Un(d)endlich ich - Diana Hübner - E-Book

Un(d)endlich ich E-Book

Diana Hübner

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Beschreibung

Luise Winter ist eine junge Frau Ende 30, Mutter von zwei Kindern und Ehefrau eines ruhigen, fast emotionslosen Mannes. Sie selbst ist ein Workaholic der besten Sorte, hat aber über ihre vermeintlichen Aufgaben völlig vergessen, dass auch sie als Mensch mit Träumen und Wünschen existiert. Als Luise endlich begreift, dass sie die alten Muster sprengen muss, um selbst glücklich zu sein, ist es fast zu spät. Denn nicht sie selbst, sondern ihr mittlerweile erkrankter Körper zwingt sie in die Knie und damit zu der Erkenntnis, etwas ändern zu müssen. Sie nimmt sich entgegen aller gegensätzlichen Meinungen ihrer Familie eine Auszeit, überlässt die Kinder ihrem Mann Georg und versucht herauszufinden, was SIE in ihrem Leben eigentlich will. Doch als Georg plötzlich auf eine angebliche Geschäftsreise geht, die nicht abgesprochen war und auch noch ein neuer Mann in Luises Leben tritt, ist es mit der Ruhe und Entspannung vorbei. Sie muss stärker sein, als jemals zuvor, denn Luise gerät wider Willen in eine absurde Affäre und das Schicksal schlägt härter zu, als man es womöglich ertragen kann…

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Für Mama

Licht

Wo ist das Licht, wenn ich in die Dunkelheit sehe?

Wo ist das Licht, wenn ich vor dem Abgrund stehe?

Wo ist es, wenn Ängste mich zu überwältigen drohen und nur noch dunkle Gedanken und Sorgen in mir wohnen?

Ich weiß, wenn meine Seele weint Und keine Sonne in mir scheint, dass meine Angst zur Wahrheit wird, mein Weg, mein ICH, sich dann verirrt.

Ich weiß, ich lebe jetzt und hier, doch Vergangenheit und Zukunft zerren an mir.

Es ist nicht viel von mir geblieben.

Ich weiß, ich muss lernen, mich selbst zu lieben.

Wie soll es denn dann ein anderer, wenn ich es selbst nicht kann?

Ich suche meinen Seelenweg, auch wenn ihn niemand mit mir geht.

ICH werde ihn finden, ICH werde ihn gehen, und irgendwann werde ich verstehen:

Ich brauche weder Angst noch Dunkelheit!

Schritt für Schritt werde ich davon befreit!

Ich brauche das Licht!

Und JETZT weiß ich, wo es ist:

Mama,

du warst, bist und wirst immer für mich da sein, mich halten, wenn ich traurig bin, mich trösten, wenn alles zerbricht, mich unterstützen, bei allem, was ich tue und bin…

Ich weiß, dass ich nie allein sein werde, du bist immer da, deine schützende Hand, deine Wärme, deine Nähe…DEINE LIEBE!

Ohne dich wäre ich nur halb so mutig, halb so stark und nur halb so sicher, auf dem richtigen Weg zu sein…

Du bist mein Fels in jeder Brandung, du fängst mich auf, wenn ich falle, und klärst meine Gedanken, wenn sie im Nebel versinken und ich die Orientierung verliere…

Du hast mir das Leben geschenkt und wirst es mit allem, was du bist, beschützen, bis zum Schluss…

Ich kann meine Dankbarkeit, dich zu haben, kaum in Worte fassen…

Aber ich kann dir sagen, dass ich dich von Herzen liebe und genau wie du für mich, immer für dich da sein werde, alles tun werde, damit es dir gut geht und dir so viel an Liebe, Glück, Kraft und Zufriedenheit zurückgeben werde, wie es mir irgend möglich ist!

Danke, Mama!

Ich hab´ dich unendlich lieb!

Deine Diana

Die Autorin

Diana Hübner wurde 1974 in Südthüringen geboren und lebt noch immer mit ihrer Familie in ihrem kleinen Heimatdorf in der Nähe des Rennsteiges.

Hauptberuflich ist sie Polizeibeamtin, Ehefrau und Mutter dreier Kinder.

Diana Hübner schrieb bereits in jungen Jahren Geschichten, Gedichte und kleine Theaterstücke und hat sich mit dem Schreiben nunmehr einen Kindheitstraum erfüllt.

Nach den beiden Romanen „Traumleuchten“ und „Seelentrost“ aus dem Jahr 2014 ist „Un(d)endlich ich“ nun der dritte Roman der Autorin.

Diana Hübner

Liebe Leser!

Ich wünsche Ihnen beim Lesen viel Freude, Entspannung und vielleicht auch ein wenig Zeit zum Nachdenken.

Alles Liebe und Gute für Sie!

Ihre Diana Hübner

Inhaltsverzeichnis

Expose

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Epilog

Danke schön…

Expose´

Luise Winter ist eine junge Frau Ende 30, Mutter von zwei Kindern und Ehefrau eines ruhigen, fast emotionslosen Mannes.

Sie selbst ist ein Workaholic der besten Sorte, hat aber über ihren vermeintlichen Aufgaben völlig vergessen, dass auch sie als Mensch mit Träumen und Wünschen existiert.

Als Luise endlich begreift, dass sie die alten Muster sprengen muss, um selbst glücklich zu sein, ist es fast zu spät. Denn nicht sie selbst, sondern ihr mittlerweile erkrankter Körper zwingt sie in die Knie und damit zu der Erkenntnis, etwas ändern zu müssen.

Sie nimmt sich trotz aller gegensätzlichen Meinungen ihrer Familie eine Auszeit, überlässt die Kinder ihrem Mann Georg und versucht herauszufinden, was SIE in ihrem Leben eigentlich will.

Doch als Georg plötzlich auf eine angebliche Geschäftsreise geht, die nicht abgesprochen war und auch noch ein neuer Mann in Luises Leben tritt, ist es mit der Ruhe und Entspannung vorbei. Sie muss stärker sein, als jemals zuvor, denn Luise gerät wider Willen in eine absurde Affäre und das Schicksal schlägt härter zu, als man es womöglich ertragen kann…

Prolog

Mit einer Tasse Tee, entspannt und gleichzeitig voll neuer Energie, saß Luise nachdenklich in ihrem kleinen, aber gemütlichen Zimmer der Ferienwohnung.

Das Meeresrauschen, der wunderbar beruhigende Wind und das belebende Geschrei der Möwen weckten in Luise ein Gefühl der Freiheit, Vertrautheit und Ruhe, wie sie es lange nicht erlebt hatte.

Noch vor einem Jahr hätte sie sich niemals in einer solchen Situation gesehen, allein, und vollkommen auf sich selbst konzentriert…

Gewusst, dass sich etwas ändern musste, hatte sie schon lange. Doch den Weg zu sich selbst, hatte sie bislang nicht gefunden. Sie hatte versucht, sich kleinere Auszeiten zu nehmen, um sich selbst wieder ein Stück näher zu kommen, doch meist wurden diese durch unvorhergesehene „ Notfälle“ vereitelt.

Sie brauchte im Grunde gar nicht viel zum Leben, das hatte sie eigentlich nie. Luise würde gerne mit ihrer Familie irgendwo abgelegen an einem schönen Fleckchen Erde leben, ohne den mittlerweile überhand nehmenden Kommerz, ohne die ständigen Forderungen anderer Leute, ohne all die wahnwitzigen und zutiefst verletzenden Gerüchte und Intrigenspiele in der

Bekanntschaft und unter machen Kollegen.

Doch das war bisher ein Wunschgedanke geblieben, es war unmöglich zu realisieren, allein wegen der Kinder.

Luise war von jeher ein harmoniebedürftiger Mensch.

Sie kam einfach nicht klar mit der Einstellung vieler Menschen, die sich nur für sich selbst interessierten, keine Rücksicht auf andere nahmen und immer nur den eigenen Vorteil sahen.

So konnte, ihrer Meinung nach, keine Beziehung, egal welcher Art, funktionieren.

Andererseits war sie einfach glücklich, anderen eine Freude zu bereiten, für andere da zu sein und zu helfen, wo es ging, ohne irgendetwas dafür einzufordern. Luise fühlte sich einfach gut dabei, sie war glücklich.

Eines hatte ihr aber bisher gefehlt. Ihre Art, mit Menschen umzugehen, hatte sie besonders für ihre Familie zur selbstverständlichen, gut funktionierenden, alles organisierenden, stets anwesenden und verständnisvollen Frau und Mutter gemacht. Sie diente nicht selten als Blitzableiter für alle Sorgen der anderen und tat es gerne. Sie liebt ihre Familie, doch fehlten ihr die Zuneigung und Wärme, die sie doch so sehr brauchte.

Ihre Kinder vergötterten sie und bei ihnen war die Liebe, die Luise in sich aufsog, zu spüren und echt.

Doch es war nicht genug. Das wusste sie jetzt. Was, wenn die Kinder aus dem Haus wären? Was sollte dann aus ihr werden?

Luise hatte noch immer Angst, die Kinder würden es ihr nie verzeihen, sich zurückgezogen zu haben.

Diese Sorge hatte sie seit ihrem Weggang begleitet, es war ihr deshalb auch sehr schwer gefallen, zu gehen, aber sie wusste, es war an der Zeit, länger konnte sie nicht mehr warten.

Luise hatte ihre Familie nun seit fast drei Wochen nicht gesehen, nur mit den Kindern telefonierte sie täglich. Sie vermisste sie schrecklich. Aber sie war sich auch dessen bewusst, dass wenn sie jetzt zurückginge, alles beim Alten blieb. Sie war noch nicht so weit, vielleicht auf dem Weg der Besserung, aber noch lange nicht am Ziel.

Es ging den Kindern gut, sie waren durch Luises Eltern und ihren Mann gut versorgt, auch wenn es für alle einigermaßen schwierig war, Luises Aufgaben zu übernehmen. Ihre Eltern waren gerne dazu bereit, sie kannten die Situation ihrer Tochter, die gefangen war in einer Rolle, die sie einerseits liebte, doch andererseits daran zerbrach.

Ihre Kinder würden es irgendwann verstehen, dessen war sich Luise sicher, auch wenn es momentan noch nicht danach aussah.

Mit Ende 30 hatte Luise das Ruder herumgerissen, ihr Leben in eine andere Richtung gelenkt.

Sie war nun auf der Suche nach ihrem ursprünglichen Seelenweg und das erst, nachdem diese unheilvolle Diagnose gekommen war. Zu spät vielleicht….

1

Den ganzen Tag hatte Luise nun schon an diesen Bilanzen gesessen und wenn sie sich ein wenig beeilte, konnte sie die Abrechnung noch schaffen, bevor sie Schluss hatte. Diese Woche war ihr Chef wieder einmal besonders „nett“ zu ihr gewesen. Kein Tag war bisher vergangen, an dem sie nicht viel zu spät aus dem Büro kam. Irgendwie hatte sie es wohl wieder geschafft, Herrn Höller zu verärgern. Das tat sie eigentlich meist und wusste nicht einmal warum. Eigentlich war sie der Meinung, mit jedem einigermaßen gut auszukommen, aber Herr Höller war da eine Ausnahme. Und leider nicht nur er, auch zwei seiner engsten Mitarbeiter waren von der Sorte, anderen Leuten ständig zu erklären, wie dumm sie waren, wie wenig wert und dennoch wurden gerade Luise und einige andere Kollegen immer wieder dazu eingeteilt, schwierige Aufgaben zu übernehmen, für die sie gar nicht qualifiziert waren, geschweige denn dafür bezahlt wurden.

Aber wenn man jetzt denken sollte, Luise würde für ihr Engagement wenigstens ein wenig Anerkennung bekommen, war man auf einem Irrweg. Im Gegenteil, je besser sie war, je mehr sie sich in ihre Arbeit vertiefte und je mehr sie auf sich nahm, desto größer wurden die Knüppel, die ihr zwischen die Beine geworfen wurden. Teilweise artete eine Auseinandersetzung mit den Chefs so aus, dass Luise Dinge an den Kopf geworfen wurden, wofür sie die Herren eigentlich hätte anzeigen müssen.

Luise konnte eine Menge ertragen, wenn es um die Unfähigkeit einiger Leute ging, mit ihren Mitmenschen umzugehen, aber wenn es dabei um enge Freunde oder ungerechtfertigte Anschuldigungen gegen sie selbst ging, wurde ihr Kampfgeist geweckt und sie schlug zurück.

Wenn sie sich in dieser Situation befand, erkannte sie sich selbst am wenigsten wieder. Es war nicht ihre Art, die Zähne zu zeigen, sie war eigentlich der Meinung, sich immer ganz sachlich mit Problemen auseinandersetzen zu können und Unstimmigkeiten nicht ausarten lassen zu müssen.

Aber eine kleine ängstliche Mimose war sie eben auch nicht.

Sie konnte nicht untätig zuschauen, wenn ihr, oder anderen, Unrecht getan wurde.

So kam es eben, dass sie mehr und mehr in Streitgespräche verwickelt wurde, sei es auf Arbeit, oder auch mit ihrem Mann, die bei nüchterner Betrachtung eigentlich jeglicher Grundlage entbehrten.

Luise kam wieder spät nach Hause an diesem Abend. Sie hatte vorher angerufen, um den Kindern und Georg Bescheid zu geben und sie hatte darum gebeten, dass die Kinder bereits fertig fürs Bett waren.

Sie wollte einfach mal nach Hause kommen und nicht erst noch beginnen, alle Schulsachen durchzuschauen, die Kinder ins Bett zu bringen und anschließend das Haus aufzuräumen.

Es wäre wirklich ganz toll, dachte sie, wenn sie noch ein paar ruhige Minuten mit ihren Kindern hätte und dann auch selbst zur Ruhe kommen könnte.

Als sie die Haustür aufschloss, hörte sie ihre Kinder bereits im oberen Badezimmer.

Sie stritten sich, mal wieder! Also doch nichts mit einem ruhigen restlichen Abend, dachte Luise stöhnend und brachte ihre Sachen schnell ins Wohnzimmer.

Georg, ihr Mann, lag entspannt auf dem Sofa und sah fern, er sah sie nicht einmal, als sie wieder hinausging.

Kopfschüttelnd machte sich Luise auf den Weg nach oben. Es war schon ziemlich spät, eigentlich müssten die Kinder schon im Bett sein, denn sie mussten ja früh raus.

Freudestrahlend und kurzfristig von ihrem Streit abgelenkt, kam ihr die kleine Jessy tropfnass entgegen. Nach einer langen Knuddelrunde zog Luise sie an, die Zähne wurden geputzt und dann ging es ins Bett.

Eine ganz kleine Gute - Nacht - Geschichte wollte sie aber noch hören. Jessy war gerade in die Schule gekommen und wollte unbedingt lesen üben.

Ihr fast acht Jahre älterer Bruder Luca verdrehte nur die Augen und verzog sich in sein Zimmer, aber nicht ohne Jessy zuvor noch einmal zu ärgern. Er zog sie gerne damit auf, dass sie die Kleine war, er liebte das einfach.

Nachdem endlich Ruhe eingekehrt war, ging Luise ins Bad, genoss eine wunderbar heiße Dusche, zog sich ihren kuscheligen Schlafanzug an und freute sich auf ihr Bett. Jetzt war sie so müde, dass sie bestimmt gleich einschlafen könnte.

Langsam schlurfte Luise ins Wohnzimmer, fand ihren Mann mittlerweile schlafend auf dem Sofa vor. Ich werde mir noch schnell einen Tee machen und ihn im Bett trinken, dachte Luise.

Aber als sie in die Küche kam, traf sie fast der Schlag!

Ein Bombeneinschlag war wahrscheinlich nichts gegen das Chaos in ihrer Küche. Sämtliche Sachen standen herum!

Manchmal, dachte Luise, würde es vielleicht doch helfen, den Kindern und Georg große Pfeile auf die verschiedenen Küchengeräte und Abfallbehälter zu zeichnen.

Aber was würde das nützen? Würden sie dann vielleicht bemerken, wo sie ihre Sachen eigentlich hinräumen sollten?

Nicht wirklich.

Eigentlich war ja auch alles nicht so schlimm und meist nahm es Luise sehr gelassen, ihrer Bande zu Hause alles hinterherräumen zu müssen.

Sie hatte schon so oft darum gebeten, ein wenig Unterstützung zu bekommen, sie meinte immer, wenn alle ein bisschen zusammenhelfen würden, hätten sie doch viel mehr Zeit für andere Dinge.

Das interessierte aber irgendwie niemanden so recht.

Aber heute war ein Tag, an dem sie sich eben nicht damit abfinden konnte, dass das Chaos unerbittlich auf sie wartete.

Während sie die Küche in Ordnung brachte, die Schulranzen der Kinder kontrollierte und das Pausenbrot für den nächsten Tag vorbereitete, beobachtete sie immer wieder Georg, der seelenruhig schlief, als würde ihn alles nichts angehen.

Er hatte offensichtlich noch nicht bemerkt, dass sie zu Hause war. Luise spürte langsam, wie sich ihr Hals zuschnürte, ihr Tränen in die Augen traten und sie, wie schon so unzählige Male zuvor, den tief sitzenden Schmerz der Enttäuschung fühlte.

Oft war aus diesem Schmerz in der Vergangenheit Wut geworden, die sie auch an Georg ausließ, ihm direkt ins Gesicht sagte, was ihr nicht gefiel.

Doch seit einiger Zeit hatte sich das geändert.

Die Vergangenheit hatte gezeigt, dass ihre Streitereien zu nichts führten, im Gegenteil, sich Luise danach umso schlechter fühlte.

Teilweise bekamen es auch die Kinder mit, was die Sache nur noch verschlimmerte.

Sie hatte heute sowieso einen bemerkenswert schlechten Tag gehabt. Herr Höller hatte mal wieder seinen beachtlichen Anteil daran gehabt und dann nach Hause zu kommen und dort, wie eben auch bei der Arbeit, zwar für alles verantwortlich zu sein, aber gekonnt ignoriert zu werden, war heute einfach zu viel für Luise.

Sie hatte das Gefühl, einfach nirgendwo eine beschützende Höhle zu haben, in die sie flüchten konnte, wenn alles zu schlimm wurde.

Nachdem sie ihre Sachen erledigt hatte, nahm sie ihren Tee und ging in ihr Schlafzimmer. Mittlerweile war an Schlaf nicht mehr zu denken, zu viele Gedanken schwirrten in Luises Kopf herum.

Es gab Momente, in denen sie befürchtete, verrückt zu werden. Ihre Erinnerungen an längst vergangene Tage kehrten allmählich in ihr Bewusstsein zurück, in die Zeit, als sie Georg kennengelernt hatte...

2

Es war ein wunderschöner Abend in einem kleinen Lokal der Stadt.

Luise wohnte hier für die Zeit ihrer Ausbildung mit ihrer Freundin in einer Wohngemeinschaft.

Sie war gerade 20 Jahre alt und mit Freunden unterwegs.

Bisher war es ein schöner Abend gewesen, aber Luise bemerkte langsam, dass sie ein bisschen viel getrunken hatte, es war Zeit zu gehen.

Am Nachbartisch saß dieser Mann, der ihre Aufmerksamkeit auf sich lenkte.

Er musste um einiges älter sein als sie, aber dennoch sah er noch recht jung aus. Vielleicht um die 30, dachte Luise. Er gefiel ihr, aber sie hätte im Traum nicht daran gedacht, es ihn wissen zu lassen.

Der Abend neigte sich langsam dem Ende und Luise war froh, endlich ins Bett zu kommen. Als sie gerade aufstehen wollte, um mit Alex, ihrer Freundin, nach Hause zu gehen, stand er plötzlich vor ihr.

„Ich frage mich schon die ganze Zeit, ob ich dich noch zu einem Kaffee überreden kann? Ich bin Georg, nett dich endlich kennen zu lernen.“

Luise war etwas überfordert von der Situation.

„Äh, ich...eigentlich wollten wir gerade nach Hause gehen.“

Alex schaltete sich ein, knuffte Luise in die Seite und meinte: „Komm schon, für einen Kaffee hast du doch sicher noch Zeit!“, und an Georg gewandt: „ Aber nur, wenn Sie Luise in spätestens einer Stunde heil zu Hause abliefern!“ Georg musste lächeln.

„Aber natürlich, wenn Luise einverstanden ist?“

Sie kam sich vor wie ein Ausstellungsstück, um das gerade gefeilscht wurde. Hatte sie auch noch etwas dazu zu sagen?

Georg schaute sie fragend an.

Luise warf Alex einen vernichtenden Blick zu, drehte sich zu Georg um und nickte nur.

Mhm, guter Einstieg, dachte Luise, das kann ja wirklich lustig werden.

Georg begleitete Luise zu einem kleinen Tisch in der Bar, bestellte für sie beide einen Kaffee und wandte sich Luise zu.

„ Du heißt also Luise? Schöner Name. Es freut mich, dass du meine Einladung angenommen hast.“

„Oh, gerne. Ich muss mich für meine Freundin entschuldigen, sie ist manchmal ein bisschen direkt“, meinte Luise, in der Hoffnung, dass sie die Situation damit ein wenig normalisieren konnte.

Sie fühlte sich ein bisschen unwohl, viel Erfahrung hatte sie bisher nicht mit Einladungen solcher Art.

Zwar hatte sie schon ein paar Dates gehabt, aber meist waren das die Jungs, mit denen sie schon ihre halbe Jugend verbracht hatte. Wirklich erfahren war sie also nicht.

Und das hier war irgendwie ganz anders. Sie war auch nicht der Typ, der sich einfach so mit Männern einließ, ausprobierte, ob es klappen würde oder nicht und schon gar nicht der Typ für One - Night- Stands.

Georg verwickelte Luise in ein zwangloses Gespräch und bald waren alle Ängste und Einwände ihrerseits verflogen. Er war ein wunderbarer Gesprächspartner, es war eine Unterhaltung, die sie sonst äußerst selten mit ihren gleichaltrigen Freunden führen konnte.

Luise blühte regelrecht auf, es gefiel ihr immer mehr, dass Alex sie in diese Situation gebracht hatte. Er gefiel ihr.

Es war längst eine Stunde vergangen und Luises Handy klingelte ununterbrochen. Alex machte sich offensichtlich doch langsam Sorgen.

Georg meinte, sie solle doch ans Telefon gehen, um ihre Freundin zu beruhigen. Luise gab Alex Bescheid, dass alles in Ordnung sei und nach einem kurzen Augenkontakt mit Georg versicherte Luise ihr, dass sie bald daheim sein würde.

Nachdem sie aufgelegt hatte, stand sie auf.

„Bitte entschuldige mich kurz.“

Sie ging zur Toilette. Sie schaute sich im Spiegel an und wie immer gefiel ihr nicht wirklich, was sie sah. Aber sie hatte einen schönen Abend gehabt, einen netten Mann kennen gelernt und dachte bei sich, dass das doch immerhin schon etwas wert war. Auch wenn sie nicht die Schönheit war, die sie manchmal gerne wäre, akzeptierte sie sich doch so, wie sie war. Und offenbar teilte Georg ihre Meinung zu ihrem Äußeren auch nicht so ganz, warum hätte er sonst den Abend mit ihr verbringen sollen? Mit einem zufriedenen Zwinkern in Richtung Spiegelbild kehrte sie zurück an den Tisch. Georg hatte inzwischen gezahlt.

„Wir sollten aufbrechen, ich bringe dich nach Hause, bevor deine Freundin noch einen Suchtrupp losschickt.“ Luise wollte eigentlich noch nicht gehen, war aber dennoch einverstanden.

Es war mittlerweile ziemlich kalt geworden und sie verkroch sich regelrecht in ihre Jacke. Es dauerte ungefähr 10 Minuten, bis sie an ihrer Wohnung angekommen waren. Die ganze Zeit über hatten Georg und Luise kein Wort gesprochen.

„Wir sind da. Danke für den Abend, Georg, es hat mich gefreut, dich kennenzulernen.“

Mit diesen Worten drehte sich Luise zur Eingangstür um. Doch Georg hielt ihren Arm fest.

Sie drehte sich noch einmal um. Dieses Gefühl, das sie bei seiner Berührung verspürte, war unbeschreiblich. Bisher hatten sie sich nicht im Geringsten berührt, nicht die Hand gegeben oder gar mehr. Aber jetzt, jetzt hielt Georg sie fest und Luise war überwältigt, von dem Gefühl, welches sein fester, sicherer Griff in ihr auslöste. Georg sah sie lange an, es kam Luise wie eine Ewigkeit vor. Seine Augen, so fragend und gleichzeitig fordernd, es war nicht zu deuten, was sie sagen wollten. Georg nahm Luise sanft in seine Arme, hob ihr Kinn hoch und berührte zärtlich ihre vollen Lippen. Es war nur ein Streicheln, Georgs Lippen waren kaum mehr als ein sehnsüchtiger Hauch auf ihrem Mund, doch Luise war sofort in einem Chaos von Empfindungen gefangen, das sie noch nie erlebt hatte. Georg löste sich langsam von ihr.

„Luise, wie alt bist du eigentlich?“

Luise war verwirrt, wusste nicht, was diese Frage bedeuten sollte, antwortete aber:

„20, ich bin 20 Jahre alt.“

Georgs Blick wurde ernst und dunkel. Er ließ Luise plötzlich los, wollte sich von ihr verabschieden, indem er die Hand hob... „Und du, Georg?“ Wieder schaute er Luise tief in die Augen.

„Ich bin 33.“

Er drehte sich um, winkte Luise kurz zum Abschied und verschwand in der Dunkelheit. Vollkommen durcheinander stand sie da, vor ihrem Haus und sie starrte in die Dunkelheit, die Georg gerade verschlungen hatte.

Was war das gerade gewesen? Hatte sie wirklich dieses wunderbare Gefühl bei diesem Kuss gespürt, oder war alles nur Einbildung? Und hatte dieser Mann ihr gerade gesagt, dass er um einiges älter war, als sie? Langsam kam Luise zur Besinnung. Sie würde Georg wohl nicht wiedersehen. Offensichtlich hatte sich der Abend für ihn nicht so gestaltet wie für Luise und nicht so, wie er es vielleicht gedacht hatte.

„Luise! Bist du eigentlich verrückt?“

Alex hatte sich offenbar Gedanken gemacht, wo sie so lange geblieben war. Jetzt tobte sie, machte Luise Vorwürfe, ihr hätte etwas passiert sein können.

„Was regst du dich so auf? Du bist doch dafür verantwortlich, dass ich mit Georg noch einen Kaffee getrunken habe.“

Schuldbewusst blickte Alex zu Boden.

„Aber mach dir keine Sorgen, ich werde ihn nicht wiedersehen. Wir hatten lediglich einen schönen Abend.“

Die nächsten sechs Wochen vergingen für Luise sehr schleppend. Sie war unkonzentriert und hatte kaum noch Lust auszugehen. Wenn sie ehrlich war, kannte sie auch den Grund dafür.

Georg ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Auch wenn sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, weiter über diesen Abend nachzudenken, tat sie es doch. Sie fühlte sich auf eine unbestimmte Art zu ihm hingezogen, völlig außer Acht lassend, dass er bereits Mitte 30 war und Luise einfach zu jung für ihn.

Sie wusste ja auch sonst nichts weiter von ihm.

Sicherlich war er gebunden und hatte an dem besagten Abend nur ein Abenteuer oder eine nette Unterhaltung mit einer Unbekannten gesucht. Oder vielleicht war er sogar verheiratet, das wäre schließlich auch möglich. Luise musste Georg aus dem Kopf bekommen, es hatte schlicht und einfach keinen Sinn, Georg hinterherzu trauern, sich etwas einzubilden, was einfach nicht existierte.

Luise kam spät nach Hause. Der Tag war lang gewesen und sie hatte vor, sofort ins Bett zu gehen. Sie öffnete auf dem Weg nach oben noch schnell den Briefkasten, denn wie sie Alex kannte, hatte sie nicht nach der Post gesehen. Es waren einige Briefe dabei und davon waren die meisten Werbeprospekte.

Sie legte die Sachen auf den kleinen Tisch im Flur, ging ins Bad und ließ sich Wasser ein. Als sie kurz in den Flur zurückkam, um noch ihre Jacke abzulegen, bemerkte sie, dass der Stapel Briefe heruntergefallen war. Luise hob sie stöhnend auf und legte sie zurück, als ihr ein Brief auffiel, auf dem nur ihr Vorname stand.

Sie nahm ihn mit ins Bad, stieg dann langsam in das heiße Badewasser und genoss das wohlige Gefühl. Sie würde noch ein paar Minuten allein sein, bevor Alex nach Hause kam. Luise würde es genießen. Sie liebte ihre Freundin wirklich, doch war sie so ganz anders als Luise. Ausgeflippt, immer auf Achse und Luise hatte manchmal den Eindruck, dass Alex gar nicht anders konnte, als ständig wie ein Flummi in der Gegend herumzuspringen. Lächelnd tauchte Luise unter, hielt die Luft an, genoss für einen kurzen Augenblick die vollkommene Ruhe ihres Körpers. Der Brief auf dem Rand der Badewanne kam ihr wieder in den Sinn. Sie tauchte auf, trocknete kurz ihre Hände ab und las den Brief.

„ Luise, ich möchte dich fragen, ob du mich am nächsten Wochenende zu einem Konzert begleiten würdest? Ich würde mich sehr darüber freuen.

Bitte melde dich und gib mir Bescheid, ja?

Liebe Grüße

Dein Georg“

Er hatte noch seine Telefonnummer aufgeschrieben, aber das war nicht das, was Luise aus der Fassung brachte.

Georg hatte sich über sechs Wochen nicht bei ihr gemeldet, sich nicht einmal richtig von ihr verabschiedet, und jetzt lud er sie zu einem Wochenende mit ihm ein?

Luise begriff nur ganz langsam, dass Georg vielleicht doch ein wenig an ihr lag. Zumindest wollte er sie wiedersehen.

Sie nahm sich vor, ihn anzurufen. Nicht gleich heute oder morgen, aber bald.

Tatsächlich stieg sie aus der Badewanne und rannte förmlich zum Telefon im Flur und wählte Georgs Nummer.

Nach einigen Freizeichen meldete sich der Anrufbeantworter. Georgs Stimme bat darum, eine Nachricht zu hinterlassen. Luises anfänglicher Mut war mit einem Mal verpufft.

Sie schwor sich, erst am nächsten Tag noch mal bei Georg anzurufen.

Als Luise am nächsten Morgen aufwachte, fand sie Alex bereits in der Küche.

„ Hey, du Schlafmütze! Du hast gestern schon geschlafen, als ich heimkam. Ich wollte dich nicht wecken, um dir zu sagen, dass ich für ein paar Tage wegfahre. Robin hat mich zum campen eingeladen und wir haben ja sowieso frei. Hast du Lust mitzukommen?“

Alex würde wegfahren, na prima. Gerade jetzt, wo sie mit ihr reden wollte, über Georg. Sie brauchte ihren Rat.

„ Nein, Süße, ich werde zu meinen Eltern fahren, aber ich wünsche dir viel Spaß!“

„ Och, komm´ schon, fahr´ doch mit, es wird bestimmt lustig!“

Ja, das würde es bestimmt, dachte Luise, aber Lust hatte sie wirklich nicht.

„ Übrigens, das Telefon ist am Überschnappen, ständig ruft jemand an. Aber da ich die Nummer nicht kenne, bin ich nicht rangegangen.“

Luise suchte nach dem Telefon. Sicherlich wollte ihr wieder irgendjemand etwas verkaufen. Als sie die Nummer sah, hielt sie die Luft an.

Es war Georgs Nummer, die, die sie gestern gewählt hatte! Er hatte schon fünf Mal angerufen. Als sie dann den Anrufbeantworter abhörte, erklang Georgs Stimme:

„ Luise, ich hoffe, du bist es, die angerufen hat, bitte ruf noch einmal zurück.“

Stimmt, er konnte gar nicht wissen, dass sie es gewesen war.

Luise wartete ab, bis Alex aus dem Haus war. Mit einem duftenden Kaffee setzte sie sich auf ihr gemütliches Sofa und war sich sicher, dass jetzt eigentlich nichts mehr schief gehen konnte.

Entschlossen, so souverän wie möglich zu klingen, rief sie Georg zurück.

Diesmal meldete er sich sofort. Luise war einigermaßen überrascht darüber.

„ Hallo, Georg, hier ist Luise.“ Luise konnte förmlich hören, wie Georg die Luft ausblies.

„ Gott sei Dank! Ich dachte schon, du bist es gar nicht gewesen. Ich bin froh, dass du dich meldest.“

Die beiden unterhielten sich eine Weile über dies und das, aber auf den eigentlichen Anlass des Anrufes kamen sie anfangs gar nicht zu sprechen. Nachdem das Gespräch fast zu Ende war, fragte Georg vorsichtig nach:

„ Hast du darüber nachgedacht, am Wochenende mit mir wegzufahren?“

Luise hatte sich eigentlich eine ausführliche Antwort zurechtgelegt, für den Fall, dass er sie tatsächlich noch einmal fragen würde.

„ Georg, ich bin nicht sicher, ob das eine so gute Idee wäre, wir kennen uns kaum und...“

Georg redete dazwischen.

„ Luise, ich bin nicht gerade der Mann, den eine so junge Frau wie du sucht, ich weiß das. Aber ich würde es trotzdem gerne, entgegen aller Bedenken, versuchen“, gab Georg zurück.

Was wollte er versuchen?

Luise war durcheinander. Konnte er sich wirklich vorstellen, diese zugegebenermaßen für Luise mehr als erfreuliche Begegnung zu vertiefen? Sie brauchte ein bisschen Zeit, um darüber nachzudenken, wollte nichts überstürzen.

Umso überraschter von sich selbst war sie, als sie sofort zusagte:

„ Ich würde gerne am Wochenende mit dir wegfahren.“

Wer um Gottes Willen hatte die Kontrolle über sie übernommen?

Ihr Unterbewusstsein schien ganz anderer Meinung zu sein und wollte sich wohl unbedingt auf dieses Abenteuer einlassen.

Georg freute sich wirklich und versprach, sich spätestens am Donnerstag noch mal zu melden.

Das waren noch drei Tage, genug Zeit, es sich anders zu überlegen, dachte Luise. Nachdem sie aufgelegt hatte, spürte sie dennoch eine Vorfreude in sich aufsteigen. Ein Teil von ihr wollte Georg wirklich besser kennen lernen, herausfinden, was es mit ihren Gefühlen für ihn auf sich hatte. Sie wollte sie einordnen können, wollte wissen, ob diese emotionale Bindung zu ihm, die sich fast bedrohlich ihn ihr aufbaute, eine Zukunft hatte oder nur eine Art Neugier auf etwas Neues, Aufregendes war.

Es wurde Donnerstag und bisher hatte Luise nichts mehr von Georg gehört. Vielleicht hatte er es sich doch anders überlegt, oder er hielt einfach Wort, sich erst heute zu melden.

Sie würde es abwarten müssen. Ihren Eltern hatte sie für das Wochenende bereits abgesagt, den Grund dafür hatte sie allerdings für sich behalten.

Nicht dass Luise ihren Eltern nicht vertraute, aber sie war sich sicher, dass sie mit ihrem Vorhaben nicht einverstanden gewesen wären.

Luise schnappte sich ihre Tasche, um noch einmal kurz in die Stadt zu gehen. Sie brauchte noch ein paar Lebensmittel und wollte auch noch einmal kurz bei ihrer Freundin Nina vorbeischauen.

Sie war zwei Jahre älter als Luise und hatte bereits einen kleinen Sohn.

Jona war das süßeste Baby der Welt, fand Luise und wann immer sie Zeit hatte, half sie Nina, auf ihn aufzupassen.

Nina und ihr Mann Rene´ waren für Luise das Abbild einer glücklichen Familie. Jona machte ihr Glück einfach perfekt. Dass sich die beiden aus tiefstem Herzen liebten, konnte man regelrecht spüren. Und Luise war eine der wenigen, aus dem gemeinsamen Freundeskreis, die sich sicher waren, dass die beiden ihr Glück für immer festhalten würden. Auch wenn sie noch so jung waren, waren sie bereits die wunderbarsten Eltern und ein Liebespaar, worum man sie nur beneiden konnte. Luise freute sich so sehr für die drei und wünschte sich nichts sehnlicher, als irgendwann auch so glücklich zu sein.

Die Einkäufe waren schnell erledigt und als sie bei Nina ankam, war es gerade 11 Uhr. Jona würde gleich gefüttert werden und vielleicht konnte Luise ihn zum Mittagsschlaf ein bisschen im Kinderwagen fahren.

Dann hatte auch Nina Zeit für sich und konnte mal entspannen. Nina freute sich riesig über Luises Angebot, da sie tatsächlich noch etwas zu tun hatte.

Der kleine Prinz, wie ihn Luise nannte, freute sich über einen Ausflug mit Tante Luise.

Jona war gerade ein Jahr alt und wollte gerne laufen. Luise lief eine Weile mit ihm an der Hand durch die Stadt, mit der anderen schob sie den Buggy. Es dauerte nicht lange und Jona wurde so müde, dass er freiwillig in seinen Buggy wollte, um sein verdientes Nickerchen zu machen. Er war so goldig und Luise war so stolz auf den kleinen Mann.

Lächelnd setzte sie sich an den Tisch eines Straßencafes und bestellte einen Kaffee.

Jona schlief inzwischen selig. Luise trank von ihrem Kaffee, betrachtete dabei den kleinen und ließ ihre Gedanken in die Zukunft schweifen…mit einem kleinen Engel auf dem Arm, den Mann, den sie liebte an ihrer Seite.... Luise schmunzelte, als ihr dabei Georgs Gesicht in den Sinn kam.

„ Luise?“ Erschrocken drehte sie sich um.

„ Ich hoffe, ich störe dich nicht?“

Georg stand neben ihr und deutete auf Jona in seinem Buggy.

„ Hast du mir vielleicht irgendetwas verschwiegen?“

Luise wusste zunächst nicht, wie sie Georgs Gesichtsausdruck deuten sollte. Er schien sich wirklich nicht sicher zu sein, ob Jona zu ihr gehörte.

„ Nein, warum fragst du?“, gab Luise augenzwinkernd zurück.

„ Na ja, ich dachte nicht, dass du schon Mutter bist, Luise.“ Georg schaute noch immer ein wenig skeptisch.

„ Wäre das ein Problem?“, fragte Luise grinsend, meinte aber gleich:

„ Keine Sorge, das ist Jona, der kleine Prinz meiner Freundin Nina. Ich darf mich ab und an um ihn kümmern und tue das sehr gerne. Er ist wirklich zauberhaft. Ich liebe Kinder.“

Wenn das jetzt nicht ein Statement war, dachte Luise. Hoffentlich hatte sie Georg damit nicht gleich ins Boxhorn gejagt. Andererseits sollte er ruhig wissen, dass sie sich später Kinder wünschte.

Georg lächelte Luise liebevoll an. Ob nun beruhigt oder eher mit guter Miene zum bösen Spiel, konnte Luise nicht sagen, aber als er ihre Hand nahm und begann, sie sanft zu streicheln, waren bei Luise alle Zweifel verflogen.

„ Du bist unglaublich, Luise.“

Georg setzte sich neben sie, bemüht, Jona nicht zu wecken und bestellte sich Cappuccino. Dabei ließ er Luise kaum aus den Augen und auch sie konnte ihren Blick nicht von Georg abwenden.

Wieder redeten sie miteinander, als würden sie sich schon ewig kennen.