch intensiver Emotionen unterbrochen werden.
Zweite Trauerphase: Aufbrechen chaotischer Emotionen
Nach Stunden oder Tagen kommt es zum Aufbrechen "chaotischer Emotionen". Der Trauerschmerz wird nun intensiv erfahren. Er wechselt sich mit Angst, Wut, Hilflosigkeit, Schuldgefühlen, auch unbegründeter Heiterkeit oder der Suche nach Schuldigen ab. Es kann zu Gewichtsverlust und Schlafstörungen kommen.
Dritte Trauerphase: Suchen und Sich-Trennen
In einzelnen Episoden wird die Realität des Verlustes immer bewusster. Dies führt zu großer Ruhelosigkeit und der Beschäftigung mit dem verlorenen Menschen. Häufig besteht das Gefühl der tatsächlichen Anwesenheit der verlorenen Person. Der Betroffene versucht, alle auf den betrauerten Menschen hinweisende Reize wahrzunehmen und genau zu beobachten. Zum Beispiel werden Geräusche im Haus so interpretiert, dass der vermisste Mensch doch noch präsent ist. Gleichzeitig besteht der entgegengesetzte Impuls, sich von Erinnerungen freizumachen. Man beobachtet ein Schwanken zwischen dem Hegen und Pflegen von Erinnerungsstücken und dem Drang, diese wegzuwerfen, zwischen dem Aufsuchen und Vermeiden von Orten, die einen an die verstorbene Person erinnern. Um diese nicht zu vereinenden Tendenzen zu überwinden, wird schließlich akzeptiert, dass der Verlust von Dauer ist - die Suche nach dem Verstorbenen wird abgeschlossen.
Vierte Trauerphase: Neuorganisation
Nach der Akzeptanz des Verlustes übernimmt der Trauernde neue Aufgaben und Rollen. Neben gedanklichen Veränderungen werden auch Gewohnheiten neu geordnet, die mit der verstorbenen Person zusammenhängen. Der Betroffene geht wieder auf Menschen zu. Der Schmerz um den Verstorbenen nimmt ab, kann jedoch zu bestimmten Anlässen wieder neu belebt werden.
Was versteht man unter erschwerter Trauer?
Die Abgrenzung zwischen einer normal verlaufenden Trauerreaktion und einer krankhaften (pathologischen) Entwicklung, einer abnormen Verlustreaktion, ist abhängig von der Dauer der Trauerzeit und von der Art der Trauerreaktion. Der Betroffene erreicht die Phase der Anpassung und der Neuorganisation nicht.
Ärzte und Psychotherapeuten stufen eine Trauerreaktion als abnorm, pathologisch oder erschwert ein, wenn diese über sechs Monate bis ein Jahr hinaus anhält. Dennoch sollte dieser Zeitraum niemals als einziges Diagnosekriterium gelten. Wichtig ist der Hintergrund der Lebensgeschichte des Betroffenen und die individuelle Bedeutung des Verlustes, um die Person nicht vorschnell als krank zu verurteilen. Entscheidend ist auch die Art der pathologischen Trauerreaktion.
Man unterscheidet zwischen einer chronischen und einer verzögerten Trauerreaktion. Über die Häufigkeit pathologischer Trauerreaktionen in der Allgemeinbevölkerung gibt es kaum gesicherte Erkenntnisse. Nach dem Ergebnis einer Studie liegt die Wahrscheinlichkeit, in seinem Leben in Folge eines Verlustes eine Depression zu entwickeln, bei etwa zehn Prozent.
Wie äußert sich eine chronische Trauerreaktion?
Dem Betroffenen gelingt der Sprung in die letzte Trauerphase nicht. Die Unabänderlichkeit des Verlustes wird nicht akzeptiert. In vielen Fällen herrschen Wut und Selbstbeschuldigungen vor. Die Betroffenen wirken oft wie versteinert, kapseln sich ab und sind verbittert. Die verlorene Person wird idealisiert, gelegentlich entwickeln sich jedoch auch Hassgefühle, die teilweise auch gegen die Umwelt gerichtet sind. Es wird der Versuch unternommen, Verlust- und Trauergefühle abzuwehren.
Fragen nach der verlorenen Person können das System jedoch sofort zusammenbrechen lassen. Der Trauernde ist deshalb unfähig, sein Leben neu zu planen und gerät in einen Zustand, den man als Desorganisation bezeichnen kann. Das Leben verläuft weder wie vor dem Verlust noch wird es neu gestaltet. Der Betroffene kann schließlich unter Depressionen und/oder Angststörungen oder chronischen körperliche Beschwerden leiden und eine Alkohol- oder Medikamenten-Abhängigkeit entwickeln. Häufig besteht auch Selbstmordgefahr.
Möglich ist daneben die Entwicklung eines gestörten Sozialverhaltens wie etwa aggressives oder unsoziales Verhalten. Nicht immer müssen psychische Störungen begleitend auftreten. Dennoch empfinden Betroffene allgemein ihre Lebensqualität als dauerhaft verschlechtert. Sie können Anforderungen in Beruf und Familie nicht mehr entsprechen.
Was ist eine verzögerte Trauerreaktion?
Die Trauerreaktion ist gehemmt, verhalten oder aufgeschoben. Intensive Niedergeschlagenheit wird erst lange Zeit nach dem Verlust durchlebt und nicht direkt empfunden. Möglicherweise kann der Betroffene die Reaktion gar nicht dem ursprünglichen Verlust zuordnen, obwohl es sich um Trauersymptome handelt.. Auslöser der später einsetzenden Symptome können kurz vorausgehende, zum Teil wenig bedeutsame Verluste sein. Manchmal kommt die Symptomatik auch erst in Gang, wenn der Trauernde das Sterbealter der verlorenen Person erreicht. Eine genauere Nachfrage verdeutlicht, dass hier frühere Verluste betrauert werden. Betroffene sind anfällig für psychische und körperliche Erkrankungen. Plötzlich und für den Betroffenen unerklärlich kann eine depressive Episode auftreten. Im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung kann deutlich werden, dass diese Entwicklung Folge einer verzögerten Trauerreaktion ist.
Welche Faktoren begünstigen eine abnorme Verlustreaktion?
Ob Trauer einen unnatürlichen, pathologischen Verlauf nimmt oder nicht, hängt von verschiedenen Einflussfaktoren ab. Dabei spielen die Persönlichkeitsmerkmale des Hinterbliebenen, die Ursache und die Umstände des Verlustes sowie Merkmale der verlorenen Person eine entscheidende Rolle. Den größten Einfluss auf den Verlauf der Trauer haben die Persönlichkeit des Hinterbliebenen und seine Bindung zu der verlorenen Person. Eine besondere Rolle spielen unsichere und konfliktreiche Beziehungen zur verlorenen Person, fehlende tröstende Sterbebegleitung und intensive oder sogar überfürsorgliche Sorge um das Wohlergehen anderer. Ein weiteres Risiko stellen aktuelle Krisensituationen, sowie mangelnde Unterstützung durch Familie und Freunde dar. Einfluss haben daneben ein plötzlicher und unerwarteter Verlust und die Umstände des Sterbe-Prozesses.
Wie wird die Diagnose gestellt?