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Während Derrick seit seiner Jugend mit Depressionen zu kämpfen hat, hat er auf dem Fußballplatz einen Ort gefunden, wo er all dem Alltagsstress und seinen Gedanken entkommen kann. Doch in der neuen Saison wurde er aus der ersten in die zweite Mannschaft seines Vereins versetzt, spielt nicht mehr mit seinem besten Freund zusammen und kann den neuen Mannschaftskapitän überhaupt nicht ausstehen. Als es ihm dann auch mental immer schlechter geht, nimmt die Abwärtsspirale gefühlt kein Ende mehr. Wird er es alleine dort wieder rausschaffen? Jason ist Mannschaftskapitän und hat für den Neuzugang in seinem Team nur wenig übrig. Ärger, gelbe Karten, Unpünktlichkeit und jeden auf Abstand halten ist alles, was Derrick mitbringt. Jedoch bemerkt Jason immer öfter eine andere Seite an ihm. Eine, die ihn nachdenklich stimmt und seine anfängliche Skepsis langsam überwinden lässt. Auf dem Feld ist Derrick einer der besten. Aber schafft er es auch, den Kamp gegen seine eigenen Gedanken zu gewinnen?
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Seitenzahl: 201
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Dieses Buch enthält sexuelle Handlungen, die detailliert beschrieben werden.
Außerdem werden im Buch folgende sensible Themen behandelt: Depressionen und Selbstmordgedanken.
EINS
ZWEI
DREI
VIER
FÜNF
SECHS
SIEBEN
ACHT
NEUN
ZEHN
ELF
ZWÖLF
DREIZEHN
VIERZEHN
FÜNFZEHN
SECHZEHN
SIEBZEHN
ACHTZEHN
NEUNZEHN
ZWANZIG
EINUNDZWANZIG
ZWEIUNDZWANZIG
DREIUNDZWANZIG
VIERUNDZWANZIG
FÜNFUNDZWANZIG
SECHSUNDZWANZIG
SIEBENUNDZWANZIG
ACHTUNDZWANZIG
NEUNUNDZWANZIG
DREIßIG
EINUNDDREIßIG
ZWEIUNDDREIßIG
DREIUNDDREIßIG
VIERUNDDREIßIG
FÜNFUNDDREIßIG
SECHSUNDDREIßIG
SIEBENUNDDREIßIG
ACHTUNDDREIßIG
NEUNUNDDREIßIG
VIERZIG
EINUNDVIERZIG
ZWEIUNDVIERZIG
DREIUNDVIERZIG
VIERUNDVIERZIG
FÜNFUNDVIERZIG
Sieben Wochen später war die Sommerpause vorbei und die neue Saison stand vor der Tür. Und damit fing auch das Fußballtraining wieder an. Derrick stand mit zwei anderen aus seinem neuen Team auf dem Flur im Vereinsgebäude und einer der beiden erzählte ihm gerade, wie er mit seinem Freund zusammengekommen war. Derrick fand diese Geschichte auf der einen Seite so spannend, aber auf der anderen Seite wäre er auch am liebsten auf der Stelle weggelaufen und hätte seine Wut am Ball ausgelassen. Aber er hörte ihnen weiter zu und schaute zu jemandem, der gerade hinter ihm lang gegangen war. Er hatte etwas länger geschaut, aber nur, weil er ihn nicht hatte kommen sehen. Die anderen beiden aus seiner Mannschaft fragten, ob das sein Typ sei, doch er ruderte sofort energisch zurück, als er ausrief: „Was? Nein! Ich stehe nicht auf Männer. Außerdem wäre er überhaupt nicht mein Typ.“ „Wie ist denn dein Typ?“, fragte einer der beiden. „Groß, schlank, braune Haare und eine tiefe Jaw-Line.“
„Das bin dann ja wohl ich“, meldete sich jemand hinter ihm zu Wort.
Derrick wirbelte sofort herum und wusste nicht, welcher Emotion er zuerst Platz machen sollte. Zuerst war ihm aufgefallen, dass er gerade wirklich laut ausgesprochen hatte, was sein Typ war. Dann war ihm aufgefallen, dass er scheinbar bereits wusste, was sein Typ war. Als nächstes war ihm aufgefallen, wie gutaussehend sein gegenüber war und dass er wirklich perfekt auf seine Beschreibung passte. Und dann war ihm aufgefallen, wie nervig er ihn fand, vor allem, weil er ihn einfach so vor allen bloßstellte. Als wäre das nicht schon genug, fiel sein Blick nun auf seinen Oberarm, den die Kapitänsbinde schmückte, was ihn schließlich dazu bewog, sich für die letzte Emotion zu entscheiden und dementsprechend darauf antwortete. „Und wer hat dich gefragt, arrogantes Arschloch?“ „Hey, sei nicht so gemein zu dir. Ich bin doch dein zukünftiger Ehemann“, scherzte dieser.
Doch Derrick schnaubte nur und meinte: „Dir zeige ich es noch.“ Daraufhin hob der andere nur amüsiert erbost den Zeigefinger und wedelte damit tadelnd in der Luft herum. „Na, na, na. Keine Gewaltandrohungen hier. So ein Verhalten dulde ich in meiner Mannschaft nicht.“
„Der hört sich schon an wie Ryan“, murmelte Derrick zu sich selbst, sagte dann aber laut: „Ich meinte ja auch nicht mit den Fäusten, sondern auf dem Platz.“ Doch der andere entgegnete nur gelassen: „Du wirst noch genug Chancen haben, dein Können unter Beweis zu stellen. Du musst sie nur nutzen und dich auch außerhalb vom Platz ordentlich benehmen. Wir wollen fair spielen und gewinnen. Das können wir nicht riskieren, nur weil du deine Nerven verlierst, weil du dich von deinem Gegner getriggert fühlst.“
„Wichser.“
Der andere ließ das unkommentiert stehen und fuhr stattdessen, wenn auch mit sehr irritierter Gestik und Mimik, fort: „Warum auch immer, will der Trainer dich bei den nächsten Spielen in der Startelf haben. Scheinbar musst du wirklich was draufhaben. Also gib dir beim Training bitte Mühe mit deinem Verhalten, damit wir uns bestmöglich auf die Spielvorbereitung konzentrieren können. Kriegst du das hin?“
„Kriegst du das hin?“, äffte Derrick ihn nach. „Natürlich bekomme ich das hin“, sagte er dann schon ernster, aber auch mit sehr viel Nachdruck. „Gut, dann sehe ich euch drei ja gleich auf dem Platz wieder. Bringt die Bälle mit.“ Damit ging er schonmal voraus und überließ die drei wieder sich selbst.
„Nicht mal die Bälle kann er selbst tragen. Ist er sich zu schade dafür?“, regte sich Derrick über ihn auf. „Lern ihn doch erstmal kennen. Dann siehst du auch, dass er ein sehr fairer und gutmütiger Spieler ist“, erwiderte einer der beiden daraufhin. Die beiden hatten noch nie einen Menschen gesehen, der noch unglaubwürdiger guckte, als es Derrick gerade tat. „Kommt, es wird Zeit, nach draußen zu gehen. Ich will nicht zu spät kommen“, sagte der andere. So machten sie sich ebenfalls mit den Bällen auf den Weg nach draußen, sehr zu Derricks Unfreude. Auf dem Weg stellte er schließlich eine Frage, die er unbedingt wissen wollte.
„Wer ist Herr von und zu Arschloch überhaupt?“ „Jason. Unser Mannschaftskapitän.“
Es war Montag und das dritte Training in seiner neuen Mannschaft und Derrick hatte bereits genug. Hatte er sich am Anfang noch in der Sichtweise geübt, dass der Mannschaftswechsel eine Chance für ihn sein könnte, hatte er diesen Gedanken schnell wieder verworfen. Sie hatten nur zwei Mal in der Woche Training, worüber er ganz froh war. Je seltener er Jason sah, desto besser war seine Laune. Aber nur zwei Mal in der Woche auf dem Platz zu stehen, stimmte ihn auch traurig. Zudem fragte er sich, wieso er gedanklich immer wieder bei Jason hängen blieb. Er mochte ihn nicht, fand ihn eingebildet und jede Kleinigkeit an ihm regte Derrick auf. Mit dem musste er sich jetzt den Platz teilen und dann war er auch noch Kapitän. Schlimmer konnte diese Saison echt nicht starten.
Das Training war mitten am Laufen und sie machten gerade die Übung, bei der zwei in der Mitte standen und im eins gegen eins auf die ganz kleinen Tore spielten. Alle anderen standen im Rechteck drum herum und durften den Ball annehmen, mussten ihn dann aber zu demjenigen zurückspielen, der sie angespielt hatte. Derrick war zusammen mit Matteo in der Mitte und keiner der beiden machte es dem anderen besonders leicht. Matteo spielte im Sturm und packte in dieser Übung alles aus, was er konnte. Aber auch Derrick verteidigte sein Tor standhaft und kam oft nah an Matteos Tor ran. Dennoch hatte keiner der beiden bis jetzt ein Tor gemacht. Jason wollte einen seiner Mitspieler ganz besonders anfeuern und kommentierte: „Komm, Derrick, jetzt streng dich mal an und gib ein bisschen Gas!“ Nicht gerade motivierende Worte, dachte sich Derrick und versuchte, seinen Ärger, der in ihm hochkam, nach außen hin zu verbergen. Doch was ihn noch mehr störte, war, dass er in der Übung tatsächlich noch kein Tor geschossen hatte. Das wurde jetzt mal Zeit. Derrick spielte nun offensiver und landete direkt einen Treffer. Der Trainer kündigte den Wechsel von den beiden in der Mitte an und als Derrick das rechteckige Feld verließ und nun wieder außen stand, schaute er die ganze Zeit Jason mit einem sehr bösen Blick an. Jason war im ersten Moment etwas verwirrt, verdrehte dann aber nur seine Augen und wandte sich wieder von Derrick ab und der Übung zu. Derrick ließ seinen Blick noch weiter auf Jason liegen, aber als er dann angespielt wurde, musste er sich auch wieder auf die Übung konzentrieren. Das weitere Training verlief relativ unspektakulär. Als der Trainer verkündete, dass das Training zu Ende war, freute sich Derrick das erste Mal an diesem Abend. Jedoch hielt seine Freude nicht lange an, denn er stieß direkt mit Jason zusammen, als er zu den Kabinen gehen wollte. Wieder verengten sich seine Augen und er verschränkte dazu seine Arme vor dem Körper. Jason, der scheinbar Lust auf Spielchen hatte, entschied sich dazu, Derricks Verhalten eins zu eins zu kopieren und so standen sie beide mit verschränkten Armen vor dem Körper und demselben dunklen Blick in den Augen einander gegenüber. „Hat dir mal einer gesagt, dass du deine Klappe im Training halten sollst?“, fing Derrick schließlich an. „Aber du nicht, oder was?“, hielt Jason gegen an. „Du sagst bei niemandem was, außer bei mir. Hast du irgendein Problem mit mir?“
„Ich mit dir? Wohl eher du mit mir. Wieso bildest du dir so viel darauf ein, wenn ich einen Satz zu dir sage im Training?“, fragte Jason zurück. Derrick fiel im ersten Moment keine Antwort darauf ein, was Jason ein selbstgefälliges Lachen entlockte. „Wieso ist es dir egal, wie die anderen spielen, nur bei mir nicht?“, erwiderte Derrick schließlich. „Weil ich die anderen schon seit mehreren Jahren kenne und weiß, wie die spielen. Bei dir weiß ich das noch nicht. Ich will einfach gucken, was du alles draufhast, um dich besser einschätzen zu können.“ Derrick fand, dass das tatsächlich ein einleuchtendes Argument war, aber ließ er Jason an dieser Einsicht nicht teilhaben. Stattdessen beschloss er, es für diesen Abend zu lassen und ging an Jason vorbei, um diesmal die Kabine auch zu erreichen. Auf ihn warteten zu Hause noch genug Aufgaben, um die er sich kümmern musste. Da hatte er für Jason gerade keinen Platz und keine Zeit. „Fällt dir jetzt nichts mehr dazu ein? Du tust immer so, als wärst du der Beste, aber in Wirklichkeit verhältst du dich manchmal echt wie ein Idiot“, warf Jason ihm noch hinterher. Komisch, dass du mich Idiot nennst, aber dich genauso wie einer verhältst, dachte sich Derrick im Stillen, ging darauf aber nicht mehr ein und beschleunigte seine Schritte ein bisschen. Was hatte dieser Jason denn für ein Problem mit ihm? Er war einfach nur da im Training und wollte Fußball spielen, aber scheinbar war das auch nicht richtig. Es war so ähnlich wie letzte Saison mit Ryan und Elija. Wenn diese Saison wieder so anfing, konnte das ja was werden. Aber jetzt hieß es erstmal Duschen und danach wieder zurück in seinen Alltag kommen. Immerhin konnte er dem auf dem Platz wenigstens für einen kurzen Zeitraum entfliehen.
In seiner Wohnung angekommen, warf er seine Tasche auf den Boden, und ging sich dann duschen. Die warme Dusche nach dem Training tat ihm gut und er schloss für einen Moment die Augen und konnte sich etwas mehr entspannen. Er hoffte inständig, dass das nächste Training besser werden würde.
Jason freute sich bereits, als er nach dem Training in seine Wohnung kam, auf den nächsten Tag. Er machte seit dem Frühjahr dieses Jahres ein FSJ im Kindergarten. Er liebte es, seine Zeit mit Kindern zusammen zu verbringen und sie auf ihrem Weg zu begleiten und zu unterstützen. Als er daran dachte, war sein Ärger wegen Derrick aus dem Training auch schnell wieder verflogen.
Als es Dienstagmorgen war, war Jason bereits vor seinem Wecker wach und es könnte ihm nicht leichter fallen, morgens aufzustehen. Nachdem er dann seine Morgenroutine wiederholt und auch schon gefrühstückt hatte, machte er sich mit dem Fahrrad auf den Weg zum Kindergarten. Er brauchte für die Strecke nicht mal eine Minute, wodurch er unter der Woche immer einen sehr entspannten Morgen hatte.
Es war Dienstagmorgen und Derricks Wecker klingelte. Nicht. Er hatte an diesem Tag keine Termine, so wie jeden anderen Tag auch nicht. Bis auf sein Fußballtraining. Pläne für heute hatte er auch, sondern würde sich dem Ernst des Lebens erst am Folgetag widmen. Aber auch das verschob er wieder ein ums andere Mal. Als er um elf Uhr aufstand, machte er sich erstmal gemütlich Frühstück und einen heißen Kakao. Damit setzte er sich an seinen Esstisch und ließ seinen Blick über die Aussicht durchs Fenster wandern. Er war froh, jetzt wieder ein bisschen Ruhe zu haben, im Gegensatz zum gestrigen Training. Der neue Mannschaftskapitän hatte seine Nerven mal wieder sehr strapaziert. Während Derrick frühstückte, überlegte er, was er an diesem Tag machen würde. Dabei entging ihm nicht das Gefühl in ihm, dass er mehr wollte im Leben, als nur gemütlich zu frühstücken und Kakao zu trinken. Das versetzte ihm innerlich einen Stich und er wünschte sich direkt, ein anderes Leben zu führen, als wie er es tat.
Einen Tag später stand am Abend wieder Training auf dem Plan und Derrick wäre am liebsten Zuhause geblieben. Er hatte den ganzen Tag am Handy verbracht und auf Social Media durch Reels gescrollt und fühlte sich jetzt gestresst, als er nur noch zehn Minuten Zeit hatte, sich fürs Training fertig zu machen. Als er dann auch noch daran dachte, Jason zu sehen, sank seine Laune noch weiter. Das einzig Gute daran war, dass es ihm dabei half, sich zu beeilen, denn er würde Jason ganz sicher keine Vorlage geben, weil er sich zum Training verspätete.
Zehn Minuten später war er am Verein angekommen und ging direkt zum Platz. Seine Tasche stellte er auf der Bank ab, denn umgezogen hatte er sich schon in seiner Wohnung. Als er die anderen nach und nach auf den Platz kommen sah, war natürlich auch Jason dabei, der seine Jacke ebenfalls auf der Bank ablegte. Die Mannschaft verteilte sich innerhalb des Feldes und Jason und Derrick waren die einzigen beiden, die noch bei der Bank standen.
Derrick nutzte die Gelegenheit, auf seine Handyuhr zu schauen und wandte sich dann an Jason: „Zwei Minuten zu spät. Starke Leistung in der zweiten Woche nach der Sommerpause.“ Den Sarkasmus hatte Jason sofort rausgehört und erwiderte daraufhin: „Wenn du als einziger pünktlich warst, hättest du auch schonmal die Bälle rausholen können. Matteo hat das jetzt gemacht, aber beschwer dich nicht über andere, wenn du selbst nichts auf die Reihe bekommst.“ „Du hältst dich aber auch für den besten. Nur gut, dass das Feld ja groß ist und wir da viel Abstand halten können.“ „Nur gut, dass ich euch beide gleich als Partner einteile und zwar für das gesamte Training heute“, mischte sich ihr Trainer Robin mit ein. „Und jetzt ab aufs Feld mit euch. Macht euch mit den anderen zusammen warm, spielt euch ein, damit wir starten können. Denn wie ich mitbekommen habe, wollt ihr ja beide keine wertvolle Trainingszeit verlieren.“ Mehr genervt als motiviert ging Derrick zu den anderen und suchte sich extra eine Gruppe aus, zu der nicht Jason ging. Das konnte ja eine Saison werden.
Wenig überraschend war, dass Derrick sich freute, als das Training zu Ende war und er endlich nicht mehr in Jasons unmittelbarer Nähe sein musste. Nur leider hatte Robin angeordnet, dass er die Bälle und das Trainingsequipment wegräumen sollte. Also tat er das noch und ging dann in Richtung der Kabinen. Als er den Flur betrat, ging er gleich zur ersten Tür und war schon dabei, zur Türklinke zu greifen, als ihm jemand zuvorkam. „Hey, das ist unsere Kabine. Ihr seid in der Mitte.“ Damit ging sie selbst durch die Tür, durch die Derrick eben noch gehen wollte und ließ ihn auf dem Gang stehen.
„Na, Derrick, hast du dich verlaufen?“ Jason hatte ihn zwar überrascht, aber Derrick machte sich nicht mal die Mühe, sich zu ihm umzudrehen oder etwas darauf zu erwidern, sondern bildete mit seiner linken Hand eine Faust und ließ die mit ein bisschen Tempo nach hinten gegen Jasons Leistengegend schnellen. Jason verzog kurz das Gesicht, aber schon im nächsten Moment hatte er Derrick von hinten an den Schultern gepackt, ihn zu sich umgedreht, und ihn dann gegen die Wand gedrückt. „Was? Bei deinem Verhalten fragst du dich echt noch, wieso du genau dasselbe zurückbekommst?“, konfrontierte Jason Derrick.
„Dass du dich immer so breit machen musst. Schon im Training konntest du das nicht lassen“, konterte Derrick. „Ja, weil unser Trainer gesagt hat, dass wir die Übungen zusammen machen müssen“, erwiderte Jason. „Hat unser Trainer dich auch beauftragt, mich gegen die Wand zu drücken und dich mit deinem Gesicht immer weiter meinem zu nähern?“, hielt Derrick dagegen.
Daraufhin ließ Jason wieder von ihm ab und machte einen Schritt zurück, bevor er sich dann umdrehte und zur Kabine ging. Mit dem Rücken zu Derrick gewandt, sagte er noch: „Wir sind in der Mitte.“ Derrick schüttelte nur den Kopf über Jasons Kommentar und folgte ihm dann in die Kabine. Duschen würde er jetzt nicht mehr, er hatte keine Lust, noch länger hierzubleiben, aber er würde sich trotzdem kurz saubere Sachen anziehen, bevor er nach Hause fuhr. Kurz bevor er die Umkleidekabine betrat, fasste er über die Stelle auf seiner Haut, auf der eben noch Jasons Hand gelegen hatte. Seine Haut war noch warm von der Berührung und er fragte sich, wieso es sich so gut angefühlt hatte, Jasons Hände dort zu spüren.
Am Montag kam Derrick am Verein an und ging nachdem er sich kurz umgezogen hatte, auf den Platz. Dort sah er bereits von Weitem Jason und rollte bloß genervt mit den Augen. Als er Jason erreicht hatte, sagte er: „Ich habe mich eigentlich aufs Training gefreut. Bis ich gesehen habe, dass du auch da bist.“ Jason nahm das aber nicht persönlich, sondern entgegnete bloß gelassen: „Du wirst heute noch öfter Momente haben, in denen du mich nicht magst. Spar dir deinen Ärger für nach dem Training auf. Ich will gleich hundert Prozent von dir sehen. Wenn du in der Vorbereitungszeit schlafen willst, kannst du auch zu Hause bleiben. Aber dann wunder dich nicht, wenn du nicht in der Startelf stehst.“ Auch die anderen kamen jetzt zu ihnen und sie bildeten alle einen großen Kreis. „Alle mal herhören“, fing Jason an. „Da Robin heute nicht da ist, übernehme ich in Absprache das Training. Wir werden heute viel laufen und gerade die 16er-Läufe machen. Das Equipment für die Übungen wird unser neuer, lieber und ach so freundlicher Mitspieler Derrick uns heute bereitstellen. Das ist wirklich sehr zuvorkommend von dir, dass du dich freiwillig dafür gemeldet hast.“ Mit letzterem wandte er sich direkt an Derrick, der ihn nur wütend anstarrte, aber keine Anstalten machte, ihm zu widersprechen.
Während des Einlaufens war Derrick vorne mit dabei, direkt hinter Marlo und Ben und konnte ihrem Gespräch zuhören. „Na, Ben, warst du gestern noch feiern gewesen oder warum bist du heute so langsam?“, fragte Marlo seinen Freund. Derrick stolperte dabei fast über seine eigenen Beine, denn langsam fand er das Tempo jetzt nicht, welches sie liefen. Und die drei hatten bereits eine halbe Runde Abstand zu den anderen aus der Mannschaft. „Langsam? Ich habe doch noch gar nicht richtig angefangen“, entgegnete Ben. „Lust auf ein Wettrennen?“, forderte Marlo ihn heraus. „Aber sowas von“, ging Ben darauf ein und schon liefen die beiden den anderen noch weiter voraus und auch Derrick kam nicht mehr hinterher. Das konnte ja ein Training werden. Es wurde auch nicht gerade besser, als sie mit dem Einlaufen fertig waren und Jason Derrick wissen ließ, dass er ihn bei Wettrennen gegen Marlo, Ben und ihn selbst antreten lassen würde.
Nach dem Training in der Umkleide waren die anderen bereits fertig mit dem Duschen und schon gegangen. Derrick stand am Anfang des Raumes und hatte beim Umziehen innegehalten, als er zu einem seiner Mannschaftskollegen rüber schaute, der gerade nackt mit dem Rücken zu ihm stand. Derricks Blick fiel länger auf dem anderen liegen und driftete in seinen Gedanken ab. Er hatte sich fast ein bisschen vor sich selbst erschrocken, denn seit wann hatte er Fantasien mit anderen Männern? Als die Person sich zu ihm umdrehte und sich als Jason entpuppte, zuckte er kurz zusammen und spätestens da war seine Lust auch schon wieder weg. Jedoch war Jason Derricks Blick nicht entgangen. Belustigt schaute er zu Derrick rüber und fragte ihn: „Na, gefällt dir, was du siehst?“ „Hättest du wohl gerne“, gab Derrick bloß zurück. Jason kommentierte wieder: „Du kannst dir ruhig noch ein bisschen Zeit lassen mit dem Gucken. Ich bin noch nicht ganz fertig mit Abtrocknen.“ „Ganz sicher nicht.“ „Wieso nicht? Dein Blick sagte gerade etwas anderes...“ „Erstens stehe ich nicht auf Typen. Zweitens falls doch, dann definitiv nicht auf solche wie dich.“ Jason bewegte sich daraufhin zur Mitte des Raumes. Dort hielt er sich mit seinen Händen oben an der Stange von der Bankreihe fest und lehnte sich etwas nach vorne. Er sah verdammt heiß aus in dieser Pose. Derrick hatte Mühe, seinen Blick auf Jasons Gesicht zu halten und nicht auf einen anderen Bereich wandern zu lassen. „Solche Typen wie mich also? Was bin ich denn für ein Typ?“, wollte Jason wissen. „Eingebildet, arrogant und besserwisserisch“, antwortete Derrick kalt.
„Ich glaube, du meinst eher hilfsbereit, zuvorkommend und so heiß, dass du mir nicht mal mit deinen Blicken widerstehen kannst.“
Derrick ließ sein T-Shirt, das er sich gerade anziehen wollte, wieder sinken, ging ebenfalls auf Jason zu und hielt sich dann oben an der Stange außen von Jasons Händen fest. „Fick dich.“ Aber Jason entgegnete nur: „Das mache ich sogar ziemlich oft. Nur wird das auf Dauer alleine ziemlich langweilig. Hast du Lust, mitzumachen?“ Derrick wusste für einen Moment nicht, was er dazu sagen sollte, entschied sich dann aber dafür: „Wo ist dein ordentliches Verhalten geblieben, welches du auf dem Feld von anderen erwartest?“ „Gefällt es dir etwa nicht, wie ich mich dir gegenüber verhalte?“, fragte Jason gespielt unschuldig nach. „Wieso sollte ich das mögen?“, fragte Derick zurück. Jason lehnte sich noch etwas weiter nach vorne und flüsterte seine nächsten Worte beinahe schon. „Weil ich deine Fantasien bediene, ohne dass du es zugeben musst, dass du sie hast.“ Derrick wurde für einen Moment still, bis er sagte: „Weißt du was, ich habe es mir anders überlegt. Du würdest als Mannschaftkapitän doch den ersten Platz machen. Wenn es darum geht, maximal nervig zu sein.“ Dann drehte er sich auf der Stelle um, zog sich schnell seine Sachen an und verließ dann hastig die Umkleidekabine.
Einen Tag später stand für Derrick ein Familientreffen auf dem Plan. Sie trafen sich abends alle im Restaurant. Derrick war zwar zu spät, aber da er sowieso keine Lust auf dieses Treffen hatte, störte ihn das auch nicht. Ob die anderen sich nun darüber aufregten oder über das, was in der Welt vor sich ging, machte da auch keinen großen Unterschied. Als er da war, merkte er mal wieder, wie sehr er diese Treffen nicht mochte. Er war im Gegensatz zu seiner sonst großen Klappe, das komplette Gegenteil und sagte die ganze Zeit über gar nichts. Lediglich hin und wieder nickte er zu etwas, das gesagt wurde oder tat so, als würde er zuhören. Stattdessen war er in Gedanken ganz woanders. Aber diesmal nicht auf dem Fußballfeld und es waren auch nicht seine düsteren Gedanken, die er in letzter Zeit immer häufiger hatte. Sondern befand er sich in einem fremden Schlafzimmer mit einer anderen Person, die ihm so überhaupt nicht fremd war und die ihm mehr bekannt als lieb war. Als er in genau diesem Moment von Jason angerufen wurde, fiel ihm fast sein Handy aus der Hand. War das Telepathie? Wenn ja, dann keine, die er beabsichtigt hatte. Nach einigen Momenten des Hin und Her Überlegens, ging er schließlich ran.
„Warum rufst du an?“, nahm Derrick den Anruf entgegen. „Ich habe deine Stimme so sehr vermisst. Das reichte mir einfach nicht mehr, die nur im Traum zu hören.“
„Witzig“, erwiderte Derrick ernst.
„Glaubst du mir nicht, dass du in meinen Träumen vorkommst?“, fragte Jason weiter.
„Ich weiß nicht, ob ich wissen will, was das für Träume sind.“ „Reicht dir eine ausführliche Beschreibung am Telefon oder brauchst du es von Person zu Person?“ „Weder das eine noch das andere. Warum hast du angerufen?“, wollte Derrick nun endlich wissen.
„Ich bin mit ein paar aus der Mannschaft in der Lounge vom Verein. Willst du dazukommen?“ Etwas verdutzt über diese Frage sagte Derrick: „Ich hätte nicht gedacht, dass du mich mal einladen würdest.“ „Naja, wir sind nur zu viert und haben noch drei Kisten Bier. Irgendwie muss das ja alle werden.“ Derrick überlegte kurz, brauchte aber nicht lange, um eine Entscheidung zu treffen. Wieder beim Verein zu sein und Freibier war Grund genug, dorthin zu fahren. Wahrscheinlich war es auch nicht schlecht, wenn er mit den anderen auch außerhalb vom Training mehr Zeit verbrachte. Besser als diese Familienfeier war es allemal.
„Du gehst schon? Du bist doch erst seit zwei Stunden hier“, wurde sein Abgang sofort kommentiert. „Ich habe noch eine Veranstaltung vom Fußball. Die kann ich echt nicht ausfallen lassen.“
