Tschüss, ihr da oben. - Peter Zudeick - E-Book

Tschüss, ihr da oben. E-Book

Peter Zudeick

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Beschreibung

"Die Angst kriecht die Bürotürme hoch" - Manager Magazin Das Kapital von Superreichen verzinst sich stündlich mit 200.000 Euro. Wenn sie nicht reicher werden wollen, müssen sie das Geld schon verjuxen - statt Luxuskarossen oder Riesenjachten zu kaufen. Warum schauen wir tatenlos zu? Haben wir uns an die Auswüchse des Kapitalismus gewöhnt? Wollen, ja dürfen wir sie noch länger akzeptieren? Peter Zudeick zeigt, warum kein Weg daran vorbeigeht, die Systemfrage zu stellen. Alles längst bekannt: Milliardengewinne hier, Kinderarmut da, Versager erhalten Millionenabfindungen, der Staat darf für Verluste aufkommen. Täglich überfluten uns neue Meldungen über die Auswüchse des Kapitalismus - und bislang schauten wir zu. Doch die Zeiten haben sich geändert. Die Bürger wollen nicht länger die Maßlosigkeiten einer Clique von Überprivilegierten, die sich für Elite halten, hinnehmen. Von Politikern wird keine Lösung mehr erwartet. Ihr Credo "es wird schon irgendwann werden, wenn ihr uns nur brav wählt" will kein Mensch mehr hören. Was aber muss passieren, dass die Interessen der Zivilgesellschaft wieder in den Mittelpunkt gerückt werden? Welche Folgen hat ein radikaler Humanismus, der den Menschen wieder über den Wettbewerb stellt, auf Staat, Wirtschaft und Gesellschaft? Peter Zudeick hat die Antworten.

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Peter Zudeick

TSCHÜSS,IHR DA OBEN

Vom baldigen Ende des Kapitalismus

eBook Edition

Mehr über unsere Autoren und Bücher: www.westendverlag.de

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN 978-3-864896-09-5© Westend Verlag Frankfurt/Mainim Piper Verlag GmbH,München 2009Satz: Fotosatz Amann, AichstettenDruck und Bindung: CPI – Clausen & Bosse, LeckPrinted in Germany

Für Jutta und Jakob

Inhalt

Zuvor:Über alles

1Neulich im Café Größenwahn

2Die Obszönität des Systems

3Richtige und falsche Armut

4Was ist gerecht? Die Philosophen haben das Wort

5John Rawls und die Folgen

6Die moralische Landkarte: Der Gerechtigkeitssinn

7Nachrichten aus der ideologischen Antike

8Die Neidgesellschaft

9Homo oeconomicus: Die ökonomische Maschine

10Chicagoer Gangsten Die Genmaschine

11Von Diktatoren und Ultimaten: Die Humanökonomik

12Das Kapital: In Ewigkeit. Amen.

13Auch eine Revolution: Radikaler Humanismus

Hernach:Etwas fehlt

Anmerkungen

Literatur

Zuvor: Über alles

Als der große Robert Gernhardt einmal die Nase voll hatte davon, immer pfiffige und witzige und treffende Titel für seine Bücher finden zu müssen, hat er das nächste Buch einfach Über alles genannt. Das stimmt irgendwie immer. Mir ging das zunächst nicht so. Auf dem Höhepunkt der Debatte über unverschämte Managergehälter und die Gier der Reichen kam unversehens eine ganz alte Diskussion wieder hoch: Was denn das Gegenteil von unverschämt sei? Und wer denn, bitte sehr, darüber zu befinden habe und nach welchen Maßstäben? Mit anderen Worten: Der jahrtausendealte Disput über Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit in dieser Menschenwelt wurde wieder aktuell. Und ich konnte arglos auf den Vorschlag eingehen, darüber doch mal etwas so Grundsätzliches wie Aktuelles zu schreiben und dabei – gleichsam im Vorbeigehen – dem Kapitalismus einen derart heftigen Schlag zu versetzen, dass Karl Marx sich das wirklich allerletzte Mal im Grabe herumdrehen und dann endgültig Ruhe geben würde.

Es ist, wie jeder weiß, anders gekommen. Die schnelle Abfolge von Immobilienkrise, Finanzmarktkrise, Automarktkrise, Weltwirtschaftskrise hat nicht nur dafür gesorgt, dass Karl Marx wieder senkrecht im Grab steht, sondern auch dafür, dass dieses Buch plötzlich eins »über alles« wurde: über die Wirtschaft als solche, den Menschen als solchen, die Gesellschaft als solche. Da aber der Titel »Über alles« dummerweise vergeben ist, reifte die Überlegung, ob es denn nicht allmählich mal reicht mit dem systematischen Gemurkse, das »die da oben« uns schon so lange Zeit als Normalität verkaufen: die Wirtschaftsbosse, die Politiker, »der Staat«. Ob nicht endlich mal, wie so häufig in den vergangenen Jahrhunderten, die Zeit gekommen ist, »Tschüss, ihr da oben« zu rufen und die Sache wieder selbst in die Hand zu nehmen. Damit halten wir’s gerne wie weiland Helmut Kohl: »Ich bejahe die Frage mit Ja.« Und haben dann die weitere Frage am Hals, wie das wohl zu bewerkstelligen sei. Leider können wir uns nicht mit einem anderen wunderbaren Satz aus dem Elementarbuch politischer Rhetorik herausreden: »Die Frage stellen heißt sie beantworten.« Das Leben ist komplizierter.

Wer noch vor einigen Jahren von sozialer Gerechtigkeit redete, galt als Träumer oder Spinner, bestenfalls als Traditionalist. Das sei »altes Denken«, hieß es. In postindustriellen Gesellschaften, vor allem im Zeichen der Globalisierung, hätten solche Begriffe aus der Mottenkiste der Sozialpolitik keinen Platz mehr. Das hat sich radikal geändert. Soziale Gerechtigkeit ist wieder ein Kernthema geworden. Keine politische Partei kann es sich mehr leisten, dieses Thema im aktuellen Diskurs auszulassen.

Besonders bemerkenswert an dieser Karriere ist, dass die Parteien auf eine gesellschaftliche Entwicklung reagieren, die so nicht vorgesehen war. Sie folgen der Stimme des Volkes, tun also etwas ansonsten durchaus Verpöntes: Sie sind »populistisch«. Solange die Debatten über Hartz-»Reformen«, sozialen Abstieg, neue Armut, gar Kinderarmut von den üblichen Verdächtigen geführt wurden, schien noch alles in Ordnung zu sein. Als sich dann aber die Erkenntnis durchsetzte, dass das »Prekariat« nicht nur den Unterschichten drohte, sondern dass die Mittelschicht allmählich auf die soziale Rutschbahn kam, da konnten auch die etablierten Parteien und die politischen Führungsriegen die Augen nicht mehr verschließen.

Auf einmal wurde auch den Hartleibigen der Republik klar, dass man Gerechtigkeitsfragen nicht mehr als Neiddebatten abtun kann. Sie versuchen es stattdessen mit anderen bewährten Taktiken. Die eine ist die Verschiebungstaktik. Jahrelang galt als ausgemacht, dass Gerechtigkeit ein Thema für schlechte Zeiten ist. Als mit Agenda 2010 und Hartz IV die schlechten Zeiten gekommen waren, hieß es: Gerechtigkeitsdebatten sind purer Luxus, den kann man sich nur in Aufschwungphasen leisten. Als der Aufschwung kam, durfte der natürlich nicht kaputtdebattiert werden – und jetzt, in der großen, weltumspannenden Krise, geht den Verschiebetaktikern irgendwie die Puste aus.

Die andere Taktik besteht aus hinhaltender Zustimmung. Wirtschaftsbosse und die ihnen angeschlossenen Politiker sprechen gerne von »gefühlter Gerechtigkeit«, um klarzumachen, dass diese ganze Debatte mit Logik nichts zu tun hat, man aber trotzdem auf das »Gerechtigkeitsempfinden« der Bevölkerung einzugehen gewillt sei. Aus psychologischen und allgemein menschenfreundlichen Erwägungen.

In der Tat hat die Verwendung des Begriffs Gerechtigkeit in kurzer Zeit derart inflationär zugenommen, dass er kaum noch Konturen hat. Man kann darunter alles meinen – und damit eben auch nichts. Dem kommt die Politik gerne entgegen mit einer Vielzahl von »Bindestrich-Gerechtigkeiten«: Chancen-, Einkommens-, Leistungs-, Bedarfs-, Verteilungs-, Generationengerechtigkeit, die globale Gerechtigkeit und anderes mehr nicht zu vergessen. Ein netter, aber nicht besonders tauglicher Versuch, den Begriff beliebig und lächerlich zu machen und sich dadurch eine lästige Debatte vom Leibe zu halten.

Der Begriffssalat kann die meisten Menschen aber nicht von der Überzeugung abbringen, dass Gerechtigkeit etwas völlig Selbstverständliches ist. Für Philosophen von der Antike bis heute genau wie für die Menschen in ihrer Alltagswelt heißt eine zentrale Forderung: Es muss gerecht zugehen. Bloß: Wie ist das zu bewerkstelligen? Welche Kriterien gibt es für Gerechtigkeit?

»Keine andere Frage ist so leidenschaftlich erörtert, für keine andere Frage so viel kostbares Blut, so viel bittere Tränen vergossen worden, über keine andere Frage haben die erlauchtesten Geister – von Platon bis Kant – so tief gegrübelt. Und doch ist diese Frage heute so unbeantwortet wie je. Vielleicht, weil es eine jener Fragen ist, für die die resignierte Weisheit gilt, dass der Mensch nie eine endgültige Antwort finden, sondern nur suchen kann, besser zu fragen.«

Das schrieb Anfang der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts der Staatsrechtler und Rechtspositivist Hans Kelsen über Gerechtigkeit und demonstrierte damit eine in der Wissenschaft recht beliebte Form, sich ein Problem vom Halse zu schaffen. Nämlich indem man weise, aber resigniert und vor allem wortreich darüber redet.1 Wir wollen gleichwohl seinem Ratschlag folgen, besser, und das heißt schärfer zu fragen. Ohne Interesse an wohlfeiler Resignation. Aber mit großem Interesse an der Frage, wem diese Resignation nützen könnte.

1 Neulich im Café Größenwahn

Eins der populärsten Bilder des 20. Jahrhunderts ist Edward Hoppers »Nighthawks«, also wörtlich »Nachtfalken«. Die Übersetzung »Nachteulen« wäre wohl treffender. Der deutsche Titel »Nachtschwärmer« dagegen führt ein wenig in die Irre. Denn auf diesem Bild wird nicht geschwärmt: Drei Gäste und ein Kellner im Neonlicht eines nächtlichen Cafés, maskenhaft starr, Ikonen der Einsamkeit. Wir stehen draußen, schauen zu, und es fröstelt uns angesichts der Kälte dieses Bildes. Freilich hat das alles auch mit uns zu tun, wir schauen auch uns zu, wenn wir die »Nighthawks« betrachten.

Ein nicht ganz so populäres Bild bietet sich den meisten von uns, wenn wir uns umschauen, ins Leben schauen in diesen bewegten, wirren Zeiten. Ähnlich wie bei Edward Hopper und doch auf vertrackte Weise ganz anders. Wieder stehen wir draußen, wieder schauen wir rein: ins Café Größenwahn. Da geht’s hoch her. Da werfen merkwürdige Gestalten – mal finster, mal grellbunt – mit Geld um sich, jonglieren mit Aktien und Zertifikaten, halten Hof, schreiten gespreizt oder toben wie toll umher. Auch sie maskenhaft, selbst wenn’s ganz schrill zugeht. Sie spielen ein Spiel, und wir schauen zu. Und wir wissen, das alles hat auch mit uns zu tun. Denn obwohl wir draußen stehen, ausgeschlossen sind, wird da auch unser Spiel gespielt. Mit uns wird gespielt. Und wir können nicht rein, können nicht eingreifen.

Es geht um – fast – nichts

Die Geschäfte gehn nicht. Kein Mensch hat Geld.Es ist ein Elend auf der Welt!Keine Kredite und keine Kunden!Wie soll Deutschland dabei gesunden?Geschäfte machen hat gar keinen Sinn.Herzliche Grüße! Wir sitzen hier in Lugano.Kurt Tuchobky, Deutsche Pleite (1925)

Im Mai 2005 konnte Wendelin Wiedeking Hoffnung schöpfen. Die frohe Botschaft kam von Justizministerin Brigitte Zypries mit dem Satz: »Es geht nicht um die Einführung des Sozialismus auf Vorstandsebene.« Genau das hatte der Porsche-Chef angesichts der aufgeregten Diskussionen um Managergehälter nämlich befürchtet. Ob dieser Vorgang mehr über den Geisteszustand von deutschen Topmanagern oder den Humor von Spitzenpolitikern aussagt, sei dahingestellt. Uns mag dieses Aperçu dazu dienen, in verschärfter Form die Frage zu stellen, worum es bei der Debatte um Managergehälter denn damals ging. Und bis heute geht. Antwort: um nichts. Oder sagen wir: um fast nichts.

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