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Dieses Büchlein möchte verschiedene Zugänge zum Heiligen, zu Spiritualität ermöglichen. Das Heilige ist rational und irrational zugleich und entzieht sich jeglicher Kontrolle - und doch können wir Heiliges fragmenthaft immer wieder erfahren, wenn wir uns auf den Weg machen, "Es" zu suchen und zu finden, wenn wir ins Gespräch, in den Dialog gehen, wenn wir Räume der Stille zulassen.
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Seitenzahl: 46
Veröffentlichungsjahr: 2018
Das Heilige in der Geschichte und Gegenwart
Was ist das Heilige?
Was hat das Heilige mit dem Leben zu tun?
Hat das Heilige einen Raum und eine Zeit?
Gibt es soziologische Zugänge zum Heiligen?
Das Heilige in der Zukunft?
Ein Christlicher Ausblick
Die Werke der Barmherzigkeit
Quellen
Wenn wir uns mit Spiritualität und dem Heiligen beschäftigen, haben wir es mit etwas zu tun, das man nicht genau definieren, und in den Griff bekommen kann.
Etwas, das rational und irrational zugleich ist, was erfahrbar ist und trotzdem sich nicht genau fassen lässt.
Wie kann ich lernen, wie Spirituelles, Heiliges erfahrbar und gestaltbar wird? Kommt es drauf an, dass ich weiß, was ich tue? Ich kann es aber in diesem Fall nicht sicher verstandesgesteuert wissen und machen.
In dieser Spannung, in diesem Widerspruch bewege ich mich, und ich werde versuchen, das, worum es mir bei der Spiritualität geht, zu umkreisen, zu benennen, zu gestalten. Dazu habe ich Kriterien gesammelt für das Gelingen oder für die Verhinderung von spiritueller Erfahrung. Ich kann allein und miteinander eine Erfahrung in der Gruppe machen, die überraschend und für einige überwältigend sein kann. Es ist hierbei meiner Meinung nach, ein Ritual, eine Handlung notwendig, die benötigt Schutz, einen Rahmen, eine Form und macht einen achtsamen, bewussten Umgang und ein respektvolles Miteinander notwendig.
Das Spirituelle in dem erlebbaren Spannungsfeld scheint hin und her, beweglich zu schwingen, von „begreifbar und doch nicht greifbar“. Dass weist mich auf etwas sehr Verletzliches hin, das meiner Meinung nach, einen sicheren Rahmen braucht. Das Heilige scheint zugleich jeden Moment möglich zu sein und doch manchmal kaum erreichbar. Das Spirituelle ist etwas, das emotional hoch besetzt ist, das für viele Menschen eine große Bedeutung hat, die gleichzeitig auch gefährdet ist. Vielleicht könnte man sagen, es geht um das, was uns heilig ist, dies ist für jeden etwas anderes und doch in seiner Essenz das Gleiche, wenn wir es erleben dürfen, es uns erfahrbar und bewusst wird und wenn wir darüber sprechen. Was ist das Heilige? Was ist das Heilige im Zeitalter der Moderne? Was war das Heilige zu anderen Zeiten vor der unseren? Ich will das Thema von unterschiedlichen Perspektiven her beleuchten, um ein Wissen zu entwickeln, in welchen geschichtlichen und gesellschaftlichen Rahmen wir uns bewegen, wenn wir uns mit Spiritualität beschäftigen.
Das Heilige gibt es nicht mehr. Jedenfalls nicht mehr unhinterfragt und für alle gleich gültig. Es scheint geschwunden, erloschen; man muss es suchen und ausgraben, finden. Das Heilige scheint nicht in eine Zeit zu passen, der nichts mehr heilig ist, in der es keine Tabus mehr zu geben scheint.
Vielleicht fragen gerade deshalb Jugendliche, Männer und Frauen, Philosophen heute wieder danach. In allen menschheitlichen Phasen tauchte das Heilige als Erfahrung, als Bedürfnis und als lebendig vollzogene Gestalt auf. Wenn auch in Zukunft mit dem Heiligen umgegangen werden soll, dann gewiss nicht naiv und historisch unschuldig. Wir müssen einen geschichtlichen Bruch überwinden, in dem das Heilige vom Alltäglichen, vom Materiellen Irdischen scheinbar ausgelöscht wurde.
Wir können Spuren suchen, an die man anknüpfen kann, und wir können reflektieren, hinterfragen, zweifeln und erfühlen, was wir dabei erleben. Ein Umgang mit dem Heiligen kann nicht hinter die Aufklärung zurück fallen, hinter einen naiven kindlichen Glauben, dass Alles, für immer feststeht, oder dass die heiligen Schriften, die universellen Bücher, „Wort für Wort“ und „von Gott allein gegeben“ und unverfälscht sind. Wenn wir einen zeitgemäßen Umgang lebendig und erneuert üben wollen, müssen wir innerlich und äußerlich beweglich , dialogfähig werden, wenn es einen gemeinsamen friedlichen Weg in die Zukunft für alle geben soll. Es hat eine Entzauberung der Welt durch die Wissenschaft stattgefunden; damit scheint das Heilige zu einer vormodernen Angelegenheit geworden zu sein.
Die Gegenthese lautet dazu Das Heilige ist nicht vergangen, sondern es ist als Verschobenes, Verborgenes, Verdrängtes und Vergessenes durchaus aktuell. Man muss es nur kenntlich zu machen verstehen, d. h. man muss es entdecken, darstellen und noch aus seinen verwischten Spuren rekonstruieren können.
Vielleicht ist auch die entzaubernde Wissenschaft ein Ersatz für den Zauber geworden, vielleicht ist das Heilige an eine andere Stelle gerückt und nun, ohne dass es uns bewusst ist, mächtiger denn je.
Es gibt für viele Menschen ein Leiden an der entheiligten, an der heillosen modernen Wirklichkeit. Es gibt scheinbar ein nicht auszurottendes Bedürfnis nach Sinn, nach Intensität, nach Zugehörigkeit, nach etwas, das größer ist und über das Alltägliche und Machbare hinausgeht, dass uns hilft über das Unerträgliche, Unaussprechliche, über das Leid, über Schuld, Scham und das „Schlechte“ hinüber zu kommen.
Die vielen esoterischen und privat-religiösen Unternehmungen zeugen davon. Sie dienen nicht alle dem Wohl der Menschen; sie halten nicht alle, was sie versprechen. Insofern könnten Kirchenmenschen sich aufgerufen fühlen, sich als Experten im Umgang mit dem Heiligen angesprochen zu fühlen, das Bedürfnis aufzunehmen und auf eine Weise zu gestalten, die erlösend und nicht bedrückend ist. Und das ist eine Kunst, ein Weg auf Messers Schneide.
Der Begriff: Heilig enthält heil: Ganz, gesund, unversehrt. Daneben existierte eigenständig das Substantiv Heil: Vorzeichen, Zeichen. Ein gleichlautendes Femininum: Heil, Segen, Glück. Außergermanisch auch: Zeichen, Vorzeichen, Schicksal, auch Glaube, Vertrauen, verwandt auch mit heiter: es bezieht sich auf Himmel und wird dann übertragen: heiter, klar leuchtend, hell, hervorragend. griechisch: hagios: geweiht, ehrwürdig, rein, lateinisch: sacer: heilig, geweiht, verflucht, verrucht, verabscheuungswürdig oder tabu, d.h. rein und schmutzig.